Partizipation von Kindern und Jugendlichen...von Kindern und Jugendlichen in schulischen und...

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2012 Nr. 4 polis aktuell o Partizipationsbegriff, Stufen und Qualität von Beteiligung o Partizipation von Kindern und Jugendlichen als Balanceakt und Kinderrecht o Wo und wie können sich junge Menschen beteiligen? o Partizipationsfelder: Schule, Gemeinden und Schul- Gemeinde-Kooperationen, e-Partizipation, europä- ische Ebene, gemeinnützige Organisationen Partizipation von Kindern und Jugendlichen

Transcript of Partizipation von Kindern und Jugendlichen...von Kindern und Jugendlichen in schulischen und...

2012Nr. 4polis aktuell

o Partizipationsbegriff, Stufen und Qualität von Beteiligung

o Partizipation von Kindern und Jugendlichen als Balanceakt und Kinderrecht

o Wo und wie können sich junge Menschen beteiligen?

o Partizipationsfelder: Schule, Gemeinden und Schul-Gemeinde-Kooperationen, e-Partizipation, europä-ische Ebene, gemeinnützige Organisationen

Partizipation von Kindern und Jugendlichen

Der Verein beteiligung.st (Graz) wollte von jungen Menschen wissen, was sie unter Partizipation bzw. Beteiligung verstehen.

Partizipation ist …

Und die Conclusio? Sie lautet: Beteiligung ist eine freiwillige Handlung, bei der durch unsere Mitbestimmung etwas verändert

wird (Ergebnis einer Fokusgruppe mit neun TeilnehmerInnen zwischen 16 und 20 Jahren, fünf Mädchen, vier Burschen, 2011 in Graz, organisiert vom Verein beteiligung.st).

1 PartiziPationsbegriff, stufen und Qualität von beteiligung

… nicht nur zu reden und sich zu beschweren, dass sich etwas verän-dern soll, sondern die Initiative zu ergreifen und selbst etwas zu tun.

Liebe Leserin, lieber Leser!

Von Partizipation ist oft die Rede und vielfach wird recht

Unterschiedliches darunter verstanden. Zwischen „die eigene

Meinung sagen dürfen“ und „mitentscheiden“ mit entspre-

chender Verantwortlichkeit liegt allerdings ein weiter Weg.

Kinder und Jugendliche werden von Erwachsenen meistens

dazu eingeladen, Informationen zu erhalten oder etwas mit-

zuteilen, in erster Linie im Rahmen eines Projektes. Wesent-

lich seltener ist die Mit-Entscheidung oder Mit-Beteiligung.

Einigkeit gibt es darüber, dass eine lebendige Demokratie

die soziale und politische Partizipation der Bevölkerung

braucht. Allerdings wird gerade jungen Menschen generell

wenig Beteiligungsfreudigkeit attestiert. Sind Initiativen,

die Kinder und Jugendliche darin bestärken, aktiv an der

Gesellschaft teilzunehmen und sie mitzugestalten somit

sowieso „verlorene Liebesmüh’“? Die Antwort ist klar: junge

Menschen sind keine homogene Gruppe und zweitens ist Par-

tizipation kein punktuelles Ereignis, sondern ein Lernpro-

zess. Empirische Studien zeigen, dass erfolgreiche und viel-

fältige Erfahrungen in Sachen Beteiligung die Bereitschaft

stärken, sich erneut einzubringen. Ernst gemeinte Angebote

in Schule, Gemeinde und Freizeiteinrichtungen sind daher

umso maßgeblicher für die Entwicklung aktiver BürgerIn-

nenschaft und das vielzitierte „Einmischen in die eigenen

Angelegenheiten“.

Das Heft lotet verschiedene Facetten des Themas aus, u.a.

die Stufen der Beteiligung, Qualitätskriterien oder Partizipa-

tion als Kinderrecht. Darüber hinaus finden Sie einen Über-

blick zu politischen Gremien und Interessenvertretungen.

Über den Tellerrand der Schule hinaus folgt ein Streifzug

durch verschiedene Bereiche von Beteiligung – etwa Schul-

Gemeinde-Kooperationen, e-Partizipation oder das Engage-

ment in Non-Profit-Organisationen.

Linktipps und Vorschläge für Aktivitäten im Unterricht run-

den wie immer das Thema ab.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Umsetzung des The-

mas und freuen uns über Feedback zum Heft.

Elisabeth Turek für das Team von Zentrum polis [email protected]

... offen sein für Neues und Ideen von anderen, aber trotzdem nicht

zu faul sein, um nachzudenken und auch eigene Ideen einzubringen.

... die eigenen Interessen zu vertre-ten, sich mit anderen auszutauschen und auch deren Meinung zu akzep-tieren sowie neue Sichtweisen und Blickwinkel kennen zu lernen und gemeinsam an einer Lösung zu arbei-ten, mit der alle gut leben können.

... in Diskussionen Ideen und Vorschläge liefern sowie mit Anderen konstruktiv an Lösungsvor-schlägen zu bestimmten Themen arbeiten.

... andere zu ermuntern, aufzu-stehen und sich für ihre Rechte

und Wünsche einzusetzen.… die Möglichkeit haben, mitbestim-men zu dürfen, sich selbst einzubrin-gen und Dinge verändern zu können.

... sich aktiv ins politische und

gesellschaftliche Leben einzubringen.

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1.1 PartiziPation: ein schillernder begriff mit fragezeichen

Der Partizipationsbegriff ist in diesem Heft weit gefasst. Er bezieht sich sowohl auf die politische als auch auf die bürgerInnenschaftliche und soziale Beteiligungspraxis von Kindern und Jugendlichen in schulischen und außer-schulischen Bereichen.

Partizipation klingt positiv. Es geht schließlich um mit-reden und mitentscheiden – im eigenen Lebensumfeld, in der Gemeinde, im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz, in der Schule oder bei wichtigen gesellschaftspolitischen Angelegenheiten. Der Begriff Partizipation hat seine Wurzeln im lateinischen Wort particeps (= an etwas teil-

nehmend) und meint Beteiligung, Teilhabe, Mitwirkung, Mitbestimmung und auch Mitentscheidung. Wie das dann in der Praxis umgesetzt wird, ist recht unterschiedlich. Für die einen bedeutet Beteiligung, sich freiwillig für eine Sache zu engagieren (im Gemeinwesen, in BürgerInnen-beteiligungsverfahren, bei Interessenvertretungen, Par-teien oder in Initiativen der Zivilgesellschaft), für andere, alle paar Jahre zu wählen und in der Zwischenzeit der Demokratie „zuzuschauen“.

Dass funktionierende Demokratien von der Beteiligung der Bevölkerung leben und auf ihre politische und sozi-ale Partizipation angewiesen sind, ist nichts Neues und wird vielleicht mit einem Gähnen abgenickt. Ja, schon, denken viele, aber davon ist immer weniger zu merken und das politische Geschehen lässt sie daran zweifeln, ob ihre Beteiligung auch wirklich etwas verändern kann. Sie argumentieren, dass Demokratien durch den globa-len Finanzkapitalismus, die Wirtschaftskrise und den Vertrauensverlust in politische Institutionen (Stich-wort: Korruption) ausgehöhlt werden oder wurden (vgl. Colin Crouch, Postdemokratie, siehe Literaturtipps). Wie viel Spielraum gibt es für „Mitentscheidung“, wenn Ent-scheidungen in globalen Zusammenhängen zusehends undurchschaubar werden und sich erfahrbaren Mitwir-kungsmöglichkeiten entziehen?

Es gibt zahlreiche Gründe für (berechtige) Skepsis ange-sichts der Krisen repräsentativer Demokratien. Die zen-tralen Fragen, die bleiben, sind: Was sind die Alterna-tiven, welche Modelle und Ideen eröffnen Perspektiven für eine „Demokratie von unten“, für eine partizipative, inklusive Demokratie und eine starke Zivilgesellschaft?

Eine wachsende Zahl von AutorInnen und Initiativen ver-sucht, darauf Antworten zu finden. Der Historiker Paul Ginsborg sieht z.B. gerade die kontinuierliche Partizipa-

tion der BürgerInnen als unbedingte Voraussetzung dafür an, die Qualität der Repräsentation sicherzustellen und zu kontrollieren, aber auch diese zu stimulieren.

Partizipation braucht einerseits das Engagement von Menschen, auf der anderen Seite das Teilen von Verant-wortung und das Abgeben von Macht. Genau in diesem Spannungsfeld findet Partizipation statt – egal ob es sich um Familie, Schule oder Betrieb handelt. Das Poten-zial einer aktiven Praxis von Demokratie endet nicht bei Wahlen, Volksabstimmungen oder Volksbefragungen. Es betrifft alle Bereiche des gesellschaftlichen und poli-tischen Lebens. Im Kern geht es darum, was aktive Bür-gerInnenschaft ausmacht: die Erfahrung und Einstellung des Individuums, dass es selbstwirksam ist und durch ver-antwortliche Beteiligung Veränderungen erreichen kann, die Auswirkungen auf Gegenwart und Zukunft haben. Oder einfacher gesagt: das Vertrauen auf das persönliche und gesellschaftspolitische Veränderungspotenzial.

Partizipation ist ein Erfahrungsprozess, in dem für alle Beteiligten viel zu lernen ist. Unter anderem auch des-wegen, weil man vielleicht etwas riskiert, indem man die eigenen Ideen und Einstellungen zu erkennen gibt. Und zweitens, weil es um das Aushandeln unterschied-licher Interessen, Sichtweisen und Bedürfnisse geht – was manchmal anstrengend ist. Hier gilt bekanntlich: Partizipieren lernt man durch Partizipation. Die Kompe-tenzen, die sich dabei langfristig entwickeln (können) – kommunizieren, Meinung vertreten und argumentieren, Eigeninitiative und kreatives Potenzial entwickeln usw. – spielen in der Politischen Bildung ebenso wie in der Bildung für nachhaltige Entwicklung und im Rahmen der Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (siehe www.bmukk.gv.at/medienpool/17454/Schlüsselkompe tenzen.pdf) eine zentrale Rolle.

