Parteiprogramm Die Frauen

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Feministische Partei DIE FRAUEN Parteiprogramm zuletzt geändert im März 2012

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  • Feministische Partei DIE FRAUEN

    Parteiprogramm

    zuletzt gendert im Mrz 2012

  • Programm der Feministischen Partei DIE FRAUEN Stand April 2012

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    PRAMBEL

    Die Feministische Partei DIE FRAUEN stellt die Sichtweisen von Frauen in den Mittelpunkt ihrer Politik. Die wirtschaftliche Lage von Frauen spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie die Verwirklichung ihrer Rechte auf Selbstbestimmung in Bezug auf Sexualitt, Schwangerschaft und die Wahl ihrer Lebensweise. Wir wollen mehr politische Macht fr Frauen. Nicht nur, weil das ein Gebot der Demokratie und der Gerechtigkeit ist - schlielich sind Frauen die Mehrheit - sondern auch, weil wir der festen berzeugung sind, dass die bestehende Gesellschaftsordnung aus Sicht der Frauen neu gestaltet werden muss. Wir setzen uns dafr ein, dass die ungerechte Aufteilung in unbezahlte Versorgungsarbeit, die berwiegend von Frauen geleistet wird, und bezahlte Arbeit, welche mehrheitlich Mnnern zugewiesen ist, aufgehoben wird. Die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker haben die Aufgabe dafr zu sorgen, dass diese Ungerechtigkeiten berwunden und der gesellschaftliche Reichtum gerecht verteilt wird. Wir stellen Folgendes fest: Die prekre Weltlage, in der wir uns befinden, die Armut, der Hunger, die Ausbeutung von Menschen und der Raubbau an der Natur, alle Kriege und die Gefhrdung unseres Lebens durch Atomkraftwerke und Chemieindustrie basieren auf dem patriarchalen Denksystem und den entsprechenden gesellschaftlichen Strukturen. Wir Feministinnen versprechen uns von einer feministischen Politik eine gerechtere und am Leben und den Bedrfnissen aller Menschen und Lebewesen orientierte Herangehensweise. Der Leitgedanke der Politik der feministischen Partei DIE FRAUEN ist das Prinzip der gleichwertigen Vielfalt, das Unterdrckung ausschliet. Elemente der gleichwertigen Vielfalt sind u. a. die selbstver-stndliche Anerkennung der Gleichwertigkeit von Frauen und Mnnern und das gleichwertige Mit- und Nebeneinander aller menschlichen Lebensweisen, unabhngig vom Geschlecht, Alter, Ethnie und Reli-gionszugehrigkeit. Ausdrcklich ausgenommen ist eine falsch verstandene Toleranz, die unter dem Deckmantel des Respekts vor einer anderen Kultur menschenverachtende Praktiken wie z.B. Genital-verstmmelung oder die Verschleierung von Frauen rechtfertigt. Feminismus ist ein eigenstndiges Denk- und Handlungssystem, das die Zielrichtung hat, das Leben auf der Erde gerecht und menschenwrdig zu gestalten. Ohne Feminismus ist keine friedliche Zivilisation mglich. Wir leben heute in einer patriarchalen Welt voller Kriege, Umweltzerstrung und Gewalt. Wesentliche Sttzpfeiler dieser Gesellschaftsordnung sind die Kontrolle ber die Sexualitt -insbesondere der Frauen - und die systematische Organisierung von Gewalt durch Aufrstung und Kriege sowie das Prinzip der Ungleichheit, auch "Kapitalismus" oder "Neoliberalismus", genannt. Es uert sich in Konkurrenz, Gewalt und Ausbeutung. Ausbeutung kann es nur geben, wenn es ein Oben und Unten, Sieger und Besiegte, Reiche und Arme., sog. "entwickelte" und "unterentwickelte" Lnder, Gebildete und Unwissende, Wertvolles und Wertloses, bezahlte und unbezahlte Arbeit und die Bevorzugung der konomie vor der kologie gibt. Diese Erkenntnis beinhaltet zwingend die Abkehr vom patriarchalen Denksystem und den entsprechenden gesellschaftlichen Strukturen. Im Feminismus gibt es im Vergleich zum Patriarchat einen Wandel der Werte: Im Mittelpunkt steht die Lebensqualitt alles Lebendigen. Statt zynischer Konzepte wie Konkurrenz und Ausbeutung setzen wir auf Kooperation und gerechte Teilhabe. Dem pyramidenfrmigen, hierarchischen Aufbau der Gesell-schaft setzen wir den Kreis oder die Spirale als Modell gegenber, die Gleichwertigkeit und zyklisches Denken als wesentliche Elemente beinhaltet. Hingegen sind Konzepte, die ausschlielich auf Gender Mainstreaming setzen, kontraproduktiv, weil sie das patriarchale System eher stabilisieren als auflsen. Die Umwandlung des Patriarchats in eine Gesellschaft der Balance kann nur mit einer strikten Bercksichtigung der Quote - entsprechend des Bevlkerungsanteils - mit feministischen Konzepten begonnen werden. Wir wissen, dass die Verwirklichung unserer Vision einer gerechten Gesellschaft nicht kurzfristig zu erreichen ist. Deshalb mssen wir heute schon damit beginnen. Grundlage unseres Programms ist jene Frauenbezogenheit, die die italienischen Feministinnen als Affi-damento bezeichnen, dessen Herzstck Gefhle der Verbundenheit und Dankbarkeit, der Verantwor-

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    tung und Loyalitt sind. Es handelt sich hierbei um eine Beziehungsform, in der Frauen einander ver-trauen und sich gegenseitig einen Zugang zur Welt, aber auch zu existenziellen Ressourcen verschaffen. Das Affidamento ist eine Art geistigen und materiellen Mzeninnentums; eine Theorie und Praxis des Freinander-Daseins von Frauen und somit eine Beziehungsform, fr die es im Patriarchat noch keinen Namen gibt, da sie dort unbekannt ist - genauer gesagt: unbekannt gemacht wurde. Sie ist dort nicht vorgesehen und hat daher auch noch keinen sozialen Raum. Folglich ist sie den wenigsten Frauen ver-traut, jedoch unverzichtbar im konstruktiven Umgang miteinander wie auch in der Formulierung not-wendiger politischer Forderungen. Viele von uns leiden an den vielfltigen unsolidarischen Umgangsformen, die in Frauenzusammenhn-gen immer wieder zum Ausdruck kommen. Es handelt sich dabei um letztlich zerstrerische Tendenzen wie Neid, Missgunst, Dominanzverhalten, gegenseitige Abwertung, Passivitt, Unverbindlichkeit und Schlamperei einiger Frauen, die die Arbeit aller gefhrden. Diese Formen des Umgangs sind zum einen eine Folge der Tatsache, dass wir frauenorientiertes Verhalten nicht von klein auf gelernt haben und resultieren zum anderen daraus, dass wir aus der symbolischen Ordnung der Welt ausgeschlossen sind. Sprache, Kultur, Religion, verwendete Symbolik, kurz: alle geistigen und psycho-sozialen Ausdrucks-formen sind mnnlich-patriarchal geprgt und das heit: auf mnnliche Bedrfnisse hin zugeschnitten. So hatte unser Denken und Handeln nie einen eigenstndigen Wert und wir lernten, es als bedeutungs-los einzustufen. Weil Mnner uns als Frauen nicht wirklich ernst nahmen, taten wir es auch nicht. Ohne eine Theorie und Praxis des Affidamento ist eine tiefgreifende Emanzipation folglich nicht mg-lich. Wir erklren daher ihre Pflege zu einem integralen Bestandteil unserer Frauenpolitik und erkennen damit an, dass eine Frau fr ihre Identitt vor allem andere Frauen braucht, die ihr Heimat sind, bei der Existenzsicherung helfen sowie ihr Orientierung und Halt bieten. Nur auf der Grundlage des Affida-mento lsst sich so eines der grundlegendsten Probleme der Frauen lsen: Ihre existenzielle Abhngig-keit vom Mann, aus der ihm eine Macht erwchst, die weder ihm, noch ihr, noch den Kindern oder der Natur gut tut. Wir verhindern mit Hilfe des Affidamento,

    - dass weiterhin ein immerwhrender Strom weiblicher Energien aus dem eigenen Energie- und Machtbereich in jenen des Mannes fliet,

    - dass unsere Tchter von klein auf in Beziehungsgefge hineinwachsen, die entweder mnnlich ge-prgt oder primr an mnnlichen Bedrfnissen ausgerichtet sind,

    - dass der Kampf um weibliche Freiheit weiterhin missverstanden wird als ein Kampf um Macht und Privilegien, die uns lediglich in bestehende Strukturen eingliedern.

    Stattdessen rcken die Beziehungen unter Frauen in den Mittelpunkt und damit die Notwendigkeit, die-se von Grund auf zu verndern. Nur so verliert der Kampf um die Freiheit der Frau seine Abhngigkeit von mnnlichem Wohlwollen; denn mit Hilfe des Affidamento emanzipieren wir uns wirklich und nehmen unsere Befreiung endgltig selber in die Hand.

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    Inhaltsverzeichnis 1. FRAUEN IN DIE POLITIK ........................................................................................................6 2. FEMINISTISCHE KONOMIE.................................................................................................7

    Analyse.............................................................................................................................................7 Basis der Feministischen konomie............................................................................................7 Kritik der neoliberalen konomie ...............................................................................................8 Die deutsche Wirtschafts- und Fiskalpolitik benachteiligt Frauen ............................................10

    Unsere Forderung: Globaler Wertewandel ....................................................................................11 kofeministische Weltinnenpolitik ...........................................................................................11 Nationale Manahmen zum Umbau der konomie: vom Falschen zum Notwendigen............12

    3. KOLOGIE UND LEBENSGRUNDLAGEN .........................................................................14 Vorrang fr kologische Landwirtschaft .......................................................................................15

    Folgen konventioneller Landwirtschaft .....................................................................................15 Notwendige Umstellungen im Bereich der Landwirtschaft.......................................................15

    Frauen in Ernhrung und Landwirtschaft ......................................................................................15 Lage der Landwirtinnen im globalen Norden ............................................................................15 Von der Subsistenz zur Saisonarbeit..........................................................................................15 Die Folgen grner Gentechnik...................................................................................................15 Strkung der Stellung von Frauen in der Landwirtschaft ..........................................................16

    Waldbau und Jagd..........................................................................................................................16 Waldbau in Europa.....................................................................................................................16 Jagd als Hobby...........................................................................................................................16 Weltweite Waldvernichtung fr den Norden .............................................................................16 Durchsetzung der nachhaltigen Waldwirtschaft in Europa........................................................17 Bedingungen fr die Jagd in Deutschland .................................................................................17 Manahmen zum Erhalt des Waldes weltweit ...........................................................................17

    Wasser............................................................................................................................................17 Tierrechte .......................................................................................................................................17

    4. ENERGIE UND VERKEHR.....................................................................................................18 Energie ...........................................................................................................................................18 Verkehr...........................................................................................................................................19

    5. FRAUEN FR EUROPA..........................................................................................................19 Grundverstndnis der Europischen Gemeinschaft .......................................................................19 Fr ein friedliches Europa..............................................................................................................20 Infrastruktur und Geschlechtergerechtigkeit / Kommunale Daseinsvorsorge ...............................21 kologie und Verantwortung fr die nchste Generation .............................................................21 Europa ohne Grenzen.....................................................................................................................21 Fr ein Europa der echten Demokratie ..........................................................................................22 Europisches Steuerunrecht ...........................................................................................................23 Forderungen an Europa..................................................................................................................23

    6. FRIEDEN...................................................................................................................................24 7. MIGRANTINNEN UND FLCHTLINGE ..............................................................................25

