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44 Wohnung + Gesundheit 12/13 - Nr. 149 Holz Holzparkett oder -dielen sollten möglichst aus regional verfügbarem Vollholz bestehen und nicht verklebt, sondern geschraubt, genagelt oder schwimmend verlegt werden. Eine Oberflächenbehandlung ist nicht zwingend erforderlich, macht aber die Böden schöner und unempfind- licher. Empfehlenswert sind lösemit- telfreie oder zumindest -arme Hartöle und Wachse auf Naturharzbasis. Aber selbst dann sollte man einige Tage warten, bevor man sich in den Räu- men länger aufhält. Baubiologisch empfehlenswerte Kle- ber gibt es für Holzböden leider nicht. Falls eine Verklebung z.B. auf einem Estrich unvermeidbar ist, sollte man geeignete Institutionen oder Baubio- logische Beratungsstellen IBN nach Klebern fragen, die toxikologisch und ökologisch zumindest tolerier- bar sind. Mindestanforderungen sind Giscode D1 und/oder Emissionsklas- se E1 plus (sehr emissionsarm). Bei Verwendung mehrschichtver- leimter Holzböden können vor allem während der ersten Monate gesund- heitsschädliche Emissionen auftre- ten, besonders wenn als Trägerplatte Holzwerkstoffe wie z.B. Spanplatten oder MDF-Platten verwendet werden. Teppich Geeignet sind Teppiche aus unbe- handelten Naturfasern wie Schaf- wolle, Baumwolle, Sisal oder Ko- kos, jeweils ohne Schaumrücken. Schafwollteppiche sind nicht selten mit gesundheitsschädlichen Pestizi- den wie Pyrethroide behandelt. Vor allem hochflorige Teppiche bedürfen einer regelmäßigen Reinigung mit leistungsstarken und mit Hepafilter ausgestatteten Staubsaugern, um an- gesammelten Staub und Milben zu re- duzieren. Teppichböden sollten nicht geklebt, sondern verspannt werden. Fliesen, Cotto und Stein Diese Böden bieten zahlreiche Ge- staltungsmöglichkeiten und sind i.d.R. gesundheitlich unproblema- tisch. Verlegt werden sollten sie mit Platten- bzw. Fliesenklebern ohne toxikologisch fragwürdige Zusätze. Selten können Fliesen oder Steinbö- den erhöht radioaktiv sein. Im Zwei- fel sollten vom Anbieter aktuelle Zertifikate unabhängiger Institute angefordert oder Probestücke z.B. von Baubiologischen Beratungsstel- len IBN gemessen werden. Lehm- und Terrazzo Selten, weil in der Herstellung auf- wändig und damit meist teuer, aber durchaus attraktiv und baubiologisch empfehlenswert sind auch Lehm- oder kalkbasierte Terrazzoböden. Fazit Holzböden lassen sich nahezu über- all einsetzen. Harthölzer sind we- niger empfindlich, aber i.d.R. auch teurer. Der Trend bzgl. Holzböden in Bädern ist mit Vorsicht zu ge- nießen; der Pflegeaufwand ist hier hoch, zudem besteht die Gefahr von Schimmelbildung. Wer es da oder dort besonders fuß- warm und kuschelig mag und einen Teppich wünscht, sollte sich vor allem aus hygienischen Gründen für Einzelteppiche entscheiden, da sie im Gegensatz zu Teppichböden bes- ser gereinigt oder auch im Schnee ausgeklopft werden können. Beläge wie Fliesen oder Natur- steine eignen sich nicht für jeden Wohnraum, da sie hart und (ohne Fußbodenheizung) fußkalt sind und auch wenig zu einer ausgegli- chenen Raumluftfeuchte beitragen. Gut geeignet sind sie für Bereiche, die leicht verschmutzen und häufig gewischt werden müssen, also z.B. in Dielen oder Bädern, oder für be- sonders empfindliche Personen, wie Allergiker oder MCS-Kranke, die keinerlei Ausdünstungen vertra- gen, wie sie z.B. in Klebern, Ober- flächenbehandlungsmitteln, Kork- oder Linoleumböden, aber auch mehrschichtverleimten Holzböden enthalten sein können. Linoleum- und Korkböden sind fußwarm, elastisch, pflegeleicht und dennoch strapazierfähig. Den- noch sollte man bei der Auswahl genau hinschauen, um toxikolo- gisch problematische Inhaltsstoffe oder Geruchsbelästigung zu ver- meiden. Baustoffe und Bauteile im Detail Teil 4: Fußböden Fußböden sind in der Baubiologie ein besonders wichtiges Thema. Schließlich geht es hier nicht nur um deren großen Einfluss auf die Raumgestaltung, sondern auch um das Raumklima, die Raumakustik, den Gehkomfort (elastisch/hart), dieVermeidung toxischer Inhaltsstoffe (Kleber, Oberflächen...), Anforderungen an die Bauphysik (Luft- und Trittschall, Wärmeschutz, Diffusionsfähigkeit), den gesamten Fußbodenaufbau samt Statik, die Öko- bilanz und nicht zuletzt um die Kosten. Ein Fußboden kann unter 10 €/m 2 , aber auch über 200 €/m 2 kosten. Um den Rahmen dieser Artikelserie nicht zu sprengen, werden hier zwar baubiologisch empfehlenswerte Fußböden für Wohnbereiche vorgestellt, nicht aber komplette Fußbodenaufbauten. In Wohnung + Gesundheit Nr. 150 werden wir Fenster und Türen vorstellen Baustoffe und Bauphysik

