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LIZEI EIN ARTNER P P D Gewerkschaft der Polizei Bundesvorstand Psychische Belastungen am Arbeitsplatz Psychische Belastungen am Arbeitsplatz Arbeitsschutzsymposium IV Burn-out

Transcript of P LIZEI D P EIN ARTNER - gdp.defile/... · Betrachtet man sich die Divergenz zwi-schen den AU-Tagen...

LIZEIEIN ARTNER

PPD

G e w e r k s c h a f t d e r Po l i z e i

Bundesvorstand

Psychische Belastungenam ArbeitsplatzPsychische Belastungenam Arbeitsplatz

Arbeitsschutzsymposium IV

Burn-out

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05/2012/129

Editorial von Bernhard Witthaut ........................................................2

Programm zum Arbeitsschutzsymposium IV.........................................5

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz von Jörg Bruchmüller........................................................................7

Burn-out: Stand der wissenschaftlichen Diskussion von Dr. Dagmar Arndt....................................................................11

Burn-out und „Sinnhaftigkeit“ von Ahmed Al-hafedh ....................................................................19

Burn-out-Syndrom: Seelischer Kolbenfresser von Andreas Winter ......................................................................22

Heilung mal anders: EMDRvon Karen Jahn .............................................................................25

Immer mehr Beschäftigte im Burn-out – Macht Arbeit krank?von Annerose Scheuermann ...........................................................28

Die Talkrunde zum Burn-out.............................................................35

Gewerkschaft der PolizeiBundesvorstand

Pychische Belastungen am ArbeitsplatzPsychische Belastungen am Arbeitsplatz

www.VDPolizei.de

21./22.11.2012Dorint Hotel

Sanssouci Berlin/Potsdam

Arbeitsschutzsymposium IV

Burn-outBurn-out

Editorial

2

Die Technikerkrankenkasse (TK) bilan-zierte in ihrem 2012er Gesundheitsreportfür das vorangegangene Jahr 2011 genau3,86 Millionen Arbeitsunfähigkeitsfälle,die insgesamt zu 51 Millionen Fehltagengeführt haben.Auf die Zahl der Mitglieder, die in der TKversichert sind bezogen, befanden sich imBezugsjahr 3,51 % Mitglieder im Kran-kenstand. Im Jahr zuvor lag der Prozent-satz noch bei 3,36 %.Hinter dieser Zahl stehen 12,79 Tageerkrankungsbedingter Fehlzeit je Erwerbs-person. Altersbereinigt stiegen die Fehlzeitensogar um 0,53 Tage. Dieser halbe Tag ent-spricht einem realistischen Anstieg um4,3% im Vergleich zum Vorjahr.1

Ein Blick in den Gesundheitsförderungs-bericht 2010 der unmittelbaren Bundes-verwaltung (Stand 2011) zeigt ein völlig

anderes Bild – obwohl sich der Berichts-zeitraum auf einen Vergleich der Jahre2009 und 2010 bezieht und aufgrund teil-weise unterschiedlicher Definitionsmen-gen Vergleiche nur schwer möglich sind.Demnach wurden im Jahr 2010 insgesamt262.149 krankheitsbedingte Fehlzeitenvon Beschäftigten registriert. Der Durch-schnitt lag bei 18,06 Arbeitstagen jeBeschäftigtem. Dies entspricht 7,19 % der251 Arbeitstage. Die Personalausfallkosten werden indiesem Bericht auf ca. 664 Mio. Eurobeziffert.2

Wenngleich die sogenannten AU-Tagenur die „halbe Miete“ sind, sprich ledig-lich einen Zustand beschreiben, keines-falls aber Aufschluss über Ursachengeben, sind Zahlen dieser Art dennochwichtige statistische Indikatoren, diemeist nur eine Aufgabe haben, nämlich

auf Störungen in Entwicklungen hinzu-weisen. Betrachtet man sich die Divergenz zwi-schen den AU-Tagen und die Steigerungs-raten, die schon seit mehreren Jahrenerrechnet werden (müssen), so werden diestandardisierten Gesundheitsindikatorenihrer Aufgabe voll und ganz gerecht.Neben den fast schon traditionell zu nen-nenden Erkrankungen des Bewegungsap-parats sowie der Atemwege, rangieren diepsychischen Erkrankungen auf Platz dreider Rangliste, wenn man an dieser Stelledie Unfälle ausklammert.Die TK berichtet in ihrem Jahresberichtüber eine wiederholte Steigerung der Fehl-zeiten aufgrund der Diagnose einer psy-chischen Störung um deutliche 6,3 %gegenüber dem Vorjahr.3

In diesem Zusammenhang räumt die TKmit einem weit verbreiteten Vorurteil auf,nämlich dass psychische Erkrankungennur die Folgen von Arbeitslosigkeit wären.Offenbar liegen deutliche Anhaltspunktegegen diese Hypothese vor, die auch quan-titativ belegt werden können.Uneinheitlich ist auch das Auseinander-klaffen bei der Dauer von Arbeitsunfä-higkeit. Die folgende Tabelle mag dies verdeut-lichen:

Im Gesundheitsförderungsbericht 2010des Bundesinnenministeriums wird dar-auf hingewiesen, dass der Anstieg derFehlzeiten vor allem auf die Zunahme von

Dauer der AU-Tage pro Fall4

AU-Tage TK Verwaltung

1-3 6 % 16,2 %

4-28 37,5 % 47,9 %

> 28 56,5 % 34,1 %

1 Techniker Krankenkasse, Gesundheitsreport 2012, - Veröffentlichungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement der TK, Band 27, Seite 9, Hamburg, 2012; 2 Gesundheitsförderungsbericht 2010 der unmittelbaren Bundesverwaltung, Seite 6, Bundesministerium des Innern, Berlin, Oktober 2011;3 aaO, S. 12; 4 Die Daten der TK wurden aufgrund einer größeren Spreizung kumuliert; 5 aaO, S. 7

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: GdP

EditorialEditorialEditorial

Fehltagen durch Langzeiterkrankungen(über 30 Tage) zurückzuführen sei.5

Im direkten Vergleich zu den Daten derTK, selbst wenn sich diese wegen teilweiseüberlappender Grenzwerte nicht eindeu-tig vergleichen lassen, liegt allerdings derSchluss nahe, dass der Verwaltung nichtgerade bei den Langzeiterkrankungenüber 30 Tage, sondern eher bei denen dar-unter, insbesondere im Segment der Kurz-zeiterkrankungen ein Problem diagnosti-ziert werden muss.Betrachtet man sich nun die AU-Fälle je100 Versicherten nach ICD-10-Diagnose-kapiteln6 so ist festzustellen, dass psychi-schen Störungen und Verhaltensstörungenin der TK-Statistik auf Rang 8 (Männer)bzw. 6 (Frauen) zu finden sind. Bei denAU-Tagen, führen beide Geschlechter dasRanking gegenüber allen anderen aufge-führten ICD-Gruppen mit deutlichemAbstand an. Das beweist eindeutig, dassdie psychischen Erkrankungen ihren Vor-marsch weiterhin, man ist geneigt zusagen „fast ungehindert“, fortführen.Im Bericht des BMI vermisst man bedau-erlicherweise konkrete Zahlen und Aus-sagen zu krankheitsbedingten Fehlzeiten.Stattdessen sind umfangreiche Statistikenvorhanden, die das „Ranking“ der imBericht gewürdigten staatlichen Stellenvon allen Seiten beleuchten. Verbirgt sichdahinter womöglich die Hoffnung, dassdie eine oder andere Behörde nächstesJahr besser sein – sprich weniger AU-Tageverbuchen soll? Also eine Art verwal-tungsinterne Olympiade der AU-Tage-Reduktion?Aus den einzelnen Kapiteln ist dennochzu entnehmen, dass das Thema „psychi-sche Belastungen“ auch in der Verwaltungdes Bundes angekommen zu sein scheint– zumindest bei manchen Einrichtungenbzw. Behörden, die zu Recht erkannthaben, dass es gerade an dieser Frontbereits lichterloh brennt.Auch in der Erkenntnis, auf welcher Ebenedie Bekämpfung der mannigfaltigen psy-chischen Belastungen angesiedelt seinmuss, ist man offenbar schon ein großesStück weiter. So ist bereits eingangs des

Berichts zu lesen: „Führung und Gesund-heit stehen im unmittelbaren Zusammen-hang: Beschränkt sich das Führungsver-halten lediglich darauf, zwingende gesetz-liche Vorschriften des Arbeits- undGesundheitsschutzes umzusetzen undeinzuhalten, wird sich auch die Gesund-heitsförderung auf die klassischen Berei-che beschränken. Werden Führungskräfte hingegen als„Ressourcenmanager“ tätig, bekommensie soziale, organisatorische und perso-nelle Gestaltungsmöglichkeiten, die übergesetzliche Verpflichtungen hinausgehen.Und sehen sie sich als Vorbilder, dannerwachsen hieraus weitere Einflussmög-lichkeiten.“7

Die Polizei tut gut daran, sich dort zuorientieren, wo Arbeitsschutz bereits rei-bungslos funktioniert – nämlich in derGroßindustrie. Erstens weil dort der „Führungsgeist“des Arbeitsschutzes deutlich einfacher zumonetarisieren ist, als in reinen Dienst-leistungsbetrieben, wie es die Polizei nuneinmal ist. Das bedeutet im Klartext, daskrankheitsbedingte Fehlstunden, unab-hängig von deren Ursachen, negativ aufden betrieblichen Output wirken. Umdiesem Effekt entgegen zu wirken hatman erkannt, dass sich gerade Investitio-nen in den Arbeits- und Gesundheits-schutz nicht nur auszahlen, sondern posi-tive Wirkungen in mehrere Richtungenentfalten können.Zweitens, ist ein absatzorientiertes Unter-nehmen nun mal etwas ganz anderes alseines, das in der Mehrheit seines nahezuausschließlichen „Dienstleistungs-Out-puts“ gerade nicht mit beliebigen betriebs-wirtschaftlichen Instrumenten beurteiltwerden kann. Aufgrund der „Betriebsgröße“ sind Poli-zeidienststellen eher mit kleineren undmittleren Unternehmen der Wirtschaft zuvergleichen. Gerade dort ist nicht allesarbeitsschutztechnisches Gold, was daglänzt. Mit externer, kompetenter Hilfe gelingt esder Verwaltung vielleicht sogar, der all-mächtigen Wirtschaft gerade in diesem

Bereich zu zeigen, wie es funktionierenkann. Change Management heißt das Zau-berwort. Aber Vorsicht! Hinter diesemwohlklingenden Wort verstecken sichzahlreiche Fallen, in die manchmal sogarFachleute geraten, wenn sie darunter nurdas schnöde „Change“, also den unreflek-tierten Wechsel sehen. Solche Wechselenden nicht selten in einer Sackgasse, ausder letztendlich nur mit Schaden herausmanövriert werden kann.Die Gewerkschaft der Polizei begleiteternstgemeinte Projekte gerne und reichtdabei alle Hände, die verfügbar sind!Heute und morgen wollen wir uns miteinem Thema befassen, dass leider immerregelmäßiger dort auftritt, wo psychischeFaktoren von Belastungen zu Beanspru-chungen avancieren und diese irgend-wann einmal Krankheitswert erreichen.Nicht zuletzt auch aufgrund handgemach-ter Führungsschwächen derer, die geradein der heutigen „stressigen“ Zeit eigentlichStärke beweisen sollten. Das Thema unseres Symposium lautet:Burnout bzw. Erschöpfungs-Syndrom. Es handelt sich dabei um ein Phänomen,zwar noch ohne eigene Anerkennung imICD-10-Schlüssel, es stellt aber nichts destotrotz ein ganz großes Problem dar, nichtnur in der Privatwirtschaft, sondern gera-de in der Vielfalt der Verwaltung. Ganzbesonders facettenreich ist es auch in derPolizei vertreten. Was sich dahinter versteckt – und vorallem – wie es therapeutisch bewältigtwerden kann, wollen wir auf unserem 4.Arbeitsschutzsymposium im Rahmeneines sehr umfänglich angelegten Wissens-transfer zeigen. Ich wünsche uns allen gute Diskussionenund viele fruchtbare Erkenntnisse, die hel-fen, etwas mehr Licht in das Dunkel derSeelen betroffener Kolleginnen und Kol-legen zu bringen.

Editorial

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6 ICD-10 International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems = Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme. Derzeit ist die Revision 10 gültig; 7 aaO, S. 4

Bernhard WitthautBundesvorsitzender derGewerkschaft der Polizei

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Burn-outPsychische Belastungen am Arbeitsplatz

ProgrammIV. Arbeitsschutzsymposiumder Gewerkschaft der Polizei

Programm

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1. Tag, Mittwoch, 21. November 2012

14.00 Uhr Begrüßung Bernhard Witthaut, Bundesvorsitzender der GdP

14.15 Uhr Was kann bzw. muss unter „Burn-out“ verstanden werden? Dr. Dagmar Arndt, Dipl.-Gesundheitswirtin, Elbenau/Schönebeck

15.00 Uhr Pause / Umbau

ab 15.30 Uhr Workshops

WS 1: Therapie „klassische“ Psychotherapie Ahmed Al-hafedh, Psychologischer Psychotherapeut, Potsdam

WS 2: Therapie „alternative“ Psychotherapie Karen Jahn, Dipl.-Psychologin/Heilpraktikerin (Psychotherapie), Berlin

WS 3: Therapie „Psycho-Coaching“ Andreas Winter, Dipl.-Pädagoge, Iserlohn

Zeitmatrix für den Besuch aller drei Workshops am 21.11.2012

2. Tag, Donnerstag, 22. November 2012

09.00 Uhr Macht Arbeit krank? Risikofaktor Burn-out versus Schutzfaktoren im AlltagAnnerose Scheuermann, Dipl.-Sozialpädagogin, Berlin

10.30 Uhr Pause

11.00 Uhr Podiumsdiskussion „Beteiligte und Mitwirkende“ Problemerkennung, Umgang, Führung Moderation: Jörg Bruchmüller, Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand der GdP

gegen 12.30 Uhr Ende des Symposiums

Workshop 1 15.30 17.00 18.30 Raum 1Workshop 2 15.30 17.00 18.30 Raum 2Workshop 3 15.30 17.00 18.30 Raum 3

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Die Zeit heilt nicht alle Wunden, abersie lehrt uns mit dem Schmerz umzuge-hen.Dieser Spruch eines unbekannten Autorenfiel mir ins Auge, als ich für meinen Beitragzum diesjährigen Arbeitsschutzsympo-sium der GdP recherchierte. Er passt haargenau zu unserem Thema,dem wir unser bislang 4. Symposium zuThemen rund um den Arbeitsschutzgewidmet haben. Psychische Belastungenam Arbeitsplatz. Belastungen, die krankmachen. Wann wird eine negativ konno-tierte Belastung zur Beanspruchung undmit welchem „Qualitätssprung“ ist derÜbergang zur Krankheit geschafft?Vieles liegt nicht nur „noch“ sondern„überhaupt“ im Dunkel des menschlichenSeelenlebens verborgen. Was beim Einenunbemerkt vorbeirauscht, kann den Ande-ren krank machen. Dritte wiederum mer-ken sehr wohl, dass da etwas ist, das anihrer Seele zerrt und nagt. Sie finden aberMittel, damit fertig zu werden und in Frie-den weiter zu leben. „Coping“ nennen diePsychologen dieses Zauberwort derSelbstheilung.Nahezu alle Krankenkassen melden mehroder weniger deutlich steigende Zahlenbei Krankheiten, deren Ursachen psy-chisch bedingt sind. Aus der Jahresstatistik des Verbandes derBetriebskrankenkassen (BKK) ist zu ent-nehmen, dass in der Auswertung der AU-Tage bei Frauen Psychische Störungen undVerhaltensstörungen nach dem ICD-10-Komplex F00-F99 mit 2.279 Tagen diezweite Positionen nach den Muskel-Ske-lett-Erkrankungen mit 3.249 Tagen, vorden Krankheiten des Atmungssystems mit2.069 Tagen einnehmen. Dies entspricht61,2 % der AU-Fälle je 1.000 Versichertenbzw. 37,3 AU Tage im Durchschnitt proFall.1

