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Zertifizierte Fortbildung für Ärztinnen und Ärzte Pädiatrische Influenza: Chancen einer Impfausweitung Prof. Dr. Ulrich Baumann, Medizinische Hochschule Hannover

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Zertifizierte Fortbildung für Ärztinnen und Ärzte

Pädiatrische Influenza: Chancen einer ImpfausweitungProf. Dr. Ulrich Baumann, Medizinische Hochschule Hannover

Transparenzinformation arztCME

Die Bundesärztekammer und die Landesärztekammer Hessen fordern zur Schaffung von mehr Transparenz beim Sponsoring in der ärztlichen Fortbildung auf. Fortbildungsveranstalter sind gehalten, potenzielle Teilnehmer von Fortbildungen bereits im Vorfeld der Veranstaltung uber Umfang und Bedingungen der Unterstutzung der Arzneimittelindustrie zu informieren. Dieser Verpflichtung kommen wir nach und werden Sie hier uber die Höhe des Sponsorings der beteiligten Arzneimittelfirma sowie uber mögliche Interessenkonflikte des Autors/Referenten informieren.

Diese Fortbildung wird fur den aktuellen Zertifizierungszeitraum von arztCME getragen. Ein aktuelles Sponsoring liegt nicht vor.

Mögliche Interessenkonflikte des Autors/ Referenten: Prof. Dr. Ulrich Baumann Medizinische Hochschule Hannover erklärt:

Bei der Erstellung des oben genannten Beitrages fur eine durch die Hessische Landesärztekammer anzuerkennende Fortbildung bestanden keine Interessenkonflikte im Sinne der Empfehlungen des International Committee of Medical Journal Editors (www.icmje.org). Der Autor erhielt Reisekosten und Honorare von AstraZeneca.

Die Produktneutralität dieser Fortbildung wurde durch ein Review von zwei Gutachtern gepruft.

Diese Fortbildung ist auf www.arztCME.de online verfugbar (PDF-Dokument zum Download und HTML5-Umsetzung). Die Transparenzinformationen sind fur den Arzt dort einsehbar.

Pädiatrische Influenza: Chancen einer Impfausweitung

Autor:Prof. Dr. Ulrich Baumann,Medizinische Hochschule Hannover, Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover

Review:Dr. med. Alexander Voigt, WurzburgProf. Dr. med. Jurgen Gehler, Russelsheim

Impressum

Zertifiziert durchLandesärztekammer Hessen

Ärztliche LeitungDr. med. Alexander VoigtSpartaweg 797084 Wurzburg

Redaktion und VeranstalterCramer PR im Gesundheitswesen und Consultant GmbHRathausplatz 12-1465760 [email protected]

Realisation und Technikhealth&media GmbHDolivostraße 964293 Darmstadtwww.arztcme.de

ISSN 2512-9333

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großer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die lebendattenuierten Influenzaimpfstoffe (LAIV), die seit der Grippesaison 2012/2013 für Kinder von 2-17 Jahren in Deutschland zugelassen sind. Während die herkömm-lichen inaktivierten Impfstoffe injiziert werden müssen, sind LAIV intranasal – und damit schmerzfrei – anwend-bar. Sie bieten Kindern und Jugendlichen außerdem einen nahezu 50 % wirksameren Schutz gegen Influenza wie Totimpfstoffe [Ambrose et al. 2012a]. Es besteht die Hoffnung, dass LAIV zu einer höheren Akzeptanz der Influenzaimpfung und somit zu einer Erhöhung der Impfrate hierzulande beitragen [RKI 2013].

Diese Fortbildung gibt Ihnen einen Überblick über die Epidemiologie und Krankheitslast der pädiatrischen Influenza sowie über die Chancen, die eine Impfauswei-tung hierzulande birgt.

2. Pädiatrische InfluenzaJedes Jahr infiziert sich ein erheblicher Anteil der Kin-der in Deutschland mit dem saisonalen Influenzaerre-ger. Kinder sind die Hauptüberträger der Grippeviren und werden deshalb auch als „Motoren der Influenza“ bezeichnet.

2.1. Epidemiologie, Pathogenese und Krankheitsverlauf der Influenza bei Kindern

Wegen ihres überwiegend „naiven“ Immunsystems infizieren sich Kinder mit einer Rate von 15 %-40 % be-sonders häufig [Wutzler 2011]. Vor allem in Schulen und Kindergärten verbreitet sich der Influenza-Erreger oft

1. Einleitung

In Deutschland sind weniger als 10% aller Kinder gegen Influenza geimpft. In anderen Ländern dagegen liegen die Impfraten weit über diesem Wert. So ist etwa bereits jedes zweite US-amerikanische Kind immunisiert [CDC 2014b]. (In den USA wird die Influenzaimpfung für alle Menschen bereits ab einem Alter von sechs Monaten empfohlen [Grohskopf et al. 2013]). Das Nationale Impf-komitee in Großbritannien hält die generelle Impfung aller Kinder ebenfalls für sinnvoll und ist derzeit dabei, Schulimpfprogramme und andere Maßnahmen zur Umsetzung organisatorisch vorzubereiten [JCVI 2012]. Auch in Kanada und Finnland ist die Akzeptanz der pädi-atrischen Grippeimpfung deutlich größer als in Deutsch-land [Blank et al. 2009, Moran et al. 2009].

Die Ständige Impfkommission (STIKO) der Bundesre-publik Deutschland rät dagegen nur bestimmten Risi-kogruppen zu einer Influenzaschutzimpfung: Personen ab 60 Jahren, Menschen mit einer erhöhten gesund-heitlichen Gefährdung infolge eines Grundleidens (z. B. Asthma), Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen so-wie medizinischem Personal und anderen Personen mit erhöhtem Risiko. Eine generelle Impfung von Kindern empfiehlt sie bislang nicht.