Das Verständnis von Partizipation hat sich im Lauf der Jahrzehnte gewandelt. War sie bis in die 1970er-Jahre hinein in erster Linie auf formelle politische Instrumente und Handlungen bezogen, durch die BürgerInnen Ein-fluss auf politische Entscheidungen und Macht nehmen konnten (z.B. durch das Wahlrecht), weitete sich die Bedeutung allmählich auf ganz unterschiedliche Lebens-zusammenhänge aus. Es ging immer mehr um die Frage, wie das Gestaltungsprinzip Demokratie auf allen gesell-schaftlichen Ebenen verwirklicht werden konnte – als Weg zu mehr Gerechtigkeit in Institutionen, Arbeitswelt und Verwaltung. Emanzipatorische Lernprozesse der „Ermächtigung“ und „Selbstermächtigung“ („Empower-ment“) jener sozialen Gruppen, die bislang von Mitbe-

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stimmung und Teilhabe an Gesellschaft und Politik aus-geschlossen waren, sollten den Weg dorthin bereiten. In diesem Zusammenhang hinterließen vor allem die schwarze Bürgerrechtsbewegung in den USA, die Frau-enrechtsbewegung und die politische Bildungs- und Gemeinwesenarbeit von Paolo Freire nachhaltige Spuren in der Geschichte.

Chancengleichheit und Inklusion sind nach wie vor die markantesten Ziel- und Wegmarkierungen für Partizipa-tion. Die Herausforderung liegt für InitiatorInnen von Par-tizipationsprozessen daher vor allem darin, Menschen mit ganz verschiedenen gesellschaftlichen Orientierungen zu erreichen, vielfältige Bedürfnisse (z.B. von Mädchen und Burschen, rhetorisch mehr oder weniger Begabten usw.) zu berücksichtigen und sehr genau darauf zu achten, dass sich auch wirklich ALLE beteiligen können.

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Crouch, Colin: Postdemokratie. Frankfurt a. M.: Suhr-kamp, 2008

Ginsborg, Paul: Wie Demokratie leben. Berlin: Wagen-bach, 2008

1.2 im fokus: kinder und Jugendliche

Wenn es um junge Menschen im Zusammenhang mit Par-tizipation geht, fallen vor allem drei Dinge auf: Meistens ist von einem (außerschulischen) Projekt die Rede – einer Sache, die „besonders“ ist und sich vom Alltag abhebt. Langfristige, in den Alltag integrierte Formen, ziehen schulisch oder außerschulisch wesentlich seltener Auf-merksamkeit auf sich.

Zweitens: Jüngeren Generationen werden (über Pro-jekte hinaus) nur wenige Möglichkeiten eingeräumt, sich bemerkbar zu machen oder gar mitzuentscheiden – gerade dann nicht, wenn es um zukunftsweisende Ange-legenheiten für die nächsten Generationen geht.

Eine dritte Erkenntnis: Es ist wichtig, genauer hinzu-schauen, was „Partizipation“ jeweils bedeutet. Was steckt hinter einem Projektnamen und stimmt die Ankündigung mit dem Inhalt überein? Sind Kinder und Jugendliche Objekte oder werden sie als Subjekte ernst genommen? Geht es um Mitsprache, um Mitwirkungsrechte oder um das Recht, mitzuentscheiden? Wird Partizipation als eine

Zielvorstellung, als eine Methode oder als eine Mode verstanden?

Partizipation hat in den letzten Jahrzehnten eine starke Aufwertung erfahren, gerade im Kinder- und Jugendbe-reich ist sie sehr sozial erwünscht. Mittlerweile kommt es nur selten vor, dass in einem Projektantrag oder Wettbe-werb nicht das Kriterium Partizipation nachgefragt wird.

Mehrere Studien (u.a. Shell-Studie 2010, Institut für Jugendkulturforschung, ePartizipation – „Jugend aktiv“) belegen, dass sich die Begeisterung junger Menschen für soziale und politische Partizipation in Grenzen hält. Für die Mehrzahl ist Demokratie und Beteiligung zwar positiv besetzt und sie macht überwiegend vom Wahlrecht ab 16 Jahren Gebrauch – über das Wählen hinaus ist aber nur ein relativ kleines Segment tatsächlich „mitwirkungsbezo-gen“ (Stichwort „passive DemokratInnen“). Das Resümee einer Studie über das aktive IKT-NutzerInnenverhalten von Salzburger Jugendlichen fällt in punkto Partizipation nüchtern aus: Das derzeitige Engagement zur Beteiligung liegt – über die eigene Betroffenheit hinaus – bei maxi-mal 14 bis 15% und bei den meisten Themen noch deut-lich darunter, etwa bei 5 bis 8% (Befragung von ca. 900 Jugendlichen, 14 bis 24 Jahre).

Zweifellos sind die Partizipationsformen vielfältiger geworden und daher ist eine zielgruppenspezifische bzw. differenzierte Betrachtungsweise notwendig – schließ-lich sind Kinder und Jugendliche keine homogene Gruppe. Während traditionelle verbandliche Beteiligungs-formen (Kirche, Vereine, Parteien) zurückgehen, bevor-zugen viele Jugendliche thematisch fokussierte (Non-Profit-Organisationen genießen hohe Sympathiewerte) bzw. webbasierte, hierarchiearme Formen. Jugendliche tendieren dazu, sich da und dort kurzfristig und eher kleinräumig zu engagieren (von duty-based citizenship zu engaged citizenship), viele möchten sich nicht langfristig binden, schon gar nicht an Politik und Verbände.

Nicht nur die Beteiligungsformen selbst, auch Krite-rien wie ländlich/urban, der Bildungshintergrund (d.h. mehr Engagement bei höherer Bildung) oder das Alter (je älter, desto stärkeres politisches Interesse) spielen eine ausschlaggebende Rolle. So engagieren sich etwa in ländlichen Zonen Österreichs Jugendliche etwa gleich häufig wie Erwachsene im sozialen, kulturellen, religi-ösen, sportlichen Bereich oder in der Katastrophenhilfe (siehe polis aktuell 9/2010: Freiwilliges politisches Enga-gement). Jugendliche mit niedrigem Bildungsniveau, die nicht in Verbänden oder Institutionen organisiert sind

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und z.T. jene mit Migrationshintergrund, können hinge-gen nur schwer erreicht und motiviert werden.

Über die Jahre hinweg zeige sich sogar ein relativ sta-biles Beteiligungsniveau von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, meinen einige AutorInnen. Es sind in erster Linie die Ausdrucksformen und zweitens die Motive für Engagement, die sich verändert haben. Nutzenerwä-gungen treten immer stärker in den Vordergrund oder anders gesagt: Der Output soll spürbar sein, damit eigenes Engagement als sinnvoll erkannt werden kann.

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Betz, Tanja; Gaiser, Wolfgang; Pluto, Liane (Hrsg.): Par-tizipation von Kindern und Jugendlichen. Forschungs-ergebnisse, Bewertungen, Handlungsmöglichkeiten. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag, 2010

Maier-Rabler, Ursula; Hartwig, Christiana: ePartizipation – „Jugend aktiv“. Das aktive IKT-Nutzerverhalten von Salzburger Jugendlichen mit besonderer Berücksichti-gung von (politisch) partizipativen Formen von Internet und mobiler technischer Kommunikation. Salzburg: ICT&S Center, 2007. Download der Zusammenfassung:www.icts.sbg.ac.at/media/pdf/pdf1318.pdf

Stange, Waldemar; Meinhold-Henschel, Sigrid; Schack, Stephan: Mitwirkung (er)leben. Handbuch zur Durchfüh-rung von Beteiligungsprojekten mit Kindern und Jugend-lichen. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2009

Methodentipp (ab der 7. Schulstufe)

Beteiligungserfahrungen von SchülerInnen: Die Schü-lerInnen führen zu Themenbereichen rund um Beteili-gung ein Kurzinterview mit einem/einer Klassenkolle-gen/in durch und machen Notizen (Was war der genaue Hintergrund? Aus welchen Gründen hat sich jemand beteiligt oder nicht beteiligt?). Danach Diskussion.

Ziele: Erfahrungen der KlassenkollegInnen zum Thema Partizipation/Beteiligung kennen lernen und mitei-nander ins Gespräch kommen. Reflexion zur Frage der Motivation für Beteiligung.

Vorbereitung: Die Lehrkraft notiert die Fragekarten auf festeres A4-Papier (jeweils drei oder vier kommen auf eine Seite), diese werden dann als Papierstreifen aus-geschnitten. Abhängig von der Gruppengröße können die Inhalte mehrfach verwendet werden.

Fragekarten: Suche jemanden in deiner Klasse, die/der …

… schon einmal an einer Demonstration teilgenommen

hat.

… schon einmal einen LeserInnenbrief zu einem poli-

tischen Thema geschrieben hat.

… schon einmal bei einer Wahl (in und außerhalb der

Schule) beteiligt war.

… schon einmal auf Bezirks- oder Gemeindeebene bei

einem partizipativen Projekt (= Beteiligungsprojekt) mit-

gemacht hat.

… sich irgendwo nicht beteiligen konnte, weil nur Mäd-

chen/Burschen zugelassen waren.

… sich an einer Abstimmung im Internet beteiligt hat.

… sich im Internet an politischen Diskussionen (Foren,

Blogs etc.) beteiligt hat.

… überlegt, sich für eine politische Partei zu engagieren

oder dies bereits tut.

... überlegt, sich freiwillig in einer gemeinnützigen (Non-

Profit) Organisation zu engagieren.

… als InteressenvertreterIn für andere tätig ist oder war

(z.B. als KlassensprecherIn, SchülervertreterIn etc.) oder

gerne wäre.

… unbezahlte Freiwilligenarbeit geleistet hat (außerhalb

der Familie).

… in einer Jugendorganisation tätig ist/war.

… sich für eine religiöse Einrichtung engagiert (hat).

Durchführung (ca. 20 Minuten): Die SchülerInnen zie-hen eine Karte und suchen jemanden, der die beschrie-bene Erfahrung entweder selbst gemacht hat oder jemanden kennt, auf die oder den das zutrifft. Anschließend Austausch im Klassenplenum. Dabei steht nicht so sehr im Vordergrund, wer welche Erfah-rung gemacht hat, sondern z.B. Fragen wie: Was habt ihr Neues erfahren (über eure KlassenkollegInnen, über Beteiligung)? War es leicht/schwer, jemanden mit der entsprechenden Erfahrung zu finden?Diskussionspunkte und Klassenbild: • Was sind die Gründe für Beteiligung? In welchen

Bereichen gibt es die stärkste Beteiligung, in wel-chen die geringste? Welche Gründe gibt es, sich nicht zu beteiligen?

• Was bringt Partizipation für Kinder/Jugendliche? • Wo sollten Kinder und Jugendliche mehr mitreden

und mitentscheiden dürfen? • Was wäre für euch besonders wichtig, wofür würdet

ihr euch gern engagieren (Thema, Bereich, Organisa-tion usw.)?

Quelle (adaptiert): Impuls 1 (Erfahrungsaustausch), aus: www.reininsparlament.at > Unterrichtsmateri-alien zur Vorbereitung auf das Jugendparlament

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1.3 intensität, stufen und Qualität von beteiligung: Wie Weit geht PartiziPation?