Die AU-Statistik ist „nur“ eine Statistik –aber eine, die es in sich hat. Derzeit scheintes irgendwie modern zu sein, Statistikendann abzulehnen, wenn sie nicht geradeso ausfallen, wie es dem jeweiligen

Betrachter genehm ist. „Die Statistik, derich glaube, fälsche ich selbst.“ Ja sicher,diese oder ähnliche Aussagen gibt es schonseit geraumer Zeit. Ich stelle mir die Frage,warum die Menschheit einerseits einegewisse Statistikmüdigkeit zeigt, anderer-seits aber zugeben muss, dass die Weltohne die Erkenntnisse der Statistik schonziemlich armselig dreinschauen würde.Bleiben wir bei den Gesundheitsstatisti-ken. Zugegeben – manchmal ist schon diedeskriptive Statistik, also die, die nichtsanderes tut, als Fakten systematisch zusammeln und in übersichtlicher Weise dar-zustellen – der besseren Verständlichkeitwegen meist in aggregierter Form – nichtganz einfach zu verstehen. Von der Infe-renz-Statistik, in der es vor Fremdworten,seltsamen Zeichen und langen Summen-thermen gerade zu wimmelt, einmal ganzabgesehen. Wer weiß denn schon, was hin-ter Schätzverfahren steckt, oder worübergibt der Korrelationskoeffizient, zum Bei-spiel der nach Bravais/Pearson, besserAuskunft, als der von Tönnies?In einem Grund-Lehrbuch der Statistik fürStudenten der Sozialwissenschaften (dieheute manchmal bessere Statistiker alsSozialwissenschaftler sind), steht sinnge-mäß kurz und knapp zu lesen: „Wer ver-meiden will, einer Statistik auf den „Leim“zu gehen, sollte einfach versuchen diesenZweig der Mathematik zu beherrschen.“Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.Meist haben wir es bei den Gesundheits-statistiken ja auch nur mit Zahlenkolonnenzu tun, die lediglich aktuelle Entwicklun-gen denen aus vorangegangenen Jahrengegenüber stehen, also sogenannte Zei-treihen. Natürlich muss man bei der „bür-gerlichen“ Interpretation manchmal schonziemlich aufpassen, dass der Apfel nichtmit Birnen verglichen wird. Der Nachteil von Sammlungen sehr diffe-renzierter statistischer Auswertungen –wie sie gerne zu Hauf hinter dem Textteilvon Gesundheitsberichten hängen – kanndurchaus zur Qual werden, wenn derBetrachter eine ganz bestimmte Übersicht

sucht, die aber gerade nicht im Fundus desvorhandenen Angebots zu finden ist.Viele Statistiken führen auch nur dann zuhöheren Erkenntnissen, wenn sie mitanderen, auf gleichem Niveau befind-lichen, Tabellenwerken verglichen wer-den. So zum Beispiel die AU-Tage für einganz bestimmtes Krankheitsbild mit denAU-Fällen für einen bestimmten ICD-Schlüssel. Wenn darüber hinaus noch dieDaten der dazu gehörenden Gesamtsta-tistik mit denen der Geschlechter betrach-tet werden, ist der Informationsgewinnenorm hoch und die schnöden AU-Tageavancieren plötzlich zu einer sehr interes-santen Informationsquelle für denBetrachter. Ja, es führt leider kein Weg andieser letzten Feststellung zur Bedeutungder Statistik vorbei: Je besser der Leser imFach „Mathematik“ aufgepasst hat, destotiefer ist nicht nur sein Einblick in dieGesundheitsstatistiken, sondern ebenauch seine Informationen, die er aus allenStatistiken ziehen kann.

von Jörg Bruchmüller,Mitglied des Geschäftsführenden

Bundesvorstandes der GdP und zuständig für den Bereich

Arbeitsschutz

Psychische Belastungen am Arbeitsplatz

Burn-out

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1BKK Gesundheitsreport 2001, S. 180, BKK Bundesverband, Essen, 2011

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Burn-out

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Weiter oben fiel der Begriff „ICD“. Geradeim Zusammenhang mit Burn-out ist dieserBegriff für das weitere Verständnis derEinordnung in die Welt der Krankheitenund solche, die es vielleicht einmal werdenkönnten, erklärungsbedürftig.Unter ICD, genauer dem ICD-10, wird einSchlüssel zur internationalen statistischenKlassifikation der Krankheiten und ver-wandter Gesundheitsprobleme verstan-den (International Statistical Classificationof Diseases and Related Health Problems).Dieser Schlüssel, sprich Verzeichnis, istinternational gültig. Er wird von Zeit zuZeit überarbeitet. Derzeit ist die Revision10 gültig. Die Revision 11 befindet sich imVerhandlungsstadium.Nach ICD-10 nehmen die Psychischen Stö-rungen und Krankheiten die Schlüssel-plätze von F00 bis F99 (Psychische- undVerhaltensstörungen) ein.Diese Klasse untergliedert sich in folgendeGruppen:F00-F09 Organische, einschließlichsymptomatischer psychischer StörungenF10-F19 Psychische und Verhaltensstö-rungen durch psychotrope SubstanzenF20-F29 Schizophrenie, schizotype undwahnhafte StörungenF30-F39 Affektive StörungenF40-F48 Neurotische, Belastungs- undsomatoforme StörungenF50-F59 Verhaltensauffälligkeiten mitkörperlichen Störungen und FaktorenF60-F69 Persönlichkeits- und Verhaltens-störungen

F70-F79 IntelligenzstörungF80-F89 EntwicklungsstörungenF90-F98 Verhaltens- und emotionaleStörungen mit Beginn in der Kindheitund JugendF99-F99 Nicht näher bezeichnete psychische Störungen, wie zum BeispielDemenz.Obwohl auch diese Gruppen noch zweiweitere Gliederungsebenen kennen, wirdman selbst auf unterster Ebene vergeblichdas Burn-out-Syndrom suchen. Wenigerder Wortteil „Burn-out“, als der zweiteTeil des Wortes gibt Auskunft, warum dasso ist.Unter „Syndrom“ wird in Medizin undPsychologie ein Zustand verstanden, beidem mehrere Symptome für ein gewissesBild mit Krankheitswert in ätiologischer(ursächlicher) Sicht kausal sind oderwenigstens vermutet werden können,obwohl die Pathogenese, also die eigent-liche Entstehungsgeschichte unbekanntoder weitgehend unbekannt ist.Da man sich aber beim ICD-Diagnosesys-tem darauf verständigt hat, Krankheitenmöglichst genau zu bezeichnen, fällt derBurn-out durch diesen gestrengen Rostder wissenschaftlichen Klarheit und ver-bleibt damit im Stadium eines Syndroms.Daran wird sich voraussichtlich auch beiden derzeit im Gang befindlichen Bera-tungen zur Revision 11 nichts ändern.Aber keine Angst, aus ärztlicher undpsychologischer Sicht liegt bei einemBurn-out ein Krankheitszustand vor, der

ärztlicherseits behandlungsbedürftig bzw.seitens der Psychologen therapiebedürftigist, sofern er ein bestimmtes Stadiumerreicht hat. Das ICD-System kennt eine Reihe vonSchlüsseln, in die jedes Burn-out-Syndromeingeordnet werden kann – mehr oderweniger eindeutig. Aber an dieser Stelleliegt ja gerade das Problem mit diesemPhänomen. Burn-out kennt eine ganze Reihe von Kri-terien, die zwar hinreichend, im Konkre-ten jedoch nicht notwendig sind, ein Syn-drom auszulösen. Mit anderen Worten,bestimmte Kriterien sind geeignet, einesolche Erkrankung auszulösen. Sie tundies unter ansonsten gleichen Bedingun-gen (ceteris paribus) aber nicht immer undnicht bei jedem. Die „Chance“ erhöht sichmit zunehmender Zahl der Einflussgrö-ßen, die alleine schon für sich die Bedin-gung als Auslösekriterium erfüllen. Dieses Phänomen ist allgegenwärtig,wenn es in irgendeiner Weise um Seelen-zustände geht. Spätestens bei der Inter-pretation menschlicher Reaktionen endetmeist die Ratio des außenstehendenBetrachters, der möglicherweise erwartet,dass die belastete Person jetzt aber „sooder so“ reagieren müsse. Sie/Er ist dannaber ganz enttäuscht, wenn die erwarteteReaktion nicht nur ausbleibt, sonderngenau in die entgegengesetzte Richtungverläuft. Daher kommt der Erstdiagnose in solchenFällen eine ganz besondere Bedeutung zu,die wie in allen (vermeintlich) psychischbedingten Störungen, äußerst sorgfältigund aufwändig durchgeführt werdenmuss. Insbesondere dann, wenn es Stö-rungen zu diagnostizieren gilt, die höchst-wahrscheinlich multivariate Ursachenhaben.Nur auf einer gelungenen Diagnose ist esmöglich, eine Therapie aufzusetzen, dieErfolg – Heilung –, verspricht. Aber auchdarüber hinaus ist eine saubere Diagnoseauch nur die halbe Miete. Derzeit hält derMarkt zahlreiche Haupt- und fast unzäh-lige Nebenrichtungen an Therapieformenbereit. Gute, weniger gute und ungeeig-nete. Aber selbst dann, wenn nur dieguten, die bewährten, betrachtet werden,ist nicht jede „gute“ Therapie auch gut fürden Einzelnen, der mit seinem höchstper-sönlichen Syndrom Hilfe sucht. Auch inder Therapie muss die „Chemie“ stimmen,nicht nur zwischen Therapeut und Patient,

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sondern im Hinblick auf alle Faktoren, dieim Kontext „Therapie“ auf den Patienteneinwirken können. Erst dann, wenn alleAmpeln auf Kontext-grün stehen hat eineTherapie die Chance, positive Wirkung zuentfalten und den Patienten – im Optimal-fall – zu heilen.Wie bereits oben bei der Darstellung desICD-Systems ersichtlich, gibt es zahlreichepsychische Störungen und Erkrankungen.Unser Thema, also der klassische Fokusvon Arbeitgeber und Arbeit-nehmer(-vertretung), lautet:„Psychische Belastungen amArbeitsplatz“. An dieser Stelle – viele wer-den es schon erahnen – istdie Frage zu erörtern,woher denn dieStörung/Erkrankungkommt. Die Arbeitgeber-seite tut sich mit der Aner-kennung von psychischerBelastung, die eigens derUrsächlichkeit des Arbeits-platzes geschuldet ist, sehrschwer. Dort sind die Ver-treter des AG-Lagersimmer sehr bemüht, klarz-umachen, dass die Belas-tungen der Arbeitnehmerihre Ursachen ausschließ-lich im Privatleben hätten –und dafür seien Arbeitge-ber ja schließlich nicht in die Verantwor-tung zu nehmen.Es ist müßig, diesen Streit anzufachen. Ein-fach deshalb, weil er nicht zu gewinnenist. Denn in der wirklichen Welt zwischenArbeit und Freizeit gibt es eine ganze Men-ge verbindender Elemente, die nicht weg-zudenken sind. In der heutigen Zeit spricht man gerne vonWork-Life-Balance und will die Vereinbar-keit der Familie, sprich der außerbetrieb-lichen sozialen Dispositionen, mit derArbeit herbeiführen. Beides, meinesErachtens, zwei Seiten ein und derselbenMedaille.Menschen, die erwerbstätig sind, leben inzwei Welten, die ineinander verzahnt sind.Manche Zahnräder wirken dabei sehrdirekt und in der Übersetzung 1 : 1, anderewiederum sind mal positiv, mal negativübersetzt, weitere Verbindungen verfügenüber eine indirekte Übersetzung und ganzandere wiederum wirken in einer ArtBluetooth-Verbindung miteinander. Zahl-

reiche sind offensichtlich, die meisten aberarbeiten im Verborgenen. Vielleicht könnten die unterschiedlichenWirkintensitäten in Form einer Pyramidedargestellt werden, die aus einer größerenDistanz aus beobachtet wird. Die relativkleine Spitze ist sichtbar (grobe und direk-te Wirkmechanismen), während die breiteBasis der unzähligen kleinen Einflüsseschon nicht mehr sichtbar ist, weil sie hin-ter dem Horizont liegt.

Daraus folgt für alle weiteren Überlegun-gen der Schluss, dass es (aus repressiverSicht) im Prinzip völlig unerheblich ist,wo psychische Syndrome entstandensind. Wenn sie erkennbar sind, gilt es zuhandeln. Unbestritten ist, dass derjenige, der einpsychisches Problem mit sich herum trägt,dieses ebenso wenig daheim lassen kann,wenn er zur Arbeit fährt, wie es umgekehrtauch nicht möglich ist, sein Handicap vordem Nachhauseweg im Spind an derArbeitsstelle einzuschließen. Wichtig ist einzig und allein die Erkennt-nis, dass solche Phänomene immer mehroder weniger „aktiv“ sind, egal, wo irgend-wann einmal ihre Ursachen lagen. Darausfolgt wiederum, dass sie durch positiveoder negative Faktoren, überall, wo sichder Betroffene aufhält, sowohl verstärkt,als auch abgeschwächt werden können.Wir wissen, dass zahlreiche Anlässe geeig-net sind, Menschen in ein Burn-out-Syn-drom hinein zu treiben. Viele davon sind

ursächlich mit dem Arbeitsplatz verbun-den. Wenngleich die Auseinandersetzungmit der außerbetrieblichen Welt die gleicheWertigkeit besäße, wollen wir diese hieraber des „roten Fadens“ wegen ausblen-den und nur die Arbeitswelt näherbetrachten.Es sei nur so viel gesagt, dass die privateWelt unter den Aspekten Work-Life-Balan-ce und Vereinbarkeit von betrieblicher undaußerbetrieblicher Sphäre im Rahmen

anderer GdP-Veranstaltungen behandeltwerden.Innerbetrieblich, also unter der Annahme,dass diese Umgebung zumindest mitursächlich für eine psychische Störungsein kann, führen die weiteren Überlegun-gen zwingend zum so genannten Belas-tungs-/Beanspruchungs-Konzept nachRohmert/Rutenfranz.2 Dieses soll nach-folgend dargestellt werden:Wenngleich die Bezeichnungen in ihrerReihenfolge etwas unglücklich gewähltsind, ist es aber in der Tat so, dass amAnfang die Belastung steht. Diesen Begriffsollte man zunächst nicht im Sinne des oftzitierten Esels begreifen, auf den jeder allesobendrauf packt, bis er zusammenbricht(der Esel). Draufpacken ist eher im Sinne von Ein-flüssen zu verstehen, die auf einen Men-schen einströmen. Diese Interpretationimpliziert schon, dass der Begriff „Ein-fluss“ von einer Bewertung abstrahiert.Das bedeutet nichts anderes, als dass nicht

