Organische Psychosyndrome - bilder.buecher.de · 12.3.3 Chronisches Psychosyndrom bei Epilepsie –...

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Organische Psychosyndrome J. Buchmann, J. M. Fegert 12.1 Historischer Hintergrund und Klassifikation – 346 12.2 Akute organische Psychosyndrome – 347 12.2.1 Traumatische akute organische Psychosyndrome – 347 12.2.2 Entzündliche akute organische Psychosyndrome – 353 12.2.3 Andere Ursachen akuter hirnorganischer Psychosyndrome – 359 12.3 Chronische hirnorganische Psychosyndrome – 366 12.3.1 Chronisches posttraumatisches Psychosyndrom – 366 12.3.2 Chronisches postenzephalitisches Psychosyndrom – 369 12.3.3 Chronisches Psychosyndrom bei Epilepsie – 370 12.3.4 Andere Ursachen chronischer hirnorganischer Psychosyndrome – 373 12.3.5 Therapie des chronischen hirnorganischen Psychosyndroms nach Entzündung oder Trauma des ZNS – 374 Literatur – 378 12

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Organische PsychosyndromeJ.Buchmann,J.M.Fegert

12.1 Historischer Hintergrund und Klassifikation – 346

12.2 Akute organische Psychosyndrome – 347

12.2.1 Traumatische akute organische Psychosyndrome – 347

12.2.2 Entzündliche akute organische Psychosyndrome – 353

12.2.3 Andere Ursachen akuter hirnorganischer Psychosyndrome – 359

12.3 Chronische hirnorganische Psychosyndrome – 366

12.3.1 Chronisches posttraumatisches Psychosyndrom – 366

12.3.2 Chronisches postenzephalitisches Psychosyndrom – 369

12.3.3 Chronisches Psychosyndrom bei Epilepsie – 370

12.3.4 Andere Ursachen chronischer hirnorganischer Psychosyndrome – 373

12.3.5 Therapie des chronischen hirnorganischen Psychosyndroms

nach Entzündung oder Trauma des ZNS – 374

Literatur – 378

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Das menschliche Gehirn ist in steter Wechselwirkung mit dem übrigen Körper und

der Umwelt Träger der psychischen Entwicklung und aller psychischen Leistungen.

Organische Noxen, die nun das Hirn treffen, werden sowohl in somatischer als

auch in psychischer Hinsicht gewisse Wirkungen hinterlassen. Im Gegensatz zum

Erwachsenen muß man beim Kind die jeweilige Entwicklungsstufe, in der diese

Noxe einwirkte und in der sich das Kind gegenwärtig befindet, berücksichtigen

und weiterhin natürlich die Schwere der Noxe und die besondere Lokalisation am

Gehirn.

…Die Beschränkung auf das nur Psychopathologische bedeutet aber die Ge-

fahr eines Einseitigwerdens ... Die wirkliche Analyse der für das Kind schädlichen

Umwelteinwirkungen ist erst dann wirksam möglich, wenn … die psychopatholo-

gischen Auffälligkeiten erkannt und – wo berechtigt – auf neuroanatomische, neu-

rophysiologische und neurochemische Vorgänge zurückgeführt werden können.

Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters (Göllnitz 1992).

12.1 Historischer Hintergrund und Klassifikation

Bleuler prägte den Begriff des hirnorganischen Psycho-syndroms, der sich bis heute erhalten hat. Damit warenpsychische Veränderungen gemeint, die als Folge einernicht näher bezeichneten Hirnschädigung auftreten.Bon-hoeffer (1917) sprach vom »exogenen Reaktionstypus«,worauf sich noch heute die Unterteilung von endogenenund exogenen Psychosen bezieht. Zu den »exogenenPsychosen« werden alle Zustandsbilder gezählt, die durcheine definierte Substanz (z. B. Drogen) oder ein bestimm-tes Ereignis (z. B. Schädel-Hirn-Trauma) zu psychischenSymptomen führen. Endogen bedeutet »aus sich selbstheraus«, d. h. ohne Nachweis eines äußeren Ereignisses.Diese Trennung ist klinisch oftmals nicht sicher möglich.

Es sind immer alle Anteile der Persönlichkeit be-troffen. Göllnitz (1992) inaugurierte diesem Rechnungtragend den Begriff des »hirnorganischen Achsensyn-droms«.Poeck (1982) lehnt den Begriff »Psychosyndrom«ab mit der Begründung,dass Art und Ausprägung der psy-chischen und neuropsychologischen Symptome infolgeeiner Hirnschädigung abhängig sind von Lokalisation undAusmaß der zugrunde liegenden Störung. Der Begriff des»Durchgangsyndromes« (Wieck 1967) zielt auf den zeit-lich befristeten Verlauf vieler organischer Psychosyndro-me auch im Kindesalter, z. B. nach schweren Operationen.Die Ausprägung der Symptome ist immer abhängig vomEntwicklungsstand des betroffenen Kindes (Lempp 1970).

! Die ICD-10 unterscheidet organische amnestischeSyndrome, die nicht durch psychotrope Substanzenbedingt sind (F04); Delir, nicht durch psychotropeSubstanzen bedingt (F05); psychische Störungenaufgrund einer Schädigung oder Funktionsstörungdes Gehirns oder einer körperlichen Krankheit (F06) ▼

und Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen auf-grund einer Krankheit, Schädigung oder Funktions-störung des Gehirns (F07).

Für den Kinder- und Jugendpsychiater ergibt sich auspraktischen Gesichtspunkten sinnvollerweise eine Eintei-lung der organischen Psychosyndrome in akute und chro-nische. Meist wird er zur Diagnostik und Behandlungchronischer Psychosyndrome konsultiert. Im Konsiliar-dienst oder in der Notaufnahme (Drogenpsychosen!) wer-den jedoch auch akute organische Psychosyndrome diffe-renzialdiagnostisch und -therapeutisch zu beurteilen sein.Die Unterscheidung akuter und chronischer Psychosyn-drome erfolgt willkürlich anhand des zeitlichen Verlaufes.Es herrscht keine Einigkeit darüber, wann von akut, sub-akut oder chronisch gesprochen werden kann. Klinischgerechtfertigt erscheint die Unterteilung in ⊡ Tabelle 12.1.

Unter einem Delir (lat. delirare = verrückt sein) wirdeine reversible organische Psychose vom exogenen Reak-tionstyp mit Bewusstseinsstörungen, Orientierungsstö-rungen, Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen inForm von Illusionen und akustischen/optischen Halluzi-nationen, vegetativen Störungen in Form von Hyperhi-drose und Tachykardie sowie motorischen Störungen ver-standen. Stupor (lat., Erstarrung) meint Akinese,Amimieund Mutismus bei wachem Bewusstsein (Begriffserklä-rungen Somnolenz–Sopor–Koma � s. Abschn. 12.2.1).

! Prinzipiell kann im Kindesalter jede akute Erkran-kung, sei sie infektiöser, intrakraniell raumfordern-der, traumatischer oder metabolisch-toxischer Gene-se, ein organisches Psychosyndrom hervorrufen.

Die Diagnose eines organischen Psychosyndroms erfor-dert streng genommen den Nachweis eines exogenen ver-ursachenden Faktors, was jedoch mitunter schwierig ist.Befinden sich die Kinder in der Phase des magischen Den-kens, sind illusionäre Verkennungen (Pareidolien) oderoptische Halluzinationen im Rahmen eines hoch fieber-

346 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

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haften Infektes schwer abzugrenzen.Wahrscheinlich wer-den viele akute psychotische Zustandsbilder im Kindes-alter nicht diagnostiziert,da sich die Kinder wegen der zu-grunde liegenden körperlichen Erkrankung in den ent-sprechenden Einrichtungen befinden.Somit erfordert dieDiagnose des organischen Psychosyndromes im Kindes-und Jugendalter die differenzialdiagnostische Abklärungvon kinder- und jugendpsychiatrischer,pädiatrischer undkinderchirurgischer sowie neuroradiologischer Seite.

Bei der psychopharmakologischen Indikationsstel-lung ist zu beachten, dass eine Vielzahl gerade von neue-ren Medikamenten für den Kinder- und Jugendbereichnicht zugelassen sind.Das darf aber nicht davon abhalten,sie bei gegebener Indikation einzusetzen, evtl. dann imRahmen eines therapeutischen Heilversuches.Kinder undJugendliche sind altersgerecht aufzuklären, die Aufklä-rung und das Einverständnis der Eltern sowie der Hinweisauf zugelassene Behandlungsalternativen sind notwendig(Fegert 2000).

12.2 Akute organische Psychosyndrome

! Leitsymptom akuter organischer Psychosyndromeist die plötzliche quantitative und qualitative Ein-schränkung bzw.Veränderung des Bewusstseins-zustandes.

12.2.1 Traumatische akute organischePsychosyndrome

Epidemiologie und Pathogenese

Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist die häufigste Ursachetraumatischer Psychosyndrome, gefolgt von spontanenintrazerebralen Blutungen. Die Inzidenz des SHT liegt imAlter von 15–25 Jahren bei 600/100.000 (Kraus et al. 1994;Kraus u.McArthur 1996; Kraus et al.1984).Stürze und Ver-kehrsunfälle stehen an erster Stelle der auslösenden Er-eignisse. Ältere Klassifikationen wie die von Tönnies u.Loew (1953) oder Lange-Cosack u. Tepfer (1973) werdenheute abgelöst durch die klinische Einteilung der SHT inleicht, mittelschwer und schwer nach dem Schweregradder traumatischen Hirnschädigung, der Dauer der Be-wusstlosigkeit und dem neurologischen Defizit (⊡ Tabel-

le 12.2).Die Quantifizierung des Schweregrades erfolgt mit der

»Glasgow Coma Scale« (GCS; ⊡ Tabellen 12.3 und 12.4).Ausden 3 Komponenten Augen öffnen, motorische Reaktionund verbale Reaktion errechnet sich der Score. Je niedri-ger der Score,desto schwerer ist die Hirnschädigung.Auchder Kinder- und Jugendpsychiater sollte diese Einteilungkennen,da der initiale GCS-Score die rasche Orientierunghinsichtlich der Schwere des SHT ebenso wie Rückschlüs-se auf das evtl. folgende Psychosyndrom erlaubt.

Die akute Symptomatik umfasst je nach Lokalisationund Schwere des Traumas ausgeprägte Störungen der Vi-gilanz (� s. Tabellen 12.1 und 12.2), neurologische Sympto-me wie Halbseitenparesen und Hirnnervenlähmungenoder Dämmerzustände. Unter Somnolenz wird eine ver-mehrte Schläfrigkeit verstanden, der Patient ist aber im-

12.2 · Akute organische Psychosyndrome347 12

⊡ Tabelle 12.1. Zeitlicher Verlauf organischer Psychosyndrome

Beginn und zeitlicher Verlauf Bewusstseinsstörung Typische Symptome

Akut Innerhalb von Minuten bis 3 Tage Eher quantitativ Somnolenz-Sopor-Koma(z. B. Hirnblutung oder HirnnervenstörungenDrogenintoxikation) Delir

Massive HalluzinationenStörung der Psychomotorik

Subakut Entwicklung innerhalb von Quantitativ und qualitativ Somnolenz(z. B. Enzephalitis oder 4–7 Tagen; Dauer bis ca. 4 Wochenzerebrale Vaskulitis) Optische Halluzinationen

DenkzerfallDesorientierungAntriebsmangel

Chronisch Mehr als 4 Wochen Eher qualitativ Antriebsstörungen(z. B. posttraumatisch) Konzentrations- und Merkfä-

higkeitsstörungenAkustische HalluzinationenUmstellungserschwernisAffektlabilitätReizbarkeit

mer ansprechbar. Sopor bedeutet Nichtansprechbarkeit,aber motorische Reaktion auf Schmerzreize. Koma ist diekomplette Bewusstlosigkeit.Regelhaft sind nach Vigilanz-störungen anterograde und retrograde Amnesien zu be-obachten. Darunter wird das Unvermögen verstanden,sich an die Vorgänge nach dem Erwachen aus einer Be-wusstlosigkeit (anterograde Amnesie) oder vor Eintretender Bewusstlosigkeit zu erinnern (retrograde Amnesie).

Pathogenetisch werden beim SHT heute primäre vonsekundären Hirnschädigungen unterschieden. Ersteresind meist Folge von Kontaktverletzungen oder Beschleu-nigungen des Kopfes einschließlich des massenträgenGehirns relativ zum Körper. Die primären Schädigungentreten direkt zum Unfallzeitpunkt auf und bestehen inVerletzungen der Kopfschwarte, Kalottenfrakturen, Hirn-quetschungen, Kontusionen oder einer diffusen axonalenSchädigung (Graham 1996). Sekundäre Hirnschäden tre-ten in zeitlichem Abstand zum Trauma infolge von Hypo-xie, Freisetzung exzitatorischer Aminosäuren, erhöhtemintrakraniellem Druck,Infektionen oder subakuten intra-kraniellen Blutungen (symptomfreies Intervall!) auf. Ze-rebrale Läsionen nach einem schweren Hirntrauma imKindesalter sind häufig noch Stunden bis Tage progre-dient, der zugrunde liegende Pathomechanismus dieserNeurodegeneration ist unbekannt. Im Tierversuch konn-te gezeigt werden,dass es nach der Entwicklung akuter ex-zitotoxischer Läsionen zu einer verspäteten neuronalenDegeneration mit besonders starker Ausprägung in korti-kalen Bezirken,Striatum und Thalamus kommt,die apop-totischer Natur ist (Pohl et al. 1997).

Typischerweise liegen zerebrale Kontusionsherdefrontopolar, in den orbitalen Gyri sowie in den Temporal-lappen. Unter einer Coup-Kontusion versteht man diestrukturelle Hirnverletzung am Ort der Energieeinwir-kung, bei einer Contre-Coup-Kontusion tritt die Hirnver-letzung in den der Gewalteinwirkung gegenüberliegendenHirnanteilen auf (oft parietal oder als Herniationskontu-sion). Eine diffuse axonale Hirnschädigung nach SHT ist

348 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

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⊡ Tabelle 12.4. Altersadaptierte »Glasgow Coma Scale«auch für Kinder unter 5 Jahren. (Nach Lenard 1997)

Kategorie Reaktion Punktwert

Augenöffnen Spontan 4Auf Anruf 3Auf Schmerzreize 2Keine Reaktion 1

Beste verbale Patient orientiert 5Reaktion bei Patient verwirrt 4Schulkindern Unangemessene Reaktionen 3

Unverständliche Laute 2Keine Reaktionen 1

Beste »verbale« Patient »orientiert« 5Reaktion bei Einzelne Worte 4Kleinkindern Einzelne Laute 3und Säuglingen Schreien 2

Keine Reaktion 1

Bestmöglicher <6 Monate 9Gesamtscore >6–12 Monate 11

>1–2 Jahre 12>2–5 Jahre 13>5 Jahre 14

⊡ Tabelle 12.2. Einteilung der SHT. (Nach Keidel u. Porem-ba 1998)

Schwere- Klinische Kriterien Wert auf der grad »Glasgow

Coma Scale«

Leicht Bewusstlosigkeit und Be- 14–15wusstseinstrübung £1 hKomplette RemissionKein fokales neurologi-sches Defizit

Mittel- Bewusstseinstrübung bis 9–13schwer zur Bewusstlosigkeit £24 h

Fokales neurologischesDefizit möglich

Schwer Bewusstseinstrübung bis 5–8zur Bewusstlosigkeit <24 h mit Zeichen der Hirnstamm-dysfunktion oderBewusstseinstrübung bis zurBewusstlosigkeit >24 h ohne Zeichen der Hirnstamm-dysfunktion oder trauma-tisches exogenes Psycho-syndrom >24 h

⊡ Tabelle 12.3. »Glasgow Coma Scale« für Kinder ab5 Jahre

Kategorie Reaktion Punktwert

Augen öffnen Spontan 4Auf Aufforderung 3Auf Schmerzreize 2Fehlen 1

Motorische Auf Aufforderung 6Reaktionen Auf Schmerzreiz gezielt 5

Normale Beugeabwehr 4Beugesynergismen 3Strecksynergismen 2Keine Bewegung 1

Sprachliche Orientiert 5Reaktionen Verwirrt 4

Einzelne Wörter 3Unartikulierte Laute 2Keine 1

die häufigste Ursache bleibender schwerer Hirnschäden.Sie tritt meist infolge von solchen Verkehrsunfällen auf,beidenen das Gehirn starken Scherkräften ausgesetzt ist. Imkranialen Computertomogramm (CCT) lässt sich ledig-lich eine leichte Hirnschwellung nachweisen.

Diagnose und Differenzialdiagnose

Die Diagnose und die differenzialdiagnostische Beur-teilung des akuten SHT im Kindesalter selbst obliegender Kindertraumatologie und Neuroradiologie. Kinder-und Jugendpsychiater werden zunehmend hinzugezo-gen zur Beurteilung und Therapie akuter Psychosyn-drome. Die fachspezifische Untersuchung sollte die Er-hebung der genauen Unfallanamnese enthalten, weiter-hin eine altersbezogene neurologisch-neuropädiatrischeUntersuchung, die Orientierung über applizierte Medi-kamente (Halbwertszeiten von Sedativa und Narkotika!)sowie die kinder- und jugendpsychiatrisch fachge-bietsspezifische Einordnung des Psychosyndroms. Amhäufigsten sind Vigilanzminderungen oder psychomoto-rische Unruhezustände (»Durchgangssyndrom«), ge-folgt von Intoxikationen, Delirien und Entzugserschei-nungen.

! Unbedingt ist an massive Angstzustände kleinererKinder zu denken, die plötzlich in einer Klinik auf-wachen.

Eine Unterbrechung des Bewusstseinszustandes bedeutetfür Kinder nach dem »Aufwachen« eine erhöhte affektiveBelastung.Sie haben es sehr viel schwerer als Erwachsene,sich wieder in der realen Welt zurechtzufinden. Der Er-wachsene hat prätraumatisch eine feste Ordnung,ein fest-es inneres Abbild der Umwelt, in das er den Unfall und sei-ne Folgen einordnen kann. Ein kleineres Kind, das sichvielleicht gerade in der Phase des magischen Denkens be-findet, hat das nicht und kann mit Angst und Wegglaufenoder mit Verweigerung bis hin zum Stupor auf die unge-wohnte Umgebung reagieren.

Eine kurze Übersicht zur Differenzialdiagnostik aus-gewählter akuter Psychosyndrome gibt ⊡ Tabelle 12.5.

Die Hirnstammkontusion ist keine sichere Entität,meist wird darunter die Kombination fluktuierender fo-kaler neurologischer Defizite mit Vigilanzschwankungenverstanden. In der zerebralen Bildgebung finden sich kei-ne oder nur ungenügende Korrelate.

Das zentrale anticholinerge Syndrom (ZAS) ist eherselten, bereitet differenzialdiagnostisch jedoch die meis-

12.2 · Akute organische Psychosyndrome349 12

⊡ Tabelle 12.5. Ausgewählte akute Psychosyndrome

Symptome Verdachtsdiagnose Differenzialdiagnose

Apathie Psychogener Stupor Angstreaktion»Nicht ansprechbar«, folgt Aufforderungen nicht Lokale HirnblutungKontaktverweigerung Medikamentennachwirkung,Nahrungsverweigerung z. B. Benzodiazepine (Dormicum)Kaum oder keine motorische Reaktionen Epileptischer Dämmerzustand

»Locked-in-Syndrom«Mediofrontale LäsionZentrales anticholinerges SyndromBeginnendes apallisches Syndrom

Massives Schreien und Jammern Psychomotorischer Erregungs- HirnstammkontusionStarke motorische Unruhe zustand, akute Angstreaktion Orbitofrontale LäsionFluchtreaktionen im Sinne von Weglaufen Zentrales anticholinerges SyndromKontaktaufnahme kaum möglich

Fieber, jüngere Kinder Fieberhalluzinose Meningitis/EnzephalitisHalluzinationenAngst, motorische UnruheEvtl. Krampfanfälle

Starke motorische Unruhe, Hin- und Herwerfen Drogenintoxikation Hirnstammkontusionim Bett Delir oder EntzugHalluzinationen Zentrales anticholinerges SyndromMassive Angst, paranoide ReaktionenPupillomotorikstörungen

Optische und akustische Delir Drogenintoxikation bzw. ÜberdosierungHalluzinationen HirnstammkontusionPsychomotorische Unruhe Zentrales anticholinerges SyndromTachykardie und Hyperhidrose

ten Schwierigkeiten. Beweisend ist das Verschwinden derSymptome nach der Gabe von Physostigmin (Link et al.1997). Klinisch werden zentrale von peripheren Sympto-men unterschieden. Die zentralen Symptome könneneinerseits in Erregbarkeit, Krampfanfällen, Schwindel,zentraler Hyperpyrexie und Halluzinationen bestehen(Plusvariante), andererseits in Schläfrigkeit, Koma, Ge-dächtnisstörungen, Desorientierung und Amnesie (Mi-nusvariante). An peripheren Symptomen treten Tachy-cardie, Mydriasis, Hyperthermie, verminderte Schleim-und Schweißsekretion und trockene rote Haut auf. Aus-gelöst wird es durch eine Blockade zerebraler m-(Muska-rin-)Cholinrezeptoren. Triggersubstanzen sind viele inder Intensivmedizin (Neuroleptanalgesie!), aber auch derPädiatrie und Kinderpsychiatrie gebräuchliche Medika-mente (Garza et al.2000).Das sind z.B.Belladonnaalkalo-ide, trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika oder Anti-histaminika. Bei Überdosierung von Pharmaka mit Bin-dung an cholinerge Rezeptoren, z. B. in suizidaler Absicht,sollte differenzialdiagnostisch immer an das ZAS gedachtwerden.

Neuropsychologische und apparative Diagnostik

! Die neuropsychologische Testung der verschiede-nen Hirnfunktionen und die kinder- bzw. jugend-psychiatrische Untersuchung sollte immer im An-schluss an eine Hirnblutung oder ein mittelschweresbzw. schweres SHT erfolgen.

Damit sind traumatisch bedingte Veränderungen der in-tellektuellen und psychischen Funktionen von primärpersönlichkeitsbedingten Veränderungen besser zu tren-nen, was sowohl prognostisch als auch forensisch von Be-deutung ist.

