Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine...

118
Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem Inversionstrauma bei konservativer Vorgehensweise und die sporttherapeutische Intervention Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science an der URBI Fakultät der Karl-Franzens-Universität vorgelegt von Marion Schwarz Matrikelnummer 9913761 am Institut für Sportwissenschaft Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Hans Holzer Graz, Juni 2017

Transcript of Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine...

Page 1: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem Inversionstrauma bei konservativer Vorgehensweise und die sporttherapeutische

Intervention

Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science

an der URBI Fakultät der Karl-Franzens-Universität

vorgelegt von Marion Schwarz

Matrikelnummer 9913761

am Institut für Sportwissenschaft

Betreuer:

Univ.-Prof. Dr. Hans Holzer

Graz, Juni 2017

Page 2: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe

verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benutzt und die den Quellen wörtlich oder

inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die Arbeit wurde bisher

in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen inländischen oder ausländischen

Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht. Die vorliegende Fassung

entspricht der eingereichten elektronischen Version.

Datum: 23. Juni 2017 Unterschrift:

Page 3: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

I

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................................... IV

Abstract ............................................................................................................................................. V

1 Einleitung ....................................................................................................................................1

2 Definition des Inversionstraumas ................................................................................................3

3 Anatomische und pathologische Grundlagen...............................................................................4

3.1 Klinik ...................................................................................................................................6

3.2 Konservative Vorgehensweise ........................................................................................... 11

3.3 Operative Vorgehensweise ................................................................................................ 12

4 Akute Komplikationen nach einem Inversionstrauma und deren sporttherapeutische

Intervention ...................................................................................................................................... 13

4.1 Artikuläre und ossäre Komplikationen ............................................................................... 13

4.1.1 Bone Bruise ............................................................................................................... 14

4.1.2 Flake Fraktur .............................................................................................................. 15

4.1.3 Sinus Tarsi Syndrom ................................................................................................... 16

4.1.4 Jones-Fraktur ............................................................................................................. 18

4.2 Ligamentäre Komplikationen ............................................................................................. 19

4.2.1 Syndesmoseruptur ..................................................................................................... 20

4.2.2 Ruptur des Ligamentum bifurcatum ........................................................................... 22

4.3 Tendinöse Komplikationen ................................................................................................ 23

4.3.1 Verletzungen der Peronealsehnen ............................................................................. 24

4.3.2 Immobilisationsschäden ............................................................................................ 26

5 Chronische Komplikationen nach einem Inversionstrauma und deren sporttherapeutische

Intervention ...................................................................................................................................... 28

5.1 Artikuläre und ossäre Komplikationen ............................................................................... 28

5.1.1 Traumatische Knorpeldefekte .................................................................................... 29

5.1.2 Reizerguss, Synovitis, Arthritis .................................................................................... 32

5.1.3 Chondraler Immobilisationsschaden .......................................................................... 33

Page 4: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

II

5.2 Ligamentäre Komplikationen ............................................................................................. 35

5.2.1 Chronische Instabilität ............................................................................................... 35

5.2.2 Außenbandinstabilität des oberen Sprunggelenks ...................................................... 37

5.3 Myofasziale Komplikationen .............................................................................................. 40

5.3.1 Myofasziale Triggerpunkte ......................................................................................... 41

5.3.2 Faszitis plantaris......................................................................................................... 42

5.4 Tendinöse Komplikationen ................................................................................................ 43

5.4.1 Chronische Tendopathie der Achillessehne ................................................................ 45

6 Procedere für die sporttherapeutische Befunderhebung ........................................................... 49

7 Plan der Therapie ...................................................................................................................... 54

7.1 Sporttherapeutische Interventionen im akuten/subakuten Stadium .................................. 54

7.1.1 Stabilisierende Orthesen ............................................................................................ 54

7.1.2 Kryotherapie .............................................................................................................. 56

7.1.3 Hubfreies Bewegen/Kollagentraining ......................................................................... 58

7.1.4 Propriozeptives Training in Entlastung ....................................................................... 60

7.2 Sporttherapeutische Interventionen im chronischen Stadium ............................................ 63

7.2.1 Braces und Tapes ....................................................................................................... 64

7.2.2 Myofasziale Triggerpunkte ......................................................................................... 66

7.2.3 Faszientraining ........................................................................................................... 71

7.2.4 Muskelaufbautraining in der Rehabilitation ............................................................... 77

7.2.5 Beinachsentraining in der Rehabilitation .................................................................... 80

7.2.6 Propriozeptives Training in Belastung auf instabilen Unterlagen ................................ 83

7.2.7 Barfuß-Training .......................................................................................................... 86

7.2.8 Exzentriktraining ........................................................................................................ 87

7.2.9 Training bei Tendopathien ......................................................................................... 88

8 Patientenbeispiele .................................................................................................................... 89

8.1 Patientenbeispiel 1 ............................................................................................................ 89

8.2 Patientenbeispiel 2 ............................................................................................................ 94

Page 5: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

III

9 Conclusio .................................................................................................................................. 99

10 Literaturverzeichnis ............................................................................................................. 101

11 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................................... 107

Page 6: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

IV

Abkürzungsverzeichnis

MRT Magnetresonanztomographie

OSG oberes Sprunggelenk

USG unteres Sprunggelenk

VISA-A-Score Victorian Institute of Sports Assessment-Achilles-Score

ART Active release technique

DE Dorsalextension

PF Plantarflexion

EV Eversion

IV Inversion

PRON Pronation

SUP Supination

M Musculus

Mm Musculi

N Newton

IASP International Association for the Study of Pain

MOCART Magnetic resonance observation of cartilage repair tissue

HSR Heavy-Slow-Resistance-Training

Page 7: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

V

Abstract

Das Inversionstrauma, als Synonym dafür gilt das Supinationstrauma, ist eine häufige

Verletzung des Sprunggelenks. Diese primäre Bänderverletzung des lateralen Sprunggelenks

kann zu massiven akuten und chronischen Komplikationen und Schmerzgeschehen am

betroffenen Fuß führen.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die wichtigsten akuten als auch chronischen

Komplikationen nach einem Inversionstrauma aufzuzeigen und zu erklären. Dazu zählen

artikuläre und ossäre, ligamentäre und tendinöse Pathologien als auch myofasziale

Schmerzgeschehen und Immobilisationsschäden. Die Möglichkeiten der sporttherapeutischen

Interventionen, die den Heilungsverlauf und die Regeneration des Fußes positiv beeinflussen,

werden genau beschrieben und erklärt. Aufbauend auf diese gewonnenen Informationen stützt

sich der Vorschlag einer individuellen Befunderhebung für Patienten nach Inversionstraumen,

der dazu dient, dass ein gezielter sportwissenschaftlicher Therapieaufbau für die

unterschiedlichen pathologischen Schmerzgeschehen erstellt werden kann. Um einen

Praxisbezug herzustellen, demonstrieren zwei Patientenbeispiele am Ende der Arbeit den

sportwissenschaftlichen und sporttherapeutischen Therapieerfolg.

Diese Arbeit soll als Nachschlagewerk für diejenigen dienen, die als Sportwissenschaftler

therapeutisch tätig sind und die Patienten nach einem Inversionstrauma in der Sporttherapie

erfolgreich behandeln möchten.

Page 8: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

1

1 Einleitung

Eine der häufigsten Verletzungen am Sprunggelenk ist das Inversionstrauma. 85 Prozent aller

Sprunggelenksverletzungen betreffen den lateralen Bandapparat (Wu et al., 2015, S. 92). Als

Synonym dafür gilt das sogenannte Supinationstrauma. Davon betroffen sind sowohl junge

als auch alte Menschen, Leistungssportler und Breitensportler. Im Grunde ist keiner davor

gefeit, dass er „umknöchelt“, wie es im Volksmund heißt. So einfach das auch klingt, so

komplizierte Auswirkungen kann dieses Trauma nach sich ziehen.

Genau dieser Aspekt gab mir den Anstoß, meine Masterarbeit über die Problematiken nach

einem Inversionstrauma zu schreiben. Die Leidensgeschichten von betroffenen Patienten, die

ich in der Praxis schon sehr oft beobachten konnte, haben meinen Focus auf diese komplexe

Thematik gerichtet.

Grundsätzlich gibt es natürlich viele Patienten, bei denen der Verlauf des Inversionstraumas

komplikationslos und ohne weitere Schwierigkeiten und Schmerzgeschehen vonstatten geht.

Beim Arzt, Sportwissenschaftler oder Therapeuten landen jene Patienten, die aufgrund von

Schmerzen am Fuß wirklich nicht mehr gehen können. Diese primäre Bänderverletzung führt

oft zu einer lebenslangen Instabilität, eventuell sogar an mehreren Gelenken am Fuß. Daraus

können artikuläre Abnützungserscheinungen entstehen und Schmerzen, die die aktiven und

passiven Strukturen des Fußes und Unterschenkels betreffen. Letztendlich kann die gesamte

Beinachse durch eine biomechanische Fehlbelastung betroffen sein und die Patienten

gewöhnen sich im Gang einen Hinkmechanismus an.

Die Praxis zeigt, dass vielen Patienten von ärztlicher Seite, trotz enormer Fortschritte im

Bereich der internationalen Fuß- und Sprunggelenkschirurgie, häufig die konservative

Behandlung empfohlen wird. Das Problem bei akuten Inversionstraumen ist, dass in der

Anamnese Begleitverletzungen am ganzen Fuß meist nicht mitbehandelt und auch

diagnostisch nicht erwähnt werden. Zum einen natürlich auch verständlich, da das

Inversionstrauma an sich im Vordergrund steht. Zum anderen jedoch könnten dadurch daraus

entstehende chronische Schmerzgeschehen vermieden werden.

Letztendlich bleibt das Fußproblem jedes einzelnen Patienten in dessen Eigenverantwortung,

was die Betroffenen wirklich sehr belastet, da jeder Schritt schmerzt und das Gehen zur Qual

wird. Nicht nur beruflich bedeutet das Einbußen, auch privat und in sportlicher Hinsicht.

Zudem sind sehr häufig junge Menschen davon betroffen. Von alleine und nur durch

Page 9: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

2

Ruhigstellung und Entlastung oder orthopädische Einlagen löst sich das Problem oft auch

nicht.

Die Therapiepraxis zeigt, dass vielen dieser Patienten mit der richtigen und zielgerichteten

sporttherapeutischen Intervention geholfen werden kann.

Eine große Palette von Pathologien am Fuß und damit verbundenen Komplikationen sind in

der Orthopädie bekannt. In diverser Literatur – Longo et al. (2013), Niethard et al. (2014),

Rüther et al. (2014), Wülker et al. (2015), … wird eindeutig belegt, dass zahlreiche

pathologische Geschehen an Patientenfüßen ein Inversionstrauma in ihrer Anamnese zu

verzeichnen haben.

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zuallererst akute und chronische Komplikationen nach

einem Inversionstrauma aufzuzeigen und zu erklären. Dazu werden die Möglichkeiten der

sporttherapeutischen Interventionen in den Kapiteln vier und fünf detailliert behandelt. Die

daraus gewonnenen Informationen sollen helfen, eine individuelle Befunderhebung und einen

sportwissenschaftlichen Therapieaufbau für unterschiedliche pathologische Veränderungen

und Schmerzgeschehen nach einem Inversionstrauma zu erstellen. In den Kapiteln sechs und

sieben wird das Procedere für eine Befundung und einen gezielten Plan der Therapie

behandelt. Um einen Praxisbezug herzustellen, demonstrieren zwei Patientenbeispiele am

Ende den sportwissenschaftlichen und sporttherapeutischen Therapieerfolg.

Page 10: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

3

2 Definition des Inversionstraumas

Ein Inversionstrauma ist eine Verletzung am Fuß, die durch eine Distorsion (Verstauchung,

Verdrehung, Überdehnung) ausgelöst wird und bei der es zu einer Zerrung oder Zerreißung

des lateralen Bandapparates des oberen (OSG) und unteren Sprunggelenks (USG) kommt.

Zudem besteht bei Inversionstraumen die Gefahr von Frakturen am Sprunggelenk mit oder

ohne Dislokation der betroffenen Fragmente. Der Unfallmechanismus wird von Patienten in

der Umgangssprache als „Umknöcheln“ beschrieben (Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S. 429-

430).

Abb. 1: Unfallhergang

In der Fachsprache beschreibt man den Unfallhergang als:

• Supinations-Adduktions-Trauma: Umknicken über den äußeren Fußrand.

• Supinations-Eversions-Trauma: Umknicken über den äußeren Fußrand mit

Außenrotation (Rüther & Lohmann, 2014, S. 301).

Page 11: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

4

3 Anatomische und pathologische Grundlagen

Abhängig vom Unfallmechanismus und vom Schweregrad des Traumas werden anatomische

Strukturen unterschiedlich stark geschädigt. Der laterale Bandapparat des Sprunggelenks,

bestehend aus dem Ligamentum talofibulare anterius, dem Ligamentum calcaneofibulare und

dem Ligamentum talofibulare posterius, ist bei einem Inversionstrauma betroffen. Die

Beschreibung in der Medizin erfolgt in Graden (Wülker, 2015, S. 177).

Abb. 2: Lateraler Bandapparat

1. Grad I: Die leichteste Form des Supinationstraumas ist eine Zerrung bzw. Teilruptur

des Ligamentum talofibulare anterius. Dieses Band ist nahezu bei allen lateralen

Bandverletzungen am Sprunggelenk betroffen. Es hat seinen Verlauf beinahe

horizontal von der Fibulaspitze nach anterior zum Talushals.

2. Grad II: Das Ligamentum calcaneofibulare ist das am zweithäufigsten betroffene

Band. Bei zwei Drittel aller fibularen Bandverletzungen kann es rupturieren. Es zieht

von der distalen Fibulaspitze über das OSG und USG zur lateralen Seite des

Calcaneus.

3. Grad III: Das eher selten betroffene Ligamentum talofibulare posterius zieht vom

distalen Fibulaende zum dorsalen Anteil des Talus (Wülker, 2015, S. 177).

Page 12: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

5

Im Falle einer Fraktur des oberen Sprunggelenks erfolgt die Klassifikation nach Weber

(Wilhelm Weber, Chirurg, 1872-1925). Ein ausschlaggebendes Kriterium ist die Lage der

Fraktur zur Syndesmose.

Abb. 3: Klassifikation nach Weber

1. Weber A: Fraktur der Fibula am Malleolus lateralis distal der intakten Syndesmose (a).

2. Weber B: Transsyndesmale Fraktur – Die Fraktur liegt auf der Höhe der Syndesmose,

wobei diese eventuell mit betroffen ist (b).

3. Weber C: Fibulafraktur auf Höhe der Diaphyse proximal der Syndesmose. Die

Syndesmose selbst ist rupturiert (c).

4. Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur

einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr weit proximal mit einer

Ruptur der Membrana interossea cruris und der Syndesmosis tibio-fibularis. Eventuell

kann es auch parallel dazu zu einer Fraktur am Malleolus medialis kommen in

Kombination mit einer Ruptur des Ligamentum deltoideum. Beim Unfallhergang

wirken starke Torsionskräfte auf den Unterschenkel ein (Fanghänel et al., 2009, S.

1132).

Page 13: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

6

3.1 Klinik

Kurz nach dem Inversionstrauma kommt es meistens zu einer Schwellung, die von der

Fibulaspitze bis zur Ferse und bis in den Metatarsalbereich reichen kann. Gelegentlich ist

schon kurz nach dem Trauma im selben Gebiet ein Hämatom zu sehen. Es besteht ein lokaler

Druckschmerz im Bereich des Malleolus lateralis. In der Folge ist mit anhaltenden

Schmerzzuständen zu rechnen, die von Patient zu Patient unterschiedlich wahrgenommen

werden und vom Grad der Verletzung abhängig sind. Eine Druckschmerzhaftigkeit über dem

betroffenen lateralen Bandapparat ist sowohl bei Zerrungen als auch bei Bandzerreißungen

ein sicheres klinisches Zeichen. Zusätzlich kann es zu einer teilweisen Funktionseinbuße am

OSG (PF und DE) und USG (EV und IV) kommen, die für längere Zeit bestehen bleibt. Der

Patient kann je nach Schweregrad des Traumas nur eingeschränkt oder gar nicht belasten.

(Rüther & Lohmann, 2014, S. 301).

Abb. 4: Ödem und Hämatom nach Inversionstrauma

Bei leichten Formen des Inversionstraumas werden in der Praxis häufig keine MRT- und

Röntgen-Untersuchungen verordnet, daher ist es sinnvoll als Sportwissenschaftler zwei sehr

wichtige klinische Tests zu kennen, die eine verlässliche Befundung der vorliegenden

Situation erlauben:

• Talar Tilt Test (Inversions- oder Varusstresstest)

• Anterior Drawer Test (vorderer Schubladentest)

Page 14: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

7

Der Talar Tilt Test dient der Überprüfung der lateralen Aufklappbarkeit. Bei der

Durchführung des Talar Tilt Test liegt der Patient in Rückenlage mit einem Polster unter dem

Knie oder sitzt auf einer Behandlungsliege mit locker herabhängenden Unterschenkeln, da

sonst die Vorspannung der Unterschenkelmuskulatur, besonders die des M. gastrocnemius,

die Untersuchung beeinträchtigt. Der Untersucher stabilisiert mit einer Hand den distalen

Unterschenkel oberhalb des Sprunggelenks, die andere Hand umfasst entweder die Ferse oder

umgreift den Fußwurzelbereich des Patienten. Aus dieser Position führt der Untersucher eine

Inversions- bzw. Varusbewegung im Sprunggelenk durch. Der Test wird im Seitenvergleich

durchgeführt und ist im Falle einer Aufklappbarkeit von mehr als 15° positiv, was bedeutet,

dass an eine Ruptur des Ligamentum talofibulare anterius und des Ligamentum

calcaneofibulare gedacht werden muss. Der Test ist zudem im Akutstadium schmerzhaft.

(Buckup & Buckup, 2012, S. 331).

Abb. 5: Talar Tilt Test

Der Anterior Drawer Test wird ebenso für die Beurteilung einer lateralen Bandruptur am

Sprunggelenk herangezogen. Untersucht wird der sogenannte Talusvorschub, der nur dann

stattfinden kann, wenn das Ligamentum talofibulare anterius rupturiert ist. Der Patient

befindet sich in Rückenlage, das Bein in leichter Knieflexion mit einem Polster unterlagert,

um den M. gastrocnemius zu entspannen. Mit dem OSG geht man in eine PF von circa 15°.

Page 15: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

8

Der Untersucher fixiert mit einer Hand die Tibia von ventral, mit der anderen Hand umfasst er

den Fersenbereich des Patienten und führt einen lockeren Schub nach vorne über eine leichte

Kippbewegung durch. Eine Rotation des Talus nach anterior und ein Ventralgleiten des Talus

gegenüber der Tibia deuten auf eine Ruptur des Ligamentum talofibulare anterius hin

(Buckup & Buckup, 2012, S. 332-333).

Abb. 6: Anterior Drawer Test

Beide Tests sind sehr einfach durchzuführen und es bedarf dafür lediglich ein bisschen Übung

und Erfahrung, die man als Sportwissenschaftler benötigt, um die laterale Aufklappbarkeit

und den Talusvorschub zu testen. Zudem haben sowohl der Talar Tilt Test als auch der

Anterior Drawer Test eine hohe Aussagekraft und einen enormen Stellenwert im weiteren

Therapieverlauf.

Corazza et al. (2003, S. 363-372) entwickelte ein Modell, das dem oberen Sprunggelenk eines

Menschen entsprach und an dem zum einen die Faserrekrutierung der

Sprunggelenksligamente beim vorderen Schubladentest analysiert wurde, zum anderen die

äußere Zugkraft und wie sich diese Zugkraft auf einzelne Ligamenta des Sprunggelenks

auswirkt. Es wurden insgesamt acht Ligamenta in die Untersuchung einbezogen: Ligamentum

talofibulare anterius, Ligamentum talofibulare posterius, Ligamentum talocalcaneare,

Ligamentum calcaneofibulare, Ligamentum tibionaviculare, tiefes anteriores tibiotalares

Ligament, tiefes posteriores tibiotalares Ligament, Ligamentum tibiotalare superior. Der

Anterior Drawer Test wurde in den Ausgangsstellungen von 20° PF bis 20°DE und mit 20 N

Page 16: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

9

und 40 N Kraft durchgeführt. Dabei wurde immer der Vorschub des Talus gegenüber der

Tibia gemessen. Generell ergab die Studie, dass das Sprunggelenk in maximaler PF und

maximaler DE steifer war als in den Bereichen dazwischen. In neutraler Gelenkstellung

wurde die größte Laxität des Gelenks festgestellt. Den höchsten Widerstand bei der

Verschiebung des Talus nach ventral gegenüber der Tibia übernahm das Ligamentum

talofibulare anterius. Über das gesamte Bewegungsausmaß von DE bis PF übernahm das

Ligamentum talofibulare anterius den größten Part der externen Zugkraft, was bestätigt, dass

es hauptverantwortlich für die vordere Stabilität des Talus ist. Die Kraftspitze auf das

Ligamentum talofibulare anterius wurde bei 20° PF gemessen. Das Ligamentum

calcaneofibulare wurde in keiner Position der Testungen angesprochen (Corazza et al., 2003,

S. 363-372).

Tohyama et al. (2003, S. 226-232) führten eine Ex-vivo-Studie an neun menschlichen

Sprunggelenkspräparaten durch, davon fünf männliche und vier weibliche Leichen in einem

Alter von 16 bis 62 Jahren. Die Messung wurde mit einer Krafteinwirkung von 60 N in drei

unterschiedlichen Positionen (Neutralstellung, 10° und 20° PF) vorgenommen. Danach wurde

das Ligamentum talofibulare anterius durchtrennt und von neuem wurde der Talusvorschub

gegenüber der Tibia gemessen. Bei einer weiteren In-vivo-Studie wurde der relative Vorschub

des Talus gegenüber der Tibia gemessen mit einer Krafteinwirkung von 30 und 60 N. Die

vierzehn Patienten (zehn Männer und vier Frauen im Alter von 19 bis 27 Jahren) hatten eine

akute Totalruptur des Ligamentum talofibulare anterius erlitten. Innerhalb einer Woche nach

der Verletzung wurde die operative Refixierung durchgeführt, parallel dazu konnten die

Messungen für die Studie erfolgen, und zwar bei allen Patienten am betroffenen und am

gesunden Sprunggelenk. Das Ergebnis der Studien zeigte, dass nur 30 N notwendig sind, um

den Talusvorschub effektiv zu testen. Aus diesem Grund sollte der Anterior Drawer Test nach

Inversionstraumen nur mit geringer Kraft angewendet werden, da man somit die besten

Testergebnisse erzielt. Zudem waren bei 10° und 20° PF die Bewegungsausschläge eindeutig

besser als in Neutralposition (Tohyama, 2003, S. 226-232).