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2Walter Rohmert, Joseph Rutenfranz, in: Praktische Arbeitsphysiologie, 1983,Georg Thieme Verlag, Stuttgart, New York

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nur negative, sondern auch positive Fak-toren auf den Menschen Einfluss nehmen.Was am Schluss „hängen“ bleibt, könntebei rein mathematischer Betrachtung alseine Art arithmetisches Mittel betrachtetwerden. Allerdings mit der gewichtigenEinschränkung, dass die menschlichenEmpfindungen keinesfalls mit mathema-tischen Mitteln und Methoden messbargemacht werden können. Sicherlich korrelieren positive und nega-tive Einflüsse miteinander. Das ist unbe-stritten. Aber wie und in welchem Maßekann nur mittels Einsatz umfangreicherpsychologischer Instrumentarien erforschtwerden. Zumal die Einflussfaktoren u.U.sehr zahlreich sein können und in unter-schiedlicher Weise miteinander korrelie-ren. Und selbst wenn die genanntenInstrumente zum Einsatz kommen sollten,gibt es berechtigte Zweifel, ob das Ergeb-nis, das sie liefern, in jedem Fall korrektist. Aber auf diesen Paradigmenstreit derWissenschaft möchte ich an dieser Stellenicht eingehen.Halten wir also fest, dass unter Belastungalle Faktoren verstanden werden müssen,die auf den Menschen (auch) an seinerArbeitsstelle einwirken – gute und böse.Wir hatten weiter oben die Konventiongetroffen, den Lebensbereich außerhalbder Arbeit außer Betracht zu lassen. DerLeser bemerkt an dieser Stelle bereits, dassdies eigentlich nicht „zulässig“ sein kann,weil der Mensch im Hinblick auf Einflüsseeben auch denselben „Regeln“ außerhalbder Arbeitswelt unterliegt, wie es inner-halb derselben der Fall ist. Die Faktorenoder „Variablen“, wie sie der Psychologebezeichnet, korrelieren wild um sich, d.h.sie stören sich überhaupt nicht daran, wodas Lob oder der Tadel herrührt. War esder Ehepartner, der wieder mal „Stressgemacht“ hat, wegen des stehen gelasse-nen Mülleimers oder ging es gerade umeinen Anpfiff des Dienstgruppenführers,weil die Handschließen nun schon zumdritten Mal in diesem Monat verloren

gegangen sind.An diesem Beispiel kann auch erkanntwerden, dass der Berechtigungsgehaltseines Tadels prinzipiell völlig unerheblichist. Wichtig ist, wie der jeweilige Getadeltediesen Tadel empfindet, in seinem kogni-tiven System verarbeitet und für welche„Vorfälle“ er einen „Respons“, also einHervorkramen dieser Erkenntnis bei gege-benem Anlass vorsieht. Soviel zu denBelastungen.Nehmen die negativen Faktoren überdie, welche positiv empfunden werden,überhand, entsteht ein Ungleichgewicht,das sich nun aber wirklich als Last dar-stellt. Jetzt spricht man von einer Bean-spruchung. Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegenwerden, dass es auch einen positivenÜberhang gibt. Dieser schlägt sich aber inemotional-motivativer Formen nieder, bei-spielsweise durch Freude an der Arbeit,guter Laune, Senkung des persönlichenStresslevels u.ä.Wir befassen uns hier lediglich mit dernegativen Erscheinungsform der Belas-tung, die also zu einer Beanspruchungführt. Beansprucht wird also die Toleranzdes Menschen in vielerlei Hinsicht. Mitzunehmender Beanspruchung sinkt zumBeispiel die Lust an der Arbeit, der Stress-level, also die Bereitschaft, Ärger jeder Artzu kompensieren. Alles im Betrieb, an derArbeitsstelle wird zur Last. Die Kollegenerscheinen nicht mehr als die netten Mit-arbeiter auf dem Beifahrersitz oder amSchreibtisch nebenan. Die eigene Sicht-weise verengt sich mehr und mehr undkonzentriert sich auf das eigene „Schick-sal“. Man stumpft gegen seine Außenweltab, ist Aufmunterungen oder Zuspruchnicht mehr zugänglich und wird zum ein-samen Menschen. Die Depression stehtvor der Tür.In der nächsten Stufe beginnt die Beschä-digung der Seele. Die nun erreichte Ebenehat krankheitswert. Diese äußert sich ent-weder „nur“ in psychischen Formen, die

grundsätzlich sowohl dem psychotischen(eher selten), als auch dem neurotischenFormenkreis zuzuordnen sind. In derzuletzt genannten Richtung kann am Endedie schwere Depression stehen – mit allenFolgen, die depressiven Menschen gegen-übertreten. Mithin also auch der Suizid.Ebenso wie psychische Störungen sindsomatische Auffälligkeiten mit Krank-heitsqualität zu beobachten, häufig imvegetativen Bereich. Dieses Gebiet wirdals Psychosomatik bezeichnet, also eineMischung zwischen körperlichen undpsychischen Gebrechen, die in der Regelursächlich für die Erkrankung sind.Soweit zum Belastungs-/Beanspru-chungskonzept.Der Burn-out, der an anderen Stellen die-ser Sonderschrift sehr ausführlich erklärtist, ist eine solche Erkrankung, die amEnde einer Belastungs-/Beanspruchungs-kette mit negativen Faktoren stehen kann. Es sollte nun verständlich sein, dass diesesPhänomen nicht als eigenständige Krank-heit im ICD-System erscheinen kann. DieVielfältigkeit der auslösenden Faktoren,deren Zusammenwirken und die unter-schiedlichsten Reaktionen, lassen dies ein-fach nicht zu.Dennoch ist es möglich, ein Belastungs-Syndrom, bei dem es völlig unerheblichist, ob es Burn-out oder sonst wie genanntwird, zu diagnostizieren – und über eineHilfskonstruktion des ICD sogar mit einemeigenen Schlüssel (Z 73.0) im Bereich derZusatzdiagnosen zu versehen. Und wasviel wichtiger ist – zu therapieren.Das allerwichtigste ist aber, dass sichbetroffene Menschen viel Leid ersparenkönnen, wenn sie bereits bei den erstenAnzeichen in sich selbst hinein hören undversuchen, Wege aus der Sackgasse derpsychisch einseitigen Belastung zu finden.Wenn dies nicht gelingen sollte, ist schnell-stens professionelle Hilfe erforderlich.Solche Hilfe gibt es zu Hauf. Diese Erkenntnis wollen wir mit unserem4. Arbeitsschutzsymposium fördern.

Fachbeiträge der Referenten des IV. GdP-Arbeitsschutzsymposiums

Nachfolgend sind die Beiträge der Referentinnen und Referenten des IV. GdP-Arbeitsschutzsymposiums abgedruckt.Sie legen dabei ihre Sichtwese zum Burnout-Syndrom bzw. zu den Möglichkeiten der Vorbeugung und Nachsorge dar.

Die Reihenfolge der Beiträge entspricht dem Programmablauf des Symposiums.

Einleitung

Der Begriff Burn-out entstammt ursprüng-lich der Alltagssprache und beschreibtdort das Ausbrennen bzw. den Funktions-verlust technischer Gegenstände, wie zumBeispiel Lampen etc. Die Arbeiten desamerikanischen Psychoanalytikers Freu-denberger (1974) trugen in den 1970er Jah-ren wesentlich zur Einführung des Begrif-fes in die Psychologie bei. Der Autor gingu. a. der Frage nach, warum besondersengagierte Personen im Verlauf derBerufstätigkeit ausbrennen. In den Anfän-gen der Burn-out-Diskussion war Burn-out fast ausschließlich ein Problem der„hilflosen Helfer“ in Beratung und Thera-pie (Schmidtbauer, 1977).Wie schon einmal in den 1970er und1980er Jahren ist auch in jüngster ZeitBurn-out in aller Munde: Nachrichten-,Mode-, Frauen-, Männer-, Wochen- undTV-Magazine nutzen „Burn-out“ als Auf-macher; jetzt wird Burn-out imZusammenhang mit jeder Berufstätigkeit,aber auch in natürlichen sozialen Bezie-hungen (in Ehe und Partnerschaft, in derPflege von Angehörigen, in Freundschaf-ten) diskutiert.Aber auch das wissenschaftliche Interessehat in den letzten Jahren wieder zugenom-men. Zahlreiche Arbeiten sind zum Themaentstanden. Mehrheitlich wird Burn-outdabei als arbeitsbezogene Fehlbeanspru-chungsfolge beschrieben. Die Diskussionum das Phänomen blieb auch hier nichtmehr auf helfende Berufe beschränkt, son-dern wurde mittlerweile auf mehr als 60Berufsgruppen ausgedehnt (Burisch,2006). Darunter findet sich auch die Grup-pe der Einsatzkräfte in der polizeilichenGefahrenabwehr. Dies war für dieGewerkschaft der Polizei ein Anlass, Burn-out zum Leitthema des Arbeitsschutzsym-posiums 2012 zu machen.Einleitend soll an dieser Stelle ein kurzerÜberblick über den Stand der wissen-schaftlichen Definitionen, Daten und Dis-kussionen zum Burn-out-Phänomen gege-

ben werden. Dabei werden auch aktuelleKontroversen um die Burn-out-Merkmale,die Ursachen und den Krankheitsstatusvon Burn-out sowie um die Besonderheitvon Burn-out-Interventionen aufgegriffen.

Ist alles Burn-out?

Definitionen von Burn-outFragt man Psychotherapeuten und Ärzteauf der einen Seite, und Arbeitswissen-schaftler auf der anderen Seite, so trifftman zum Teil sehr unterschiedliche Ver-ständnisse von Burn-out an. Obwohl zahl-reiche Burn-out-Definitionen und Theo-rien zur Entstehung von Burn-out veröf-fentlicht wurden, existiert bis heute keineeinheitliche Definition. Darauf verweisenÜbersichtswerke, wie die von Burisch(2006, 2010) oder Rösing (2003). Einen möglichen Ansatzpunkt zurBeschreibung des Konstrukts bietet daherdie Operationalisierung in einschlägigenStudien. Hier zeigt sich, dass Burn-out in90% der Untersuchungen über die vonMaslach und Jackson (1984) beschriebenenMerkmale definiert wird (Burisch, 2006;Rösing, 2003). Dies liegt u.a. daran, dassdie Autorinnen für ihre Burn-out-Defini-tion einen Fragebogen entwickelten, wel-cher einfach und ökonomisch anzuwen-den ist (Maslach-Burnout-Inventory(MBI), Maslach & Jackson, 1986, Maslach,Jackson & Leiter, 1996, 16 Items).Burn-out wird von den Autorinnen als Kri-se von Menschen in ihrer Arbeit definiert,die in emotionaler Erschöpfung, Deperso-nalisierung bzw. Zynismus und reduzier-tem Wirksamkeitserleben mündet.(Emotionale) Erschöpfung umschreibt einGefühl des Ausgelaugtseins, der Energie-losigkeit, der emotionalen Überforderung,der Unfähigkeit, sich zu erholen und desVerlustes emotionaler Ressourcen (Mas-lach, 2001; Maslach & Jackson, 1984; Mas-lac et al., 1996). Depersonalisierung wird eine zynisch dis-tanzierte, negative Einstellung zur Arbeit

genannt. Zynismus bedeutet auch einereduzierte Anteilnahme am Arbeitsge-schehen und die Aufgabe von Idealen(Maslach, 2001; Maslach & Jackson, 1984;Maslach et al., 1996).Reduziertes Wirksamkeitserleben bzw.verminderte professionelle Effizienzumfasst die Abnahme des beruflichenKompetenzgefühls und die Bewertung,der beruflichen Situation nicht mehrgewachsen zu sein (Maslach, 2001; Mas-lach & Jackson, 1984).Für diese drei Merkmale wurden von ver-schiedenen Autoren Stadien- oder Stufen-modelle beschrieben, die jedoch nicht alsgeneralisierbar zu bezeichnen sind (Deut-sche Gesellschaft für Psychiatrie, Psycho-therapie und Nervenheilkunde (DGPPN),2012). Jüngere Studien stützen die Annah-me, dass der Burn-out-Prozess mitErschöpfung beginnt; zynische Distanzie-rung wird in der Folge eingesetzt, um„nicht mehr jede Anforderung an sich her-ankommen zu lassen“. Erst danach tretendie Zweifel auf, den beruflichen Stan-dards, die man einmal erworben hat, nichtmehr zu genügen (Beerlage, Arndt,Hering, Springer, 2009; Hering, 2009 Lee& Ashforth, 1993; Toppinen-Tanner, Kali-mo & Mutanen, 2002). Neben den von Maslach und Jackson(1984) formulierten Merkmalen werden inder Literatur zahlreiche weitere Burn-out-Kennzeichen aufgelistet. Dazu zählen zumBeispiel: depressive, traurige Stimmung,Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Parano-ia, Kopfschmerzen, Erkältungen, Konzen-trationsschwierigkeiten, Aggressivität,Ein- und Durchschlafschwierigkeiten oderGewichtsveränderungen. Die Aufzählungließe sich noch unendlich weiter führen.Burisch (2010) beschreibt in seiner Litera-turstudie aktuell weit über 160 möglicheBurn-out-Kennzeichen. Diese Merkmalsfülle erleichtert dieBeschreibung des Konstrukts nicht underschwert die Abgrenzung zwischenBurn-out und weiteren, auch krankheits-wertigen, Beeinträchtigungen wie zum

Dr. phil. Dagmar Arndt, Diplom-Gesundheitswirtin

Burn-out: Stand der wissenschaftlichen Diskussion

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Beispiel Neurasthenie, dem ChronischesErschöpfungssyndrom, depressiven Stö-rungen, Präsentismus und Absentismus(Burisch, 2006; Killmer, 1999; Rösing, 2003;Schaufeli & Enzmann, 1998; Steinke &Badura, 2011, online). Gusy (1995) undRösing (2003) verweisen darauf, dass lan-ge Auflistungen von Burn-out-Merkmaleneher nicht zur Identifizierung des Kon-strukts geeignet sind. Am besten empi-risch belegt sind vor allem die über dasMBI gemessenen Merkmale Erschöpfung,Zynismus und reduzierte professionelleEffizienz. Sie könnten einen Ansatzpunktbilden für die Entwicklung einer einheit-lichen Burn-outdefinition in der Zukunft.

Ist Burn-out eine ernsteErkrankung oder nur das Jammern der wenigBelastbaren?