1.3.1 Intensität und Stufen

der Beteiligung

Das Spektrum der Intensität von Partizipation reicht von Mitsprache über Mitwirkung und Mitbestimmung bis hin zu mitverantwortlicher Selbstbestimmung. Andere Gradmesser, die für Beteiligung herangezogen werden, sind etwa „Information“, „Konsultation“ und „Koopera-tion“. Jugendliche sehen „informiert sein“ und „Wissen“ als wesentlich für spätere Beteiligung an (O-Ton aus der Fokusgruppe, siehe Seite 2 dieses Hefts: „Wir brauchen

Grundinformationen zu Wegen, wie wir etwas tun, uns

beteiligen, den ersten Schritt machen können sowie Infor-

mationen zu unseren Rechten.“). Informiert sein oder wer-den, ist zwar eine Voraussetzung, zählt aber noch nicht zur eigentlichen Partizipation. Im Folgenden das Modell der Partizipationspyramide. Sie eignet sich, um den Grad der Mitentscheidung der Beteiligten einzuschätzen (im außerschulischen und schulischen Bereich) und zu bestimmen, was mit Partizipation jeweils gemeint ist.

Die Pyramide wird anhand des Beispiels eines fiktiven Jugendzentrums, das in einer Gemeinde gebaut werden soll, verständlich.

• Information: Die Jugendlichen werden vom Vorhaben in Kenntnis gesetzt bzw. informieren sich selbst.

• Mit-Sprache: Jugendliche werden befragt und ein-geladen, ihre Mei-

nungen und Bedürfnisse zum Jugendzentrum vor den EntscheidungsträgerInnen auszusprechen. Eventuell beeinflusst dieser Schritt das Vorhaben, jedoch bleibt die Letztentscheidung bei den politischen und/oder finanziell Verantwortlichen. Die Mehrzahl von Parti-zipationsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche gehört dieser Stufe an.

• Mit-Entscheidung: Die Beteiligten können mitentscheiden, ob etwas zustande kommt oder nicht. Im Fall des Jugendzentrums haben sie bei der Planung ein Stimm-recht und sind auch in das Konzept und die Realisie-rung des Jugendzentrums eingebunden.

• Mit-Beteiligung: Die Beteiligten sind sowohl an den Entscheidungen zur Planung als auch an der Gestaltung und Umsetzung des Projekts eingebunden – selbst wenn die finanziellen Mittel von den Entscheidungs-trägerInnen kommen. Im Fall des Jugendzentrums übernehmen sie langfristig im laufenden Betrieb Verantwortung.

• Selbstverwaltung: Die Jugendlichen initiieren entweder in Eigenregie das Jugendzentrum oder es werden Res-sourcen von Erwachsenen zur Verfügung gestellt, über welche die Jugendlichen entscheiden und die sie verwalten.

1.3.2 Qualitätskriterien für

Kinder- und Jugendbeteiligung

Was macht die Qualität von gelungener Partizipation von Kindern und Jugendlichen aus? Zugespitzt könnte man sagen, die Qualität ergibt sich aus den Aspekten: „gut zu Entscheidungen kommen“ (Prozess) und „gute Entschei-dungen zu treffen“ (Ergebnis).

Die Arbeitsgemeinschaft Partizipation (ARGE Partizipa-tion, www.jugendbeteiligung.cc), in der alle österrei-chischen Landesjugendreferate, das Amt für Jugendar-beit Bozen und das bm:wfj vertreten sind, hat folgende

Information

Mit-Sprache

Mit-Entscheidung

11

22

33

55

echte

Formen/Stufen der Partizipation

Voraussetzungen für Partizipation; unechte

Formen/Stufen der Partizipation

Die fünf Stufen der Partizipationspyramide

Selbst-

verwaltung

Mit-Beteiligung 44

Partizipationspyramide. Quelle: funtasy projects, www.funtasy-projects.ch

Wir wollen ….

Unter folgenden

Bedingungen ….

Nein, so

nicht!

Wer macht was?

Wie können wir

das organisieren?

In diesem Bereich

braucht es noch …

Information

EntscheidungsträgerInnen Jugendliche/Beteiligte

Jugendliche/BeteiligteEntscheidungsträgerInnen

Information

Information

EntscheidungsträgerInnen Jugendliche/Beteiligte

Jugendliche/BeteiligteEntscheidungsträgerInnen

Information

Wir wollen ….

Unter folgenden

Bedingungen ….

Nein, so

nicht!

Wer macht was?

Wie können wir

das organisieren?

In diesem Bereich

braucht es noch …

Wir haben hier alleine das Sagen und die Verantwortung

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Qualitätskriterien erarbeitet (gekürzt, aus: www.jugendbeteiligung.cc > Grundsätzliches > Qualitätskriterien):

• Freiwilligkeit und Wertschätzung von Kindern und Jugendlichen (als gleichwertige PartnerInnen und ExpertInnen ihrer Lebenswelten)

• Kompetente Begleitpersonen/ModeratorInnen (oder gegebenenfalls auch ExpertInnen) stehen beratend und unterstützend mit kinder- und jugendgerechtem methodischem, sozialem und pädagogischem Reper-toire zur Seite.

• Eigenaktivität: Kinder und Jugendliche überlegen selbst, welchen Themen sie sich widmen wollen und welche Schwerpunkte sie sich setzen. Sie sind in mög-lichst allen Phasen der Projekte aktiv beteiligt.

• Gemeinsame Zielformulierung: Alle am Vorhaben Beteiligten definieren gemeinsam die Ziele und stecken den Rahmen ab (Zeit, Ressourcen, Verbindlichkeiten).

• Verbindlichkeit: Gemeinsame Vereinbarungen werden verbindlich umgesetzt. Die dafür notwendigen Ressour-cen (finanziell, zeitlich, personell, räumlich etc.) sind vor der Miteinbeziehung von Kindern und Jugendlichen vorzusehen.

• Überparteilichkeit

• Transparenz und Überschaubarkeit: Die Projekt-schritte und Prozesse werden in verständlicher Form allen Beteiligten zugänglich gemacht.

• Generationenübergreifender Dialog

• Öffentlichkeitsarbeit: Informationen sicherstellen, Resonanz für die Anliegen von Kindern und Jugend-lichen stärken.

• Laufende Dokumentation und Reflexion: Der Pro-jektverlauf wird gemeinsam von allen Beteiligten nachbesprochen.

• Geschlechtssensibilität: Gleichberechtigte Mitarbeit von Mädchen und Burschen, die gleichermaßen davon profitieren können. Arbeitsformen, die auf die jewei-ligen Bedürfnisse abgestimmt sind.

Inhalte der Qualitätskriterien für Kinder- und Jugend-beteiligung finden sich auch in internationalen Doku-menten wie der Agenda 21 (www.nachhaltigkeit.at > Lokale Agenda 21), in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, dem Weißbuch Jugend der Euro-päischen Union (2001) und der (revidierten) Europä-ischen Charta der Beteiligung der Jugend am Leben der Gemeinde und der Region (Europarat, 2003).

Anleitung zum Misslingen partizipativer Vorhaben: Erwachsene machen Dinge zum Thema, die für Kinder und Jugendliche belanglos sind. Kinder- und Jugend-liche werden nicht ernst genommen. Alibihandlungen für die Bedürfnisse der Erwachsenen. Instrumentali-sierung von Kindern/Jugendlichen in Vorzeigeprojekten.

2 PartiziPation von kindern und JugendlichenDie Jugend von heute liebt den Luxus und

verachtet die Autorität. Sie widerspre-

chen ihren Eltern, legen die Beine über-

einander und tyrannisieren ihre Lehrer.

Sokrates 469 bis 399 v. Chr.

2.1 balanceak t

Beteiligung ist im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen ein Balanceakt. Die Sozialpädagogin Rain-gard Knauer meint damit eine Haltung von Erwachse-nen gegenüber jungen Menschen: Unterstützung ohne Bevormundung, Begleiten und Ermöglichen, ohne schon

vorwegzunehmen, was herauskommen soll, die Sicht der Kinder wahrnehmen und sie in Planungen einbeziehen oder altersadäquate Beteiligungsangebote entwickeln und Grenzen transparent halten. Es geht darum, zwischen Autonomie und Abhängigkeit Räume für Beteiligung zu schaffen oder zu erweitern. Räume, in denen Kinder und Jugendliche auch andere Rollen als jene einer vorwiegend aufnehmenden und geführten ausprobieren können.

Darüber hinaus gibt es noch einen zweiten Balanceakt: Gemeinsames Handeln, Planen und Mitentscheiden bei Themen, die den Beteiligten am Herzen liegen, ist etwas anderes als das Übertragen von „Erwachsenenpolitik“ auf Kinder. Dennoch braucht es auch wirksame Kinder- und

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Jugendpolitik als Querschnittsmaterie – politische Struk-turen für und mit jungen Menschen. Schließlich geht es um mitreden und mitentscheiden in ALLEN Lebensbe-reichen und bei ALLEN Entscheidungen, die junge Men-schen betreffen (nicht nur den Skaterpark!).

2.2 ent Wicklung von fähigkeiten

Der Rahmen von Partizipation ändert sich klarerweise mit dem Alter und der Entwicklung kognitiver und sozi-aler Fähigkeiten junger Menschen. Kinder zwischen vier und sechs Jahren können laut Entwicklungspsychologie ihre Meinung vertreten, wenn es um die eigene Wohn-umgebung oder um Spiel- und Aufenthaltsorte geht. Zwischen sechs und zehn Jahren überblicken Kinder den unmittelbaren Lebensbereich (Wohnumfeld, Schule). Die Zahl der Klassenräte und Schulparlamente – auch in der Volksschule – ist im Ansteigen begriffen und es ist klar: Kinder können mit entsprechender kompetenter Beglei-tung bereits in jungen Jahren soziale Verantwortung übernehmen und sind sowohl zu Mitgestaltung als auch zur Mitentscheidung fähig.

In der Sekundarstufe I erweitert sich das Potenzial für Abstraktionsvermögen und für das Erkennen von gesell-schaftlichen und politischen Strukturen.