    Frauen auf der Flucht .....................................................................................................................26 8. ANTISEMITISMUS..................................................................................................................27 9. RASSISMUS .............................................................................................................................27 10. GLEICHSTELLUNG ALLER LEBENSWEISEN ...............................................................29

    Familie ...........................................................................................................................................30 Wohngemeinschaften.....................................................................................................................30 Lesben ............................................................................................................................................30

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    Leben mit Kindern .........................................................................................................................31 Recht auf Betreuung...................................................................................................................31 Das Sorgerecht und die Teilung der Erziehungszeit ..................................................................31

    11. WIDER DIE GEWALT GEGEN MDCHEN UND FRAUEN...........................................33 Abschaffung sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Kinder ......................................................34

    Welche Auswege gibt es? ..........................................................................................................35 Was muss sofort getan werden?.................................................................................................36

    Prostitution.....................................................................................................................................36 Pornographie und Pornographisches..............................................................................................39

    Pornographie ..............................................................................................................................39 Pornographisches .......................................................................................................................39

    12. BEVLKERUNGS-POLITIK UND DER 218..................................................................41 Der 218........................................................................................................................................41 Reproduktionstechnologien / Bevlkerungspolitik........................................................................42

    Ethische Grundstze...................................................................................................................42 Reproduktionstechnologien .......................................................................................................42

    13. GESUNDHEIT ......................................................................................................................43 Patriarchal-konomischer Ansatz ..................................................................................................43 Patriarchal-medizinischer Ansatz ..................................................................................................43 Folgen.............................................................................................................................................44 Forderungen ...................................................................................................................................44

    14. BILDUNG..............................................................................................................................45 Vorschlge zu einer feministischen Schule ...................................................................................45

    Verndertes Verhalten gegenber der Schule............................................................................48 Verndertes Verhalten gegenber den Mitmenschen und der Umwelt .....................................48 Vernderte Methoden der Wissenserarbeitung ..........................................................................49

    Frauen in "Mnnerberufen" - HandwerkerInnen .........................................................................49 Hochschule und Fachhochschule ...................................................................................................50

    Rahmenbedingungen..................................................................................................................50 Hochschulstruktur ......................................................................................................................51 Forschung...................................................................................................................................52 Lehre ..........................................................................................................................................52

    15. KULTURPOLITIK................................................................................................................53 16. ARCHITEKTUR UND STADTPLANUNG.........................................................................53

    Situation .........................................................................................................................................53 Manahmen der Um- und Durchsetzung .......................................................................................56

    Forschung...................................................................................................................................56 Lehre ..........................................................................................................................................56 Gesetzgebung .............................................................................................................................56

  • 1. FRAUEN IN DIE POLITIK Bis 1986 betrug der Anteil der Frauen un-ter den Abgeordneten des Deutschen Bundestags nie ber 10%. Bei der Bun-destagswahl 1993 schafften es die 142 weiblichen Abgeordneten erstmals, den Anteil der Frauen auf ber 20% zu erh-hen. Heute rhmen sich bundesdeutsche Politiker, dass der Anteil der Frauen im Bundestag ber 30 Prozent betrgt. In der 15. Legislaturperiode (2002 bis 2005) war zwar immerhin ein Drittel der Abgeordneten weiblich, der Frauenanteil war bei der Wahl zur 16. Legislaturperiode 2005 jedoch erstmals rcklufig. Auch dies spricht dafr, dass hier die mnnliche Schmerzgrenze der "geschlechtergerech-ten Machtverteilung" erreicht ist. Obwohl Kanzler Schrder immerhin 6 Mi-nisterinnen in sein Kabinett geholt hatte, wurden die politisch durchaus entschei-denden StaatssekretrInnenposten von 39 Mnnern und 12 Frauen besetzt. Auch die schwarz-rote Regierungsbildung 2005 hat dieses Verhltnis nicht entscheidend zu Gunsten der Frauen gendert. Bundes-kanzlerin Merkel, die sich keinesfalls als "Politikerin fr Frauen" zeigen darf, hat die Zahl der Ministerinnen auf 5 reduziert (33%). Unter den Ministerialbeamten sind nur 8 Frauen unter 23 Mnnern zu finden - das entspricht einem Frauenanteil von 26%. Wir stellen fest, dass dies angesichts des Frauenanteils an der Bevlkerung immer noch beschmend wenig ist und dass Frauen heutzutage immer noch weit davon entfernt sind, ber den Machtanteil zu ver-fgen, der ihnen zusteht. Obwohl es erst-mals in der Geschichte der Bundesrepu-blik Deutschland eine weibliche Kanzlerin gibt, sind die Machtpositionen in allen Par-teien, in der Bundesregierung und in den Ministerien zur Mehrheit von Mnnern be-setzt. Unsere Forderung "Frauen in die Politik" setzt nicht erst auf der Ebene der Mandatstrgerinnen an, sondern schon dort, wo Mdchen und Frauen politisch gebildet werden. Hier muss es zuknftig zu einer Bildung aus feministischer Sicht kommen. In Bezug auf den Anteil der Frauen in den Parlamenten geht es der Feministischen Partei DIE FRAUEN um zweierlei Dinge:

    1. Wir wollen den zahlenmigen Anteil der Frauen im Bundestag, in allen Landes- und Kommunalparlamenten und in allen Machtpositionen auf mindestens 50 Pro-zent erhhen. Die 613 Abgeordneten des Bundestages in der 16. Legislaturperiode setzen sich aus 494 Mnnern (69%) und 193 Frauen (31%) zusammen. Nach dem geltenden Bundeswahlgesetz wird die eine Hlfte der Bundestagsabge-ordneten ber die Landeslisten der Partei-en und die andere Hlfte von den Whle-rinnen und Whlern in den Wahlkreisen direkt gewhlt. Die DirektkandidatInnen werden von den jeweiligen Kreisverbn-den der Parteien aufgestellt - eine Person pro Partei und Wahlkreis. Sie treten ge-geneinander zur Wahl an, wobei in jedem Wahlkreis nur eine Person direkt gewhlt werden kann. Die direkt gewhlten Abge-ordneten sind mehrheitlich Mnner. Die Frage, ob die Kreisverbnde der Par-teien eine Frau oder einen Mann als Di-rektkandidatln aufstellen und ob letzten Endes eine Frau oder ein Mann von der Gesamtwhlerlnnenschaft in den Bundes-tag gewhlt wird, kann nicht gesetzlich be-stimmt werden. Die Landeslisten der Par-teien, die von den Landesparteitagen auf-gestellt werden, knnen hingegen quotiert werden, wobei eine Quotierung auch ge-setzlich vorgeschrieben werden kann. Die Feministische Partei DIE FRAUEN will das Bundeswahlgesetz derart ndern, dass ein mindestens 50-prozentiger Frau-enanteil im Bundestag garantiert werden kann. Dazu ist es ntigt, den geringen Frauenanteil unter den direkt gewhlten Abgeordneten durch einen vorgeschriebe-nen Frauenanteil auf den vorderen Lan-deslistenpltzen auszugleichen. Auf diese Weise kann der hohe Mnneranteil unter den direkt gewhlten Abgeordneten kom-pensiert und eine zumindest annhernd gerechte Verteilung der Parlamentssitze unter Frauen und Mnnern erreicht wer-den. Wir fordern mehr Mandate und mehr Macht in diesem Lande nicht nur fr Frau-en deutscher Staatsangehrigkeit. Auch MigrantInnen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, mssen das Wahl-recht bekommen. Ihr Anteil in den Parla-menten und in der Regierung muss eben-falls ihrem Anteil an der Bevlkerung ent-

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    sprechen, was nach dem gleichen Modell realisiert werden knnte (auch Programm-teil "MigrantInnen und Flchtlinge"). 2. Es geht uns nicht nur darum, mehr Ab-geordnete weiblichen Geschlechts in die Parlamente und mehr Frauen in Machtpo-sitionen zu bekommen. Wir wissen, dass Frauen in gemischten Parteien stets auch die Interessen der Mnner in ihren Partei-en vertreten mssen, um von ihnen als Kandidatin gewhlt zu werden. Entspre-chend mnnerorientiert sieht die Politik dieser Frauen aus: Die Schere im eigenen Kopf und die Angst, dass eine konsequen-te Frauenpolitik mit dem Entzug des Man-dats bestraft wird, dominiert die Politik der "Frauenpolitikerinnen" smtlicher gemischt geschlechtlicher Parteien. In der Forde-rung nach mehr Macht fr die Frauen in allen Parteien sehen wir dennoch ein Ge-bot der Gerechtigkeit, fr das wir uns grundstzlich stets einsetzen werden. Un-sere eigentliche Aufgabe besteht jedoch darin, als Feministinnen selbst in das poli-tische Geschehen einzugreifen, alle politi-schen Themen auf die Frage hin zu unter-suchen, was sie fr Frauen bedeuten und welche Wirkung sie fr Frauen haben. Deswegen haben wir die Feministische Partei DIE FRAUEN gegrndet. In unserer Partei werden Frauen von Frauen zu dem Zweck gewhlt, Politik fr Frauen zu ma-chen. Hierbei gehen wir von der berzeu-gung aus, dass feministische Politik fr alle Menschen sinnvoll und die Vorausset-zung fr das Weiterleben auf dieser Erde ist.

    2. FEMINISTISCHE KONOMIE

    Analyse

    Basis der Feministischen konomie

    Macht und Machtverhltnisse zeigen sich massiv in konomischen Verhltnissen, in denen Menschen leben. Feministische konomie zeigt die Grundlagen konomi-scher Diskriminierung auf und fragt da-nach, was, wie, wo, von wem gearbeitet, produziert, geleistet und verteilt wird. We-sentlich dabei ist auch, wer seine/ihre Inte-

    ressen wie artikulieren, einbringen und durchsetzen kann. Ausgangspunkt der Feministischen ko-nomie ist die Lebensrealitt von Frauen und die damit verbundenen Erfahrungen von Frauen in der Gesamtwirtschaft. Es wird nach Strukturen und Machtverhltnis-sen gefragt, die die Frauen konomisch diskriminieren und wie diese verndert werden knnen. Feministische konomie schaut aus der Perspektive von Frauen auf wirtschaftliche Vorgnge und analy-siert diese. Sie hinterfragt die Bewer-tungssysteme des Marktes, denn sie ver-steht Wirtschaften als Einheit von Er-werbs- und Versorgungswirtschaft und als eingebettet in die natrliche Mitwelt und das soziale Leben der Menschen. Feministische konomie geht davon aus, dass die herrschende konomie auf sexis-tischen und rassistischen Annahmen ba-siert. Eine davon ist das Menschenbild des Homo Oeconomicus. Bei diesem handelt es sich um einen Akteur ohne Verpflichtun-gen oder Verantwortlichkeiten mit den Ei-genschaften Eigennutzorientierung und Konkurrenzverhalten. Der Homo Oecono-micus ist als Idealtypus ein autonomes, vollkommen informiertes, von sozialen Zu-sammenhngen unabhngiges Wesen. Er versucht tapfer, listig und ausschlielich rational, die Unberechenbarkeit von Markt, Natur und Frauen in den Griff zu bekom-men. Geburt, Tod, Krankheit, Abhngig-keit, Beziehungen kommen in diesem Menschenbild nicht vor, was auf ein be-sonders asoziales Mnnlichkeitsbild als Basis der Wirtschaftstheorie hinweist. Die-ses Menschenbild wird von der Feministi-schen konomie hinterfragt; sie geht von einem Menschenbild aus, das Menschen in ihren vielfltigen Dimensionen erfasst. Sie bercksichtigt Frauen und Mnner auch als krperliche Wesen, ausgehend vom Bewusstsein, dass Menschen einen Krper haben und Krperlichkeit eine be-deutsame, aber in der konomie vernach-lssigte Tatsache ist. Darauf aufbauend fordert Feministische konomie, dass wirtschaftliches Handeln vorrangig mit dem Organisieren des Lebensnotwendi-gen in Verbindung gebracht werden muss.