Zur Krankheitswertigkeit des Burn-out-ErlebensEng im Zusammenhang mit der Diskus-sion um die Merkmale steht auch die Dis-kussion um den Krankheitsstatus vonBurn-out. So gibt es Hinweise darauf, dassBurn-out bei Ärzten und Therapeuten alsDiagnoseäquivalent verwendet wird, wasdurch die Verwendung der Begriffe „Burn-out-Symptome“ und „Burn-out-Therapie“verdeutlicht wird (Hillert, 2008; Korczak,Kister & Huber, 2010). Auch im Bericht desBerufsverbandes Deutscher Psychologin-nen und Psychologen (BDP) e. V. über dieaktuellen großen Volkskrankheiten istdem Thema Burn-out ein eigenes Kapitelgewidmet (BDP, 2012).Wenn Burn-out als Krankheit behandeltwerden sollte, müsste sie in Klassifika-tionssystemen aufgenommen sein. Tat-sächlich ist Burn-out jedoch im Diagnosticand Statistical Manual of Mental Disor-ders (DSM IV) nicht als Diagnosekatego-rie aufgeführt (Saß, Wittchen, Zaudig &Houben, 2003). In der International Sta-tistical Classification of Diseases and Rela-ted Health Problems (ICD 10) sind aberim Kapitel XXI, „Faktoren, die denGesundheitszustand beeinflussen oderzur Inanspruchnahme des Gesundheits-wesens führen“, ... „Probleme mit Bezugauf Schwierigkeiten bei der Lebensbewäl-tigung inklusive Ausgebranntsein“ (Z

73.0) aufgeführt (Dilling, Mombour &Schmidt, 2008). Burn-out wird hier alsolediglich als unspezifisches Zustandsbild(nicht als eigenständiges Krankheitssyn-drom), als Schwierigkeit in Bezug auf dieLebensführung ohne weitere diagnosti-sche Merkmale verstanden.Ob Burn-out eine neue Krankheit ist, wirdsehr kontrovers diskutiert: Drei Positionensind erkennbar: • Burn-out ist eine eigenständige be-

handlungsbedürftige psychischeKrankheit. Um eine Behandlung zu er-möglichen, bedarf es einer offiziellenDiagnose im ICD. Es bedarf dazu abereiner verbesserten Diagnostik (Korc-zak & Huber, 2012).

• Man benötigt den Burn-out-Begriffnicht. Bekannte Diagnosen reichenaus, wenn Burn-out krankheitswertigwerden sollte. Meist ist es eine Depres-sion. Burn-out ist dann nur eine „Tarn-diagnose“ für Depressionen. Folgtman der „Burn-outdiagnose“, obwohlder Mensch eigentlich depressiv ist,kommt es zu schweren Behandlungs-fehlern (Stiftung Deutsche Depres-sionshilfe, 2012, online).

• Burn-out ist ein eigenständiges psy-chisches Phänomen im Arbeitskon-text. Aber: Burn-out ist keine psychi-sche Krankheit. Burn-out ist ein Risi-ko für psychische und körperliche Er-krankungen. Wenn der Zustandkrankheitswertig wird, reichen be-kannte Diagnosen (Beerlage, et al.,2009; DGPPN, 2012; Hering, 2009;Maslach & Leiter, 2000; Schaufeli &Enzmann, 1998).

Gründe für diese Kontroversen liegen inden zahlreichen unspezifischen und indi-viduell verschiedenen Burn-out-Merkma-len, die eine hohe Affinität zu weiterenpsychischen Störungen aufweisen (Hil-lert, 2008). Auch das Haupt-Burn-out-merkmal Erschöpfung weist eine großeÄhnlichkeit zu allgemeinen Merkmalenvon Müdigkeit auf und zählt damit nebenSchmerzen zu den am meisten in derBevölkerung beklagten unspezifischenBeeinträchtigungen (von Känel, 2008).Aufbauend auf einer umfangreichen Lite-raturschau definieren Schaufeli und Enz-mann (1998) Burn-out deshalb als arbeits-bezogene, negative, mentale Verfassungvon ansonsten gesunden Personen. Dem-

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nach ist Burn-out keine krankheitswertigeStörung. Von Känel (2008) ist der Auffassung, dassder Begriff Burn-out dem Einzelnen wahr-scheinlich vorübergehend hilft, psychi-sche Beeinträchtigungen bei sich wahrzu-nehmen und ohne Stigmatisierung durchdie Diagnose einer psychischen Erkran-kung, insbesondere Depressionen, ggf.Hilfe aufzusuchen. In jüngster Zeit mehren sich aber die wis-senschaftlichen Hinweise darauf, dassBurn-out ein ernstzunehmender Risiko-faktor für die Ausbildung weiterergesundheitlicher Beeinträchtigungen undkrankheitswertiger Störungen sein kann,wie zum Beispiel Depressionen, Angst-störungen, Bluthochdruck (s. u. a. Arndt,2012; Beerlage, Arndt, Hering & Springer,2009; Bakker, Veldhoven & Xanthopoulou,2010; DGPPN, 2012; Demerouti, Bakker,Nachreiner &Schaufeli, 2001; Hering,2009; Llorens, Bakker, Salanova & Schau-feli, 2006; Maslach, 2000; Schaufeli & Bak-ker, 2004). Diese Auffassung vertritt auchdie DGPPN (2012) in ihrem Burn-out-Positionspapier.

„Nur wer brennt, kann auch ausbrennen“ oder„Der Krug geht so oft zumBrunnen, bis er bricht.“

Ursachen von Burn-outDer vorangegangene Absatz lässt bereitserkennen, dass auch die Ursachen vonBurn-out jeweils unterschiedlich lokali-siert werden. Verwirrend viele Erklä-rungsansätze zur Entstehung von Burn-out finden sich in der wissenschaftlichenLiteratur – und die nicht wissenschaftlicheergänzt noch weitere. Enzmann und Klei-ber unterschieden in ihrer frühen Über-blicksarbeit von 1989 zwischen persön-lichkeitszentrierten, sozialpsychologisch-soziologisch-sozialwissenschaftlichensowie arbeits- und organisationsbezoge-nen Konzepten. Aber auch noch 2003 kri-tisiert Rösing die Fülle an unverbundennebeneinander stehenden „Ad-hoc-The-orien“ (S. 108). In persönlichkeitszentrierten Ansätzenwird vor allem auf das Zusammenspielzwischen Merkmalen der Persönlichkeit(zum Beispiel Neurotizismus, Narziss-

mus, Altruismus, Überengagement bzw.Überanstrengung, Leistungs- undErfolgsorientierung, Überidentifikation,Selbstwirksamkeitserwartung, Hardinessetc.) und der Anpassung an die Berufsre-alität fokussiert. Dagegen wird in sozial-psychologischen, soziologisch-sozialwis-senschaftlichen Konzepten auch der Ein-fluss gesellschaftlicher Wandlungsprozes-se bzw. sozial-politischer Rahmenbedin-gungen (Verdrängung moralisch-religiö-ser Werte, Verlust an sozialem Engage-ment und moralischen Zielsetzungen) aufdie Entstehung von Burn-out besprochen(Cherniss, 1984; Edelwich & Brodsky,1984; Fischer, 1983; Freudenberger, 1974). Die rein individualistische Perspektivebzw. die rein sozial-gesellschaftliche Per-spektive werden in den letzten Jahrenjedoch eher vernachlässigt. Dagegendominieren arbeits- und organisationsbe-

zogene Ansätze, die das Auftreten vonBurn-out in den Zusammenhang mitungünstigen Rahmenbedingungen derArbeit bringen. In diesen neueren arbeits-und organisationspsychologischen Erklä-rungsansätzen wird Burn-out als Folgeerlebter Ungleichgewichte zwischenstressrelevanten Arbeitsanforderungenund verfügbaren organisationalen (zumBeispiel Kontrolle und Handlungsspiel-raum, soziale Unterstützung, Belohnungetc.) und personalen Ressourcen (zumBeispiel Kohärenzsinn, Verausgabungs-bereitschaft etc.) beschrieben (zum Bei-spiel Hobfoll und Shirom, 1993, Burnout-theorie der Ressourcenerhaltung; Mas-lach, 2000, Multidimensionales Burnout-modell; Bakker et al., 2010, Demerouti etal., 2001, Llorens et al., 2006, Schaufeli &Bakker, 2004, Job Demands-ResourcesModel von Burnout). Manchmal sind es

Dagmar Arndt1997: Abitur, Europa-Gymnasium Gommern1997 bis 2000: Ausbildung zur Gesundheits- undKrankenpflegerin (examiniert), Krankenpflegeschule St. Salvator Krankenhaus Halberstadt2000 bis 2002: Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpflegerin, Städtisches Klinikum MagdeburgNotaufnahme und Innere Intensivstation, MedigreifGmbH, Fachkrankenhaus Vogelsang, OrthopädischeKlinik2002 bis 2006: Studium Gesundheitsförderung/ -management, Hochschule Magdeburg- Stendal (FH)Abschlussarbeit: Arndt, D. (2006). Merkmale derArbeit im Bundespolizeidienst und ihre Auswirkungen

auf Wohlbefinden, Burn-out, Fehltage und Symptome der posttraumatischen Belastungs-störung unter Berücksichtigung personaler und sozialer Ressourcen sowie dysfunktionalerBewältigungsstrategien. Empirische Erhebung im Bundespolizeiamt Berlin. Unveröffent-lichte Diplomarbeit. Hochschule Magdeburg-Stendal (FH) 2005 bis 2006: Wissenschaftliche Angestellte, Hochschule Magdeburg-Stendal (FH), Forschungsprojekt „Netzwerk psychosoziale Notfallversorgung – Umsetzungsrahmen-pläne“ (BBK F2-440-00-172/04), (www.psychosoziale-notfallversorgung.de), Leitung:Prof. Dr. I. Beerlage2006 bis 2009: Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Hochschule Magdeburg-Stendal (FH),Forschungsprojekt „Organisationsprofile, Gesundheit und Engagement im Einsatzwesen“(BBK F2-440-00-279), (www.gesundheit-im-einsatzwesen.de , „Beerlage-Studie“), Leitung: Prof. Dr. I. Beerlage2009 bis 2010: Leiterin Koordinierungsstelle Gesundheitsmanagement, PolizeiärztlichesZentrum Magdeburg (befristete Vertretung für Elternzeit der Stelleninhaberin)2010 bis 2011: Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Theologische Hochschule Friedensau,Forschungsprojekt „Ursachen der Widersprüchlichkeit in der Inanspruchnahme von Rehabilitation bei Alkoholabhängigkeit“ 2008-2012: Promotion zum Dr. phil., FU Berlin, Thema: Arndt, D. (2012). Extremstressim Polizeidienst. Traumatische Erfahrungen und subjektiv wahrgenommene Traumafolgenunter Beachtung des Einflusses von Burn-out. Empirische Erhebung in der Landes- undBundespolizei. Dissertation. Freie Universität BerlinSeit 1/2012: Elternzeit

nur einzelne Elemente, in denen sich dieTheorien unterscheiden (Gusy, 1995).Zunehmend wird in jüngster Zeit aberdoch auch wieder auf gesellschaftlicheEinflüsse aufmerksam gemacht, wie denEinfluss von organisationalen Verände-rungen, von Neuanforderungen durchtechnischen Fortschritt, Einflüssen durchGlobalisierung aber auch durch die tech-nischen Möglichkeiten der ständigenErreichbarkeit (DGPPN, 2012).Insgesamt muss ein komplexes und nochnicht vollständig entschlüsseltesZusammenspiel von inneren, d.h. person-bezogenen, und äußeren, d.h. arbeitsbe-zogenen und gesellschaftlichen Faktoren,angenommen werden.

Erfassung von Burn-out

Für die Erfassung von Burn-out liegenunterschiedliche Instrumente, zumeistFragebögen zur Selbsteinschätzung, vor(zum Beispiel Burnout Measure von Pines& Aronson, 1988; Staff Burnout Scale forHealth Professionals, Jones, 1990; Shirom-Melamed Burnout Measure, Shirom, 2009,online; etc.). Sie unterscheiden sich in derzugrundeliegenden Burn-out-Definitionund erschweren dadurch die Vergleich-barkeit der berichteten Studienergebnisseund die Abgrenzung zu weiteren gesund-heitlichen Beeinträchtigungen, wie zumBeispiel Depressionen.Das weiter oben bereits beschriebene MBIzählt zu den bisher am häufigsten einge-

setzten Instrumenten zur Erfassung vonBurn-out (Rösing, 2003). Die theoretischangenommene Struktur konnte mehrheit-lich bestätigt werden, die Gütekriterienwaren in den meisten Untersuchungenzufriedenstellend (s. Demerouti & Nach-reiner, 1996; Enzmann, Schaufeli, Janssen& Rozemann, 1998). Es liegen mehrereVersionen des MBI vor, die sowohl in hel-fenden Berufen (Maslach Burnout Inven-tory – Human Services Survey (MBI –HSS), Maslach et al., 1996), in lehrendenBerufen (Maslach Burn-out Inventory –Educators Survey (MBI – ES), Maslach etal., 1996) als auch primär nicht helfendenBerufen (Maslach-Burnout-Inventory -General Survey (MBI - GS), Schaufeli, Lei-ter & Maslach, 1996) zur Erfassung vonBurn-out eingesetzt werden können.

„Die Burn-out-Gesellschaft“oder nur ein Problem Einzelner?

Die Häufigkeit des Auftretens von Burn-outUm Aussagen zur Häufigkeit des Auftre-tens von Burn-out zu treffen, können bei-spielhaft die Daten der „Studie zurGesundheit Erwachsener in Deutschland“des Robert Koch Institutes, einer bundes-weiten Längsschnittstudie in der polizei-lichen Gefahrenabwehr im Auftrag desBundesinnenministeriums (Beerlage etal., 2009) und einer Studie der Bundespsy-

chotherapeutenkammer (BPtK, 2012) her-angezogen werden.Laut Robert Koch Institut kommt Burn-out mit einer Häufigkeit von 4,2% in derAllgemeinbevölkerung vor (Kurth, 2012).Die häufigste Altersgruppe, in der Burn-out auftritt, liegt mit 40- bis 49 Jahren inder beruflichen Lebensmitte. In der Studiewurde Burn-out jedoch nur über eine ein-zige Frage erfasst. Dabei sollten die Stu-dienteilnehmer angeben, ob Burn-outjemals von einem Psychotherapeutenoder einem Arzt bei ihnen festgestelltwurde.Innerhalb der polizeilichen Gefahrenab-wehr fanden Beerlage et al. (2009) in einerbundesweiten Fragebogenerhebung unterEinsatz des MBI deutlich höhere Ratenhoch ausgebrannter Polizisten von rund10% in der Landespolizei und 23% in derBundespolizei (Ergebnisse des 2. Mess-zeitpunktes). Halbesleben und Buckley (2004) verwei-sen darauf, dass die meisten Burn-out-Studien bisher bei arbeitenden Personendurchgeführt wurden. Personen, die infol-ge eines Burn-outs weitere krankheitswer-tige Beeinträchtigungen ausgebildethaben, die zur Arbeitsunfähigkeit führten,nahmen bisher zumeist nicht an denUntersuchungen teil, weil sie nicht durchdie Befragung erreicht wurden. Mögli-cherweise ist der Anteil ausgebrannterArbeitnehmer unter Beachtung dieserPersonengruppe noch größer.Die Daten der Studie der Bundespsycho-therapeutenkammer (2012), die die

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Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dergroßen gesetzlichen Krankenkassen ana-lysierte, deuten ebenfalls in diese Rich-tung. So wurde die Z-Diagnose Burn-outseit 2011 kaum vorstellbare 700% häufigerals noch 2004 auf den Arbeitsunfähigkeits-bescheinigungen angegeben. Die betrieb-lichen Arbeitsunfähigkeitstage aufgrundeines Burn-outs nahmen im selben Zei-traum um 1.400% zu. Ob diese Steige-rungsrate mit einer tatsächlichen Zunah-me des Burn-out-Phänomens oder einergrößeren Bereitschaft zur Veröffentli-chung stressbedingter psychischer Beein-trächtigungen im Zusammenhang steht,bleibt zunächst offen. Im Bericht der BPtKwird auch darauf verwiesen, dass derAnstieg der Krankschreibungen aufgrundvon Burn-out auf einer relativ niedrigenBasis begann und derartige Steigerungs-raten somit schnell erreicht werden. Auchmachen die Arbeitsunfähigkeitstage auf-grund von Burn-out im Vergleich derGesamtheit der Ausfalltage aufgrund psy-chischer Erkrankungen nur einen gerin-gen Teil (4,5%) aus. Zudem wird Burn-outin der Mehrheit (85%) der Fälle als zusätz-liche Diagnose zusammen mit der Haupt-diagnose einer weiteren (psychischen)

Erkrankung angegeben. Nur in 15% dergesichteten Arbeitsunfähigkeitsbeschei-nigungen wurde allein die Z-DiagnoseBurn-out aufgeführt. Dabei lag es im„Ermessen“ des Arztes, Kriterien füreinen Burn-out bei den Betroffenen zudefinieren und zu erkennen, da im ICD10 keine Angaben dazu gemacht werden.Insgesamt sind die Daten aufgrund unein-heitlicher Burn-out-Verständnisse undverschiedener Erhebungsmethoden somitvorsichtig zu interpretieren. Aus dengenannten Gründen verweist die DGPPN(2012) darauf, dass für Deutschland bisherkeine verlässlichen Daten zu Burn-outvorliegen.