Eine neuropsychologische Diagnostik empfiehlt sichbei Kindern und Jugendlichen immer dann nach einemSHT, wenn eine neuroradiologische Untersuchung bei einem

SHT für notwendig erachtet wurde, lang anhaltende Lernstörungen vorliegen, nach dem Trauma plötzlich emotionale und Verhal-

tensstörungen auftreten oder es nach dem Trauma zu plötzlichen mnestischen,kog-

nitiven, schulleistungsbezogenen Störungen kommt(Heubrock u.Petermann 2000).

Die generelle neuropsychologische Testung nach einemSHT ist nicht notwendig.

An apparativer Zusatzdiagnostik ist für den Kinder-und Jugendpsychiater das EEG sinnvoll. Schwere Allge-meinveränderungen weisen auf eine diffuse axonaleSchädigung oder auf schwere Hirnstammkontusionenhin, leichtere Allgemeinveränderungen oder temporaleHerde eher auf einen Dämmerzustand. Epilepsietypi-sche Potenziale können für einen (evtl. nichtkonvulsi-

ven) Status sprechen, ausgeprägte b-Aktivität für eineMedikamentenüberdosierung, frontale intermittierenderhythmische d-Aktivität (FIRDA) für Hirnstammkontu-sionen.

Es ist nicht notwendig, nach einem leichten SHT re-gelhaft ein EEG durchzuführen (Schreck et al. 1992). Fürdie genaue elektroenzaphalographische Differenzialdiag-nostik sei auf die entsprechenden Lehrbücher verwiesen(Neundörfer 1995). Liquorpunktionen sollten beim Ver-dacht einer Meningitis oder Enzephalitis möglichst früherfolgen. Lässt sich das Psychosyndrom nicht sicher ein-ordnen oder treten nach zunächst erfolgter Stabilisierungplötzlich neue psychotische Symptome auf,kann die zere-brale Bildgebung wiederholt werden. Überhaupt emp-fiehlt es sich,nach Stabilisierung der Patienten,frühestensaber 5 Tage nach dem Trauma,bei den mittelschweren undschweren SHT ein zerebrales MRT durchzuführen (Gra-dos et al. 2001). Oftmals demarkieren sich dann Kontu-sionsherde, die im primären CCT nicht sichtbar wurden.Das kann erhebliche Bedeutung für die Einordnung desPsychosyndroms, für die neuropsychologische Rehabili-tation und für eventuelle forensische Fragen haben. Beijüngeren Kindern erfordert das jedoch evtl. eine erneuteNarkose. In diesen Fällen ist die Indikation schärfer zufassen.

> Fallbeispiel

Ein 11-jähriger Junge wird in der Kinderchirurgie nach ei-

ner Rangelei auf dem Schulhof stationär zur Beobachtung

aufgenommen. Er hätte danach Kopfschmerzen bekom-

men und 2-mal erbrochen. Eine Bewusstlosigkeit oder

eine Amnesie sei nicht aufgetreten. Am Aufnahmetag war

der Junge lediglich schläfrig und verlangsamt. Am Tag

nach der Aufnahme kam es zunächst zu leichten Vigilanz-

schwankungen, dann imponierten wechselnde Zustände

mit Erregung und Angst, gefolgt von Phasen vermehrter

Schläfrigkeit. Im durchgeführten Not-CCT fand sich kein

Blutungsnachweis. Das kinderneuropsychiatrische Konzil

erbringt neben dem klinisch führenden hirnorganischen

Psychosyndrom eine leichte sensomotorische Hemipare-

se links. Das angeregte MRT bleibt ohne diagnostischen

Gewinn, in der MR-Angiographie stellt sich die rechte

A. vertebralis nur schwach dar (⊡ Abb. 12.1b) und bricht

dann ab – Verdacht auf traumatische Dissektion, duplex-

sonographisch bestätigt sich der Befund. In den folgen-

den Tagen klart der Junge zunächst auf, wird unruhig, ein

wenig angstbesetzt. Die sensomotorische Hemiparese

bleibt bestehen. Über Gesprächsführung unter Einbezie-

hung der Eltern ist er gut führbar. Am 5. posttraumati-

schen Tag wird das MRT wiederholt, es zeigt jetzt einen

Herd im Thalamusgebiet rechts (⊡ Abb. 12.1a). Nach Kost-

aufbau und Mobilisierung wird der Junge in unsere Ein-

richtung zur weiteren Betreuung übernommen. Er ist nun

hypermobil, kaum im Bett zu halten, übt Kopfstand im ▼

350 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

Bett, spricht überstürzt und hastig, hört kaum zu. Nach

Meinung der Eltern sei er vor dem Trauma nicht so gewe-

sen. Im neurologischen Befund ist noch eine leichte Unsi-

cherheiten im Zeigeversuch links nachweisbar, die Mu-

skeleigenreflexe sind seitengleich, keine Sensibilitätsstö-

rungen, keine Paresen. Die neuropsychologischen

Testverfahren zeigen 14 Tage nach dem Trauma keine ▼

Auffälligkeiten. Unter konsequenter Grenzsetzung ist er

führbar, eine medikamentöse Therapie ist nicht notwen-

dig. Drei Wochen nach dem Trauma ist er bei aller Lebhaf-

tigkeit angepasst, konzentrationsfähig und belastbar. Im

EEG ließen sich keine Herdstörungen oder steilen Potenzi-

ale nachweisen. Eine Rehabilitationsmaßnahme war nicht

notwendig.

Diagnose: Mittelschweres SHT mit Blutung (in einen In-

farkt?) im Thalamus rechts (ICD-10 S6.3) bei traumatischer

Dissektion der A. vertebralis rechts und begleitendem

passageren hirnorganischen Psychosyndrom.

Therapie des akuten posttraumatischen hirnorganischen Psychosyndroms

Medikamentöse Therapie

Kinder im Alter unter 8–9 Jahren reagieren oft mit Angst,Rückzug und Regression, wenn sie im Krankenhaus ausder Bewusstlosigkeit erwachen. Das heute praktizierte»rooming in« der Bezugspersonen wirkt an sich angstlö-send und erleichtert die Führung dieser Kinder.Meist ver-halten sie sich 2–3 Tage nach dem Erwachen wieder ent-sprechend ihrer Primärpersönlichkeit. Prinzipiell stehenAngstlösung und Beruhigung des Kindes an erster Stelle.Sollte dies durch psychotherapeutische Intervention unterEinbeziehung der Eltern nicht erfolgreich sein, bietet sichder kurzzeitige Einsatz eines Benzodiazepines mit betontanxiolytischer Wirkung (z. B. Lorazepam) an. Die Dosie-rung erfolgt nach Körpergewicht und richtet sich nachdem Ausprägungsgrad der Symptome.Die orale oder rek-tale Gabe ist zu bevorzugen.

! Eine kinder- und jugendpsychiatrische Interventionist bei leichten SHT jedoch nur selten notwendig.

Anders bei Psychosyndromen im Rahmen mittelschwereroder schwerer SHT. Die Kinder liegen auf traumatologi-schen oder sogar Intensivtherapiestationen, also in völligunbekannter und ängstigender Umgebung. Unabhängigvom Bewusstseinszustand oder der Sedierung muss im-mer verbaler Kontakt zu den Kindern gehalten werden.Dazu ist das ganze Team einzubeziehen. Die propriozep-tive Stimulation ist durch eine intensive Physiotherapie zugewährleisten.Tonträger mit den Stimmen der Eltern oderGeschwister können heute problemlos den Kindern vor-gespielt werden. Der ständige Kontakt mit den Eltern er-leichtert den Kindern die Orientierung in der Aufwach-phase. Die Eltern sollten über das Krankheitsbild aufge-klärt sein und die ungefähre Prognose kennen. Wennirgend möglich, gilt es die Eltern in die Pflege des Kindeseinzubeziehen.Gelegentlich muss Ihnen das Verhalten derKinder, welches sie als abnorm und unverständlich erle-ben, erklärt werden. Es ist immer hilfreich, auf die zeitli-che Befristung solcher akuter »Durchgangssyndrome«hinzuweisen. Sind die Kinder psychomotorisch sehr un-ruhig oder massiv angstbesetzt, oder delirieren sie im

12.2 · Akute organische Psychosyndrome351 12

⊡ Abb. 12.1. a T2-gewichtetes zerebrales MRT (nach Kontrastmittel-gabe) eines 12-jährigen Jungen. Der Pfeil weist auf die Läsion hin. bMR-Angiographie desselben. Der Pfeil weist auf den Abgang der rech-ten A. vertebralis, die sich im Seitenvergleich deutlich schmaler dar-stellt und dann abbricht – V.a. Dissektion (duplexsonographisch bestä-tigt). (Mit freundlicher Genehmigung Dr. Großmann/Prof. Hauenstein,Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, UniversitätRostock)

a

b

Rahmen sekundärer hochfieberhafter Entzündungen, istvon kinder- und jugendpsychiatrischer Seite der Einsatzvon Neuroleptika,evtl. in Kombination mit Benzodiazepi-nen zu überdenken. Vorher ist mit den primär behan-delnden Kollegen abzuklären,ob die Kinder aufgrund vonSchmerzen unruhig sind.Dann steht die Analgesierung imVordergrund.In allen Fällen ist vorher das Einverständnisder Eltern nach adäquater Aufklärung und, soweit mög-lich, auch der Kinder einzuholen (Laufs 2000).

Systematische Studien zum Einsatz von Psychophar-maka bei akuten hirnorganischen Psychosyndromen imKindes- und Jugendalter fehlen. Ging eine längere Anal-gosedierung unter Einbeziehung von Benzodiazepinenvoraus, sollte versucht werden, mit schwach bis mittelpo-tenten Neuroleptika allein oder mit Hydroxybuttersäure(Somsanit,cave: Natriumanstieg) auszukommen.Eine Se-dierungskomponente ist dann ausdrücklich erwünscht.Bei massiven Halluzinationen oder Drogenintoxikationenmit paranoidem Erleben und Halluzinationen sind höherpotente Neuroleptika indiziert.

Einige ausgewählte Beispiele zeigt ⊡ Tabelle 12.6. Dieangegebenen Dosierungen sind Richtlinien und müssendem Ausprägungsgrad der Symptome und dem Körper-gewicht angepasst werden. Oft werden kurzzeitig höhereDosen benötigt, als in der Tabelle angegeben.

! Die Applikation von Medikamenten sollte so kurzwie möglich und so lang wie notwendig erfolgen.

Länger als 5–7 Tage ist der Einsatz höher potenter Neuro-leptika selten indiziert.Auch Benzodiazepine sollten nichtlänger als 10–14 Tage gegeben werden.Die Umstellung aufatypische Neuroleptika empfiehlt sich so früh wie mög-lich, wenn ihr primärer Einsatz nicht möglich oder einelängere neuroleptische Therapie notwendig ist. Das Risi-ko der Spätdyskinesien ist wahrscheinlich geringer. VieleMedikamente sind für Kinder und Jugendliche nicht zu-gelassen, sodass ihr Einsatz derzeitig nur im Rahmen ei-nes therapeutischen Heilversuches möglich ist.

Bei strukturellen Hirnschädigungen ist die Inzidenzeplieptischer Anfälle erhöht, Neuroleptika senken dieKrampfschwelle weiter. Deshalb ist die gleichzeitige anti-epileptische Abschirmung zu überdenken.Valproinsäure,die auch intravenös applizierbar ist, bietet sich auch imHinblick auf eine evtl. notwendige längere Applikationaufgrund einer posttraumatischen Epilepsie ebenso wieCarbamazepin an.Von beiden Medikamenten ist ein stim-mungsstabilisierender Effekt bekannt (Walden et al.1997),von Lamotrigin (Calabrese et al. 1998) und Topiramat(McElroy et al.2000) wird dies zunehmend angenommen.

352 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12⊡ Tabelle 12.6. Vorschläge zur medikamentösen Behandlung akuter hirnorganischer Psychosyndrome

Leitsymptom Alter Empfehlung Alternative

Halluzinationen <6 Jahre Möglichst keine Medikation Amisulpirid 50–100 mg/Tag>6–14 Jahre Amisulpirid bis 400 mg Promethazin bis 25 mg>14 Jahre Amisulpirid 400 – 800 mg Haloperidol bis 3 mg/Tag

Promethazin bis 75 mg/TagHaloperidol bis 5 mg/TagPromethazin bis 150 mg/TagHaloperidol bis 10 mg/TagCiatyl Acuphase 50 mg

Angst <6 Jahre möglichst keine Medikation Lorazepam bis 1 mg/Tag>6–14 Jahre Lorazepam bis 3 mg/Tag Promethazin bis 50 mg>14 Jahre Lorazepam bis max. 6 mg/Tag Promethazin 100 mg/Tag

Buspiron bis 15 mg/Tag

Delir <14 Jahre meist bei Fieber Möglichst keine Medikation Promethazin bis 50 mg/TagEntzug >14 Jahre Haloperidol bis 15 mg/Tag Lorazepam bis 3 mg/Tag

plus Levomepromazin bis Lorazepam bis 6 mg/d 150 mg/Tag

Clonidin bis 0,8 mg/Tag (cave:in Kombination mit Haloperi-dol Æ QT-Verlängerung,Kammerflimmern)

Psychomotorischer <14 Jahre Dipiperon bis 6 mg/kg KG Promethazin bis 150 mg/TagErregungszustand >14 Jahre Amisulpirid bis 800 mg/Tag Levomepromazin bis

Beides in Kombination mit 150 mg/TagLorazepam bis 6 mg/Tag Hydroxybuttersäure bis

10 mg/kg KG (cave: Na+ Anstieg)

Nichtmedikamentöse Therapie

Wesentlich für die Prognose schwerer und mittelschwererSHT ist der frühe Einsatz übender Verfahren, bereits aufder Intensivtherapiestation oder in der Kindertraumato-logie. Dies sind Physiotherapie, Ergotherapie, Logothera-pie genauso wie Verhaltens- und Mototherapie.

! Welcher Methode wann der Vorzug gegeben wird,richtet sich neben Lokalisation und Schwere derSchädigung nach dem psychischen Zustand des Kin-des sowie wie nach seinem aktuellen intelektuellenLeistungsvermögen.

Insofern ist der immer wieder zu erlebende »Methoden-streit« unsinnig. Primär kann auch nicht das Ausmaß derHirnschädigung beeinflusst werden, sondern es gilt densekundären reaktiven Schäden auf motorischem, psychi-schem und intelektuellem Gebiet vorzubeugen. Zum frü-hest möglichen Zeitpunkt sind die Familienangehörigeneinzubeziehen. Mit der familiennahen interdisziplinärenFrühförderung wird nicht nur die im Vergleich zum Er-wachsenen größere kindliche Kompensationsfähigkeitdes Nervensystems ausgenutzt, sondern auch der Entste-hung und Verfestigung reaktiver Störungen am besten be-gegnet (Neuhäuser u. Heubruck 2000).

Lag ein leichtes SHT vor, sind kinder- und jugend-psychiatrische Interventionen meist nicht notwendig.Es empfiehlt sich jedoch, die Traumabewältigungsstrate-gien des betroffenen Kindes und der Familie zu eruieren,um späterere vegetative Störungen oder Schmerzsyndro-me besser einordnen zu können. Auch die kognitive Re-habilitation kann ambulant erfolgen (Pothmann et al.1995).

12.2.2 Entzündliche akute organische Psychosyndrome

Auch wenn entzündliche Ursachen psychotischer Zu-standsbilder in der Kinder- und Jugendpsychiatrie eherselten sind, zählen sie zu den entscheidenden Differenzi-aldiagnosen und müssen jedem Psychiater gegenwärtigsein (Hess et al. 1999).Wer einmal ein Residualstadium ei-ner zu spät erkannten schweren Herpesenzephalitis gese-hen hat,wird die Notwendigkeit einer frühen neuroradio-logischen und gegebenfalls liquorologischen Diagnostikbei akuten psychotischen Ersterkrankungen nicht in Fra-ge stellen.

Akute hirnorganische Psychosyndrome bei viralen Entzündungen des ZNS

Häufigster Erreger ist das Herpesvirus (Herpesenzephali-tis). Als weitere Erreger kommen Adenoviren (subakuteEnzephalitis), Arboviren (FSME oder »tick borne ence-phalitis«),Paramyxoviren (Mumps-,Masernenzephalitis),Rubellaviren (progressive Rubellapanenzephalitis; »slow

virus infection«), Rhabdoviren (Tollwut) sowie Vak-zine (akute demyelinisierende Enzephalomyelitis;ADEM)in Frage. Unter den Slow-virus-Erkrankungen ist ne-ben der seltenen progressiven Rubellapanenzephalitis die subakute sklerosierende Panenzephalitis von Bedeu-tung.

! Allen viralen Infektionen des ZNS ist gemeinsam,dass sie im Prodromalstadium der Erkrankung mitVigilanzeinschränkungen oder mit halluzinatori-schen bzw. deliranten Zustandsbildern einhergehenkönnen.

Fast regelmäßig treten später Fieber und neurologischeHerdsymptome auf und führen zur Diagnose. Der thera-peutische Erfolg hängt jedoch entscheidend vom mög-lichst frühen Einsetzen der Therapie ab,weswegen der frü-hen Diagnose große Bedeutung zukommt.

Alle Krankheits- und Todesfälle an Virusmeningoen-zephalitiden sind entsprechend § 3 Abs. 2 BseuchG mel-depflichtig.

Die häufigeren und die differenzialdiagnostisch be-deutsamen Virusinfektionen im Kindes- und Jugendaltermit zerebraler Beteiligung in Form von akuten Psycho-syndromen werden im Folgenden kurz besprochen.

Reye-Syndrom

Die mittlere Häufigkeit des Reye-Syndroms wird bei Kin-dern und Jugendlichen mit 0,6–0,7/100.000 angegeben(Prange 1995). Das typische Erkrankungsalter liegt zwi-schen 5 und 15 Jahren.

! Das Reye-Syndrom ist eine infolge einer viralenInfektion auftretende akute, nichtinflammatorischeEnzephalopathie, die durch die zwei Hauptsypmpto-me Vigilanzstörung und Leberdysfunktion gekenn-zeichnet ist.

Für die Diagnose wird eine bioptisch zu bestätigende fet-tige Metamorphose der Leber und ein mindestens 3facherAnstieg der Transaminasen und des Serumammoniaksgefordert. In den letzten Jahren sind eine Reihe genetisch-metabolischer Erkrankungen beschrieben worden, dieähnlich einem Reye-Syndrom verlaufen und früher dar-unter subsumiert wurden (Orlowski 1999). Eine Assozia-tion des Syndroms mit länger dauernder Einnahme vonAzetylsalizysäure ist beschrieben (Kauffman 1980).

Am häufigsten tritt das Reye-Syndrom im Zu-sammenhang mit Influenza-A- und -B-Infektionen auf.Andere das Syndrom auslösende Viren sind Adeno-, Cox-sackie-, Zytomegalie-, Ebstein-Barr-, Herpes-, Varizella-,Masern-, Mumps- und Rubellaviren. Die Pathogenese desSyndroms ist nicht geklärt.

Die Klinik läuft in 6 Stadien ab, allerdings nicht regel-haft (s. folgende Übersicht).

12.2 · Akute organische Psychosyndrome353 12

Klinische Stadien des Reye-Syndroms (mod. nachPrange 1995)Stadium 0: Erbrechen,Transaminasenanstieg

Stadium I: heftiges Erbrechen, gelegentlich Lethar-

gie

Stadium II: delirantes Bild mit motorischer Unruhe,

Aggressivität, Desorientierung, Halluzina-

tionen; vegetative Dysregulationen; Mus-

keleigenreflexe gesteigert; klassischer-

weise dauert dieses Bild maximal 1–2

Tage

Stadium III: Koma, Pyramidenbahnzeichen, begin-

nendes Papillenödem

Stadium IV: Dezerebration, unregelmäßige Atmung,

okulozephaler Reflex verschwindet

Stadium V: allgemeine Muskelhypotonie, langsames

Erlöschen der Hirnstammreflexe und der

Muskeleigenreflexe.

Im Serum imponiert der starke Transaminasenanstieg,weiter kommt es zur Hpyerammoniämie, Laktazidose,Prolaktinerhöhung, Aminoazidämie, Abfall des Cholest-erins und pH-Abfall.Die Liquorzellzahl ist wenn dann nursehr gering erhöht (<10 Mpt/l),die Katecholamine sind imLiquor erhöht. Im EEG findet sich früh eine leichte Allge-meinveränderung, die an Schwere zunimmt und ab Sta-dium III in eine »Burst-suppression«-Aktivität übergeht.Triphasische Komplexe wie beim Leberkoma werden nor-malerweise nicht gesehen. Im CCT zeigt sich ein generali-siertes Hirnödem mit Hypodensitäten der weißen Sub-stanz. Beweisend ist im Zusammenhang mit der Klinikdie bioptisch nachgewiesene fettige Metamorphose derLeber. Differenzialdiagnostisch muss an Pilzvergiftungenund Valproinsäureintoxikationen gedacht werden.Die Be-handlung sollte immer auf einer Intensivtherapiestationerfolgen.

Das organische Psychosyndrom tritt klassischerweisenur kurzzeitig (Stadium II) auf und wird symptomatischmit hochpotenten Neuroleptika, kurzzeitig und hochdo-siert (z.B.3-mal 3–10 mg Haloperidol,altersadaptiert) be-handelt.Die gleichzeitige Gabe von Benzodiazepinen oderGABA sollte möglichst vermieden werden, da die Vigi-lanzminderung im Stadium III aufgrund der Halbwerts-zeit dann schwer von der Medikamentenwirkung zu tren-nen ist.

Herpesenzephalitis

Durch die beiden Herpes-simplex-Viren Typ 1 und 2(HSV 1 und 2) werden verschiedene neurologische Er-krankungen verursacht. Das HSV-1-Virus ruft bei Er-wachsenen und älteren Kindern eine gefürchtete Enze-phalitis mit typischem klinischem Verlauf hervor.HSV Typ 2 führt zu einer gutartigen Meningitis. Bei Neu-

geborenen kommt es durch HSV 2 zu einer hämorrha-gisch nekrotisierenden Enzephalitis.