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polis aktuell 8/2008: Politische Bildung von Anfang anwww.politik-lernen.at/site/gratisshop/shop.item/ 105458.html

2.3 PartiziPation als kinderrecht

Während soziale und politische Partizipation von Kindern und Jugendlichen sozusagen in aller Munde ist, bleibt oft ein Aspekt unterbelichtet: Partizipation ist keine Gnade, die von Erwachsenen gewährt wird, sondern ein Kinderrecht. Eines der vier zentralen Grundprinzipien, von denen die Kinderrechtskonvention (KRK) getragen wird, ist das Kinderrecht auf Partizipation. Die 1989 ver-abschiedete UN-Kinderrechtskonvention setzt neben der Schaffung gesicherter Lebensgrundlagen für die persön-liche Entwicklung (provision) und dem Schutz vor Gewalt (protection) Beteiligungsrechte als dritten Schwerpunkt (participation). Er ist der jüngste Themenkomplex in der Kinderrechtsdebatte.

Zwei Artikel sind in diesem Zusammenhang maßgeblich: Artikel 12 bezieht sich auf die Achtung vor der Meinung des Kindes und das Recht auf Partizipation, auch Artikel 3 spielt eine herausragende Rolle (bei politischen, recht-lichen und gesellschaftlichen Entscheidungen sollen die Interessen und Belange der Kinder vorrangig berücksich-tigt werden).

Der Kinderrechtsansatz versteht Kinder (definiert als alle jungen Menschen unter 18 Jahren) als eigenständige und selbstberechtigte Persönlichkeiten und stärkt sie darin, sich für ihre Rechte einzusetzen und sie auch einzufor-dern. Im Schulkontext zählen zu den Kinderrechten etwa Schutz vor Gewalt/Bullying, Recht auf Freizeit/Sport (z.B. Einhaltung von Pausen, Ausmaß von Turnstun-den), adäquates Nahrungsangebot, adäquate Lernumge-bungen (z.B. Klassengestaltung) bis hin zum Verbot der Diskriminierung z.B. nach Herkunft, Geschlecht oder Behinderung.

Mit dem Grundprinzip, Kinder in allen sie betreffenden Angelegenheiten zu beteiligen, werden sie als Akteu-rInnen bestärkt, aktiv ihr Umfeld einzuschätzen, Dinge nicht kritiklos hinzunehmen und Verantwortung zu übernehmen.

Österreich hat im Jänner 2011 das „Bundesverfassungs-gesetz über die Rechte der Kinder“ beschlossen. Artikel 4 legt dabei folgendes fest: „Jedes Kind hat das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung entspre-chenden Weise“.

"Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das

fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden,

das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind

berührenden Angelegenheiten frei zu äußern,

und berücksichtigen die Meinung des Kindes

angemessen und entsprechend seinem Alter

und seiner Reife.

Zu diesem Zweck wird dem Kind insbesondere

Gelegenheit gegeben, in allen das Kind berüh-

renden Gerichts- oder Verwaltungsverfahren

entweder unmittelbar oder durch einen Vertre-

ter oder eine geeignete Stelle im Einklang mit

den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften

gehört zu werden." (KRK, Art. 12)

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2.4 Wo und Wie können sich kinder und Jugendliche beteiligen?

Die oben dargestellte Grafik zeigt: Kinder und Jugend-liche sind in vielfältige Lebens- und Alltagswelten und somit potenziell in zahlreiche Beteiligungssphären einge-bunden – von Schule bis zu Freizeitbereichen und virtu-ellen Communities. Ab 16 Jahren ist durch das Wahlrecht auch die Möglichkeit der formellen politischen Partizipa-tion gegeben.

2.4.1 Partizipationsspirale

Die groß angelegte empirische Studie mitWirkung! der Bertelsmann Stiftung (Deutschland) belegt: positive

Erfahrungen von partizipativen Prozessen in der Schule haben günstige Auswirkungen auf die Beteiligung in der Freizeit und in der Gemeinde, letztlich auch auf politische Beteiligung im weiteren Sinn. Je vielfältiger und posi-tiver die Möglichkeiten und Erfahrungen, desto stärker die Bereitschaft, sich erneut einzubringen. Jugendliche beteiligen sich dann besonders stark an Beteiligungsan-geboten und -projekten am Wohnort, wenn sie

1. besonders gut informiert sind über diese

2. einen großen Erfahrungsschatz verbunden mit einem hohen Qualifikationsempfinden in punkto Partizipa-tion haben

3. viele Mitwirkungsmöglichkeiten in der Schule haben.

Erleben Kinder und Jugendliche Beteiligung in einem Bereich erfolgreich, hat das auch günstige Auswirkungen auf andere Bereiche. Besonders unter diesem Blickwinkel sind erfolgreiche Kooperationen zwischen Schulen und Gemeinden bzw. Schulen und außerschulischen Einrich-tungen zukunftsweisend für alle Beteiligten.

Methodentipp (Volksschule, auch für Sekundarstufe I adaptierbar): Wer bestimmt?

In der Übung geht es um Fragen, die sich darum drehen, wer in der Familie in welcher Situation entscheiden soll (Kinder, Eltern, beide gemeinsam). Wie im Ampelspiel halten die Kinder nach jeder Frage dafür eine Farbkarte hoch und signalisieren ihre Antwort. Ältere Kinder kön-nen in der Kinderrechtskonvention nachschauen, auf welche Rechte der KRK sich die Fragen beziehen.

Download der kompletten Übung aus dem COMPA-SITO – Handbuch zur Menschenrechtsbildung mit Kindern (Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung/Deutsches Institut für Menschenrechte/Europarat, 2009) unterwww.compasito-zmrb.ch/uebungen/eintrag/36/Download der vereinfachten Fassung der Kinderrechts-konvention: polis aktuell 7/2009: Kinderrechte sind Menschenrechte.www.politik-lernen.at/site/gratisshop/shop.item/ 105681.html

Impuls (ab der 7. Schulstufe): Alltag, Schule, Freizeit: Wo sollten Kinder/Jugendliche eurer Meinung nach mehr zu sagen haben? Und was sagt ihr dazu?

Schritt 1: Die SchülerInnen überlegen in Kleingruppen eine kurze Geschichte (Szene) zum Thema Mitreden/Beteiligung oder Nicht-Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Dafür bietet sich die Schule an, aber auch die Plätze, wo sich Jugendliche gerne aufhalten (z.B. Parks, Jugendzentrum etc.).Schritt 2: Zur Idee der Geschichte passend, machen sie mit einer Digitalkamera (alternativ: Handykamera oder Smartphone) fünf bis zehn Fotos, die als Bildge-schichte zusammen einen Sinn ergeben. Anschließend werden die Fotos entweder im normalen Fotoformat oder in größeren Formaten auf dem PC ausgedruckt. Schritt 3: Die SchülerInnen gestalten eine Collage mit zu den Bildern passenden Sprech- bzw. Gedankenbla-sen, Erzähltexten, Kreativelementen usw.Schritt 4: Präsentation in der KlasseSchritt 5: Nachbesprechung. Themensammlung clu-stern und gemeinsam besprechen, was mit den Ergeb-nissen passieren soll (z.B. Ausstellung in der Schule?). Idee: Elisabeth Turek

T i p p L i n kMedienwerkstatt „Reflect and Act!“, www.reflect.at

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2.4.2 Alltagspartizipation

Der Stellenwert jener Beteiligung, die dort passiert, wo der Alltag gelebt wird, sollte nicht unterschätzt werden. Denn Alltag ist das, was nicht auffällt und Alltag gibt Sicherheit. Alltagspartizipation bedeutet, dass Beteili-gung selbst zum Alltag wird – etwa durch Beteiligungs-rituale (z.B. Klassenrat) und Feedback oder generell durch Mitsprache als Teil des Alltags. Die selbstverständ-liche, in den Alltag integrierte Beteiligung, ist meistens unspektakulär, aber wirksamer als so manches Vorzeige-projekt. Ihre wichtigsten Ressourcen sind der Dialog und die Zeit. Zeit, um zuzuhören, zu beobachten, Ideen zu besprechen, Vereinbarungen auszuhandeln, Informati-onen weiterzugeben und zu planen.

Besonders diese Art der Beteiligung will gelernt sein – nicht nur von Kindern und Jugendlichen. Für die Schule heißt das: Partizipation bleibt nicht alleine auf die Arbeit mit SchülerInnen eingegrenzt, sondern sie wird von Lehr-kräften selbst gelebt und von der Schulleitung ermöglicht bzw. gefördert.

T i p p L i t e r a t u r

Zeitschrift ULTIMO Spezial. Jugendbeteiligung in Theorie & Praxis (2011). Nähere Informationen und kostenlose Bestellung: www.akzente.net/ULTIMO-Spezial-Jugendbeteiligung.2626.0.html

Knauer, Raingard: Alltagsbeteiligung von Kindern und Jugendlichen. Baustein B 4.2. Veröffentlichung im Rah-men der Beteiligungsbausteine des deutschen Kinder-hilfswerks (2009). Download unterwww.kinderpolitik.de/beteiligungsbausteine/pdf/b/Baustein_B_4_2.pdf

Möglichkeiten für Feedback und Alltags-partizipation im Schulbereich sind in der Ausgabe von polis aktuell zum Thema Klassengemeinschaft zu finden.polis aktuell 7/2011: Klassengemeinschaft

2.4.3 Formen der Beteiligung

von Kindern und Jugendlichen

Projektbezogene Formen

Sie haben einen zeitlich begrenzten Planungs- und Durch-führungshorizont, sind von den Aufgaben her überschau-bar und zeigen sichtbare Ergebnisse. Ihre Integration in den Alltag ist allerdings nicht in allen Fällen möglich.

Beispiele:

• Schule: Projektunterricht, Schulprojekte, Schulräume oder Schulfreiräume

• Kommunalpolitische Projekte zu Spielplatz-, Sport– und Freizeitanlagengestaltung, Verkehrsplanungen, Kulturveranstaltungen usw.

T i p p L i n k s z u P a r t i z i p a t i o n s p r o j e k t e n

Jugendhomepage des Vereins beteiligung.st (Steier-mark): www.beteiligung.st/jugend Spannende Impulse sind auf www.beteiligung.st/jugend/Projekte zu finden!

Arge Partizipation: www.jugendbeteiligung.cc > Formen und Beispiele > projektbezogen

Demokratiezentrum Wien: Auf der Webseite ist eine Beschreibung von insgesamt 37 Partizipationspro-jekten in Wien zu finden, unterteilt nach Bezirken und Altersgruppen:www.demokratiezentrum.org/themen/wien/ partizipation/partizipationsmoeglichkeiten.html

Offene Formen

In unregelmäßigen Abständen artikulieren Kinder und Jugendliche ihre Meinung und Bedürfnisse (im Gespräch,

Quelle: Olk, Thomas; Roth, Roland: Mehr Partizipation wagen. Argumente für eine verstärkte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), 2007

2011Nr. 7polis aktuell

o Klassenklima: Blitzlichter zur Bestandsaufnahme

o Von der Gruppe zum Team: Themen und Übungen

o Klassengemeinschaft und Politische Bildung

o Soziales Lernen

o Links und Materialien

Klassengemeinschaft

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in Diskussionsrunden, in Umfragen) oder sie bringen sich in Organisationen ein.