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44 Wohnung + Gesundheit 12/13 - Nr. 149

Holz

Holzparkett oder -dielen sollten möglichst aus regional verfügbarem Vollholz bestehen und nicht verklebt, sondern geschraubt, genagelt oder schwimmend verlegt werden. Eine Oberflächenbehandlung ist nicht zwingend erforderlich, macht aber die Böden schöner und unempfind-licher. Empfehlenswert sind lösemit-telfreie oder zumindest -arme Hartöle und Wachse auf Naturharzbasis. Aber selbst dann sollte man einige Tage warten, bevor man sich in den Räu-men länger aufhält. Baubiologisch empfehlenswerte Kle-ber gibt es für Holzböden leider nicht. Falls eine Verklebung z.B. auf einem Estrich unvermeidbar ist, sollte man geeignete Institutionen oder Baubio-logische Beratungsstellen IBN nach Klebern fragen, die toxikologisch und ökologisch zumindest tolerier-bar sind. Mindestanforderungen sind Giscode D1 und/oder Emissionsklas-se E1 plus (sehr emissionsarm).Bei Verwendung mehrschichtver-leimter Holzböden können vor allem während der ersten Monate gesund-heitsschädliche Emissionen auftre-ten, besonders wenn als Trägerplatte Holzwerkstoffe wie z.B. Spanplatten oder MDF-Platten verwendet werden.

Teppich

Geeignet sind Teppiche aus unbe-handelten Naturfasern wie Schaf-wolle, Baumwolle, Sisal oder Ko-

kos, jeweils ohne Schaumrücken. Schafwollteppiche sind nicht selten mit gesundheitsschädlichen Pestizi-den wie Pyrethroide behandelt. Vor allem hochflorige Teppiche bedürfen einer regelmäßigen Reinigung mit leistungsstarken und mit Hepafilter ausgestatteten Staubsaugern, um an-gesammelten Staub und Milben zu re-duzieren. Teppichböden sollten nicht geklebt, sondern verspannt werden.

Fliesen, Cotto und Stein

Diese Böden bieten zahlreiche Ge-staltungsmöglichkeiten und sind i.d.R. gesundheitlich unproblema-tisch. Verlegt werden sollten sie mit Platten- bzw. Fliesenklebern ohne toxikologisch fragwürdige Zusätze. Selten können Fliesen oder Steinbö-den erhöht radioaktiv sein. Im Zwei-fel sollten vom Anbieter aktuelle Zertifikate unabhängiger Institute angefordert oder Probestücke z.B. von Baubiologischen Beratungsstel-len IBN gemessen werden.

Lehm- und Terrazzo

Selten, weil in der Herstellung auf-wändig und damit meist teuer, aber durchaus attraktiv und baubiologisch empfehlenswert sind auch Lehm-oder kalkbasierte Terrazzoböden.

Fazit

Holzböden lassen sich nahezu über-all einsetzen. Harthölzer sind we-

niger empfindlich, aber i.d.R. auch teurer. Der Trend bzgl. Holzböden in Bädern ist mit Vorsicht zu ge-nießen; der Pflegeaufwand ist hier hoch, zudem besteht die Gefahr von Schimmelbildung.Wer es da oder dort besonders fuß-warm und kuschelig mag und einen Teppich wünscht, sollte sich vor allem aus hygienischen Gründen für Einzelteppiche entscheiden, da sie im Gegensatz zu Teppichböden bes-ser gereinigt oder auch im Schnee ausgeklopft werden können.Beläge wie Fliesen oder Natur-steine eignen sich nicht für jeden Wohnraum, da sie hart und (ohne Fußbodenheizung) fußkalt sind und auch wenig zu einer ausgegli-chenen Raumluftfeuchte beitragen. Gut geeignet sind sie für Bereiche, die leicht verschmutzen und häufig gewischt werden müssen, also z.B. in Dielen oder Bädern, oder für be-sonders empfindliche Personen, wie Allergiker oder MCS-Kranke, die keinerlei Ausdünstungen vertra-gen, wie sie z.B. in Klebern, Ober-flächenbehandlungsmitteln, Kork- oder Linoleumböden, aber auch mehrschichtverleimten Holzböden enthalten sein können. Linoleum- und Korkböden sind fußwarm, elastisch, pflegeleicht und dennoch strapazierfähig. Den-noch sollte man bei der Auswahl genau hinschauen, um toxikolo-gisch problematische Inhaltsstoffe oder Geruchsbelästigung zu ver-meiden.