Therapie, Coaching, Lotsen,Kreuzfahrt, Urlaub: Burn-out-Interventionenoder Burn-out-Industrie?

Aus der Diskussion um den Krankheits-status von Burn-out ergeben sich auchFragen hinsichtlich möglicher Interven-tionen. Wäre Burn-out als krankheitswer-

tige Störung in den Klassifikationssyste-men verankert, wären über die Sozialver-sicherungssysteme abrechenbare Behand-lungen durchführbar. Wird Burn-out alskrankheits- bzw. störungsrelevanter Risi-kofaktor betrachtet, scheint dessen Mini-mierung eher eine Aufgabe der Primär-und Sekundär-Prävention zu sein. Unver-kennbar ist, dass ein Markt entstanden ist,auf dem mit dem Burn-out-Label alterWein in modischen Schläuchen ebensoverkauft wird, wie seriöse Hilfen unter-breitet werden. Dieser Markt ist ebenfallsfür den (betroffenen) Laien kaum zudurchschauen.Die bisher fehlende einheitliche Burn-out-Definition hat einen Einfluss auf diebeschriebenen Burn-out-„spezifischen“-Interventionen. So decken die beschrie-benen Maßnahmen „…nahezu dasgesamte Spektrum psychosozialer Inter-ventionen“ ab (Rösing, 2003, S. 116). Siesind selten als Burn-out-spezifisch, son-dern eher als allgemein stresspräventivzu bezeichnen. Sie setzten vor allem amIndividuum an, seltener an den Rahmen-bedingungen der Arbeit. Individuenbe-zogene Ansätze integrieren allgemeinestresspräventive Verfahren (Zeitmanage-

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ment, Training sozialer Kompetenzen,Meditation, Entspannungsverfahren etc.)sowie Empfehlungen zu einschlägigenTherapieverfahren (PsychodynamischeTherapie, Kognitive Verhaltenstherapie,Stressimpfung, Rational Emotive Therapieetc.) (Burisch, 2006; Rösing, 2003; Schaufeli& Buunk, 2003).Maslach et al. (2001) geben zu bedenken,dass individuenbezogene Ansätze weni-ger kostenintensiv durchzuführen sindund wahrscheinlich auch Erschöpfungs-zuständen entgegenwirken, jedoch nurwenig zur Überwindung der weiterenBurn-out-Komponenten beitragen. Vordem Hintergrund der Studienergebnissezum Zusammenhang von stressrelevantenArbeitsanforderungen sowie arbeitsbezo-genen Ressourcen und Burn-out solltejedoch auch an den Rahmenbedingungender Arbeit bzw. an der Struktur der Orga-nisation (Arbeitsplatz- und Ablaufgestal-tung etc.) angesetzt werden (Demerouti etal., 2001). Damit könnten auch bei derBehandlung von krankheitswertigenBurn-out-Folgen und einer gestuftenWiedereingliederung in den Arbeitspro-zess nachhaltige Erfolge erzielt werden(DGPPN, 2012).

Auch über die Ursachen von Burn-outherrscht kein Konsens. In der Mehrzahlder Veröffentlichungen sind stressrele-vante Rahmenbedingungen des Arbeits-lebens als Ursachen des Auftretens vonBurn-out belegt. Persönlichkeitsspezifi-sche Einflüsse können nicht ausgeschlos-sen werden, wenngleich ihr Einflussdeutlich geringer ist, als in den Anfängender Burn-outforschung angenommenwurde. Sie werden in einschlägigen Stu-dien, ebenso wie gesellschaftliche Ein-flüsse, seltener betrachtet.Die Diskussionen um die Merkmale,Ursachen und den Krankheitsstatus vonBurn-out erschweren zudem ein gestuftesAngebot von Burn-out-spezifischen Prä-ventionsmaßnahmen und Interventio-nen. Die bisherigen Empfehlungendecken das gesamte Spektrum psychoso-zialer Maßnahmen ab. Sie setzten insbe-sondere am Individuum an, weniger ander Veränderung stressrelevanter Rah-menbedingungen der Arbeit. Dadurchkönnte u. U. die Chance einer gelingen-den Wiedereingliederung in das Berufs-leben verpasst werden, wenn Burn-outim Einzelfall zur Ausbildung einer krank-heitswertigen Störung beigetragen hat.

Zusammenfassung

Obwohl Burn-out in der Alltagsspracheals auch in der wissenschaftlichen For-schung ein populäres und für den Ein-zelnen ein drängendes Phänomen ist,existiert bis heute keine einheitlicheDefinition für den Begriff. Dem Kon-strukt werden in der Literatur zahlrei-che affektive, kognitive, körperliche,motivationale und verhaltensbezogeneMerkmale zugeschrieben. Besondershäufig wird Burn-out jedoch über dievon Maslach und Jackson (1984)beschriebenen Merkmale Erschöpfung,Zynismus und nachlassendes Effizienz-erleben definiert und empirisch unter-sucht. Die Vielzahl an möglichen kenn-zeichnenden Parametern erleichtert dieAbgrenzung von verwandten Phäno-menen, auch mit Krankheitswert, ins-besondere Depressionen, nicht. Burn-out selbst ist bisher nicht in den Dia-gnoseklassifikationssystemen ICD 10und DSM IV als Psychische Störung mitKrankheitswert gelistet, wird jedochzunehmend als Risikofaktor für dieAusbildung krankheitswertiger Beein-trächtigungen diskutiert.

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Es ist nicht das erste Mal, dass eineKrankheit zur Mode wird. Schon amAnfang des Jahrhunderts war die Neuras-thenie „in aller Munde“. Inzwischen hatsie sogar einen Platz im ICD-10 (der inter-nationalen Krankheitsklassifikation)gefunden. Hauptmerkmale der Neuras-thenie waren und sind Erschöpfung undErmüdung bei psychosomatischer Beglei-terscheinungen, hinter denen Belastbar-keiten durch äußere Stimulierungen und„urbane Anstrengungen“ oder auch durchzu monotone Reize vermutet wurden.Deswegen war sie ursprünglich dieKrankheit der höheren und (gelangweil-ten) Gesellschaftsschichten. Der Psychoa-nalytiker Freudenberger (1974) war der-

jenige, der das Konzept des Burn-outs insLeben gerufen hat. Er beschrieb damit einPhänomen der Überforderung, Erschöp-fung, Dysphorie bis hin zu Resignationvon hingebungsvollen Menschen, die inklinischen Institutionen arbeiteten. Freu-denberger deutete damals schon, was heu-te immer deutlicher wird: Burn-out ist eineKrankheit, die es dem Betroffenen erlaubt,krank zu sein, ohne sich dafür zu schämen.Mit diesem Satz ist schon sehr viel, viel-leicht schon alles gesagt. Inzwischen hatsich unsere Gesellschaft in Richtung Glo-balisierung, Ökonomisierung, und Indus-trialisierung weiter gewandelt. In den letz-ten 30 Jahren explodierte die Informations-technologie in einer Art und Weise, dass

es heute schwer wird, nicht über allesinformiert zu sein oder sein zu wollen. Aufbetrieblicher Ebene entwickelte sich eineKommunikationskultur, die für Viele einetägliche Herausforderung bedeutet: wel-che E-Mails, welche Memos und sonstigenSchriftverkehr wann und wie ausführlichzu beantworten. Die eigentliche, inhaltli-che Arbeit hat da noch gar nicht begonnen.Man könnte auch mal eine ganze Wocheganz gut gebrauchen, nur um seinenSchriftverkehr zu erledigen. Und es hörtja nicht auf. Aber nicht nur vor diesemHintergrund lässt sich sagen, dass Burn-out heute längst andere Berufsbranchenerreicht hat. Um das Phänomen besser zu verstehen,braucht es eine Eingrenzung der wesent-lichen Merkmale. In vielen Definitionenwird zunächst deutlich, dass das Ausge-brannt-sein mehrere Stufen durchläuft.Das macht auch Sinn, man ist ja nicht vonheute auf gleich völlig erschöpft, es seidenn man erleidet das nicht so gängigeChronic Fatigue Syndrom. Außerdemhaben auch bspw. depressive Episodenunterschiedliche Ausprägungsgrade. ImGegensatz zu depressiven Erkrankungen,hat das Erschöpft-sein jedoch keine eigen-ständige Klassifizierung erhalten, es ist„lediglich“ als Zusatzbedingung im ICD-10 unter Z 73.0 zu finden. Zum Zweckder Vereinfachung lassen Sie uns festhal-ten, dass ein Burn-out ein Zustand des„Ich kann nicht mehr“ darstellt, bei demeine kontinuierliche (berufliche) Überbe-lastung zu einem Zustand absoluter psy-chischer und physischer Erschöpfunggeführt hat. An der Stelle darf man sich die Frage stel-len, wie konnte es zu einer kontinuier-lichen Überbelastung kommen? Die Ant-worten findet ein inzwischen großerMarkt an Beratern und Therapeutenvordergründig in einem besseren Umgangmit äußeren Reizen. Diese haben durchauseine positive Wirkung, doch häufig packen

Ahmed Al-hafedh, Psychologischer Psychotherapeut, Potsdam

Burn-out und „Sinnhaftigkeit“

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sie das Problem nicht an der Wurzel. Inpsychotherapeutischen Kreisen hat mandie benannten gesellschaftlichen Verände-rungen sehr wohl wahrgenommen, dochdenkt man bei Begriffen wie Erschöpfungund Überbelastung an ein bestimmtesSyndrom: die Depression. Ist ein Burn-outeine Depression? Das ist eine inzwischensehr wichtige Frage, die das Wesen desBurn-outs sowie es von Freundenbergerpostuliert wurde, berührt. Ein Burn-outist nämlich in vielerlei Hinsicht einedepressive Erschöpfung, die jedoch nahe-zu stigmatisierungsfrei kommuniziertwerden kann. Die Tabuisierung von psychischen Erkran-kungen hat bis heute noch Bestand. Ausdiesem Grund könnte man auch anneh-men, dass der Begriff des Burn-outs bisheute noch aktuell ist. Doch viel wichtigerist die Frage, ob eine spezifizierte Behand-lung von Burn-out von Nöten ist, um denPatienten gerecht zu werden? Hier lässt sich sagen, dass das vorhandenepsychotherapeutische Instrumentariumfür die Behandlung von Burn-out gegebenist. Erstens, weil Burn-out als spezifischeForm von Depression diagnostiziert undentsprechend behandelt werden kann. Dievereinfachte Definition zeigt zwischenKlammern an, dass es sich vordergründigum berufliche Überbelastungen geht.Depressive Erschöpfungen können nachICD-10 jeglicher Natur sein, also bspw.auch durch einen partnerschaftlichen Kon-flikt oder einen Verlust ausgelöst werden.Zweitens können alle Stufen eines Burn-outs je nach Ausprägung und Erhalt derFunktionalität, durch ambulante, teilsta-tionäre oder stationäre Maßnahmenbehandelt werden. Das ist übrigens bei

depressiven Störungen ähnlich, wo sichdie Frage nach der Indikation stellt, dasheißt, wie stark die depressive Sympto-matik erscheint, ob soziale Ressourcen vor-handen sind, inwieweit ein Patient nocharbeitsfähig oder Suizidgefährdet ist. Drit-tens geht man insbesondere in derBehandlung psychischer Erkrankungendavon aus, dass zwei entscheidende Fak-toren zusammen kommen müssen, damiteine psychische Dekompensation ausge-löst wird. Faktor 1 ist der gegenwärtigeAuslöser; Faktor 2 ist die Persönlichkeits-disposition des Betroffenen. In anderenWorten: Nicht jeder Auslöser, nicht jedersoziale oder berufliche Druck werdenjeden Menschen gleich beeinflussen. Ausdiesem Grund orientieren sich die Dia-gnostik und Behandlung insbesondere beipsychoanalytischen Verfahren, wie die bei-den anerkannten Richtlinienverfahrenanalytische und tiefenpsychologisch fun-dierte Psychotherapie, stärker nach derPersönlichkeitsstruktur des Patienten. Daslässt sich über die Verhaltenstherapie, demdritten anerkannten Richtlinienverfahren,mit Abstrichen auch sagen, doch widmetsich die Verhaltenstherapie mehr denbegünstigenden Bedingungen einerErkrankung, versucht diese zu verändernund legt daher mehr den Fokus auf äußereUmstände. So finden verhaltenstherapeu-tische Ansätze bei Coaching und Beraternweitaus mehr Anwendung als Technikenaus den psychoanalytischen Verfahren. Der aktuelle Auslöser ist bei tiefenpsycho-logischen Verfahren wichtig, aber nichtzwingend vordergründig. Selbst die ICD-10 Diagnose rückt in psychoanalytischenVerfahren zugunsten der Persönlichkeits-diagnose bzw. der Psychodynamik des

Patienten in den Hintergrund. Wenn mansich die Vielfalt an Erkrankungen ansieht,dann macht das auch erfahrungsgemäßSinn. Manche haben Flugangst, anderesoziale Ängste, wieder Andere neigendazu, sich zurück zu ziehen und pessimis-tisch zu sein. Auslöser einer Symptomatikist aber selten nur ein äußeres Phänomen.Die Kombination zwischen dem Auslö-ser und dem Ausgelösten führt zu einemSymptom. Warum beschäftigt man sichalso nicht mit dem sogenannten Ausge-lösten? In anderen Worten, warumbeschäftigt man sich nicht mit sich selbst?Das weit verbreitete Paradigma in derGesellschaft ist noch immer so, dass wirdazu neigen, speziell unsere gesundheit-lichen Probleme zu externalisieren. Dennwenn wir das tun, müssen wir keine großeVerantwortung mehr übernehmen – oderwie beim Burn-out uns dafür schämen,dass wir nicht mehr können. Man könnteauch sagen, dass wir uns dann nicht mehrmit unseren Gefühlen, Bedürfnissen, undSchwächen in einer Gesellschaft ausein-ander setzen müssten, die immer nochimpliziert, dass psychische Problemedurch gute Tipps am Stammtisch abge-handelt werden können. Psychoanalytische Verfahren setzen sichmit unbewussten Motiven und Bedürfnis-sen auseinander, die früh in der Kindheitentstehen und in der psychischen Strukturdes Einzelnen verpackt sind. Deswegenbekommt ein Symptom nur einen Sinn,wenn man die eigenen Bedürfnisse ver-standen und bewusst gemacht hat. Wenndas Unsinnige und das Unerwünschte aufeinmal Sinn macht, dann hat man denersten wichtigen Schritt in Richtung Ent-lastung oder sogar Heilung geschaffen.Die Aufgabe beim Burn-out ist aber gewissnicht einfach, weil auch existenzielleBedürfnisse und gesellschaftliche Wertenach Anerkennung durch Leistung einenegative Rolle spielen. Es braucht daherMut, um sich selbst zu erkunden und beiallem was man entdeckt, trotzdem zu sichzu stehen. Vor allem lauert die Angstdavor, die Anerkennung, Liebe, undZuwendung der Anderen zu verlieren.Daher wird häufig eher die Beziehung zusich selbst vernachlässigt und man renntbis zum Umfallen anderen Dingen hinter-her. „Sinnhaftigkeit“ bedeutet zu wissen,warum man etwas tut. Sie kommt in unse-rer schnelllebigen Gesellschaft eindeutigzu kurz.