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    Kritik der neoliberalen konomie

    Androzentrismus

    konomische Analysen nehmen nur einen Teil der wirtschaftlichen Aktivitten wahr; sie sind berdies nicht wertfrei, sondern androzentrisch. Das konomische Leben von Frauen, das weltweit vor allem auf Subsistenz, Versorgungsttigkeiten und Sorgearbeit basiert, findet keine Berck-sichtigung. Denn unser Wirtschaftssystem dient den kurzfristigen Interessen einer weien, mnnlichen Minderheit.

    Wachstum und Fortschrittsdenken

    Die Vorstellung eines unbegrenzten Wachstums ist Teil der patriarchalen Ideo-logie. Im gngigen Wirtschafts- und Geld-system muss diese Wachstumsideologie zu Zusammenbruch und Katastrophen sowohl in konomischen als auch in ko-logischen und sozialen Bereichen fhren. Die Marktprinzipien Wachstum, Effizienz- und Profitsteigerung basieren auf der weltweiten Ausbeutung menschlicher und natrlicher Ressourcen. Die Schere zwi-schen sehr wohlhabenden und sehr armen Menschen ffnet sich immer weiter. Die mit der globalen Ausbeutung verbundene Verknappung von Ressourcen, Umwelt-zerstrung und Klimawandel fhren zur weiteren Verschlechterung der Lebens-umstnde insbesondere von Frauen und Kindern im globalen Sden. Dabei mssen auch die Folgen des zunehmenden Hun-gers und der Armut vorwiegend von Frau-en aufgefangen werden, da sie eine Schlsselrolle fr Ernhrung, Gesundheit und Kindererziehung, fr berlebenssi-cherung und den sozialen Zusammenhalt von Familien und Gesellschaften inneha-ben.

    Finanzmarkt-konomie

    Wirtschaftliches Handeln muss dem Aus-tausch von gesellschaftlich ntzlichen Wa-ren und Dienstleistungen dienen. Die Fi-nanzmarkt-konomie ist fr die Versor-gung von Menschen mit notwendigen G-tern und Dienstleistungen nicht nur ber-flssig, sondern fr das Funktionieren der so genannten Realwirtschaft Produkte und Dienstleistungen jenseits von Kapital-spekulationen - auerordentlich schdlich.

    Zu viel vom Schdlichen zu wenig vom Notwendigen

    Die Wirtschaft produziert weltweit zu viel von Unntzem und Schdlichem, aber zu wenig vom gesellschaftlich Notwendigen. Dabei wird berproduktion gezielt gefr-dert und die natrlichen Lebensgrundla-gen der Menschen und anderer Lebewe-sen zerstrt.

    Frauenarbeit wird weltweit marginalisiert

    Eine der Hauptsttzen unseres destrukti-ven Wirtschaftssystems ist die schlecht oder unbezahlte Frauenarbeit, insbeson-dere im Sorge, Versorgungs- und Sub-stistenzbereich. Obwohl sie den grten Anteil der gesamten weltweit geleisteten Arbeit ausmacht, gilt sie als unproduktiv und taucht in keiner konomischen Analy-se auf.

    Konzentration auf Produktivitt diskriminiert Care-konomie

    Unter Care-konomie werden wirtschaftli-che Ttigkeiten verstanden, die sich mit der Versorgung, der Pflege, bzw. der Sor-ge um und fr andere Menschen befas-sen. Durch die Leistungssteigerungen in der Produktion wurden in den vergange-nen Jahrzehnten die Lohnstckkosten drastisch reduziert. Diese Produktivitts-steigerung ist jedoch auf diejenigen Ttig-keiten nicht bertragbar, die sich mit der Pflege und Versorgung von Menschen be-schftigen. Autos oder Waschmaschinen knnen immer billiger gebaut werden, aber Kinder knnen nicht effektiver betreut, Kranke nicht schneller gepflegt werden. Die Arbeit mit und am Menschen verlangt ein anderes Verstndnis von Zeit sowie Umstnde, die mit der Logik der Lohn-stckkosten nicht vergleichbar sind. Beru-fe der Care-konomie wie zum Beispiel Pflege und Erziehungsberufe, die vor al-lem von Frauen ausgebt werden, sind dadurch strker von der Abnahme der Re-allhne betroffen. Diese Besonderheiten der Care-konomie werden in der herr-schenden konomie-Theorie ignoriert.

    Neoliberale Politik verstrkt die Spaltung unter Frauen.

    Die berufliche Integration von Frauen in formale Wirtschaftsstrukturen wird hoch bewertet. Frauen, die dem Marktmodell

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    entsprechen knnen und wollen, drfen an den neoliberalen Gewinnen teilhaben. Die grundlegende feministische Forderung nach verstrkter Einbindung von Mnnern in die unbezahlte Haus- und Versorgungs-arbeit bleibt auf der Strecke; die beste-henden Geschlechterarrangements und Geschlechterstereotypen werden nicht aufgehoben. Stattdessen sind die Frauen aufgefordert, diese Ttigkeiten als Nach-frage auf den Markt zu bringen. Denn kar-riereorientierte Berufsttigkeit ist auf ein Individuum ausgerichtet, das keine Ver-sorgungsarbeiten zu bernehmen hat, bzw. das von der Arbeit des Alltags entlas-tet ist. Insbesondere Mutterschaft und an-spruchsvolle Erwerbsttigkeit sind heutzu-tage oft nur mit Hilfe von Dienstpersonal miteinander zu vereinbaren. Die Delegati-on von Haus- und Versorgungsarbeiten erfordert hohe Einkommensunterschiede zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehme-rin (Herrin und Magd). Die Gleichstellung zwischen Mnnern und Frauen einer bestimmten Schicht erfolgt also auf Kosten einer neuen sozialen und ethnischen Ungleichheit zwischen Frauen und trgt zur Stabilisierung des patriarcha-len Systems bei. hnlich wie Anfang des 20. Jh. wird auch heute wieder der grte Teil der schlecht bezahlten Dienstleistungsarbeiten fr Pri-vathaushalte von Frauen geleistet vor allem durch Migrantinnen in sozialversi-cherungsfreien Beschftigungsverhltnis-sen. Ihre eigenen Kinder mssen diese Frauen im Heimatland zurcklassen. Die-ser globalen Frsorgekette entlang wer-den Haus- und Versorgungsarbeiten auf der sozialen Klassenleiter nach unten ge-reicht. Es entsteht eine neue ethnisch de-finierte weibliche Unterklasse.

    bernutzung von Gemeingtern

    Gesellschaftliche, bzw. konomische Teil-habe bestimmt sich nicht nur aus dem Zu-gang zu Konsum- und Arbeitsmrkten, sondern auch durch Zugang zu Gemein-gtern: Saubere Umwelt (Luft, Wasser, Boden, Erdatmosphre, intakte Natur), aber auch regionale Mobilitt, Bildung und Wissen, ffentliche Sicherheit. Diese kultu-rellen Errungenschaften sowie die natrli-chen Ressourcen werden von verschiede-nen Interessensgruppen (Unternehmen, private und ffentliche Haushalte) ber-

    nutzt. Die Kosten fr die Reparatur der Schden an Gemeingtern und an der menschlichen Gesundheit werden auf die Gemeinschaft abgewlzt. Es wird ge-schtzt, dass diese Kosten etwa einem Fnftel des Weltsozialproduktes entspre-chen. Die klassische Wirtschaftstheorie ignoriert die Fhigkeit von sozialen Ge-meinschaften zur Selbstorganisation. Sie vermittelt die Botschaft, dass Allgemeing-ter wie z.B. Wasser oder Bildung effek-tiver genutzt werden, wenn sie sich in Pri-vateigentum befinden. In Folge dieser Po-litik wurden die gesellschaftlichen Ge-meingter immer mehr einem Ausverkauf unterworfen. Die negativen Folgen ma-chen sich zunehmend bemerkbar: einge-schrnkter Zugang zu Gemeingtern, Ver-schlechterung der Qualitt von Gemeing-tern (z.B. Trinkwasser, Mobilitt, Atemluft, Klimavernderung) und mittelfristig erhh-te Kosten, die die Allgemeinheit zu tragen hat. Insbesondere Frauen und Kinder sind hier die Leidtragenden, da sie in erhhtem Umfang auf gesellschaftliche Daseinsfr-sorge angewiesen sind (Bildung, Gesund-heit, intakte Natur, Nahverkehrsmobilitt) und auf deutlich weniger Geld als Mnner zurckgreifen knnen.

    Wirtschaftspolitik und Demokratieverstndnis

    Frauen konnten bis in das 20. Jahrhundert konomische Erfahrungen nur in Rumen und Orten machen, die ihnen von Mn-nern zugewiesen und gelassen wurden sowie unter den Strukturen, die Mnner schufen, und Werten, die Mnner setzten. In Deutschland endete das Organisati-onsverbot fr Frauen erst 1908. Auch heute noch sind Frauen in den ent-scheidenden Stellen der Wirtschaftswis-senschaften und der Wirtschaft nur margi-nal vertreten. Hauptschlich Mnner ent-scheiden ber die Belange der Brgerin-nen und Brger und ber die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik. Es waren Mnner, die dem Homo Oeconomicus zu seiner Berhmtheit verholfen hatten. Und es sind hauptschlich Mnner, die sich in der Aus-richtung der Wirtschafttheorie weiterhin auf diesen unsozialen konomischen Ar-chetypen beziehen, der mit der realen Le-benswelt von Frauen und Kindern nichts zu tun hat. Weltweit werden sie auf die schlecht bezahlten Arbeitspltze verwie-sen und gezwungen, sich an einen Ar-

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    beitsmarkt zu verkaufen, der keine Rck-sicht auf die immer noch geschlechtsste-reotype Arbeitsteilung in Haushalt und Sorgearbeit nimmt, obwohl er von ihr profi-tiert. In konomischen Entscheidungsfunk-tionen sind Frauen nur vereinzelt vertre-ten, so dass ihr Einfluss in der Privatwirt-schaft gering ist. Es handelt sich also in der Wirtschaftspolitik einerseits um einen eklatanten Mangel an weiblicher Mitbe-stimmung und anderseits um ein rck-sichtsloses Ignorieren der Lebenswelt von Frauen und Kindern. Darber hinaus ist es der Lobby der Grounternehmen - insbesondere derjeni-gen aus der Finanzkonomie - gelungen, die Politik zur Handlangerin ihrer profitori-entierten Interessen zu machen. Die ent-sprechende Subventionspolitik ist meist intransparent und sie ntzt vorrangig den Konzernen statt dem gesamtgesellschaft-lichen Wohlergehen.

    Die deutsche Wirtschafts- und Fiskalpolitik benachteiligt Frauen

    Heutzutage wird von Frauen eine eigen-stndige Existenzsicherung erwartet, was sich z.B. in der nderung der Unterhalts-gesetze ausdrckt. Auf der anderen Seite jedoch wird selbst Frauen mit einer guten Ausbildung eine gleichberechtigte Teilha-be am Erwerbsarbeitsmarkt nicht zuge-standen. Es existiert eine strukturelle Dis-kriminierung von Frauen im Erwerbsar-beitsmarkt.