Diese Möglichkeiten der Testung sollte man in der Sporttherapie unbedingt nützen, da sie

einfach durchzuführen sind und einen sehr guten Überblick über die aktuelle Situation der

Pathologie geben. Zudem ist die klinische Testung bei einer Bandinstabilität des

Sprunggelenks äußerst zuverlässig. Um eventuelle Unsicherheiten der Befundung

auszuschließen, kann man natürlich auf eine klinische Stabilitätsdiagnostik zurückgreifen.

Mittels speziellen Röntgenbildern kann man einen Talusvorschub und eine laterale

Page 17: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

10

Aufklappbarkeit prüfen. Vor allem bei Wiederholungstraumen ist es sinnvoll eine

röntgenologische Bildgebung für die Diagnostik hinzuzuziehen.

Abb. 7: Röntgenbefund Talusvorschub

Die ventrale Verschiebung des Talus kann auf einem gehaltenen Röntgenbild exakt

ausgemessen werden. Eine laterale Bandruptur kann mit großer Sicherheit angenommen

werden, wenn der Talusvorschub im Vergleich zum gesunden Fuß fünf oder mehr Millimeter

beträgt (Wülker, 2015, S. 179-181).

Abb. 8: Röntgenbefund einer lateralen Aufklappbarkeit

Page 18: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

11

Ein weiteres Kriterium für eine Ruptur der äußeren Seitenbänder ist, wenn im Röntgenbefund

die laterale Aufklappbarkeit im Seitenvergleich mehr als fünf Grad beträgt (Wülker, 2015, S.

179-181).

3.2 Konservative Vorgehensweise

Das Procedere nach einem Inversionstrauma richtet sich nach dem Schweregrad der

Verletzung. Eine exakte Abklärung von medizinischer Seite ist von größter Wichtigkeit,

damit adäquat die Akuttherapie eingeleitet werden kann. Die Entscheidung, ob eine

konservative Vorgehensweise oder eine Operation indiziert ist, obliegt den Ärzten.

Im Falle einer Luxationsfraktur, die durch eine axiale Fehlstellung sichtbar ist, muss am

besten noch am Unfallort eine Reposition erfolgen, da es sonst in Kürze zu massiven Knorpel-

und Weichteilschäden kommen kann (Rüther & Lohmann, 2014, S. 301).

Eine konservative Behandlung hat sich bei Inversionstraumen bewährt (Wülker, 2015, S.

180), bei denen es vorrangig zu Bänderzerrungen und/oder Bänderrissen am Malleolus

lateralis gekommen ist. Ebenso fallen nicht dislozierte und unverschobene Frakturen in diese

Kategorie. Eine Weber-A-Verletzung wird meist noch konservativ behandelt, Weber B jedoch

häufig schon operativ (Netter, 2001, S. 308). Als Akuttherapie werden alle abschwellenden

und entzündungshemmenden Maßnahmen empfohlen. Dazu zählen Kryotherapie,

Hochlagerung, elastische Kompressionsverbände und Entlastung je nach Schmerz,

entzündungs- und schmerzhemmende Medikamente und Salbenverbände sowie

Thromboseprophylaxe. Anschließend sollte der Patient mit einer

Sprunggelenksführungsschiene oder Orthese versorgt werden, damit vor allem die

Bewegungen der DE und PF auf maximal 20 Grad eingegrenzt werden (Wülker, 2015, S.

180). Ebenso sollten die Bewegungen der IV und SUP vermieden werden, um den lateralen

Bandapparat in der Heilungsphase nicht zu belasten. Auch bei nicht frakturierten

Inversionstraumen sind Unterarmstützkrücken für die Dauer von ein bis zwei Wochen

indiziert, da der Knorpel der Gelenke am Fuß geschont werden soll. Nicht dislozierte

Frakturen werden ebenso in der Regel in einem Gipsverband oder in einer Orthese für sechs

bis acht Wochen ruhiggestellt, da die Knochenbruchheilung Priorität gegenüber den

Bänderrissen hat. Sobald als möglich wäre eine gezielte physiotherapeutische Intervention

von großer Wichtigkeit. Die Vorgehensweise muss sehr individuell, je nach Anamnese und

Klinik, am Patienten erfolgen. Denn nicht konsequent behandelte Inversionstraumen sind oft

Ursache für andauernde Schmerzen am Fuß, anhaltende Schwellungen und Instabilitätsgefühl

beim Gehen. Sollte das betroffene Sprunggelenk nach acht Wochen nach wie vor eine

Page 19: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

12

Kapsulitis oder Instabilitätszeichen zeigen, wie zum Beispiel einen Talusvorschub, eine

Instabilität der Syndesmose oder eine laterale Aufklappbarkeit, ist eine MRT-Untersuchung

umgehend einzuleiten (Niethard, Pfeil & Biberthaler, 2014, S. 615).

Die Möglichkeiten der Sporttherapie richten sich natürlich nach der Diagnose. Die

wichtigsten akuten und chronischen Pathologien nach Inversionstraumen und deren

sporttherapeutische Intervention werden in den Kapiteln vier und fünf behandelt.

3.3 Operative Vorgehensweise

Die Möglichkeiten einer operativen Versorgung sind mannigfaltig. Operativ kann durch

Bandersatzplastiken eine passive Stabilisierung des Gelenks erreicht werden. Die instabilen

Bänder werden dabei durch körpereigenes Gewebe, zum Beispiel aus Teilen der Sehnen der

Mm. peronei oder dem ortsständigen Periost, ersetzt (Lechler et al., 2011, S. 561-570).

Grundsätzlich wird eine frühfunktionelle konservative Therapie einer operativen Behandlung

vorgezogen (Fleischhauer et al., 2002, S.333).

In vielen Kliniken und auch über viele Jahre hinweg wurde und wird noch immer bei

schweren Bandverletzungen, vor allem bei Hochleistungssportlern, operiert. Natürlich kann

dadurch eine frühe Stabilität erreicht werden, zudem können im Zuge dessen eventuell

eingeschlagene Bandstümpfe entfernt oder vorliegende Knochen- und Knorpelschäden

geglättet werden. Neben dem Narkose- und Operationsrisiko sowie der Gefahr einer Infektion

können sich dadurch proliferierende Narbenbildungen und propriozeptive Störungen ergeben.

Außerdem kann es sein, dass die Zeit der Rehabilitation nach der Operation ebenso lang ist

wie bei einer konservativen Behandlung (Braun, 1999, S. 93-94).

Wird nach einem Inversionstrauma röntgenologisch eine Fraktur (Weber B, Weber C,

Maisonneuve-Fraktur) nachgewiesen, muss die Operation sobald als möglich erfolgen. Durch

unterschiedliche Osteosynthese-Techniken soll bei allen Frakturtypen eine Wiederherstellung

der kongruenten Gelenkflächen erreicht werden. Allerdings werden unverschobene Frakturen

und Weber-A-Frakturen sehr häufig konservativ in einer Gipsversorgung ruhiggestellt (Ebelt-

Paprotny & Preis, 2008, S. 431).

Page 20: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

13

4 Akute Komplikationen nach einem Inversionstrauma und deren sporttherapeutische Intervention

Nach Inversionstraumen können eine Reihe von akuten Pathologien am Fuß auftreten, auf die

man als Sportwissenschaftler adäquat reagieren sollte. Generell sind akute Schmerzen als

biologisches Warnsignal des menschlichen Körpers zu sehen, die während oder unmittelbar

nach einer Gewebeschädigung auftreten. Das akute Stadium wird in einem Zeitraum von zwei

Wochen definiert, danach spricht man von subakut und ab drei Monaten von einem

chronischen Schmerz. Der Patient kann den akuten Schmerz topographisch meist sehr gut

beschreiben und nimmt aufgrund dessen fast immer eine Schonhaltung ein, versucht das Areal

ruhigzustellen und nicht zu belasten. Wenn man als Sportwissenschaftler einen Patienten im

akuten Stadium nach einem Inversionstrauma betreut, sollte man eine sehr genaue Anamnese

am Patienten durchführen, um keine Zusatzverletzungen zu übersehen. Die Patienten können

meistens den Schmerz topographisch sehr gut wahrnehmen und beschreiben, was oft ein

Hinweis auf die verletzte anatomische Struktur am Fuß ist. Ebenso müssen Schwellungen und

Hämatome oder ein Belastungsschmerz ernst genommen werden. In weiterer Folge sollte es

das oberste Ziel eines jeden Therapeuten sein, am Patienten eine richtige und adäquate

sporttherapeutische Intervention einzuleiten. Oberstes Therapieziel ist die möglichst schnelle

Schmerzfreiheit sowie die funktionelle Wiederherstellung des verletzten Gewebes (Ebelt-

Paprotny & Preis, 2008, S. 76). Die wichtigsten akuten Pathologien an Knochen, Gelenken,

Bändern und Sehnen werden nun im Folgenden beschrieben.

4.1 Artikuläre und ossäre Komplikationen

Die Möglichkeiten in der Sporttherapie bei akuten Gelenkkomplikationen sind sehr begrenzt,

da diese vorwiegend über passive Therapieverfahren beziehungsweise durch Ruhigstellungen

und Entlastungen behandelt werden müssen. Die Zeit der Ruhigstellung ist abhängig vom

Heilungsverlauf und der Regeneration des Knochen- und Knorpelgewebes. In diesem Kapitel

werden artikuläre und ossäre Pathologien beschrieben, die sporttherapeutisch ein Grund für

eine gänzliche oder teilweise Entlastung sind. Es ist überaus wichtig, den Patienten darüber

aufzuklären, damit weitere bildgebende Verfahren eingeleitet werden, um richtige

Interventionen einzuleiten und mögliche Spätkomplikationen zu vermeiden.

Page 21: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

14

4.1.1 Bone Bruise

Der Begriff Bone Bruise beschreibt eine Schädigung des subchondralen Knochens, die

aufgrund einer Stoßbelastung vom Gelenkknorpel auf den Knochen bei einem

Inversionstrauma entstehen kann (Logo et al., 2013, S. 1261-1268).

Abb. 9: Bone Bruise

In der Sportwissenschaft stellt sich die Frage, ob ein Bone Bruise im Sprunggelenk

therapiebedürftig ist oder nicht. Grundsätzlich zeigen MRT-Aufnahmen, dass sich rein

klinisch der Defekt in einem Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten normalisiert. Rein

therapeutisch beeinflusst weder eine Entlastung noch irgendeine andere Art von Therapie oder

sportlicher Betätigung den Heilungsverlauf des Bone Bruise (Longo et al., 2013, S. 1261-

1268).

Die sporttherapeutischen Verfahren richten sich nach den Schmerzen des Patienten und

natürlich nach der lateralen Bänderläsion am Sprunggelenk.

Die Praxis zeigt, dass einige Patienten mit Bone Bruise längere Zeit mit lokalen

Schwellungen am Sprunggelenk und Belastungsschmerzen zu kämpfen haben. Parallel dazu

kann es auch zu Gelenksergüssen intraartikulär kommen, was natürlich zusätzlich den

Knorpel belastet. Daher ist die Aufklärung ein wichtiger Teil der Therapie. Ob der Patient

eine Entlastung oder Ruhigstellung benötigt, muss natürlich individuell abgeklärt werden.

Page 22: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

15

4.1.2 Flake Fraktur

Die Flake Fraktur tritt bei etwa einem Drittel der Patienten nach einem Inversionstrauma auf

und wird häufig in der Diagnostik übersehen, da sie oftmals im Röntgenbild nicht zu erkennen

ist (Wülker, 2015, S. 180).

Abb. 10: Flake Fraktur

Als Flake Fraktur werden Knorpelrisse beziehungsweise Absprengungen von Knorpel- oder

Knochenstückchen bezeichnet. Oftmals weist der Talus durch das traumatische Ereignis eine

osteochondrale Fraktur auf. Die Klassifikationsbestimmung einer Flake Fraktur sollte daher

unbedingt durch eine Computertomographie oder ein MRT erfolgen, da nur dann eine

adäquate Therapie eingeleitet werden kann. Bei nicht dislozierten Frakturen sollte konservativ

eine Ruhigstellung in einem Gehgips oder einer Stabilisierungsschiene unter Teilbelastung

durchgeführt werden, bis ein gesicherter Knochendurchbau im Röntgen zu sehen ist. In

schwereren Fällen, bei dislozierten Frakturen oder bei kleinen abgebrochenen Fragmenten

oder Trümmerfrakturen, ist die Operation die Therapie der Wahl. Auch bei leichteren Fällen

einer Flake Fraktur besteht die Gefahr einer Talusnekrose. Daher darf diese Komplikation

nicht übersehen werden und muss vor allem ausheilen, bevor man in aktive

Bewegungsübungen und in eine Belastung des Fußes in der Sporttherapie übergeht (Wülker,

2015, S. 180).

Bei der Flake Fraktur ist die Entlastung, Ruhigstellung und eventuell sogar Operation die

Therapie der Wahl. Da diese Komplikation anfangs möglicherweise übersehen wird, sind

wiederum anhaltende Schmerzzustände nach Inversionstraumen für Sportwissenschaftler ein

Warnsignal. Parallel dazu kann es im oberen und unteren Sprunggelenk, aber auch in den

Page 23: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

16

Gelenken im Tarsal- beziehungsweise Metatarsalbereich zu Gelenkergüssen kommen, die

ebenso mit einer Entlastung und medikamentösen Therapie von ärztlicher Seite behandelt

werden müssen.

4.1.3 Sinus Tarsi Syndrom

Der Sinus tarsi ist ein tunnelförmiger Bereich zwischen dem Talus und dem Calcaneus. Diese

Region liegt eigentlich genau im Bereich des unteren Sprunggelenks, in dem die Inversion

(Einwärtsdrehung, 35-60°) und die Eversion (Auswärtsdrehung, 15-30°) stattfindet. Die

Bewegungsachse des unteren Sprunggelenks zieht genau durch den Sinus tarsi. Die

Pathologie, die nach Inversionstraumen auftreten kann, bezeichnet in Wahrheit nur die

Region, in der die Krankheit auftritt (Fanghänel et al., 2009, S. 1133).

Abb. 11: Sinus Tarsi Syndrom

Der Sinus tarsi wird in der Literatur auch als Fußwurzelbucht bezeichnet, die von lateral nach

medial enger wird und in der mehrere Bandzüge laufen sowie auch Nerven und Fettgewebe.

Daher könnte man diese Komplikation auch den ligamentären oder nervalen Pathologien

zuordnen. Das Sinus tarsi Syndrom kann durch das Inversionstrauma an sich ausgelöst

werden. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Krankheit sekundär aufgrund der

Arthrosen und Instabilitäten im USG und OSG entsteht. Ebenso kann es durch die

mechanische Überlastung zu Reizungen des Fettgewebes und der Nerven kommen.

Page 24: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

17

Die Patienten leiden unter Schmerzen in Belastung, aber auch in Ruhe im Bereich des Sinus

tarsi. Zudem kann es zu sichtbaren Schwellungen im Bereich des Sinus tarsi kommen. Die

Symptomatik verstärkt sich bei längeren Gehstrecken und auf unebenem Untergrund. Die

Patienten haben ein extrem unsicheres Gefühl im Gang und können kleinste Unebenheiten

nicht austarieren, die Propriozeption ist massiv beeinträchtigt.

Das Sinus Tarsi Syndrom ist nicht einfach zu diagnostizieren. Eine MRT-Untersuchung ist für

die Diagnostik unumgänglich. Die möglichen therapeutischen Ansätze reichen von lokaler

Injektion bis zu konservativen Maßnahmen (Fanghänel et al., 2009, S. 1133).

Abb. 12: Injektion am Sinus tarsi

Im Sinus-tarsi-Bereich befinden sich mehrere Ligamenta, die den Talus mit dem Calcaneus

verbinden:

• Intrinsische Ligamenta: Ligamentum talocalcaneare interosseum, Ligamentum

cervicale; Sie werden gewissermaßen als die Kreuzbänder des Subtalarkomplexes

bezeichnet.

• Extrinsische Ligamenta: Ligamentum talocalcaneare laterale, mediale und anterius;

Sie werden als Kollateralbänder benannt (Matthijs et al., 2006, S. 351-353).

Tochigi et al. (2000, S. 486-491) untersuchte die Funktion des Ligamentum talofibulare

anterius und des Ligamentum talocalcaneare interosseum während einer dreidimensionalen

Rotationsbewegung unter axialer Belastung. Bei unversehrtem Bandapparat betrug die

durchschnittliche Gesamtrotation des Talus gegenüber dem Unterschenkel 3,5°, nach

Page 25: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

18

Durchtrennung des Ligamentum talofibulare anterius und des Ligamentum talocalcaneare

interosseum 5,2°. Die durchschnittliche Innenrotation erhöhte sich ebenso von 2,1° auf 3,3°.

Wurde jedoch nur des Ligamentum talofibulare anterius durchtrennt, kam es zu keiner

signifikanten Erhöhung der durchschnittlichen Gesamtrotation und Innenrotation des Talus

gegenüber dem Unterschenkel (Tochigi et al., 2000, S. 486-491).

Das könnte die extreme propriozeptive Störung im OSG nach Verletzungen im Sinus-tarsi-

Bereich erklären. Die intrinsischen Bänder des Subtalarkomplexes sind folglich wesentlich für

die Stabilität und Wahrnehmung im Sprunggelenk verantwortlich. Die konservativen

Therapiemöglichkeiten sollten infolge dessen darauf ausgelegt sein, die Propriozeption im

Sprunggelenk zu verbessern. Somit wäre ein Gleichgewichtstraining auf instabilen Unterlagen

indiziert, was natürlich bedeutet, dass der Patient voll belasten darf. Meistens ist im akuten

Stadium aufgrund eines Ergusses im Sprunggelenk nur eine Teilbelastung aus medizinischer

Sicht erlaubt. Aus diesem Grund müssen dem Patienten passive und assistive

physiotherapeutische Maßnahmen und physikalische Therapie, wie zum Beispiel

Elektrotherapie und Ultraschall, empfohlen werden. Das sporttherapeutische propriozeptive

Training auf instabilen Unterlagen wäre als nächster Therapieschritt indiziert.

4.1.4 Jones-Fraktur

Die häufigsten Frakturen am Fuß sind Brüche an den Mittelfußknochen. Als Spezialfall muss

die sogenannte Jones-Fraktur bezeichnet werden, die sehr häufig in Kombination mit

Inversionstraumen auftritt. Der Unfallmechanismus ist im Grunde derselbe und die Fraktur

entsteht durch den akuten Zug am Ansatz des M. peroneus brevis am Os metatarsale V (Fortin

& Balazsy, 2001, S. 114-127).

Abb. 13: Jones-Fraktur

Page 26: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

19

Meistens befindet sich die Fraktur sehr nahe an der Basis des fünften Mittelfußknochens, das

tarsometatarsale Gelenk ist im Großteil der Fälle nicht mitbetroffen, das intermetatarsale

Gelenk zur Basis des Os metatarsale IV häufig schon. Der Bruch liegt genau am Übergang

der Diaphyse zur Metaphyse, wo sich eine Zone verminderter Durchblutung befindet. Daher

ist die Neigung zur Ausbildung von Pseudarthrosen sehr hoch. Der Muskelzug des M.

peroneus brevis kann bei konservativer Therapie zu einer Dehiszenz der Fragmente führen

und dadurch die Heilung beeinträchtigen. Zudem dauert die Durchbauung des Knochens bei

Gipsruhigstellung acht bis zehn Wochen. Eine Jones-Fraktur sollte deshalb, vor allem bei

aktiven und sportlichen Menschen, chirurgisch versorgt werden (Weiker, 1984, 101-108).

Aus sportwissenschaftlicher Sicht muss die Heilung vollständig erfolgt sein, dass überhaupt

eine Therapie begonnen werden kann. Das Heranführen an den Sport muss langsam und

kontinuierlich vonstatten gehen. In der Übergangsphase nach einer Gipsruhigstellung sind

Physiotherapie, passive physikalische Anwendungen und manuelle Techniken die geeigneten

therapeutischen Methoden.

4.2 Ligamentäre Komplikationen

Zusätzliche ligamentäre Komplikationen sind bei allen Formen des Inversionstraumas

möglich. Betroffen können die Bänder des OSG und des USG sein, ebenso die Bänder im

Tarsal- und Metetarsalbereich. Je nach Unfallhergang und Schnelligkeit des Traumas kann es

zu Zerrungen oder zu Rupturen kommen. Diese alle anzuführen würde den Rahmen diese

Arbeit sprengen. Die Einteilung von Bandverletzungen erfolgt in drei Graden:

1. Grad 1: Zerrung (belastbar, kleines Hämatom)

2. Grad 2: Partielle Ruptur (eingeschränkte Belastbarkeit, deutliches Hämatom)

3. Grad 3: Totalruptur (posttraumatisch nicht belastbar, deutliches Hämatom)

Diese graduelle Gliederung ist für die Sporttherapie ausschlaggebend, denn je nach Schwere

der Bänderverletzungen kann man den Plan der Therapie erstellen (Engelhardt, 2016, S. 352).