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Ahmed Al-hafedhAhmed Al-hafedh (Jahrgang 1975) ist im Irak ge-boren, in der Schweiz und Österreich aufgewachsen.Sein Studium absolvierte er in Wien, später in Iowa(USA) und in Beirut, Libanon. In Amerika arbeitete erals Forschungsassistent bei Studien über die Wirkungvon Meditation auf das Gehirn. Im Zuge seinerDiplomarbeit arbeitete er an einer psychosozialen Studie über den Einfluss der amerikanischen Besatzungauf die Haltung der Iraker. Nach der Fachausbildungund Approbation als Psychologischer Psychotherapeutin Deutschland, gründete er eine Praxis für Psycho-therapie in Potsdam, und konzipierte ein präventiv-psychotherapeutisches Konzept für Betriebe und

Privatpersonen. Zugleich ist die fremdsprachige und kultursensitive Psychotherapie auchein Schwerpunkt.

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Es beginnt meist harmlos, unauffälligund schleichend. Die Erleichterung, dassendlich Feierabend ist, das Gefühl, mor-gens schlechter wach zu werden sinddeutliche Vorboten. Doch es steigert sich:Gereiztheit wechselt sich mit Niederge-schlagenheit ab. Antriebslos und überfor-dert bringt man den Tag hinter sich – nichtnur den Arbeitstag, nein, der ganze Tag,das ganze Leben ist plötzlich wie einhoher Berg, den man einfach nicht mehrbewältigen kann. Alkohol und Tablettenerscheinen wie Strohhalme, an die mansich klammern möchte, im Wissen dasseinen nichts mehr vom Untergang bewah-ren kann. Die Rede ist vom Burn-out-Syndrom.Zwar medizinisch nicht als Krankheitakzeptiert, greift die körperliche und psy-chische chronische Überforderung um sichwie ein Flächenbrand. Schätzungen gehendavon aus, dass in Deutschland zwischen10 und 25 Prozent aller Erwerbstätigenbereits Erfahrungen mit chronischer Aus-gebranntheit gemacht haben, jeder Neuntegilt als behandlungsbedürftig. Das Syndrom ist vielschichtig und facet-tenreich. Depression, Hektik, Wutanfälle,

langes vor sich hin starren, das Läuten desTelefons macht Angst, erzeugt sogar kör-perliche Schmerzen. Jede kleinste neueAnforderung ist wie der berühmte letzteTropfen im Fass, das er zum Überlaufenbringt. Glücklich, wer noch in der Lageist, weinen zu können – das entlastetwenigstens etwas. Doch es gibt eine Chance. Im Laufe mei-ner 25-jährigen Erfahrung mit psychi-schen und psychosomatischen Störungenbegegnete ich vielen Menschen mit Burn-out, die schon alles an Therapiemöglich-keiten hinter sich hatten. Doch es gibt eineübersehene Gemeinsamkeit, die alle ver-band: Eine tiefsitzende Angst vor Ableh-nung, erzeugt im frühen Kindesalter, diemit eiserner Disziplin überspielt wurde.Das Gefühl, nicht zu genügen, sich durchLeistung eine Existenzberechtigung erar-beiten zu müssen, das fehlende Selbst-wertgefühl ist offenbar der Grund, der auseinem Menschen eine „Pflichterfüllungs-maschine“ macht, die viel zu lang schonhochtourig läuft und einen seelischen Kol-benfresser entwickelt. Bloß nicht nachlas-sen, bloß nicht versagen, auf keinen FallSchwäche zeigen – das war es, was den

Motor zum Qualmen brachte. Herzpro-bleme und Suizidgedanken sind da fastnaheliegend.Moderne tiefenpsychologische Verfahrenleisten es jedoch, die Drehzahl wieder her-unterzufahren und seelisches Öl nachzu-füllen, ohne dass die berufliche Erfolgs-kurve nachlässt. Im Gegenteil: meist stelltsich heraus, dass Menschen, die mehrSouveränität und Gelassenheit entwi-ckeln, sehr viel mehr Anerkennungbekommen, viel mehr Rücksicht erfahrenund gerade weil sie sich nicht mehr aus-nutzen lassen die Karriereleiter erklet-tern – mühelos. Klar, wer bewundert dennschon ein pflichterfüllendes Nervenbün-del, das sich selbst ausbrennt, um seinenAnforderungen gerecht zu werden? Sieetwa? Doch um diese ernste gesundheitlicheBedrohung abzuwenden, bedarf es mehrals nur tröstendes Zuhören für eine Stun-de pro Woche. Die bisherige Psychothe-rapie steht wie der „Ochs vorm Berge“diesem Phänomen gegenüber und mitMedikamente kann man bestenfallsSymptomkosmetik betreiben, nicht aberUrsachen auflösen.

Andreas Winter, Diplompädagoge, Iserlohn

Seelischer Kolbenfresser!Burn-out-Syndrom:

Als Erstes bedarf es der Einsicht der Not-wendigkeit der Veränderung – „ohne Lei-densdruck kein Handlungsauftrag“ heißtes in unserer Branche. Als Nächstes istradikales Umdenken erforderlich – zumin-dest für die, die mit dem Begriff „Psyche“bislang „Dachschaden“ assoziiert haben.Daher rede ich lieber von „Software“, umzu verdeutlichen, das die Psyche unseregedankliche, wenn auch größtenteils nichtbewusste Kontrolle ist. Hierunter kannman sich schon eher vorstellen, dass unse-re Gedanken unseren Körper steuern –und nicht etwa der Körper sich selbst, wiein der Medizin noch immer geglaubt wird.Unser gesamter Stoffwechsel wirdbestimmt von elektromagnetischenImpulsen, die unser Gehirn permanentkontrolliert. Alles, was Sie denken, kanneinen Einfluss auf Ihren Körper haben,aber nicht alles, wie schon gesagt, ist unsimmer bewusst. Ist Ihnen bewusst, warumSie jetzt in diesem Augenblick genau dieseKörperhaltung haben und nicht eine ande-re? Nein! Es kann Ihnen ohne Reflektionnicht bewusst sein. Sie hätten auch eineandere Körperhaltung einnehmen kön-nen. Genau so ist auch nicht bewusst,warum Botenstoffe wie Serotonin undDopamin D, die so dringend für Antriebs-stärke und Leistungsfähigkeit gebrauchtwerden nicht mehr ausreichend im Gehirneines Ausbrennenden vorhanden sind.Aber man kann es bewusst machen unddamit wieder verändern. Angstmuster, erworben in der Kindheit,meist durch zu hohen Erwartungsdruck

der Eltern, lassen sich auflösen, schnell,gründlich und dauerhaft. Die wichtigsteEigenschaft, um das ewige Hamsterradzu verlassen ist das Bewusstsein fürSelbstverantwortung. Wer bereit ist, zuverstehen, dass er kein Opfer seinerUmstände ist, sondern mit seinem Syn-drom unterbewusst ein intelligentesSchutzmuster erschaffen hat, um sichselbst vor befürchtetem Schlimmeren (dieAblehnung aufgrund von Versagen) zuschützen, ist auf dem besten Weg zurGesundheit. Um dies zu erreichen, genügen in derRegel wenige mehrstündige Sitzungen, indenen größtenteils mit den erlebnisfähi-gen Gehirnregionen gearbeitet wird.

Mittels Erkenntnisse verändert sich dasEmpfinden über bisherige Stressauslöserschlagartig, so ähnlich, wie Sie künftig voreinem knurrenden Hund keine Angstmehr haben, wenn Sie genau wüssten,dass er eigentlich nicht beißen, sondernspielen will. Dieses „Gefahr-erkannt-Gefahr-gebannt“-Verfahren nennen wir„Coaching“. Ein Coaching verhilft zuErkenntnissen und somit zu dauerhaftenVerhaltensänderungen – ohne Disziplinund vor allem, ohne Medikamente. Denkst Du anders – lebst Du anders, sageich dazu. Buchtipp: Andreas Winter: Heilen durchErkenntnis. Die Intelligenz des Unterbe-wusstseins. Mankau-Verlag 2011

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Andreas WinterDiplom-Pädagoge Andreas Winter (geb. 1966) leitetals psychologischer Berater das Institut PowerscoutWellness Coaching in Iserlohn. Er sammelte die ersten Praxiserfahrungen mit Hypnose im Alter von21 Jahren. Seitdem konnten bereits tausende vonMenschen im In- und Ausland mit seinen Ansätzenerfolgreich die Lebensqualität verbessern. Mit Vorträgen und Büchern lässt er die breite Öffent-lichkeit von seinen wissenschaftlichen Erkenntnissenprofitieren. Seine Methode umfasst die Techniken der tiefenpsychologischen Analyse, Elemente derNeurolinguistischen Programmierung (NLP) und das

Arbeiten mit bildhaften Vorstellungen. Andreas Winter ist Mitglied der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte. Zuseinen bekanntesten Publikationen gehören die Bücher „Abnehmen ist leichter alsZunehmen“, „Nikotinsucht – der große Irrtum. Warum Nichtrauchen so einfach seinkann!“ und „Heilen ohne Medikamente. Wie chronische Krankheiten ganz einfach wieder verschwinden!“.

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„Ich bekomme es einfach nicht mehraus dem Kopf!“ Diese oder ähnliche Sätzehöre ich von meinen Klienten häufig. In meiner Arbeit als Psychologin, Heil-praktikerin für Psychotherapie und alsCoach lerne ich die unterschiedlichstenMenschen mit den verschiedensten The-men kennen und unterstütze sie, diese auf-zuarbeiten.

Alltagsbeispiele

Sie fühlen sich ausgelaugt, kommen nurschwer aus dem Bett, alles ist Ihnen zu vielund Sie wissen einfach nicht, was mitIhnen los ist? Die Arbeit wird immer mehr,Ihnen wird immer mehr auf den Schreib-tisch gelegt, die Zeit reicht einfach nicht

aus, um alles zu erledigen. Kollegen bittenzusätzlich um Hilfe, da sie wissen, dassSie selbstverständlich helfen werden undauch dieses Mal können Sie einfach nichtNein sagen. Sie haben das Gefühl, es allen

recht machen zu müssen. Doch irgend-wann brechen auch Sie zusammen. Dia-gnose: Burnout.In diesem Beispiel wird ein „altes“ Gefühlaktiviert. Zum Beispiel, dass Sie nur Aner-kennung erhalten, wenn Sie Leistungerbringen. Oder dass Sie Ablehnung erfah-ren, wenn Sie „Nein“ sagen. Jemand erzählt Ihnen, dass er sich sehrüber eine Person oder ein Ereignis geärgerthat. Der Gesichtsausdruck spricht dabeiBände, der Ton ist schärfer und die Wutist immer noch deutlich zu spüren. In diesem Beispiel hat sich die Wut an dasEreignis gehängt. Selbst im Nachhineinwird die Wut wieder aktiv und spürbar,auch wenn nur über das Erlebte gespro-chen wird oder sich die Person daranerinnert.

Ebenso kann es ein Erlebnis gewesen sein,dass Ihnen äußerst unangenehm oderpeinlich war. Wenn Sie später daran den-ken, würden Sie immer noch am liebstenim Boden versinken und merken, wie

Ihnen das Blut ins Gesicht schießt. Auchhier hat sich das Gefühl hartnäckig an dasErlebnis gehaftet.

Berufliches Beispiel –Widerstand, Schusswaffengebrauch

Bei einem polizeilichen Einsatz wird einBeamter aus einem Hinterhalt überraschtund es kommt zur Widerstandshandlungdes Gegenübers. Dabei wird der Polizei-beamte verletzt. Möglicherweise mussteder Polizeibeamte zur Notwehr sogar sei-ne Schusswaffe einsetzen. Nach einigerZeit ist seine physische Verletzung verheiltund er ist wieder im Dienst. In einem spä-teren Einsatz kommt es zu einer ähnlichenSituation. Der Beamte schreckt zusammen,ist plötzlich wie gelähmt und kann nichtwie gewohnt handeln. Dieses zögerlicheVerhalten kostet wertvolle Sekunden undkann die Gesundheit oder sogar das Lebengefährden.Auch im Privatleben merkt der betroffeneBeamte, dass er in einigen Situationenschreckhafter und ängstlicher reagiert.Bei dem Gedanken an das Erlebte ziehtsich sein Magen zusammen, er bekommtfeuchte Hände, sein Atem und sein Herzgehen schneller und ab und an schreckter sogar aus dem Schlaf hoch.

Stress, Burn-out und Entspannung

Egal ob Burn-out oder „einfach nur“überarbeitet, Entspannung ist in diesenPhasen noch wichtiger als sonst. Geradein der heutigen Zeit sind wir immer undüberall erreichbar. Die Aufgaben undErwartungen nehmen zu und für einenAusgleich scheinen wir keine Zeit zuhaben. Zur Erholung sitzen wir vor dem

Karen Jahn, Diplom-Psychologin und Heilpraktikerin für Psychotherapie, Coach, Berlin

Heilung mal anders:EMDR

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Fernseher, dem Computer oder habenunser Smartphone in der Hand. Dochgenau das ist „falsch“, da unser Gehirnnicht abschalten kann. Denn stattdessenwird es weiter mit Bildern und Informa-tionen überflutet, die verarbeitet werdenmüssen. Eine Erholung ist das nicht füruns und unser Gehirn.Dabei ist es nicht schwer, Entspannungzu finden. Kleine praktische Übungenlassen sich in den Alltag integrieren undkönnen hervorragend angewendet wer-den, wenn Sie in eine besonders stressigeSituation kommen, bzw. anschließend,um wieder Ruhe zu finden. Ich gebe mei-nen Klienten immer Übungen mit auf denWeg, die sie jederzeit alleine anwendenkönnen. Diese Übungen sind wie ein klei-ner Werkzeugkasten, der nach Bedarfgenutzt werden kann. Diese „Ersthelfer“stabilisieren das gemeinsam erarbeiteteErgebnis und steuern akuten Stresssitu-ationen sofort entgegen.

Meine Arbeit

In meiner Arbeit verknüpfe ich verschie-dene Therapieansätze und auch Coaching-elemente miteinander, ganz individuellauf jeden Klienten einzeln abgestimmt. Ichunterstütze sie darin, emotional belasten-

de Erinnerungen zu überwinden, „alte“Gefühle zu lösen und somit hinter sich zulassen. Ziel meiner Arbeit ist es auch,Lösungen für ihre Probleme zu finden,ihre innere Balance wieder zu erlangen,vorhandene Ressourcen zu aktivieren undneue Stärken zu entdecken. Das Aufspü-ren von blockierenden Glaubenssätzenund Verhaltensweisen ist dabei ein wich-tiger Bestandteil.