    Mythos von fehlenden Arbeitspltzen, falsche Verteilung von Arbeit

    Entgegen weit verbreiteten Behauptungen gibt es in Deutschland genug gesellschaft-lich notwendige und ntzliche Arbeit. Das bestehende Wirtschaftssystem versagt jedoch bei der Organisation, Verteilung und Bewertung dieser Arbeit, mit der Fol-ge, dass ein Teil der gesellschaftlich not-wendigen Arbeit unterbleibt und ein Teil unbezahlt geleistet werden muss, whrend gleichzeitig gesellschaftlich und/oder ko-logisch schdliche Arbeit berbezahlt wird. Auch die Verteilung der Menge der heute geleisteten Arbeit fhrt zu destruktiven ge-sellschaftlichen Bedingungen: viele Men-schen erhalten keine bezahlte Arbeit und leben unter dem Existenzminimum, wh-rend andere mehr arbeiten als es ihnen

    gesundheitlich gut tut, andere erzielen da-bei ein Einkommen in einer Hhe, das aus gesamtgesellschaftlicher Sicht nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind die Niedrig-lohnbeziehenden und mit Lohnarbeit Un-terbeschftigten berwiegend Frauen, whrend Mnner nach wie vor hhere Er-werbsarbeitszeiten und einkommen auf-weisen knnen.

    Frauenberufe erfahren geringe Wertschtzung

    Besonders am Erwerbsarbeitsmarkt wird deutlich, dass die Leistung von Mnnern und Frauen unterschiedliche Wertscht-zung erfhrt. Dies zeigt sich in der in Deutschland ber Jahre nahezu konstan-ten Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Mnnern von ca. 23% sowie in den tariflichen Arbeitsbewertungen: beispiels-weise wird der Einsatz von Krperkraft durch stndiges Heben und Tragen bei gewerblichen Ttigkeiten honoriert, bei Pflegekrften jedoch nicht. In die Bezah-lung fliet ein, ob eine Person Verantwor-tung fr technische Gerte oder Budget trgt, nicht aber fr Menschen. Die struktu-relle Geringschtzung von weiblicher Ar-beitsleistung zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche der Gesellschaft.

    Frauen sitzen zwischen allen Sthlen

    Die geschlechtsstereotype Arbeitsteilung im huslichen Umfeld trgt dazu bei, dass Frauen mit Kindern ihre Arbeitszeit dras-tisch reduzieren mssen. Die steuerliche Bevorzugung von Einkommensunter-schieden in der Ehe schafft zustzliche Anreize dafr, dass sich die Erwerbsar-beitszeiten sowie die Erwerbseinkommen weiter auseinander entwickeln. Mit 20 Mil-liarden Euro jhrlich subventioniert der Staat Ehepaare unabhngig davon, ob Kinder zu versorgen sind. Auch das Sozi-alversicherungsrecht begnstigt insbeson-dere Ehemnner, die mit einer nicht oder geringfgig erwerbsttigen Ehefrau leben, mit zustzlich jhrlich mindestens 25 Milli-arden Euro, da sie fr diese keine Beitrge zur Kranken- und Rentenversicherung ent-richten mssen, whrend erwerbsttige Ehefrauen eigene Beitrge zu entrichten haben. So arbeitet eine zunehmende An-zahl von Frauen in ungeschtzten Arbeits-verhltnissen auch ber die Zeit der Familienarbeit hinaus. Sie bleiben finan-ziell vom Mann abhngig, erhalten ein

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    niedrigeres Arbeitslosengeld, sind in ihrer beruflichen Entwicklung gebremst und ihre Rente ist nur halb so hoch wie die der Mnner.

    Das Steuerrecht benachteiligt Frauen

    Das Steuerrecht hat Auswirkungen auf private Entscheidungen und auf die Chancen von Frauen und Mnnern am Erwerbsarbeitsmarkt. Das herrschende Steuerrecht begnstigt mnnliche Lebensrealitten und benachteiligt Frauen. Es spiegelt gesellschaftliche Normvorstellungen wider, die die gesellschaftlichen Leistungen von Frauen marginalisieren, bzw. ignorieren. Beispiele dafr sind der (mnnliche) Vollzeitarbeitnehmer oder der Eckrentner mit 45 Jahren ununterbrochener sozialversicherungspflichtiger Erwerbsarbeit.

    Das Einkommenssteuerrecht unterscheidet zwischen privaten und betrieblichen Aufwendungen: Kinderbetreuungskosten werde als private Aufwendungen (beschrnkte Sonderausgaben) definiert, whrend Werbungskosten als betriebliche Aufwendungen begnstigt werden. Diese Trennung definiert unbezahlte Haus- und Versorgungsarbeit generell als unproduktiv und betriebliche Aufwendungen generell als produktiv. Sie basiert auf dem Verstndnis des Normalarbeiters, der nicht fr Betreuungs- und Versorgungsttigkeiten zustndig ist. Es ist daher nicht berraschend, dass Frauen seltener als Mnner sowie im geringeren Umfang von steuerlichen Entlastungen profitieren.

    Unsere Forderung: Globaler Wertewandel

    kofeministische Weltinnenpolitik

    Wir wollen ein Wirtschaftssystem, das nicht lnger auf der Ausbeutung der Natur und der Menschen beruht. Dazu ist nicht nur eine kologische Wirtschaftsreform, sondern vor allem eine grundlegende Neuerung des internationalen Wirtschaf-tens notwendig.

    Es mssen andere Werte und Wirtschafts-formen gelten, die sich an einer sozialen Gemeinschaft, an Lebensqualitt fr alle weltweit und an der Vielfalt der Menschen und der Natur orientiert. Die kulturelle und biologische Vielfalt ist zentraler Bestandteil dieser Werte. Um dies zu erreichen, muss "Entwick-lungspolitik" durch eine kofeministische Welt-Innenpolitik ersetzt werden. Dies er-mglicht die Entwicklung einer neuen Wirtschaft und Gesellschaft.

    Umbau zur Kreislaufwirtschaft

    (in Bearbeitung)

    Neudefinition von Lebensqualitt

    In Anbetracht unseres Anteils an der Zer-strung der Erde und der Verarmung und Verelendung groer Teile der Weltbevl-kerung mssen wir unsere Grundbedrf-nisse und Lebensqualitt neu definieren

    Bercksichtigung von Care-Arbeit in der ko-nomie-Theorie

    (in Bearbeitung)

    Vorrang der Regionalitt, Untersttzung von Subsistenzarbeit

    Subsistenz macht unabhngig und muss untersttzt werden. Dezentralitt erlaubt die Rckkehr zur Regionalitt und zur Un-abhngigkeit von globalen Strukturen. Ei-ne regionale und dezentrale Organisation von Lebensnotwendigkeiten geht Hand in Hand mit demokratischer Teilhabe.

    Gemeingter und Organisation von Kooperati-on

    Feministische konomie und kologie basieren auf kooperativem Verhalten von Menschen und Gruppen. Diese haben ei-nen Anspruch darauf, an Gemeingtern teilhaben zu drfen anstatt sich auf die Rolle von marktfhigen Produzierenden und Konsumierenden reduzieren lassen zu mssen. Fr die Idee von Gemeingtern sind sozia-le Zusammenschlsse notwendig, die die gemeinsame Nutzung von Gtern organi-sieren. Frauen agieren weltweit als Garan-tinnen fr soziale Zusammenschlsse, in denen fr das Wohl der Gemeinschaft ge-sorgt wird. Kooperationsformen, in denen Dominanz ber andere keinen Raum fin-

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    det, mssen politische Untersttzung er-halten. Denn menschliche Gemeinschaft ist nicht nur ein frdernswertes Gut, sie kann darber hinaus die Grundbedrfnisse von Menschen besser decken als aus-schlielich profitorientierte Mrkte dies vermgen.

    Zurckdrngung der Finanzmarkt-konomie

    Die Finanzmarkt-konomie muss konse-quent zurckgedrngt werden. Wichtige Schritte dabei sind die Gesetze zur Regu-lierung des Kapitalverkehrs, z.B. durch die Einfhrung einer Steuer auf internationale Finanztransaktionen, die Unterbindung von Steuerflucht und die strkere Besteue-rung von Kapital. Darber hinaus fordern wir einen konse-quenten Schuldenerlass fr die Lnder des globalen Sdens, da diese Schulden aufgrund der ausbeuterischen Austausch-verhltnisse im internationalen Handel entstanden sind.

    Partizipative Demokratie

    Voraussetzung fr eine Wirtschaft, die den menschlichen Daseinsbedrfnissen dient, ist die Teilhabe aller Brgerinnen und Brger an Entscheidungen. Partizipative Demokratie basiert auf kleinrumigen Ent-scheidungsstrukturen und gleicher Teilha-be von Frauen und Mnnern. Demokratie soll nicht nur als Staatsform, sondern auch als Lebensform dienen, um eine Ausdeh-nung des Politischen auf alle Sphren der Gesellschaft und somit eine unmittelbare Beteiligung aller Brgerinnen und Brger zu gewhrleisten. Frauen mssen glei-chen Zugang zu Strukturen, Ressourcen und Macht in allen konomischen und poli-tischen Bereichen erhalten.

    Ausgleich der internationalen Ungleichvertei-lung: zurckflieende internationale Solidari-ttsabgabe

    Wir setzen uns fr eine "zurckflieende internationale Solidarittsabgabe" ein: Wir wollen die Verschlechterung der internati-onalen Austauschbeziehungen (terms of trade) zum Nachteil der Lnder des globa-len Sdens stoppen und umkehren. Diese Abgabe soll auf den Import von Waren und Dienstleistungen erhoben werden und vollstndig an die Lnder des globalen Sdens zurckflieen. Die Abgabe soll:

    auf grenzberschreitende Einfuhren

    aus Lndern auerhalb der EU erhoben werden unabhngig davon, ob es sich um eine Transaktion zwischen Unternehmen oder innerhalb eines transnationalen Unternehmens handelt;

    umso hher sein, je hher der "Ausbeutungs- bzw. Zerstrungsgrad" bei der betreffenden Ware oder Leistung ist. Der Ausbeutungsgrad soll kologische und soziale Faktoren bercksichtigen. Die Produktion von Produkten mit hohem Ausbeutungsgrad ist schnellstmglich einzustellen.

    Die "zurckflieende internationale Solidarittsabgabe" soll Unternehmen begnstigen, die zu fairen Preisen kaufen bzw. hhere Lhne bezahlen. Dadurch soll ein Anreiz geschaffen werden, fair zu handeln.

    Die Einnahmen aus der Internationalen Solidarittsabgabe sollen nicht an die Regierungen der betreffenden Lnder zurckflieen, sondern an Basiseinrichtungen, z.B. Frauenkooperativen, Genossenschaften, regierungsunabhngige Gewerkschaften und regierungsunabhngige Organisationen (NGOs). Zustzlich wird ein Fonds geschaffen zur Frderung der eigenstndigen Existenzsicherung von Frauen in den Lndern des globalen Sdens.

    Nationale Manahmen zum Umbau der konomie: vom Falschen zum Notwendigen

    Es steht zu erwarten, dass die von der fe-ministischen Partei DIE FRAUEN gefor-derte Umverteilung der Erwerbsarbeit und der Einkommen zu einer Vernderung des Konsumverhaltens fhren. Durch die Ver-besserung ihres Einkommens werden mehr Menschen in die Lage versetzt, zum Leben Notwendiges zu konsumieren, wh-rend die Nachfrage nach Luxusgtern sin-ken wird.

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    Zum Abbau der Naturzerstrung und zum Aufbau einer gebrauchswertorientierten Wirtschaft gengt dies allerdings nicht. Denn die Konsumentlnnen haben nur be-grenzt Einfluss auf die Produktionsmetho-den, mit denen ein Produkt hergestellt wird. Auerdem sind die grten "Konsu-menten" der Staat und die Unternehmen selbst. Wir brauchen deshalb Manahmen, die die Wirtschaftsttigkeit unmittelbar beein-flussen. Dabei muss darauf geachtet wer-den, nicht nur die Existenzbedingungen fr Frauen im globalen Norden zu verbessern, sondern auch Naturzerstrung, Ausbeu-tungsverhltnisse und Rstungsproduktion weltweit abzubauen.