Die durch das Herpes-simplex-Virus verursachte En-zephalitis des Kindes- und Erwachsenenalters ist die häu-figste Form einer akuten hämorrhagisch-nekrotisieren-den Enzephalitis. Die Inzidenz wird in Mitteleuropa auf2–5/106 geschätzt (Siever u.Prange 1995).Die Infektion mitHSV 1 erfolgt furch Tröpfchen- oder Schmierkontakt.Schleimhautläsionen stellen Eintrittspforten dar.Bei etwaeinem Drittel der Erkrankungsfälle handelt es sich umeine Primärinfektion, bei zwei Dritteln um eine Virusre-aktivierung.

! 50% der gesamten Letalität an Enzephalitiden gehtzu Lasten der HSV-Enzephalitis (Typ 1).

Die Infektion erfolgt wahrscheinlich über eine transaxo-nale Viruspenetration, meist über den I. Hirnnerven. Zu-nächst erreicht das Virus orbitofrontale und temporaleHirnstrukturen. Die weitere Erregerausbreitung erfolgtvon Zelle zu Zelle in das gesamte Hirn mit Bevorzugungvon Gyrus cinguli, Stammganglien, Thalamus und Cor-pora mamillaria.Seltener erfolgt die Infektion über den V.,VI. oder X. Hirnnerven. Es kommt dann zu einer Rhom-benzephalitis mit meist letalem Ausgang.

Die Klinik verläuft regelmäßig in 4 Phasen. In der un-spezifischen Prodromalphase treten Symptome eines fie-berhaften Infektes wie Fieber, Appetitlosigkeit, Abge-schlagenheit und Kopfschmerz auf. Gelegentlich werdendiese Symptome aber von Angehörigen nicht ernst ge-nommen und anamnestisch auch nicht berichtet. Aller-dings kann diese Prodromalphase auch fehlen bzw. dieSymptome können so gering ausgeprägt sein, dass sie garnicht wahrgenommen werden.Nach Entfieberung und ca.4–10 Tagen kommt es im sog. psychotischen Stadium zuplötzlichen Verhaltensänderungen,die genau erfragt wer-den müssen. Die dann möglicherweise auftretenden Hal-luzinationen, Situationsverkennungen, Verwirrtheit, Ge-ruchsmissempfindungen oder aphasischen Symptomeführen zur Verdachtsdiagnose,vor allem wenn wieder Fie-ber und ein Meningismus hinzukommen. Oft erfolgt dieKlinikeinweisung erst nach einem typischerweise kom-plex-fokal beginnenden Anfall,der sekundär generalisiert(konvulsives Stadium).Der Übergang in Sopor und Koma(komatöses Stadium) ist dann kaum noch aufzuhalten,diePatienten sterben 8–14 Tage nach Krankheitsbeginn unterden Zeichen einer intrakraniellen Drucksteigerung mittranstentorieller Herniation (Ito et al. 1998).

Im EEG zeigen sich typischerweise temporale Herd-befunde, steile Potenziale oder Allgemeinveränderungen.Das CCT ist noch 3 Tage nach Auftreten neurologischerHerdsymptome normal, eignet sich also nicht für dieAkutdiagnostik. Die Magnetresonanztomographie zeigtzeitgleich zum Auftreten neurologisch-psychiatrischerSymptome Läsionen in typischer Lokalisation (»rhinen-zephale Herdenzephalitis«) temporobasal und ist das

354 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

Mittel der Wahl für die Frühdiagnostik. Da immer mit ei-ner intrakraniellen Drucksteigerung zu rechnen ist, kanneine Lumbalpunktion nur unter gleichzeitigen Maßnah-men zur Verhinderung einer transtentoriellen Herniationvorgenommen werden.

! Die Kombination Infekt (»Grippe«) vor einer Wocheund plötzliche Verhaltensänderung (»mein Kind istplötzlich so komisch«) sollte immer die »Alarmglo-cke HSV-Enzephalitis« klingeln lassen.

Die Therapie erfolgt antiviral mit Aciclovir (Zovirax), evtl.mit Interferonen (Yuasa et al. 1999; Geiger et al. 1997),mög-lichst auf einer Intensivtherapiestation und in einer mitdem Krankheitsbild vertrauten Einrichtung. Bei starkerpsychomotorischer Unruhe oder schweren halluzinatori-schen Zustandsbildern sind hochpotente Neuroleptika un-ter antiepileptischem Schutz und Benzodiazepine indiziert.Kurzzeitige Fixierungen sind gelegentlich notwendig.

EBV-Enzephalitis

Der Epstein-Barr-Virus ist der Verursacher der infektiö-sen Mononukleose (Pfeiffer’sches Drüsenfieber), diehauptsächlich Jugendliche betrifft. Am Nervensystemkann das Virus eine Vielzahl von Erkrankungen auslösen(z. B. Guillain-Barré-Syndrom, autonome Neuropathien,Querschnittsmyelitiden), von denen hier nur Reye-Syn-drom (s. oben) und die Meningoenzephalitis interessie-ren. Ein spezifisches durch EBV ausgelöstes Krankheits-bild am Nervensystem gibt es nicht.

Die Meningoenzephalitis kann sich als diffuse oder lo-kale Entzündung in jedem Hirnabschnitt manifestieren.Leitsymptome sind Photophobie, Vigilanzstörungen,Kopfschmerzen und plötzliche Verhaltensänderungen bishin zu halluzinatorischen Zustandsbildern. Beschriebensind auch Metamorphopsien (»Alice in wonderland syn-drome«; Liaw u. Shen 1991). Seltener sind neurologischeHerdsymptome wie Aphasien oder Hemianopsien.Die ty-pischen Blutbildveränderungen mit Lymphozytose, aty-pischen Lymphozyten und relativer Neutropenie sind beineuropsychiatrischen Manifestationen nicht immer nach-weisbar.Die Liquorveränderungen sind unspezifsch,gele-gentlich finden sich leichte Pleozytosen. Spezifische Anti-körper sollen sich bei Kindern nachweisen lassen (Imai etal. 1993). Das EEG zeigt eine diffuse irreguläre langsameAktivität, evtl. periodisch und mit Herdbefunden. Auchdie bildgebende Diagnostik, anzustreben ist ein zerebra-les MRT mit Kontrastmittel,erbringt keinen erregerspezi-fischen Hinweis.Für die Diagnose einer ZNS-Infektion istder Nachweis einer spezifischen intrathekalen Antikör-perproduktion mit Hilfe eines Antikörperspezifitätsindexnotwendig (Felgenhauer u. Reiber 1992). Der Nachweisheterophiler Antikörper (Paul-Bunell-Reaktion) spieltheute keine Rolle mehr (Bitsch 1995).

Eine spezifische Therapie EBV-induzierter Erkran-kungen gibt es nicht. Körperliche Anstrengungen sollten

vermieden werden aufgrund der Gefahr einer Milzruptur.Werden auf entzündeten Tonsillen Streptokokken nach-gewiesen, sollte zur Vermeidung von Poststreptokokken-komplikationen eine antibiotische Therapie erfolgen.Am-picillin ist dazu kontraindiziert, da es bei infektiösenMononukleosen fast immer zu einem Arzneimittelexan-them führt (Bitsch 1995). Die psychiatrischen Symptomesind selten behandlungsbedürftig. Die Wahl eines Neuro-leptikums richtet sich nach Art und Ausprägung derpsychotischen Symptome.

Frühsommermeningoenzephalitis (FSME)

Die FSME ist die bedeutendste Arbovirose und endemi-sche Virusenzephalitis in Mitteleuropa.Erreger ist ein Fla-vivirus,der verschiedene Subtypen aufweist.Die Übertra-gung erfolgt durch Schildzecken.In Deutschland sollen biszu 1000 Infektionen pro Jahr auftreten (Stronegger et al.1998).Das FSME-Virus kann eine Meningitis,eine Menin-goenzephalitis oder eine Meningoradikulitis hervorrufen.Es besteht grundsätzlich eine Affinität zur grauen Subs-tanz des Gehirns. Die Erkrankung soll im Kindesalter we-niger schwer verlaufen als im Erwachsenenalter (Logar etal. 2000), es sind jedoch auch sehr schwere Verläufe be-schrieben (Cizman et al. 1999).

Bei zwei Drittel der Infizierten kommt es nach einerInkubationszeit von 7–12 Tagen im Stadium der Virämiezu sehr hohen Temperaturen, kombiniert mit Kopf-schmerzen und gastrointestinalen Symptomen. Esschließt sich ein beschwerdefreies Intervall von 2–5 Tagenan. Bei einem Drittel der Infizierten entwickelt sich einezweite Phase mit erneutem Fieber über 39°C, Kopf-schmerzen, Lichtscheu und Übelkeit. In 50–70% der Fälletritt eine Meningitis auf, die besonders bei Kindern einegute Prognose hat (Bryant u.Marshall 2000). In rund 30%dieser Fälle entwickelt sich eine Meningoenzephalitis mitVigilanzeinschränkungen, z. T. bis zum Koma. Es könnenextrpyramidalmotorische Störungen auftreten, Krampf-anfälle sind häufiger.Hirnleistungsstörungen sind die Re-gel. Bei einem Drittel der Infizierten entwickelt sich dieZNS-Erkrankung aus völliger Gesundheit heraus undohne Vorstadium, d. h. die Virämie verläuft inapparent.

! Bei ca. 4% aller Fälle beginnt die Symptomatik miteiner Psychose, wobei depressive Bilder überwiegen(Börner 1995).

Die ZNS-Symptome bilden sich bei günstigen Verläufennach 3 Tagen zurück, können jedoch auch über Wochenpersistieren. Die Diagnosestellung der FSME gelingt imFrühstadium der FSME über den Antigen- oder Erreger-nachweis (z. B. PCR). In der Phase der Manifestation vonZNS-Symptomen ist der direkte Erregernachweis nur nochaus dem Liquor möglich,der serologische Nachweis zu die-sem Zeitpunkt allerdings oft schon erfolgreich.Der Liquorzeigt eine mäßige Pleozytose, ein zerebrales MRT ist zumAusschluss einer Herpesenzephalitis immer anzustreben.

12.2 · Akute organische Psychosyndrome355 12

Differenzialdiagnostisch ist bei Zeckenstich auch an eineBorreliose zu denken. Eine postexpositionelle Prophylaxeder FSME ist bis zum 4.Tag nach dem Zeckenstich möglich.Die symptomatische Therapie besteht aus Bettruhe,Anal-getika,Antipyretika und gegebenfalls parenteraler Ernäh-rung. Die Inzidenz der Restschäden liegt bei 5–15% derPatienten mit ZNS-Symptomen. Beschrieben sind Kopf-schmerzen, Restlähmungen und chronische hirnorgani-sche Psychosyndrome (»postenzephalitisch«).

Verschiedene Erreger

Eine Reihe von Viren kann im Rahmen von Enzephalo-myelitiden zentralnervöse Symptome einschließlich aku-ter organischer Psychosyndrome verursachen. ⊡ Tabel-

le 12.7 gibt einen kurzen Überblick über die möglichenpsychischen Symptome, die zusammengefasst in Vigi-lanzstörungen und/oder psychotischen einschließlich de-menziellen Bildern bestehen.

Regelmäßig finden sich neben den spezifischen Zei-chen der Infektionserkrankung und psychischen Auffäl-ligkeiten charakteristische neurologische Herdsymptomewie Krampfanfälle,Pyramidenbahnzeichen oder Hirnner-venstörungen. Genaueres ist in entsprechenden Lehrbü-chern der Infektionserkrankungen nachzulesen (z.B.Pran-ge 1995).Die spezifische psychiatrisch-medikamentöse Be-handlung entspricht der der Psychosyndrome nach SHT.

Postvakzinale und postinfektiöse Enzephalomyelitis

Die akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM)ist eine akute, monophasische verlaufende Erkrankungder weißen Substanz des Gehirns und des Rückenmarks,die nicht sicher von der multiplen Sklerose zu trennen ist(Schwarz et al. 2001). Die Exposition mit einer körper-

fremden Substanz (Viren, Vakzine, Medikamente) ist Vo-raussetzung.Am häufigsten tritt die ADEM im Kindesalterauf, wahrscheinlich weil die Häufigkeit der Erstinfektio-nen und der Impfungen in dieser Zeit am größten ist. Dasklinische Erscheinungsbild ist unabhängig vom auslösen-den Agens relativ einheitlich. Es kommt zu plötzlichenund oft dramatischen Symptomexazerbationen mit Kopf-schmerzen, Vigilanzstörungen und fokalen neurologi-schen Ausfällen. Oft treten Krampfanfälle auf, Hirnner-venausfälle und spastische Paresen sind nicht ungewöhn-lich. MRT und Liquor sind für die Diagnosestellungunabdingbar. Die ADEM kann im Kindesalter aber auchzunächst unter dem Bild einer Psychose ablaufen (Hahn etal. 2000; Nasr et al. 2000).

Nach Impfungen ist der Verlauf eher gutartig, die Le-talität nach Infektionserkrankungen ist eher höher. Esbleiben bei den Überlebenden oft Epilepsien und posten-zephalitische Psychosyndrome mit z.T.erheblicher geisti-ger Beeinträchtigung zurück.

Slow-virus-Erkrankungen – subakute sklerosie-rende Panenzephalitis (SSPE)

Die Inzidenz der SSPE wird mit 8,5/106 Masernerkran-kungen angegeben. Die Erkrankung betrifft hauptsäch-lich Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 5 und15 Jahren. Es handelt sich um eine langsam verlaufendeEnzephalitis, die durch Einschlusskörper in kortikalenNeuronen gekennzeichnet ist und wahrscheinlich durchReaktion auf persistierende Masernviren verursacht wird(Owens et al. 2000). Das männliche Geschlecht ist bevor-zugt,die Erkrankung führt nach jahrelangem Verlauf zumTod. Der Verlauf der SSPE wird in 3 Stadien unterteilt(s. folgende Übersicht), wobei der zeitliche Verlauf sehrvariabel ist.

Verlaufsstadien der SSPE (mod. nach Prange et al.1995)Stadium I: psychische Symptome wie Verhaltens-

störungen, Gleichgültigkeit, Merkfähig-

keitsstörungen, intellektueller Abbau;

erstes Zeichen ist oft plötzliche Leis-

tungsverschlechterung in der Schule

Stadium II: neurologische Symptome wie Krampfan-

fälle, extrapyramidalmotorische Störun-

gen; weiter Myoklonien mit einer Fre-

quenz von 5–10/min, die im EEG von

charakteristischen Potenzialen beste-

hend aus periodischen Deltakomplexen,

überlagert von abortiven Spitzenpoten-

zialen (sog. Rademecker-Komplexe), be-

gleitet werden

Stadium III: Dezerebrationsstarre,Tetraspastik, apalli-

sches Syndrom, Koma,Tod

356 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

⊡ Tabelle 12.7. Durch verschiedene Viren verursachtehirnorganische Psychosyndrome

Viraler Erreger Psychische Symptomatik

Enteroviren Agitiertheit, Halluzinationen, Des-orientierung

Rubella Vigilanzstörungen, psychotische Bil-der, immer neurologische Symptome

Mumps Desorientierung, Lethargie, amenziell-delirante Bilder; häufigster Erreger deraseptischen Meningitis

Masern Desorientierung, immer neurologi-sche Symptome

Rhabdoviren »Tollwut«, fast pathognomonisch istdie Hydrophobie

Arenaviren Vigilanzstörungen, Halluzinationen

HIV Diaplazentar übertragene Enzephalo-pathie des Kindes

Im Liquor lässt sich eine intrathekale Synthese vonMasernantikörpern (Antikörperspezifitätsindex >1,5) beistark erhöhtem IgG nachweisen, im Serum erhöhte Ma-sernantikörpertiter. Das EEG zeigt die bereits erwähntenbi- oder triphasichen Rademecker-Komplexe, das zere-brale MRT periventrikuläre Läsionen.Das CCT ist im Sta-dium I noch normal.

Die wesentlichen Therapiemaßnahmen sind sym-ptomatisch. Meist ist ab Stadium II eine Sedierung not-wendig, um gleichzeitig Einfluss auf die Myoklonien zu nehmen, empfiehlt sich Clonazepam oder Clobazam.Gilt es gleichzeitig antiepileptisch zu behandeln, ist Valproinsäure das Mittel der 1. Wahl. Gute Erfolge hin-sichtlich der Myoklonien sind auch mit Piracetam be-schrieben.

Akute hirnorganische Psychosyndromebei bakteriellen Entzündungen des ZNS

Die akut purulenten ZNS-Erkrankungen sind meistensdurch das Symptom Fieber gekennzeichnet, der Kinder-und Jugendpsychiater sieht sie nur konsilarisch bei be-gleitenden schweren hirnorganischen »Durchgangssyn-dromen«.Ihre psychiatrisch-medikamentöse Behandlungist symptomorientiert (Vorschläge � s.Tabelle 12.6).Jedochkönnen verschiedene Erreger ein relativ gleichförmigesklinisches Syndrom verursachen,das differenzialdiagnos-tisch von Bedeutung ist, und zwar Hirnabszess und meta-stastatisch (oder septisch)-embolische Herdenzephalitis.Eher subakut verlaufende bakterielle Infektionen des ZNSkönnen in der Anfangsphase nur mit psychischen Verän-derungen auffallen, exemplarisch wird die tuberkulöseMeningitis im Folgenden kurz besprochen.

Infektionen mit Mykoplasmen und Rickettsien ver-laufen in etwa einem Drittel der Fälle mit Beteiligung deszentralen Nervensystems, dann immer mit den Zeicheneines akuten hirnorganischen Psychosyndroms wie Hal-luzinationen,Desorientierung und Vigilanzstörungen.Siesind in Mitteleuropa selten.

Tuberkulöse Meningitis

In Mitteleuropa befällt die Neurotuberkulose überwie-gend Erwachsene. Häufiger ist sie in Entwicklungslän-dern, dort betrifft sie auch eher Kinder. Eine ZNS-Tuber-kulose tritt immer als Folge eines Befalls anderer Organeauf, der sich allerdings manchmal schwierig nachweisenlässt.Bei Kindern erreichen die Erreger das ZNS meistensdurch eine vom Primärkomplex ausgehende hämatogeneAussaat (Nau 1995a).

Die Neurotuberkulose beginnt mit einer etwa 2–3 Wo-chen andauernden Prodromalphase mit den SymptomenApathie,Verhaltensänderungen,Kopfschmerzen,Appetit-losigkeit und innerer Unruhe. Schwerere Verläufe impo-nieren als depressive Verstimmung oder als Halluzinose.Es kommt danach zu typischen meningitischen Verände-rungen wie Hirnnervenbefall (basale Meningitis!) undFieber. Letzteres kann jedoch fehlen. Liquorpunktion

(»buntes Zellbild« und intrathekale IgA-Synthese) mit Er-regernachweis und die Bildgebung führen zur Diagnose.Die Therapie ist antibakteriell (Isoniazid, Rifampicin undPyrazinamid). Oft entsteht ein Hydrocephalus occlusivusmit den typischen psychischen Symptomen. Bei Kinderntreten nach tuberkulösen Meningitiden öfter Hörstörun-gen auf, auch Entwicklungsretardierungen und intellek-tueller Abbau sind beschrieben.

Hirnabszess

Neben zahlreichen Bakterien können Pilze und Protozoenebenfalls Hirnabszesse verursachen. Meist kommen ver-schiedene Erreger in einem Abszess vor, in der MehrzahlAnaerobier.Die Abszesse sind am häufigsten frontal loka-lisiert, gefolgt vom Parietal- und Temporallappen. Zere-belläre Abszesse treten vor allem bei Kindern auf (Nau1995b). Frontalhirnabszesse enstehen meist infolge einerSinusitis oder traumatisch. Temporalhirnabszesse enste-hen oft durch eine Mittelohrentzündung.

! Das häufigste Symptom aller Abszesse sind dumpfeund drückende Kopfschmerzen.

In über der Hälfte der Fälle kommt es zu Wesensverände-rungen,im Spätstadium zu Vigilanzeinschränkungen.Ab-gekapselte Abszesse können jedoch jahrelang unbemerktexistieren.Für Frontalhirnabszesse sind Affektivitäts- undAntriebsstörungen typisch. Das Syndrom der orbitofron-talen Rinde ist durch Reizbarkeit, emotionale Labilität,Impulsivität,Distanzstörungen und Taktlosigkeit gekenn-zeichnet. Abszesse im mediofrontalen Bereich rufen ehergeminderten Antrieb bis zur Lethargie und mutistischeVerhaltensweisen hervor. Zerebelläre Abszesse führen zutypischen neurologischen Symptomen wie Ataxie undGleichgewichtsstörungen.

Diagnostisch entscheidend ist das kraniale Compu-tertomogramm. Phlegmonöse Herde lassen sich bessermit dem MRT nachweisen.Im Blut findet sich zu 90% eineerhöhte Blutsenkungsreaktion, in über der Hälfte der Fäl-le eine Leukozytose. Die Behandlung ist antibiotisch undantiödematös. Die Indikation zum neurochirurgischenEingriff ist zu beurteilen.

Metastatisch-embolische Herdenzephalitis

Pathogenetisch unterschieden werden metastatische Her-denzephalitiden,die durch Verschleppung von Erregern indas ZNS verursacht werden, von embolischen Herdenze-phalitiden, die durch Embolisation erregerhaltigerThromben in intrazerebrale oder Rückenmarksgefäßeentstehen.Bei der embolischen Herdenzephalitis liegt derSepsisherd fast immer am Endokard. Bei der typischenEndokarditis lenta sind die Symptome vielgestaltig,tretenapoplektiform auf und betreffen alle Hirnareale, bevor-zugt aber das Stromgebiet der A. cerebri media. PassagereVigilanzstörungen oder kurzzeitige halluzinatorische Zu-standsbilder sind nicht selten.Ansonsten kann es zu ähn-lichen Psychosyndromen wie beim Hirnabszess kommen.

12.2 · Akute organische Psychosyndrome357 12

Fast immer aber treten im Verlauf neurologische Sympto-me wie zentrale Werkzeugstörungen, sensomotorischeDefizite oder Gesichtsfeldausfälle auf.

Diagnostisch wegweisend sind zerebrale Bildgebung,primär das CCT, und die Liquorpunktion. Immer sollteeine kardiologische Diagnostik erfolgen, bzw. der septi-sche Streuherd gesucht werden.