Beispiele: Kinder- und Jugendforen in der Gemeinde, Schul- und Klassenforum (z.B. zu Hausordnung, Lehr-plan, Leitbild etc.), Kinder- und Jugendbefragungen, Internetabstimmungen (E-Partizipation), Open-Space-Konferenzen, Sprechstunden von BürgermeisterInnen für Jugendliche, Freiwilligenarbeit in NPOs

Parlamentarische Formen, verfasste Formen, repräsentative Formen

Modelle direkter Beteiligung, die durch Kontinuität und formale Strukturen gekennzeichnet sind, z.B. Kinder- und Jugendgemeinderäte bzw. Jugendlandtag oder Mög-lichkeiten politischer Partizipation (Wahlen, europäische BürgerInnenintiative), Wahl der Klassen- und Schulspre-cherInnen, SchülerInnenparlamente.

Jugendliche nehmen formal durch gesetzliche Maßnah-men an Entscheidungsprozessen teil, etwa im Rahmen der Wahlaltersenkung oder der Bestellung eines Kinder- und Jugendbeauftragten. Die Instrumente/Elemente direkter Demokratie und politischer Partizipation, an denen sich Jugendliche ab 16 Jahren in Österreich beteiligen kön-nen: Volksabstimmung, Volksbegehren, Volksbefragung, BürgerInneninitiative, Petitionen und Wahlen ( EU-Ebene siehe Seite 18).

Methodentipp

Unterrichtssequenz zu zentralen politischen Partizi-pationsmöglichkeiten auf der Webseite des Demokra-tiezentrums Wien (Volksabstimmung, Volksbegehren, Volksbefragung, BürgerInneninitiative usw.):www.demokratiezentrum.org/bildung/lernmodule/partizipation/unterrichtssequenz-3.html

Arbeitsblatt: www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/ab_partizipation_zit.pdf

Impuls (ab der 4. Schulstufe)

Die SchülerInnen recherchieren gemeinsam mit den Eltern und/oder Lehrkräften: Welche speziellen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche gibt es in meiner Gemeinde? Wer ist dort Ansprechperson für kin-der- und jugendspezifische Anliegen? Gibt es Jugend-beauftragte oder Sprechstunden des Bürgermeisters/der Bürgermeisterin für Kinder- und Jugendliche?

Who is who? Politische Institutionen und Modelle für Kinder- und Jugendpartizipation

BUNDBundesjugendvertretung (BJV) Gesetzlich verankerte Vertretung von 51 Kinder- und Jugendorganisationen für Anliegen junger Menschen. www.jugendvertretung.at

GEMEINDENKinder- und JugendbeauftragteR Jugendbeauftragte sind Sprachrohre der Kinder und Jugendlichen in einer Gemeinde. Sie beraten die Gemeinde in Jugendfragen und kümmern sich darum, dass diese Zielgruppe bei jugendrelevanten Projekten eingebunden werden (z.B. durch Abhaltung von Jugend-gemeinderäten, Jugendsprechtage etc.)

Kinder- und Jugendgremien Überblick zu Modellen der Jugendbeteiligung: www.invo.at/downloads/wissen-beteiligungsformen/modelle-jugendbeteiligung

Kinder- und Jugendgemeinderäte Beraten EntscheidungsträgerInnen in Kinder- und Jugendfragen. Die Kinder/Jugendlichen können entwe-der gewählt und von den anderen Jugendlichen entsandt werden oder der Zugang zum Kinder- und Jugendgemein-derat ist generell offen für alle Interessierten.

Jugendforum Jugendforen als niederschwellige partizipatorische Form können auf verschiedene Arten gebildet werden – als lose Zusammenkunft von Jugendlichen und Erwachsenen, über eine Wahl von VertreterInnen des Jugendforums oder nach dem Delegationsprinzip (Jugendorganisa-tionen, -vereine und freie Jugendinitiativen entsen-den VertreterInnen zu regelmäßigen Treffen). Einem Jugendforum kann die Aufgabe übertragen werden, Mit-gestaltungsmodelle und -projekte zu initiieren und zu betreiben.

Jugendrat Ein einfaches Modell der Jugendbeteiligung für Gemein-

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3 Querfeldein: PartiziPation in verschiedenen bereichen

3.1 schülerinnenbeteiligung und demokratische schule

Auf der Schulebene bedeutet das Kinderrecht auf Partizi-pation, dass Kinder und Jugendliche sich aktiv in schu-lische Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse einbrin-gen können – in den sie betreffenden Angelegenheiten. Die Modelle konventioneller SchülerInnenbeteiligung und gewählter VertreterInnen sind im österreichischen Schulunterrichtsgesetz (Wahl der Klassen- und Schul-sprecherInnen, der Landes- oder BundesschülerInnen-

vertretung) sowie im Schülervertretungsgesetz verankert. Sie betreffen individuelle (Recht auf Beteiligung an der Gestaltung des Unterrichts bzw. der Wahl der Unterrichts-mittel, Anhörung, Abgabe von Vorschlägen usw.) sowie kollektive Rechte (Mitverwaltung und Interessenvertre-tung) der SchülerInnen. Das Klassen- und Schulforum ist für die erste bis vierte Schulstufe vorgesehen, Beratungs- und Entscheidungsgremien in den mittleren und höheren Schulen, den Berufsschulen und den Polytechnischen Schulen sind die Schulgemeinschaftsausschüsse.

den. In Vorarlberg werden z.B. 12 bis 18 Jugendliche per Zufall ausgewählt. Sie entwickeln Lösungs- und Verbes-serungsvorschläge zu Themen, die sie interessieren und fassen die Ergebnisse in einem gemeinsamen Statement zusammen. www.invo.at/foerderung/generationenuebergreifende- beteiligung/generationenuebergreifende-beteiligung/foerderung/jugendrat

Jugendparlament Unter dem Begriff Jugendparlament werden sehr unter-schiedliche Strukturen verstanden – von außerschu-lischen Beteiligungsinitiativen (z.B. im Jugendzentrum) bis zu Interessensvertretungen für Kinder und Jugend-liche in Gemeinden, wo Jugendparlamente Anträge ausarbeiten, die den PolitikerInnen vorgelegt werden. Im österreichischen Parlament findet halbjährlich ein Jugendparlament, mit Jugendlichen der 9. Schulstufe statt (aus dem Bundesland, das gerade dem Bundesrat vorsitzt). Einen Tag lang übernehmen die SchülerInnen die Aufgaben von PolitikerInnen. www.reininsparlament.at

LÄNDERJugendlandtag Jugendliche Abgeordnete aus verschiedenen Regionen eines Bundeslandes nehmen selbst den Platz auf der Regierungsbank ein und übermitteln in Form von Anträ-gen ihre Wünsche und Forderungen an die zuständigen Mitglieder der Landesregierung. Die Zahl der Abgeordne-ten-Plätze ist klar geregelt .

Beispiel: Jugendlandtag in der Steiermark www.kinderrechte.gv.at/home/im-fokus/kr-politik/ partizipation/mehr-dazu/content.html

ARBEITSBEREICHJugendvertrauensräte Ab fünf Arbeitskräften unter 18 Jahren in einem Betrieb kann einE Jugendvertrauensrat/-rätin als Anlaufstelle für Lehrlinge und jugendliche ArbeitnehmerInen und als VermittlerIn zwischen den Anliegen der jungen Beleg-schaft und der Betriebsleitung gewählt werden (für zwei Jahre). www.jugendvertrauensrat.at

EUROPAEuropean Youth Parliament (EYP) Das Europäische Jugendparlament bietet dreimal jährlich 250 SchülerInnen zwischen 16 und 19 Jahren aus ganz Europa die Möglichkeit, die Arbeit des Europäischen Par-laments kennenzulernen. Jeweils zehn österreichische TeilnehmerInnen können dabei in der Diskussion mit Gleichaltrigen aus verschiedenen Staaten ihre eigene Meinung zu aktuellen europäischen Themen vertreten. Sie erstellen eine Resolution, die dem Europäischen Par-lament, der Europäischen Kommission und dem Europä-ischen Rat übergeben wird. www.europarl.at/view/de/JUGEND/school/europan_youth.html www.eypaustria.org

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Darüber hinaus gibt es an zahlreichen Schulen Öster-reichs Schulparlamente. Auf Bundesebene hat die Bun-desschülerInnenvertretung ein SchülerInnenparlament eingerichtet, landesweit beruft die jeweilige Landesschü-lerInnenvertretung SchülerInnenparlamente ein.

Beteiligung kann über formale Gremien hinaus theore-tisch und praktisch an vielen alltäglichen Dingen des Schulalltags anknüpfen:

• Schulalltag (Regeln, Schulkultur, Zusammenleben in der Klasse, Zeitgestaltung usw.)

• Schulgestaltung (Schulräume, Freizeitbereich, Schul-buffet usw.)

• Netzwerkarbeit in und außerhalb der Schule (Schulso-zialarbeit, Jugendorganisationen, Sportvereine usw.)

• Unterricht und Lernen (partizipative Lehr- und Lernkonzepte)

Ein wesentliches Element für Beteiligung im Schulalltag ist partizipatives Lernen. Ein Modell des österreichischen

ENSI-Teams (ENSI = Environment and School Initiative, internationales Netzwerk zur Unterstützung aktiver For-men des Lernens und der Förderung des Umweltbewusst-seins) unterscheidet drei Varianten der Beteiligung von SchülerInnen:

1. SchülerInnen äußern sich und werden gehört (liste-

ning). Formen: schriftliche oder mündliche Befra-gungen, Interviews, Sitzkreise. Die LehrerInnen lernen die Sichtweisen der SchülerInnen kennen und ziehen Schlussfolgerungen daraus.

2. Schülerinnen definieren in Zusammenarbeit mit Lehr-kräften Ziele und realisieren sie (cooperation). Schüle-rInnen übernehmen gemeinsam mit Lehrkräften auch selbst Verantwortung (für Schwerpunktsetzung des Unterrichts, Recherchen, Interpretation von Daten, Umsetzung). Formen der Freiarbeit, Einfluss auf Auswahl von Inhalten und Arbeitsmethoden, offene Arbeitsaufträge etc.

3. SchülerInnen übernehmen primäre Verantwortung für Planung, Durchführung, Initiativen zur Gestaltung des Lernens und Lehrens. SchülerInnen definieren in Eigenverantwortung Ziele und realisieren sie (leadership).