Kinder und Jugendliche sind jedoch aufgrund ihrer en-gen sozialen Kontakte und oft unzureichender Hygiene-maßnahmen in Kita und Schule die Hauptüberträger der saisonalen Grippe. Zu ihrem eigenen Schutz und dem ihrer Angehörigen wäre eine bessere Impfrate äußerst wichtig, um die Infektionsraten zu minimieren. Von

Kinder haben eine hohe Infektionsrate untereinander. Sie scheiden größere Virenmengen ausund sind vor und noch Tage nach klinischer Erkrankung infektiös.

Kindergarten/Schuleimmunnaive Population

Familie

Abb. 1: Infektions-gefährdung durch Kinder (Verbreitung in Kindergarten und Schule, Eintrag in die Familie)

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Als wichtiger Risikofaktor für eine Influenzaerkrankung von Kindern mit teils sehr schweren Folgen gilt eine zugrundeliegende chronische Erkrankung wie Asthma. Eine Beobachtungsstudie mit intensivmedizinisch be-treuten Kindern, die im Rahmen der Grippe-Pandemie 2009/2010 erkrankt waren, zeigte, dass drei Viertel der Betroffenen an einer chronischen Erkrankung litten. 15 der insgesamt 93 Kinder starben an den Folgen der In-fluenzaerkrankung [Altmann et al. 2011].

2.2. Diagnostik, Therapie und Prophylaxe der pädiatrischen Influenza

Eine Grippeerkrankung wird normalerweise auf der Ba-sis des klinischen Bildes diagnostiziert und symptoma-tisch therapiert (siehe 2.2.3). Nur in wenigen Fällen ist eine antivirale Therapie notwendig, in deren Vorfeld ein labordiagnostischer Erregernachweis angebracht ist.

2.2.1 Klinische Diagnostik

Grundsätzlich erfolgt die Influenzadiagnostik auf der Grundlage der klinischen Symptome unter Einbezie-hung der epidemiologischen Situation. Die typischen Symptome einer Influenza sind:• plötzlicherErkrankungsbeginnmitFieber(≥38,5°C)• trockenerReizhusten• Halsschmerzen• Muskel-und/oderKopfschmerzen

Insgesamt ist das Krankheitsbild der Influenza bei Kindern häufig unscharf und der Verlauf der Er-krankung kann individuell variieren. Es sind zahlreiche Erreger bekannt, die ähnliche Symptome hervorrufen können wie Influenzaviren. Daher ist die Diagnosestellung allein anhand des klinischen Bildes unsicher / nicht valide und sollte deshalb immer im Zusammenhang mit der aktuellen epidemiologischen Situation erfolgen [Höffken et al. 2009].

mit rasender Geschwindigkeit. Die Gründe sind, neben engem und andauerndem sozialen Kontakt in Räumen, die häufig überhitzt und schlecht durchlüftet sind, auch mangelnde Hygienemaßnahmen, wie beispielsweise seltenes Händewaschen. Außerdem sind Kinder bereits einige Tage vor der klinischen Symptomatik infektiös und scheiden auch nach der Genesung noch Viren aus. Die schnelle Verbreitung der Influenza in Schulen und Kindergärten führt zu einem raschen Eintrag in die Familien der Kinder (siehe Abbildung 1; [Wutzler 2011, Willliams et al. 2010]).

Typischerweise beginnt die akute Phase der Influenza mit Frösteln, Fieber, Muskel-, Glieder-, Rücken-, Kopf- und Halsschmerzen sowie Husten [Geisler 2006]. Bei Kindern wird eine verhältnismäßig starke Lungenbe-teiligung beobachtet, da sie mehr Virus-Rezeptoren im Lungenepithel besitzen als Erwachsene [Buda und Haas 2009]. Deshalb kommen bei ihnen oftmals Komplikati-onen vor. So ist das Influenzavirus einer der häufigsten viralen Erreger schwerer akuter respiratorischer Erkran-kungen (ARE) im Kindesalter [AGI 2013, Streng et al. 2012]. Auch Ko-Infektionen mit bekapselten Erregern, wie Pneumokokken, Haemophilus influenzae b oder Meningokokken, werden bei Kindern häufig beobach-tet. Diese Sekundärinfektionen verursachen oft Folge-erkrankungen wie Pneumonie, bakterielle Bronchitis, Otitis media oder Sinusitis.

Wie Abbildung 2 zeigt, sind Kinder im Alter von 0-4 Jahren besonders häufig von Influenzainfektionen betroffen. 28.000 Exzess-Konsultationen (zusätzlicheArztbesuche) je 100.000 Kinder dieser Altersgruppe wurden allein für die Saison 2012/2013 berechnet. In die-ser Saison kam es nach den Berechnungen des Robert Koch-Institutes (RKI) bei den Säuglingen und Kleinkin-dernbisvierJahrenauchzu4.700(3.600-5.800)Grippe-bedingten Krankenhausaufenthalten [AGI 2013]. Kinder über fünf Jahren scheinen bei einer Influenza-Infektion überdurchschnittlich häufig krankenhauspflichtig zu werden. Von den beim RKI gemeldeten 0-4-Jährigen mit laborbestätigter Influenza-Infektion waren 22  % stationär aufgenommen worden. Der Durchschnitt der Krankenhauspflicht aller Altersgruppen lag bei 16 %.