Hypnose

Hypnose ist ein Zustand tiefer körper-licher und geistiger Entspannung. EinTrancezustand zwischen wach sein undschlafen, in dem Ihr Unterbewusstseingeöffnet und zugänglich für Suggestionenist.Mit dieser Methode lassen sich die unter-schiedlichsten Themen bearbeiten – Bur-nout und Entspannung genauso wie dasThema Rauchen und Gewicht.

Entspannen mit Hypnose

Einige Klienten bevorzugen es, erst einmaleine Entspannungs- oder Traumreise ineiner Hypnosesitzung zu erleben, um dasGefühl „Entspannung“ mal wieder zu

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Karen Jahn (geb. Assheuer)Geburtsdatum, -ort: 01.04.1974, BerlinFamilienstandt: verheiratet, 1 KindBeruflicher WerdegangSeit 2006 Selbständig – Psychologin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Life- und Business-Coaching2003 – 2006 Studentische Mitarbeiterin, Otisline-Center, OTIS GmbH & Co. OHG, Berlin 1998 – 2002 Studentische Mitarbeiterin, Vertrieb –Innendienst, Kundenservice, Herlitz PBS AG, Berlin1996 – 1998 Kaufmännische Angestellte, Vertrieb –Innendienst, Kundenservice, Herlitz AG, Berlin

Studium & Ausbildung2011 Hypnoseausbildung, TherMedius Institut04.2009 Ausbildung zum wingwave®-Coach07.2007 Heilpraktikerin für Psychotherapie10.2006 – 06.2007 Ausbildung zum Coach für Zukunftskompetenz; Abschluss: dvct-ZertifizierungSystemische Beratung, systemische Aufstellarbeit, NLP, lösungsfokussiertes Arbeiten, Transaktionsanalyse, Zukunftsforschung und -methodik 10.1998 - 09.2006 Studium der Psychologie, Technische Universität BerlinAbschluss: Diplom02.1994 - 06.1996 Ausbildung zur Industriekauffrau, Herlitz AG, Berlin1993 Abitur, Katholische Schule Salvator, Berlin

spüren. Hinterher können sie diesesGefühl alleine wach rufen und zur Ent-spannung nutzen.

International anerkannteMethode - EMDR

Ich setze unter anderem eine spezielle,international anerkannte Methodenamens EMDR (Eye Movement Desensi-tisation and Reprocessing) ein, bzw. diedarauf basierende Coaching-Methodewingwave®. Diese Methoden ermög-lichen es, belastende Erinnerungen undTraumatisierungen zu bearbeiten, dieEmotionen herauszulösen und somit dasErlebte in der Erinnerung zu verändern.Nach erfolgter Anwendung können Siesich weiterhin an die Situation erinnern,auch daran, dass sie äußerst unangenehmwar. Der große Unterschied liegt anschlie-ßend jedoch darin, dass Sie die Situationneutral erinnern können. Das heißt, dassdie vorher damit verknüpften Gefühle Sienicht mehr emotional belasten und dieGefühle beim Erinnern nicht wiederhochkommen. Im Alltag merken Sie dieVeränderung ebenfalls daran, dass Sienicht mehr so häufig an das Erlebte den-ken, was Sie vorher so sehr beschäftigthat. Ein Zeichen, dass das Erlebte verar-beitet wurde.EMDR kommt ursprünglich aus der Trau-matherapie zur Behandlung von Posttrau-matischen Belastungsstörungen, welchedie Bundeswehr beispielsweise erfolg-reich einsetzt. Doch diese Methode istnicht nur bei Traumatisierungen anwend-bar, sondern auch bei anderen Erlebnis-sen, in denen es um festsitzende und blo-ckierende Gefühle geht. Wingwave®-Coaching, eine Weiterent-wicklung von EMDR, findet auch Anwen-dung in der Wirtschaft (z. B. bei VW) undim Leistungssport (z. B. bei der DeutschenHandballnationalmannschaft). Gerade bei Themen wie Lampenfieber,Angst vor Reden, Vorträgen oder Prüfun-gen, aber auch Flug-, Höhen- und Zahn-arztangst finden Sie mit dieser Methodeeinen schnellen Helfer. Durch das Auflö-sen von emotionalen Blockaden könnenSie Ihr Selbstvertrauen, Selbstwert undSelbstbewusstsein stärken.

www.assheuer-coaching.de

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Aktuelle Statistiken beklagen eineerschreckende Zunahme von psychischenErkrankungen. Hinter einer Vielzahl die-ser Krankenstände und Frühpensionie-rungen verbergen sich auch solche, dieunter das Burn-out-Syndrom fallen.Es drängt sich also die Frage auf, was sindUrsachen und Hintergründe dafür, dassimmer mehr Menschen ausbrennen, sichüber Gebühr verausgaben und sich nichtmehr in einem gesunden Maß regenerie-ren können? Welche Zusammenhänge gibtes da und wieso steigen die Zahlen in denletzten Jahren so dramatisch an? Wie istdiese Tendenz zu stoppen? Und welchenBeitrag können da Verantwortliche inBetrieben und Behörden, im Arbeitsschutzund Betroffene selbst leisten?

Burn-out im Kontext

Gerade da psychische Erkrankungen einso gewaltiges Ausmaß anzunehmen dro-hen, muss das „Phänomen“ Burn-out auchin seinen kontextuellen Dimensionenbetrachtet werden, um Antworten auf die-se Fragen zu finden. Ich bin davon über-zeugt, dass die besten Kurse zur Stressbe-wältigung ect. nicht viel nutzen werden,wenn die Bedrohung Burn-out nicht auchin ihrem systemischen Kontexten gesehenwird. Das möchte ich hier kurz verdeut-lichen.Es sind nicht allein die Arbeitsbedingun-gen, die sich verändert haben. Wir lebenin einer Zeit des rasanten Wandels, Glo-balisierung ist in aller Munde und die Ver-änderung des Lebens ziehen einen bedeu-tenden Werteverlust nach sich. Es wird fürden Einzelnen immer schwerer sich ineinem überschaubaren Gefüge zu veror-ten. Gleichzeitig lösen ökonomische, öko-logische und politische Fehlentwicklun-gen und Krisen erhebliche Verunsicherun-gen und Zukunftsängste aus. Die Medien

berichten fortwährend über krisenhafteEntwicklungen und Katastrophen welt-weit und überschütten die Bevölkerungauf diesem Weg zusätzlich mit problem-belasteten Informationen, für die es keineLösung zu geben scheint. Arbeitsleistun-gen werden in einem nie zuvor gekanntem

Ausmaß unter dem Aspekt des Marktes,des Erfolges und des Gewinns betrachtetund gehen mit einer enormen Arbeitsver-dichtung einher. Auch in den Nonprofit-Bereichen und damit auch den Behördenhaben leistungsorientierte Management-methoden längst Einzug gehalten. Immermehr Arbeit muss von immer wenigerMenschen erledigt werden. Und gleich-zeitig wächst das Heer derjenigen, die aus

den normalen Arbeitsprozessen rausfallenund ausgesteuert werden. Die Wachs-tumsdoktrie: „alles ist möglich“ gibt aufder einen Seite gern gesehene Freiheitenund Möglichkeiten, hat aber auch einenenormen Preis, impliziert sie doch auch,dass diejenigen, die „nicht alles möglich“

machen können,versagen und letz-tendlich selbstSchuld an ihrerMisere sind. Wie schätzen sie die-sen Prozess anihrem Arbeitsplatzein? Wenn beispiels-weise eine Aufgabenicht, oder nurunzureichend erle-digt werden konnte,wird da gefragt,welche Instrumenteihnen fehlten um dieAufgabe lösen zukönnen, wirdgemeinsam nachLösungen gesuchtwie die Aufgabe zumeistern wäre, oderwird verurteilt undSchuldzuschreibun-gen gemacht?Der gesellschaftlicheWandel hat einensehr großen Anteilan der rasanten

Zunahme psychischer Erkrankungen. AlteRezepte, Arbeitsweisen und Lösungsver-suche greifen zu kurz. Für neue Lebens-bedingungen müssen auch neue Strate-gien entwickelt werden. Veränderungengibt es immer und gab es in jeder Epoche.Zu allen Zeiten mussten sich Menschenan den Wandel anpassen, die Anpassungs-anforderung unserer Zeit überfordertjedoch schnell durch ihr Tempo. In vielen

Annerose Scheuermann, Diplom-SozialPädagogin, Berlin

Macht Arbeit krank?Immer mehr Beschäftigte im Burn-out –

Risikofaktor Burn-out versus Schutzfaktoren im AlltagFo

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Arbeitsbereichen wird es zunehmendschwieriger, „gesunde“ Veränderungen zuerleben. So formulierte beispielsweise einTeam mit dem ich als Supervisorin arbei-tete: „Wenn wir gerade eine Lösungen fürunser Problem gefunden haben, bleibt unskeine Zeit es eine Weile so zu praktizieren,weil schon wieder eine neue Anforderungbesteht und dies frustriert ungemein.“Wenn wundert es, dass solche Entwick-lungen in Gefühlen von Stress und Druckmünden.In der Regel ist nicht die Veränderung ansich das Problem, sondern die Art undWeise wie sie vollzogen wird. In meinerTätigkeit als Supervisorin und Coach höreich seit einigen Jahren zunehmend Klagenvon Beschäftigten über die „neuen“Arbeitsbedingungen, Anforderungen undKonflikte. Dabei fällt erschreckend auf,wie viele Menschen in Gefühlen von Über-forderung und Sinnlosigkeit gefangensind. Auch in meiner therapeutischenTätigkeit suchen mich zunehmend Men-schen mit unterschiedlichsten und häufigstarken, stressbedingten Symptomen auf.Viele sind in einer Zwickmühle gefangen,die sie nicht unbedingt erkennen und ver-suchen mit enormen Anstrengungen dasUnmögliche möglich zu machen, bis siedaran erkranken. Dabei fällt auf, dass esVielen an praktisch umsetzbarem Wissenüber Signale, Bedürfnisse und Notwen-digkeiten ihres Körpers mangelt, ganz zuschweigen von denen der Seele. Als seiensie sich selbst, beim Versuch der Aufga-benerfüllung, verloren gegangen.So notwendig es ist, neue Konzepte in dieArbeitswelt zu bringen und individuelleStressbewältigungsstrategien zu verbes-sern, so wichtig ist es auch die Spiegelphä-nomene einer solchen Erkrankung zu dis-kutieren. Burn-out gilt als die Erkrankung,die vor allem Menschen mit großem Enga-gement befällt, also solche, die mit großerAnstrengung den hohen Anforderungenund Aufgaben zu genügen versuchen.Damit ist es auch eine Diagnose die gewis-sermaßen „adelt“ und darin steckt eingefährliches Paradoxon – nur wer fleißigist, wird krank - wer also gut für sich sorgtund gesünder mit dem Stress umgeht, istein Faulpelz? Oder ist die Entwicklungeines Burn-out-Syndroms nicht viel eherdie gesunde Reaktion eines gesundenMenschen auf kranke Bedingungen? Wir verfügen in Deutschland über ein gutentwickeltes Arbeitsschutzgesetz. Dieses

bezieht sich jedoch fast ausschließlich aufphysische Aspekte. Die neue Herausfor-derung sind die psychischen Aspekte undhier muss massiv nachgebessert werden.Die Stress- und Burn-out-Forschung kannda gute Ansatzpunkte liefern, die großeAufgabe wird es aber sein, diese Erkennt-nisse praktisch umzusetzen und in denArbeitsalltag einfließen zu lassen.

Risikofaktoren für Burn-out

Stand der Forschung ist, dass drei Ebenender Risikofaktoren für die Entwicklungeines Burn-outsyndroms zu diskutierensind. Neben den Arbeitsbelastungen und-bedingungen, der Arbeitsverdichtungund dem Stress, sind auch die individuelleDisposition des Einzelnen und die gesell-schaftliche Entwicklungen allgemein, vonBedeutung. „Die Lösung“ für das „Burn-out-Problem“kann es m.E. nicht geben. Vielmehr tragenviele kleine Faktoren bei, die psychischeGesundheit von Menschen in der Arbeits-welt zu stützen und zu fördern. Ich möchteeinige Vorschläge machen und zum Nach-denken anregen. Meine Erfahrungen stam-men aus allen möglichen Arbeitsfeldernund ich denke, sie können meine Schluss-folgerungen auf die Bedingungen in IhrerBehörde übertragen und auf die Erforder-nisse innerhalb der Polizei anpassen.

Risikofaktoren in der Person

Persönliche Risikofaktoren für ein Burn-out sind in unterschiedliche Untersuchun-gen und Studien hinreichend belegt. So istbekannt, dass besonders solche MenschenProbleme mit der Entwicklung in unsererArbeitswelt haben, die auf Grund ihrerpersönlichen Disposition zu (über)hohemberuflichem Engagement und Pflichtbe-wusstsein neigen, die hohe Anforderun-gen an sich selbst stellen, rigide Zielehaben, zu Perfektionismus und/oder zuausgeprägten Kontrollbedürfnissen nei-gen. Menschen also, die ihre Arbeit gutmachen wollen, die zielstrebig sind undwas erreichen wollen, kurz um „Leis-tungsträger“. Aber auch Menschen, dieSchwierigkeiten haben sich abzugrenzen,sich für alles verantwortlich fühlen, prin-zipiell helfen wollen, eigene Bedürfnissenicht ernst nehmen und Signale der Belas-

tung und Überforderung ignorieren, dieeigene Gefühle nicht wahrnehmen bzw.nicht kommunizieren können, die sichpermanent selbst abwerten, ihre Leistunggenerell für nicht gut genug erachten sindbetroffen. Gefährlich kann sich weiterhinauswirken, wenn Menschen ihre Fähig-keiten und Qualifikationen überschätzenund durch Ehrgeiz auszugleichen versu-chen, wenn sie extrem ungeduldig sindund nur eine geringe Frustrationstoleranzbesitzen, wenn sie sich bitter enttäuschtvon der Arbeitsrealität zurückziehen,wobei sie hohen Arbeitswillen, Idealismusund große Erwartungen mitgebracht hat-ten und wenn es an der Fähigkeit mangelt,Wichtiges von Unwichtigem zu unter-scheiden.Besonders burn-out-fördernd wirken sichsolche Dispositionen aus, wenn es diesenMenschen zusätzlich an sozialer Anerken-nung und Unterstützung mangelt.

Risikofaktoren in denArbeitsstrukturen

Einer Studie der Böckler-Stiftung zu Folge,kennen 80% von 2200 befragten Betriebendie Stressfaktoren ihrer Beschäftigtennicht. Wie ist das in ihrer Behörde?Als betriebliche Risikofaktoren für Burn-out werden eine ganze Reihe von Faktorenbewertet. Ich habe Ihnen hier diejenigenaufgelistet, die nach meinem Kenntnis-stand bei der Polizei von Bedeutung sind,aber urteilen Sie selbst, welche Faktorenzutreffen. Risikofaktoren sind:• Wenn Beschäftigte ständig überfordert

und überlastet werden, wenn Perso-nalknappheit, hoher Zeit- und Verant-wortungsdruck herrschen.

• Wenn eine hohe Ungewissheitherrscht, was erwartet wird und wieAufgaben zu bewältigen sind.