Nähere therapeutische Ansätze dazu werden im Kapitel sieben erklärt.

Eine der wichtigsten ligamentären Komplikationen ist die Syndesmosezerrung

beziehungsweise Syndesmoseruptur. Diese möchte ich im nun folgenden Absatz näher

beschreiben.

Page 27: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

20

4.2.1 Syndesmoseruptur

Zu einer Syndesmosesprengung kommt es hauptsächlich durch indirekte Gewalteinwirkung

bei Typ Weber-B- beziehungsweise C-Frakturen und der Maisonneuve-Fraktur. Eine

operative Stabilisierung ist bei einer Ruptur der gesamten Syndesmose die Therapie der Wahl

(Fanghänel et al., 2009, S.1132).

Leichte Zerrungen oder Teilrupturierungen der Syndesmose passieren allerdings bei circa

zehn bis zwanzig Prozent aller Inversionstraumen und Sprunggelenksdistorsionen. Zwischen

Fibula und Tibia liegt topographisch die sogenannte Membrana interossea, die am distalen

Ende von der Syndesmose verstärkt wird. Diese besteht aus drei Ligamenten:

• Ligamentum tibiofibulare anterius

• Ligamentum tibiofibulare posterius

• Ligamentum transversum inferius

Abb. 14: Syndesmose

Anatomisch ist die Syndesmose der ligamentäre Teil der Malleolengabel. Sie ist für die

Stabilität des OSG bei axialer Belastung mitverantwortlich, hat jedoch nur eine geringe Last

zu tragen. Daher bleibt die Stabilität der Syndesmose sehr lange erhalten, auch wenn zwei

Bandanteile der Syndesmose rupturiert sind. Der Verletzungsmechanismus kommt durch eine

indirekte Gewalteinwirkung auf die proximale Extremität zustande oder durch Kräfte auf den

Oberkörper bei einem in Außenrotation feststehenden Fuß. Primär reißt das Ligamentum

tibiofibulare anterius, dann das Ligmentum transversum inferius und zuletzt das Ligamentum

Page 28: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

21

tibiofibulare posterius. Bei massiver Eversionskraft kommt es zu einer Fraktur der Fibula

(Engelhardt, 2016, S. 355-356).

Abb. 15: Syndesmoseriss

Als Sportwissenschaftler sollte man wiederum hellhörig sein in Bezug auf Schmerzen, die der

Patient ventral am Fuß auf Höhe der Syndesmose beschreibt. Ein Syndesmoseriss ist vom

Sichtbefund her durch eine Verbreiterung der Malleolengabel zu sehen. In diesem Fall ist eine

Operation die Therapie der Wahl. Für die Diagnose einer Syndesmoseverletzung werden

klinische Testverfahren, Röntgen oder MRT eingesetzt. Die Therapie richtet sich nach dem

Grad der Syndesmoseverletzung und der möglichen Belastbarkeit:

• Grad 1: Zerrung beziehungsweise partielle bis komplette Ruptur des Ligamentum

tibiofibulare anterius. Gehen und Stehen sind möglich. Pneumatische

Stabilisationsschiene für sechs bis acht Wochen und Physiotherapie. Sportbeginn

anfangs mit Schiene, je nach Heilungsverlauf.

• Grad 2: Ruptur des Ligamentum tibiofibulare anterius und Zerrung/Teilruptur der

restlichen Bänder der Syndesmose. Gehen und Stehen sind nur kurz schmerzfrei

möglich, danach anhaltende Schmerzen. Pneumatische Stabilisationsschiene (auch

nachts) und Entlastung mit Unterarmstützkrücken für sechs Wochen und

Physiotherapie. Danach weiterhin pneumatische Stabilisationsschiene für drei bis

sechs Monate. Sportbeginn anfangs mit Schiene, je nach Heilungsverlauf.

• Grad 3: Ruptur des Ligamentum tibiofibulare anterius und des Ligamentum

transversum inferius, in Kombination mit einer Luxation der Fibula kommt es zu einer

Page 29: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

22

Ruptur des Ligamentum tibiofibulare posterius. Gehen und Stehen sind unmöglich

aufgrund der Schmerzen und die Malleolengabel ist verbreitert. Inkomplette Rupturen

werden in einem Gehgips mit Vollentlastung für acht bis zehn Wochen ruhiggestellt.

Eine komplette Syndesmoseruptur ist meist verbunden mit einer Fraktur der Fibula

und muss operativ versorgt werden. Die weitere Vorgehensweise wird von ärztlicher

Seite festgelegt (Engelhardt, 2016, S. 355-357).

Die sporttherapeutische Intervention richtet sich bei Syndesmoseverletzungen nach dem

Schweregrad der Verletzung und nach Belastbarkeit, Schmerzen und Heilungsverlauf.

Werden Syndesmoseverletzungen übersehen, kann dies zu einer chronisch instabilen

Syndesmose führen. Diese Pathologie konservativ und sporttherapeutisch in Griff zu

bekommen, ist leider nicht möglich. Die Operation ist in diesem Fall die richtige

therapeutische Intervention (Engelhardt, 2016, S. 356).

4.2.2 Ruptur des Ligamentum bifurcatum

Aufgrund der topographischen Lage ist das Ligamentum bifurcatum eine häufig übersehene

Begleitverletzung bei Inversionstraumen. Es besteht aus zwei Anteilen:

• Ligamentum calcaneonaviculare: Es hat seinen Ursprung an der anterioren und

medialen Ecke des Sinus tarsi, seinen Ansatz an der lateralen Fläche des Os

naviculare.

• Ligamentum calcaneocuboideum: Es bildet mit dem Ligamentum calcaneonaviculare

in der Transversalebene einen Winkel von 30°, in der Sagittalebene einen Winkel von

20° und zieht auf die dorsale Fläche des Os cuboideum (Matthijs et al., 2006, S. 393-

394).

Abb. 16: Ligamentum bifurcatum

Page 30: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

23

Das Ligamentum bifurcatum ist für die Stabilität im Chopart-Gelenk verantwortlich. Das

Chopart-Gelenk wird auch als Articulatio tarsi transversa bezeichnet und besteht aus dem

Articulatio calcaneocuboidea und dem Articulatio talonaviculare (Fanghänel, 2009, S. 1134).

Abb. 17: Chopart-Gelenk

Die therapeutische Vorgehensweise bei Verletzungen des Ligamentum bifurcatum ist dieselbe

wie bei Verletzungen des lateralen Bandapparates. Eine spezielle Problematik ergibt sich

jedoch bei ossären Ausrissen des Ligamentum bifurcatum. Bei einer Dislokation des

Knochenfragmentes von weniger als zwei Millimetern wird ein sechswöchiger Gehgips unter

Vollbelastung von ärztlicher Seite verordnet, anschließend Physiotherapie und danach

langsame Überführung in die Sporttherapie. Beträgt die Dislokation des Knochenfragmentes,

meist ist der Processus anterior calcanei betroffen, mehr als zwei Millimeter, muss eine

operative Refixierung durchgeführt werden. Im Anschluss daran ist wiederum eine

Ruhigstellung in einer Stabilisationsschiene indiziert, danach Physio- und Sporttherapie

(Engelhardt, 2016, S. 359-360).

4.3 Tendinöse Komplikationen

Die vorrangigen akuten Gewebsschäden an Sehnen entstehen nach einem Inversionstrauma

entweder aufgrund des Unfallherganges selbst oder sehr häufig aufgrund von

Immobilisationsschäden danach.

Page 31: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

24

4.3.1 Verletzungen der Peronealsehnen

Die Problematiken an den beiden Sehnen des M. peroneus longus und des M. peroneus brevis

reichen nach Inversionstraumen von Teilruptur, Ruptur bis Peronealsehnenluxation. Als

Synonym für M. peroneus longus gilt M. fibularis longus, ebenso steht M. peroneus brevis für

M. fibularis brevis.

Abb. 18: Mm. peronei

Die Peroneussehnen haben ihren Verlauf entlang des lateralen Unterschenkels, dorsal des

Malleolus lateralis bis zum Os metatarsale V (Ansatz des M. peroneus brevis) und bis zum Os

cuneiforme mediale und Os metatarsale I (Ansatz des M. peroneus longus). Aus diesem

Grund sind sie wesentlich für die äußere Stabilität des Fußes. Das typische Verletzungsmuster

sind Faserlängsrisse entlang der Sehnen. Im Falle einer Teilruptur beziehungsweise Ruptur

muss man leider zuerst einmal im sporttherapeutischen Training auf die wichtige laterale

stabilisierende Funktion der Mm. peronei verzichten (Wülker, 2015, S.183).

Page 32: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

25

Die Peronealsehnenruptur betrifft vorrangig die Sehne des M. peroneus longus. Eine

Verletzung der Sehne des M. peroneus brevis tritt meist nur gemeinsam mit einer Läsion der

Peroneus longus Sehne auf (Kikelly & McHale, 1994, S. 567-569; Sammarco, 1995, S. 245-

253). Der typische Unfallmechanismus ist wie beim Inversionstrauma eine

Supinationsbewegung, eventuell mit einer Plantarflexion kombiniert. Die Patienten haben des

Öfteren rezidivierende Supinationstraumen in ihrer Anamnese zu verzeichnen und daher

meistens zudem eine laterale Instabilität und eine OSG-Instabilität. Die Betroffenen verspüren

direkt beim Trauma einen Riss hinter dem Malleolus lateralis, danach ist derselbe Bereich auf

Palpation schmerzhaft. Die Peronealsehnenteilruptur beziehungsweise die

Peronealsehnenruptur wird primär des Öfteren übersehen, da die laterale Bandverletzung

ebenso die Schwellung, das Hämatom und den Schmerz auslöst. Daher ist die exakte

Palpation der Sehne das erste sichere Zeichen, wobei ein weiteres wichtiges diagnostisches

Verfahren ein MRT wäre. Die richtige Therapie ist eine Gipsruhigstellung nach akuten

Verletzungen der Peroneussehne. Falls es danach zu anhaltenden Schmerzen und

Dysfunktionen kommt, muss chirurgisch die Sehne genäht werden beziehungsweise bei

Rupturen über 50 Prozent erfolgt ein Peroneus-longus-auf-brevis-Transfer. Erst nach

vollständiger Heilung kann man sporttherapeutisch mit repetitiven Wiederholungen und

propriozeptivem Training im schmerzfreien Bereich die Sehne wiederaufbauen. Genauere

Informationen über eine therapeutische Vorgehensweise werde ich im Kapitel sieben

beschreiben. Für einen Sportwissenschaftler ist es von großer Wichtigkeit, diese Pathologie zu

kennen, da man nur dann eine richtige Therapie für den Patienten planen kann. (Engelhardt,

2016, S. 345).

Weniger häufig kommt es zu einer Peroneussehnenluxation, was bedeutet, dass die Sehnen

aus ihrer fixierten Position und ihrem Gleitlager hinter dem Malleolus lateralis nach ventral

über das distale Ende der Fibula luxieren. Bei manchen Personen kann eine genetische

Prädisposition für diesen pathomechanischen Vorgang während des Inversionstraumas

verantwortlich sein:

• Die Rinne, in der die Peroneussehnen laufen, kann flach oder sogar konvex sein.

• Die Retinacula, die die Peroneussehnen in der Rinne halten, weisen eine anatomische

Abnormität auf.

• Eine forcierte DE des OSG passiert automatisch in Kombination mit einer

Pronationsbewegung (Kollias & Ferkel, 1997, S. 329-335).

Page 33: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

26

Wenn die Sehne während des Inversionstraumas luxiert, hört der Patient ein Schnappen und

verspürt dabei einen starken Schmerz hinter der Fibula. Eine anschließende Schwellung und

Entzündungszeichen lassen wiederum primär eine Fehlinterpretation zu, dass es sich

ausschließlich um eine laterale Bandruptur handeln könnte. Medizinisch kann allerdings die

Subluxation und Luxation in einer manuellen Untersuchung getestet werden. Bei einer

Luxation ist es nicht zu übersehen, dass die Sehne über den Malleolus lateralis schnappt

(Engelhardt, 2016, S. 344-345).

Diese Erstluxation führt allerdings meist dazu, dass das Springen der Sehnen über die

Fibulaspitze Standard wird und auch bei normalen Bewegungen des Fußes passiert. Eine

vorübergehende Schienung ist sowohl bei einer Teilruptur als auch bei einer Luxation eine

mögliche Therapie. Im Falle einer weiter bestehenden chronischen Luxation der Sehnen sind

operative Techniken die Therapie der Wahl (Wülker, 2015, S.183).

Eine akute Luxation ist normalerweise eine absolute Operationsindikation, da die

konservative Therapie in diesem Fall nicht Erfolg versprechend ist und es zu permanenten

rezidivierenden Luxationen kommt (Engelhardt, 2016, S. 350-351).

4.3.2 Immobilisationsschäden

Nach Inversionstraumen ist häufig eine Ruhigstellung bzw. Entlastung des Fußes notwendig.

Der Effekt der Ruhigstellung für Sehnengewebe ist, dass es zu einer Reduktion der

Kollagensynthese kommt, nämlich schon in einem Zeitraum von drei Tagen. Je länger diese

Immobilisationsphase andauert, desto mehr kommt es zu einer Störung des Stoffwechsels in

den Sehnen. Die Belastbarkeit der Sehnen sinkt enorm (Van den Berg, 2001, S. 173-186).

Quantitativ nimmt der Querschnitt der Sehne ab, qualitativ ist die Belastbarkeit der Sehne und

der Sehneninsertion reduziert, es besteht eine größere Deformation (Stauchungsproblematik)

bei Belastung und weniger Energiespeicherung. Die Adaptation nach einer

Immobilisationsphase dauert, bedingt durch den reduzierten Stoffwechsel, bei Sehnengewebe

länger als beim zugehörigen Muskelgewebe (Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S. 671-672).

Ein mögliches akutes Krankheitsbild an Sehnen wäre:

• Tendinitis: Es handelt sich um eine entzündliche Sehnenerkrankung, bei der ein

Dauer-, Ruhe- und Nachtschmerz im Vordergrund steht.

In der Entzündungsphase muss therapeutisch vorrangig auf die chemische

Komponente Wert gelegt werden. Der Akutschmerz dauert ungefähr ein bis zwei

Page 34: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

27

Wochen an, Schwellungen der Sehnen sind möglich und es besteht eine vermehrte

Druckdolenz. Als Kardinaltherapie stehen aus ärztlicher Sicht entzündungshemmende

Medikamente und Salbenverbände oder entzündungshemmende Injektionen im

Vordergrund. Die sporttherapeutische Intervention geht primär in die totale

mechanische Entlastung, bis der Ruhe- bzw. Dauerschmerz nachlässt. Bis zum

Abschluss dieses Stadiums sollte jegliche kollagene Belastung vermieden werden. Je

nach betroffener Struktur sollte der Patient mit Tapes, Schienen oder Bandagen

versorgt werden. Schmerzlindernde physikalische Therapie, wie Kryotherapie,

Ultraschall, Elektrotherapie, Iontophorese oder spezielle Weichteiltechniken sollten

empfohlen werden.

In der Proliferationsphase ist die Durchführung schmerzfreier Bewegungen erlaubt,

anfangs konzentrisch und je nach Schmerz auch exzentrisch, jedoch zu Beginn nur

mit hubfreien Bewegungen. In dieser Phase steht eine sensible Belastungssteigerung

im Vordergrund, um die Sehne langsam an die alltäglichen Anforderungen zu

gewöhnen. Kein Krafttraining, jedoch die Korrektur biomechanischer

Fehlbelastungen und Fehlstellungen sollte in dieser Phase vorrangig sein, sowie

Beinachsentraining und propriozeptives Training auf instabilen

Unterstützungsflächen. Viele propriozeptive Reize führen dazu, dass das

Sehnengewebe alle notwendigen konstruktiven Informationen für eine funktionelle

Anpassung erhält.

In der Remodellierungsphase sollte ein langsamer Übergang zum Ausdauertraining

erfolgen. Wichtig ist es dabei auf eine langsame Steigerung der Belastung zu achten

und ausreichend Trainingspausen einzuplanen. Die korrigierenden und

propriozeptiven Übungen sollten vom Patienten nach wie vor regemäßig absolviert

werden. Zuletzt erfolgt der Übergang zum exzentrischen Krafttraining, wie es im

Kapitel 5.4 erklärt wird (Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S. 668-671).

Diese spezielle Pathologie fordert ein anderes Vorgehen als die chronische Tendopathie. Die

möglichen Therapieformen werden in Kapitel sieben näher erklärt. Vor allem stehen

Interventionen von ärztlicher und physiotherapeutischer Seite im Vordergrund. Die Sehnen

der Mm. peronei sind wiederum nach Inversionstraumen mögliche betroffene Strukturen

(Engelhardt, 2016, S. 344).

Page 35: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

28

5 Chronische Komplikationen nach einem Inversionstrauma und deren sporttherapeutische Intervention

In diesem Kapitel meiner Arbeit werden Pathologien, Funktionsstörungen und

Schmerzzustände nach Inversionstraumen beschrieben, unter denen der Patient schon länger

leidet und die sich chronifiziert haben. Ein chronischer Schmerzzustand wird von der IASP

als solcher definiert, wenn er entweder ständig und andauernd über drei bis sechs Monate

hinweg aufgetreten ist und noch immer auftritt, oder wenn ein intermittierender, das heißt

immer wieder kommender Schmerz, über diesen Zeitraum besteht (Van den Berg, 2001, S.

536-538).

Der chronische Schmerz unterscheidet sich vom akuten dahingehend, dass die

physiologischen und biomechanischen Funktionen am Fuß gestört sind und sich aus dem

heraus meist ein anderes Krankheitsbild entwickelt. Zudem kommt es zu einer

Umstrukturierung des Zentralnervensystems im Sinne einer zentralen Sensibilisierung. Dieser

Zustand wird im Sprachgebrauch unter dem Begriff „Schmerzgedächtnis“ zusammengefasst.

Im Zuge dessen werden durch die gesteigerte Erregbarkeit aller beteiligten Strukturen

biochemische und pathophysiologische Veränderungen provoziert. In der Sporttherapie

bedeutet das, dass der Patient von vorneherein über seine Krankheit informiert und aufgeklärt

werden muss und dass ein Therapieziel beziehungsweise ein Therapieplan erstellt werden

sollte, der zur Bewältigung der jeweiligen Pathologie dient. Zudem wird bei der chronischen

Sporttherapie ein hohes Maß an Eigenverantwortung des Patienten selbst gefordert. Denn

ohne sein stetiges Üben, seine aktive Beteiligung und seine Geduld für den Heilungsprozess

kann die Sporttherapie bei chronischen Beschwerden nach Inversionstraumen nicht fruchten

(Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S 76-81).

5.1 Artikuläre und ossäre Komplikationen

Komplikationen an Gelenken sind nach Inversionstraumen nicht selten der Grund für einen

dauerhaften Schmerzzustand am Fuß. Die Patienten haben, abgesehen von den lokalen

Schmerzen, die eventuell sogar im unbelasteten Zustand in Ruhe und in der Nacht auftreten

können, mit der Zeit natürlich gravierende Probleme beim Stand und beim Gang. Die

Möglichkeiten der Komplikationen sind mannigfaltig. Im folgenden Kapitel möchte ich mich

daher auf die traumatischen Knorpeldefekte und den chondralen Knorpelschaden durch die

Immobilisation beziehen.

Page 36: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

29

5.1.1 Traumatische Knorpeldefekte

Um die Reaktion des Gelenkknorpels nach Traumen besser verstehen zu können, sind

folgende physiologische Grundlagen wichtig. Der Gelenkknorpel ist aus Zellen, den

Chondrozyten und extrazellulärer Matrix aufgebaut.

Chondrozyten: Diese spezialisierten Zellen synthetisieren die Bestandteile der extrazellulären

Matrix und sie organisieren die Bestandteile derjenigen. Sie bringen Kollagene,

Proteoglykane und nichtkollagene Proteine in eine geordnete Struktur.

Die extrazelluläre Matrix besteht aus:

• Gewebsflüssigkeit: Wasser mit gelösten Elektrolyten und kleinen Proteinen.

• Makromoleküle: 60 Prozent Kollagene (vor allem Kollagen Typ II), 25-30 Prozent

Proteoglykane (sie bestehen aus Glykosaminoglykanen, die durch die hohe

Wasserbindungskapazität dem Gewebe die Fähigkeit geben Druck zu widerstehen).

• Nichtkollagene Proteine: Es sind Vernetzungsproteine (Chondronectin) und

Verbindungsproteine (Linkproteine). Aus allen Verbindungen innerhalb des Knorpels

resultiert ein hohes Maß an Stabilität (Huber et al., 2000, S. 573-580).

Der Aufbau des Gelenkknorpels unterliegt einer zonalen Unterteilung mit unterschiedlicher

Zusammensetzung, was den Zell- und Matrixanteil betrifft.

Abb. 19: Aufbau des Gelenkknorpels

1. Oberflächliche Knorpelzone: Diese Zone ist die dünnste aller vier Knorpelzonen. Über

ihr liegt ein Film von Synovialflüssigkeit und die kollagenen Fibrillen sind hier sehr

Page 37: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

30

dünn. Allerdings ist das Wasserbindungsvermögen, im Gegensatz zu allen anderen

Zonen, hier am höchsten. Das könnte vielleicht der Grund dafür sein, dass es die

vorrangige Aufgabe dieser Zone ist, auftretende Scherkräfte zu absorbieren und

Reibungskräfte zu reduzieren.

2. Mittlere Knorpelzone oder Übergangszone: Die kollagenen Fibrillen dieser Zone

verlaufen hier schräg zu denen der oberflächlichen Zone und bilden zusätzlich Bögen,

die sogenannten Arkaden. Die Zellen (Chondroblasten) sind hier rundlicher und aktiv.

Das Besondere an den Chondroblasten ist, dass sie eine anaerobe Glykolyse

durchführen können und deshalb vor allem im avaskulären Gewebe zu finden sind.