    Schaffung von gesellschaftlich ntzlichen Er-werbsarbeitspltzen

    Schaffung zustzlicher Erwerbsarbeitspltze durch Umverteilung der vorhandenen Er-werbsarbeit

    Zur Schaffung von mehr Erwerbsarbeits-pltzen und zur Verringerung der Ein-kommensunterschiede muss die Erwerbs-arbeit umverteilt werden. Diese Umvertei-lung soll erreicht werden durch Arbeits-zeitverkrzung mit Lohnausgleich bei un-teren Einkommensgruppen und ohne Lohnausgleich im oberen Einkommensbe-reich. Dadurch knnen mehrere Ziele gleichzei-tig erreicht werden: - Alle Menschen, die dazu in der Lage sind, knnen einer existenzsichernden Erwerbsarbeit nachgehen. - Die Erwerbsarbeit nimmt wesentlich we-niger Zeit fr die Einzelnen in Anspruch, so dass sie sich mehr Zeit fr sich und fr gesellschaftsrelevante Aufgaben nehmen knnen. - Geringe Einkommensunterschiede fr-dern die Zufriedenheit der Menschen.

    Neuschaffung von Erwerbsarbeit durch Verge-sellschaftung und Professionalisierung der Versorgungs- und Pflegearbeit

    Die bisher nicht in unserer Wirtschaftsthe-orie erfasste Haus-, Versorgungs- und Pflegearbeit muss als gesellschaftlich ntzliche und notwendige Arbeit anerkannt werden.

    Sie muss soweit mglich professionalisiert werden. Der Teil dieser Arbeit, der nicht professionalisiert werden kann oder soll, muss gleichmig auf Frauen und Mnner aufgeteilt werden.

    Neuschaffung von Erwerbsarbeit durch Abbau der Naturzerstrung

    Nachhaltiges, umweltschonendes Wirt-schaften ist arbeitsintensiver als die heuti-ge umweltzerstrende Wirtschaftsweise der lndustrienationen. Durch eine nachhal-tige, umweltschonende Wirtschaftsweise knnen also Erwerbsarbeitspltze ge-schaffen werden - nicht nur im sogenann-ten (nachsorgenden) Umweltschutz, son-dern vor allem durch die Umstellung auf ressourcenschonende Produktionsverfah-ren, die in aller Regel arbeitsaufwendiger sind, da sie bestimmte "Rationalisierun-gen" nicht zulassen. Als Beispiel sei nur der kologische Landbau erwhnt, der un-gleich arbeitsintensiver ist als der che-misch-maschinelle, dafr aber auch weit bessere und gesndere Produkte liefert. kologisches Wirtschaften steigert also auch die Lebensqualitt.

    Neuschaffung von Erwerbsarbeit durch Abbau der Ausbeutung anderer Lnder und Vlker

    Auch der von uns angestrebte Abbau der Ausbeutung von Menschen und Lndern des Sdens und Ostens kann Erwerbsar-beitspltze in Deutschland schaffen bzw. sichern: Wenn z.B. fr Rohstoffe und im-portierte Produkte ein fairer Preis bezahlt wird, mssen zur Bezahlung dieses Im-ports mehr Waren exportiert werden - oder die importierten Waren mssen durch in-lndische Produkte ersetzt werden. In bei-den Fallen wird zustzliche (Erwerbs-) Ar-beit in Deutschland notwendig. Zum Teil wird eine Verteuerung von Importen aller-dings auch durch eine Verringerung des inlndischen Konsums aufgefangen. Dies halten wir dann fr akzeptabel bzw. richtig, wenn gleichzeitig die Einkommen gerech-ter verteilt werden, so dass vor allem der Konsum derjenigen eingeschrnkt wird, die heute am meisten von der Ausbeutung der Lnder des Sdens und Ostens profi-tieren. (Siehe dazu auch den Vorschlag einer "zurckflieenden" internationalen Solidarittsabgabe).

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    Abbau der Diskriminierung von Frauen am Erwerbsarbeitsmarkt

    Um das Recht auf einen existenzsichern-den Arbeitsplatz fr Frauen zu sichern, brauchen wir eine Mindestquotierung von 50 % in allen Bereichen der Erwerbsarbeit, im ffentlichen Dienst und in der Privat-wirtschaft. Staatliche Subventionen drfen nur an solche Betriebe gehen, die Frauen bei Neueinstellungen und bei Befrderun-gen nachweislich gleiche Chancen z.B. durch den Nachweis von quotierten Fh-rungspositionen, arbeitnehmerinnen-freundlichen Arbeitsbedingungen sowie der Gewhrleistung von gleicher Bezah-lung von Frauen und Mnnern geben.

    Schaffung einer von Erwerbsarbeit unabhngi-gen existenzsichernden Grundsicherung

    Zur Gewhrleistung einer eigenstndigen Existenzsicherung muss ein individuelles Recht auf eine existenzsichernde Grund-sicherung durchgesetzt werden. Die Grundsicherung soll bezahlt werden an: Kinder (gestaffelt nach dem Alter), an Personen, die an der Erwerbsarbeit ge-hindert sind, weil sie alt, krank oder er-werbsbehindert sind, sich in Ausbildung befinden oder weil sie andere versorgen, soweit sie aus den Sicherungssystemen keine existenzsichernden Leistungen be-kommen. Die Grundsicherung muss ein Leben in Wrde sichern und den Bezie-herlnnen die volle Teilhabe am gesell-schaftlichen, sozialen und politischen Le-ben erlauben. Die Grundsicherung darf in keiner direkten oder indirekten Weise mit einem Zwang zur Arbeit verbunden wer-den. Die Feministische Partei DIE FRAU-EN fordert jedoch ein Wirtschaftssystem, in dem mglichst wenig Menschen Grund-einkommen beziehen mssen, bzw. das ihnen hilft, mglichst schnell wieder aus dieser Situation herauszukommen. Der Empfang von Grundsicherung schliet deshalb die Mglichkeit einer Erwerbsar-beit mit eigenem Einkommen innerhalb bestimmter Grenzen ausdrcklich nicht aus. Staatsausgaben, mssen zu Lasten der Vermgenden und Besserverdienen-den und zu Gunsten des Bevlkerungs-teils mit niedrigeren Einkommen, zu dem vor allem Frauen gehren, umverteilt wer-den. Wir wollen mit der Steuerpolitik die Schaffung von sinnvollen und existenzsi-chernden Arbeitspltzen untersttzen und

    dazu beitragen, dass Ressourcen ge-schont werden. Auerdem soll die Finanz-politik transparent und fr jeden Brger und jede Brgerin nachvollziehbar werden. Die Steuereinnahmen und die Staatsaus-gaben sollen so verffentlicht werden, dass deutlich wird, in welcher Hhe Frau-en Steuern gezahlt und wie viel sie von den Staatsausgaben erhalten haben.

    Finanz- und Steuerpolitik

    (in Bearbeitung)

    Regionale Komplementrwhrungen

    Die Feministischen Partei DIE FRAUEN untersttzt die Entwicklung von regionalen Komplementrwhrungen als wirksames Gegengewicht zur neoliberalen Globalisie-rung der Wirtschaft. Regionale Komplementrwhrungen die-nen dazu, die regionale Wirtschaft zu str-ken und die Produkte der Region vorran-gig zu vermarkten. Da regionale Whrun-gen nur in einer bestimmten Region gltig sind, verbleibt das Regio-Geld in der Re-gion und wandert nicht ab in obskure Steueroasen. Das Konzept regionaler Komplementrwhrungen enthlt die Ab-schaffung des Zinswesens, das als Aus-beutungsmechanismus dient: Zins und Zinseszins sind die Hauptursache dafr, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer rmer, aber zahlreicher werden. Regionale Komplementrwhrun-gen eignen sich nicht fr Spekulationen an den Brsen. Ihnen liegen reale wirtschaft-liche Ttigkeiten zugrunde.

    3. KOLOGIE UND LEBENSGRUNDLAGEN

    Unser gegenwrtiger Umgang mit unserer Umwelt und unseren Lebensgrundlagen beruht auf ihrem Verbrauch und ihrer Aus-beutung bis hin zu ihrer Zerstrung. Zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen und zur weltweiten Verbesserung der Si-tuation der Frauen sind daher bis zum notwendigen Umbau der konomie in eine Kreislaufkonomie die folgenden Forde-rungen zu erfllen.

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    Vorrang fr kologische Landwirtschaft

    Folgen konventioneller Landwirtschaft

    Konventionelle, globalisierte Landwirt-schaft ist gekennzeichnet - durch einen hohen Verbrauch an Pestizi-den und Kunstdngern. Dies bedeutet ei-nen hohen Verbrauch von Energie und endlichen Rohstoffen. Auerdem fhrt es zu einer starken Belastung von Umwelt und Menschen, da die verwendeten Gift-stoffe unkontrolliert in die Nahrungskreis-lufe eingeschleust werden. - durch eine Massentierhaltung, die Tiere ausschlielich als Produktionsmittel be-trachtet und ihnen kein wrdiges Leben zugesteht. Diese Tierhaltung verbraucht viel Energie und Boden und erhht die Abgabe klimaschdlicher Stoffe. Durch den massiven Verbrauch von importierten Futtermitteln verstrkt sie zudem die Aus-beutung der Lnder des globalen Sdens. - durch Grobetriebe, die zur Verarmung und Zerstrung von Lebensrumen und zur Verdrngung der Kleinbuerinnen von den Mrkten fhren. - durch Subventionen, die berflusspro-duktion und Preisdumping frdern. Da-durch wird umweltvertrgliche, regional ausgerichtete Landwirtschaft vernichtet, insbesondere im globalen Sden.

    Notwendige Umstellungen im Bereich der Landwirtschaft

    Ausschlielich die kologische Landwirt-schaft darf gefrdert werden. Diese produ-ziert vor allem in regionalen Kreislufen und erhlt die Fruchtbarkeit der Bden. Sie erwirtschaftet unbelastete Lebensmit-tel und Futtermittel mssen berwiegend aus Eigenanbau stammen. Dabei muss auf artgerechte Tierhaltung geachtet wer-den. Zustzlich schtzt sie Wasser, Boden und Luft und erhht die Vielfalt an Lebens-rumen in der Region und dient somit auch dem Artenschutz. Landwirtschaftliche Produkte aus Drittln-dern drfen nur aus kologisch unbedenk-licher Produktion und aus fairem Handel unter Sttzung von Genossenschaften und Kleinbuerinnen bezogen werden. Speku-

    lationsgeschfte mit Lebensmitteln ms-sen verhindert werden.

    Frauen in Ernhrung und Landwirtschaft

    Die Landwirtschaft wre in der Lage, die Weltbevlkerung zu ernhren. Tatschlich aber steigt die globale Nahrungsunsicher-heit. Diese Entwicklung im landwirtschaft-lichen Bereich geht weltweit insbesondere zu Lasten der Frauen:

    Lage der Landwirtinnen im globalen Norden

    Im globalen Norden ist die Leitung land-wirtschaftlicher Betriebe einschlielich der Nutzung der zugehrigen Wlder zu gro-em Teil bis heute in mnnlicher Hand, obwohl der Anteil ausgebildeter Frauen in diesem Bereich stetig steigt und ihre Ar-beit hufig fr die Existenz der Betriebe unabdingbar ist. Landwirtinnen besitzen meist die geringste Freizeit.

    Von der Subsistenz zur Saisonarbeit

    Im globalen Sden sind Frauen meist zu-stndig fr die Subsistenzlandwirtschaft, die in der Regel eine nachhaltige Land-wirtschaft darstellt, whrend Mnner eher fr berregionalen Verkauf und Export produzieren. Durch die berschwemmung der Mrkte mit billigen Importen aus den industriali-sierten Lndern entsteht fr die Frauen die Notwendigkeit, einen Zuverdienst zu su-chen. Auch verlieren sie oft Grund und Boden an internationale Konzerne (land grabbing). Ihre kleinbuerliche Produktion wird mit der Zeit verdrngt. Dies fhrt zu einer immer strkeren Femi-nisierung landwirtschaftlicher Lohnarbeit, die Arbeitsbelastung der Frauen wird im-mer hher. Dadurch besitzen diese Frau-en und ihre Tchter immer weniger Zeit fr Bildung und politische Teilhabe.