Demokratie lernen und Partizipation werden im Schul-kontext oft synonym verwendet, wenn es um demokra-tiepolitische Handlungskompetenzen geht – mit leicht unterschiedlichen Blickrichtungen. Bleibt Demokratie-bildung nicht nur eine abstrakte Größe, sondern ist Teil einer demokratisch-partizipativen Schulkultur, dann verlangt sie allen Beteiligten viel ab an Durchhaltevermö-gen beim Aushandeln und Kompromisse schließen – z.B., wenn die SchülerInnen in einem Schulparlament die For-derung einbringen, in Unterrichtsangelegenheiten (z.B. Methoden im Unterricht oder Prüfungsmodus) mitzuent-scheiden. Letztlich ist aber jede Schule so demokratisch, wie sie Mitsprache und Mitentscheidung in einem hierar-chischen System ernst nimmt.

In den (internationalen, europaweiten und nationalen) Zielvorstellungen der Bildungspolitik haben Partizipa-tion, demokratische Schulentwicklung und selbststän-diges Lernen einen hohen Stellenwert. In der schulischen Praxis selbst ist Partizipation über zahlreiche, teilweise voneinander isolierte Versuche, noch nicht hinausge-kommen – stellt der Leiter des österreichischen ENSI-Leh-rerInnen Teams fest (siehe Literaturtipp 9x Partizipation – Praxisbeispiele aus der Schule). Gelebte Demokratie an

T i p p L i t e r a t u r

Detaillierte Informationen zu SchülerInnenvertre-tungen, Klassenrat und Schulparlamenten

Wissenswertes für SchülervertreterInnen:www.eduhi.at/dl/Wissenswertes_fuer_Schuelerver treterInnenInternetversion_.pdfDas Heft wurde im Rahmen der Demokratie-Initiative erarbeitet, um praktische Schuldemokratie einfach zu kommunizieren.

Gestaltung und Durchführung eines Klassenrates.http://blk-demokratie.de/fileadmin/public/doku mente/Bausteine/bausteine_komplett/Klassenrat.pdfQuelle: Demokratie-Baustein „Klassenrat“ , www.blk-demokratie.de (BLK-Programm „Demokratie lernen & leben“, 2004)

Posch, Peter und das ENSI-LehrerInnenteam: 9x Parti-zipation – Praxisbeispiele aus der Schule. Wien: Über-reuter, 2006

Eikel, Angelika; de Haan, Gerhard (Hrsg.): Demokratische Partizipation in der Schule. Ermöglichen, fördern, umsetzen. Schwalbach/ Ts: Wochen-schau-Verlag, 2007

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der Schule ist daher meistens nicht Alltag, sondern wei-terhin ein „Zukunftsprojekt“.

Das Schulentwicklungsprogramm Demokratie lernen &

leben der deutschen Bund-Länder-Kommission (BLK) für Bildungsplanung und Forschungsförderung beeinflus-ste in den letzten Jahren maßgeblich die Debatten rund um eine demokratisch-partizipative Schule. Hauptziele des Programms, das in 200 Schulen Deutschlands imple-mentiert wurde, waren die Förderung von demokratischer Handlungskompetenz, die Entwicklung einer demokra-tischen Schulkultur sowie die Stärkung der Bereitschaft junger Menschen, aktiv an der Zivilgesellschaft mitzuwir-ken. Warum das von Bedeutung ist, ist auf der Webseite des BLK-Programms (das 2007 endete) zu lesen: Die Schule hat

als einzige Institution die Chance, alle Kinder und Jugend-

lichen zu erreichen und für die Demokratie zu gewinnen.

Nähere Informationen: http://blk-demokratie.de/

Ein anschauliches Beispiel guter Praxis für Schuldemo-kratie ist das SchülerInnenparlament am Akademischen Gymnasium Innsbruck (seit 2004 eingerichtet). Dazu gibt es einen ausführlichen Projektbericht und einen Film (6,59 min.) über das erste SchülerInnenparlament. Nähere Informationen: www.agi.tsn.at > Projekte > SIPFilm und Projektbericht (Webseite des Demokratiezen-trums Wien): www.demokratiezentrum.org/bildung/lernmodule/schuldemokratie/unterrichtssequenz-2.html

Der Film eignet sich als Anregung für den Unterricht (Sekundarstufe II). Danach kann mit SchülerInnen erör-tert werden, welche Themen den SchülerInnen im Film wichtig waren und wie sie selbst ein SchülerInnenparla-ment an ihrer Schule einschätzen würden.

Studie mitWirkung! und der Aspekt Schule

„mitWirkung!“ ist eine der bislang umfassendsten wis-senschaftlichen Studien zum Partizipationsverhalten junger Menschen in Deutschland (mehr als 12.000 Kin-der und Jugendliche zwischen 12 bis 18 Jahren wurden befragt sowie Schul- und Verwaltungspersonal). Sie bringt im Hinblick auf Schule folgende Ergebnisse: Hohe Partizipationswerte gibt es nach der Einschät-zung von SchülerInnen bei der Sitzordnung in der Klasse, der Ausgestaltung des Klassenzimmers oder bei Klassenfahrten. Die Werte sinken dort ab, wo es um den Unterricht selbst geht (Unterrichtsgestaltung, Themenauswahl usw.), noch stärker bei Fragen der Leistungsbewertung und bei Hausaufgaben. Überra-schenderweise sind die Einschätzungen von Lehrkräf-ten diesbezüglich markant höher (d.h. wie sie Schüle-rInnen in Unterrichtsbelangen einbeziehen).

Repräsentative Formen der SchülerInnenvertretung bzw. -mitverwaltung spielen für die SchülerInnen nur eine untergeordnete Rolle – im Gegensatz zu den Schulleitungen, die sie viel relevanter einschätzen. Hingegen sind Projekte und Themen, die das Enga-gement herausfordern (z.B. Gewaltprävention, Hilfe für Menschen in Not) für die Jugendlichen wesentlich attraktiver.

Die wichtigsten Einflussgrößen für Partizipation in der Schule sind die Zufriedenheit der Kinder und Jugend-lichen mit dem Ergebnis und dem Prozess ihres Mitwir-kens sowie mit dem gesamten Klima in der Schule.

Fatke, Reinhard; Schneider, Helmut: Kinder- und Jugend-

partizipation in Deutschland. Daten, Fakten, Perspekti-

ven. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2005

Methodentipps

Schulgemeinschaft: Gelebte Demokratie? (9. bis 12. Schulstufe)Die Klasse macht eine ExpertInnenbefragung zur Schü-lerInnenvertretung und bereitet die Ergebnisse für eine Ausstellung auf. Darauf folgt eine eingehende Beschäf-tigung mit der SchulsprecherIn- bzw. Klassenspreche-rInnen-Wahl. Abschließend analysieren die SchülerInnen den Stand der Demokratie an der eigenen Schule und diskutieren zum Thema Mitbestimmung: Lebt unsere

Schule Demokratie? Was wäre, wenn es die Mitbestimmung

nicht gäbe? Details in der Praxisbörse von Zentrum polis –

Politik Lernen in der Schule (Übung als Download): www.politik-lernen.at/site/praxisboerse/article/103915.html

Lernmodule zur Demokratie in der Schule (ab der 8. Schulstufe)Vier Lernmodule geben den SchülerInnen anhand von zwei Beispielen (SchülerInnenparlament in Innsbruck, siehe weiter oben, und Projekt „Word up“ in Kooperation mit der Bezirkspolitik Wien-Liesing) Anregungen, wie sie eine erweiterte Mitsprache inner- und außerhalb der Schule realisieren können. Anleitungen, Filme und Arbeitsblatt als Download unter: www.demokratiezentrum.org/bildung/lernmodule/schuldemokratie.html

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Quelle: Demokratiezentrum Wien, Lernmodule zur Demo-kratie in der Schule

Perspektivenwechsel zur Beteiligung in der Schule (ab der 6. Schulstufe, Schritt 2 ab der 8. Schulstufe)Schritt 1: Bildung von vier bis fünf Kleingruppen zu fol-genden Fragen: • Stellt euch vor, ihr seid LehrerInnen – was würdet ihr

für mehr Beteiligung an der Schule tun? • Stellt euch vor, ihr seid Direktor/Direktorin – was wür-

det ihr für mehr Beteiligung an der Schule tun? • Stellt euch vor, ihr seid PolitikerInnen – was würdet ihr

für mehr Beteiligung an der Schule tun? • Und als SchülerInnen?

Gestaltung von Plakaten und Präsentation. Die Ergeb-nisse können anschließend der Direktion, dem Klassen-vorstand oder anderen Klassen vorgestellt werden.Quelle: TrainerInnenteam von Zentrum polis – Politik Ler-nen in der Schule

Schritt 2 (ab der 8. Schulstufe):Mitbestimmungsmöglichkeiten in der Schule: Demokratie heißt mitbestimmen – was könnt ihr/würdet ihr gerne in der Schule mitbestimmen?Arbeitsblatt/Kopiervorlage unterwww.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/ab_schule_mitbestimmungsmoeglichkeiten.pdf(Quelle Arbeitsblatt: Demokratiezentrum Wien, Lernmo-dule zur Demokratie in der Schule)

3.2 PartiziPation in gemeinden und schul-gemeinde-kooPerationen

Während Jugendliche in der Familie einen hohen oder sehr hohen Grad an Beteiligungsmöglichkeiten sehen (74,6%), sind die Einschätzungen für die Kommune und die Schule relativ gering (13,6% für Kommunen, 15% für Schule, Studie mitWirkung!). Der Nachholbedarf in diesen Bereichen ist augenscheinlich.

Aus der Partizipationsspirale, aber auch aus anderen Stu-dien, lässt sich ableiten, was die Mitwirkung und Betei-ligung junger Menschen besonders fördert oder fördern würde:

positive Erfahrungen im unmittelbaren Lebensraum (d.h. in Schule, Vereinen und in der Kommune) mit entsprechenden Informationen über lokale Betei-ligungsangebote, Entscheidungsstrukturen und Vorhaben die Stärkung des Vertrauens in die eigenen Kompetenzen dass die Konsequenzen des eigenen Verhaltens an konkreten Vorhaben und Projekten erfahrbar werden andocken an Themen, die Jugendliche interessieren (z.B. Lifestyle, Veranstaltungen, Umwelt) und als Anknüpfungspunkte für gesellschaftspolitische The-men mit ausgewiesenem hohem Informationsdefizit (z.B. Jugendpolitik, Europa/Globalisierung) nutzen

Entsprechende Angebote der Gemeinden, ihre politische Unterstützung und eine zielgruppengerechte Kommuni-kation sind daher ausschlaggebende Größen, wenn sich etwas verändern soll in Richtung Beteiligung von Kindern

und Jugendlichen in der Gemeinde. Für die Kommunika-tion braucht es dafür meistens PartnerInnen, etwa Initi-ativen der außerschulischen Jugendarbeit oder Schulen.