Regenerationsprozesse laufen in Geweben, die keine direkte Durchblutung besitzen,

deutlich reduziert ab. Rein Mechanisch hat diese Zone kein spezifisches

Aufgabengebiet.

3. Tiefe oder radiale Knorpelzone: Die kollagenen Fibrillen dieser Zone sind bei weitem

die mit dem größten Durchmesser. Ihr Verlauf ist in dieser Zone senkrecht zur

Knorpeloberfläche. Ebenso wie in der mittleren Knorpelzone sind die Zellen große,

runde, aktive Chondroblasten, die hier jedoch in Gruppen oder Ketten liegen. Die

Aufgabe der tiefen Knorpelzone ist das Absorbieren von Kompressionskräften.

4. Kalzifizierte Knorpelzone: Diese Zone wird von einem Grenzstreifen, dem Tidemark,

von der tiefen Knorpelzone abgegrenzt. Die Kollagenfibrillen laufen durch die

Tidemark in die kalzifizierte Knorpelzone und verbinden und stabilisieren den

weicheren Gelenkknorpel mit dem Knochen (Van den Berg, 1999, S. 80-81).

Der Gelenkknorpel ist, alleine schon durch seine Architektur, ein sehr widerstandsfähiges

Gewebe, das hohen Belastungen standhalten kann. Trotzdem genügen schon kleinste

Veränderungen bezüglich dieses Aufbaus, dass sich die Widerstandsfähigkeit und

Belastbarkeit des Knorpels reduziert. Eine progressive Degeneration des Gelenkknorpels ist

die Folge von einem Trauma und erhöhter Belastung und ein Restitutio ad integrum ist

schwer zu erreichen. Denn von einem gesunden Gelenkknorpel spricht man nur dann, wenn

einerseits das Verhältnis zwischen den Zellen und der Matrix stimmt und andererseits die

Struktur der gesamten Knorpelkonstruktion nicht von dem eines gesunden Knorpels abweicht.

Es gibt unterschiedliche Arten von Knorpeldefekten, die durch Traumen oder durch die

fortschreitende Degeneration nach dem Inversionstrauma entstehen können:

• Matrixdefekte ohne Verletzung der Gelenkoberfläche: Diese Schäden sind sehr häufig

im Rahmen von Traumen und Überlastungen am Knorpel zu beobachten. Es kommt

Page 38: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

31

zu Rupturen der Kollagenfibrillen und zu einer Verminderung an Proteoglykanen, was

dazu führt, dass die Syntheseleistung der Chondrozyten gesteigert wird. Bei

Matrixdefekten kommt es in den meisten Fällen zu einer Wiederherstellung des

Knorpelschadens und zu voller Funktionsfähigkeit.

• Chondrale Defekte ohne Einbeziehung der subchondralen Lamellen: Bei chondralen

Defekten kommt es zwar ebenso wie bei Matrixdefekten zu einer gesteigerten

Syntheseleistung der angrenzenden Chondrozyten, jedoch verhindern keratinhaltige

Proteoglykane (Biglykan, Dermatan) einen Reparaturvorgang. Die Einwanderung von

synovialen Zellen führt zu keiner Wiederherstellung des chondralen Defekts, sondern

indiziert die fibrokartilaginäre Vernarbung direkt im Knorpelschaden.

• Osteochondrale Defekte mit Einblutung aus dem subchondralen Knochen: Primär

kommt es infolge einer Einblutung zu der Ausbildung eines Blutkoagulums

(extravasaler Blutpfropf). Der Knochendefekt subchondral wird meist vollständig

knöchern aufgefüllt, der Knorpeldefekt per se wird mit faserknorpeligem

Mischgewebe gefüllt. Dieser minderwertige Knorpelersatz setzt zudem die

Degeneration des Knorpels in Gang. Dafür verantwortlich sind zum einen die

mechanische Insuffizienz des Reparaturgewebes, zum anderen die Veränderung des

intraartikulären Milieus durch Interleukine. Die Folge sind synoviale Reizzustände

und rezidivierende Gelenkergüsse, was für den Patienten chronische Schmerzen

bedeutet, sowie Einschränkungen der Gelenkfunktion (Engelhardt, 2016, S. 396-397).

Für den Sportwissenschaftler ist es von großer Bedeutung, die Arten der Knorpeldefekte und

deren unterschiedliche Heilungsverläufe zu kennen. Die Beurteilung der Knorpeldefekte muss

mittels Röntgen oder MRT nach standardisierten Gesichtspunkten erfolgen. Die wichtigsten

Kriterien sind die Füllung des Defekts, die Integration zum angrenzenden Knorpel, die

Oberfläche des Knorpels und seine Struktur, die Beschaffenheit des subchondralen Knochens,

die Adhäsion des minderwertigen Ersatzgewebes mit dem gesunden Knorpel und das

Vorhandensein einer Synovitis (Marlovits et al., 2006, S. 16-23).

Zur genauen sportwissenschaftlichen Intervention nach Knorpelschäden möchte ich auf das

Kapitel sieben verweisen.

Page 39: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

32

Abb. 20: Subtalare Arthrose

5.1.2 Reizerguss, Synovitis, Arthritis

Der Verletzungsmechanismus des Inversionstraumas hat allein durch die Distorsion und

Kapsel-, Bandverletzung im Sprunggelenk eine Zerstörung der kollagenen Fasern und

eventuell auch eine Verletzung der benachbarten Blutgefäße zur Folge, was zur Entstehung

eines Hämatoms führt. Im Falle einer Kapselverletzung kommt es sogar direkt nach dem

Trauma zu einer Einblutung im Gelenk, einem Hämarthros, der einer sofortigen Punktion

bedarf. Tritt die Gelenkschwellung allerdings erst nach einigen Stunden nach dem Trauma

auf, spricht man von einem sogenannten Reizerguss. Die Ursache für den Reizerguss kann

direkt nach dem Trauma die Destruktion von Knorpelgewebe im Gelenk sein oder der Erguss

entwickelt sich langsam und sukzessive bei Gelenkinstabilitäten durch die gestörte

Gelenkmechanik, was wiederum zu einer Irritation der Gelenkkapsel führt (Van den Berg et

al., 2001, S.151).

Eine Synovitis und eine Arthritis im Sprunggelenk sind zwei Pathologien, die häufig parallel

auftreten und die einen deutlichen Abbau von Knorpelgewebe verursachen. Die Membrana

synovialis ist sehr dünn und empfindlich und wird bei Traumen oft verletzt, was dazu führt,

dass eine Reihe von Entzündungsmediatoren freigesetzt werden, dadurch wird die Produktion

von Kollagen Typ I forciert, was wiederum die Steifigkeit des Gelenks zur Folge hat.

Im Zuge der Arthritis im Sprunggelenk erhöht sich der Transport von großen

Eiweißmolekülen, der Transport von kleinen Sauerstoffmolekülen wird jedoch verringert, was

zu einer Ischämie der Gelenkkapsel führt. Eine Reihe von physiologischen Veränderungen

Page 40: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

33

werden dadurch ausgelöst, unter anderem eine Senkung des pH-Wertes, was einen negativen

Einfluss auf den Knorpel und die Kapsel des Gelenks hat. Die Arthritis und Synovitis nach

Inversionstraumen wird mechanisch und chemisch unterhalten, was für die Sporttherapie

heißt, dass die mechanische Komponente durch die richtige therapeutische Intervention

beeinflusst werden muss, die chemische Komponente parallel dazu durch medikamentöse

Therapie von ärztlicher Seite behandelt werden sollte. Nur beide Interventionen gemeinsam

führen zu einem nachhaltigen Therapieerfolg (Van den Berg, 1999, S. 137-139). Die

Möglichkeiten vonseiten der Sporttherapie werden in Kapitel sieben behandelt.

5.1.3 Chondraler Immobilisationsschaden

Abgesehen davon, dass es nach einem Inversionstrauma schon an sich zu Knochenbrüchen

oder Knorpeldefekten kommen kann, führt eine Ruhigstellung eines Gelenkes schon nach vier

bis sechs Wochen zu einem Immobilisationsschaden am Knorpel. Insbesondere sind die

Grundsubstanzmoleküle in der Matrix betroffen (Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S. 672).

Die Grundsubstanz der Matrix hat ein enormes Wasserbindungsvermögen. Dadurch kann

Knorpelgewebe starke Kompressionsbelastungen absorbieren. Durch das perfekte

Zusammenspiel aller Komponenten des Knorpels wird ein optimales Verhältnis zwischen

Elastizität und Stabilität erreicht. Immobilisation führt jedoch zu einem Verlust von

Knorpelgewebe (Huber et al., 2000, S. 573-580).

Grundsätzlich stimuliert ein Belastungswechsel den piezoelektrischen Effekt im Knorpel

(Bassett & Pawluk, 1972), wodurch es zu Schwankungen der elektrischen Spannung im

Knorpel kommt. Der Transport von Sauerstoff und Nährstoffen durch den Knorpel wird

dadurch forciert, ebenso der Reiz für die Syntheseleistung der Knorpelzellen und die

Ausrichtung der kollagenen Moleküle und Fibrillen, wodurch wiederum ein optimales

Verhältnis von Stabilität und Elastizität erreicht wird. Eine Unterbelastung des Knorpels hat

sozusagen zur Folge, dass die Knorpelzellen zu wenig Syntheseaktivität entwickeln. Die

Folge ist mangelnder Flüssigkeitstransport, dadurch zu wenig Nährstoffe und dadurch

wiederum verminderte Synthese von Matrix und Grundsubstanz. Das führt auf Dauer zu

einem Verlust an Grundsubstanz und dass automatisch weniger Wasser innerhalb des

Knorpels gebunden werden kann. Die Verformbarkeit des Knorpels steigt durch die

Schädigung der einzelnen kollagenen Fibrillen (Van den Berg, 1999, S. 83-92).

An Weber-B- und Weber-C-Patienten wurde nach sechs Wochen Teilbelastung ein

Dickenverlust des Knorpels von 2,9 bis 6,6 Prozent gemessen. Dieser Dickenverlust ist

Page 41: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

34

weitgehend reversibel, eine komplette Resolution ist dennoch nicht zu erwarten (Ebelt-

Paprotny & Preis, 2008, S. 672).

Eine Schädigung des Gelenkknorpels nach einem Inversionstrauma kann letztendlich

aufgrund der Immobilisation nach dem Trauma entstehen. Man spricht dann von einer

Unterbelastungsarthrose. Diese ist in der Praxis die häufigere. Natürlich besteht auch die

Gefahr einer traumatischen Schädigung des Knorpels in Kombination mit einer erhöhten

Belastung auf den Knorpel. Diese wird als Überbelastungsarthrose bezeichnet.

Veränderungen des Gelenkknorpels in Form einer Arthrose sind röntgenologisch sehr gut

nachzuweisen. Man sieht deutlich eine Gelenkspaltverschmälerung am Röntgenbild. Ein

MRT gibt natürlich einen genaueren Einblick in das arthrotische Geschehen.

Abb. 21: Arthrose im OSG und USG

Die Kenntnisse der Physiologie und der Pathophysiologie des Gelenkknorpels sprechen

absolut für den sporttherapeutischen Effekt in der Behandlung des Gelenkknorpels mit

regelmäßiger Be- und Entlastung. Grundsätzlich geht es darum, die Erneuerung der

Grundsubstanz zu stimulieren, wobei der Turn-over von Hyaluronsäure cirka nur zwei bis vier

Tage beträgt. Hyaluronsäure ist ein Glykosaminoglykan, das der Wasserspeicherung,

Schmierung und Komprimierbarkeit des Gelenkknorpels dient. Der Neubau von anderen

sulfatierten Glykosaminoglykanen dauert durchschnittlich sieben bis zehn Tage. Hingegen

Page 42: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

35

verläuft der Turn-over von kollagenen Strukturen über einen sehr langen Zeitraum von bis zu

60 Jahren. Im Grunde haben alle physiologischen Bewegungen mit geringer Belastung einen

positiven Effekt auf den Gelenkknorpel. In der Sporttherapie kann man die

unterschiedlichsten Möglichkeiten nützen. Radfahren, Aquagymnastik, Gehen mit

anfänglicher Entlastung mit Stützkrücken, Bewegungsübungen im Sitzen oder anderen

Ausgangsstellungen mit Teilkörpergewicht. Der Fantasie und Kreativität in der

Übungsauswahl sind keine Grenzen gesetzt, solange die sanfte Belastung mit Entlastung

abwechselt. Parallel dazu können sich Pendelübungen äußerst positiv auf Entzündungen der

Gelenkskapsel auswirken. Diese fachsprachlich bezeichnete Synovitis entsteht oftmals direkt

durch den Verletzungsmechanismus nach einem Inversionstrauma oder durch eine

Gelenkknorpelschädigung danach. Eine Entzündung per se hat eine äußerst negative

Auswirkung auf den Gelenkknorpel und sollte so schnell als möglich behandelt werden. Von

sporttherapeutischer Seite sind schmerzfreie anguläre Bewegungen (Pendelbewegungen) die

Therapie der Wahl. Zusätzlich können sich physiotherapeutische Manualtechniken und

passive physikalische Therapie positiv auswirken, nicht zu vergessen ist eine medikamentöse

Behandlung (Van den Berg, 2001, 32-37).

5.2 Ligamentäre Komplikationen

Chronische Bandinstabilitäten des Sprunggelenks sind als Ursache für bestehende

Schmerzzustände nach Inversionstraumen bekannt.

5.2.1 Chronische Instabilität

Die allgemeine chronische Instabilität des Sprunggelenks zeichnet sich dadurch aus, dass das

Quer- und Längsgewölbe absinken oder dass es zu einer sogenannten Valgus- bzw.

Varusfehlstellung im Rückfuß kommt.

Page 43: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

36

Abb. 22: Pes varus

Der Pes varus zeigt eindeutig eine Achsenabweichung im Rückfuß, wobei die Ferse nach

innen geht. Meist ist diese Deformität schon bei einer Inspektion im Stand zu sehen.

Abb. 23: Pes valgus

Der Pes valgus zeigt eine Achsenabweichung der Ferse nach außen, was ebenso bei der

Inspektion von dorsal sofort auffällt.

Generell sollte man in der Sporttherapie Wert auf die Dokumentation dieser Deformitäten

legen und den Patienten auf eine eventuelle entlastende orthopädische Einlagenversorgung

aufmerksam machen. Statische Veränderungen in der gesamten Beinachse können als Folge

von einem Pes varus oder einem Pes valgus auftreten (Buckup & Buckup, 2012, S. 316-317).

Page 44: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

37

Es besteht die Möglichkeit Instabilitäten am Fuß mit der Neutral-0-Methode zu

dokumentieren. Diese Messung wird mittels eines Goniometers (Winkelmessgerät)

durchgeführt.

Abb. 24: Goniometer

Die Messungen sind einfach durchzuführen und bieten die Möglichkeit einer

Verlaufskontrolle bei der sportwissenschaftlichen Tätigkeit am Patienten. Für das OSG, USG

und für den Valgus- bzw. Varusknick gelten folgende Normwerte (Freiherr von Salis-Soglio,

2016, S. 47-51).

OSG DE/PF 20-30°/0°/40-50°

USG EV/IV 10°/0°/20°

Chopart- und Lisfrancgelenk PRON/SUP 20°/0°/40°

Valguswinkel Stellung des Rückfußes 0-6°

Tabelle 1: Normwerte der Gelenke am Fuß (Freiherr von Salis-Soglio, 2016, S. 47-51)

Die Abweichungen des Rückfußes von dorsal werden als Pes valgus (Valguswinkel über 6°)

und als Pes varus (Varusstellung über 0°) bezeichnet (Buckup & Buckup, 2012, S. 316-317).

5.2.2 Außenbandinstabilität des oberen Sprunggelenks

Durch zu kurze Ruhigstellung, durch unsachgemäße Vorgehensweise oder durch

Eigenverschulden des Patienten kann es zu einer chronischen Außenbandinsuffizienz nach

Inversionstraumen kommen. Der Patient empfindet Schmerzen sowie eine Gangunsicherheit

Page 45: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

38

mit Instabilitätsgefühl. Bis zu einem gewissen Grad tolerieren manche Patienten diesen

Zustand. Des Öfteren geben Patienten Folgetraumen in ihrer Anamnese an, die natürlich

abermals aufgrund der Instabilität passieren können. Die Häufigkeit des Umknickens und

kurze Abstände zwischen den einzelnen Ereignissen geben Hinweis auf eine ausgeprägte

chronische Instabilität (Wülker, 2015, S. 138-139).

Rein diagnostisch sollte ein MRT angeordnet werden, womit man eine Folgeruptur der

lateralen Bänder am äußeren Sprunggelenk ausschließen kann. Zusätzlich muss orthopädisch

die laterale Aufklappbarkeit überprüft werden, die durch die Laxität dieser Bänder zustande

kommt (Niethard, Pfeil & Biberthaler, 2014, S. 616).

Eine der Problematiken der Therapie besteht sicher darin, dass am Talus keine Muskeln

ansetzen. Das bedeutet, dass eine muskuläre Stabilisierung oder eine Verbesserung der

Funktion des Talus selbst durch Muskelzüge nicht möglich ist. Das OSG und USG bilden

somit eine funktionelle Einheit, die auch nur als Einheit stabilisiert werden kann (Aumüller et

al., 2014, S. 406).

Die sporttherapeutische Intervention in diesem Fall beinhaltet unter anderem das Training des

M. peroneus longus und brevis:

• M. peroneus longus: Seine Hauptfunktionen sind die PF und die PRON und er

unterstützt das Quergewölbe des Fußes, da er mit seiner Sehne um den lateralen Rand

des Os cuboideum zieht bis hin zum Os cuneiforme mediale und plantar an der Basis

des Os metatarsale I ansetzt. Gemeinsam mit der Sehne des M. peroneus brevis

verläuft er dorsal des Malleolus lateralis und dient daher der lateralen Stabilisation.

• M. peroneus brevis: Er ist quasi der kleine Unterstützer des M. peroneus longus, hat

jedoch seinen Ansatz schon an der Tuberositas ossis metatarsalis V. Seine

Hauptfunktionen sind daher die PF und die PRON (Fanghänel et al., 2009, S. 1153).

Der Patient sollte die Handhabung von Tapeverbänden lernen und im Alltag müssen spezielle

Stützbandagen getragen werden. Die näheren Beschreibungen der sporttherapeutischen

Interventionen bei Außenbandinstabilitäten werden in Kapitel sieben behandelt.

Jegliches Folgetrauma und jede Überlastung des Bandapparates sollten gebannt werden. Der

allerletzte Ausweg wäre der operative Eingriff einer Bandersatzplastik, wodurch eine passive

Stabilisierung des Gelenks erreicht wird (Niethard, Pfeil & Biberthaler, 2014, S. 616).

Wu et al. (2015, S. 92) führte eine morphologische Untersuchung der Mechanorezeptoren in

den Kollateralbändern des Sprunggelenks durch. Die strukturelle Stabilität der Knöchel ist

Page 46: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

39

abhängig von den Kollateralbändern und diese ist nach einem Inversionstrauma oftmals

gestört. Zudem sind die Ligamenta wichtige Sensoren für das Sprunggelenk, da sie eine Reihe

von Mechanorezeptoren besitzen, die die propriozeptive Steuerung innehaben. Nach einer

Zerrung, Teilruptur oder Ruptur der Bänder ist nicht nur der propriozeptive Informationsinput

gestört, sondern auch die generelle neuromuskuläre Koordination, was die sogenannte

funktionelle Instabilität zur Folge hat. Die Ergebnisse von Operationstechniken sind wenig

befriedigend, was das Stabilitätsgefühl am Sprunggelenk betrifft. Der Grund könnte sein, dass

die funktionelle Stabilität mehr als die mechanische Stabilität Ursache dieses Problems ist.

Die Studie beschäftigt sich mit den morphologischen Strukturen und der Aufteilung und

Anzahl von propriozeptiven Mechanorezeptoren in den lateralen Ligamenten des

menschlichen Sprunggelenks (Wu et al., 2015, S. 92).

Dazu wurden die Kollateralbänder von sechs frischen gefrorenen Leichen gewonnen, zwei

weibliche und vier männliche Leichen in einem Alter zwischen 21 und 45 Jahren.

Voraussetzung war, dass keine von den Probanden zu Lebzeiten ein Gelenkstrauma erlitten

hatte und keiner von einer Degeneration und/oder Erkrankung des Nervensystems betroffen

war. Der laterale Bandkomplex wurde zwölf Stunden, nachdem die Leichen aufgetaut waren,

entnommen, und zwar sehr nahe am Knochen am Ursprung und am Ansatz mit synovialem

Gewebe. Die Bänder wurden mit einem speziellen Verfahren präpariert und letztendlich

wurden 54 Schnitte vom Ligamentum talofibulare anterius, 108 Schnitte vom Ligamentum

calcaneofibulare und 90 Schnitte vom Ligamentum talofibulare posterius ausgewertet. Es

wurden jeweils 84 Schnitte aus dem distalen, medialen und proximalen Bereich herangezogen

und morphologisch unter dem Lichtmikroskop untersucht. Letztendlich wurden vier Arten

von Mechanorezeptoren in den lateralen Ligamenten gefunden:

• Ruffini-Körperchen (Typ I)

• Pacini-Körperchen (Typ II)

• Golgi-Sehnen-Organe (Typ III)

• Freie Nervenendigungen (Typ IV)

Die am häufigsten vorkommenden Mechanorezeptoren in allen Abschnitten waren die Pacini-

Körperchen. Sie zeigten sich im Elektronenmikroskop als dick myelinisierte, kegelförmige

Körper, die entweder einzeln oder in traubenförmigen Clustern von mindestens zehn

Körperchen vorkamen. In die Pacini-Körperchen hineinragend waren axonale Fasern mit

einem Durchmesser von fünf bis zehn Mikrometern zu sehen. Alle Pacini-Körperchen hatten

eine parallele Ausrichtung zu den kollagenen Fasern der Ligamenta. Im synovialen Gewebe

Page 47: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

40

und in den Enden der Kollateralbänder wurden am meisten Pacini-Körperchen gezählt.