    Die Folgen grner Gentechnik

    Der Einsatz von Gentechnik fhrt beson-ders im globalen Sden zu einer Reihe negativer Folgen fr die dortigen Frauen:

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    Da sie in den meisten Gebieten diejenigen sind, die fr Erhalt und Zchtung von Saatgut zustndig sind, bedeutet der Er-satz traditioneller Saatgutsorten durch genverndertes Saatgut fr sie eine Weg-nahme von Entscheidungsgewalt und da-mit eine Entmachtung der Frauen. Weiter fhrt die Verwendung von genve-rndertem Saatgut zu einseitigem Anbau weltwirtschaftlich interessanter Pflanzen bei gleichzeitigem Rckgang der regiona-len Nahrungsmittelproduktion,. Dies zer-strt die Nahrungssicherheit der Bevlke-rung. Der notwendige Ankauf des genvernder-ten Saatgutes stellt eine erhebliche finan-zielle Belastung der Landwirtinnen dar. Grne Gentechnik verstrkt also die Ab-drngung der Frauen aus der relativ auto-nomen Subsistenz-Landwirtschaft in schlecht bezahlte Lohnarbeit im landwirt-schaftlichen Bereich. Zustzlich verschiebt sich die Ausbung der Macht zugunsten der Mnner.

    Strkung der Stellung von Frauen in der Landwirtschaft

    Da Frauen weltweit fr die landwirtschaftli-che Produktion tragend sind, muss ihre Stellung gestrkt werden: Die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Landwirtschaft muss umverteilt wer-den, um die Frauen zu entlasten. Dies ermglicht die strkere Frderung der Bil-dung von Mdchen und Frauen und die Einbeziehung von Frauen in regionalen und globalen Entscheidungsprozessen. Neben der Frderung der Frauen ist da-durch ein zustzlicher positiver Effekt auf die Landwirtschaft selbst zu erwarten, da Frauen oft diejenigen sind, die fr umwelt-schonenden und kologischen Landbau offen sind. Die Kontrolle ber die regionalen Res-sourcen muss in den Hnden von Bue-rInnen und Gemeinschaften liegen. Dazu mssen regionale, sozial kontrollierbare Wirtschaftsrume geschaffen werden. In denen muss im Einklang mit der Natur und in demokratischer, kreativer und selbstbe-stimmter Weise das produziert werden, was den Grundbedrfnissen der Men-schen in der Region entspricht. Das be-deutet neben der Bedarfsorientierung der Produktion eine saisonale Orientierung

    unter Bercksichtigung der in der Region vorhandenen Voraussetzungen wie Roh-stoffe, Natur und Qualitt. Die Regionen sollen - so weit mglich - ihren Grundbe-darf eigenstndig decken knnen. Was darber hinaus produziert wird, geht in den Austausch mit anderen Wirtschafts-rumen. In landwirtschaftlicher Forschung und Saatgut-Zchtung muss verstrkt auf die Erfahrungen und Bedrfnisse von Frauen geachtet werden. Die grne Gentechnik ist zu verbieten.

    Waldbau und Jagd

    Wald ist ein Gemeingut, das weltweit ge-schtzt werden muss.

    Waldbau in Europa

    Der Waldbau in Europa unterliegt theore-tisch dem Prinzip der nachhaltigen Wald-wirtschaft. Bei der realen Bewirtschaftung ist aber festzustellen, dass oft finanzielle Interessen oder Lobbyorganisationen wie der Jagdverband in Deutschland starken Einfluss auf die Bewirtschaftung besitzen. Deshalb werden Einschrnkungen der Schutzfunktionen des Waldes hingenom-men und Schutzgebiete verhindert.

    Jagd als Hobby

    In Deutschland dient die Jagd nicht dem Erhalt des Waldes, sondern dem Privat-vergngen der meist mnnlichen Jger. Dies fhrt dazu, dass auf Kosten der Waldverjngung fr die Jagd interessante Tierarten in knstlich hohen Populationen gehalten werden. Darunter leiden neben dem Wald auch die Tiere selbst, da hufig saisonaler Nahrungsmangel und Krankhei-ten auftreten. Unliebsame Konkurrenten der Jger wie Br, Wolf und Luchs werden dagegen daran gehindert, sich wieder an-zusiedeln.

    Weltweite Waldvernichtung fr den Norden

    Tatsache ist, dass weltweit die meisten Wlder fr die Bedrfnisse des globalen Nordens vernichtet werden. Groflchige Waldrodung findet in der Regel statt, um

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    die Lnder des globalen Nordens mit Holz, Genussmitteln, Futtermitteln und pflanzli-chen Energietrgern zu versorgen. Wald-erhaltende Bewirtschaftungsformen der ansssigen Bevlkerung werden abgelst von der Waldvernichtung durch meist in-ternationale Konzerne. Die Menschen werden dabei in schlecht bezahlte Lohn-arbeit gezwungen.

    Durchsetzung der nachhaltigen Waldwirtschaft in Europa

    Bei der Nutzung des Waldes muss neben der langfristigen regionalen Versorgung mit Waldprodukten die Erhaltung der Schutzfunktionen des Waldes im Vorder-grund stehen. Dafr muss das Prinzip der nachhaltigen Waldwirtschaft, der Aufbau einer vielfltigen Waldstruktur und die Ein-richtung und Erhaltung ausreichender un-bewirtschafteter Schutzgebiete durchge-setzt werden. Voraussetzung dafr ist im Bereich Deutschlands, dass frherer Staatswald in Gemeineigentum zurckge-fhrt wird.

    Bedingungen fr die Jagd in Deutschland

    Die Jagd darf nur dem Erhalt des Waldes dienen, die Festlegung von Abschusspl-nen ist ausschlielich unter Gesichtspunk-ten der Erhaltung eines vielfltigen Waldes zu treffen. Wildftterung darf nur in be-grndeten Ausnahmefllen stattfinden, es drfen keine Tiere zu Jagdzwecken aus-gesetzt werden. Tierarten, die den Erhalt des Waldes nicht stren und keine Prob-leme in der Landwirtschaft bereiten, drfen nicht bejagt werden. Fr den Aufbau und den Erhalt des Le-bensraumes und der Wiederansiedlung vollkommen geschtzter Arten ist zu sor-gen.

    Manahmen zum Erhalt des Waldes weltweit

    Es muss ein Verbot der Einfuhr von tropi-schen Hlzern und aller anderer Holzpro-dukte aus Urwldern durchgesetzt wer-den. Die Einfuhr von Futtermitteln und Energietrgern aus landwirtschaftlichen Monokulturen im globalen Sden muss

    verboten werden, um weiteren Urwaldab-holzungen entgegenzusteuern. Weiterhin muss bei der Einfuhr landwirt-schaftlicher Produkte darauf geachtet werden, dass der jeweiligen Anbauflche keine Urwlder zum Opfer gefallen sind. Kleinbuerinnen und genossenschaftlich strukturierte Erzeugergemeinschaften, die nachhaltig Produkte dem Wald entneh-men, sind zu frdern.

    Wasser

    Wasser wird ausgelst durch die Klima-erwrmung - in vielen Lndern des globa-len Sdens wie auch in einigen industriali-sierten Lndern ein immer knapperes Gut. Gleichzeitig wchst weltweit der Privatisie-rungsdruck auf diese Ressource. Die Kon-sequenz ist im globalen Sden eine ver-strkte Belastung der Frauen. Sie mssen fr den Erwerb des notwendigen Wassers zustzliche Geldmittel erwirtschaften oder immer mehr Zeit fr die Beschaffung von Wasser aufwenden. Weltweit fhrt die Pri-vatisierung der Wasserversorgung zur schlechteren Verfgbarkeit und schlechte-ren Qualitt des Wassers. Deshalb muss die Bereitstellung von Wasser eine Aufga-be der Gemeinwirtschaft bleiben: In der Entwicklungszusammenarbeit muss zu-stzlich darauf geachtet werden, dass die Bedrfnisse der Frauen hinsichtlich der Wasserbereitstellung strker bercksich-tigt werden. Sie mssen auerdem bei der bernahme neuer Aufgaben im Wasser-management einen Ausgleich durch Ent-lastung von anderen Pflichten erhalten. Auch muss darauf geachtet werden, dass sie den Machtzuwachs, den sie durch die-se neuen Zustndigkeiten erhalten, auch halten knnen.

    Tierrechte

    (in Bearbeitung)

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    4. ENERGIE UND VERKEHR

    Energie

    Es gibt im Grunde kein Energie-Problem; die Probleme, die die Energieerzeugung und ihr Verbrauch macht, sind "man-made". Sonne, Wind, Wasserkraft und Biomasse liefern gengend Energie - vor-ausgesetzt, alle Mglichkeiten zur Ener-gieeinsparung werden genutzt. Der vermeintlich notwendige Einsatz von Atomkraftwerken zur Erzeugung von Energie ist ein dauerhaftes Risiko. Kostba-re Jahrzehnte gingen und gehen verloren, in denen alternative Mglichkeiten zur Energieerzeugung htten weiterentwickelt werden knnen. Der Betrieb von Atom-kraftwerken birgt immer ein Restrisiko, das zu einem fatalen Unfall fhren kann, sei es durch menschliches Versagen oder einen gezielten Terroranschlag. Die Folgen w-ren Millionen Tote, Strahlenkranke und ein fr lange Zeit unbewohnbares Land. Ein zustzliches Risiko sind die Wiederaufbe-reitungsanlagen, die Atommlllager und die Atommlltransporte. Diese ermgli-chen den dauerhaften Weiterbetrieb der Atomkraftwerke. Es ist bengstigend zu beobachten, wie das ohnehin geringe, politische Engage-ment fr eine kologische Wirtschaftswei-se schwindet: In GATS (General Agree-ment on Trade and Services - Allgemeines Handels- und Dienstleistungsabkommen) und WTO- (Welthandelsorganisation) - Verhandlungen wird deutlich, dass lebens- und menschenfreundliche Erfordernisse dem Profit untergeordnet werden. Ziel der GATS- und WTO-Verhandlungen ist es, innerstaatliche Regelungen aufzuheben, weil sie als Handelshemmnisse fr den freien Markt angesehen werden. Dadurch werden die Nationalstaaten ihrer Rege-lungshoheit enthoben. Ein Atomausstieg im nationalen Alleingang und eine Wende in der Energieerzeugung zu erneuerbaren Energiequellen (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse etc.) wre dann nicht mehr mglich. Es ist also hchste Zeit, die Energiewende auf nationaler Ebene vo-ranzutreiben, Entwicklungsmglichkeiten

    der Lnder der 3. Welt zu frdern und ihre Unabhngigkeit von den Energiemrkten der Industriestaaten zu realisieren. Gerade im Bereich der Energieversorgung ist die Vertretung von Frauen auf allen Ebenen, in denen Entscheidungen getroffen wer-den, besonders wichtig. Wir fordern folgende Schritte zu einer vor-sorgenden, umweltfreundlichen und sozi-alvertrglichen Energieversorgung: 1. Sofortige Stilllegung der Atomkraftwer-ke. Das stndige Risiko eines schweren Unfalls und das ungelste Problem der Endlagerung ber viele Generationen er-fordern einen sofortigen Ausstieg aus die-ser Risikotechnologie. 2. Konzept einer Energiesparpolitik in allen Bereichen (Industrie, Haushalt, Handel, Verkehr). Es ist technisch mglich, den Energieverbrauch in Industrielndern ohne Einschrnkung der Lebensqualitt zu hal-bieren. 3. Konsequente und kologische Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Ziel ist die Deckung des Strombedarfs aus regenera-tiven Energien zu 100%. 4. Dezentralisierung der Energieversor-gung und Ausbau der Kraft-Wrme-Kopplungs-Anlagen. 5. Keine neuen Kohlekraftwerke. Kohle ist der Brennstoff mit der hchsten CO2 Emission pro kWh. Das klimafreundliche Kohlekraftwerk gibt es nicht. 6. Als bergangslsung fr eine mgliche Energielcke knnen Gaskraftwerke ge-nutzt werden. Die dazu bentigte Gas-menge kann durch eingesparte Ressour-cen bei der Gebudedmmung und durch den Einsatz von Kraft-Wrme-Kopplung kompensiert werden. 7. Mengenrabatte fr Groverbraucher mssen abgeschafft werden. Sparsamer Verbrauch muss belohnt werden. Wir for-dern die realistische Berechnung des Strompreises unter Einbezug smtlicher Kosten, auch der Folgekosten und die Ab-schaffung der verschleierten Subventionen (beispielsweise flieen die enormen Kos-

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    ten fr Atommlltransporte nicht in den Strompreis ein!).