Mittlerweile sind Jugendforen, Jugendbeauftragte, Bezirksjugendgespräche oder Jugendlandtage keine Sel-tenheit mehr. Einige Bundesländer haben sogar Bestim-mungen zur verpflichtenden Einbeziehung Jugendlicher (Jugendgesetze, Jugendförderungsgesetze, Volksrechte-gesetze, Gemeindeordnungen), die von verbandlicher und offener Jugendarbeit, Landesjugendreferaten und Gemeinden umgesetzt werden.

Schulen und Gemeinden sind in vielfacher Hinsicht mit-einander verbunden und aufeinander angewiesen – etwa durch die Schulerhaltung der Gemeinden im Pflichtschul-bereich oder die Verkehrsplanung und auf der anderen Seite durch die Impulse, die Schulen für das Sport- und Freizeitleben in der Gemeinde geben.

Die Initialzündung für Schul-Gemeinde-Kooperationen geht oft von Einzelpersonen im Rahmen von zeitlich begrenzten Projekten aus – in Einzelfällen entwickelt sich daraus eine dauerhafte, institutionalisierte Zusammenar-beit, die sich allmählich auch auf soziale Netzwerke und außerschulische Jugendarbeit ausdehnt.

Eine erste Exploration von Schule-Gemeinde-Koopera-tionen in Österreich (2007 im Rahmen der Demokratie-Initiative „Entscheidend bist DU!“ des bm:ukk, mittels Online-Erhebungen und ExpertInneninterviews) ergab folgendes Bild:

Pflichtschulen kooperieren am häufigsten mit Gemein-den, an zweiter Stelle kommen die berufsbildenden

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höheren Schulen. Die geringste Zahl der Kooperati-onen gibt es im AHS-Bereich. Insgesamt konnten 19 Schul-Gemeinde-Kooperati-onen aus allen Bundesländern erhoben werden. Die Aktivitäten waren/sind vielfältig und reichten von SchülerInnenparlamenten bis zum Angebot von public services (Arbeit im Gemeinwesen in enger Kooperationen mit sozialen Einrichtungen, Ver-einen Kommunen usw.), Dauerausstellungen und Flurreinigungsaktionen. Der thematische Fokus liegt auf umweltbezogenen Aktivitäten (Energie und Wassermanagement, Solarenergie), aber auch die lokale Wirtschaft ist Bezugspunkt. Die Zusammenarbeit wird oft durch „neutrale“ Initiati-ven vermittelt (Klimabündnis, Agenda 21, außerschu-lische Jugendarbeit usw.)

Eine systematische Analyse von Gemeinde-Schule-Koo-perationen ist derzeit noch ausständig.

Was sind die Merkmale erfolgreicher Schul-Gemeinde-Kooperationen? Eine ExpertInnengruppe hat 2008 vier Kriterien als ausschlaggebend definiert:

• Nachhaltigkeit: Die Kooperation ist längerfristig bis dauerhaft angelegt.

• Partizipation der SchülerInnen: Die Kooperation zeich-net sich durch freiwillige Mitwirkung und aktive Mit-entscheidung der SchülerInnen aus.

• Schulentwicklung: Die Kooperation mit der Gemeinde ist Teil der Schulentwicklung.

• Gemeindeentwicklung: Die Kooperation leistet einen Beitrag zur Einbindung der Schule in die Gemeindeentwicklung.

Details: www.fairnessaward.at/content/docs/BMUKK-Flyer_Kooperation-endg.pdf

3.2.1 KlassensprecherInnentreffen und

Freiluftwohnzimmer: Mitbestimmung

für ein jugendfreundliches Dornbirn

(Textbeitrag von Elmar Luger)

Seit März 1996 haben junge MitbürgerInnen Dornbirns die Möglichkeit, sich aktiv in die Gestaltung eines jugend-freundlichen Dornbirns einzubringen. War es bis zu diesem Zeitpunkt eher eine Jugendarbeit für die Jugendlichen, so wurde damals mit dem ersten KlassensprecherInnen-treffen eine neue Zeitrechnung eingeläutet: Nicht nur für, sondern vor allem mit den Jugendlichen sollen Ideen umgesetzt werden. Dies passiert heute auf vielfältige Art und Weise.

Beschluss der Stadtvertretung vom 25. Juni 1998:„Die Dornbirner Jugend wird in geeigneter Weise in alle für

sie wichtigen Entscheidungsprozesse laufend miteinbezo-

gen. Besonders Wert soll bei der Weiterentwicklung des Pro-

jektes auf gegenseitigen Respekt, eine gegenseitige Wert-

schätzung der Generation und solidarisches Handeln gelegt

werden.“

Zwischenzeitlich haben mehr als 20 Klassenspreche-rInnentreffen stattgefunden, das Konzept wurde im Laufe der Jahre weiterentwickelt. Wie läuft heute so ein KlassensprecherInnentreffen ab? Alle Klassenspreche-rInnen der 8. und 9. Schulstufe werden Anfang Oktober vom Bürgermeister ins Dornbirner Rathaus eingeladen. Durchschnittlich folgen ca. 90 SchülerInnen dieser Ein-ladung in den Sitzungssaal, wo auch der Stadtrat und die Stadtvertretung ihre Entscheidungen treffen. Den ganzen Tag über wird das Rathaus von den Jugendlichen in verschiedenen Besprechungszimmern „besetzt“. Alle Jugendlichen besuchen folgende vier Workshops, die vor allem Informationen bieten und der Politischen Bildung dienen:

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Auf der Webseite der Arge Partizipation, www.jugendbeteiligung.cc, gibt es mehrere Leitfäden und Anregungen zum Thema Beteiligung junger Men-schen in Gemeinden und Städten, u.a. folgende:

• Leitfaden zur nachhaltigen Beteiligung von jungen Menschen in Gemeinden: www.jugendbeteiligung.cc/fileadmin/downloads/Leitfaden_Gemeinde.pdf

• Beteiligungs-Check zum Überblick verschaffen, ins Gespräch kommen, Ideen für weitere Planungen: www.jugendbeteiligung.cc/fileadmin/downloads/ methoden/jugendbeteiligung_cc_Beteiligungs check.pdf

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Laurenz, 16 Jahre, HTL Dornbirn:Ich bin zum ersten Mal auf dem Klassensprechertreffen. So

können wir uns gegenüber Lehrpersonal und Schule besser

durchsetzen und mehr mitreden. Der Jugendstadtplan ist

ein Treffer ins Schwarze. Alles ist darauf zu finden. Beson-

ders wichtig finde ich, dass Jugendliche wissen, wohin sie

gehen können, um sich zu schwierigen Themen beraten zu

lassen.

Maria, 14 Jahre, BG Dornbirn:Hier hat man die Gelegenheit, sich über Jugendangebote

und Institutionen zu informieren und diese kennen zu ler-

nen. Im Workshop „Rechte und Pflichten eines/einer Klas-

sensprecher/in“ habe ich viel Neues mitnehmen können.

Der Jugendstadtplan bietet Jugendlichen eine super Über-

sicht und ist eine wichtige zusätzliche Informationsquelle.

Toll finde ich, dass man versucht, ihn mit den Jugendlichen

weiter zu entwickeln.

Nach diesem Treffen bereiten einige interessierte Jugend-liche die Fachtagung „Zeigt, was in euch steckt“ für den Februar desselben Schuljahres vor. Diese wurde auf Ini-tiative der damaligen SchulsprecherInnen vor drei Jahren

gegründet. Die Workshops werden ganz nach den Bedürf-nissen und Anliegen der Jugendlichen entwickelt und umgesetzt. Heuer wurde zum Thema Mobbing ein Flyer entwickelt.

Ein weiteres Projekt der Stadt Dornbirn ist das „Freiluft-wohnzimmer für Jugendliche“, in das mehr als vierzig Jugendliche eingebunden waren. Die Idee zum „Freiluft-wohnzimmer“ entstand bereits 2009 beim Klassenspre-cherInnen-Treffen. 2010 wurde dann mit den Jugend-lichen, den Verantwortlichen der Stadtplanung, dem Vorarlberger Architekturinstitut und einem Architekten aktiv das Projektvorhaben geplant und entwickelt. In der Phase der Planung stellten die Architekten die ersten Ent-würfe vor und die AnrainerInnen wurden direkt vor Ort mit den Jugendlichen angehört. Dabei konnte eine Einigung gefunden werden, sodass das Projekt auch von der Politik genehmigt wurde. Für die Gestaltung wurden unübliche Ideen Jugendlicher umgesetzt. So war der Sport- und Bewegungsraum nicht klassisch eckig mit den bekannten Fußballtoren – nein, es wurde ein runder Käfig mit selbst entworfenen und gesprühten Graffitis. Am 14. Juli 2010 war es dann endlich soweit: Der Platz wurde offiziell eröff-net und an die Jugendlichen übergeben.

Jugendabteilung Stadt Dornbirn und Verein „jugendornbirn

– meine Stimme zählt!“, Elmar Luger, elmar.luger@dornbirn.

at, www.jugendornbirn.at

3.3 e-PartiziPation

e-Partizipation ist die Einbindung in Diskussions-, Ent-wicklungs- und Entscheidungsprozesse mittels IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien) wie Internet oder elektronischen Medien. Die elektronischen Beteiligungsformen und -verfahren umfassen Informati-onen, Konsultationen, Eingaben, Debatten und Abstim-mungen. Ein Beispiel wäre eine e-Petition von Bürge-rInnen, in einem anderen Fall könnte eine Regierung zu einer Stellungnahme über einen Gesetzesvorschlag

1. Angebote zum Mitmachen in bestehendem JugendnetzwerkDornbirn bietet eine Menge für Jugendliche: In mehr als 100 Vereinen finden sie ein attraktives Freizeitan-gebot (z.B. im Rahmen der offenen Jugendarbeit, in Jugendwerkstätten, Beteiligungsprojekten, Musikak-tivitäten wie einem Jazzseminar oder vier Jugendblas-musikkapellen usw.).2. Rechte und Pflichten des/der KlassensprecherInDabei geht es u.a. um die Frage, wie in dieser Funktion am besten die Interessen wahrgenommen werden können.3. Entscheidungsebenen Stadt/Land/Österreich/EUDieser Workshop befasst sich mit den Aufgaben und Kompetenzen der Stadt Dornbirn, dem Land Vorarlberg, dem österreichischen Staat und der Europäischen Union – je nachdem, wo gerade der Schwerpunkt des jugendlichen Interesses liegt.4. Konkretes Beteiligungsprojekt: Von der Idee zum

Projekt

In diesem Workshop werden Möglichkeiten zur Einrei-chung von Projektideen beim Verein JugenDornbirn vorgestellt. Beteiligung heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen. Hier können Jugend-liche eigene Ideen entwickeln und ein Projekt für die Umsetzung vorbereiten.