Zudem konnte man begleitend Gefäß- und Nervenbündel identifizieren.

Die wesentliche Funktion der Pacini-Körperchen ist morphologisch bewiesen, was so viel

heißt, dass die vorrangige Funktion der lateralen Ligamenta darin besteht, die positiven und

negativen Beschleunigungen zu registrieren und wahrzunehmen (Wu et al., 2015, S. 92).

5.3 Myofasziale Komplikationen

Myofasziale Pathologien äußern sich topographisch meistens als undifferenzierte Schmerzen

im Bereich des betroffenen Verletzungsgebietes, entweder punktuell als aktive Triggerpunkte

oder in einem ausstrahlenden Areal. Die Schmerzwahrnehmung für myofasziale

Komplikationen ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Um eine Fasziendehnung und die

Behandlung von Triggerpunkten verstehen zu können, sollte man die anatomischen

Strukturen und die Lokalisation derjenigen genauestens kennen.

Im Bereich des Unterschenkels wird die Faszie anatomisch in drei Lagen eingeteilt:

• Die oberflächliche Faszie wird in das oberflächliche Fettgewebe, Fascia superficialis

(membranöse Zwischenschicht), und tiefes Fettgewebe unterteilt.

• Die tiefe Faszie ist sehr beweglich gegenüber der oberflächlichen und der

darunterliegenden Muskulatur.

• Zwischen der tiefen Faszie und dem Epimysium liegt ein ununterbrochener

Verschiebespalt mit einer gelatineartigen Substanz, der die Gleitbewegung unterstützt.

Die tiefe Beinfaszie des Unterschenkels wird als Fascia cruris bezeichnet und ist eigentlich

eine Fortsetzung der Fascia lata des Oberschenkels. Die Fascia cruris ist durchschnittlich 700

Mikrometer bis ein Millimeter dick, wobei die Stärke normalerweise vom Knie bis zum

Sprunggelenk abnimmt. Sie wird von zusätzlichen Faserzügen und Retinacula verstärkt, die in

unterschiedliche Richtungen verlaufen. Einige Muskeln des Unterschenkels haben ihren

Ursprung an der Fascia cruris und am Septum intermusculare (Stecco et al., 2009, S. 523-

529).

Page 48: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

41

Abb. 25: Fascia cruris

Stecco et al. (2013, S. 561-572) untersuchte in einer Studie radiologisch die Dicke der Faszien

im Bereich des Unterschenkels. An 60 Probanden, 30 Personen mit Tendopathie der

Achillessehne und 30 Personen ohne Tendopathie, wurde die Dicke der cruralen Faszie auf

derselben Höhe gemessen. Grundsätzlich zeigten die MRT-Bilder, dass die Cruralfaszie und

das Paratenon klar abtrennbar vom subkutanen Gewebe waren. Die Dicke der Cruralfaszie

betrug bei Patienten mit einer Tendopathie 1,3 Millimeter, bei gesunden Probanden jedoch

nur 1,11 Millimeter, was statistisch einen signifikanten Unterschied darstellt (Stecco et al.,

2013, S. 561-572). Diese Studie zeigt sehr deutlich, dass eine Pathologie am Fuß

beziehungsweise Unterschenkel eine Auswirkung auf die Faszien der unteren Extremität hat.

5.3.1 Myofasziale Triggerpunkte

Beim Großteil der Patienten lassen sich myofasziale Triggerpunkte palpatorisch nachweisen.

Ursachen für Triggerpunkte können Traumen sein, oder daraus entstehende chronische

Pathologien und Schmerzgeschehen im Gewebe. Die Gründe für diese Triggerpunkte sind

mittlerweile pathophysiologisch erklärbar und nachweisbar. Es entsteht eine lokale Hypoxie

mit einer Bindegewebsverkürzung und zwischen den kollagenen Fasern kommt es zu einer

Ausbildung von pathologischen Crosslinks. Die Patienten leiden unter strangförmigen oder

punktuellen Verhärtungen im Muskelgewebe, die wiederum zu Durchblutungs- und

Sensibilitätsstörungen führen können. Zudem kann es zu Nerven- und Gefäßkompressionen

kommen. Bewegungs- und Koordinationsstörungen gehören ebenso zu den möglichen

Folgeerscheinungen (Schleip et al., 2014, S. 139).

Page 49: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

42

Die topographische Lage von Triggerpunkten nach Inversionstraumen sowie die

sporttherapeutischen Behandlungsverfahren werden in Kapitel sieben genau erklärt.

5.3.2 Faszitis plantaris

Eine Faszitis plantaris ist eine sehr häufige myofasziale Pathologie im Bereich des Fußes. Die

betroffene anatomische Struktur ist die Plantaraponeurose. Sie liegt als tiefe Faszie im

Bereich der Fußsohle und entspringt am Tuber calcaneum. Topographisch dient sie hier unter

anderem dem M. flexor digitorum brevis als Ursprungsort. Ihr Ansatz befindet sich distal mit

mehreren Ausläufern an der plantaren Fläche des Vorfußes. Hier hat sie auch Kontakt mit

mehreren Muskelsepten. Die Plantaraponeurose überspannt das innere und äußere

Längsgewölbe des menschlichen Fußes (Schleip et al., 2014, S. 188).

Abb. 26: Plantaraponeurose

Viele Patienten nach Inversionstraumen klagen über Schmerzen im medialen Bereich der

Fußsohle. Die Beschwerden treten am Morgen auf oder nach längeren Ruhephasen, wenn es

danach wieder zu einer Gewichtsbelastung auf den Fuß kommt. Die Schmerzen nehmen dann

im Laufe der Bewegung wieder ab. Eine Faszitis plantaris entwickelt sich allmählich.

Die einzigen zuverlässigen diagnostischen Verfahren sind das MRT und die Sonografie. Eine

ausgeprägte Degeneration von kollagenem Gewebe wird dabei nachgewiesen. Diese kommt

durch eine fasziale und neuromuskuläre Störung zustande, aufgrund von unphysiologischen

Belastungen. Überschreiten die ungewohnten Belastungen, die zum Beispiel aufgrund einer

Instabilität am Fuß zustande kommen, eine gewisse Belastungsschwelle, kommt es zu

Page 50: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

43

Umbauvorgängen und nachfolgenden degenerativen Veränderungen in der Plantaraponeurose.

In den meisten Fällen kommt es zu einer Schmerzabnahme nach sechs bis achtzehn Monaten,

wenn konsequente konservative therapeutische Interventionen betrieben werden (Schleip et

al., 2014, S. 189-194). Die Möglichkeiten der sporttherapeutischen Intervention werden im

Kapitel sieben zusammengefasst.

5.4 Tendinöse Komplikationen

Unter einer Tendopathie oder Tendinose versteht man schmerzhafte Veränderungen einer

Sehne, aber auch an Kapseln und Bandansätzen, die jedoch keine akute entzündliche Ursache

aufweisen. Es ist eine degenerative Sehnenerkrankung, bei der Blutgefäße und Nerven in die

betroffene Struktur einwachsen und mit der Zeit Schmerzen verursachen. Im Grunde können

alle Sehnen und Sehnenansätze erkranken. Die Ursache für Tendopathien sind lokale

chronische Überlastungen, die aufgrund von permanenten gleichförmigen Fehlbelastungen

eventuell nach Traumen oder bei biomechanischen Störungen auftreten. Die dadurch

entstehenden Mikrotraumen im Gewebe verursachen die Schmerzempfindung an der

betroffenen Stelle. Die konsequente Durchführung exzentrischer Trainingsprogramme über

einen längeren Zeitraum zeigt sehr gute Erfolge (Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S. 503).

Stecco et al. (2013, S. 561-572) stellte die Analyse des paratendinösen Gewebes aus

makroskopischer, mikroskopischer und radiologischer Sicht in den Mittelpunkt seiner Studie.

In der Pathogenese von Tendopathien sollte dadurch ein besseres Verständnis für die Rolle

des Paratenon gewonnen werden. Das Paratenon wird im Deutschen als Sehnengleitgewebe

bezeichnet. Es liegt zwischen der Sehne und seiner Umhüllung und besteht aus einer

fetthaltigen und synovialen Substanz. Bei chronischen Tendopathien kommt es im Paratenon

zu krankhaften Veränderungen, wie Verdickung und Entzündung. Sowohl die chronischen

Schmerzen des Patienten an der betroffenen Struktur als auch die degenerativen Prozesse an

der Sehne können als Konsequenz des schlechteren Gleitens zwischen den Schichten des

Paratenons und einer verminderten Versorgung durch das Paratenon auftreten.

Zusammenfassend ergaben die Untersuchungen, dass das Paratenon bei einer Tendopathie auf

jeden Fall mitbetroffen ist. Es wurden MRT-Bilder von insgesamt 60 Personen analysiert, 30

Personen (21 Männer und neun Frauen mit einem Durchschnittsalter von 42 Jahren) mit einer

Tendopathie und 30 Personen (23 Männer und sieben Frauen mit einem Durchschnittsalter

von 39 Jahren) ohne Tendopathie, die als Kontrollgruppe dienten. Die Ergebnisse der

Untersuchung zeigten, dass eine gesunde Sehne eine durchschnittliche Oberfläche von 63,2

Quadratmillimetern aufwies, eine Sehne mit einer Tendopathie jedoch eine Oberfläche von

Page 51: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

44

durchschnittlich 97,65 Quadratmillimeter. Die Dicke des Paratenons betrug bei den Patienten

mit einer Tendopathie 1,34 Millimetern und bei den Kontrollprobanden nur 0,85 Millimeter.

Die Unterschiede beider Messungen waren statistisch signifikant.

Diese Studie zeigt sehr deutlich, dass das Paratenon, entweder als Ursache oder

Begleiterscheinung, bei einer Tendopathie mitbetroffen ist. Dies sollte man bedenken, wenn

man Patienten ein exzentrisches Trainingsprogramm empfiehlt. Eine eventuelle

Beschwerdezunahme könnte dabei auftreten aufgrund der Tatsache, dass das Training im

Dehnungsbereich zu einer zusätzlichen Ischämie des Paratenons führt. Das Paratenon hat die

wichtige Funktion der Ernährung der Sehne und ist daher auch sehr gut innerviert und

vaskularisiert. Die gesunde Sehne, im Gegensatz dazu, ist normalerweise nicht innerviert, bis

auf Mechanorezeptoren im Muskel-Sehnen-Übergang (Stecco et al., 2013, S. 561-572).

Man unterscheidet generell von der Klinik her sechs Stadien einer Tendopathie, über die man

in der Sportwissenschaft genau informiert sein sollte, denn danach kann man den

Schweregrad der Tendinose sehr gut einschätzen und das Training danach ausrichten:

• Stadium 1: leichte Schmerzen nach stärkeren Belastungen im Sport/Arbeit, die einige

Stunden nach der Aktivität wieder von selbst verschwinden. Die

Funktionsuntersuchung ergibt beim Widerstandstest einen leichten Schmerz,

manchmal nur einen Loslassschmerz. In diesem Stadium werden noch die besten

therapeutischen Ergebnisse erzielt.

• Stadium 2: mäßige Schmerzen zu Beginn einer Tätigkeit oder Sportausübung, die sich

während der Belastung verflüchtigen, jedoch nach der Betätigung wieder auftreten und

einige Stunden bestehen bleiben. Der Widerstandstest ist eindeutig positiv, eventuell

ist der Schmerz bei einer Dehnung der Sehne zu provozieren.

• Stadium 3: Schmerzen zu Beginn, während und nach einer sportlichen

Aktivität/Arbeit, die manchmal sogar tagelang als dumpfe oder ziehende Schmerzen

für den Patienten wahrnehmbar sind. Es besteht noch keine Leistungseinbuße.

• Stadium 4: Die Schmerzen sind während der Sportausübung/Arbeit so stark, dass es zu

einer Leistungsbeeinträchtigung kommt. Der Schmerz kann in Ruhe einige Tage

anhalten.

• Stadium 5: Die Schmerzen bleiben generell anhaltend bestehen, auch in Ruhe.

• Stadium 6: Ruptur der Sehne und gestörte Funktion. Eine Sehnenruptur kann auch

plötzlich ohne ein vorangehendes Beschwerdebild auftreten (Van den Berg, 2001, S.

175).

Page 52: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

45

5.4.1 Chronische Tendopathie der Achillessehne

Abb. 27: Achillodynie

Eine in der Sportmedizin sehr häufig auftretende Pathologie ist die chronische Tendopathie

der Achillessehne. Athleten unterschiedlicher Sportarten leiden an diesem oft lang

andauernden Schmerzgeschehen und nicht selten findet man in der Anamnese dieser Patienten

ein Inversionstrauma. Biomechanische Fehlstellungen am Fuß können die chronische

Überlastung der Sehne provozieren.

Leider ist es meist der Fall, dass beim erstmaligen Auftreten des Schmerzes der Patient

versucht, sich selbst zu therapieren. Eine kurze Sportpause wird eingelegt, die Schmerzstelle

wird ein paarmal mit diversen Salben eingecremt und einfach mit weniger Intensität weiter

trainiert. Der Schmerz ist anfangs zu wenig heftig, sodass man nicht gleich den Arzt aufsucht.

Vor allem ist das Schmerzgeschehen meist intermittierend. Manchmal nur am Beginn des

Trainings oder danach. Der Patient sucht erst dann Hilfe, wenn die Schmerzintensität heftiger

und der Schmerzumfang größer geworden sind. Die Patienten gehen gewöhnlich erst im

dritten Stadium einer Tendopathie zum Arzt oder zur Therapie. Das bedeutet, der Schmerz

kommt im Laufe der Belastung und dauert danach noch an. Eine Leistungsbeeinträchtigung

steht noch nicht im Vordergrund.

Genau das ist der Grund dafür, dass chronische Tendopathien der Achillessehne wirklich sehr

schwer in den Griff zu bekommen sind. Die Erkrankung der Sehne ist fortgeschritten, das

Page 53: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

46

Kollagen degenerativ verändert. Nur konsequentes Üben und Therapieren und die richtige

Übungsauswahl bringen einen nachhaltigen Erfolg.

Eine sehr wirksame Trainingsmethode für degenerativ veränderte Sehnen ist das

Exzentriktraining. Die Durchführung dieses Trainings ist einfach erklärt und wird im Kapitel

sieben näher erläutert.

Van der Plas et al. (2012, S. 214-218) führte eine fünfjährige Langzeitstudie an 47 Patienten

(59 Sehnen – zwölf bilateral und 35 unilateral) mit Verlaufskontrolle durch für Patienten mit

chronischer Achillestendopathie im mittleren Sehnenabschnitt. Die Beurteilung erfolgte

mittels eines VISA-A-Score-Fragebogens (Victorian Institute of Sports Assessment-Achilles

questionaire; zitiert in Van der Plas et al., 2012), ein validierter Fragebogen mit einer

Bewertungsskala, womit die Stärke der Pathologie bestimmt werden kann. Es wurden

wesentliche Fakten erhoben:

• Schmerzstatus (schmerzfrei, nicht schmerzfrei)

• Zustand der nicht beteiligten Sehne (betroffen, nicht betroffen)

• Subjektive Patientenzufriedenheit (schlecht, mäßig, gut, exzellent)

• Alternative Behandlungsmethoden (ja, nein)

• Weiterführung des Exzentriktrainings (ja, nein)

Aus dieser Studie geht hervor, dass eine Verbesserung der Schmerzsymptome durch

Exzentriktraining erwartet werden kann (Van der Plas et al., 2012, S. 214-218).

Zudem wurde der positive Effekt des Exzentriktrainings in diversen Kurzzeitstudien belegt.

Knobloch et al. (2010, S. 648-655) behandelt in seiner Studie die geschlechtsspezifischen

Unterschiede des Exzentriktrainings bei Achillestendopathie im mittleren Sehnenabschnitt.

Die Patientengruppe bestand aus 75 Personen (31 Frauen und 44 Männer). Die Patienten

mussten zweimal täglich exzentrische Übungen (dreimal 15 Wiederholungen) nach Alfrdson,

genauso wie in der füheren Studie beschrieben, absolvieren. Nach zwölf Wochen konnten 63

Patienten (25 Frauen und 38 Männer) analysiert werden. Zwölf Patienten schieden vorzeitig

aus unterschiedlichen Gründen aus. Das Ergebnis zeigte, dass es bei 44 Prozent der Männer

und bei 27 Prozent der Frauen zu einer signifikanten Reduzierung der morgendlichen

Ruheschmerzen kam. Die Schmerzabnahme war bei den Männern signifikant größer als bei

den Frauen (Knobloch et al., 2010, S. 648-655).

Page 54: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

47

Knobloch (2007, S. 1-5) untersuchte sehr genau die Auswirkungen des exzentrischen

Trainings auf die Mikrozirkulation der Achillessehne. 59 Patienten mit 64 symptomatischen

Achillodynien wurden dafür herangezogen. Davon hatten 54 eine chronische Tendopathie im

mittleren Sehnenabschnitt und zehn eine chronische Insertionstendopathie der Achillessehne.

Die Untersuchung wurde an vier eindeutigen und genau festgesetzten Positionen an der Sehne

(proximaler mittlerer Sehnenabschnitt bis Insertion) gemacht, mittels eines Laser Doppler

Gerätes. Der kapilläre Blutfluss, die Sauerstoffsättigung des Gewebes und der postkapilläre

venöse Fülldruck wurden gemessen. Nach einem zwölfwöchigen exzentrischen Training für

die Achillessehne (dreimal 15 Wiederholungen pro Tag und pro Sehne) wurden die

Messungen wiederholt:

• Der kapilläre Blutfluss reduzierte sich signifikant an der Insertion (35 Prozent,

p=0,008), im distalen mittleren Sehnenabschnitt (45 Prozent, p=0,015), in zwei

Millimeter Gewebstiefe (22 Prozent, p=0,007) und in acht Millimeter Gewebstiefe

(13%, p=0,122).

• Die Sauerstoffsättigung des Gewebes reduzierte sich nach zwölf Wochen

Exzentriktraining nicht.

• Der postkapilläre Fülldruck reduzierte sich signifikant an allen vier gemessenen

Stellen (Knobloch, 2007, S. 1-5).

Tägliches Exzentriktraining ist eine sichere und gute Maßnahme mit einem günstigen Effekt

auf die Mikrozirkulation der Achillessehne.

Stevens et al. (2014, 59-67) untersuchte die Wirksamkeit eines sechswöchigen exzentrischen

Übungsprogrammes bei chronischer Achillestendopathie und stellte es dem zwölfwöchigen

Training nach Alfredson (1998) gegenüber. Insgesamt wurden 28 Probanden in dieser Studie

untersucht. 15 Personen absolvierten das Standardprogramm nach Alfredson (1998), 13

Personen die tolerante Variante. Das Training wurde sechs Wochen lang eigentlich auf

gleichem Niveau angestrebt. Je nach Empfinden und Schmerzzustand durfte diese Gruppe die

Wiederholungszahl der Übungen minimieren. Zur Beurteilung der Studie verwendete man

den VISA-A-Score-Fragebogen (Victorian Institute of Sport Assessment-Achilles; zitiert in

Stevens et al., 2014). Beide Überprüfungen absolvierten die Probanden zu Beginn der Studie

und nach drei und sechs Wochen. Das Ergebnis der Studie war eindeutig. Die Verbesserung

der Schmerzsymptomatik bei Patienten mit chronischer Achillestendopathie im mittleren

Sehnenabschnitt zeigte schon nach sechs Wochen einen nachhaltigen Erfolg (Stevens et al.,

2014, 59-67).

Page 55: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

48

Miners & Bougie (2011, S. 269-279) untersuchten die Wirkung von diversen physikalischen

aktiven und passiven Therapieverfahren auf die chronische Achillestendopathie. Konkret

wurden aktive und passive Behandlungen zur Gewebserwärmung angewendet, Gastron

Technique, ART (active release technique), Exzentriktraining und Kryotherapie. All diese

konservativen Therapiemethoden, die in einem Zeitraum zwischen zwölf Wochen und einem

Jahr angewendet wurden, brachten einen nachhaltigen Erfolg bei chronischer

Achillestendopathie (Miners & Bougie, 2011, S. 269-279).

Die Ergebnisse dieser Studien bieten eine gute Grundlage bei der alltäglichen Arbeit im

Sporttherapiebereich. Eine umfassende und richtige Aufklärung zu Beginn der Therapie hat

am Ende den Sinn, dass Patienten mit chronischer Achillestendopathie zufrieden sind; auch

wenn der Schmerz noch eine Zeit lang bestehen bleibt. Denn in der Therapie mit Patienten

sieht man immer wieder, dass trotz intensiven und konsequenten Übens immer wieder noch

Restsymptomatiken bleiben.

Page 56: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

49

6 Procedere für die sporttherapeutische Befunderhebung

Nachdem ich im Kapitel vier und fünf die wichtigsten pathologischen Schmerzzustände und

Komplikationen nach einem Inversionstrauma behandelt habe, soll nun die Erklärung zur

Befunderhebung am Patienten erfolgen. Darauf aufbauend werden Möglichkeiten der

Sporttherapie angeführt, die man in der Therapieplanung am Patienten anwenden kann und

die sich in der Praxis bewährt haben. Anschließend sollen konkrete Patientenbeispiele dazu

dienen, die Vorgehensweise in der Sporttherapie noch näher zu erläutern.

Die Befundung in der Sporttherapie, um einen sinnvollen Plan der Therapie erstellen zu

können, kann bei jedem Patienten sehr ähnlich verlaufen. Sehr wichtig sind dabei eine

individuelle Patientenanamnese, eine sehr genaue Schmerzanamnese, eine Inspektion und

eine anschließende Funktionsüberprüfung und Schmerzpalpation des Fußes und

Unterschenkels.