Die Therapie ist antibiotisch, bei deliranten oder hal-luzinatorischen Zustandsbildern empfiehlt sich der kurz-zeitige Einsatz höherpotenter Neuroleptika (z. B. Halope-ridol), evtl. in Kombination mit Benzodiazepinen (z. B.Clonazepam).Zum primären Einsatz von atypischen Neu-roleptika (z. B. Amisulpirid) liegen keine gesicherten Er-fahrungen vor.

Neuroborreliose

Die ZNS-Manifestation einer systemischen Infektion mitBorrelia burgdorferi bezeichnet man als Neuroborreliose.Überträger sind Zecken. Das 2. Stadium (Organmanife-station an Herz, Gelenken und Auge; Meningitis, Menin-goradikulitis) und das 3. Stadium (chronische Enzephalo-myelitis,chronische Haut- und Gelenkmanifestation) die-ser Spirochäteninfektion verlaufen mit ZNS-Beteiligung.Im 1.Stadium besteht das typische Erythema migrans.Dieschmerzhafte Meningoradikulitis wird Bannwarth-Syn-drom genannt. Typisch ist die Fazialisparese als Mani-festation einer Neuroborreliose. In Einzelfällen kann dieZNS-Infektion auch mit rein organischen Psychosyndro-men einhergehen (Fallon et al. 1998), die schizophreni-form anmuten können (Hess et al. 1999).Diagnostisch be-weisend sind serologische und Liquordiagnostik. Die Behandlung ist antibiotisch, die Psychopharmakologiesymptomorientiert.

Andere zentralnervöse Infektionen

In Europa sind im Rahmen von Tularämie, Legionellose,Aktinomykose,nosokomialen Infektionen (Ventrikulitis),Candidamykosen, Toxoplasmose, Malariainfektionen,Zystizerkose, Echinokokkose (bei Kindern häufiger!), To-xocariasis und Trichinellose sowie von Neurosarkoidoseund Neuro-Behçet hirnorganische Psychosyndrome mitdeliranten, amenziellen, stuporösen oder halluzinatori-schen Zustandsbildern beschrieben. Sie sind jedoch ins-gesamt selten und gehen fast immer mit wegweisendenneurologischen Symptomen einher.

Akute autoimmun induzierte hirnorganischePsychosyndrome

Kaposi (1872) war wahrscheinlich der erste, der das Auf-treten psychiatrischer Symptome bei einer systemischenAutoimmunerkrankung beschrieb. 1939 veröffentlichteBruetsch seine klinisch-anatomische Studie, in der er denZusammenhang zwischen rheumatisch-entzündlicherVeränderung zerebraler Gefäße und psychopathologi-scher Symptomatik herstellte.

Lupus erythematosus (SLE) und zerebraleVaskulitiden

Die typische auch bei Kindern (Turkel et al. 2001) mitPsychosyndromen einhergehende Autoimmunerkran-kung ist der systemische Lupus erythematosus (SLE). Esist oft schwierig, komorbide psychiatrische Erkrankun-gen wie Phobien oder generalisierte Angsterkrankungenvon primär SLE-verursachten zu trennen.Soziale Phobienlassen sich ja auch als Reaktion auf das meist als entstel-lend erlebte Gesichtserythem interpretieren.

Das »American College of Rheumatology« publizier-te 1999 eine standisierte Nomenklatur für die Definitionneuropsychiatrischer Symptome bei SLE (genaue Defini-tionen s. unter http://www.rheumatology.org/ar/ar.html).Etwa die Hälfte aller Lupuspatienten entwickeln neuro-psychiatrische Symptome (Bluestein 1993). Als haupt-sächliche lupusassoziierte psychiatrische Störungenwerden in der Literatur organische Psychosyndrome (hal-luzinatorische Zustandsbilder, Vigilanzstörungen, Kon-zentrations- und Merkfähigkeitsstörungen), affektiveSyndrome (meist depressive Störungen) und schizophre-niforme Syndrome angeführt (Rood et al. 1999; Sibbitt etal. 1999).Pathogenetisch werden entzündliche Vaskulopa-thien zerebraler Gefäße und Antikörper gegen neuronalesGewebe verantwortlich gemacht (Bosma et al.2000; Lai u.Lan 2000; Lee et al. 2000).

Neben der serologischen Diagnostik kommt dem ze-rebralen MRT entscheidende diagnostische Bedeutung zu(Petropoulos et al. 1999). Die primäre Therapie beeinhal-tet meistens Prednisolon oder Cyclophosphamid oder ihreKombination, wobei es keinen sicheren Beleg dafür gibt,dass Cyclophosphamid dem Prednisolon überlegen ist(Trevisani et al.2000).Problematisch ist,dass Prednisolonselbst psychotische Zustandsbilder provozieren kann(Swinburn et al. 1988).

Die isolierte Angiitis des ZNS ist im Kindes- und Ju-gendalter selten (Lanthier et al. 2001), ebenso granuloma-töse Erkrankungen wie die Wegner-Granulomatose (Wed-dington et al.1986) oder die Riesenzellarteriitis,die mit ze-rebralen Arteriiden einhergehen können. Anamnestischfindet man meist Kopfschmerzen in der Anamnese.Früh-symptome bestehen in plötzlichen Lernschwierigkeiten,abrupt auftretenden Verhaltensstörungen und plötzlichenKonzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen (Moore1993; Berlit u. Storch-Hagenlocher 1993).

Treten ischämische Insulte oder spontane Blutungenauf, führen Serologie (erhöhte Blutsenkungsreaktion),Autoimmundiagnostik, MRT und digitale Subtraktions-angiographie (DSA) zur Diagnose. In der DSA werden ty-pischerweise streckenweise Verengungen, sog. »Kaliber-schwankungen«, von zerebralen Gefäßen beschrieben(Fieschi 1998).

Die pharmakopsychiatrische Behandlung ist symp-tomorientiert.Atypischen Neuroleptika ist bei Bedarf aufjeden Fall der Vorzug zu geben, da extrapyramidale Be-

358 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

wegungsstörungen schon durch den Lupus selbst verur-sacht werden.Trizyklische Antidepressiva müssen z.T.ein-gesetzt werden trotz des Risikos,damit selbst Lupus zu in-duzieren (Rubin 1999). Es gibt erste Berichte, dass neuereAntidepressiva auch lupusähnliche Bilder provozierenkönnen (Hill u. Hepburn 1998).

Schilder-Erkrankung

Die Schilder-Erkrankung ist eine Entmarkungskrankheit,deren eigenständige Entität umstritten ist (Leuzzi et al.1999). Kennzeichnend für den morphologischen Befundsind bilaterale, zusammenhängende und scharf abge-grenzte Entmarkungen der Marklager des Gehirns, wobeidie Fibrae arcuatae weitgehend verschont bleiben. Dieseseltene Erkrankung kommt vor allem im Kindesalter vorund kann sich unter den verschiedensten psychopatholo-gischen Symptomen bis hin zu schizophreniformen Ver-läufen manifestieren.Zunächst sind neurologische Symp-tome kaum nachweisbar, im weiteren Verlauf kommt eszu neurologischen Defiziten und zu Krampfanfällen. Mitzunehmendem Erkrankungsalter werden disseminierteErkrankungsherde häufiger, weswegen manche Autorendie Schildersche Krankkheit als kindliche Form dermultiplen Sklerose ansehen. Das ist auch der Grund da-für, sie hier unter den Autoimmunerkrankungen aufzu-führen.

12.2.3 Andere Ursachen akuter hirnorganischer Psychosyndrome

Akute arzneimittelinduzierte hirnorganischePsychosyndrome

Viele pharmakologische Stoffgruppen können organischePsychosyndrome induzieren. Sie sind selten, aber diffe-renzialdiagnostisch oft schwierig einzuschätzen. Meistverschwinden sie nach Absetzen des Medikamentes.

Bekannt sind die Prednisolon-induzierten psychi-schen Veränderungen (Sabharwal 1987).Sie sind nach Ab-setzen des Medikaments, sofern möglich, voll reversibel.Bei Kindern wurde bei hoch dosierter Glukokortikoidga-be über Erhöhung des Hirndruckes und Ausbildung einesPapillenödems berichtet (Kastrup et al. 2000).

Unter hormonellen Kontrazeptiva können sich de-pressive Syndrome entwickeln (Weckamine s. Abschn.»Akute drogeninduzierte Psychosyndrome und Intoxika-tionen«).

Delirante Psychosyndrome sind unter Antibiotika(Penicillin) und Sulfonamiden beschrieben, ebenso Ver-wirrtheitszustände und Psychosen unter Carbapenemen,Chinolonen, Antimykotika und Tuberkulostatika (Kas-trup et al. 2000). Unter Ofloxacin kam es zu paranoidenPsychosen (Hollweg u. Kapfhammer 1996). Unter derKombination von Carbamazepin und Erythromycin sindsymptomatische Psychosen aufgetreten.

Die in der Transplantationsmedizin häufig angewen-deten Immunsuppressiva Ciclosporin und Tacrolimus zei-gen eine deutliche Neurotoxizität, die sich unter anderemin Schwindel,Kopfschmerzen,Anfällen und Psychosen äu-ßern kann (Kastrup et al. 2000). Eine unter Ciclosporinberichtete schwere Nebenwirkung ist die toxische poste-riore Leukenzephalopathie mit Krampfanfällen,Verwirrt-heit und kortikaler Blindheit.

Clonidin (Adler et al. 1982) und b-Rezeptoren-Blocker(Golden et a. 1989) können zu schizophreniform anmu-tenden Psychosen führen.

Von den Antiepileptika sind es Phenobarbital (Iava-nainen u. Savolainen 1983) und Phenytoin (Miller 1988),die angeschuldigt werden,Pseudodemenzen oder hirnor-ganische Syndrome zu verursachen. Auch Valproinsäurekann zu katatonen Psychosen führen (Lauterbach 1998).Diskutiert werden psychische Veränderungen durch GABAerge Antiepileptika, wie z. B. Vigabatrin (Levinson u. Devinsky 1999).

Überdosierungen von Antidepressiva verursachen hy-pomanische oder manische Bilder, alle anticholinerg wir-kende Antidepressiva wie z. B. Imipramin oder Trazodonkönnen zu deliranten Syndromen führen (Swinkels u.Jonghe 1995). Unter trizyklischen Antidepressiva sind inder Behandlung affektiver Störungen Rapid-cycling-Phä-nomene und plötzliche manische Phasen, sog. »Switch-Ereignisse«, häufiger als unter Serotoninwiederaufnah-mehemmern oder Monoaminooxidasehemmern (Bott-lender et al. 2000).

Serotoninsyndrome unter Serotoninwiederaufnahme-hemmern sind beschrieben (Bastani et al. 1996). Auch Li-thiumintoxikationen können zu psychotischen Zustands-bildern führen.

! Das maligne neuroleptische Syndrom, die Kombina-tion von extrapyramidalmotorischer Störung, massi-vem Serumkreatinkinaseanstieg und Hyperthermie,kann prinzipiell auch bei Kindern und Jugendlichennach Neuroleptikagabe (z. B. Haloperidol oder Cloza-pin) auftreten (Silva et al. 1999).

Die Behandlung des malignen neuroleptischen Syndromserfolgt zunächst mit Amantadin oder Dantrolen, als Ulti-ma Ratio wird die Elektrokrampftherapie eingesetzt(Kornhuber u.Weller 1994).

Antihistaminika und Antiarrhythmika können symp-tomatische Psychosen verursachen,ebenso Magen-Darm-Mittel (z. B. Metoclopramid oder Cimetidin/Ranitidin)und Laxanzien (Weddington u. Banner 1986).

Alle Benzodiazepine können Entzugspsychosen verur-sachen. In höherer Dosierung von Benzodiazepinen sindParadoxphänomene bekannt (Benkert u. Hippius 1996).

Schwermetalle wie Blei, Thallium, Mangan undQuecksilber führen gelegentlich zu deliranten Bildernoder Vigilanzstörungen, was im Kindes- und Jugendalteraber selten vorkommt.

12.2 · Akute organische Psychosyndrome359 12

! Prinzipiell bedarf jedes psychotische Zustandsbildim Kindes- und Jugendalter der genauen Abklärung.

Die exakte Medikamentenanamnese, z. B. die Frage nachapplizierten Lokalanästhetika beim kurz vorher stattge-fundenen Zahnarztbesuch, führt oft zur Aufklärung.

Akute hirnorganische Psychosyndrome bei Allgemeinleiden, Stoffwechselstörungen,Endokrinopathien und Hirntumor

Leukämien verursachen Psychosyndrome ängstlich-de-pressiver Prägung, manchmal delirante Bilder, gelegent-lich lange bevor leukämische Infiltrate im Hirn nachweis-bar sind. Bestimmte Bluterkrankungen wie die Poly-zythämie oder die Hämochromatose können zu parano-id-halluzinatorisch gefärbten Psychosyndromen führen(sog.erythrogene Enzephalopathie).Die thrombozytope-nische Purpura kann affektive und kognitive Störungenverursachen, auch katatone Zustände sind beschrieben(Greenberg u.Carey 1984).

Mehr oder minder schwere Hungerdystrophien, wieman sie in Europa gelegentlich bei Flüchtlingskindern se-hen kann,führen über ein Hirnödem zu hirnatrophischenDefektsyndromen.Kinder mir Herz- oder Lungenerkran-kungen kennen Angst- und Unruhezustände aufgrundvon Dyspnoe. Symptomatische Psychosen treten bei Ent-wässerung von chronisch nieren- oder herzkranken Kin-dern auf, haben aber meist »Durchgangscharakter«.

Psychosyndrome treten bei der sog. Shunt-Enzepha-lopathie Leberkranker auf,wie bei vielen hepatogenen En-zephalopathien kommt es zu typischen EEG-Veränderun-gen. Zunächst zeigen sich Allgemeinveränderungen, evtl.mit Herdsymptomen. Dann kommt es zur Ausprägungrhythmischer triphasischer Wellen, die immer den Ver-dacht auf eine hepatogene Ursache lenken. Als Ursachewerden toxische Endprodukte des Eiweißstoffwechsels,vor allem Ammoniak,angenommen.Die Kontrolle des Se-rumammoniakwertes ist wesentlich sensitiver in der Ver-laufsbeurteilung einer hepatogenen Enzephalopathie alsz. B. ALAT oder g-GT. Das gilt auch für antiepileptikain-duzierte Leberstoffwechselstörungen,z.B.unter Valproin-säure oder Lamotrigin. Bei der hepatolentikulären Dege-neration (Morbus Wilson) kommt es zu vermehrter Kup-ferspeicherung in Leber, Gehirn und Niere sowie in derKornea (Kayser-Fleischer-Kornealring). Klinisch charak-terisiert ist die Erkrankung durch zerebrale Symptomatikmit Sprachstörungen, zunächst leichten Bewegungsstö-rungen oft in Form von dystoniform anmutenden Abläu-fen und durch eine progrediente Leberzirrhose, danndurch einen demenziellen Abbau. Die Diagnose wird ge-sichert durch die quantitative Bestimmung des Zörulo-plasmins und die Bestimmung der 24-h-Ausscheidung desKupfers im Urin.

Symptomatische Psychosen bei Pankreaserkrankun-gen, wahrscheinlich infolge von Enzymeinwirkungen auf

das Gehirn, können zu Verwirrtheitszuständen, Delirien,Stupor und agitiert-depressiven Bildern führen. Der Ty-phus abdominalis führt in mehr als 50% der Fälle zu aku-ten exogenen Psychosen mit Delirien, Wesensverände-rungen, Apathie, hypomanischen oder schizophrenifor-men Bildern (Lang 1993). Psychosyndrome mit katatonerHyper- und Hypokinese im Wechsel mit zeitweiligen Vi-gilanzstörungen sind bei Niereninsuffizienz bekannt,ebenso psychische Störungen bei Hämodialyse (sog.Dysäquilibriumssyndrom bei schneller Hämodialyse;Huffmann 1993). Bei akuter Niereninsuffizienz treten sel-ten paranoid-halluzinatorische Bilder auf,bei chronischerNiereninsuffizienz eher Auffälligkeiten wie erhöhte Reiz-barkeit, Schlafstörungen und Leistungsreduktion (Huff-mann 1993).

<p1>Das sog. »Denver-Syndrom« oder »Dialyse-En-zephalopathie« wird auf eine Aluminiumintoxikation beiDialyse zurückgeführt und tritt heute durch die verbes-serten Dialyseverfahren nicht mehr auf. ParanoidePsychosen mit Verfolgungs- und Beobachtungserleben,aber auch delirante Psychosen sind bei der akuten inter-mittierenden Porphyrie beschrieben (Stibolt u. Thunell1998). Sowohl Elektrolytstörungen wie z. B. Natriumman-gel, als auch Wasservergiftungen infolge zu schneller Auf-nahme von Wasser, führen zu symptomatischen Psycho-sen mit Schläfrigkeit und Benommenheit. Die funikuläreMyelose zeigt gelegentlich schon im Kindesalter Durch-gangssyndrome oder Vigilanzstörungen, lange vor derAnämie und der Spinalerkrankung.

! Bei unklaren Psychosen sollte ein Schilling-Testdurchgeführt werden.

Stoffwechselstörungen

Das Lesch-Nyhan-Syndrom ist eine X-chromosomal re-zessiv vererbte Purinstoffwechselstörung, die auf einemMangel an Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyl-Trans-ferase mit konsekutivem Nukleotidsynthesemangel be-ruht. Die exzessive Produktion von Harnsäure führt zuHyperurikämie.Es kommt zur psychomotorischen Retar-dierung der betroffenen Kinder, typisch sind Selbstver-stümmelungen durch Beißen. Spastik und Choreoatheto-se gehören zum Krankheitsbild.

Zur Phenylketonurie wird auf Kap.26 verwiesen,eben-so zur Hyperglyzinämie, Zystinurie und Zystinose. DieAhorn-Sirup-Krankheit kann bei Infekten oder über-durchschnittlicher Leukinzufuhr zu psychotischen Symp-tomen führen (Yoshino et al. 1999).

Bei jugendlichen Patienten mit A-b-Lipoproteinämie(Bassen-Kornzweig-Syndrom) werden neben neurologi-schen selten auch psychopathologische Symptome be-schrieben. Bei den Sphingolipidosen, Erkrankungen miteinem lysosomalen Enzymdefekt, stehen im höheren Le-bensalter psychopathologische Symptome im Vorder-grund, weniger im Kindes- und Jugendalter. Als erste

360 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

Symptome der Fabry-Erkrankung, einer Zerebrosidose,treten bei männlichen Patienten im Kindes- und Jugend-alter krisenhafte Schmerzen in den Händen, Füßen undGelenken auf. Eine andere Zerebrosidose ist der M. Krab-be, der jedoch neben der Demenz immer Spastik undKleinhirnzeichen aufweist. Progrediente Persönlichkeits-veränderungen,meist ein demenzieller Abbau,sind oft er-stes Symptom einer metachromatischen Leukodystrophie(Typ I spätinfantile Form, M. Greenfield und Typ II juve-nile Form, M. Scholz). Neben Spastik, Rigidität, Athetoseund Tremor weist der M. Niemann-Pick, eine Störung derSphingomyelinaseaktivität, ein organisches Psychosyn-drom auf. Auch die anderen Gangliosidosen (M. Landingund M. Tay-Sachs) weisen neben wegweisenden neurolo-gischen Symptomen psychomotorische Retardierung unddemenziellen Abbau auf (� s. Kap. 26). Beim M. Gaucher(Typ II, akut neuronopathische Form) kommt es nur sel-ten zur ZNS-Beteiligung, wenn, dann imponiert der de-menzielle Abbau.Einige Typen von Mukopolysaccharido-sen führen zu einem im Jugendalter beginnenden Abbauvon intellektuellen und mnestischen Funktionen.

Endokrinopathien

Nach Bleuler können Endokrinopathien zu einem »end-okrinen Psychosyndrom« führen, das durch Veränderun-gen von Trieben, Antrieb und Stimmung gekennzeichnetist (Bleuler 1954).Allerdings gilt auch hier die Regel der Un-spezififtät psychopathologischer Symptome.Die Differen-zialdiagnose ist nur anhand der somatischen Symptomemöglich. Das endokrine Psychosyndrom ist als eigenstän-diges psychiatrisches Syndrom auch nicht unbestritten.

Prinzipiell führen Endokrinopathien auf drei Wegenzu psychopathologischer Symptomatik:1. Die psychopathologische Symptomatik zeigt sich un-

mittelbar.2. Über eine akute Stoffwechselkrise wie z. B. bei akuter

Hypoglykämie kommt es zu einer akuten symptoma-tischen Psychose.

3. Es kommt zu depressiven oder schizophreniformenVerläufen, für die die Endokrinopathie nur einen Teil-faktor darstellt.

Akute endokrine Psychosyndrome im Sinne manischerund schizophrener Psychosen im Kindes- und Jugendal-ter können auftreten beim Cushing-Syndrom (z.B.ACTH-Behandlung einer Epilepsie), beim adrenogenitalen Syn-drom und bei der juvenilen Verlaufsform der Addison-Er-krankung. Bei der erworbenen Hypothyreose kommt eszu Antriebsverarmung und Apathie, bei der Hyperthyre-ose zu agitierten und deliranten Psychosen bzw. mani-schen Zustandsbildern. Der Zusammenhang von Hypo-thyreoidismus und Depression wird immer wieder disku-tiert.Im Vordergrund der Therapie aller Psychosyndromebei Endokrinopathien steht immer die Behandlung derGrunderkrankung.

Hirntumor

Bei raumfordernden intrakraniellen Prozessen treten oftinitial und noch vor den neurologischen Symptomenpsychopathologische Veränderungen auf,die für die Früh-diagnose wichtig sind.Das sind Veränderung von Antrieb,Stimmung, Konzentration- und Merkfähigkeit oder auchdepressive Zustände,die als Wesensänderung imponierenund über Monate und Jahre das einzig auffällige Sympto-matik darstellen können (Mordecai et al. 2000). Gelegent-lich findet man dem Tumorsitz zuordenbare Symptomeim Sinne hirnlokaler Psychosyndrome. So werden de-pressive und schizophrene Symptome vorzugsweise beiStammhirn-, Zwischenhirn- und Temporalhirntumorenbeobachtet (Huber 1988). Brückengliome, Kraniopharyn-geome und Hypothalamustumore können eine Anorexianervosa imitieren. Bei Temporalhirntumoren sollen be-sonders häufig depressive Verstimmungen auftreten. Kri-tikfähigkeit, Stimmung und Affekt sowie Raumorientie-rung sind vor allem bei Stirnhirntumoren beeinträchtigt.Parietal- und Okzipitahirntumore fallen eher duch neu-rologische Symptomatik auf.