Abb. 2:Altersspezifische Exzess-Konsul-tationen pro 100.000 Einwohner in Deutschland je Influenzatyp und -subtyp(Influenzawelle 2012/13) (aus: Hoch-rechnung aus AGI/RKI Saisonbericht 2012/2013, Abb 13)

Abb. 3

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Verfügbare GrippeimpfstoffeZur Influenza-Prophylaxe steht eine Reihe von Impf-stoffen zur Verfügung. Generell werden zwei Arten von Influenza-Impfstoffen unterschieden [PEI 2014]: • Totimpfstoffe,diedenErregerininaktiverForment-

halten und intramuskulär oder intradermal injiziert werden.

• LebendattenuierteImpfstoffe(LAIV),dielebensfähigeErreger in abgeschwächter Form enthalten und intra-nasal in Form eines Sprays verabreicht werden. Ein LAIV ist seit Saison 2012/2013 EU-weit für Kinder von 2-17 Jahren zugelassen. Er ist in seiner Wirkung den Totimpfstoffen deutlich überlegen [Ambrose et al. 2012a]

Alle verfügbaren Grippeimpfstoffe werden jedes Jahr hinsichtlich ihrer Antigen-Zusammensetzung überprüft und gegebenenfalls an die epidemiologische Situation angepasst. Die aktuelle Zusammensetzung (Saison 2013/2014) ist in Abbildung 4 dargestellt. 19 Totimpf-stoffe und ein lebendattenuierter Impfstoff (LAIV) ent-sprechen derzeit der STIKO-Empfehlung (Stand Januar 2014 [PEI 2014]). Die meisten dieser Impfstoffe sind tri­valent, d.h. ihre Antigen-Zusammensetzung deckt drei verschiedene Virus-Stämme ab (2 Influenza-A-Subtypen und eine Influenza-B-Variante).

Seit der Grippesaison 2013/2014 ist ein quadrivalen-ter Totimpfstoff auf dem Markt, der noch eine weitere Influenza-B-Variante abdeckt (siehe Abbildung 4). Im Dezember 2013 hat auch ein quadrivalenter LAIV die Zulassung durch die Europäische Kommission erhalten [EMA 2013], der in seinem Produktionsverfahren und seiner Antigenzusammensetzung der des trivalenten LAIV entspricht. Wie der quadrivalente Totimpfstoff umfasst er jedoch eine zusätzliche Influenza-B-Variante und bietet daher umfangreicheren Schutz vor einer Grippeerkrankung als ein trivalenter Impfstoff. (Rund ein Viertel der in Europa zirkulierenden Influenza-Viren der letzten zehn Jahre waren nach Angaben des Herstellers Influenza-B-Varianten).

Für trivalente Impfstoffe wurden für die Saison 2013/14 Antigene folgender Influenza-Stämme und -Varianten empfohlen:• InfluenzaA/California/07/2009(H1N1)pdm09• InfluenzaA/Victoria/361/2011(H3N2)– ähnlichA/Texas/50/2012• InfluenzaB/Massachusetts/2/2012

Für quadrivalente Impfstoffe wird zusätzlich ein Antigen folgender Variante empfohlen:• InfluenzaB/Brisbane/60/2008

2.2.2 Labordiagnostik

Wenn der Erkrankte einer Risikogruppe angehört (siehe 2.2.3) oder falls sich ein schwerer Verlauf andeutet, kann eine spezifische antivirale Therapie sinnvoll sein. Eine schnelle Labordiagnostik im Vorfeld ist in diesem Falle äußerst hilfreich. Neben dem direkten Nachweis viraler Antigene über Schnelltests sind dafür auch sensitivere Verfahren, wie Polymerasekettenreaktion (PCR), im Ein-satz [RKI 2014].

2.2.3 Therapie

Die Behandlung der Influenza bei Kindern, die nicht zu den Risikogruppen gehören, erfolgt meist symptoma-tisch durch Verordnung von Bettruhe, Flüssigkeitszu-fuhr und fiebersenkenden Mitteln (Paracetamol oder Ibuprofen). Bei Zeichen einer bakteriellen Ko-Infektion sind Antibiotika indiziert [RKI 2014].

Eine spezifische antivirale Therapie ist wegen der ho-hen Kosten, den möglichen unerwünschten Arznei-mittelwirkungen und dem Risiko der Resistenzbildung nicht grundsätzlich sinnvoll, sondern nur bei Kindern mit hohem Risiko einer Komplikation (zum Beispiel bei Vorerkrankungen wie Asthma, Diabetes, Herz- oder Lungenkrankheiten) angebracht. Die antivirale Therapie sollteinnerhalbvon48StundennachAuftretenderers-ten Symptome begonnen werden [Höffken et al. 2009, Wutzler 2003]. Sie kann die Dauer der akuten Phase um 2-3 Tage verkürzen. Zur antiviralen Therapie stehen Neuraminidasehemmer (Oseltamivir, Zanamivir) und Membranproteinhemmer (Amantadin, Rimantadin) zur Verfügung. Letztere haben den Nachteil, dass sie beson-ders schnell zu einer Resistenzbildung der Influenzaer-reger führen [Höffken et al. 2009, Stürmer et al. 2010].

2.2.4 Prophylaxe

Die wirksamste und kosteneffektivste Möglichkeit zur Prävention der Influenza ist die Schutzimpfung. Die World Health Organization (WHO) rät zu einer jährlichen Grippeimpfung aller Kinder ab dem vollendeten ersten Lebenshalbjahr. Die STIKO in Deutschland empfiehlt keine generelle Immunisierung von Kindern, sondern rät lediglich bei Menschen ab einem Alter von 60 Jah-ren, bei Personen mit Grunderkrankungen (Asthma, Di-abetes mellitus und anderen chronischen Krankheiten), bei Bewohnern von Alters- oder Pflegeheimen sowie bei medizinischem Personal und anderen Personen mit erhöhter Gefährdung zur Influenzaschutzimpfung [RKI 2013].