Die Schmerzanamnese soll den Vorgang der traumatischen Verletzung, die

Schmerzentwicklung, die Schmerzlokalisation und eventuelle Ausstrahlungen, den

Schmerzcharakter (z. B. brennend, stumpf, ständig, unterbrochen, Nachtschmerz,

Morgenschmerz) und die Schmerzstärke (leicht, mittel, stark) beinhalten. Der momentane

Zustand des Fußes und derzeitige Symptome, wie Schwellungen, erhöhte Hauttemperatur,

Gefühl der Steifigkeit und Taubheit, Schwäche und Instabilität, Fußdeformitäten und

Einlagenversorgung beziehungsweise das Tragen einer Stabilisationsschiene werden ebenso

notiert.

Bildgebende Verfahren, wie Röntgen, Ultraschall oder MRT werden in der Anamnese

dokumentiert und für die Befundung herangezogen.

Anschließend sollte eine genaue Inspektion am unbelasteten Fuß in Rückenlage und am

belasteten Fuß, sowohl einbeinig als auch beidbeinig, erfolgen. Am unbelasteten Fuß

inspiziert man generelle und örtliche Schwellungen sowie Rötungen, die Zeichen von

Entzündungen sein können. Kallusbildungen plantar oder an der Dorsalseite der Zehen sind

oft Zeichen von großen Scherkräften. Diese Abnormitäten beobachten die Patienten häufig

selbst und können natürlich auch schon vor dem Inversionstrauma aufgetreten sein. Zudem

muss das Schuhwerk des Patienten zur Inspektion herangezogen werden. Einseitig abgenützte

Schuhsohlen oder sogar Verformungen von permanent getragenen Schuhen sind ebenso

wichtige Hinweise für Fehlbelastungen am Fuß. Diverse Fehlstellungen, wie Pes valgus und

Pes varus, abgesunkenes Quer- oder Längsgewölbe sind durch einen genauen Sichtbefund

Page 57: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

50

sehr gut zu befunden. Das Abrollverhalten des Fußes im Gang soll im Vergleich zum

gesunden Fuß beurteilt werden (Alexander, 1991, S. 13 ff.).

Die Funktionsüberprüfung beinhaltet passive und aktive Beweglichkeitstests, den im Kapitel

3.1 beschriebenen Talar Tilt Test und den Anterior Drawer Test, sowie Widerstandstests für

diverse Muskeln. Diese Widerstandstests können nach der klassischen

Muskelfunktionsprüfung durchgeführt werden. Die artikuläre Beweglichkeit sollte überprüft

werden und es besteht die Möglichkeit das aktive Bewegungsausmaß mit der im Kapitel 5.2.1

beschriebenen Neutral-0-Methode zu dokumentieren.

Eine differenzierte Schmerzpalpation des Fußes ist notwendig, um das Beschwerdebild des

Patienten so genau wie möglich zu dokumentieren.

Als Hilfestellung für eine sporttherapeutische Befunderhebung am Fuß nach einem

Inversionstrauma soll folgender Leitfaden dienen:

1. Patientenanamnese

• Name, Geburtsdatum, Adresse, Telefonnummer, E-Mail, behandelnder Arzt.

• Beruf und derzeitige Hobbys.

• Beschreibung des Unfallhergangs.

• Erhebung der Krankengeschichte.

• Wann beziehungsweise wie oft fand ein Umknickmanöver statt?

• Wie wurde die Verletzung bis jetzt therapiert?

• Bildgebende Verfahren (Röntgen, MRT, Ultraschall)?

2. Schmerzanamnese

• Wo ist der Schmerz?

• Wie ist der Schmerz (brennend, dumpf)?

• Wann tritt der Schmerz auf?

• Nachtschmerz?

• Morgenschmerz?

• Belastungsschmerz?

• Ruheschmerz?

• Schmerzstärke (leicht, mittel, stark)?

• Steifigkeitsgefühl?

Page 58: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

51

• Taubheit?

• Schwäche?

• Instabilitätsgefühl?

3. Inspektion

• Schwellungen?

• Hämatome?

• Rötungen?

• Fußfehlstellungen (Pes valgus, Pes varus, abgesunkenes Quer-,

Längsgewölbe)?

• Kallusbildungen?

• Einseitige Abnützung auf der Schuhsohle?

• Einlagenversorgung?

• Stützkrücken?

• Stabilisationsschiene?

(Ebelt-Paprotny, 2008, S. 10-20).

4. Funktionsüberprüfung

• Talar Tilt Test

• Anterior Drawer Test

• Ist der Rückfuß/Calcaneus stabil?

• Artikuläre Beweglichkeit im Mittelfuß?

• Beweglichkeit der Großzehe?

• Zehenbeweglichkeit II bis V?

• Abrollverhalten im Gang?

• Hyperpronation in der frühen Standbeinphase (Einknicken nach innen)?

• Hypersupination in der späten Abrollphase (Wegkippen nach außen)?

(Arndt et al., 2007, S. 2672-2678; Lundgren et al., 2008, S. 93-100).

• Muskelfunktionsprüfung nach Hislop und Montgomery (2000) diverser Fuß-

und Unterschenkelmuskeln und Bestimmung des Muskelstatus in sechs

Kraftgraden (5 bis 0).

Muskelstatus 5: normal; der Muskel kann die volle Kraft über den gesamten

Bewegungsweg bei submaximalem Widerstand des Therapeuten entwickeln.

Page 59: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

52

Die Bewegungsausführung erfolgt gegen die Eigenschwere des Körperteils, der

getestet wird.

Muskelstatus 4: gut; 75 Prozent von Muskelstatus 5; die Testung erfolgt über

den gesamten Bewegungsweg gegen die Eigenschwere des Körperteils gegen

einen gemäßigten Widerstand.

Muskelstatus 3: schwach; 50 Prozent von Muskelstatus 5; die Testung erfolgt

über den gesamten Bewegungsweg gegen die Eigenschwere des Körperteils,

jedoch ohne Widerstand des Therapeuten.

Muskelstatus 2: sehr schwach; 25 Prozent von Muskelstatus 5; die Testung

erfolgt hubfrei ohne Widerstand des Therapeuten.

Muskelstatus 1: Anspannung ist fast nicht zu erkennen; 10 Prozent von

Muskelstatus 5; es ist nur noch eine leichte Kontraktion des Muskels zu tasten.

Die Muskelkraft reicht nicht mehr aus, um eine Bewegung herbeizuführen.

Muskelstatus 0: Funktionsausfall; keine Muskelkontraktion und kein

Bewegungsweg sind sicht- oder tastbar. (Valerius et al., 2002, S. 7).

Die Muskelfunktionsprüfung ist für den Sporttherapeuten ein wichtiger Teil der Befundung.

Die Erklärung der Durchführung der einzelnen Tests würde den Rahmen dieser Masterarbeit

sprengen. Eine sehr empfehlenswerte Literatur dazu ist Valerius et al., (2002). Das

Muskelbuch. Funktionelle Darstellung der Muskeln des Bewegungsapparates.

Die wichtigsten Muskeln, die man nach einem Inversionstrauma prüfen sollte sind:

• M. gastrocnemius

• M. soleus

• M. tibialis posterior

• M. tibialis anterior

• Mm. peronei (longus und brevis)

• M. extensor hallucis longus

• M. extensor hallucis brevis

• M. extensor digitorum longus

• M. extensor digitorum brevis

Page 60: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

53

• M. flexor hallucis longus

• M. flexor hallucis brevis

• M. flexor digitorum longus

• M. flexor digitorum brevis

In der Sporttherapie und Rehabilitation hat jeder dieser Muskeln eine wichtige Funktion zu

erfüllen, vor allem bleibt es meistens ungeklärt, ob auch nicht kleinste muskuläre oder sehnige

Verletzungen in der Muskulatur vorliegen. Funktionsausfälle, bedingt durch das Trauma

selbst oder durch die Immobilisation, sollen damit sofort erkannt und in die Rehabilitation

eingebaut werden.

5. Schmerzpalpation

• Schmerzpalpation im Bereich des Malleolus lateralis am Ligamentum

talofibulare anterius, Ligamentum calcaneofibulare, Ligamentum talofibulare

posterius.

• Schmerzpalpation im Bereich des Malleolus medialis.

• Schmerzpalpation im Bereich der Achillessehne.

• Palpation der Plantarfaszie.

• Palpation diverser Triggerpunkte und ihrer ausstrahlenden Areale.

Der „Schlüssel zum Erfolg“ in der Therapie und Rehabilitation nach einem Inversionstrauma

ist eine aufwändige Befunderhebung. Es ist sehr ratsam am Beginn der Therapie den

Patienten so genau als möglich zu befragen und zu testen. Die Befundung kann natürlich

jederzeit im Laufe der Therapie ergänzt werden. Es ist auch nicht immer möglich, die gesamte

Befunderhebung durchzuführen, da es sehr davon abhängt, wie schmerzhaft und wie belastbar

der Fuß des Patienten ist. Häufig kommen Patienten ohne eine genaue ärztliche Diagnose zum

Sporttherapeuten. Auch wenn sogar ein MRT gemacht worden ist, zeigt dieses noch lange

nicht, welche therapeutische Vorgehensweise indiziert ist (Bant et al., 2011, S. 523 ff.).

Danach legt der Sporttherapeut seine Arbeitsdiagnose fest und klärt den Patienten sehr genau

über den Plan der Therapie auf. Er definiert verbal das, was der Patient in Zukunft in Bezug

auf seine Pathologie am Fuß beachten muss, und beschreibt, welche Übungen sehr regelmäßig

gemacht werden sollten. Exakte therapeutische Vorgaben bewähren sich in der Praxis, denn

ohne das Zutun des Patienten ist eine sporttherapeutische Intervention unmöglich.

Page 61: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

54

7 Plan der Therapie

Die vorangehende sporttherapeutische Befunderhebung soll dazu dienen, für einen Patienten

nach einem Inversionstrauma einen gezielten Plan der Therapie zu erstellen. Der

Sporttherapeut gestaltet darauf aufbauend den weiteren Rehabilitationsverlauf für den

Patienten.

7.1 Sporttherapeutische Interventionen im akuten/subakuten Stadium

Im akuten beziehungsweise subakuten Stadium, das bis zu drei Monate definiert wird, ist die

Zusammenarbeit von Arzt, Sportwissenschaftler und Physiotherapeut von großer Bedeutung.

Im Folgenden werden die wichtigsten Therapieformen vorgestellt.

7.1.1 Stabilisierende Orthesen

Eine sehr häufig auftretende Komplikation nach Inversionstraumen sind Instabilitäten des

OSG, des USG, des Chopart-Gelenks oder des Lisfranc-Gelenks. Dafür sind

Stabilisationsschienen die Therapie der Wahl (Rüther et al., 2014, S. 302). Ebenso benötigen

Patienten mit einer Verletzung der Syndesmose eine dementsprechende Orthese. Die Stabilität

dieser Gelenke wird vorrangig vom Kapsel-Band-Apparat und Sehnenapparat gewährleistet,

die muskulären Stabilisationsmöglichkeiten wirken unterstützend. Aus diesem Grund müssen

stabilisierende Orthesen so bald als möglich getragen werden. Natürlich steht primär die

Heilung der verletzten Bandstrukturen im Vordergrund. Abhängig vom Ausmaß der

Instabilität müssen die Orthesen dementsprechend untertags, aber auch in der Nacht getragen

werden. Das Ziel ist die Anpassung von kollagenen Strukturen in Verkürzung. Nach

Inversionstraumen ist es unbedingt notwendig den Malleolus lateralis zu stabilisieren, die

Inversionsbewegung und die Bewegung in die Plantarflexion müssen vorerst vermieden

werden, damit die betroffenen Ligamenta in geeigneter Länge heilen können. Dem

Talusvorschub und der laterale Aufklappbarkeit versucht man mit speziellen Zügeln an der

Orthese entgegenzuwirken. Wichtig ist es, die Orthese möglichst immer zu tragen, auch

nachts, da es gerade im Schlaf zu ungeeigneten Positionen am Sprunggelenk kommen kann.

Wird diese Phase der Ruhigstellung nicht eingehalten, können lebenslange Instabilitäten

daraus entstehen (Rüther et al., 2014, S. 302). Je nach Diagnose und Befunderhebung wird

dem Patienten eine geeignete Orthese verordnet.

Eine Orthese nach Inversionstraumen sollte vor allem das OSG und USG stabilisieren und

zusätzlich die laterale Aufklappbarkeit und den Talusvorschub verhindern.

Page 62: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

55

Abb. 28: Orthese nach lateraler Bandruptur

Nach einer Syndesmoseverletzung ist primär darauf Wert zu legen, dass die Malleolengabel

von medial und lateral unterstützt wird. Die Orthese hat die Funktion einer Spange um den

Knöchel, wodurch der Bandapparat der Syndesmose in geeigneter Länge heilen kann.

Abb. 29: Orthese nach Syndesmoseverletzung

Die Art der Orthese muss speziell an den Patientenfuß angepasst werden und richtet sich nach

der Verletzung und nach dem Schweregrad des Traumas. Im Akutstadium ist es wirklich zu

Page 63: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

56

empfehlen, sich für eine sehr stabile Orthese zu entscheiden, die auch wirklich eine

Ruhigstellung in den betroffenen Strukturen bewirkt. Es gibt zahlreiche Modelle von

unterschiedlichen Marken. Der Patient sollte seine Führungsschiene immer probieren, Ziel ist

eine genaue und exakte Passform am Patientenfuß.

7.1.2 Kryotherapie

Als Kryotherapie bezeichnet man diverse Arten von Kaltanwendungen, wie Coolbags und

kalte Wickel, die zur Entzündungshemmung und Schmerztherapie eingesetzt werden. Da es

nach Inversionstraumen häufig über einen längeren Zeitraum zu Schwellungen am Malleolus

lateralis und zu Hämatomen kommt, ist die Kryotherapie sicherlich eine hilfreiche

Therapieform für zu Hause. Es ist sinnvoll, den Patienten über die Wirkungsweise von

Kaltanwendungen und deren Auswirkungen aufzuklären.

Abb. 30: Coolbag

Der physiologische Hintergrund der Eistherapie im Akutstadium bei kurzzeitiger Anwendung

ist jener, dass die Durchblutung im Schwellungs- und Verletzungsgebiet gedrosselt wird, es

kommt zu einer Vasokonstriktion der Gefäße. Dadurch wird der Schmerz gehemmt und die

Schwellung nimmt zunächst ab. Dem gegenüber steht die Tatsache, dass das Gewebe dadurch

nicht mehr ausreichend durchblutet wird und das wiederum nicht förderlich für die

Gewebsheilung ist.

In der Langzeitbehandlung mit Kryotherapie wird noch zusätzlich die Durchblutung der

Nerven gedrosselt. Ein Nerv ist eine überaus empfindliche anatomische Struktur, der äußerst

negativ auf eine Senkung der Durchblutung und damit auch auf eine Verminderung des

Page 64: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

57

Sauerstoffs reagiert. Daraus folgt eine Freisetzung von Neuropeptiden, die dafür

verantwortlich ist, dass es zu einer zentralen Sensibilisierung im Gehirn kommt. Die Patienten

nehmen möglicherweise nach kurzer Zeit bei Kältetherapie einen Schmerz wahr, was das

Zeichen dafür ist, die Kryoanwendung sofort abzubrechen (Bant et al., 2011, S. 55).

Des Weiteren kann man physiologisch eine negative Auswirkung auf das Lymphgefäßsystem

beobachten. Bei einer länger andauernden Kälteapplikation gleiten die Epithelplatten der

Lymphgefäße so weit auseinander, dass sie sich nicht mehr schließen können. Dadurch

kommt es zu einer gesteigerten Permeabilität durch die Gefäßwände, sogar größere

Eiweißmoleküle können durchdiffundieren. Dadurch wird ein circulus vitiosus in Gang

gesetzt. Der erhöhte Eiweißgehalt außerhalb des Lymphgefäßsystems führt dazu, dass der

kolloidosmotische Druck im Interstitium dem des Lymphsystems angeglichen wird und das

Lymphsystem dadurch seine wasseransaugende Wirkung verliert (Bant et al., 2011, S. 55).

In der Praxis kommen Kältepackungen nach Inversionstraumen, wenn Schwellungen und

Hämatome auftreten, zur Anwendung. Jedoch werden Coolbags nicht eiskalt im betroffenen

traumatischen Gebiet aufgelegt, sondern man verwendet einfach kühle Wickel und

Umschläge, die man nur für kurze Zeit appliziert, so lange wie sie der Patient als kühl

empfindet und solange es dem momentanen Schmerzgeschehen guttut.

Abb. 31: Kühler Fußwickel

Weitere zusätzliche physikalische Maßnahmen, um Schwellungen und Hämatomen

entgegenzuwirken, wären Hochlagern des betroffenen Beines, abschwellende Elektrotherapie

und Ultraschall (Wenk, 2004, S. 265-267).

Page 65: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

58

Lymphdrainagen, die von speziell ausgebildeten Heilmasseuren oder Physiotherapeuten

ausgeführt werden sollten, tragen dazu bei, dass die vermehrt gebildete Gewebs-

beziehungsweise Lymphflüssigkeit abtransportiert und zusätzlich proliferiertes Bindegewebe

gelockert wird (Bant et al., 2011, S. 145-148).

7.1.3 Hubfreies Bewegen/Kollagentraining

Salter et al. (1980, S. 1232-1251) untersuchte die Auswirkungen von passiven, hubfreien

Bewegungen auf eine Schädigung des Gelenkknorpels. Vorrangiges Behandlungsziel ist es,

die Knorpelzellen zu einer vermehrten Produktion von Matrixbestandteilen anzuregen. Den

Untersuchungen zufolge können kleine Knorpelschädigungen hyalin ausheilen und größere

Defekte werden mit einem faserigen Ersatzgewebe gefüllt (Salter et al., 1980, S. 1232-251).

Oberstes sporttherapeutisches Behandlungsziel ist es, eine schmerzfreie Funktion des Gelenks

zurückzugewinnen. Mittels hubfreier physiologischer Gelenksbewegungen im schmerzfreien

Bereich beginnt auch schon im Akutstadium die therapeutische Intervention für den

Gelenkknorpel. Ebenso kann man durch die Bewegungen im hubfreien Bereich positiv auf

eine entzündete Gelenkskapsel und einen Reizerguss einwirken (Van den Berg, 2001, S. 32-

35).

Das primäre therapeutische Ziel der hubfreien und aktiven Bewegungen im schmerzfreien

Bereich ist, dass es zu einer Stimulierung der Produktion von Matrixbestandteilen kommt und

dass pathologische Crosslinks, die sich durch die Ruhigstellung als Bindungsbrücken

zwischen den kollagenen Fasern gebildet haben, abbauen. Das Gelenk darf durch die

Übungen noch auf keinen Fall überlastet werden. Viel wichtiger ist, dass regelmäßig und

konsequent und in kleinen Dosen im schmerzfreien Bewegungsausmaß geübt wird (Bant et

al., 2011, S. 59-60).

Dazu kann der Patient je nach erlaubtem Bewegungsausmaß mit oder ohne Entlastungsorthese

üben. Die von ärztlicher Seite verordnete Bewegungslimitierung sollte anfangs jedoch

unbedingt eingehalten werden. Die Bewegungen werden zu Beginn hubfrei ausgeführt, das

heißt ohne Einwirkung der Schwerkraft. Die Bewegungsausführung der einzelnen

Gelenksbewegungen erfordert demnach die richtige Ausgangsstellung.

Für die DE und PF ist die Seitlage mit dementsprechender Lagerung, zum Beispiel auf einem

Quaderpolster, die richtige hubfreie Position. Die Bewegung soll zuerst klein und langsam

erfolgen, später in größeren Bewegungsumfängen und in einer schnelleren Frequenz. Die

Anzahl der Wiederholungen richtet sich nach den Schmerzen des Patienten und kann

Page 66: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

59

individuell sehr variieren. In der Praxis haben sich beginnend von zwanzig bis dreißig

Wiederholungen bis zu hundert Wiederholungen bewährt. Das tägliche Pensum von 300 bis

500 Wiederholungen kann mit der Zeit ohne weiteres erreicht werden.

Abb. 32: Hubfreie DE/PF in Seitlage

Die hubfreie Bewegung im USG ist die EV und IV, der Patient liegt in Rückenlage oder sitzt

im Langsitz. Als Hilfe für den Patienten sollte die Ferse als Drehpunkt angenommen werden,

wobei die Achse des USG jedoch durch den Sinus tarsi läuft. Die Übungsausführung und

Wiederholungszahlen sind dieselben wie bei der DE und PF.

Abb. 33: Hubfreie EV/IV in Rückenlage

Für das Chopart-Gelenk und Lisfranc-Gelenk gilt ebenso die Rückenlage beziehungsweise

der Langsitz als hubfreie Ausgangsstellung. Die auszuführenden Bewegungen sind die PRO

Page 67: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

60

und SUP. Die Übung wird jedoch mit fixiertem Rückfuß ausgeführt. Der Sportwissenschaftler

fixiert mit beiden Händen den Bereich um den Malleolus medialis und Malleolus lateralis.

Der Patient dreht nun seinen Vorfuß einwärts in die SUP, anschließend auswärts in die

PRON.

Abb. 34: Hubfreie PRON/SUP mit fixiertem Rückfuß im Langsitz

7.1.4 Propriozeptives Training in Entlastung

Eine spezielle Form des koordinativen Trainings stellt das propriozeptive Training dar. Die

Propriozeption wird auch als Tiefensensibilität bezeichnet, was so viel bedeutet, dass die

eigene Wahrnehmung des Körpers geschult wird, mittels spezieller Rezeptoren in den

Muskeln, Sehnen, Bändern und Kapseln der Gelenken (Giese, 2006, S. 35-39).