Die in früheren Jahren häufigeren Berichte über Lang-zeitverläufe von halluzinatorischen, depressiven oderschizophreniformen Erkrankungen, die letzendlich ineine Demenz übergingen und denen ein Hirntumor zu-grunde lag, sind in den letzten Jahren aufgrund der bes-seren und überall verfügbaren neuroradiologischen Di-agnostik kaum noch zu finden.Das sollte jedoch nicht da-von abhalten, eine genaue Anamnese zu erheben undgegebenfalls selbst diagnostisch aktiv zu werden, wie dasfolgende Fallbeispiel verdeutlicht.

> Fallbeispiel

Ein 9-jähriger Junge wird uns zur Diagnostik und Therapie

einer Teilleistungsstörung mit konsekutiver Anpassungs-

störung stationär eingewiesen. Er lebt bei der Großmutter,

die berichtet, dass er sehr schnell ermüde, sich nicht kon-

zentrieren könne, affektlabil und aggressiv sei. Das hätte

in den letzten Monaten sehr zugenommen. Außerdem sei

sein Schriftbild sehr schlecht geworden. Seit 3 Jahren hät-

te er gelegentlich Kopfschmerzen, manchmal mit Erbre-

chen, aber das selten. Prima vista fällt eine zentrale Faziali-

sparese rechts auf. Auf Nachfragen berichtet die Groß-

mutter, dass diese Gesichtslähmung schon seit Jahren

bestünde, wohl schon seit der Geburt. Sie war mehrmals

wegen Mittelohrentzündungen mit dem Jungen in der

Kinderklinik und in der HNO, die Kollegen führten die Pa-

rese auf mehrere durchgemachte Otitiden zurück. Ob

eine Bildgebung des Gehirns durchgeführt worden sei,

wisse sie nicht genau, sie glaube aber doch.

In der neurologischen Untersuchung zeigt sich neben der

(alten?) zentrale Fazialisparese eine leichte Pronations-

und Absinktendenz in den Halteversuchen links und eine

geringe Dysdiadochokinese.▼

12.2 · Akute organische Psychosyndrome361 12

Aufgrund des neurologischen Befundes wird ein MRT

durchgeführt (⊡ Abb. 12.2). In diesem zeigte sich eine ba-

sisnahe extraaxiale Raumforderung am Boden der mittle-

ren und hinteren Schädelgrube mit Ausbreitung von der

suprasellären Zistere bis zur Zisterne des Kleinhirnbrü-

ckenwinkels, die den 4.Ventrikel komprimiert und den

Hirnstamm einschließlich der Medulla oblongata verla-

gert. Keine Zeichen einer Liquorabflussstörung. Unter der

Verdachtsdiagnose eines Schwannoms oder eines primiti-

ven neuroektodermalen Tumors (PNET) wird der Junge in

eine neurochirurgische Klinik verlegt. In der histologi-

schen Begutachtung des operativ gewonnenen Bioptats

wird ein Astrozytom Grad I beschrieben.

Diagnose. Hirntumor (V. a. Astrozytom°I) mit konsekuti-

vem hirnorganischen Psychosyndrom.

Akute postoperative Psychosyndrome

Für die postoperativen Psychosen oder Psychosyndromegilt das bei den SHT gesagte. Kinder haben es sehr vielschwerer als Erwachsene,sich nach einer Bewusstlosigkeit(Narkose) wieder in der Realität zurechzufinden. BeimAufwachen, z. B. im Aufwachraum, sollten Vertrauenper-sonen anwesend sein. Kinder können sonst mit massivenAngstreaktionen reagieren, die entweder agitiert bis hinzum versuchten Weglaufen imponieren oder im Gegenteilstuporös anmuten.Oft reicht es,beruhigend mit dem Kindund den Eltern zu reden (»talking down«),gelegentlich ge-nügt ein wenig Lorazepam.

Nach langen Operationen kann es zu akuten hallu-zinatorischen Bildern kommen, die mit einem schwan-kenden Serumnatriumwert in Verbindung gebracht wer-den.Sind diese kurzzeitig und tolerierbar,sollte die symp-tomatische Ursache gefunden und auf den Einsatz vonNeuroleptika verzichtet werden, da die Gefahr von Spät-dyskinesien auch bei kurzer Gabe von Neuroleptika nicht unterschätzt werden darf. Dazu gibt es bei Kin-dern allerdings noch keine sicheren Erkenntnisse (Dembu. Nguyen 1999). Eine milde Sedierung mit Benzodia-zepinen ist jedoch meist ausreichend. Starke Schmer-zen sollten Kindern und auch Erwachsenen schon ausethischen Gründen erspart werden, nicht erst seitdemman weiß, dass Kinder mit einmal erlittenen starkenSchmerzen mehr zu späteren Schmerzreaktionen neigenund niedrigere Schmerzschwellen aufweisen (Chefetz2000).

Akute hirnorganische Psychosyndrome undPsychosen bei Epilepsie (s. auch Kap. 11)

Es werden drei akute Psychosyndrome unterschieden: Dämmerzustände, Verstimmungszustände und epileptische Psychosen.

Die Nomenklatur ist nicht einheitlich.

362 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

⊡ Abb. 12.2. Zerebrales MRT des 9-jährigen Jungen aus demFallbeispiel in verschiedenen Schnittebenen. Basisnahe, aus so-lidem und zystischem Anteil bestehende Raumforderung amBoden der hinteren Schädelgrube mit Ausbreitung von der su-prasellären Zisterne bis zur Zisterne des Kleinhirnbrückenwin-kels. Kompression des IV.Ventrikels,Verlagerung des Hirnstammeseinschließlich Medulla oblongata. Histologisch pilozystisches Astrozy-tom °I. (Mit mit freundlicher Genehmigung Dr. Großmann/Prof. Hauen-stein, Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Uni-versität Rostock)

Dämmerzustände. Unter Dämmerzustand wird einerseitsdie Bewusstseinslage nach einem großen Anfall (postpa-roxysmal) verstanden, andererseits stupuröse Zuständeim Rahmen eines Petit-mal-Status, z. B. einem Absence-status oder im Rahmen eines Status myoklonisch-astati-scher Anfälle. Der postparoxysmale Dämmerzustandnach einem Grand mal oder einer Serie großer Anfälle,oftfälschlicherweise Nachschlafphase genannt, kann Stun-den bis Tage dauern. Gelegentlich werden passagere He-miparesen in dieser Zeit sichtbar, die sog. Todd-Paresen.Das Bewusstsein ist beeinträchtigt, die Kinder wirken wieabwesend, desorientiert, antworten nicht und sind sehrverlangsamt. Es sollte immer ein EEG durchgeführt wer-den, charakteristischerweise zeigt es im postparoxysma-len Dämmerzustand eine diffuse Verlangsamung, bei an-fallsbedingten Dämmerzuständen epileptische Aktivitätin Form von Spikes oder Spike-waves.Wenn Letzteres derFall ist,muss eine antikonvulsive Therapie eingeleitet wer-den. Dazu empfehlen sich Valproinsäure oder Benzodia-zepine. Postparoxysmale Dämmerzustände sind bei kur-zer Dauer nicht therapiebedürftig,der Nutzen der oftmalsempfohlenen antiödematösen Therapie zur Verhinderungeines Hirnödems ist nicht belegt.

Verstimmungszustände. Viele Kinder mit Epilepsien be-richten, dass sie ihre Anfälle schon Tage vorher kommenspüren. Es handelt sich oftmals um dysphorische Ver-stimmungen, Aggressionen, aber auch depressive Symp-tome können auftreten. Diese Verstimmungszuständesind oft schwer zu trennen von psychisch-reaktiven Ver-änderungen oder komorbiden psychiatrischen Störungenbei chronischer Epilepsie. Postiktale Psychosen könnenkomplex-partiellen Anfällen folgen.Nach Beendigung derAnfälle tritt ein kurzes Intervall von 12–72 h auf,in dem dieKinder normal wirken. Dann verschlechtert sich der psy-chische Zustand, die Patienten sind desorientiert, zeigenaffektive und schizophreniforme Basissymptome.Im EEGist nur selten epileptische Aktivität zu sehen, meist ist derGrundrhythmus verlangsamt (Umbricht et al. 1995; De-vinsky et al. 1995).Diese Episoden können Tage andauern.Wenn sie wiederhohlt auftreten, dann meistens mit ähn-licher Phänomenologie. Handelt es sich nicht um epilep-tische Aktivität, müssen je nach Ausprägung und Symp-tomatik der Psychose Neuroleptika gegeben werden.Han-delt es sich um eher manisch-depressiv anmutendePsychosen, sind zunächst Valproinsäure oder Lamotriginindiziert, da sie gleichzeitig einen antiepileptischen undeinen stimmungsstabilisierenden Effekt haben. Differen-zialdiagnostisch muss an antiepileptikainduzierte hepati-sche Enzephalopathien gedacht werden (Hamer et al.2000).

Epileptische Psychosen. Epileptische Psychosen tretenmeist bei partiellen Epilepsien auf,hauptsächlich im Rah-men komplex-partieller Anfälle. Man nimmt heute an,

dass die Psychose keine Anfallsaktivität darstellt (Toone2000).

! Unter forcierter Normalisierung (Landolt) verstehtman das plötzliche Auftreten psychotischer Phäno-mene unter antiepileptischer Medikation, währenddie epileptische Aktivität im EEG sich »normalisiert«(Trimble 1996). Neuere Antiepileptika wie Vigabatrinund Zonisamide scheinen für ein solches Phänomenein höheres Risiko aufzuweisen (Miyamoto et al.2000).

Akute drogeninduzierte Psychosyndrome und Intoxikationen

In diesem Kapitel zuletzt aufgeführt,aber klinisch sehr anBedeutung zunehmend, sind die drogeninduziertenPsychosen. Sie stellen Präzedenzfälle des »exogenen Re-aktionstypus« nach Bonhoeffer dar. Hier sollen die Into-xikationspsychosen und die atypischen Rauschverläufeabgehandelt werden.Es werden kurz systemische und psy-chische Symptome erläutert und Thereapieempfehlungenfür den Akutfall gegeben.

Sowohl akute als auch rezidivierende oder chronisch-psychotische drogeninduzierte Zustandsbilder werdenebenso wie die Persönlichkeitsveränderungen bei Sucht-kranken in Kap. 13 ausführlich beschrieben.

Zunächst müssen einige Begriffe erläutert werden:

»Psychodelic afterglow«. Unter einem »psychedelic after-glow« wird ein verlängerter Rauschzustand verstanden,der bei Haschisch-oder LSD-Konsum auftreten kann. Dieweiter unten beschriebenen substanzinduzierten psychi-schen Veränderungen können über mehrere Tage fortbe-stehen, klingen aber in der Regel folgenlos ab.

»Horrortrip« oder »bad trip«. Eine häufigere Komplika-tion des Haschisch und Halluzinogenrausches stellt der»horror-« oder »bad trip« dar.Er kann aufgrund zu hoherDosierungen entstehen, aufgrund äußerer Störfaktoren(Setting) oder persönlichkeitsbedingter intrapsychischerKonflikte (Set). Es kommt zu stark angstbesetzten para-noiden Erlebnissen, optischen Halluzinationen, deren In-halte einem Gruselkabinett gleichen. Todesängste, Ent-fremdungserlebnisse, die Angst verrückt zu werden kön-nen zu unkontrollierbaren Reaktionen führen. Häufigwerden suizidale Impulse freigesetzt. Diese »bad trips«können mehrmals hintereinander in größeren zeitlichenAbständen auftreten, weshalb eine stationäre Beobach-tung günstig, aber nicht immer zu erreichen ist. Benzodi-azepine sind für die Krisenintervention das medikamen-töse Mittel der Wahl. Eigengesetzlich ablaufende Psycho-sen können durch diese Horrortrips ausgelöst undverstärkt werden.

12.2 · Akute organische Psychosyndrome363 12

»Flash back«. »Flash-back«-Phänomene sind komplexeErlebnisse, die durch Haschisch oder Halluzinogene ein-mal ausgelöst worden sind und nach drogenfreiem Inter-vall wieder auftreten. Waren sie angenehmer Natur, wer-den sie oft gezielt wieder gesucht und provoziert. Sehr oftsind es jedoch »Bad-trip«-Phänomene mit Angst und Pa-ranoia sowie optischen Halluzinationen.Bei ausgeprägtenStörungen können dämpfende Neuroleptika (z. B. Levo-mepromazin) eingesetzt werden. Oft werden durch hallu-zinogene Drogen emotional bedeutsame Erlebnisse ausder frühen Kindheit reaktiviert, die mit Angstgefühlenund psychosomatischen Beschwerden assoziiert sind. Eskann zu akuten phobischen Symptomen, hypochondri-schen Entwicklungen und Zwangssymptomen kommen.Auch stark depressive Reaktionen mit Suizidgefahr sindmöglich. Gelegentlich wird dieser regressionsförderndeEffekt halluzinogener Drogen als »posthalluzinogenerneurotischer Symptomkomplex« bezeichnet.

Alkohol

Im Alkoholrausch, d. h. der Intoxikation, kann es geradebei Jugendlichen zu erheblichen Erregungszuständenkommen, begleitet von Tachykardie und Erweiterung desperipheren Gefäßbettes. Typisch sind Distanzminderung,Impulskontrollstörung, Aggressivität und psychomotori-sche Unruhe. Je nach Alkoholgehalt im Blut kommen Ata-xie,verwaschene Sprache und Doppeltsehen hinzu.Als pa-thologischer Rausch wird ein durch geringe Alkoholmen-gen ausgelöster Dämmerzustand bezeichnet, der beigestörter Orientierung und Bewusstheit durch persön-lichkeitsfremde Verhaltensstörungen, besonders Aggres-sionen, imponiert. Für diesen Zusatnd besteht eine Am-nesie. Nach Mann u. Günthner (1999) ist die empirischeEvidenz zum pathologischen Rausch jedoch nicht über-zeugend.

Sowohl aggressive Symptome bei Intoxikation als auchpathologischer Rausch werden mit Neuroleptika behan-delt (z. B. 5–10 mg Haloperidol i. v.). Benzodiazepine sindwegen ihrer agonistischen Wirkung am GABAA-Rezeptorkontraindiziert, da sie die disinhibitorische Wirkung desAlkohols verstärken.Die schwere Alkoholintoxikation mitBewusstseinsverlust ist ein pädiatrischer bzw. internisti-scher Notfall und sollte in entsprechend ausgerüstetenEinrichtungen behandelt werden. Alkoholdelirien undEntzugserscheinungen sind im Jugendalter selten undunterscheiden sich symptomatologisch nicht von denenbei Erwachsenen (s. entsprechende Lehrbücher, z. B. Ber-ger 1998).

Cannabis (Haschisch, Marihuana)

An systemischen Wirkungen sind Mydriasis,Tachykardie,Blutdruckerhöhung, Reflexsteigerung und Hypothermiebekannt. Psychisch kommt es zur Euphorie oder moros-dysphorischer Verstimmung, Apathie oder Antriebsstei-gerung, Gedankenabreissen, panischen Angstzuständen,

paranoiden Symptomen, illusionären Verkennungen undhalluzinatorischen Symptomen, den sog. Horror- undFlash-back-Phänomenen (s. oben).

Eine Dysregulation des endogenen Cannabinoidsys-tem wird im Zusammenhang mit einer Reihe neuropsy-chiatrischer Krankheitsbilder wie z. B. der Schizophreniediskutiert (Schneider et al. 2000). Es ist klinisch meistnicht zu differenzieren,ob der Cannabiskonsum eine schi-zophrene Psychose ausgelöst hat oder im Rahmen einersolchen beginnenden Psychose der Substanzmissbraucherfolgte.

Oftmals reicht intensive Zuwendung (»talkingdown«), evtl. Benzodiazepine (Diazepam 10 mg i. v.). Phe-nothiazine sind nicht notwendig (weiterführende Litera-tur s. Longhurst et al. 1997; Schmidbauer u. von Scheidt1996).

Halluzinogene (LSD, Meskalin)

Es treten zum Teil sympathikomimetische Effekte wie My-driasis, Tachykardie, Schwindel, Brechreiz, Magen-Darm-Koliken, Blutdruckerhöhung, Reflexsteigerung undHyperthermie auf. Krampfanfälle sind möglich. Psycho-pathologische Phänomene sind Derealisations- und De-personalisationsphänomene, Veränderungen des Raum-und Zeiterlebens,halluzinatorische und wahnhafte Erleb-nisse,Verlust der Ich-Kontrolle,Körperschemastörungen,Angstattacken und Panikstörungen, depressive Verstim-mungen, Suizidimpulse meist im Rahmen von Horror-und Flash-back-Erlebnissen. Ganz typisch sind bunte optisch-szenische Halluzinationen, die Wand öffnet sich,Comicfiguren werden sichtbar usw.

Therapeutisch ist wiederum beruhigendes Zuredenangezeigt, Diazepam 10 mg i. v. ist möglich. Bei BedarfSchockbekämpfung und Antikonvulsiva,z.B.300–600 mgValproinsäure i. v. Bei persistierenden Halluzinosen wer-den Neuroleptika gegeben (weiterführende Literaturs. Schmidbauer u. von Scheidt 1996; Hermle et al. 1992).

Phencyclidin (PCP, »angel dust«)

Tachykardien und Hypertonie treten auf,dazu Nystagmus,wechselnde Pupillengröße, Par- und Dysästhesien an denExtremitäten,Muskelrigidität bis hin zu Crampi.Kommt eszu Krampfanfällen, Atemlähmung und Koma (rotes Ge-sicht mit Speichelfluss) besteht Lebensgefahr. Ein buntesDurcheinander von optischen, akustischen, haptischenund gustatorischen Halluzinationen ist typisch, dazu De-personalisationsphänomene, Störungen des Ich-Erlebens,des Raum-Zeit-Erlebens, Sprunghaftigkeit des Denkens,Zerfahrenheit,Angst und Suizigedanken. PCP kann starkeGlücksgefühle und Omnipotenzfantasien auslösen, eskommt zum Verlust der Selbstkontrolle. Im Gefühl derSchmerzunempfindlichkeit können schwere Selbstver-stümmelungen oder Gewalttaten gegen Fremde auftreten.

Hochpotente Neuroleptika sind indiziert, wiederumHaloperidol, evtl. auch Ciatyl-Acuphase (nach Körperge-

364 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

wicht 50–100 mg i. m.). Kombinationen sind möglich(weiterführende Literatur s. Schmidbauer u. von Scheidt1996; Rosse et al. 1994).

Weckamine (Amphetamine)

Hypertonie, Arrhythmie, Tachykardie und Ansteigen derAtemfrequenz kennzeichnen die kardiovaskulären Effekteder Amphetamine. Charakteristisch für die Psychopatho-logie sind Beziehungs- und Verfolgungswahn, optischeund akustische Halluzinationen,Veränderungen des Kör-pererlebens und Hyperaktivität mit stereotypen Bewe-gungen.Desorientierung und Vigilanzeinschränkung feh-len oft. Bei intravenöser Applikation der Amphetaminekommt es zu einem »run« mit einem »flash«,damit ist eineorgiastische Euphorie mit Omnipotenzgefühl gemeint.Da-nach treten extremes Schlafbedürfnis, Hyperphagie, Apa-thie, depressive Syndrome und Suizidalität auf. Zerebro-vaskuläre Hämmorrhagien, Herzversagen und Hyperther-mie stellen lebensbedrohliche Komplikationen dar.

Diazepam i. v. oder i. m. stellt die Therapie der Wahldar,bei starker halluzinatorischer Komponente auch Neu-roleptika. Barbiturate sind aufgrund der kardialen Inter-aktionen relativ kontraindiziert (weiterführende Litera-tur s. Schmidbauer u. von Scheidt 1996; Thomasius et al.1997).

Kokain

Typische systemische Symptome sind Mydriasis, Tachy-kardie, Schwitzen und Hypertonie. Der Kokainschock istgekennzeichnet durch das Bild des anaphylaktischenSchockes: extreme Blässe, Atemnot, kalter Schweiß undKreislaufkollaps. Bei der Kokainintoxikation folgt auf dasanfänglich euphorische Stadium ein Rauschzustand mitängstlicher Stimmung, Greiztheit, Wahnideen, akusti-schen, optischen und taktilen Halluzinationen. Nicht sel-ten sind delirante Verläufe, Dämmerzustände (nicht epi-leptisch) und Erregungszustände mit Angst, paranoidenReaktionen und aggressiven Verhaltensweisen.Es kann zukritischen Körpertemperaturerhöhungen und Rhabdo-myolysen kommen, weiterhin zu epileptischen Anfällen.Kokaininduzierte ischämische Insulte und Hirnblutungenwerden in der Literatur kontrovers diskutiert (Scheid et al.2000).

Die Therapie besteht in der Verabreichung von Diaze-pam, evtl. in einer Magenspülung. Bei ausgeprägterpsychotischer Symptomatik sind hochpotente Neurolep-tika, z. B. Butyrophenone in Kombination mit Phenothia-zinen wirkungsvoll.Lebensbedrohliche Komplikationen,die zur Intubation und Beatmung zwingen, sind zentraleAtemlähmung, Status epilepticus und Herzversagen.

Kokain wird häufig in kristalliner Form geschnupft.Kombiniert mit Heroin wird die Mischung »speed ball«genannt. Dabei wird die erregende Wirkung des Kokainsdurch die zentrale Dämpfung des Heroins kontrastiert,was zu einer Summation der euphorisierenden Effekte

beider Substanzen führt (weiterführende Literaturs. Schmidbauer u. von Scheidt 1996; Rosse et al. 1994).