Abb. 4: Zusammensetzung des Influenzaimpfstoff für die Saison 2013/2014 (Empfehlungen der WHO und der der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) [PEI 2014]

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3.2 Die Situation in Deutschland

Weniger als 10 % der deutschen Kinder sind gegen Influ-enza geimpft. Zu diesem Ergebnis kam eine Analyse des Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung in DeutschlandmitDatenausderGrippesaison2007/2008[Riensetal.2011].ExpertenerklärensichdieseRatemiteiner unzureichenden Umsetzung der STIKO-Empfeh-lung zur Impfung der Risikogruppen. Auch die begrenzte Wirkung der Totimpfstoffe bei Säuglingen und Kleinkin-dern trug in der Vergangenheit nicht zur Verbesserung der Impfraten bei [Knuf 2011].

Häufig wird auch die Bedeutung der Kinder für die Aus-breitung einer Grippe unterschätzt. Viele Eltern haben daneben Vorbehalte gegen eine routinemäßige Influen-zaimpfung ihrer Kinder bis hin zu der Angst, die Immu-nisierung könne schwere Nebenwirkungen hervorrufen. Auch sind sie über schmerzfreie Alternativen zur Injek-tion der jährlich aufzufrischenden Influenzaimpfung, nämlich die Alternative der nasalen Anwendung des LAIV nicht informiert. Ethische Bedenken sind ebenfalls verbreitet: „Warum soll ich mein Kinder impfen, damit andere vor einer Erkrankung geschützt werden?“ [Schu-macher 2013]. Hier ist Aufklärungsarbeit durch den Pädiater notwendig, um Bedenken und Vorurteile der Eltern gegen eine Influenzaimpfung auszuräumen (siehe Kap.4).

3.3 Vorteile und Risiken einer pädiatrischen Influenzaschutzimpfung

Eine Influenzaimpfung schützt nicht nur das geimpfte Kind, sondern auch diejenigen Personen, die mit ihm in Kontakt stehen. Dadurch können Ältere, Schwangere, Immungeschwächte und andere Menschen, die durch eine Influenzaerkrankung ebenfalls besonders gefährdet wären, vor einer Infektion bewahrt werden. Pädiatrische Impfprogramme könnten die Krankheitslast der Influ-enza-Epidemien und die damit verbundene finanziellen Belastungen auch für das deutsche Gesundheitssystem deutlich reduzieren, wie mathematische Modelluntersu-chungen ergaben [Rose et al. 2011].

Das spezielle Wirkprinzip mukosal wirksamer LAIV um-fasst nicht nur die systemische Immunogenität, sondern darüber hinaus eine Wirkung direkt an der Eintrittstelle, den Schleimhäuten. Daher wirken LAIV rasch und ab der ersten Dosis. Die Wirkung ist bei Kindern und Jugend-lichen der eines inaktivierten Impfstoffes deutlich über-legen [Ambroseetal.2012a,Belsheetal.2008].EineMetaanalyse von acht randomisierten, kontrollierten klinischen Studien zeigt, dass mit dem LAIV nach einem Jahr(2DosenLAIV)eineSchutzratevon83 %überdieverschiedenen Virenstämme hinweg erreicht werden konnte.NachzweiJahrentratenunterLAIV-Prophylaxe44 %-48 %wenigerGrippeerkrankungenaufalsmitei-nem Totimpfstoff [Ambrose et al. 2012a].

3. Chancen der Influenza schutz­impfung bei Kindern

Obwohl Kinder die Hauptüberträger der Influenza sind und die jährliche Erkrankungsrate sehr hoch ist, lassen hierzulande nur wenige Eltern ihre Kinder gegen das Virus impfen. Andere Länder haben bereits langjährige Erfahrung mit der generellen Influenzaimpfung von Kin-dern – ein Vorbild, an dem Deutschland lernen könnte.

3.1. Die Situation in anderen Ländern

Das amerikanische Center of Disease Control and Pre-vention (CDC) rät zu einer generellen Impfung von Kindern ab einem Alter von 6 Monaten [CDC 2014a]. Die Impfrate von Kindern zwischen 6 Monaten und 17 Jah-ren betrug in den USA in der Saison 2012/2013 56,6 % [CDC 2014b]. In Kanada und Finnland wird die generelle Impfung aller Kinder ab einem Alter von sechs Monaten empfohlen [Blank et al. 2009, Moran et al. 2009].

Auch in Großbritannien sollen Kinder künftig besser gegen Grippeerkrankungen geschützt werden. In einem Positionspapier empfiehlt das britische Joint Committee on Vaccination and Immunisation (JCVI), alle gesunden Zwei- bis 16-Jährigen im Rahmen von speziellen Impf-programmen zu immunisieren. Durch die generelle Impfung dieser Altersgruppe werde das britische Ge-sundheitssystem durch die Vermeidung von Behand-lungskosten sogar finanziell entlastet, wie das JCVI in seinem Positionspapier schreibt [JCVI 2012]. Wegen sei-ner deutlich besseren Wirksamkeit soll für die Mehrheit der Kinder als Impfstoff in den Impfprogrammen ein LAIV eingesetzt werden. Dieser ist trotz seiner höheren Anschaffungskosten für das britische Gesundheitssys-tem kosteneffektiver als ein konventioneller Totimpfstoff [JCVI 2012, NHS 2012]. Mit dem Impfprogramm, das im Herbst 2014 starten soll und etwa 9 Millionen Kinder be-trifft, ließen sich bereits bei einer Impfrate von nur 30 % zirka 11.000 Hospitalisierungen und 2.000 Grippetote verhindern [NHS 2012].