    Verkehr

    Eine Verkehrswende ist nicht nur aus ko-logischen Grnden notwendig, sondern auch deswegen, weil Autoverkehr und Au-tozwang die Unabhngigkeit von Frauen verhindert. Frauen sind heute immer noch am meisten zu Fu, mit dem Rad, dem Bus oder der Bahn unterwegs, nur etwa ein Drittel aller Frauen besitzt ein Auto. Diese Tatsache verhindert die Entschei-dungs- und Gestaltungsfreiheit von Frau-en, denn Frauen haben i. a. einen von Mnnern unterschiedlichen Lebensalltag. Weil ihnen in der Regel die tglichen Ver-sorgungsaufgaben aufgebrdet werden, ist fr sie der ffentliche Raum der Ar-beitsplatz. Dieser wird durch die autofixier-te Verkehrspolitik nachhaltig entwertet. Frauen leiden besonders unter den nega-tiven Auswirkungen des Autoverkehrs: Lrm, Gestank, Gefhrdung, Einschrn-kung der Bewegungsfreiheit, Umwege und Wartezeiten, die Verbannung unter die Erde durch U-Bahnen und Unterfhrun-gen, Verschlechterung und Abbau des f-fentlichen Personennahverkehrs (PNV) gehen zu Lasten von Frauen, Kindern und alten Menschen. Fehlende Anschlsse, Versptungen, feh-lende Bahn- und Buslinien kosten die Zeit von Frauen. Eine autofixierte Siedlungs- und Stadtentwicklungspolitik hat dazu ge-fhrt, dass die Sttten des Wohnens, Ver-sorgens, Arbeitens und Erholens vonein-ander isoliert und schlechter erreichbar geworden sind. Da Frauen die Versor-gungs- und Reproduktionsarbeit, zustz-lich zu eigener Berufsttigkeit, leisten, geht der Zeitaufwand durch die langen Wege zu ihren Lasten. Die langen Wege beeintrchtigen die Ent-scheidungsfreiheit von Frauen im Hinblick auf ihre qualifizierte Berufsausbung. Da sie Erwerbsarbeit mit Haushalt und Kin-derversorgung vereinbaren mssen, spielt bei der Auswahl der Erwerbsarbeit die bessere Erreichbarkeit eine grere Rolle als qualifiziertere und finanziell bessere Berufsaussichten.

    Wir fordern daher eine feministische Stadtplanungs- und Siedlungspolitik (s. Programmpunkt 14. Architektur und Stadtplanung) und eine feministische Verkehrspolitik, die

    sicherstellt, dass bei allen Planung- und Entscheidungsprozessen Frauen entsprechend ihrem Bevlkerungsanteil beteiligt werden.

    die objektive und subjektive Sicherheit fr Frauen erhht: Die Aufenthaltsqualitt im und um den PNV muss gesteigert werden

    5. FRAUEN FR EUROPA

    Grundverstndnis der Europischen Gemeinschaft

    Die Feministische Partei DIE FRAUEN befrwortet einen europischen Eini-gungsprozess als Instrument, um die ne-gativen Auswirkungen der Globalisierung (Umweltzerstrung, Arbeitslosigkeit und Armut, ausufernde Macht der Finanzmrk-te) zu bekmpfen, bzw. abzuschwchen. An der tatschlichen Umsetzung des eu-ropischen Gemeinschaftsgedankens kri-tisieren wir, dass nicht der Gedanke des europischen Sozialmodells im Mittelpunkt steht, sondern wirtschaftspolitische Inte-ressen wie freier Waren- oder Kapitalver-kehr. Statt sozialer Sicherheit fr alle Brgerinnen und Brger wird Wettbe-werbsfhigkeit angestrebt. Dies steht den Forderungen der Feministischen Partei DIE FRAUEN vllig entgegen, die das Wohl der Menschen und nicht das der Wirtschaft in den Mittelpunkt ihrer Politik stellt. Diese soll den Menschen dienen. Die Feministische Partei DIE FRAUEN mchte die Entwicklung der Europischen Union in Richtung einer sozialen, ge-schlechtergerechten, demokratischen und kologischen Gemeinschaft. Die Vielfalt der verschiedenen europischen Regio-nen soll genauso Bercksichtigung finden wie die Unterhaltung von fairen konomi-schen Beziehungen zu den anderen Tei-len der Welt. Die bereits in den europischen Vertrgen

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    von Maastricht, Amsterdam und Rom bzw. Lissabon festgelegten undemokratischen Strukturen in Europa lehnen wir ab. Wir wollen eine klare Gewaltenteilung und die Strkung der Rechte des Europaparla-mentes, das als einziges Organ eine direk-te Legitimation durch das Volk hat. Wir wollen ein friedliches und soziales Europa, das mit allen Lndern fair umgeht, statt ihnen durch Subventionspolitik und ko-nomische Zwnge die Lebensgrundlagen zu entziehen. Wir Feministinnen wollen fr Frauen den Anteil an politischer Macht und gesell-schaftlichem Reichtum, der ihnen auf Grund ihres Bevlkerungsanteils und ihrer freiwillig geleisteten gesellschaftlich not-wendigen Arbeit zusteht. In allen Institutionen der Europischen Gemeinschaft mssen Frauen und Mn-ner entsprechend ihrem Bevlkerungsan-teil sichtbar vertreten sein. Das ist ein Ge-bot der Demokratie und der Gerechtigkeit. Die Konzepte zur Durchsetzung unserer Forderung basieren auf Kooperation und gerechter Teilhabe und reichen von femi-nistischer Erziehung, der verbindlichen Quotierung aller Positionen in allen gesell-schaftlichen Bereichen bis zur Professio-nalisierung und Aufwertung der gesell-schaftlich notwendigen Pflege-, Betreu-ungs- und Erziehungsarbeit. Die Verwirklichung einer gerechten, de-mokratischen, gewaltfreien Gesellschaft ist berfllig, erstrebenswert fr alle und die Voraussetzung fr den Frieden zwischen den Menschen, mit den Tieren und der Natur.

    Fr ein friedliches Europa

    Mit dem Vertrag von Lissabon wird eine Militarisierung der EU-Auenpolitik ange-strebt, die vor allem die Handelswege und den freien Fluss der Rohstoffe schtzen soll. Fr die Europischen Streitkrfte ist eine Selbstermchtigung zu jeder militri-schen Handlung vorgesehen, die den wirt-schaftlichen und politischen Interessen der EU dient. Sie mssen sich dazu keiner parlamentarischen Kontrolle unterziehen. Statt einer europischen Abrstungs- und Friedenspolitik werden militrische Gewalt verfassungsmig gerechtfertigt, ja sogar

    gefordert (Pflicht zur nationalen Aufrs-tung). Wir wollen die gesellschaftliche chtung militrischer, sexualisierter und strukturel-ler Gewalt. Kriege und deren Vorbereitung wie die Bereitstellung von Armeen und die Waffenproduktion mssen verboten wer-den. Statt des Zwangs zur Aufrstung in der Europischen Union, der sich aus dem Verfassungsvertrag von Lissabon ergibt, mssen sich alle Mitgliedstaaten zur Ab-rstung und chtung der Gewalt verpflich-ten. Das schliet Pornografie, Prostitution, Frauen- und Kinderhandel sowie religis motivierte Gewalt gegen Frauen ein. All das ist mit der Wrde des Menschen un-vereinbar. Wir setzen darauf, dass eine Gesellschaft ohne Gewalt menschlichen Erfindungsgeist und enorme Ressourcen freisetzen wird, die zum Aufbau einer zivi-len, gerechten Gemeinschaft notwendig sein werden. Eine konsequente chtung der Gewalt sollte gerade von Deutschland ausgehen und von der Europischen Union ber-nommen und fortgefhrt werden. Davon versprechen wir uns gewaltfreie Problem-lsungen auf internationalem Gebiet, Selbstbestimmung und konomische Un-abhngigkeit Wir wollen eine Politik, die unsere Rechte auf Selbstbestimmung in Bezug auf Sexu-alitt, Schwangerschaft und die Wahl der Lebensweise garantiert - gleichgltig, ob wir allein, mit Partnerinnen oder Partnern, mit Kindern oder ohne leben. So gibt es seit einigen Jahren in Europa rckschrittli-che Entwicklungen: Die sogenannten Mo-ralklauseln, die einen Schwangerschafts-abbruch in allen Fllen verbieten, mssen wieder gestrichen werden. Wir vertreten das strikte Individualprinzip bei allen Steuern und sozialen Siche-rungssystemen und fordern die sofortige Umsetzung der Richtlinien zur Chancen-gleichheit. Wir fordern eine konsequente Trennung von Staat und Religion. Religion ist Privat-sache und darf keine finanzielle Frderung aus Steuergeldern erhalten. Menschen-rechte und demokratisch legitimierte Ge-setze stehen selbstverstndlich ber reli-gisen berzeugungen.

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    Wir wollen eine Politik, die allen das Recht auf Arbeit und soziale Sicherheit garan-tiert. Dazu gehrt das Recht auf einen existenzsichernd bezahlten Arbeitsplatz unter menschenwrdigen Bedingungen, Gesundheitsschutz und Schutz vor unge-rechtfertigter Kndigung. Alle mssen den gleichen Lohn fr gleiche Arbeit und Zu-gang zu allen Positionen haben. Bei glei-cher Eignung mssen Frauen bzw. Mn-ner dort bevorzugt werden, wo sie unter-reprsentiert sind. Bei Krankheit, Schwangerschaft und in Erziehungszeiten und alters- oder krank-heitsbedingter Arbeitsunfhigkeit wird Lohnfortzahlung gewhrt. Auerdem bietet ein dichtes Netz kostenloser wohnortnaher Betreuungs-, Schul- und Beratungszentren die Garantie fr professionelle, liebevolle, auerhusliche Betreuung, Erziehung und Ausbildung in kleinen Gruppen.

    Infrastruktur und Geschlechtergerechtigkeit / Kommunale Daseinsvorsorge

    Die kommunalen Rechte in der Daseins-vorsorge werden durch die EU-Politik im-mer weiter eingeschrnkt. Sie sollen zu-nehmend dem profitorientierten Wettbe-werb und der Privatisierung unterworfen werden. Im Rahmen der finanziellen Um-verteilung zwischen Kapital und Zivilge-sellschaft zugunsten der Finanzmrkte werden die nationalen und v. a. kommuna-len Budgets fr soziale Infrastrukturleis-tungen immer strker reduziert. Frauen und Kinder sind besonders von der unsozialen europischen Politik betroffen. Sie sind als Hauptgarantinnen von Pflege- und Betreuungsaufgaben berdurch-schnittlich stark auf soziale Infrastrukturpo-litik angewiesen. Sie haben geringere Ein-kommen und weniger Kapitalbesitz, sind somit besonders armutsgefhrdet und damit hufiger auf soziale Transferleistun-gen des Staates angewiesen. Darber hinaus profitieren sie in deutlich geringe-rem Umfang von der staatlichen Politik der Kapitalfrderung. Dies fhrt zu einer zu-nehmenden Verschrfung der Geschlech-ter-Ungerechtigkeit.