Schnüffelstoffe (Dämpfe organischer Lösungs-und Verdünnungsmittel)

Unspezifische körperliche Symptome sind Ataxie, Dys-arthrie, Nystagmus und Mydriasis. Die Patienten riechennach den inhalierten Lösungsmitteln. Es kommt zu Be-wusstseinstrübungen, Delirien, psychomotrischer Agi-tiertheit, illusionären Verkennungen, Halluzinosen undWahnerlebnissen. Man gibt Diazepam, evtl. b-Blocker,Sauerstoffzufuhr. An akuten Komplikationen könnenAtemdepression,Kollaps,Herzrhythmusstörungen,Herz-stillstand, und Krampfanfälle auftreten. Eher chronischeFolgen sind Nierenschäden, Leberschäden, Polyneuropa-thien und Kleinhirndegeneration (weiterführende Litera-tur s. Schmidbauer u. von Scheidt 1996).

Anticholinergika (atropinhaltige Substanzen wiez. B. Nachtschattengewächse)

Atropin blockiert die körpereigenen Azetylcholinfunktio-nen, es resultieren Mundtrockenheit, Hautrötung, Tachy-kardie, Mydriasis, fehlende Lichtreflexe, Harnverhalt,Atemdpression. Psychopathologisch sind maniforme unddelirante Unruhezustände mit optisch-szenischen Hallu-zinationen und wahnhaften Erlebnissen typisch.

Die Therapie besteht in einer Magenspülung, bei zen-tralen Intoxikationserscheinungen sollte das Antidot Phy-sostigmin gegeben werden.Anschließend wird meist eineIntensivtherapie notwendig (weiterführende Literaturs. Schmidbauer u. von Scheidt 1996).

Opioide

Die Allgemeinwirkungen bestehen in z. T. parasympathi-komimetischen Effekten, also Miosis, Bradypnoe, Brady-kardie, Bronchokonstriktion, Darmspasmen. Viele Kon-sumenten berichten von starkem Erbrechen, wenn siespritzen. Es kann zu Kreislaufversagen, Lungenödem undKrampfanfällen kommen. Die typische Trias der akutenOpiatintoxikation besteht aus: stecknadelkopfgroßer Pu-pille, Atemdepression und Koma.

Diese Konstellation zwingt immer zu Intubation undBeatmung. Das Antidot ist Naloxon (Narcanti, 1 Ampullelangsam i.v., evtl. wiederhohlen). Eine Intensivüberwa-chung ist angezeigt. Es ist zu beachten, dass bei Antidot-gabe ein plötzliches Entzugssyndrom provoziert werdenkann,in dessen Rahmen die Patienten aggressiv reagierenkönnen. Methadon ist im akuten Notfall nicht indiziert(weiterführende Literatur s. Schmidbauer u. von Scheidt1996; Chen et al. 1999).

Allgemeine Vorgehensweisen bei drogen-bedingten Intoxikationssyndromen

Eine eindeutige Zuordnung der Intoxikationssyndromeist oft nicht möglich, da die Drogen häufig unter falschem

12.2 · Akute organische Psychosyndrome365 12

Ettikett oder verunreinigt genommen werden. Dazukommt der Hang zur Politoxikomanie auch schon vielerjugendlicher Konsumenten.

! Bei bekannter Droge lassen sich leichte Intoxika-tionserscheinungen meist gut mit Benzodiazepinenbehandlen, was für Halluzinogene,Weckamine, Ko-kain und Schnüffelstoffe gilt.

Bei Opiatintoxikationen ist die Indikation zum Einsatzvon Morphinantagonisten zu erwägen. Bei Horror-Trip-Erlebnissen, Erregungszuständen nichtalkoholischer Na-tur und akuten Angst- bzw. Panikzuständen ist neben dergesprächstherapeutischen Zuwendung wiederum derEinsatz von Diazepam oder Lorazepam zu erwägen. Beideliranten Syndromen ist zu beachten, dass nebenRauschdrogen andere Substanzen eingenommen wordensein können. Clomethiazol kann eingesetzt werden, aberauch die Kombination von Haloperidol und Benzodiaze-pinen.

! Immer sollte der Akutbehandlung eine Entgiftungmit anschließender Entwöhnung und die Entwick-lung eines langfristigen Therapieplanes folgen.

Immer öfter kommt es zur Entwicklung eigengesetzlicherPsychosen,die in ihrem Verlauf schizophrenen Psychosenentsprechen und es gelegentlich unmöglich machen, zuentscheiden, ob ein Jugendlicher im Rahmen einer sichentwickelnden Schizophrenie Drogen genommen hatoder die konsumierte Droge eine schizophreniformePsychose ausgelöst hat. Unter pragmatischen Gesichts-punkten betrachtet ist das auch ohne Belang, da die The-rapie dieselbe ist. Generell scheint das Risiko psycho-tischer Entgleisungen bei dem gleichzeitigen Abusus meh-rerer Drogen (Politoxikomanie) zu steigen, besondersaber beim gleichzeitigen Konsumieren von Cannabis undAmphetaminen sowie Alkohol (Dalmau et al 1999).

! Für den Kinder- und Jugendpsychiater ist von Be-lang, dass der Substanzmissbrauch viele kinder- undjugendpsychiatrische Störungsbilder, wie z. B. dashyperkinetische Syndrom, die Störungen des Sozial-verhaltens, affektive Störungen und einige Unter-gruppen der Essstörungen in ihrem Verlauf deutlichbeeinflusst (Schulz u. Remschmidt 1999).

12.3 Chronische hirnorganischePsychosyndrome

Wie bereits erwänhnt, ist die Unterteilung in akute undchronische Psychosyndrome willkürlich. Viele der unter»akut« aufgeführten Psychosyndrome in diesem Kapitel,wie z. B. die Psychosyndrome bei Stoffwechselstörungenoder Endokrinopathien, haben natürlich chronische Ver-läufe. Sie wurden unter differenzialdiagnostischen Ge-

sichtspunkten im vorherigen Abschnitt schon bespro-chen.

Unter klinischen Gesichtspunkten lohnt sich eine Ein-teilung in die drei großen, im Weiteren besprochenen,chronischen organischen Psychosyndrome,von denen dasErste am häufigsten auftritt.

12.3.1 Chronisches posttraumatischesPsychosyndrom

Ein spezifisches posttraumatisches Psychosyndrom desKindes- und Jugendalters gibt es nicht (Lehmkuhl u. Tho-ma 1989), wenn sich auch ein typisches Syndrommusteroftmals abzeichnet (Lehmkuhl u. Melchers 2001). EineFrontalhirnschädigung wird andere psychiatrische Symp-tome verursachen als eine Schädigung des Temporallap-pens. Oft liegen jedoch Schädigungen mehrerer Hirnan-teile vor,weshalb neurologische,neuropsychologische undpsychiatrische Symptome nebeneinander bestehen undüberlappen.

Die schwerste Form stellt das apallische Syndrom(Coma vigile, vegetative state) dar, in dem zwar Basis-funktionen wie Atmung und Ausscheidung erhalten sind,der Kranke jedoch keinen Kontakt,weder emotional nochanderweitig,mit der Umwelt mehr aufnehmen kann.Post-traumatische Epilepsien sind nicht selten im Kindes- undJugendalter. Posttraumatische Frühanfälle haben hoheprognostische Relevanz für die Entwicklung einer post-traumatischen Epilepsie bei Kindern und beeinflussenden Outcome nachhaltig negativ (Kieslich u. Jacobi 1995).

! Völlig gleiche und spezifische psychische Symptomesind bei Zustand nach SHT nicht zu erwarten.Wohlaber kann man bestimmte psychische Symptomkon-stellationen spezifischen geschädigten Hirnanteilenzuordnen.

Eine Schädigung des dorsolateralen Präfrontalkortexführt auch bei Kindern zu erschwerter Umstellungsfähig-keit,gestörter Aufmerksamkeit und verminderter Sprach-produktion. Orbitofrontale Läsionen verursachen erhöh-te Reizbarkeit und emotionale Labilität, Impulskontroll-störungen, Distanzstörungen bis hin zur Selbst- undFremdgefährdung. Eine mediofrontale Läsion ist gekenn-zeichnet von Apathie, fehlender Motivierbarkeit bis hinzu akinetisch mutistischen Bildern (Berger 1998). Ob esein klassisches »Frontalhirnsyndrom« wie bei Erwachse-nen auch bei Kindern gibt,wird immer wieder bezweifelt,da die Entwicklung des kindlichen – auch des geschädig-ten – Gehirns viele Symptome modifiziert. Eine affektiveSteuerungsschwäche fanden jedoch auch Kleinpeter et al.(1992) (s. unten).

Schädigungen des Temporalhirns, insbesondere desHippocampus, führen zu psychomotorischer Verlangsa-mung und Störungen der zentralen Informationsverarbei-

366 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

tung. Die Symptomkombination ausgeprägter oraler Ten-denzen mit Hypersexualität, verlangsamten motorischenAbläufen und Gedächtnisstörungen tritt bei beidseitigerTemporalhirnschädigung z. B. nach SHT oder nach Enze-phalitis auf und wird Klüver-Bucy-Syndrom genannt.

Zerebelläre und parietale Schädigungen können sichin neurologischen Ausfallsymptomen äußern.Insofern isteine umfassende neurologische,neuropsychologische undkinder- und jugendpsychiatrische Bestandsaufnahme desbetroffenen Kindes erforderlich. Für die kinder- und ju-gendpsychiatrische Beurteilung empfiehlt sich die »ChildBehavior Check List« (Achenbach; Belter et al. 1996). Einzeitaufwendiger, aber aussagekräftiger neuropsychologi-scher Test ist der »Tübinger Luria-Christensen-Inventar«(TÜKI; neuropsychologische Untersuchungsreihe fürKinder mit 9 Untertestbereichen für Motorik, Wahrneh-mung, mnestischen und Denkprozessen, Sprache usw.).

Die neuropsychologische Leistungsdiagnostik imRahmen neuropsychologischer Untersuchungen umfasstdrei große Bereiche (s. folgende Übersicht).

Bereiche der neuropsychologischen Leistungsdi-agnostik (Heubrock u. Petermann 1996) Aufmerksamkeit: Aufmerksamkeitskontrolle, kog-

nitive Verarbeitungsgeschwindigkeit; selektive,

geteilte und Daueraufmerksamkeit

Gedächtnis: Informationsaufnahme, Behalten

neuer Informationen, Abruf neuer und alter Ge-

dächtnisinhalte

Denken: induktives und divergentes Denken, Pla-

nen, Problemlösen

Es scheint so zu sein,dass bestimmte kinder- und jugend-psychiatrische Erkrankungen eine höhere Inzidenz nacheinem SHT aufweisen. So stellt eine traumatische Hirn-schädigung für Kinder und Jugendliche ein hohes Risikofür eine spätere psychiatrische Erkrankung dar (Max et al.1998a), meistens eine organische Persönlichkeitsstörung(ICD-10). Kinder mit einem hyperkinetischen Syndrom(»attention deficit hyperactivity disorder«; ADHD) erlei-den häufiger SHT im Vergleich zu anderen, eine ADHDnach SHT entwickeln mehr Kinder aus schlechten psycho-sozialen Verhältnissen (Gerring et al. 1998). Dabei korre-liert die Ausprägung der Symptome mit der Schwere desHirntraumas. Eine komplette posttraumatische Belas-tungsstörung (PTSD) entwickelten 2 von 46 untersuchtenKindern nach traumatischer Hirnschädigung, ein Symp-tom der PTSD zeigten 3 Monate nach Trauma 69%, 2 Jah-re danach noch 12%. Eine internalisierende Störung zzt.des SHT war der aussagekräftigste Prädiktor für die Ent-wicklung von PTSD-Symptomen (Max et al. 1998b).

In Rostock wurden in den 70er und 80er-Jahren224 Kinder, die ein mittelschweres oder schweres Hirn-

trauma erlitten hatten, 157 davon im Vorschulalter, bis insErwachsenenalter hinein in ihrer Entwicklung verfolgt,und zwar mit Querschnittsuntersuchungen alle 5 Jahre(Kleinpeter 1992).Zehn Jahre nach dem Unfall fanden sichneurologische Symptome bei 38%, eine subjektive Behin-derung bestand bei 8%. Dauerte die Bewusstlosigkeit vonKindern im Alter unter 5 Jahren länger als eine Woche, er-reichte keines mehr normale Intelligenzwerte. Je jüngerdie Kinder waren, desto schwerer die Retardierung. EinDrittel der Kinder, die 1–7 Tage bewusstlos waren, zeigteeine Retardierung, jedes Zehnte derer mit einer Bewusst-losigkeit unter 24 h. Jüngere Kinder zeigten nach schwe-rem SHT vorrangig Störungen im intellektuellen Bereich,während sich neurologische Symptome besser zurückbil-deten. Bei Schulkindern war das umgekehrt. Deren Leis-tungsfähigkeit wurde eher durch das hirnorganischePsychosyndrom beeinträchtigt. Dabei fallen Aufmerk-samkeits- und Konzentrationsschwäche und vermehrteReizbarkeit am meisten ins Gewicht. Nach 10 Jahren wardiese Symptomatik noch bei 23% der Patienten mit mittel-schwerem Trauma zu beobachten (leichtes Trauma 11%).Die Prognose der sozialen Integration war in dieser Grup-pe bei den temporobasal verletzten Kindern ungünstig.Die stirnhirnverletzten Kinder waren jedoch deutlich we-niger sozial integriert nach der Pubertät,wurden z.T.auchforensisch auffällig. Im Gegensatz zu Kleinpeter (1992)fanden Lange-Cosack et al.(1979) und Remschmidt (1979)keine sicheren Zusammenhänge zwischen Schwere der In-itialsymptome nach dem Unfall und den folgenden Symp-tomen.

> Fallbeispiel

Ein 10-jähriges Mädchen wird nach einem schweren Ver-

kehrsunfall in die Chirurgie eingewiesen, dort intubiert

und beatmet. Im initialen CT wird ein links temporoparie-

tales subdurales Hämatom, eine Mittellinienverlagerung

um 5 mm nach rechts und ein generelles Hirnödem sicht-

bar (⊡ Abb. 12.3a). Das nach 5 Tagen durchgeführte Fol-

ge-CT zeigt beidseit frontale, links temporobasale und

temporoparietale Kontusionsblutungen sowie Blut im

Interhemisphärenspalt (⊡ Abb. 12.3b). Der linke Seiten-

ventrikel wird komprimiert. In mehreren Folge-MRT wird

zusätzlich eine ischämische Schädigung im rechten Thala-

musgebiet deutlich, ebenso im rechten Temporallappen;

das Hirnödem nimmt ab, ebenso die Mittellinienverlage-

rung (⊡ Abb. 12.3c). Nach Extubation ist sie wechselnd

weinerlich und affektinkontinent oder stuporös-mutis-

tisch. Die Impulskontrollstörung überwiegt jedoch, sie ist

nur schwer mobilisierbar, wehrt ab, ist teilweise fremdag-

gressiv. Sie wird konsilarisch kinderneuropsychiatrisch be-

treut, die Mutter früh in die Pflege und die Beübung ein-

gebunden. Einer psychopharmakologischen Behandlung

außer einer milden Sedierung mit Benzodiazepinen zur

Nacht steht die Mutter ablehnend gegenüber.▼

12.3 · Chronische hirnorganische Psychosyndrome367 12

368 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

⊡ Abb. 12.3. a Not-CT des 10-jährigen Mädchens aus dem Fallbeispiel.Der Pfeil weist auf das subdurale Hämatom. Beachte die generelleHirnschwellung. b CT 5 Tage nach dem Unfall. Die Pfeile weisen auf dieKontusionsherde. c MRT 4 Wochen nach dem Unfall. Die Pfeile weisenauf den Thlamus und den rechten Temporallappen. (Mit freundlicherGenehmigung Dr. Großmann/Prof. Hauenstein, Institut für Diagnosti-sche und Interventionelle Radiologie, Universität Rostock)

a

b

c

Die Diagnose lautete auf schweres SHT mit intrakraniellen

Blutungen und akutem hirnorganischem Psychosyndrom.

Nach der kinderneurologischen Rehabilitation in einer

spezialisierten Einrichtung bleibt letztendlich ein chroni-

sches hirnorganisches Psychosyndrom mit erhaltener all-

gemeiner Intelligenz und ausgestanzten Schwächen der

Merkfähigkeit und der Aufmerksamkeit zurück.Weiter im-

ponieren eine ständige Gereiztheit und Verstimmtheit,

das Mädchen ist antriebsschwach, reagiert auf unange-

nehme Anforderungen aber gelegentlich mit massiven

Aggressionen. Aufgrund eines (anmanestisch nicht ganz

sicher zu beurteilenden) generalisierten epileptischen

Anfalles und neu auftretender steiler Potenziale im EEG

wird sie auch unter der Vorstellung der Behandlung der

affektiven Steuerungsschwäche auf Carbamazepin einge-

stellt. Sie besucht die Realschule, hat große soziale

Schwierigkeiten, fühlt sich in der Gruppe der Gleichaltri-

gen abgelehnt und verspottet wegen ihrer Umstellungs-

erschwernis. Eine stationäre kinder- und jugendpsychia-

trische Behandlung lehnt sie ab, die Betreuung erfolgt

ambulant über die Institutsambulanz.

12.3.2 Chronisches postenzephalitischesPsychosyndrom

Durch die intensive Betreuung der Neugeborenen undSäuglinge, den regelmäßigen Untersuchungen in den er-sten Lebensmonaten und Lebensjahren, werden Entzün-dungen des zentralen Nervensystems in diesem Altermeist früh erkannt und früh behandelt. Gleiches gilt fürdas Kleinkind- und das Kindesalter. Wahrscheinlich istdeswegen die Inzidenz chronischer postenzephalitischerPsychosyndrome deutlich rückläufig, verglichen mit derälteren Literatur. Man denke nur an die vielen Patientenmit chronischen postentzündlichen Hirnveränderungennach der »asiatischen Grippe« – Epidemie 1918.Auch post-vakzinale Enzephalitiden oder Enzephalopathien sindglücklicherweise selten geworden.Bakterielle Entzündun-gen des ZNS, deren Folgezustände in diesem Abschnittmit besprochen werden sollen, sind doch etwas häufiger,haben aber aufgrund der meist früh einsetzenden Di-agnostik und der suffizienten und differenzierten thera-peutischen Möglichkeiten eine sehr viel bessere Prognoseals früher. Insofern sehen die Kinder- und Jugendpsychi-ater im klinischen Alltag eher weniger solche Patienten,essei denn, sie betreuen eine Heim für geistig und körper-lich behinderte Menschen oder sie müssen gutachterlichStellung nehmen.

Im deutschsprachigen Sprachraum wird immer nochgerne der Begriff der postenzephalitischen Wesensände-rung gebraucht,drückt er doch ein Charakteristikum die-ses Psychosyndroms aus. Im Gegensatz zum posttrauma-tischen chronischem Psychosyndrom, das eher »hirnlo-kalen« Charakter hat, ist oft das ganze Wesen des

Betroffenen im Residualzustand nach einer schweren En-zephalitis oder Meningoenzephalitis verändert.Es gibt je-doch keine typischen und für alle Fälle zutreffenden pos-tenzephalitischen Veränderungen.Wir wissen heute, dassdie Erreger im ZNS bestimmte Hirnanteile bevorzugen,siehe die Bevorzugung des Temporallappens durch dieHerpesviren. Generalisierte Entzündungen des ZNS, diealle Hirnanteile erreichen, treten noch im Rahmen einergeneralisierten Sepsis, bei stark immungeschwächten Kindern oder, wenn die Diagnose verschleppt wird, auf.Insofern sind klinisch postenzephalitische kaum vonschweren posttraumatischen Wesensveränderungen oderschweren Oligophrenien anderer Ursache zu unter-scheiden. Das bunte Durcheinander neurologischer undpsychopathologischer Symptome sowie die Gefühlsver-armung, die emotionale Unerreichbarkeit weisen auf einpostenzephalitisches Psychosyndrom hin.

Das Ausmaß der geistigen Behinderung ist bei Kin-dern wahrscheinlich größer als das der körperlichen.Außerdem ist es bei früh mit Aciclovir behandelten Kin-dern tendenziell geringer, bei jüngeren Kindern generellgrößer und abhängig von der Schwere des begleitendenepileptischen Syndroms (Kluger et al. 1999).

Gelegentlich finden sich schizophreniforme Bilder,sog. »Propfschizophrenien«. Häufige Folgeerscheinungensind Epilepsie (Koelfen et al. 1994) oder extrapyramidaleStörungen, wobei die postenzephalitische Parkinson-Er-krankung nur im Erwachsenenalter klinisch in Erschei-nung tritt (Pramstaller et al. 1996).

! Es ist zu beachten, dass aufgrund der lokalisatori-schen Vorliebe bestimmter Erreger im Hirn durchausauch »lokal« gefärbte chronische Psychosyndromeauftreten.

Neben möglichen meist spastischen Paresen, dystonenund athetoiden Bewegungen, Hinnervenstörungen undKrampfanfällen kommt es zur Entwicklungsretardierungund auch zum demenziellen Abbau. Bei schweren Folge-zuständen resultiert immer eine Intelligenzminderung.

! Die Kinder sind mimisch starr, emotional oft schwererreichbar, ihre Stimmung wechselt abrupt. Es kannzu schweren aggressiven Durchbrüchen kommen,dann wieder sind sie monatelang ruhig und apa-thisch. Charakteristisch sind ständige schaukelndeBewegungen, sog. Jaktationen, und plötzliche lauteSchreie.

Diese Verhaltensweisen können sie stunden- und tagelangdurchhalten. Dazu kommt bei vielen Patienten eine ere-thische Unruhe, sie sind immer in Bewegung, werfen sichim Bett hin und her, schlagen bisweilen unmotiviert zuoder laufen plötzlich weg, reißen oder drehen sich dieHaare heraus (Trichotillomanie). Gelegentlich sind kurz-zeitige Fixierungen notwendig.Viele sind stuhl- und har-ninkontinent.Das Verhalten wirkt ungehemmt und trieb-

12.3 · Chronische hirnorganische Psychosyndrome369 12

gesteuert (z.B.exzessive Nahrungsaufnahme,Onanie).DieKinder sind oft nur sehr begrenzt lernfähig,brauchen festeStrukturen und Grenzen, sie sind außerordentlich um-stellungserschwert.Genauso finden sich aber auch ruhige,zurückgezogene Kinder mit teilweise mutistischen Ver-haltensweisen, die oft Scheu vor anderen Menschen ha-ben.Manche wirken wie langzeitkranke Schizophrene,siesind kaum motivierbar, es imponiert eine »Negativsymp-tomatik«.