Abb. 5

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Verträglichkeit pädiatrisch verfügbarer lebendattenu­ierter und TotimpfstoffeInfluenzaimpfstoffe sind im Allgemeinen gut verträg-lich. Es gelten folgende Einschränkungen: • Kinder mit schwerer Hühnereiweißallergie oder

eine Allergie gegen einen anderen Bestandteil des Impfstoffs sollten nicht mit den herkömmlichen Impfstoffen geimpft werden. Eine Alternative für Hühnereiweißallergiker stellen Impfstoffe dar, die in Zellkulturen von Säugetierzellen hergestellt werden. In der letzten Saison 2013/2014 standen Impfstoffe dieser Art jedoch nicht zur Verfügung.

• BeiKindernundJugendlichenmitnichtkontrolliertemAsthma bronchiale sollte kein LAIV angewendet wer-den. Diese Patientengruppe wurde bisher noch nicht hinreichend untersucht [Rose 2011] und es gibt Hin-weise darauf, dass es bei diesen Patienten zu Schleim-hautschwellungen kommen könnte [Knuf 2011].

Einer der wichtigsten Gründe für die bessere Effektivität des LAIV wird in der Induktion einer lokalen Immunität auf den Schleimhäuten der Atemwege gesehen. Die Grippeinfektion fängt immer auf der Schleimhaut an, bevor sie invasiv wird. Der konventionelle intramusku-läre Impfstoff führt aber im Wesentlichen nur zu einer Immunität im Körper, nicht jedoch auf den Schleimhäu-ten. Ein weiterer Vorteil des LAIV liegt in dem Einsatz von vollständigen Viren, welche eine größere Anzahl von Antigenen tragen, als die zur besseren Verträglich-keit auf zwei Antigene aufgereinigten intramuskulären Totimpfstoffe. Dies führt zu einer höheren Kreuz-Im-munität nach der nasalen Lebendimpfung. Die deutlich bessere Wirkung des LAIV schützt nicht nur die geimpf-ten Kinder, sondern durch die effektivere Verminderung von Ansteckungen auch ungeimpfte Personen, darunter auch chronisch Kranke, die nicht effektiv geimpft wer-den können, zum Beispiel Patienten unter Chemothe-rapie. [Rose 2011]. Tabelle 1 fasst die Merkmale und Unterschiede von LAIV im Vergleich zu Totimpfstoffen zusammen.

Tab. 1: Merkmale verschiedener auf dem Markt erhältlicher Grippeimpfstoffe (Totimpfstoffe und LAIV); modifiziert nach [Rose et al. 2012])

LAIV Totimpfstoffe

Nasenspray Intramuskuläre oder intradermale Injektion

Quadrivalenter Impfstoff in Deutschland verfügbar?

(+)EU-Zulassung Dezember 2013

+(Markteinführung Saison 2013/2014)

Systemische Immunogenität IgG, IgA im Serum IgG, IgA im Serum

Mukosale Immunogenität Sekretorisches IgA und IgM an Schleimhäuten, IgG-Transudation in Lunge

IgG-Transudation in Lunge

Zeit bis zur Schutzwirkung wenige Tage 10–14 Tage

Schutz junger Kinder nach einer Dosis

+ (+)

Kreuz-Immunität gegen andere Influenzatypen

+ -

Wirksamkeit bei Kindern 82 %* 59 %*

Herdenimmunität + -

Transmissionsprophylaxe + (+)

* Daten aus Rose et al. [2012]

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Was wäre wenn? Modellrechnung zur generellen Gripp­eimpfung von Kindern in DeutschlandWürde die Grippe-Impfung auch in Deutschland für alle Kinder empfohlen, wäre das LAIV einem Totimpfstoff deutlich überlegen. In einer Modellrechnung für das deutsche Gesundheitssystem wurde analysiert, welche Veränderungen sich ergeben, wenn eine generelle Impf-empfehlung für Kinder von 2-17 Jahren ausgesprochen würde. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen in den USA, in denen zwar eine generelle Impfempfehlung für Kinder gilt, jedoch nur für jedes zweite Kind tatsäch-lich genutzt wird, wurde auch in der Modellrechnung für Deutschland angenommen, dass nur eine Impfrate von 50 % erreicht wird. Analysiert man einen Zeitraum von 10 Jahren, können durch den Einsatz des nasalen Grippe impfstoffes (LAIV) bei Kindern insgesamt 16,2 Millionen symptomatische Grippefälle verhindert wer-den. Entsprechend ließen sich damit auch Folgeerkran-kungen verringern, zum Beispiel über 600.000 Fälle von Otitis media und mehr als 130.000 Pneumonien. Trotz der Kosten für die Impfung könnte das Gesundheitssystem in diesem Zeitraum rund 90 Millionen Euro einsparen. Bezieht man die Kosten der Ausfälle am Arbeitsplatz mit ein, so würden durch eine generelle Impfempfehlung in Deutschland rund 3,6 Milliarden Euro eingespart wer-den [Rose et al. 2011].

4. Umgang mit Vorbehalten gegen die pädiatrische Influenzaimpfung

Für viele Eltern ist die Idee einer Grippeimpfung neu und ungewohnt, möglicherweise auch befremdlich. Die folgende Tabelle 3 soll Ärzten eine Argumentationshilfe geben, mit der sie häufige Vorbehalte und Bedenken der Eltern gegen eine Influenzaimpfung ihrer Kinder disku-tieren und ausräumen können.