    Die Bereiche der ffentlichen Daseinsvor-sorge (Bildung, Energie, Wasser, ffentli-cher Verkehr, Post und Telekommunikati-on, kommunale Wohnungswirtschaft, Me-dien und Gesundheit) drfen weder priva-tisiert noch in den Wettbewerb mit privaten Anbietern gezwungen werden. Die Nut-zung dieser Gter und Dienstleistungen sind von allgemeinem ffentlichen Interes-se und lebenswichtig. Das Konzept des Public Private Partnership fr ffentliche Aufgaben lehnen wir ab, weil es die exi-stenzielle Versorgung der Gesellschaft mit ffentlichen Gtern gefhrdet.

    kologie und Verantwortung fr die nchste Generation

    Wir wollen eine Politik, die allen saubere Luft, sauberes Trinkwasser und unbelaste-te Lebensmittel in unmittelbarer Wohn-ortsnhe garantiert. Dazu brauchen wir weder die Natur aus-zubeuten, noch die unverantwortbare Chemie-, Gen- oder Atomtechnik und Na-notechnologie, deren Folgen nicht rck-holbar und deren Probleme bisher unge-lst sind. Wasser ist Lebensmittel. Seine Verknappung ist besorgniserregend. Statt die Privatisierung der Wasserversorgung voranzutreiben, muss die Wasserver-schwendung in der Industrie und anders-wo beendet werden. Siedlungsrume, Erwerbsarbeitspltze und Versorgungsinfrastruktur mssen (wieder) zusammengefhrt werden, um den Individualverkehr einzuschrnken und ein ffentliches Verkehrsnetz aufzubauen, das bequem, erreichbar und kostenlos fr alle ist. Damit lsst sich ohne Verlust an Lebensqualitt der Klimaschutz verwirkli-chen. Die Gterproduktion muss sich an den tatschlichen Bedrfnissen der Men-schen ausrichten und keinesfalls an Ge-winnmaximierung.

    Europa ohne Grenzen

    Wir wollen offene Grenzen haben fr alle, die in Europa Zuflucht suchen, weil sie anderswo verfolgt, bedroht oder benach-teiligt werden. Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht fr alle Menschen, die

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    ihren Lebensmittelpunkt in Europa haben. Dem widerspricht der Begriff Brger, wie er in den europischen Vertrgen festge-legt ist, denn er bezieht sich ausschlielich auf Menschen mit einem europischen Pass und schliet alle anderen aus, die in Europa arbeiten und leben. Der Festung Europa mit Schengen-Abkommen, Schleierfahndung bis zur berwachung mit elektronischen Augen und hnlichen von der Rstungsindustrie ersonnenen Einschrnkungen der Freiz-gigkeit und der BrgerInnenrechte erteilen wir eine Absage.

    Fr ein Europa der echten Demokratie

    Der im Dezember 2007 verabschiedete Reformvertrag (Lissabon-Vertrag), der sich vom ursprnglichen Verfassungsent-wurf vom Juni 2004 kaum unterscheidet, ignoriert die Interessen der Mehrheit der Menschen. Der vorliegende Vertrag be-deutet einen Rckschritt in Sachen Demo-kratie und Menschenrechte. Er wurde un-ter 17 % Frauenbeteiligung hinter mehr oder weniger verschlossenen Tren erar-beitet und verfolgt vorrangig das Ziel, die Interessen der Staatschefs und der EU-Kommission auf eine vertragliche Grund-lage zu stellen. Dabei sollen auch nationa-le Grundgesetze ausgehebelt werden (z.B. nationale Pflicht zur Aufrstung, Ausnah-merecht fr Todesstrafe bei Kriegsgefahr). Die Whlerinnen und Whler in Europa sollen gezielt davon abgehalten werden, dieses (in deutscher Fassung) ber 800 Seiten lange verwirrend aufgemachte Ver-tragswerk zu lesen und sich am Verab-schiedungsprozess beteiligen zu wollen. Dabei soll es offiziell die Interessen und das Rechtsempfinden der Menschen in Europa zum Ausdruck bringen. 80 % der Deutschen hatten sich in einer Umfrage fr ein Referendum zum Verfassungsver-trag ausgesprochen. Dies wurde im Mai 2005 mit 98 % der Abgeordneten-Stimmen des deutschen Bundestag abgelehnt. Die Mitbestimmungsrechte der Europe-rinnen und Europer sind beschrnkt auf die Wahl eines Gremiums - das Europi-sche Parlament -, das selbst keine Geset-ze einbringen, sondern lediglich ber die

    von der Europischen Kommission vorge-legten Gesetze entscheiden kann. Damit fehlen ihm die wesentlichen Rechte eines Parlamentes. Die Europische Kommission als diejenige Institution, die die alleinige Gesetzge-bungskompetenz innehat, muss sich kei-ner Wahl stellen; ihre Mitglieder werden in einem vllig undurchsichtigen Verfahren von den nationalen Regierungen willkr-lich bestimmt. Die Europische Kommissi-on besitzt das Initiativ - Monopol auf Rechtsakte und vollzieht gleichzeitig die Umsetzung von Beschlssen des Parla-ments und des Rates. Damit ist die legisla-tive und exekutive Gewalt in einer Hand normalerweise ein Kennzeichen totalitrer Staaten. Der Europische Gerichtshof als Judikati-ve ist nicht auf Rechtsstaatlichkeit und So-zialstaatlichkeit vereidigt, sondern auf die Durchsetzung der neoliberalen europi-schen Prinzipien bedacht. Der Europische Rat, bestehend aus den nationalen RegierungsvertreterInnen, ist eine Art Geheimgremium, das grundstz-lich nicht ffentlich tagt. Entscheidungen des Rates der EU werden vorwiegend von nationalen Beamten und Lobbyisten gefllt. Diese sind in ca. 250 Arbeitsgruppen organisiert, um auf diesem undurchsichtigen Weg die Politik der EU zu kontrollieren und zu steuern. Somit sind der Korruption und dem Lobbyismus durch die Eliten der nationalen Verbnde und der Wirtschaft bereits jetzt Tr und Tor geffnet. Den 40.000 EU-Beamten soll jedoch laut Lissabon-Vertrag zuknftig noch eine dauerhafte Immunitt zugestan-den werden. Wir fordern eine korrekte Gewaltenteilung auf europischer Ebene. Dazu gehren vollstndige gesetzgeberische Entschei-dungsrechte fr das Europaparlament und eine unabhngige europische Recht-sprechung. Die EU-Kommission muss demokratisch gewhlt werden. Die Sitzun-gen des Europischen Rates und der EU-Kommission mssen ffentlich und ihre Arbeit muss transparent sein. Nur so kann Lobbyismus und Korruption verhindert werden. Der in den europischen Vertrgen festge-legte Begriff Brger bezieht sich aus-

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    schlielich auf Menschen mit EU-Pass und schliet Menschen ohne EU-Pass, die in Europa leben und arbeiten, aus. Wir wollen das aktive und passive Wahlrecht fr alle Menschen, die ihren Lebensmittel-punkt in Europa haben.

    Europisches Steuerunrecht

    Europa beherbergt viele prominente Steu-eroasen: Luxemburg, Monaco, Liechten-stein, die Schweiz, sterreich. Die Finanz-flucht-Begnstigung dieser Lnder verur-sachen jhrlich Steuerausflle bis zu 144 Mrd. Den Mitgliedsstaaten steht immer weniger Geld fr die Wahrnehmung ihrer sozialen Infrastruktur-Aufgaben zur Verf-gung; ein parallel dazu forciertes Lohn-dumping treibt groe Mengen von Brge-rInnen in die Verarmung. Einzige Gewin-ner: die global agierenden Konzerne, die aufgrund ihrer internationalen Finanz-machtstellung kaum mehr auf Standort-produktion angewiesen sind, sondern ihre Gewinne zunehmend mit Hilfe von Finanz-transaktionen erzielen. Wir wollen nicht lnger zusehen, wie die Vision eines vereinten Europas immer mehr zu einer unsozialen Freihandelszone verkommt. Daher ist es dringend ntig, die europische Politik dahingehend auszu-richten, einheitliche steuerliche Behand-lung von Kapital durchzusetzen und damit die zunehmende innereuropische Steuer-flucht von Firmen und Privatleuten zu un-terbinden. Die 2005 eingefhrte Zinsricht-linie war ein erster Schritt in diese Rich-tung. Sie wurde jedoch von Belgien, Lu-xemburg und sterreich boykottiert. Eine Lockerung des Bankgeheimnisses muss jedoch fr alle EU-Staaten durchgesetzt werden, um zuknftig alle Kapitalertrge nach dem Wohnsitzlandprinzip einheitlich zu versteuern. Dies wrde auch fr Ertr-ge gelten, die auerhalb der EU erbracht werden: liegt der Gewinnsteuersatz in die-sem Land niedriger, muss die Differenz zum EU-Steuersatz nachversteuert wer-den. Wir fordern, dass Kapitalertrge nicht ge-ringer besteuert werden drfen als Ein-kommen aus Arbeit. Dies widerspricht ei-nem gerechten Steuersystem, da damit ausgerechnet diejenigen Einkommen fi-

    nanziell bessergestellt werden, die ohne Arbeit entstehen und nur der finanziell bessergestellten Bevlkerung in der groen Mehrheit Mnner - zufallen. Diese Ungleichheiten zu Ungunsten von Frauen mssen innerhalb der Steuersysteme an-gemessen Bercksichtigung finden. Dazu gehrt u. a. eine Entlastung der unteren Einkommen, die Einbeziehung aller Ein-kunftsarten in die Besteuerung und die Abschaffung von negativen Erwerbsanrei-zen fr Frauen wie z.B. Ehegattensplitting (Deutschland) oder Alleinverdienerpr-mien (sterreich).

    Forderungen an Europa

    Die Feministische Partei DIE FRAUEN fordert:

    Eine generelle Umgestaltung der europischen Institutionen. Das bedeutet beispielsweise, dass die Gesetzgebungskontrolle von der Kommission auf das demokratisch legitimierte Parlament verschoben werden muss.

    die Reprsentation von Frauen in allen europischen Gremien mindestens in der Hhe, die ihrem Anteil in der Bevlkerung entspricht. Das ist ein Gebot der Demokratie und der Gerechtigkeit.

    Initiativ- und Beteiligungsrechte fr die europischen WhlerInnen

    nachhaltige Transparenz durch eine wirkungsvolle demokratische Kontrolle ber das Lobbying-Geschft. Dies soll mit EU-Gesetzen zur Auskunftspflicht der Brsseler LobbyistInnen und durch bessere Transparenz ihrer Einflsse ermglicht werden.

    Wir fordern ein Europa, in dem militrische, sexualisierte und

    strukturelle Gewalt gesellschaftlich gechtet wird. Das schliet Pornographie, Prostitution und religis motivierte Gewalt gegen Frauen ein.

    das allen das Recht auf Arbeit und soziale Sicherheit garantiert.

    das die Rechte auf Selbstbestimmung in Bezug auf Sexualitt, Schwangerschaft und die Wahl der

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    Lebensweise garantiert.

    mit einer konsequenten Trennung von Staat und Religion.

    der offenen Grenzen fr alle, die in Europa Zuflucht suchen, weil sie anderswo v