Zu den wichtigsten Propriozeptoren zählen:

• Muskelspindeln (Muskulatur): Sie messen die Muskellänge und reagieren auf

Längenveränderungen des Muskels. Die sensorische Aktivität der Muskelspindeln

wird direkt als Empfindung der Gelenkstellung und Gelenkbewegung registriert

(Aumüller et al., 2014, S. 1197).

• Golgi-Sehnenrezeptoren (Sehnen): Sie reagieren auf Veränderungen des

Spannungszustandes des Muskels. Die Erregung der Golgi-Sehnenrezeptoren erfolgt

sowohl durch Dehnung als auch durch Kontraktion des Muskels (Aumüller et al.,

2014, S. 1198).

Page 68: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

61

• Mechanorezeptoren (Bänder, Kapseln): Vor allem Pacini-Körperchen; sie reagieren

vorrangig auf positive und negative Beschleunigungen (Wu et al., 2015, S. 92).

Beim propriozeptiven Training geht es darum, die funktionelle Stabilität nach einem

Inversionstrauma wiederherzustellen. Das gilt sowohl für die Rehabilitation als auch für die

Verletzungsprophylaxe, um Folgetraumen zu vermeiden (Wu et al., 2015, S. 92).

Nach einem Inversionstrauma unterscheidet man zwischen einer mechanischen Instabilität,

die posttraumatisch durch die Bänderverletzung auftritt, und einer funktionellen Instabilität,

die neuromuskuläre und propriozeptive Ursachen hat. Eine mechanische Instabilität kann

durchaus zum Teil durch neuromuskuläres und propriozeptives Training kompensiert werden

(Valderrabano et al., 2006, S. 177-183).

In der akuten beziehungsweise subakuten Phase der Rehabilitation ist das propriozeptive

Training nur in entlastenden Positionen erlaubt. Die Feldenkrais-Methode stellt die Schulung

der Wahrnehmung der Tiefensensibilität in den Vordergrund. Auch das Erkennen von

individuellen Bewegungsabläufen in unterschiedlichen Ausgangsstellungen wird geübt,

ebenso in welche Richtung bei einer Bewegung der Kraftaufwand geht und wie einzelne

Körperteile darauf reagieren. In der Feldenkrais-Methode wird eine Bewegung auf fünf bis

sechs verschiede Arten geübt, um die Propriozeption des Bewegungsapparates und das

Potenzial des Gehirns gänzlich auszunützen (Feldenkrais, 2004, S. 14ff).

Demnach können Übungen nach Feldenkrais in der frühen Rehabilitation nach

Inversionstraumen sehr hilfreich sein. Man kann Übungen von Feldenkrais in Bezug auf die

Ausgangsstellungen natürlich auch variieren und zum Beispiel sitzend auf einem Pezziball

durchführen:

Page 69: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

62

Abb. 35: Propriozeptives Training auf einem Pezziball mit Teilbelastung

Der Patient sitzt auf einem Pezziball mit gutem einbeinigem Bodenkontakt und unter

Beachtung der richtigen Gelenkspositionen. Die Gewichtsbelastung ist im Sitzen für den Fuß

gering gehalten, deshalb kann die Übung auch im Falle einer Teilbelastung durchgeführt

werden. Der Sporttherapeut gibt dem Patienten folgende Inputs und Übungsaufträge:

• Wo liegt das Gewicht auf der Fußsohle?

• Verstärken der Belastung am Fuß vorne, hinten, außen, innen.

Abb. 36: Propriozeptives Training mit Armschwung

• Arme schwingen in dieser Position.

• Augen schließen und Arme schwingen.

• Leichtes Wippen sitzend auf einem Pezziball.

Page 70: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

63

• Oberkörper drehen und Bodenkontakt gleichmäßig beibehalten.

• Kopfbewegung und Blick nach oben, zur Seite rechts/links und Bodenkontakt

gleichmäßig beibehalten.

• Einbeiniger Sitz mit instabiler Unterlage und Ball in die Luft werfen.

Abb. 37: Propriozeptives Training auf den Pezziball und Ball werfen

Die Ausführung dieser Übung kann sehr variantenreich angeleitet werden. Wichtig ist auf

eine korrekte Sitzhaltung und eine achsengerechte Bein- und Fußstellung zu achten.

7.2 Sporttherapeutische Interventionen im chronischen Stadium

Das chronische Stadium beginnt ab drei bis sechs Monaten nach dem Inversionstrauma. Der

Patient hat meist schon eine ausführliche Anamnese zu berichten, die man als Sporttherapeut

von vorneherein sehr ernst nehmen sollte. Darauf bauen alle weiteren Maßnahmen, eventuell

nochmalige diagnostische Abklärung und die Durchführung von bildgebenden Verfahren auf.

Danach wird das Behandlungsziel in der Sporttherapie definiert und der Patient sollte darüber

ausführlich aufgeklärt werden. Die Therapie verlangt vom Patienten Ausdauer und Geduld im

Krankheitsverlauf, stetiges Üben und ein hohes Maß an Eigenverantwortung für seine

Pathologie. Der Sporttherapeut übernimmt das Coaching, bis sich der Therapieerfolg zeigt.

Dabei steht ihm eine große Palette von Therapiemethoden zur Verfügung.

Page 71: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

64

7.2.1 Braces und Tapes

Auch im chronischen Stadium ist es für die Patienten, die an artikulären und ossären

Komplikationen beziehungsweise an Instabilitäten leiden, sinnvoll ein Brace zu tragen oder

sie auf das Anlegen von Tapes einzuschulen.

Braces werden wiederum von unterschiedlichen Firmen und Marken angeboten. Der Patient

muss sich für eine Bracevariante entscheiden, die in jeden Schuh passt und mit der er im

Alltag und auch während des Sports gut zurande kommt.

Natürlich ist die Stärke des Braces davon abhängig, wie viel Unterstützung das Sprunggelenk

benötigt. Der Patient soll am verletzten Fuß mit dem Brace ein Stabilitätsgefühl erreichen. Es

soll dem Fuß des Patienten zum einen die Sicherheit gewähren, die er noch benötigt. Zum

anderen soll es der Verletzungsprophylaxe dienen, um weitere Folgetraumen zu vermeiden.

Die Praxis hat gezeigt, dass sich Braces bewährt haben, die vom Material her speziell verwebt

sind und dadurch dem Sprunggelenk eine Unterstützung bieten. Es ist enorm praktisch, wenn

das Brace waschbar ist, da der Patient damit Sport betreiben kann und er es, wenn möglich,

unter den Socken tragen sollte. Das Brace sollte den Patienten im normalen Gangbild nicht

beeinträchtigen. Es wäre sehr sinnvoll, das Brace über einen längeren Zeitraum hinweg, das

heißt cirka ein Jahr, zu tragen und dann langsam abzubauen.

Der Patient muss in dieser Zeit natürlich zusätzlich konsequent ein Übungsprogramm

absolvieren, um seine posturale Kontrolle zurückzugewinnen. Das vorrangige

sportwissenschaftliche Ziel ist die langsame Überführung in den Sport mit einem

unterstützenden Brace. Der Knorpel wird geschont und die Gelenkmechanik wird durch ein

Brace positiv beeinflusst.

Unterschiedliche Firmen bieten sehr ähnliche Modelle an. Der Patient sollte wiederum auf

einen optimalen Tragekomfort Wert legen und das Brace auf jeden Fall vorher probieren,

bevor er sich für ein Modell entscheidet.

Page 72: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

65

Abb. 38: Brace

Der Patient kann mit der Zeit, unter Beratung seines Sporttherapeuten, langsam auf die

Anlage von Tapes im Sport umsteigen. Das erfordert, dass der Patient selbst mit der Technik

von speziellen Tapeverbänden vertraut gemacht wird. Der Sporttherapeut wählt die richtige

Variante des Tapeverbandes aus und erklärt und zeigt diese dem Patienten. Grundsätzlich sind

bei den meisten Komplikationen, die die Bänder, Sehnen, Muskeln und Faszien betreffen

Tapes indiziert. Die Anlagen sollen so einfach und praktisch wie möglich sein, da sie

vorrangig dazu dienen sollen, eine weitere Verletzungsgefahr zu reduzieren. Der Patient sollte

in der Lage sein, sich den Tapeverband immer und überall anzulegen.

Die Praxis zeigt, dass sich Tapeverbände durch Schweißbildung und durch die Bewegung

selbst sehr bald lösen. Trotzdem werden sie von Patienten sehr gerne angewendet, auch wenn

der Placebo-Effekt dabei eine wichtige Rolle spielt (Montag & Asmussen, 1995, S. 45).

Es gibt unterschiedlichste Anlagetechniken, die jeweils unterschiedliche Ziele verfolgen. Eine

mögliche Anlageform möchte ich im Folgenden erklären.

• Fibula-Repositions-Tape: Vor der Tapeanlage wird das distale Fibulaende nach

posterior-lateral-superior mobilisiert. Der Sporttherapeut hakt sich mit seinen

Fingerkuppen an der ventralen Fläche der Fibula ein und zieht sie mit einem sanften

Zug nach posterior-lateral-superior, bis er das Gefühl hat, dass die Fibula minimal

verschieblich ist. Der Sporttherapeut übt sowohl die Mobilisation als auch die

Anlagetechnik des Tapes mit dem Patienten. Der Sinn der Mobilisation liegt in der

sehr häufig auftretenden biomechanischen Fehlstellung der Fibula nach ventral-

medial-inferior (Someeh et al., 2015, S. 135-139).

Page 73: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

66

Abb. 39: Mobilisation der distalen Fibula nach posterior-lateral-superior

Danach wird diese Position mit zwei oder drei Tapestreifen distal fixiert, die man

zirkulär vom lateralen Malleolus über die Achillessehne zieht. Die Tapeanlage endet

ventral am Fußrücken. Das Fibula-Repositionstape hat sich in der Studie nach Someeh

nach Inversionstraumen in Bezug auf die posturale Kontrolle der gesamten Beinachse

sehr bewährt. (Someeh et al., 2015, 135-139). Der Patient sollte in der Lage sein

sowohl die Mobilisation der Fibula als auch die Tapeanlage selbst an sich

durchzuführen.

Abb. 40: Fibula-Repositions-Tape

7.2.2 Myofasziale Triggerpunkte

Die Therapie der Triggerpunkte ist für den Behandlungsverlauf von großer Bedeutung, da

durch myofasziale Schmerzen das Training und der Muskelaufbau negativ beeinflusst werden

Page 74: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

67

kann. Der Patient leidet unter Schmerzen, nicht im traumatisierten Gebiet, sondern am

Unterschenkel in der Muskulatur und im Bindegewebe. Myofasziale Triggerpunkte sind

Schmerzstellen im Muskelgewebe selbst, im Muskel-Sehnen-Übergang oder an den

Insertionen der Sehnen zum Knochen. Histologisch kommt es an Triggerpunktstellen zu einer

Abnahme der Muskelfasern und einer Zunahme von Bindegewebe und Fett. Man

unterscheidet aktive Triggerpunkte, die der Patient häufig sehr punktuell wahrnimmt und am

Körper sehr genau zeigen und orten kann. Die dazugehörigen Referenzgebiete können unter

anderem als Ausstrahlungsschmerz empfunden werden. Die latenten Triggerpunkte spürt der

Patient nur während der Palpation als schmerzhafte Stelle, die dazugehörende Reflexzone

wird meistens während der Zeit, in der der Triggerpunkt gedrückt wird, wahrgenommen. Ein

latenter Triggerpunkt kann jederzeit in einen aktiven Triggerpunkt übergehen (Pöntinen et al.,

2001, S. 3-4).

Die Muskulatur, in der Triggerpunkte zu tasten sind, hat zudem einen erhöhten Muskeltonus.

Der Patient beschreibt den Muskel als steif, empfindlich und kraftlos. Auslösender Faktor für

Triggerpunkte in der Muskulatur kann unter anderem ein Trauma sein, das durch die

Ruhigstellung danach zu einer Inaktivität von angrenzenden Muskeln führen kann. Zum einen

natürlich bedingt durch die Schmerzen nach einer Verletzung, zum anderen durch die

darauffolgende Immobilisationsphase. Aktive und latente Triggerpunkte haben zur Folge,

dass der Muskeltonus steigt und es dadurch zu einer verminderten lokalen Mikrozirkulation

kommt. Der Muskel selbst zeigt dadurch eine Dysfunktion und eine schnellere Ermüdbarkeit,

koordinative und propriozeptive Störungen können zu Fehlkoordinationen und Unsicherheiten

in ganzen kinetischen Muskelketten führen (Pöntinen et al., 2001, S. 6-8).

Bei der Durchführung einer Triggerpunktbehandlung orientiert man sich primär an der

Schmerzanamnese des Patienten. Man palpiert verdächtige Muskelstellen mit der

Fingerkuppe des Daumens. Kommt man während des Betastens auf einen aktiven

Triggerpunkt, genügt schon meist ein leichter Druck, dass der Patient punktuelle oder

ausstrahlende Schmerzen spürt. Bei chronischen Pathologien kann man an den

Triggerpunktstellen sogar feste knötchenartige Verdickungen und harte Muskelstränge

ertasten. Man bleibt zwischen 30 und 60 Sekunden oder sogar noch länger auf einem

Triggerpunkt, so lange bis sich die Schmerzempfindung des Patienten vermindert. Danach

empfindet der Patient ein angenehmes Gefühl, so als ob sich etwas im Muskel lösen würde.

Die Punkte können auch öfter in einer Behandlung getriggert werden, das ist ganz vom

individuellen Behandlungsverlauf abhängig (Pöntinen et al., 2001, S. 9-10).

Page 75: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

68

Abb. 41: Triggerpunktbehandlung am M. gastrocnemius

Für den Sporttherapeuten sind sehr genaue anatomische Kenntnisse eine wichtige

Voraussetzung, um überhaupt eine gezielte und wirkungsvolle Triggerpunktbehandlung

durchführen zu können. Eine fundierte Ausbildung der Triggerpunkttherapie, in der man die

theoretische Muskelanatomie in die praktische Palpation umsetzen lernt, wäre im Bereich der

Sporttherapie und in der Arbeit mit Patienten eine optimale Zusatzausbildung. Zudem ist ein

großes Maß an Erfahrung und Fingerspitzengefühl von wesentlicher Bedeutung.

Die Therapie mit Triggerpunkten kann sehr gut in das Training nach Inversionstraumen

eingebaut werden, da der Patient ständig Regeneration zwischen, danach oder vor dem

Training benötigt, um das Gewebe auf die Übungen vorzubereiten, die Durchblutung im

Muskelgewebe anzukurbeln und den Tonus der Muskulatur zu regulieren (Bant et al., 2011, S.

571).

Im Anschluss werden Beispiele von Lokalisierungen von Triggerpunkten spezieller Muskeln

angeführt, die eventuell bei Patienten nach Inversionstraumen wichtig sein könnten. Primär

sind die Beispiele so ausgewählt, dass die Topographie der Triggerpunkte von oberflächlichen

Muskeln beschrieben ist, die auch leicht zu palpieren sind. Grundsätzlich kann das Auftreten

von Triggerpunkten bei Patienten nach Inversionstraumen sehr variieren.

• Triggerpunkte des M. gastrocnemius: Zwei Triggerpunkte liegen sehr nahe an den

Ursprüngen des M. gastrocnemius, am Caput laterale (TrP4 am Epicondylus lateralis)

und am Caput mediale (TrP3 am Epicondylus medialis). Zwei weitere Triggerpunkte

(TrP1 und TrP2) liegen sehr mittig auf beiden Muskelbäuchen des M. gastrocnemius.

Die Referenzschmerzen empfinden die Patienten direkt um den Bereich der

Page 76: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

69

Triggerpunkte beziehungsweise als Verspannungsschmerz im medialen Bereich der

Fußsohle (Pöntinen et al., 2001, S. 45).

Die Triggerpunkte am M. gastrocnemius treten in der Praxis als Komplikation nach

Inversionstraumen sehr häufig auf, vor allem bei einer Tendopathie der Achillessehne,

die meist als chronische Spätfolge nach der Verletzung entsteht. Bei allen akuten und

chronischen artikulären Komplikationen sollte man in der Sporttherapie an die

Triggerpunktbehandlung des M. gastrocnemius denken, da die Belastung des Fußes

beim Gang Schmerzen bereitet und die Muskulatur dadurch sehr belastet ist.

Abb. 42: Triggerpunkte des M. gastrocnemius

• Triggerpunkte des M. soleus: Die Triggerpunkte des M. soleus befinden sich in der

Nähe des Ursprungs des M. soleus unter dem Caput fibulae und der Facies posterior

fibulae (TrP2). Zwei weitere Triggerpunkte liegen im unteren Drittel des

Muskelbauches (TrP3) und direkt am Muskel-Sehnen-Übergang zur Achillessehne

(TrP1). Die Referenzschmerzen verspüren die Patienten in einer Fläche in der Mitte

der Wade oder direkt im Bereich der Achillessehne, um den Calcaneus bis in den

plantaren Bereich der Fußsohle. Die Triggerpunktsymptomatik des M. soleus zeigt

sehr ähnliche Beschwerden wie bei einer Tendopathie der Achillessehne oder wie bei

einer Faszitis plantaris (Pöntinen et al., 2001, S. 46).

Page 77: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

70

Abb. 43: Triggerpunkte des M. soleus

• Triggerpunkt des M. tibialis anterior: Der Triggerpunkt befindet sich im oberen

Drittel des Muskelbauches in der Nähe der vorderen Schienbeinkante. Die

Referenzschmerzen strahlen vom Triggerpunkt nach caudal den Unterschenkel entlang

bis in die Großzehe. Der Patient spürt den Schmerz, vor allem beim Gehen, an der

Vorderseite des Unterschenkels bis in die große Zehe (Pöntinen et al., 2001, S. 43-44).

Abb. 44: Triggerpunkt des M. tibialis anterior

Page 78: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

71

7.2.3 Faszientraining

Im Kapitel 5.3 wurden die Auswirkungen eines Inversionstraumas auf die Faszien des Fußes,

Unterschenkels und des Oberschenkels beschrieben. Darauf aufbauend sollen nun wesentliche

Aspekte der Fasziendehnung, ihre Wirkungsweise und mögliche Ansätze der Durchführung

einer Fasziendehnung in der Sportwissenschaft diskutiert werden.

Man muss dazu erwähnen, dass gewisse Parameter jedoch noch nicht genau untersucht sind:

• Intensität der Fasziendehnung

• Amplitude der Fasziendehnung

• Dauer der Fasziendehnung

• Geschwindigkeit der Fasziendehnung

• Richtung der Fasziendehnung

• Anzahl der Wiederholungen

• Durchführungsarten von Fasziendehnungen (intermittierend, ballistisch, dynamisch,

statisch, aktiv, passiv)

• Langfristige Wirkungen von Fasziendehnungen (Schleip et al., 2014, S. 325-326)

Andererseits sind gewisse therapeutische Effekte und positive Wirkungsweisen schon bekannt

und sollten in der Sporttherapie bewusst eingesetzt werden:

• Mechanische Wirkung:

Im Fasziengewebe, wie zum Beispiel im Tractus iliotibialis und in der

Plantaraponeurose, ist eine für den Patienten wahrnehmbare Dehnung des

Fasziengewebes nicht durch eine Zunahme der Länge des Fasziengewebes bedingt

(Chaudhry et al., 2008, S. 379-390). Das Gefühl der Entspannung wird durch den

neurologischen Rückkoppelungsmechanismus erzeugt. In den Muskelfasern, die

parallel zu den Faszien angeordnet sind, wird so das Gefühl des Release erzeugt

(Schleip, 2003, S. 104-116).

Eine Fasziendehnung kann entstandene Verklebungen zwischen benachbarten

Faszienschichten lösen, wenn sich zum Beispiel durch eine Dysfunktion zu viele

Querverbindungen ausgebildet haben und daher das Gleiten zwischen den Schichten

verhindert wird. Durch jede Dehnung wird eine Scher-, Biege- oder Torsionskraft auf

das Gewebe erzeugt, das die Schichten untereinander wieder gleitfähiger macht

(Schleip et al., 2014, S. 325-327).

Page 79: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

72

• Hydration von Gewebe:

Nach Chen et al. (2008, S. 12073-12080) wird einerseits durch Dehnung der

Flüssigkeitstransport im Gewebe gesteigert, wenn es davor zu einer Dehydratation

gekommen ist. Andererseits werden Ödeme im Gewebe reduziert, indem die

vermehrte Flüssigkeit vom Interzellularbereich in das Lymphgefäßsystem abgegeben

wird. Das ist auf die Wechselwirkung von Wasser und Proteinen zurückzuführen

(Chen et al., 2008, S. 12073-12080).

Nach einer Dehnung kommt es primär zu einer Verminderung des Wassergehaltes im

Gewebe, nach einer Pause von dreißig Minuten nimmt der Wassergehalt jedoch

sukzessive bis zu drei Stunden lang zu, wobei sich parallel dazu die Steifigkeit im

Gewebe erhöht. Die Hydrodynamik spielt im Bereich der Fasziendehnung eine

wichtige Rolle (Schleip et al., 2014, S. 326-329).

• Propriozeptive Stimulation:

Die Fascia profunda enthält „auch ein ganzes Spektrum von freien und gekapselten

Nervenendigungen, insbesondere Ruffini- und Pacini-Körperchen, sodass davon

auszugehen ist, dass die tiefe Faszie zur Propriozeption fähig ist“ (Stecco et al., 2006,

105-110).

Zusätzlich befinden sich unterschiedliche Propriozeptoren in der Extrazellulärmatrix,

die auf Zug-, Druck-, Vibrations- und Scherkräfte ansprechen (Schleip, 2003, 104-

116).

• Direkte Stimulation der Bindegewebszellen:

Eine Fasziendehnung hat Auswirkungen auf die Fibroblasten, die auf den

mechanischen Zug mit einer vermehrten Bildung von kontraktilen Aktinmolekülen

reagieren. Weiters wird die Ausrichtung derjenigen beeinflusst (Gabbiani, 2003, S.

500-503).