Die nasal verabreichte LAIV ist in den USA seit über 10 Jahren zugelassen. Nach Angaben des Herstellers sind weltweit mehr als 60 Millionen Dosen verabreicht wor-den, ohne dass es zu schwerwiegenden unerwünsch-ten Arzneimittelwirkungen gekommen sei. Die gute Wirksamkeit, aber auch dessen gute Verträglichkeit bei Kindern, könnte zu einer höheren Akzeptanz der Influ-enzaimpfung und damit zu einem Anstieg der Impfrate auch in Deutschland führen. Um diese Chance aufzu-greifen und weiterzubringen, hat die Ständige Impfkom-mission (STIKO) ihre Empfehlung zur Influenzaimpfung aktuell angepasst: Ab der Saison 2013/2014 soll laut STIKO zur Impfung von Kindern im Alter von 2-6 Jahren bevorzugt ein LAIV eingesetzt werden, wenn keine Kon-traindikationen bestehen [RKI 2013] (siehe auch Tabelle 2). Allerdings behält die Impfkommission die Einschrän-kung einer Impfempfehlung auf diejenigen Kinder, die infolge eines Grundleidens einer erhöhten gesundheitli-chen Gefährdung ausgesetzt sind, derzeit bei.

Die Sächsische Impfkommission (SIKO) hat dagegen be-reits eine allgemeine Impfempfehlung ausgesprochen. Sie rät zu einer generellen Impfung von Kindern ab 6 Monaten, Jugendlichen und Erwachsenen. Bei Kindern zwischen 2-17 Jahren soll ebenfalls das LAIV bevorzugt werden [Sächsische Landesärztekamer 2014].

Tab. 2:Reduktion der Influenza-assoziierten Ereignisse bei Routineimpfung mit Lebendimpfstoffen im Vergleich zu Totimpfstoffen in Deutschland[modifiziert nach Rose et al. 2011]

Reduktion der Influenza-assoziierten Ereignisse (Typ A + B) Reduktion gesamt Reduktion bei Kindern unter 18 Jahren

Infektionen 24.200.000 9.100.000

Erkrankungsfälle 16.200.000 6.100.000

Akute Otitis media (AOM) 611.000 510.000

Ambulant erworbene Pneumonie-Erkrankungen (CAP) 131.000 75.000

Hospitalisierungen 169.000 70.000

Tote 5.100 800

Verlorene Lebensjahre 177.000 59.000

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Vorbehalte der Eltern

Argumente des Arztes

„Es ist doch nur eine Grippe!“

Im Gegensatz zum grippalen Infekt, der meist harmlos ist, verläuft die echte Grippe (Influenza) oft schwer und lang anhaltend. Die typischen Symptome sind hohes Fieber, Schüttelfrost, Muskel-, Glieder-, Rücken, Kopf- und Halsschmerzen sowie Husten. Die Influenza ist einer der häufigsten Gründe für schwere akute respiratorische Erkrankungen (ARE) bei Klein- und Schulkindern [Streng et al. 2012]. Auch Ko-Infektionen werden beobachtet, die zu Folgeerkrankungen, wie Mittelohrent-zündungen oder schweren Atemwegserkrankungen, führen können. Nach Hochrechnungen des Robert-Koch-Instituts kam es allein in der zurückliegenden Saison 2012/13 durch die Grippeinfek-tion zu mehr als 7.000 Krankenhausaufnahmen von Kindern unter 15 Jahren.

„Für Kinder gibt es keine gut wirksamen Grippeimpfstoffe.“

Gerade eine Impfung mit LAIV wirkt bei Kindern besonders gut, da ihr wenig trainiertes Immunsys-tem effektiv auf die Immunisierung mit dem Lebendimpfstoff reagiert.In klinischen Studien traten nach Impfung mit einem LAIV nur etwa halb so viele Grippeerkrankun-gen auf wie mit einem Totimpfstoff [Ambrose et al 2012b].

„Eine Influen-zaimpfung hat oft schlimme Nebenwirkungen.“

Die Influenzaimpfung wird im Allgemeinen gut vertragen. Nach einer Influenzaimpfung mit einem Totimpfstoff kann es kurzzeitig zu einer Schwellung und Rötung der Einstichstelle kommen. Auch Kopfschmerzen, Temperaturerhöhung und ein leichtes Krankheitsgefühl können auftreten. Beim LAIV kann eine verstopfte Nase als Lokalreaktion vorkommen, auch Schnupfen und leicht erhöhte Temperatur werden beobachtet [Belshe et al. 2008]. Allergische Reaktionen oder andere schwere Nebenwirkungen sind sehr selten.

„Influenzaimpfung kann eine Grippe auslösen.“

Totimpfstoffe enthalten Erregerkomponenten in inaktiver Form und können somit keine Grippe auslösen. Lebendimpfstoffe (LAIV) enthalten Erreger in abgeschwächter Form. Durch die nasale Impfung mit LAIV vermehren sich die Viren im oberen Respirationstrakt, wodurch es zu leichten Symptomen in diesem Bereich kommen kann. Im unteren Respirationstrakt können sich die tem-peratursensitiven Viren jedoch nicht vermehren, sodass LAIV keine Grippeerkrankung verursachen kann [Wutzler et al. 2013].