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im Web einladen. Der Begriff der elektronischen Parti-zipation fällt oft in Zusammenhang mit e-Government, e-Administration und e-Demokratie (nähere Informati-onen dazu siehe www.partizipation.at/e-participation.html). Die Chance von e-Partizipation liegt vor allem in größerer Transparenz und in neuen Zugängen für Beteiligungsprozesse.

Wird e-Partizipation breiter gedacht, fallen darunter auch politische Entscheidungs- und Meinungsbildungs-prozesse im Netz. „Mit ein paar Klicks bist du dabei, das

gibt vielen ein gutes Gefühl“, meinte eine 17-Jährige zur Möglichkeit, sich per Internet an Protestaktionen oder Kampagnen beteiligen zu können. Dass man dabei schnell auch in den bildlichen „Fettnapf“ steigen kann, passiert das eine oder andere Mal, wenn Dinge aufgebauscht bzw. verkürzt im Web dargestellt werden und einen Hype aus-lösen. Davon abgesehen: Wenn sich Engagement vom vir-tuellen in den realen Raum bewegt, kann es schon einmal gelingen, spontan über einen Blog eine Lichterkette für Menschenrechte im öffentlichen Raum zu organisieren und dafür eine Community von mehreren hundert Men-schen zu gewinnen. Dass Jüngere das Web 2.0. oft effizi-enter als die älteren digital immigrants oder auch als Bil-dungseinrichtungen nützen, ist kein Geheimnis.

Mit diesem Ausblick ergeben sich neue Dimensionen für die Politische Bildung. Im Idealfall trägt diese dazu bei, Chancen für gesellschaftliche und politische Beteiligung im Web wahrzunehmen, Handlungskompetenzen zu stär-ken und die kritische Urteilskraft zu fördern.

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Polipedia (Demokratiezentrum Wien und ICT&S Center der Universität Salzburg): eine multimediale Wiki-Plattform zu den Themen Demokratie, Politik und Partizipation, die für die Politische Bildung genutzt werden kann. PoliPedia.at entsteht von Jugendlichen für Jugendliche.www.polipedia.at

www.MeinParlament.at : Direkte Möglichkeit, mit poli-tischen AkteurInnen in Kontakt zu treten. Webseite des Vereins Politik Transparent e.V.

www.partizipation.at/e-participation.htmlHintergrundwissen zu e-government, e-Administration usw., Praxisbeispiele (z.B. abgeordnetenwatch.de)

www.meineabgeordneten.atDie erste Transparenzplattform, die öffentliche Daten zu allen österreichischen Nationalratsabgeordneten, Mit-

gliedern des Bundesrates, EU-Abgeordneten und Regie-rungsmitgliedern beinhaltet.

3.4 euroPäische beteiligung von kindern/Jugendlichen

Ob alt oder jung – nur wenige wissen genau, welche Optionen junge Menschen konkret für Beteiligung im Rahmen der EU nutzen können. Im Folgenden eine Zusammenstellung.

• Europäisches Jugendparlament (EYP, siehe Seite 12, www.eypaustria.org)

• Ab 16 Jahren können Österreichs Jugendliche: Mitglieder des EU-Parlaments wählen an einer grenzüberschreitenden Europäischen BürgerInneninitiative teilnehmen (seit April 2012) oder diese starten (zur Anregung neuer Rechts-vorschriften im Verantwortungsbereich der EU). Mind. 1 Million EU-BürgerInnen aus mind. 7 Mit-gliedsstaaten sind erforderlich, Start ist ein soge-nannter „Bürgerausschuss“: http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/basic-facts an einer öffentlichen Konsultation der Europäischen BürgerInnen teilnehmen („Deine Stimme in Europa“): http://ec.europa.eu/yourvoice/index_de.htm Beschwerden einreichen beim Europäischen Bürger-

beauftragten

www.ombudsman.europa.eu/start.faces an Umfragen und Debatten teilnehmen an europäischen BürgerInnenkonferenzen teilneh-men: www.europaeische-buergerkonferenzen.eu/at/

Übersicht zu Beteiligungsmöglichkeiten:http://europa.eu/take-part/index_de.htm

T i p p L i n k

Jugendpartizipation in Europa (Barbara Tham)www.politischebildung.com/pdfs/28_jugendpart.pdf

Unterrichtstipp für den Englischunterricht in der Oberstufe Simulation eines Europäischen Jugendpar-laments (EYP)

Anleitung für Lehrkräfte unter www.eyp.org/docs/school/9_Teaching_Material.pdf

2012

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pol is aktuel l

www.pol i t ik- ler nen.at

3.5 beteiligung Junger menschen in ngos (nicht-regierungs-organisationen)Europaweit ist die Teilnahme an Wahlen bei Menschen zwischen 15 und 25 Jahren in Deutschland, Italien und Österreich am stärksten ausgeprägt. Eine Studie von SORA (Institute for Social Research and Consulting, Wien) wirft Licht auf einen weiteren Aspekt: Ein Trend lässt sich

in ganz Europa beobachten: Fast zwei Drittel aller Jugend-

lichen sehen Wählen als die effektivste Form der politischen

Beteiligung an. Sie erachten aber die Mitarbeit in NGOs als

wirkungsvoller als die Mitarbeit in politischen Parteien. (aus: Westphal, Sabine: Der Blick über den Tellerrand. Jugend und Politik im europäischen Vergleich. Projekt EUYOUPART, 2003 - 2005, www.sora.at) Mit dieser Blick-richtung bietet sich an, das Thema der Freiwilligenarbeit

und der Arbeit gemeinnütziger Organisationen mit den SchülerInnen unter die Lupe zu nehmen.

Methodentippwww.aktivwerden.at: Nichtstaatliche Organisationen kennenlernenDie Seite www.aktivwerden.at bietet einen Selbsttest für SchülerInnen an, der bei der Auswahl jener nicht-staatlichen Organisationen hilft, welche den Interes-sen der SchülerInnen nahe kommen. Übung in der Praxisbörse von www.politik-lernen.at:Kleingruppen recherchieren zu Organisationen, stellen einige vor und wählen ein oder zwei aus, die zu einem Gespräch in die Schule eingeladen werden. Genaue Anleitung und Links: www.politik-lernen.at > Praxisbörse > Volltextsuche: „www.aktivwerden.at“ eingeben

4 link tiPPswww.oekolog.atÖKOLOG ist das Basis-Programm des bm:ukk zur Bildung für Nachhaltigkeit und Schulentwicklung an österreichischen Schulen. ÖKOLOG-Schulen verbinden Engagement für die Umwelt mit sozialen und ökonomischen Fragestellungen und versuchen das tägliche Leben in der Schule im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu gestalten. Partizipa-tion ist für sie selbstverständlich – von der Planung bis zur Umsetzung arbeiten alle Gruppen der Schulgemein-schaft mit. Durch aktive Teilnahme an Entscheidungspro-zessen lernen die SchülerInnen verantwortungsbewusstes Handeln und Eigeninitiative.

www.partizipation.at(Informationswebseite des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, inhaltliche Betreuung: ÖGUT)Die Webseite bietet Basisinformationen zum Thema Parti-zipation und nachhaltige Entwicklung sowie Einblicke in weiterführende Themen. Darüber hinaus stehen über 100 Praxisbeispiele gelungener Partizipationsprozesse zur Verfügung (übersichtlich angeordnet) sowie ein Überblick zu unterschiedlichen Methoden der Beteiligung, Fachlite-ratur, Veranstaltungen zum Thema u.v.m.

www.jugendbeteiligung.cc(Arbeitsgemeinschaft Partizipation). Seit 1991 arbeitet die ARGE im Auftrag der Landesjugendreferentenkonfe-

renz (alle österreichischen Landesjugendreferate, das Amt für Jugendarbeit der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol sowie das bm:wjf sind als Mitglieder vertreten). Webseite mit Praxisbeispielen, Methoden, Dokumentationen u.v.m. zur Jugendbeteiligung.

www.schulfreiraum.comÖsterreichische Plattform rund um das Thema „Schulfrei-raum“ (Schulhof, Schulgarten, Schulgelände, Schulsport-anlagen etc.). Als Teil der internationalen learnscape Plattform bietet www.schulfreiraum.com Informationen und Hilfestellung zur Entwicklung eines individuellen Schulfreiraumes.

www.politische-bildung.at > Themendossiers > Partizipa-tion von Kindern und Jugendlichen

Wir möchten’s wissen! Wie Kinder und Jugendliche bei Entscheidungen auf europäischer und internationaler ebene mitreden können. Eine Informationsbroschüre für junge Menschen (ent-wickelt von der Children’s Rights Alliance for England, London, und dem Ludwig Boltzmann Institut für Men-schenrechte in Wien).Kostenloser Download über den polis Shop:www.politik-lernen.at/site/gratisshop/shop.item/ 105993.html

Nr. 4

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P ar t iz ipat ion von Kinder n und Jugendl ic hen

www.pol i t ik- ler nen.at

polis aktuell: Partizipation von Kindern und Jugendlichen, Nr. 4/2012

Herausgeber: Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule, Helferstorferstraße 5, 1010 Wien

T 01/42 77-274 44, [email protected], www.politik-lernen.at

Autorin dieser Ausgabe: Elisabeth Turek, grafische Mitarbeit: Ingrid Ausserer, Beitrag: Elmar Luger

Fotos im Kern: fotolia.de, Elmar Luger

Zentrum polis arbeitet im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur –

Abteilung I/6. Projektträger: Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte – Forschungsverein

2012Nr. 4polis aktuell

P.b.b. Verlagspostamt 1010 W

ien, GZ 03Z035275M

Young Ideas for Europe – Jugend denkt Europa

Eine Initiative der

www.youngideasforeurope.eu

Ziel dieses Projekts ist es, Jugendliche vermehrt für europäische Themen zu interessieren und darauf vorzubereiten, Europa politisch, wirtschaftlich

und gesellschaftlich mitzugestalten.

Zentrum polis hat erstmals für Österreich die Koordination und Durchführung einer Projektwoche übernommen. Hier finden Sie eine Nachlese:

www.politik-lernen.at/jde/projektwoche