• Wenn wenig Wertschätzung und Lobgegeben wird und Beziehungen zwi-schen Vorgesetzten und MitarbeiterIn-nen, bzw. unter den MitarbeiterInnennicht tragfähig sind,

• Wenn Menschen sich nicht entfaltenund einbringen können, geringe Ent-scheidungs- und Handlungsmöglich-keiten haben, wenn es an Partizipa-tionsmöglichkeiten und Autonomiefehlt,

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• Wenn es schlechte Kommunikations-strukturen und ein unfaires Betriebs-klima gibt,

• Wenn es an Feedback fehlt, viel Büro-kratie praktiziert wird, Mobbing be-trieben wird,

• Wenn Bedrohung durch körperlicheund psychische Gewalt besteht,

• Wenn es Konflikte mit den eigenen hu-manitären Werten und dem Arbeits-auftrag oder dem Team gibt und wennBeschäftigte in Rollenkonflikten sind,z.B. widersprüchliche Anforderungenan die Bewältigung der Arbeitsaufga-be bestehen,

• Wenn Beschäftigte tagtäglich „Emo-tions-“ und „Beziehungsarbeit“ leistenmüssen, oder mit hohem Publikums-verkehr oder -kontakt zu tun haben,

• ebenso wenn Schicht- und Nachtarbeitgeleistet werden muss, ohne diephysiologischen Bedürfnisse zu be-rücksichtigen.

Burn-out-Prävention

Heimtückisch am Burn-out ist der schlei-chende und oft über Jahre stattfindendeVerlaufsprozess. Der PsychoanalytikerFreundenberger, der den Begriff Burn-outgeprägt hat, hat ein 12-Stufenmodell ent-wickelt, mit dessen Hilfe er einen Verlaufeiner „klassischen“ Erkrankung beschrieb.Daran wird deutlich, dass die Gesund-heitsgefährdung eines Menschen, übli-cherweise erst in einem recht fortgeschrit-ten Stadion für das Kollegium und Außen-stehende erkennbar wird. Die Anfangssta-dien mit dem erhöhten Engagement sindsogar für die Arbeitsstellen eher positivbesetzt und oft auch gerne gesehen.Gleichzeitig ist ein Symptom des Burn-out, dass die Betroffenen selbst, es langeignorieren und verleugnen. Ist jedoch einfortgeschrittenes Stadium des Burn-outerreicht und zeigt der Betroffene bereitsreduziertes Engagement und Depression,ist auch der Heilungsprozess langwierigund muss von vielen flankierenden Maß-nahmen begleitet werden.Nicht zuletzt dies macht deutlich, wiewichtig eine geeignete Prävention ist. Ichwill mich hier auf den Bereich präventiverMöglichkeiten beschränken, jedoch nichtohne gleichzeitig Anregungen zu geben,zu den flankierenden Diskussionsthemeninnerhalb der Behörde.

Verhaltenspräventive Maßnahmen

Zunächst einmal zu den Maßnahmengegen die individuellen Risikofaktoren.Aus der Aufzählung wird deutlich, wiewichtig Fortbildungs- und Trainingsmaß-nahmen zur Persönlichkeitsschulung undPersonalentwicklung nicht nur für Leis-tungsträgerInnen sind. Weder Ehrgeiznoch Perfektionismus, noch andere deraufgezählten Eigenschaften, sind prinzi-piell „schlecht“. Problematisch ist nur,wenn der Mensch nicht „Herr“ seinerEigenarten ist, sondern von ihnenbeherrscht wird. Sinnvolle Schulungenund Training sollten also darauf abzielen,

den TeilnehmerInnen praktische Instru-mente in die Hand zu geben, wie sie ihreBesonderheiten nutzbringend integrierenkönnen. Ebenso bedeutend ist die ganze Palette derverschiedenen Möglichkeiten von Stress-bewältigung, körperlicher und mentalerEntspannung, körperlichem und außerbe-ruflichem Ausgleich. Aber auch hier ist esunerlässlich, dass die Fähigkeit zur Wahr-nehmung der körperlichen und mentalenBedürfnisse gefördert wird. Von Stressreden Alle, aber wer kann genau benen-nen, woran sein Stress zu erkennen ist,welche körperlichen, psychischen, men-talen und sozialen Anzeichen bei ihm dazugehören und mit welchen Maßnahmen erdiese wieder beruhigen kann.

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Foto: Ivonne Wierink/Fotolia.com

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Auch die Fähigkeit zum Abschalten, Pau-sen einlegen, Abstand gewinnen und Ver-arbeiten von problematischen Ereignissenund zur Selbstreflexion kann erlernt wer-den, sie muss sogar regelmäßig trainiertwerden, um sich gesundheitsförderndauszuwirken.Zur Vertiefung könnten solche Schulun-gen mit persönlichkeitsstärkenden Coa-chings am Arbeitsplatz kombiniert wer-den. Jedoch können all die individuellenMaßnahmen nur erfolgreich sein, wennparallel dazu die Diskussion in der Behör-de vorangetrieben wird.

Verhältnispräventive Maßnahmen

Auch aus der Aufzählung der strukturel-len Risikofaktoren ergeben sich eine ReiheAnhaltspunkte für strukturelle Präven-tionsmaßnahmen. Ich will hier nur aufeinige besondere Aspekte eingehen.Das Thema psychische Gesundheit: Eineerste und wichtige Präventionsmaßnahmebesteht im offenen Umgang mit dem The-ma Belastung und psychische Gesundheit.

Ist es in ihrer Behörde nicht eine Selbst-verständlichkeit beispielsweise körperli-che Verletzungen behandeln zu lassen undzu Schutzimpfungen zu gehen? Aber wiesieht es mit psychischer Belastung aus?Mit welchen „Nebenwirkungen“ muss einBeschäftigter rechnen, wenn er Belastun-gen zum Ausdruck bringt und Hilfe sucht?Neben Informationsveranstaltungen kön-nen hier auch Filme und Werbung einge-setzt werden um das Thema diskutierbarzu machen. Besonders wichtig, die Ver-mittlung gelungener Beispiele. Und wie ist es mit dem Wissen um die tat-sächlichen Stressfaktoren der Beschäftig-ten bestellt? Hier könnte auch eine anony-me Befragung der Beschäftigten wichtigeHinweise auf erforderliche Maßnahmengeben. Partizipation und Arbeitsgestaltung:Dies ist ein weites Thema und es berührtnatürlich auch die Frage der Hierachien.Welche Möglichkeiten haben Beschäftigteihre Ideen und Anregungen einzubringenund wie werden diese anerkannt? Nichtselten haben gerade „einfache Beschäftig-te“ gute innovative Anregungen, Vorschlä-ge zu Verbesserungen oder weisen auf eindringendes Problem hin. Strukturen, die

begünstigen, das diese Gehör finden undauch außerhalb bestehender Hirarchienaufgegriffen werden, haben eine präven-tive Wirkung. Besonders, wenn die Ideen-geber auch anerkannt werden.Darüber hinaus ist die Frage von Bedeu-tung wie viel Handlungsspielraum denBeschäftigten eingeräumt wird und woBeschwerden ihren Platz finden. Führungskräfte: Den Führungskräftenkommt ein wichtige Rolle bei der Prä-vention zu. Zum einen sind sie diejeni-gen, die Veränderungen bei KollegInnenerkennen und benennen könnten, dieaufklären könnten und geeignete Hilfs-schritte hinzuziehen könnten, zum ande-ren könnten sie maßgeblich dazu beitra-gen, das kollektive Bewusstsein fürgesundes Arbeiten anzustoßen und zufördern, nicht zuletzt über die Vorbild-funktion. Gleichzeitig stellt sich jedochdie Frage, was ist die Führungskraft fürdie Beschäftigten, Ressource oder Stres-sor? Nicht selten tragen gerade die Vor-gesetzten erheblich zum Druck der Mit-arbeiterInnen bei. Hilfreich wäre hierbeidie Installation einer Feedback-Kulturund die unterstützende Schulung in„gesundem Führen“.

Annerose ScheuermannPraxis für Beratung, Supervision und CoachingProskauerstr. 12 10247 BerlinTelefon 030 - 6130 49 71www.imagination-visualisierung.de E-Mail: [email protected] 1959Supervisorin DGSv, Coach,

Dipl. Sozialpädagogin, Psychotherapie HPGSeit 1997 in eigener Praxis als:• Therapeutin, Supervisorin und Coach,• Dozentin in Einrichtungen der Erwachsenen-

und Gesundheitsbildung, • Trainerin im Gesundheitscoaching, Seminar- und

GruppenleitungFeldkompetenz aus 14-jähiger Tätigkeit als Dipl.-Sozialpädagoginund Erzieherin in Einrichtungen der Suchtberatung,• der Erwachsenenbildung,• heilpädagogische Kinder- und Jugendarbeit,• der Heimerziehung,• im Sozial- und Gesundheitsamt, ͧͧim Kindergarten und der

Vorschulerziehung

Mehrjährige Ausübung unterschiedlicher Leitungsfunktionen, sowie Gründung und Vorstandstätigkeit in einem Verein.Weiter- und Zusatzausbildungen• Supervisorin DGSv (ISO)• Coaching in Organisationen (Remscheid)• Hypnosystemische Strategien für Beratung, Coaching und

Supervision (Gunter Schmidt)• Trainerin für Stressmanagement und Entspannungsmethoden• Marte Meo Practitioner• Imaginations- und Visualisierungsverfahren u.a.: Methode

Wildwuchs und Hypnotherapie• Shiatsu-Therapeutin (GSD)• Psychoonkologie (Zist)Arbeitsweise„Willst Du erkennen, lerne zu handeln“ (Heinz von Foerster)Grundlegend für meine Arbeit sind die systemische Sichtweiseund die Theorien der Humanistischen Psychologie. Methodischarbeite ich schulenübergreifend, ressourcen-, ziel- und prozesso-rientiert. Besonders „anschauliche“ Methoden können helfen, die Komplexität der Frage- und Problemstellung zu begreifen, zu bearbeiten, Lösungsideen zu entwickeln und zu erproben.Auf Wunsch biete ich dazu Skulptur- und Aufstellungsarbeit, Rollenspiel, Videoarbeit, Imaginations- und Visualisierungs-übungen, Organi- und Genogramme, Gestaltungs- und Bewegungsübungen an.

Auch Anerkennung und soziale Unter-stützung zähle ich zu den Führungsauf-gaben, obgleich dies auch ein wichtigesThema für die Beschäftigten untereinan-der ist. Wie können Formen der täglichenAnerkennung nicht nur für besondereLeistungen, sondern auch für guteAbsicht, für umsichtiges Handeln, fürkollegiale Unterstützung, usw. in denArbeitsalltag Einzug halten. Deutschlandund besonders deutsche Behörden geltennoch immer als „AnerkennungsNot-standsgebiet“. Dabei sind es genau solchealltäglichen Anerkennungen, die dazubeitragen, dass auch schwierige Arbeits-bedingungen gesund gemeistert werdenkönnen.Umgang mit Gewalt und Abwertung:Gerade PolizistInnen sind diesen Bedro-hungen zunehmend ausgesetzt. Dahergehört auch das Thema Umgang mitGewalt und „Angst“ zu den wichtigenBurn-out-Präventionen. In den meistenKrimis und Serien im Fernsehen ist esselbstverständlich, Schussverletzungenbehandeln zu lassen, die psychologischeUnterstützung vor oder nach Überriffenwird dagegen meist verhöhnt oder belä-chelt. Und wie ist das in der Realität? Wie

selbstverständlich ist die psychische Ver-sorgung und welche Möglichkeiten gibtes dafür? Wie sieht beispielsweise die Aus-bildung junger Polizeibeamter aus? Ler-nen sie aktiv mit Angst umzugehen, oderwie man sie am Besten verdrängt? Gibt esdie Möglichkeit zu Gesprächsgruppen,Supervision, bei der auch unangenehmeErfahrungen reflektiert und bearbeitetwerden können. Die Bewältigung vonBedrohungen ist nicht nur ein Thema fürExperten. Hilfreich könnte auch der Aus-tausch untereinander sein, was hat wemgeholfen, wer hat welche Strategien erfolg-reich angewendet. Diese Themen könntenauch hervorragend (anonym) in internenMedien ausgetauscht werden.Burn-out-begünstigend ist es, wenn Men-schen keine Alternativen zur Verfügunghaben. Somit sind auch die Kommunika-tions- und Deeskalationstrainings sowieSchulungen zum Verhandlungsgeschickgute präventive Maßnahmen.Fitnesstraining ist für PolizistInnen obli-gatorisch, „Psychetraining“ auch?Fehlermanagement: Fehler sind einewichtige Voraussetzung für Lernen, jedeHandlung beinhaltet ein Risiko für Fehl-entscheidungen. Ein gesundes Fehlerma-

nagement nutzt diesen, um den Prozesszu reflektieren, neue bessere Lösungsstra-tegien zu durchdenken und durchzuspie-len. Die Schuldzuweisung dagegen leistetdem Burn-out Vorschub.

Organisationsentwicklung

Neben den beschriebenen, gibt es nochviele weitere Maßnahmen, die sich prä-ventiv auswirken. Unabhängig davonwird deutlich, dass eine Behörde, die eineerfolgreiche Burn-out-Prävention instal-lieren möchte, nicht umhin kommt, auchbehördenkulturelle Werte und Normenzu diskutieren und gegebenenfalls zureformieren. Der Prozess einer solchenAuseinadersetzung ist in sich eine pro-phylaktische Maßnahme, besonderswenn eine Diskussionsform gefundenwird, die die Partizipation aller Beschäf-tigten ermöglicht.Abschließend möchte ich nur noch resü-mieren, nicht Arbeit an sich macht krank,sondern die Art wie sie ausgeübt wird unddie Bedingungen unter denen sie stattfin-den muss, beinhalten das Gefährdungs-potential.

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Besetzung des Podiums:

Moderation: Jörg Bruchmüller, Mitglied im GBV der GdP

Polizei-/ASiG-Arzt: Dr. Christian Kühl, MünchenPolizeipsychologe: Dipl.-Psych. Antje Götz-Bungarten, MünchenFASI: Rüdiger Schwarz, KielBurn-out-Lotse: Volker Kleinert, Kassel

Frauenvertreterin: Barbara Prasch, BerlinPersonalrat: Lothar Hölzgen, Wiesbaden

Vorgesetzter: Ralf Flohr, Kassel

1. Fragerunde

„Ursachen des Burn-out“ – speziell in der Polizei(mit: Stress, Work-Life-Balance, Überstunden, Arbeitsverdichtung, Gesellschaft, Gewalt u.a.)

2. Fragerunde

„Umgang miteinander“ – Erkennen der psychischen Störung „Burn-out“ (mit: Bewertungsschemen, Laiendiagnose, Reaktionen Betroffener/des Umfeldes u.a.)

3. Fragerunde

„Rolle der Führungsebene“ – Systematisches Versagen oder selbst betroffen?(mit: Qualifikation, der „unfähige“ Chef, Rolle der Politik, sonstige Beteiligte u.a.)

Die Talkrunde zum Burn-outArbeitsschutzsymposium IV

Das Podium

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www.VDPolizei.de

Gewerkschaft der PolizeiBundesvorstand

Liebe Inserenten!

Mit der Beteiligung in der Broschüre anlässlich unseres Arbeits-schutzsymposiums haben Sie uns sehr geholfen. Wir danken Ihnendafür sehr herzlich!

Liebe Leser!

Alle Inserate dieser Dokumentation verdienen Ihre Aufmerksamkeit. Bitte berücksichtigen Sie diese Unternehmen bevorzugt bei Ihrernächsten Disposition.

Ihre

VIELENDANK!

Danksagung

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