Baustoffe und Bauteile im DetailTeil 4: Fußböden

Fußböden sind in der Baubiologie ein besonders wichtiges Thema. Schließlich geht es hier nicht nur um deren großen Einfluss auf die Raumgestaltung, sondern auch um das Raumklima, die Raumakustik, den Gehkomfort (elastisch/hart), die Vermeidung toxischer Inhaltsstoffe (Kleber, Oberflächen...), Anforderungen an die Bauphysik (Luft- und Trittschall, Wärmeschutz, Diffusionsfähigkeit), den gesamten Fußbodenaufbau samt Statik, die Öko-bilanz und nicht zuletzt um die Kosten. Ein Fußboden kann unter 10 €/m2, aber auch über 200 €/m2 kosten. Um den Rahmen dieser Artikelserie nicht zu sprengen, werden hier zwar baubiologisch empfehlenswerte Fußböden für Wohnbereiche vorgestellt, nicht aber komplette Fußbodenaufbauten.

In Wohnung + Gesundheit Nr. 150 werden wir

Fenster und Türen vorstellen

Baustoffe und Bauphysik

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45Wohnung + Gesundheit 12/13 - Nr. 149

Sisalteppich 2

Fußböden für Wohnräume

Feuchte-ausgleich

Fußwärme Geh-komfort

ToxizitätGeruch

Trittschall Statische Aufladung

Lebens-dauer

Kosten(40 Jahre)

Vollholz (Hartholz) 1) 2 2 2 5) 1 - 2 2 1- 2 1 1 -2Vollholz (Weichholz) 2) 2 2 2 5) 1 - 2 2 1 - 2 1 - 2 1Linoleum 3) 2 2 1 5) 2 6) 1 1 - 2 2 2Naturfaserteppich 4) 1 1 1 1 - 2 1 2 2 - 3 3Fliesen 3 3 3 1 3 1 1- 2 1 - 3Naturstein 3 3 3 1 3 1 1 1 - 3Terrazzo 3 3 3 1 - 2 3 1 2 3Lehm 2 3 3 1 - 2 3 1 2 - 3 2 - 3Laminat 3 2 2 5) 2 - 3 2 2 - 3 2 - 3 2 - 3PVC 3 2 2 5) 3 2 2 - 3 2 - 3 2 - 3Polyolefin 3 2 2 5) 2 6) 2 2 - 3 2 - 3 2

1 = gut / 2 = befriedigend / 3 = schlecht1) und 2) nicht geklebt, Oberfläche geölt oder gewachst auf Naturharzbasis, lösemittelfrei oder -arm3) nicht kunststoffbeschichtet, gepflegt mit lösemittelfreien Pflegemitteln auf Naturharzbasis4) nicht geklebt, frei von chemischer Zusatzausrüstung, Pestiziden (z.B. Pyrethroide) etc.5) bei elastischem Unterbau 6) die ersten Monate öfter Geruchsprobleme

Solnhofener Natursteinplatten 4 Lehmboden gestampft 5

Laminatböden bestehen i.d.R. aus einer Holzfaserplatte (MDF oder HDF), bedrucktem Papier und Mel-amin-Klebstoff. Sie können Luft-schadstoffe enthalten, laden sich häufig statisch auf, sind mehr oder wenige feuchteempfindlich und ha-

ben deshalb oft nur eine kurze Le-bensdauer von ca. 10 Jahren. Bau-biologisch empfehlenswert sind sie deshalb nicht.In Japan ist es Tradition, vor dem Betreten von Räumen die Straßen-schuhe auszuziehen. Wer seine Bö-

den schonen und den Pflegeaufwand minimieren möchte, sollte das auch hier tun, nicht zuletzt auch aus hygie-nischen Gründen.

Arch. Winfried Schneider, IBN

Cottofliesen 3

Vollholzdielen, LärcheVollholzparkett Eiche

Baustoffe und Bauphysik

Terrazzo (kalkbasiert) 6

Schafwollteppich 1

Bilder: 1 Simssee Handweberei 2 allnatura 3 + 4 Wolfgang Linsenmaier 5 Achim Pilz 6 Rolf Canters