Leichtere Verlaufsformen sind häufiger (Marton et al.1995). Von 20 nachuntersuchten Kindern, die eine viraleEnzephalitis unabhängig von der Ätiologie des Erregersdurchgemacht hatten, zeigten 10% ein schweres Residual-syndrom, 35% entwickelten eine Epilepsie, alle im Zeit-raum von 6 Monaten bis 5 Jahren nachuntersuchten Kin-der waren in den testpsychologischen Untersuchungen ineinem oder mehrenen Teilbereichen unterhalb der Alters-norm (Koelfen et al.1994).Die neuropsychologischen Auf-fälligkeiten betreffen oft Konzentration und Aufmerk-samkeit. Ob sich infolge einer durchgemachten Entzün-dung des ZNS gehäuft hyperkinetische Syndrome mitKonzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen entwi-ckeln, ist nicht bekannt.

! Neuropsychologische Ausfälle nach bakteriellen Me-ningitiden sind sehr viel weniger schwer und wesen-lich seltener als nach viralen Enzephalitiden.

Von Erwachsenen ist bekannt, dass sie nach einer bakte-riellen Meningitis häufiger psychomotorisch verlangsamtsind und mehr Gedächtnisstörungen aufweisen (Merkel-bach et al. 2000).

Die Prognose der schweren Residualzustände ist meis-tens schlecht, man sollte sich jedoch davor hüten, sich zufrüh festzulegen. Es ist erstaunlich, was schwer hirnorga-nisch geschädigte Kinder noch lernen können.Manchmalkommt nach Jahren der Stagnation plötzlich doch nochein Entwicklungssprung, oft nach der Pubertät.

12.3.3 Chronisches Psychosyndrom bei Epilepsie

Genausowenig wie es eine spezifisches postraumatischesPsychosyndrom gibt, lässt sich ein typisches epileptischesPsychosyndrom abgrenzen (� s. auch Kap. 11). Kinder miteiner Epilepsie weisen aber oftmals begleitende affektiveund kognitive Störungen auf, die einerseits als durch dieEpilepsie bedingt aufgefasst werden, andererseits reakti-ver Natur sind. Daneben gehen bestimmte Epilepsiesyn-drome generell mit einem intellektuellen Abbau (z.B.Len-nox-Gastaut-Syndrom) oder anderen Störungen einher(z. B. Landau-Kleffner-Syndrom mit Aphasie).

Die Epilepsie ist im Kindes- und Jugendalter eine häu-figere Erscheinung, es werden also Komorbidäten mitkinder- und jugendpsychiatrischen Erkrankungen zu er-

warten sein.Als nächstes ist der Einfluss der Antiepliepti-ka zu nennen, die ja über lange Zeit appliziert werden.

Bekannt ist seit längerem von Erwachsenen, dass be-stimmte Epilepsieformen (hauptsächlich Temporallappe-nepilepsien) einen Risikofaktor darstellen, an einer chro-nischen interiktalen Psychose zu erkranken, die phäno-menologisch am ehesten einer Schizophrenie gleicht(Toone 2000). Diese Kombination wird von einigen Auto-ren schizophrenieähnliche Epilepsiepsychose genannt(»schizophrenia like epilepsy«; SLPE; Perez u. Trimble1980; Toone et al. 1982).Als Entität ist sie nicht anerkannt.Sie verläuft ähnlich wie eine Schizophrenie, spricht aufNeuroleptika an und ist weitestgehend unbeeinflusst vonder Anfallsfrequenz. Es wird vermutet, dass eine pathoge-netisch enge Verbindung zwischen beiden Erkrankungenbesteht (Suckling et al. 2000). Diese Vermutung wird ge-stützt durch die Tatsache, dass die Inzidenz der Schizo-phrenien bei Epilepsiekranken zwischen 3 und 7% be-trägt, in einer Normalpopulation jedoch nur etwa 1%(Toone 2000). Andere Studien bestätigen diese Häufungvon Psychosen bei Epilepsiekranken (Bredkjaer et al.1998), eine beweisende epidemiologische Untersuchungsteht jedoch noch aus.Eine mögliche Erklärung wäre,dassLäsionen im Temporallappen, wie sie z. B. bei Geburts-komplikationen durch Sauerstoffmangel o. Ä. enstehen,sowohl die Entwicklung von Schizophrenien als auch vonEpilepsien begünstigen (Roberts et al. 1990). Daten vonKindern und Jugendlichen zu epileptischen Psychosensind spärlich (Suckling et al. 2000; Mouridsen et al. 1999;Kyllerman et al. 1996; Minns u.Valentine 1994). Die diffe-renzialdiagnostische Unterscheidung Temporallapenepi-lepsie oder Psychose kann im Jugendalter außerordentlichschwierig sein (Minns u. Valentine 1994). Das wird durchdas folgende Fallbeispiel illustriert.

> Fallbeispiel

Ein 15-jähriger Junge wird in der Institusambulanz mit der

Bitte um Behandlung von Panikattacken vorgestellt. Eine

fast einjährige ambulante Diagnostik und Betreuung ein-

schließlich medikamentöser Therapie sei erfolglos geblie-

ben. Das EEG sei unauffällig. Der Junge berichtet über

plötzliche Angstanfälle, »plötzlich sei alles so komisch, das

kommt aus dem Bauch«. Der Vater berichtet, der Junge

werde plötzlich bleich und laufe dann ziellos umher. Das

hätte in letzter Zeit zugenommen. Manchmal würde er

dabei unverständliche Wörter murmeln und komische

Gesichtsbewegungen haben. Auf gezieltes Nachfragen

hin erinnert der Vater eine Episode, in der der Junge ei-

genartig drehende Fingerbewegungen während einer

Attacke getätigt hätte.

Die nach sofortiger stationärer Aufnahme durchgeführ-

ten EEG-Ableitungen zeigen einmalig monomorphe

t-Wellen rechts temporal über mehrere Sekunden

(⊡ Abb. 12.4a), das zerebrale MRT einen im rechten Tem-▼

370 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

12.3 · Chronische hirnorganische Psychosyndrome371 12

⊡ Abb. 12.4. a EEG eines 15-jährigen Jungen mit rechts temporalemHerdbefund (Pfeil). Ableitung gegen F7 (obere 4 Reihen – Fp1, F3, C3,P3) und gegen F8 (untere 4 Reihen – Fp2, F4, C4, P4). b Zerebrales MRTdesselben Jungen in verschiedenen Schnittebenen. Die Pfeile weisen

auf den Tumor im rechten Temporallappen (Gyrus temporalis inferior).(Mit freundlicher Genehmigung Dr. Großmann/Prof. Hauenstein, Insti-tut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universität Rostock)

a

b

porallappen gelegenen Tumor (⊡ Abb. 12.4b). Somit sind

die geschilderten »Angstattacken« als Anfallsäquivalente

zu werten. Nach Einstellung auf Valproinsäure sistierten

sie vollständig, ebenso die motorischen Anfallsäquivalen-

te. Der Junge wurde in die Neurochirurgie zur operativen

Intervention überwiesen.

Kinder mit Epilepsien zeigen deutlich höhere Scores fürdepressive und Angstsymptome [gemessen mit dem»Child Depression Inventory« (CDI); Ettinger et al. 1998].Die Risikofaktoren dafür liegen in einer Kombinationneurologischer, anfallsbedingter, familiärer und persön-lichkeitsbedingter Faktoren. Aufmerksamkeitsstörungenund depressive Symptome werden oft übersehen (Dunn u.Austin 1999). Ob subklinische epileptiforme Entladungenneuropsychologische und psychosoziale Funktionen be-einträchtigen und deswegen therapiert werden sollten,wird derzeit diskutiert.

Komorbiditäten psychiatrischer Erkrankungenbei Epilepsie

Von Erwachsenen sind Komorbiditäten psychiatrischerErkrankungen bei chronischer Epilepsie wohlbekannt.Die Inzidenzen liegen zwischen 20 und 70%.Es sind in derMehrzahl Depressionen und Dysthymien (zitiert aus Her-mann et al.2000).Dabei ist es nicht die Epilepsie selbst,dieDepressionen verursacht, also z. B.Anfallshäufigkeit oder-frequenz, sondern soziodemographische und psychoso-ziale Probleme sind die Prädiktoren. Die Epilepsie ist alsonur erschwerender Kofaktor. In neueren Studien findensich auch vermehrte Depressionssymptome bei Jugend-lichen mit Epilepsie (Dunn et al. 1999). Dabei scheinenEinstellung zur Erkrankung,Krankheitsattribuierung undfamiliäre Bedingungen die entscheidenden Faktoren zusein [gemessen mit CDI und »Youth Self Report« (YSR);Dunn et al. 1999]. Als Konversionssymptom auffassbarenichtepileptische Anfälle (Pseudoanfälle) haben zwischen10 und 25% der Kinder und Jugendlichen, die in Epilep-siezentren zur videogestützten Diagnostik aufgenommenwurden (Andriola u.Ettinger 1999).Nichtepileptische undepileptische Anfälle können auch nebeneinander beste-hen. Es ließen sich eine Vielzahl anderer komorbider Stö-rungen aufführen, deren nosologische Trennung von derEpilepsie oft klinisch schwer, unter pragmatischen Ge-sichtspunkten aber auch nicht immmer notwendig ist.Diekinder- und jugendpsychiatrische Therapie folgt denRichtlinien für die psychiatrische Erkrankung.

! Kinder mit einer Epilepsie haben, abhängig vomAlter und von der Art der Epilepsie, Befürchtungenund Ängste in Bezug auf ihre Erkrankung (� s.

Kap. 11).Verhaltensprobleme und kognitive Störun-gen treten bei Kindern mit Epilepsien häufiger aufals bei solchen mit anderen chronischen Erkrankun-gen oder in der Normalpopulation.

Lennox-Gastaut-Syndrom

Bestimmte Epilepsieformen gehen per se mit intellektuel-ler Retardierung einher. Das bekannteste, wohl aber auchüberdiagnostizierteste, ist das Lennox-Gastaut-Syndrom(� s. auch Kap. 11). Das Syndrom ist charakterisiert durch(Hirt 1996):1. diffuse Spike-slow-wave-Komplexe im EEG,2. tonische Anfälle,3. mentale Retardierung (nicht von allen anerkannt; Ai-

cardi u. Levy Gomes 1992),4. atypische Absencen,5. episodische rasche Rhythmen im NREM-Schlaf,6. epileptische Staten,7. atonische Anfälle.

Die ersten fünf Symptome sind für die Diagnosestellungnotwendig. Die psychomotorische und mentale Entwick-lung ist vor Beginn der Anfälle je nach Autor zwischen 27und 66% normal (durchschnittlich 45% nach Hirt 1996).Bei den kryptogenen Fällen ist die mentale Entwicklungprämorbid normal.Nach Einsetzen der Anfälle und der ty-pischen EEG-Veränderungen verlangsamt sich diepsychomotorische Entwicklung, danach kommt es zumdemenziellen Abbau. Acht Jahre nach Krankheitsbeginnsind mehr als drei Viertel der Patienten mental stark be-einträchtigt. Das gilt auch für die Fälle, in denen sich dieEpilepsie aus vorheriger Gesundheit heraus entwickelt(kryptogen). Bei den sekundären Fällen mit vorherigerorganischer Hirnschädigung ist die mentale Retardierungstärker ausgeprägt. Früher Beginn führt ebenfalls zu stär-kerer Schädigung. Die antiepileptische Therapie steht imVordergrund,sie ist oft sehr schwierig.Ultima Ratio ist dieEinstellung auf Felbamat.

Landau-Kleffner-Syndrom

Das Landau-Kleffner-Syndrom ist eine aus normaler Ent-wicklung heraus entstehende aphasische Störung(s. Kap. 11), die begleitet wird von Spike-slow-wave-Paro-xysmen im EEG und generalisierten Anfällen. Die Anfällekönnen klinisch sehr spät oder auch gar nicht auftreten.Ob die Aphasie als epileptische Aktivität aufzufassen ist(Deonna 1991) oder als gestörte auditorische phonologi-sche Diskrimination (Korkman et al.1998),kann derzeitignicht abschließend beantwortet werden.Das Syndrom ge-hört zur Differenzialdiagnose der Entwicklunsstörungen.Die Behandlung kann mit Kortikostoiden erfolgen (Pa-quier et al.1992),kombiniert mit Antiepileptika,bevorzugtwird Valproinsäure, möglich ist aber auch Lamotrigin(Häßler et al. 1999). Als Ultima Ratio wird eine subpialeTranssektion diskutiert (Morrell et al. 1995).

Wirkungen antiepiletptischer Medikamente

Antiepileptische Medikamente greifen generell in denHirnstoffwechsel ein und haben die verschiedensten Wir-kungen. Die stimmungsstabilisierende Wirkung von Val-

372 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

proinsäure, die inzwischen zur Behandlung von Affekt-psychosen bei Erwachsenen in Deutschland zugelassenist, wurde bereits genauso erwähnt wie die valproatindu-zierten Enzephalopathien oder der valproatinduzierte Lu-pus erythematosus. Barbiturate sedieren stark, Gabapen-tin kann aggressives Verhalten fördern. Einen generellenÜberblick zu unerwünschten Wirkungen der Antiepilep-tika gibt ⊡ Tabelle 12.8. Von den neueren, vor allem GA-BAergen Antiepileptika werden die unterschiedlichstenkognitiven Effekte berichtet, die Daten sind allerdingsschon für Erwachsene dürftig, für Kinder sind generelleEmpfehlungen aufgrund der Datenlage für den Einsatz alsPsychopharmaka derzeitig nicht möglich.

Vom Lamotrigin werden bei Kindern mit mentaler Re-tardierung und Epilepsie sowohl positive als auch negati-ve psychotrope Effekte beschrieben (Ettinger et al. 1998).Die Substanz befindet sich derzeitig in der klinischen Er-probung (Erwachsene) hinsichtlich ihrer stimmungssta-bilisierenden Wirkung.Topiramat soll Spastik günstig be-einflussen können.

12.3.4 Andere Ursachen chronischer hirnorganischer Psychosyndrome

Bekannt sind chronische psychische Auffälligkeiten beivielen chronischen Erkrankungen des Kindes- und Ju-gendalters. Sie sind jedoch nicht unbedingt spezifischer,oftmals aber reaktiver Natur. Kinder und Jugendliche mit

Hirntumoren entwickeln nach Operation und eventuellerBestrahlung und Chemotherapie kognitive und psycho-soziale Langzeitfolgen, die spezifischer Diagnostik undTherapie bedürfen. Besonders die schulische Reintegra-tion gestaltet sich oft schwierig (Konrad u. Gauggel 2001).Für den Kinder- und Jugendpsychiater gelegentlich vonBedeutung sind Hypophysenfunktionsstörungen mitMinderwuchs, Schilddrüsenfunktionsstörungen (M. Ba-sedow) und Nebennierenrindenfunktionsstörungen imSinne eines chronischen endokrinen Psychosyndroms.Diese Kinder weisen aber keine spezifischen psychopa-thologischen Symptome auf, nur müssen Verhaltensauf-fälligkeiten oder Entwicklungsretardierungen differenzi-aldiagnostisch auch unter diesen Gesichtspunkten beur-teilt werden.

Morbus Cushing

Unter den Nebennierenrindenfunktionsstörungen ist esder M. Cushing, bei dem bei Erwachsenen, evtl. bei Ju-gendlichen, kaum aber bei Kindern Störungen des An-triebes und der Stimmung gefunden werden. Das konge-nitale adrenogenitale Syndrom geht mit einer genitalenEntwicklungsstörung und Minderwuchs einher, bei Kna-ben mit einer Pseudopubertas praecox. Im adrenogenita-lem Syndrom mit angeborener Nebennierenhypoplasiesteigt das Ausmaß reaktiver psychischer Störungen indem Maße, in dem äußerer Genitalbefund und sekundäreGeschlechtsmerkmale dem »anerzogenen« Geschlechtwidersprechen. Bei testikulären Feminisierungen kommt

12.3 · Chronische hirnorganische Psychosyndrome373 12

⊡ Tabelle 12.8. Unerwünschte Wirkungen von Antiepileptika. (Mod. nach Greenwood 2000)

Medikament Unerwünschte Wirkung

Phenytoin Zahnfleischhyperplasie, Hirsutismus, periphere Neuropathie, Hypersensivitätsreaktionen

Barbiturate Verhaltensstörungen, kognitive Störungen, Dupytren-Kontrakturen, periphere Neuropathien

Suximide Schluckauf, gastrointestinale Störungen, Sehstörungen

Carbamazepin, Oxcarbamazeoin Leukopenien, Hauterscheinungen, Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen (in der Einstel-lungsphase)

Benzodiazepine Sedierung, Hypersalivation

Valproinsäure Gewichtsanstieg, endokrinologische Störungen,Tremor, Haarverlust,Thrombozytopenie, hepati-sche Enzephalopathie, Pankreatitis

Felbamat Gewichtsverlust, Schlafstörungen, aplastische Anämien (!), Leberstörungen

Gabapentin Hyperaktivität, Impulskontrollstörungen, fördert aggressives Verhalten bei Kindern

Lamotrigin Lyell-Syndrom, Stevens-Johnson-Syndrom

Topiramat Sprachstörungen,Verhaltensstörungen, Nierensteine, Parästhesien, Gewichtsverlust, fraglich kogni-tive Beeinträchtigungen

Tiagabin Tremor, emotionale Störungen

Vigabatrin Gesichtsfelddefekte,Verhaltensstörungen, Schlafstörungen, Depression, Psychosen (Landolt),Hyperaktivität

Zonisamid Nierensteine, Landolt-Reaktion

es oft zu Störungen der Geschlechtsidentität in oder nachder Pubertät, da die hormonell männlich geprägten Kin-der als Mädchen aufgezogen werden.

Klinefelter-Syndrom

Beim Klinefelter-Syndrom handelt es sich um eine relativhäufige Form des primären, hypergonadotropen, männ-lichen Hypogonadismus. Zytologisch werden typischer-weise die Gonosomen XXY gesehen,das Kerngeschlecht isteinfach X-Chromatin-positiv und einfach Y-Chromatin-positiv. Chromosomale Varianten (XXXY, XXYY, XXXYY)gehen mit schwereren Intelligenzminderungen und mor-phologischen Anomalien z. B. des Skelettsystems einher.Die Träger sind aufgrund des Y-Chromosoms (XXY) phä-notypisch männlich,meist überdurchschnittlich groß undmit eunuchoiden Körperproportionen. Die Pubertät kannverspätet einsetzen und geht mit geringeren Ausprägungder sekundären Geschlechtsmerkmale einher.Typisch sindGynäkomastie und kleine Testes. Überdurchschnittlichhäufig sind leichte Intelligenzminderungen,Störungen derSprachentwicklung und EEG-Veränderungen.Schon in derfrühen Kindheit fallen Verhaltensstörungen wie Kontakt-scheu, Initiativlosigkeit und aggressive Durchbrüche auf.Primär wirken die Patienten antriebsarm, ängstlich undscheu. Auch ein nicht voll ausgeprägtes Klinefeldter Syn-drom kann bei Jugendlichen als vermeintliche Asexualitätmit impulsiven Durchbrüchen in Erscheinung treten, wasbei der forensischen Begutachtung jugendlicher Sexual-straftäter zu bedenken ist. Therapeutisch empfiehlt sichbei schwerer Ausprägung der psychischen Symptomatiketwa ab dem 14. Lebensjahr eine Behandlung mit Testo-steron zur äußeren Virilisierung. Eine ausgeprägte Gyna-komastie kann operativ beseitigt werden.

12.3.5 Therapie des chronischen hirn-organischen Psychosyndroms nachEntzündung oder Trauma des ZNS

In der Symptomatologie der chronischen Psychosyndro-me bei traumatisch und entzündlich geschädigten kind-lichen Gehirnen bestehen aufgrund derselben geschädig-ten Strukturen keine Unterschiede, was eine gemeinsameAbhandlung der Therapie rechtfertigt. In diesem Ab-schnitt sollen deshalb die spezifischen Symptome undKrankheitsbilder nach SHT oder Entzündung des ZNS be-sprochen werden, die die speziellen Kenntnisse und Fä-higkeiten des Kinder- und Jugendpsychiater verlangen.

! Die Therapie des chronischen Psychosyndroms nachZNS-Schädigung muss immer drei Bereiche umfas-sen: Einflussnahme auf die Entwicklung des Kindes,Einflussnahme auf die schulische und berufliche Ent-wicklung und Einflussnahme auf die familiäre Situa-tion.

Beim Kind kann die Wiederherstellung des prätraumati-schen Entwicklungsstandes, die »Rehabilitation«, nichtwie beim Erwachsenen das Ziel der Behandlung, sondernnur eine Durchgangsphase sein. Das Kind soll und musssich nach einem Unfall weiterentwickeln. Umschriebeneneuropsychologische Funktionsstörungen,z.B.solche,diesich aus der Lokalisation der Schädigung ergeben, behin-dern den Entwicklungsverlauf des betroffenen Kindes inspezifischer Weise. Ohne Therapie stellt sich ein immerdeutlicher werdendes Leistungsdefizit ein. Es kommt zuSchwierigkeiten im schulischen, sozialen und emotiona-len Bereich, die häufig nicht mehr mit dem mehr oderminder leichten SHT in Verbindung gebracht werden(Benz u. Ritz 1992).

Die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen um-fasst immer auch eine Förderung der bis dahin noch nichtentfalteten Entwicklungspotenziale. Es ist also eine »Ent-wicklungsrehabilitation« (Neuhäuser u. Heubrock 2000)notwendig.Diese Rehabilitation hat folgende Ziele (Weber1996): Erweiterung aktueller Fähigkeiten und Fertigkeiten

durch Neulernen, Erlernen oder Umlernen behindernder oder schädi-

gender Verhaltensweisen.