„Bei Kindern ver-läuft eine Influenza nicht so schlimm. Daher braucht mein Kind keine Impfung.“

Kinder – besonders Kleinkinder zwischen 0 und 4 Jahren – sind nicht nur häufiger von Influenzain-fektionen betroffen als Erwachsene, sondern haben auch überdurchschnittlich schwere Verläufe. In der Grippe-Saison 2012/2013 wurden 28.000 zusätzliche Arztbesuche je 100.000 Kinder allein für diese Altersgruppe verzeichnet. Kinder hatten unter den dem Robert-Koch-Institut gemeldeten Grippefällen einen besonders hohen Anteil von Krankenhausaufenthalten (22% der gemeldeten Kinder unter fünf Jahren) Auch ältere Kinder erkranken häufiger und schwerer als Erwachsene unter 60 Jahren [AGI 2013].

„Einmal Impfen schützt für mehrere Jahre.“

Die Influenzaimpfung muss jährlich wiederholt werden, da sich die Erreger von einem Jahr auf das andere verändern und die Impfstoffe jährlich angepasst werden müssen. Für 2-17-jährige Kinder gibt es in Deutschland aber einen lebendattenuierten Impfstoff, der zumindest teilweise auch gegenüber nicht geimpften Virusstämmen schützt (Kreuzimmunität). Dennoch wird auch für den nasalen Impfstoff eine jährliche Impfung empfohlen.

„Eine Influenzaimp-fung belastet mein asthmakrankes Kind unnötig.“

Insbesondere Kinder mit Asthma oder anderen chronischen Grundkrankheiten haben ein erhöhtes Risiko für schwere und sogar tödliche Krankheitsverläufe nach einer Influenzainfektion. Deshalb sollten gerade von chronischen Erkrankungen, wie Asthma bronchiale, betroffene Kinder gegen Influenza geimpft werden, wie es auch das Robert-Koch-Institut empfiehlt [RKI 2013].Neben den Totimpfstoffen wird auch das LAIV von asthmakranken Kindern gut vertragen. Diese sollten bei Kindern ab zwei Jahren bevorzugt angewendet werden. Lediglich Kinder und Jugendli-che mit nicht kontrolliertem Asthma sollten nicht mit einem LAIV geimpft werden [Ambrose et al. 2012b, RKI 2013].

„Warum sollte ich mein eigenes Kind impfen, um andere zu schützen?“

Die Grippeimpfung schützt natürlich das geimpfte Kind. Zusätzlich schützt die Grippeimpfung aber auch andere, die nicht geimpft werden (können), weil ein geimpftes Kind nicht oder kaum anstec kend ist. Kinder gelten wegen ihrer häufigen Grippeinfektionen auch als „Motoren der Influ-enza“. Deshalb ist die Grippeimpfung von Kindern auch besonders wirksam im Schutz von Unge-impften, zum Beispiel chronisch Kranken, die keinen Impfschutz haben, oder auch im Schutz ihrer eigenen Eltern. Der Schutz von anderen Menschen ist also ein nicht beabsichtigter, aber natürlich willkommener, Effekt der Grippeimpfung. Dies gilt insbesondere für Menschen, die durch Grippe hoch gefährdet sind, weil sie nicht geimpft werden können, zum Beispiel Kinder mit Leukämie und Chemotherapie.

„Mein Kind fürchtet sich vor der schmerzhaften Injektion.“

Die nasale Grippeschutzimpfung mit einem LAIV wirkt nicht nur besonders gut bei 2–17-jährigen Kindern. Sie ist auch vollkommen schmerzfrei, da sie als Nasenspray verabreicht wird.

Tab. 3: Argumentationshilfe für den Arzt gegen Impfvorbehalte der Eltern

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Pädiatrische Influenza: Chancen einer Impfausweitung Zertifizierte Fortbildung

5. Fazit

Kinder erkranken nicht nur oft selbst schwer an Influ-enza, sie sind auch die Hauptüberträger der Grippeviren. Um sie und ihre Umgebung besser schützen zu können, ist eine größere Akzeptanz der pädiatrischen Influenza-schutzimpfung wichtig. Dadurch kann die Impfrate er-höht und die Krankheitslast sowie die damit verbundene finanzielle Belastung des Gesundheitssystems reduziert werden. Eine umfassende Information und Aufklärung der Kinder und ihrer Eltern helfen, die Influenza-Impfrate in Deutschland zu erhöhen. Darüber hinaus können die neuen lebendattenuierten Impfstoffe, die seit der Sai-son 2012/2013 für Kinder von 2-17 Jahren in Deutschland zugelassen sind, zu einer besseren Akzeptanz beitragen. Sie wirken deutlich effektiver als die herkömmlichen, intramuskulär verabreichten Impfstoffe und werden in-tranasal – also schmerzfrei – angewendet.

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Pädiatrische Influenza: Chancen einer Impfausweitung Zertifizierte Fortbildung

25. Schumacher B. Kinder impfen, um Alte zu schützen? Ärzte Zeitung Online. Verfügbar unter http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektions-krankheiten/influenza_grippe/article/847337/leitartikel-grippeschutzimpfung-kinder-impfen-alte-schuetzen.html . Zugriff am 17.01.2014

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7. BildquellenTitelbild Intranasal © AstraZenecaAbb. 01 Wutzler 2011, Williams et al. 2010 Abb. 02 Hochrechnung aus AGI/RKI Saisonbericht 2012/2013, Abb 13Abb. 03 Kind mit Fieber © CGC GmbHAbb. 04 EMA (PEI 2014)Abb. 05 Intranasal © AstraZeneca

Tab. 01 Rose et al. 2012Tab. 02 modifiziert nach Rose et al. 2011Tab. 03 arztCME

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24. Sächsische Landesärztekammer. Allgemein, ohne besonderen Anlass empfoh-lene Impfungen. Online verfügbar unter http://www.slaek.de/de/03/36impfen/e1/allgimpf_1.php?lastpage=zur%20Ergebnisliste Zugriff am 16.01.2014

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Lernkontrollfragen

Bitte kreuzen Sie jeweils nur eine Antwort an.