Dazu sind verschiedene Ansätze entwickelt worden, eineÜbersicht gibt Weber (1996). Inwiefern verhaltensmedizi-nische Ansätze (Oepen 1999) oder die Anfallsunterbre-chung (Dahl 1992), bei der die ersten Vorboten eines An-falles wahrgenommen werden sollen und versucht wirdmit Entspannungsverfahren dagegen anzugehen,wirklichzur Anfallreduzierung führen bzw. einen rehabilitativenEffekt haben, bleibt kontrollierten Studien vorbehalten.Sinnvoll erscheinen verhaltensmedizinische Ansätze wieoperante Konditionierung, Selbstkontrolltechniken undexterne Verhaltenskontrolle in der Behandlung lokalerPsychosyndrome wie dem Frontalhirnsyndrom, die mitmangelnder Affektkontrolle und Störungen komplexererHirnfunktionen einhergehen (Heubrock u. Petermann1997). Aber auch hier fehlen noch ausreichende empiri-sche Belege.

Zeigen die Kinder vegetative oder somatische Störun-gen wie z. B. Kopfschmerzen, sind diese verhaltensthera-peutisch und nur selten pharmakologisch zu therapieren.Neuropsychologische Einschränkungen sind mit entspre-chenden Trainingsprogrammen zu beüben, was oftmalsauch ambulant erfolgen kann.

Den Kinder- und Jugendpsychiater interessieren vorallem affektive, soziale und Verhaltensstörungen, die ent-weder durch die Hirnschädigung selbst oder durch die Re-aktion des Kindes auf die Schädigung und seine diesbe-züglichen Verarbeitungsstrategien entstehen.Diese Tren-nung ist in der Praxis oft nicht möglich, aber auch nichtnotwendig.Emotionale oder Anpassungsstörungen infol-ge von ZNS-Schädigungen leichterer Natur folgen den all-

374 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

gemeinen Behandlungsprinzipien, wie in den entspre-chenden Kapiteln dieses Buches beschrieben. Da es keineinheitliches Psychosyndrom nach SHT oder Enzephalitisgibt, richtet sich die Therapie nach der vorgefundenenpsychischen Störung oder den neuropsychologischenAusfällen, also nach der individuellen Störung des Ge-schädigten.

! Affektive Störungen bei Frontalhirnsymptomen ver-langen eher eine stimmungsstabilisierende Medika-tion und soziales Kompetenztraining, depressiveSymptome eine stimmungsaufhellende Therapie.Kinder mit neuropsychologischen Störungen bedür-fen des spezifischen Trainings oder besonderer Be-schulungsformen.

Oft bestehen neben den psychischen Symptomen Werk-zeugstörungen wie Aphasien und Apraxien, oder spasti-sche Paresen und Hirnnervenstörungen. Im Sinne einesstörungsspezifischen Gesamtkonzeptes steht neben päda-gogischen, psychoedukativen, motorisch- und neuropsy-chologisch-rehabilitativen sowie psychotherapeutischenInterventionen auch die Psychopharmakotherapie.Häufigist eine »medikamentös unterstützte Psychotherapie« not-wendig.

! Psychopharmakotherapie und Psychotherapie bzw.Heilpädagogik schließen einander nicht aus, son-dern ihr differenzierter Einsatz muss für jeden Pa-tienten ständig kritisch geprüft werden.

Behandlungsmöglichkeiten bei chronischer zerebraler Schädigung (geistiger Behinderung)nach Trauma oder Entzündung

Der Kinder- und Jugendpsychiater wird meist zur Thera-pie von Unruhezuständen,Jaktationen,Depressivität oderselbst- und fremdverletzendem Verhalten befragt.

Er sollte die modernen Psychopharmaka gezielt ver-wenden und einen Überblick haben über die psychothe-rapeutischen Möglichkeiten, die bei schwer organischhirngestörten Kindern und Jugendlichen eingesetzt wer-den können.

Medikamentöse Therapieansätze

Auto- und fremgaggressives Verhalten bei Menschen mitgeistiger Behinderung, wie auch immer verursacht, stelltin seiner Häufigkeit [aggressives Verhalten 62%, selbst-verletzendes Verhalten 25%,aggressives Verhalten 30–55%,davon selbstverletzendes Verhalten (SVV) bei 10–20% al-ler institutionalisierten Betroffenen; nach Baumeister etal. 1993] und Dramatik nicht nur eine therapeutische He-rausforderung dar, sondern oft auch eine Überforderung,auf die restriktiv, bis hin zu freiheitsentziehenden Maß-nahmen,reagiert wird.In solch einem Klima können dannVerwahrung und Schadensbegrenzung pflegerisches Han-deln dominieren.

Bisherige psychopharmakologische Behandlungenblieben aus pädagogischer Sicht den Beweis ihrer länger-fristigen Effizienz hinsichtlich selbstverletzendem Verhal-ten (SVV) schuldig (Mühl u. Neukäter 1998), auch wenneinzelne Studien durchaus positive Langzeiteffekte mitklassischen Neuroleptika hinsichtlich der Beeinflussungexpansiver Verhaltensstörungen nachweisen konnten(Häßler 1998).Wohl wissend um die Unspezifität von Neu-roleptika bei der Behandlung von SVV gibt es immer wie-der Berichte,die deren Wirksamkeit bestätigen (Hassler u.Fegert 1999). Insbesondere Zuclopenthixol, ein mittelpo-tentes Neuroleptikum aus der Thioxanthengruppe mit ei-nem Piperazinring als Seitenkette, erwies sich, insbeson-dere auch hinsichtlich seiner Langzeitwirkung auf expan-sive Verhaltensstörungen bei Menschen mit geistigerBehinderung,als äußerst wirksam (Häßler 1998).Es liegenauch positive Erfahrungsberichte zum Einsatz von Rispe-ridon und Pipamperon vor (Häßler u. Fegert 1999).

Besteht gleichzeitig neben expansiven Verhaltensstö-rungen mit selbst- und fremdverletzendem Verhalten eineEpilepsie, ist die Indikation für die Einstellung auf Valpro-insäure oder Lamotrigin,deren verhaltensmodifizierendeund stimmungsstabilisierende Potenzen bekannt sind, zuprüfen. Für Erwachsene beschrieben Kant et al. (1998) ei-nen günstigen Effekt von Sertralin auf aggressives Verhal-ten von Patienten nach SHT und bezogen die Einfluss-nahme auf den serotoninergen Stoffwechsel.

⊡ Tabelle 12.9 schlägt Psychopharmaka für bestimmteIndikationen vor.Die meisten Depotneuroleptika sind fürKinder unter 12 Jahren nicht zugelassen,alle Neuroleptikasetzen die Krampfschwelle herab. Sie machen müde, ver-ursachen extrapyramidalmotorische Störungen (EPMS),einige auch depressive Symptome. Die Langzeiteinnahmevon Risperidon führt bei vielen Kindern zu Gewichtszu-nahmen.

! Die selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmerhaben deutlich weniger Nebenwirkungen im Ver-gleich zu den trizyklischen Antidepressiva.

Die angegebenen Dosierungen sind wiederum nur Richt-werte, sie müssen dem Alter und dem Körpergewicht an-gepasst werden. Die Aufklärungspflicht ist eine Selbstver-ständlichkeit (Fegert 2000).

Nichtmedikamentöse Therapieansätze

Die Grundsätze nichtmedikamentöser Therapieformenschwerer Residualzustände nach SHT oder Enzephalitisentsprechen denen geistiger Behinderungen anderer Ge-nese (Stoffwechselstörungen, genetische Defekte, idiopa-thisch). Oftmals befinden sich die schwer geschädigtenKinder in entsprechenden Pflegeeinrichtungen, weshalbder Arbeit mit dem Team große Bedeutung zukommt.Kinder mit nur leichten posttraumatischen Störungensind selbstverständlich zu Hause integriert, ihre psychi-schen Störungen nach dem Trauma, ob primär oder reak-

12.3 · Chronische hirnorganische Psychosyndrome375 12

tiv, werden mit denselben Verfahren behandelt. Die kog-nitive neuropsychologische Rehabilitation kann durchausauch ambulant erfolgen (Pothmann et al. 1995).

In den nächsten Abschnitten wird jedoch mehr auf dieschweren Defektzustände im Sinne einer resultierendengeistigen Behinderung eingegangen, da die neuropsycho-logischen Ausfälle Gegenstand der spezifischen Rehabili-tation sind und andere kinder- und jugendpsychiatrischeEntitäten nach SHT wie z. B. ADHD in den entsprechen-den Kapiteln dieses Buches nachzulesen sind.

Sonder- und Heilpädagogik

In erster Linie kommt es auf die Lebens- und Entwick-lungsbedürfnisse der jeweils betroffenen Kinder an,wobeidie Tendenz weg von einer defizit- und hin zu einer ent-wicklungsorientierten Sichtweise geht.Dabei stellen Schu-le, Wohnen, Freizeit und Beschäftigung die jeweiligen Le-bensfelder dar, die wiederum nicht ohne Einfluss auf dassituative und persistierende individuelle Verhalten sind.Inein Gesamtbetreuungskonzept sollten somit institutskri-

tische Reflexionen, auch in Bezug auf Beziehungsqualitä-ten einfließen.

Die Förderung basiert sowohl auf pädagogischen Kon-zepten, als auch auf Anteilen, die in der Förderpflege rea-lisiert werden. Die Erkenntnisse einer basalen Pädagogikauf die Bereiche der Förderpflege und der ästhetischenErziehung werden bei schwerst geistig Geschädigten an-gewendet (⊡ Tabelle 12.10).

Je nach Bedarf lassen sich die Ansätze der basalen Pä-dagogik um spielerisch kreative,sensomotorische und lo-gopädische Förderung erweitern bzw. ergänzen.

! Als ein Grundprinzip gilt, dass Maßnahmen umso ef-fektiver sind, je eher sie einsetzen. Damit beugt mandem Einschleifen inadäquater Verhaltensmuster vor,vermittelt positive Lernerfahrungen und gibt sowohlden Eltern als auch dem betroffenen Kind das Gefühleiner kompetenten Unterstützung.

Angepasst an Alter und Entwicklungsstand sollten also sofrüh wie möglich Fördermaßnahmen und Früherziehung

376 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

12

⊡ Tabelle 12.9. Psychopharmakotherapie bei chronischem hirnorganischen Psychosyndrom

Indikation Psychopharmakotherapie

Impulskontrollstörungen mit fremdaggressi- Akut: Zuclopenthixol (Ciatyl-Z Acuphase 50–100 mg i. m.) oder Fluphenazinvem Verhalten; erethische Unruhe (Dapotum acutum 10–20 mg i.m.)

Chronisch: Pipamperon (Dipiperon 3-mal täglich 1–6 mg/kg KG Saft)Risperidon (Risperdal bis 3-mal 2 mg/Tag)Depotneuroleptika, z. B. Zuclopenthixoldecanoat (50–100 mg i. m. alle 14 Tage)

Selbstverletzendes Verhalten (SSV) Zuclopenthixol (Ciatyl-Z 2–40 mg/Tag)Risperidon (Risperdal bis 3-mal 2 mg/Tag)

Jaktationen, repetitives stereotypes Verhalten Risperidon (Risperdal bis 3-mal 2 mg/Tag)Levomepromazin (Neurocil 30–50 mg/Tag)Zuclopenthixol (Ciatyl-Z 2–40 mg/Tag)

Gereiztheit, Affektlabilität, Impulskontrollstörungen Carbamazepin (z. B.Timonil bis 600 mg/Tag)Risperidon (Risperdal bis 3-mal 2 mg/Tag)Lamotrigin (Lamictal bis 150 mg/Tag)Lithium (Hypnorex retard 1–2 Tbl. /Tag)

Depressive Symptome Citalopram (Cipramil 20 mg/Tag)Sertralin (z. B. Zoloft bis 100 mg/Tag)

⊡ Tabelle 12.10. Basale Pädagogik

Form Ziel Methode

Basale Stimulation Der Sinnesempfindungen, Entfaltung der Wahrnehmungs Kreativtherapie, Ergotherapieder Motorik möglichkeiten, der sinnlichen

Erkenntnis

Basiskommunikation Intensive Zuwendung, Körperkontakt- Selbsterfahrung, Sozialerfahrung, Bewegungstherapie,nonverbale Kommunikation, Sprache emotionale Fundierung, Snoozeln

Beziehungsgestaltung

in enger Kooperation mit den Eltern nach entsprechenderAufklärung zum Zuge kommen. Lernziele, die den indivi-duellen Voraussetzungen des Geschädigten und den Sozi-alisationsbedingungen in seiner Familie bzw.seinem Um-feld nach dem Trauma Rechnung tragen, sollten sich aufalle Lernfelder, wie Häuslichkeit bzw. Familie, Institution,Schule, Fördereinrichtung, Freizeit bzw. Spiel erstrecken,um Handlungs- und Alltagsbezogenheit zu garantieren.Ineinem Gesamtbehandlungsplan muss auch die künftigeLebensgestaltung berücksichtigt werden. Eine Hierarchi-sierung der angestrebten Lernziele wird dabei unum-gänglich sein.

Zahlreiche Lernprogramme beziehen sich auf Selbst-hilfefertigkeiten, Essverhalten, Konzentration, einfacheund komplexe soziale Fähigkeiten,Sprache,Sexualität etc.Psychotherapeutische Bemühungen zielen dagegen aufdie Behandlung von psychopathologischen Symptomenund Verhaltensstörungen, von denen aggressives selbst-verletzendes sowie stereotypes und destruktives Verhaltendie höchsten Prävalenzraten aufweisen.

Verhaltenstherapie

In der Praxis sind die durchaus berechtigten,meistens the-oretisch begründeten Unterschiede zwischen sonderpä-dagogisch geprägtem Neulernen und verhaltenstherapeu-tisch ausgerichtetem Umlernen bzw. Verlernen (Verhal-tensmodifikation) von geringer Relevanz, da es einerseitsfließende Übergänge gibt, pädagogisches Handeln kannauch therapeutisch sein, wenn es um das Neulernen alter-nativer Verhaltensmuster bei Stereotypien und fremd-bzw. autoaggressiven Tendenzen geht, und andererseitssowohl pädagogische als auch therapeutische Arbeits-techniken auf lerntheoretischen Gesetzen des klassischenund operanten Konditionierens basieren.Für hirngeschä-digte Kinder ist es wichtig,dass sie basale Alltagsdinge wieToilettengang, Anziehen und Ausziehen, selbstständigesEssen oder selbstständiges Waschen behrrschen. Aggres-sives und selbstverletzendes Verhalten muss notfalls untermedikamentöser Stützung mit Dekonditionierung bis hinzu Aversionstherapien behandelt werden.

Kreativtherapien

Bei geistiger Behinderung, egal welcher Ursache, bestim-men oftmals pflegerische Maßnahmen weitestgehend diebetreuerischen Aktivitäten, was einer Aufbewahrung nä-her kommt als einer entwicklungsfördernden Atmosphä-re.Um den von Essenszeiten dominierten Alltag zu durch-brechen und ihn um ein Stück Lebensqualität zu er-weitern, eignen sich besonders kreativtherapeutischeAnsätze, da sie jeder individuellen Voraussetzung ange-passt werden können.

Kreativtherapie umfasst verschiedene Gebiete, in de-nen der einzigartige, individuelle kreative Prozess,der ge-kennzeichnet ist durch die Widerspiegelung und die Aus-einandersetzung mit der Realität therapeutisch, d. h. zur

Veränderung in Hinblick auf ein bestimmtes zu errei-chendes Ziel genutzt wird. Zu diesen Gebieten gehörenKunst, Drama/Theater, Spiel, Musik und Tanz. Es kommtdabei nicht immer und vor allem nicht vordergründig aufVerhaltensänderung, sondern auch auf Bewusstmachungund kognitive Umstrukturierung des Erlebten an. Kreati-vität darf nicht mit Kunst gleichgesetzt werden und nichtKunst als Ziel haben, auch wenn künstlerische und ästhe-tische Elemente einfließen.

Kunsttherapie

In der Kunsttherapie geht es um den Einsatz von bildneri-schem Material: Bleistift und Papier, Tinte, Farbe, Holz,Metall, Ton etc., d. h. Material mit dem man sich ausdrü-cken kann, indem man damit Formen gestaltet. Material-gebrauch und Formgebung stehen in unmittelbarem Zu-sammenhang mit dem Akteur, seinen Fähigkeiten undFertigkeiten, seiner Stimmung, seinen Konflikten etc.

Gegenüber anderen Therapien besitzt die Kunstthera-pie durch die geschaffenen Produkte den Vorteil einer ob-jektiveren Prozessbeurteilung, der wiederholbaren Iden-tifikation mit der eigenen Kreativität bzw. Leistung unddamit der vorzeigbaren Selbstbestätigung und Selbstauf-wertung. Nicht selten ist »Kunst« die Brücke in die außer-institutionelle Welt, ein integrierendes Medium, durchwelches Aufmerksamkeit und Verständnis erzielt werdenkann.

Tretter berichtete 1995, dass durch den Einsatz derKunsttherapie u.a.eine Reduktion der Medikamentendo-sis, prosoziales Verhalten im unmittelbaren Anschluss andie Kunstprojekte, eine Abnahme des mittleren Aggres-sionsniveaus, mehr Eigeninitiative und eine psychischeStabilisierung erzielt werden konnten. Alle diese Wirkef-fekte lassen sich auch uneingeschränkt als Ziele in der Be-treuung und Behandlung von Menschen mit geistiger Be-hinderung formulieren.

Dramatherapie

Drama hat seinen Ursprung im Griechischen und bedeu-tet frei übersetzt »handeln«. Eine Therapie, die auf »Han-deln« basiert, ist eine Therapie der Aktion,des aktiven Ge-staltens bzw. Ausdrückens. Im täglichen Leben drückenwir uns nicht nur mit Worten aus,sondern auch durch Mi-mik, Gestik, Körperhaltung, Bewegung bzw. Bewegungs-abläufe = Aktion. Die Dramatherapie nutzt jegliche Artvon Aktion und Aktivität im Interesse eines diagnosti-schen und therapeutischen Prozesses. Sie ist somit eineenorm alltagsnahe, flexible und kreative Methode und hateinen festen Platz im psychotherapeutischen und auch pä-dagogisch orientierten Behandlungs- und Förder- bzw.Trainingsrepertoire erobert. Auch wenn Dramatherapiebei Menschen mit geistiger Behinderung ein noch rand-ständiges Spezialgebiet ist,scheint diese Therapieform ge-rade für diese Klientel, welche Schwierigkeiten in der ver-balen Kommunikation hat und sich größtenteils über

12.3 · Chronische hirnorganische Psychosyndrome377 12

nicht sprachgebundene Mittel ausdrückt,prädestiniert zusein. Andererseits muss in der Dramatherapie geistig Ge-schädigter berücksichtigt werden, dass diese häufig in ih-rer Wahrnehmung eingeschränkt sind und herausfor-dernde Verhaltensmuster wie Stereotypien, Unruhe, im-pulsive und aggressive Durchbrüche bieten.

Musiktherapie

Musiktherapie ist eine lustbetonte psychotherapeutischeBehandlungsform, die sich am ehesten symptom- bzw.störungsspezifisch einsetzen lässt.

Nach Brückner (1992) können vier allgemeingültigeZiele formuliert werden.1. Aktivierung und Auslösung sozialkommunikativer

Prozesse durch nonverbale Handlungen. Die nonver-balen Handlungsabläufe werden durch das anschlie-ßende Gespräch bzw. Spiel zur Ermöglichung einerVerhaltenskorrektur bewusst gemacht.

2. Aufbau von Verhaltensweisen,die das Umgehenlernenmit psychovegetativen Fehlspannungen und psychi-schen Fehlverhaltensweisen beinhalten.

3. Aktivieren und Auslösen von Emotionen und derenBewusstmachung durch die Auseinandersetzung mitinneren und äußeren Konflikten.

4. Entwicklung von ästhetischer Erlebnisfähigkeit undAnbahnung von musischen Interessen, die eine har-monische Persönlichkeitsentfaltung fördern.

Diese allgemeinen Ziele sind natürlich nur bedingt auf dieBehandlung von Menschen mit geistiger Behinderung an-wendbar. Bei Menschen mit einer geistigen Behinderungsollte ein handlungsorientiertes Musiktherapiekonzeptbevorzugt werden. Signifikante Verhaltensänderungenspiegeln sich insbesondere in einer allgemeinen Abnahmeder Aggressivität, deren Verschiebung von der tätlichenauf die verbale Ebene, in verbesserten, d. h. alternativenLösungsvorschlägen, in der Spannungsregulierung, einergestiegenen Selbstreflexion und einem gewachsenenSelbstvertrauens wider.

Auswahl eines geeigneten Verfahrens

Zusammenfassend kommt es nicht darauf an, möglichstviele Verfahren bei einem Patienten einzusetzen, sondernnach dessen Fähigkeiten eine Auswahl zu treffen, die imVerlaufe der Therapie kritisch hinterfragt werden sollteund evtl. erweitert werden kann.Alle Verfahren sind nachlerntheoretischen Prinzipien aufgebaut,d.h.es erfolgt einhierarchisches Stufensystem vom geringen bis zum er-heblichen Schwierigkeitsgrad.

Jede Behandlungsintervention bedarf einer klaren In-dikationsstellung, einer umfassenden, in der Regel mehr-zeitigen Diagnostik unter Einbeziehung des Umfeldes undsollte störungsspezifisch unter Berücksichtigung ent-wicklungsdynamischer Aspekte auf Zielsymptome ausge-richtet sein. Bei einem mehrdimensionalen multiprofes-

sionalen Ansatz kommt es auch auf das kritische Hinter-fragen der Effektivität einzelner Behandlungsbausteine imSinne einer Therapieevaluierung an.

Fazit für die PraxisHirnorganische Psychosyndrome treten häufiger auf

als angenommen wird. Ihre Ursachen können offen-

sichtlicher Natur sein, aber auch eine intensive Diag-

nostik verlangen. Auch bei Fällen, die auf den ersten

Blick kaum therapierbar erscheinen, sollten wir nie die

Hoffnung verlieren. Immer wieder wird man über-

rascht von der Reorganisationsfähigkeit des kind-

lichen Gehirns.

Literatur

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382 Kapitel 12 · Organische Psychosyndrome

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