1. Wie viel Prozent der Kinder in Deutschland sind gegen Influenza geimpft?

a. <10%b. >10%c. >30%d. >50%e. >70 %

2. Welche Aussage ist falsch? Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät folgenden Risikogruppen zur Influenzaimpfung:

a. Menschen mit Asthmab. Menschen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge eines Grundleidensc. Personen ab 50 Jahrend. medizinischem Personale. Bewohner von Alters- und Pflegeheimen

3. Welche Aussage zum Erkrankungsrisiko bei Influenza ist richtig?

a. Kinder und Jugendliche erkranken selten an Influenza.b. Senioren sind die Hauptüberträger der Influenza.c. Die ausgezeichneten Hygienemaßnahmen deutscher Schulen und Kindergärten konnten Influenzaausbrüche

bisher meist verhindern.d. Kinder stecken sich häufig in Kindergarten oder Schule an.e. Meist tragen Schwangere die Influenza in die eigenen Familien ein.

4. Welche Aussage zu den Komplikationen und Ko-Infektionen der Influenza ist richtig?

a. Ko-Infektionen mit Pneumokokken verlaufen üblicherweise harmlos.b. Einer Influenza geht oftmals eine Otitis media voraus.c. Schwere akute respiratorische Erkrankungen im Kindesalter sind nicht mit einer Influenzainfektion assoziiert.d. Verbreitete Folgeerkrankungen einer Influenza sind bakterielle Bronchitis und Sinusitis.e. Bei Erwachsenen wird im Gegensatz zu Kindern häufig eine höhere Lungenbeteiligung beobachtet.

5. Welche Aussage zur Labor-Diagnostik der Influenza ist richtig?

a. Virale Antigene können über Schnelltests nachgewiesen werden.b. Zum Erregernachweis werden Antikörper aus dem Blut des Patienten chromatografisch separiert.c. Ein Erregernachweis im Vorfeld einer spezifischen Therapie ist nicht sinnvoll.d. Fluoreszenzsequenzierung des Virusgenoms ist der Goldstandard.e. PCR-Verfahren sind zum Erregernachweis ungeeignet.

Das Online-Lernmodul, die zertifizierende Ärztekammer und den Bearbeitungszeitraum finden Sie unter:

www.arztcme.de/influenza_impfausweitung

Zur Teilnahme am Test scannen Sie bitte den QR-Code mit Ihrem Mobilgerät.Einen geeigneten QR-Reader finden Sie z. B. unter www.barcoo.com

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6. Welche Totimpfstoffe sind in Deutschland zur pädiatrischen Influenza-Prophylaxe zugelassen (Stand Januar 2014)?

1. Monovalente Totimpfstoffe2. Bivalente Totimpfstoffe3. Trivalente Totimpfstoffe4. Quadrivalente Totimpfstoffe5. Pentavalente Totimpfstoffe

a. Nur 1 ist richtigb. Nur 2 ist richtigc. 2 und 3 sind richtigd. 3 und 4 sind richtige. Nur 5 ist richtig

7. Welche Antigen-Zusammensetzung empfiehlt die WHO für trivalente LAIV?

a. 3 Influenza-A-Subtypen b. 2 Influenza-A-Subtypen und eine Influenza-B-Variante c. 1 Influenza-A-Subtyp und 2 Influenza-B-Variantend. 3 Influenza-B-Variantene. Es gibt bislang keine trivalenten LAIV auf dem deutschen Markt.

8. Welche Aussage zur Effektivität von Grippeimpfstoffen bei Kindern ist richtig (Metaanalyse von Ambrose et al. [2012a])? LAIV-Prophylaxe führte im Vergleich zu Prophylaxe mit inaktivierten Impfstoffen nach zwei Jahren zu:

a. 24%-28%wenigerGrippeerkrankungen.b. 44%-48%wenigerGrippeerkrankungen.c. 24%-28%mehrGrippeerkrankungen.d. 44%-48%mehrGrippeerkrankungen.e. Keiner deutlichen Reduktion von Grippeerkrankungen.

9. Welche Aussage zu den Merkmalen von LAIV und Totimpfstoffen ist falsch?

a. LAIV schützen auch junge Kinder bereits nach einer Impfdosis.b. Ein positiver Nebeneffekt des LAIV ist die Herdenimmunität.c. Totimpfstoffe wirken bereits nach wenigen Tagen.d. Totimpfstoffe müssen bei bisher ungeimpften Kindern zweimal injiziert werden, bevor ein umfangreicher Impf-

schutz gegeben ist.e. Ein Totimpfstoff ist dem LAIV hinsichtlich seiner Wirkung bei Kindern unterlegen.

10. Welche Aussage zur Akzeptanz der Influenzaimpfung ist falsch?

a. Mit dem LAIV gibt es eine schmerzlose Alternative zu injizierten Impfstoffen.b. Schul-Impfprogramme können die Influenza-Impfrate steigern.c. Die STIKO empfiehlt für 2–6-jährige Risikokinder ein LAIV zur Impfung zu bevorzugen.d. Eine Influenza-Schutzimpfung muss jedes Jahr aufgefrischt werden. e. Die Ständige Impfkommission (STIKO) rät zu einer generellen Impfung aller 2–17-jährigen Kinder.

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Die Erstfassung dieses CME-Beitrags wurde durch AstraZeneca finanziell unterstutzt. Details zum Sponsoring der arztCME-Fortbildungen finden Sie unter www.arztcme.de/impressum.