Nachdem nun die Wirkungsweise einer Fasziendehnung diskutiert wurde, sollte man in der

Sporttherapie nicht auf die anatomischen Grundlagen der Faszien des Körpers der unteren

Extremität vergessen. Dadurch kann man die Übungen des Faszientrainings besser verstehen

und anwenden.

Page 80: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

73

Die tiefe Beinfaszie wird im Oberschenkelbereich als Fascia lata und im Unterschenkel als

Fascia cruris bezeichnet, rein anatomisch ist sie jedoch eine durchgehende Faszienstruktur,

die auch im gesamten Beinbereich gedehnt und trainiert werden sollte. Sie sieht eigentlich aus

wie eine Aponeurose mit einer Durchschnittsdicke von einem Millimeter. Je nach Pathologie,

Belastung oder auch je nach Sportart kann ihre Dicke variieren, außerdem ist sie dorsal

kräftiger ausgeprägt als ventral (Schleip et al., 2014, S. 23-26).

Einige Muskeln inserieren in der Fascia profunda und im Septum intermusculare des

Unterschenkels:

• Dorsal die Ursprünge des M. gastrocnemius.

• Ventral die Ursprünge des M. tibialis anterior und des M. flexor hallucis longus.

Einige Muskeln inserieren in die Fascia profunda im Sprunggelenkbereich:

• M. extensor digitorum brevis.

• M. abductor hallucis.

• Achillessehne des M. triceps surae, die zudem eine Verbindung zur Plantarfaszie hat.

Im Bereich des Sprunggelenks wird die Fascia profunda von den sogenannten Retinacula

verstärkt, die eine durchschnittliche Dicke von 1.372 Mikrometern haben. Die Retinacula sind

gitterartig verlaufende kollagene Fasern mit mehreren knöchernen Ansätzen und bilden das

Führungssystem für die Sehnen, die über dem Sprunggelenk verlaufen. Die Retinacula haben

somit eine große stabilisierende Funktion für das Sprunggelenk und sind bei

Inversionstraumen häufig mitbetroffen. Sie haben zudem eine wichtige Rolle für die

Propriozeption. Zum Beispiel wird durch den Zugreiz auf die peronealen Retinacula bei einer

Inversionsbewegung eine reflektorische Kontraktion der Mm. peronei ausgelöst (Schleip et

al., 2014, S. 23-26).

Mittlerweile gibt es in der Sporttherapie, im Leistungssport, im Breitensport und in der

Physiotherapie verschiedene Trainigsmethoden und Dehntechniken für Faszien. In der Sport-

und Physiotherapie wird das Training mit der Blackroll sehr häufig angewendet (Marquardt et

al., 2012, S. 212-215).

Page 81: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

74

Abb. 45: Große und kleine Blackroll, Faszienball

Nach Hanten et al. (2000, S. 997-1003) können bindegewebige Verklebungen durch die Self

Myofascial Release-Technik gelöst werden (Hanten et al., 2000, S. 997-1003).

Dazu verwendet man unterschiedliche Trainingsgeräte, die große und die kleine Blackroll

sind im Bereich der gesamten unteren Extremität am besten dafür geeignet. Durch den Druck

der Rolle wird eine lokale Gewebestimulation erzeugt (Schleip et al., 2016, S. 213-215).

Die Festigkeit der Rolle und auch die Übungen selbst sollten gezielt für jeden Patienten vom

Sporttherapeuten ausgewählt werden, das Training muss vor allem zu Beginn nur unter

Kontrolle eines Therapeuten durchgeführt werden, da es Bereiche gibt, die auf keinen Fall

behandelt und gerollt werden sollten (Schleip et al., 2014, S. 352-357).

Die Übungen für die Fascia cruris am Unterschenkel und für die Plantarfaszie werden

folgendermaßen ausgeführt:

• Faszientraining für die Fascia cruris und die tiefe und oberflächliche

Wadenmuskulatur:

Page 82: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

75

Abb. 46: Faszientraining für die Wadenmuskulatur

Der Patient sitzt im Langsitz und die Blackroll wird unter die Wade des unteren

Beines gelegt. Der Patient geht unter Anspannung der Gesäß- und tiefen

Bauchmuskulatur in den Handstütz. Diese Position wird gehalten, während der Patient

langsam mit der Wade über die Blackroll rollt. An schmerzhaften Stellen verweilt der

Patient so lange, bis der Schmerz nachlässt.

• Faszientraining für die Fascia cruris und die ventrale Unterschenkelmuskulatur:

Abb. 47: Faszientraining für die ventrale Unterschenkelmuskulatur

Der Patient geht in den Vierfüßler und legt die Blackroll unter beide

Unterschenkelvorderseiten. Er stützt sich unter Anspannung der tiefen

Bauchmuskulatur hoch und rollt die gesamte vordere Unterschenkelmuskulatur

langsam ab. An schmerzenden Stellen verweilt er so lange, bis der Schmerz nachlässt.

Page 83: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

76

• Faszientraining für die Fascia cruris und die laterale Unterschenkelmuskulatur:

Abb. 48: Faszientraining für die Mm. peronei

Der Patient legt sich in die Seitlage in den Ellbogenstütz und legt die Blackroll unter

die laterale Seite des Unterschenkels. Das obere Bein wird zur Unterstützung vor dem

Körper abgestellt. Unter Anspannung der Gesäß- und tiefen Bauchmuskulatur hebt er

den Rumpf in den Seitstütz hoch und rollt langsam die laterale Fläche des

Unterschenkels.

• Faszientraining für die Plantarfaszie:

Abb. 49: Faszientraining für die Plantarfaszie

Der Patient kann die Übung mit der kleinen Blackroll oder mit dem Faszienball

ausführen. Je nach Schmerz bringt der Patient das Körpergewicht auf die

Page 84: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

77

Schmerzstellen der Plantaraponeurose und verweilt so lange, bis der Schmerz

nachlässt und sich die Faszie entspannt.

7.2.4 Muskelaufbautraining in der Rehabilitation

Das Kraftverhalten nach Verletzungen wie bei einem Inversionstrauma ist sehr häufig am

betroffenen als auch am nicht betroffenen Fuß/Bein verändert (Bant et al., 2011, S. 200).

In der Praxis sieht man, dass die Patienten gewisse Muskeln nicht aktivieren können und sich

ein vollkommener Funktionsverlust bei der Testung zeigt. Bei der

Muskelfunktionsuntersuchung würde das einen Muskelstatus 0 ergeben, was so viel heißt,

dass kein Bewegungsweg und keine Muskelkontraktion sicht- oder tastbar sind (Valerius et

al., 2002, S. 7).

Für solch ein Muskelkraftdefizit und solch einen Muskelfunktionsverlust können

unterschiedliche Ursachen in Betracht gezogen werden:

• Eine komplette oder partielle Ruhigstellung, die schon nach acht Tagen einen

Immobilisationsschaden in der Muskulatur verursacht. Es kommt hier schon zu einer

Verringerung der isometrischen Maximalkraft um zwanzig Prozent (Bant et al., 2011,

S. 200).

• Reflektorische Hemmung der Muskelaktivität durch den Schmerz, die Entzündung

und Gelenkergüsse (Bant et al., 2011, S. 200).

• Schädigung der Rezeptoren und der afferenten Nervenbahnen durch die Verletzung

und dadurch eine verminderte Propriozeption und Muskelfunktion (Schmidtbleicher,

1994, S. 170-173).

• Probleme bei der Trainingsanpassung nach Verletzungen hinsichtlich Intensität,

Dauer, Umfang und Häufigkeit der Trainingsreize. Es kann kein adäquater

Muskelaufbau erfolgen, wenn die Trainingsreize zu hoch beziehungsweise zu niedrig

sind (Bant et al., 2011, S. 200-202).

Wenn man in der Sporttherapie mit einem Patienten nach Inversionstrauma mit einem

Muskelaufbau- und Krafttraining beginnen möchte, ist es oberstes Gebot, dass sowohl der

Umfang als auch die Intensität der Übungen so gewählt werden, dass man sich am

Schmerzempfinden des Patienten orientiert. Bei den Übungen selbst muss der Patient

komplett schmerzfrei sein und die Ausführung der angeleiteten Übungen soll vor allem richtig

sein. Es hat sehr großen Sinn, das Muskelgewebe auf das Training zum Beispiel mit einer

Triggerpunktbehandlung vorzubereiten, damit die Durchblutung und der Stoffwechsel vor

Page 85: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

78

dem Training schon optimiert werden. Nach dem Training muss großer Wert auf die

Regeneration gelegt werden. Der Patient soll mit Möglichkeiten der aktiven Regeneration

vertraut gemacht werden, wie zum Beispiel Moorpackungen für zu Hause oder

Elektrotherapiegeräte für den Heimgebrauch. Das im Kapitel 7.2.3 erwähnte Faszientraining

und Dehnungsübungen sind ebenso sehr effiziente Methoden zur Regeneration (Bant et al.,

2011, S. 570-571).

Das funktionelle Krafttraining des M. peroneus longus und brevis ist bei Patienten nach

Inversionstraumen ein wichtiger Teil der Therapie, da es sehr häufig zu Instabilitäten

aufgrund der Verletzungen am lateralen Bandapparat kommt. Die nun folgenden Übungen

sollen eine Möglichkeit aufzeigen, wie man ein funktionelles Training dieser wichtigen

stabilisierenden Muskeln in der Sporttherapie aufbauen könnte. Die Übungen werden zu

Beginn in einer entlasteten Ausgangsposition und zum Schluss in einer belasteten Position

ausgeführt.

• Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis in entlasteter

Ausgangsstellung:

Abb. 50: Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis im Langsitz

Die Übung wird im Langsitz ausgeführt unter Verwendung eines Therabandes, das zu Beginn

eine leichte Widerstandsstärke (gelbes oder rotes Theraband) haben sollte. Der Patient sitzt im

Langsitz und legt das Theraband um den Mittelfußbereich und bringt beide Zügel des

Therabandes unter Zug. Die Mm. peronei werden nun nach ihrer Funktion in PF und PRON

konzentrisch trainiert. Der Patient führt anschließend, ebenso unter Widerstand des

Page 86: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

79

Therabandes, den Fuß in die DE und SUP, was gleichzeitig eine exzentrische Muskelaktivität

der Mm. peronei fordert.

• Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis in Teilbelastung:

Abb. 51: Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis sitzend auf dem Pezziball

Je belasteter die Position für den dementsprechenden Muskel ist, desto funktioneller sollte die

Ausgangsposition beim Muskelaufbautraining in der Rehabilitation sein. Der Patient sitzt auf

einem Pezziball und stellt die Ferse des zu trainierenden Fußes auf einen kleinen Ball. Diese

sehr instabile Position fordert an sich schon eine sehr starke stabilisierende Komponente der

gesamten Beinachse und des Rumpfes. Das Theraband wird genauso wie bei der Übung davor

um den Mittelfuß gelegt, die gegenüberliegende Hand hält das Theraband und die Richtung

der Zugkraft geht gegen die PF und PRON. Die Muskelkräftigung geht wiederum in die

Funktionsrichtung der Mm. peronei (PF und PRON). Die Gegenbewegung fordert wiederum

die dreidimensionale exzentrische Muskelaktivität.

• Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis in Vollbelastung:

Page 87: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

80

Abb. 52: Funktionelles Krafttraining der Mm. peronei im Stand mit Abdruckaktivität

Der Patient steht im Einbeinstand unter Anlage eines Therabandes, das die verschraubende

pronatorische Komponente der Mm. peronei forcieren soll. Bei der Übungsausführung geht

der Patient in den Zehenspitzenstand, womit die Funktion der PF trainiert wird, durch den

Zug des Therabandes wird die PRON automatisch aktiviert. Zusätzlich wird für den Gang und

Lauf die Abdruckaktivität geübt und somit der Muskel sehr funktionell auf die

Alltagsbelastung vorbereitet. Die Übung fordert zudem eine sehr hohe propriozeptive

Komponente, wenn der Patient es schafft den Zehenspitzenstand freihändig zu halten. Dabei

noch die Augen zu schließen ist vom Anforderungsniveau her sehr hoch und kann von den

meisten Patienten erst nach vielen Wiederholungen zum Schluss der Rehabilitation gefordert

werden.

7.2.5 Beinachsentraining in der Rehabilitation

Obwohl sich das funktionelle und muskuläre Hauptdefizit, natürlich durch das Trauma

bedingt, am Fuß und Unterschenkel befindet, sollte man im rehabilitativen Training auch

immer an die gesamte Beinachse denken. Denn nicht selten gewöhnen sich die Patienten

durch die Verletzung beziehungsweise durch die Entlastung einen Hinkmechanismus an.

Zusätzlich kommt es natürlich durch die Ruhigstellung zu einer Muskelabnahme und

Funktionseinbuße in der ganzen unteren Extremität.

Der Sporttherapeut legt darauf Wert, dass der Patient die Übungen exakt lernt, damit es in

weiterer Folge, bei höheren Belastungen, zu einer perfekten Kraftübertragung im beturnten

Page 88: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

81

Gebiet kommt und die intermuskuläre Koordination geschult wird. Ein sehr wichtiger Aspekt

ist, dass parallel zum Krafttraining, das im Kapitel 7.2.4 behandelt wurde, die gesamte

Beinachse trainiert werden sollte. Es ist wenig zielführend, nur einzelne Muskeln zu

trainieren, denn wenn der Muskel zwar kräftiger geworden ist, heißt das nicht, dass diese

Kraft in eine funktionelle Alltagsbewegung umgesetzt werden kann. Der trainierte Muskel

sollte so schnell als möglich die richtige Funktion innerhalb eines physiologischen

Bewegungsmusters lernen. Der Patient leidet nach einem Inversionstrauma nicht primär an

einem Kraftdefizit der Muskulatur, sondern an einem Funktionsproblem. Durch funktionelles

und mehrdimensionales Training sollen die gezielt ausgewählten Übungen des

Sporttherapeuten dabei helfen, im Binde- und Muskelgewebe eine funktionelle

Faserausrichtung zu erreichen, damit der Patient den Anforderungen des Alltags und der

Sportausübung wieder gewachsen ist. In dieser Phase der Rehabilitation hat das Krafttraining

eine sehr große koordinative und propriozeptive Komponente. Der Sporttherapeut achtet

darauf, die gesamte Beinachse zu trainieren, um einen eventuell entstandenen

Hinkmechanismus von vornherein auszuschalten und um den geschwächten Fuß und

Unterschenkel sofort wieder in die richtige Funktion der physiologischen Beinachse

einzubauen (Ehrhardt, 2012, S. 1-3).

• Beinachsentraining in Rückenlage:

Abb. 53: Beinachsentraining in Rückenlage

Der Patient liegt in Rückenlage und stellt den Fuß unter sehr gleichmäßiger

Fußsohlenbelastung auf einen Pezziball, der an der Wand abgestützt wird. Das zweite Bein

wird während der gesamten Übung frei nach oben gehalten, die Arme liegen entspannt neben

dem Oberkörper und werden nicht dazu benützt, sich wegzudrücken. Der Kopf und der

Page 89: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

82

Oberkörper sollen ebenso so locker wie möglich gehalten werden. Den Übungsauftakt bildet

die bewusste Anspannung der Gesäßmuskulatur mit anschließendem Abheben des Beckens

von der Unterlage, bis die gestreckte Position im Becken und Hüftgelenk erreicht wird.

• Beinachsentraining im Stand:

Abb. 54: Beinachsentraining im Stand

Der Patient stellt einen Fuß mit möglichst gleichmäßiger Belastung auf einen Pezziball, der

vor seinem Körper positioniert ist. Ein Theraband wird seitlich vom Körper an einer

Vorrichtung fixiert und lateral um den distalen Oberschenkel gelegt. Unter dem Zugreiz des

Therabandes wird die außenrotatorische Aktivität der Muskulatur im Beckenbereich aktiviert.

Durch die extrem instabile Unterlage kommt es zu einer stark verschraubenden

Muskelanspannung im Unterschenkel- und Fußbereich. Die gesamte Beinachse muss

muskulär stabil gehalten werden, sowohl im flektierten Bein als auch im Standbein.

Durch diese beiden Übungsbeispiele soll verdeutlicht werden, dass beim Beinachsentraining

auf korrekte Gelenkpositionen geachtet werden muss. Der Sporttherapeut übernimmt eine

sehr wichtige kontrollierende Funktion, damit der Patient permanent darauf aufmerksam

gemacht wird, wenn er die korrekte Beinachse während der Übung nicht halten kann. Beim

Beinachsentraining kommt es automatisch zu einer sehr funktionellen Muskelkräftigung und

zu einer ausgeprägten propriozeptiven Kontrolle.

Page 90: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

83

Der Sporttherapeut hat die Aufgabe das Beinachsentraining so abwechslungsreich und

vielfältig wie möglich für den Patienten zu gestalten. Diverse Übungsbücher können dabei

helfen, dass man als Therapeut ein Gefühl dafür entwickelt, welche Übungen effektiv sind. Es

hat sich bewährt, alle Übungen, bevor man sie am Patienten anwendet, einmal selbst

durchzuführen. Denn allein aus der Theorie lässt sich oft der Schwierigkeitsgrad diverser

Beinachsenübungen nicht abschätzen.

7.2.6 Propriozeptives Training in Belastung auf instabilen Unterlagen

Parallel zum funktionellen Krafttraining und zum Beinachsentraining sollte der

Sportwissenschaftler mit dem Patienten regelmäßig ein propriozeptives neuromuskuläres

Stabilitätstraining durchführen. Die sukzessive Anpassung der propriozeptiven Übungen und

ein progredientes Steigern in Bezug auf die Belastung können von Patient zu Patient

unterschiedlich sein. Das therapeutische Behandlungsziel ist, dass der Patient nach seinem

Inversionstrauma letztendlich den Anforderungen des Alltags und den Belastungen im Sport

standhalten kann. Rein verletzungsprophylaktisch ist das propriozeptive Training natürlich

auch von größter Wichtigkeit. Erst nach sechs Wochen wird die primäre Stabilität der

verletzten Bänder erreicht (Bant et al., 2011, 405-407).

Für das propriozeptive Training in Belastung sind in der Sporttherapie folgende Grundregeln

zu beachten:

• Exakte Positionierung der Gelenke der gesamten Beinachse unter Berücksichtigung

der anatomischen Gelenkachsen.

• Belastungsaufbau von großer zu kleiner Unterstützungsfläche.

• Belastungsaufbau von statischer zu dynamischer Stabilisation.

• Belastungsaufbau von stabiler zu instabiler Unterlage.

• Belastungsaufbau unter Ausschaltung der optischen Kontrolle.

• Belastungsaufbau unter Einbeziehung von Kopf- und Körperbewegungen (Bant et al.,

2011, 405-407).

Die Durchführung des propriozeptiven Trainings erfolgt unter Verwendung von instabilen

Unterlagen:

• Airex-Balance-Pads

• Unterschiedliche Therapiekreisel

• Wippen

Page 91: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

84

• Schaukelbretter

• Medizinische Trampoline

• Diverse luftgefüllte Unterlagen

• Pölster unterschiedlicher Größen

Der Sporttherapeut kann dem Patienten eine große Palette von Übungsmöglichkeiten

anbieten. Zwei sehr gute Literaturempfehlungen für die Durchführung von propriozeptiven

Übungen wären:

• Therapie funktioneller Dysbalancen. Stabilisation – Mobilisation – Kräftigung.

(Geiger Urs, 2016)

• Gut zu Fuß ein Leben lang. Trainieren statt operieren: Die besten Übungen aus der

Spiraldynamik. (Larsen Christian, 2014)

Die Übungen sollen für den Patienten so anspruchsvoll wie möglich sein und es liegt im

Ermessen des Therapeuten immer die Übungen auszusuchen, von denen der Patient sowohl

rehabilitativ als auch prophylaktisch profitiert. Das propriozeptive Training in Belastung auf

instabilen Unterlagen soll in der Therapieeinheit so kreativ und so variantenreich wie möglich

gestaltet werden. Die nun folgenden zwei Übungsbeispiele sollen lediglich dazu dienen, das

propriozeptive Training zu demonstrieren. Die Übungsvielfalt ist mannigfaltig und bedarf

einer individuellen Anpassung an den Patienten je nach Alter, Beruf und Sportart.

• Propriozeptives Training auf einem Therapiekreisel:

Abb. 55: Propriozeptives Training auf einem Therapiekreisel

Page 92: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

85

Der Patient steht im Einbeinstand auf einem Kreisel und führt die restlichen drei Extremitäten

in unterschiedliche Positionen, die der Sporttherapeut dem Patienten instruiert. Die Positionen

sollten jeweils für drei bis fünf Sekunden gehalten werden. Die propriozeptiven Übungen

können mit oder ohne Schuhe durchgeführt werden, wobei darauf geachtet werden muss, dass

die Unterlage rutschsicher ist. Vom Barfußtraining profitiert der Patient natürlich rein

propriozeptiv mehr als vom Training mit Turnschuhen.

• Propriozeptives Training für Sportler:

Abb. 56: Propriozeptives Training für Sportler

Dieses Übungsbeispiel soll zeigen, dass der Kreativität und dem Schwierigkeitsgrad für

propriozeptives Training keine Grenzen gesetzt sind. So vielfältig und so variantenreich und

anspruchsvoll wie möglich kann dieses sporttherapeutische Training gestaltet werden. Man

hat dann erfolgreich therapiert, wenn der Patient nach seiner Rehabilitation propriozeptiv

besser als vor dem Inversionstrauma ist.

Es muss zudem ein propriozeptives Training für zu Hause erstellt werden, das der Patient

tagtäglich und im Alltag und so häufig wie möglich absolvieren kann. Die instabilen

Unterlagen für das Heimprogramm sollten günstig in der Anschaffung und sehr praktikabel

zum Mitnehmen sein.

Page 93: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

86

7.2.7 Barfuß-Training

Mit dem Barfußtraining kann man sehr gut die Sensomotorik und die kinästhetische

Wahrnehmung im Fuß- und Beinachsenbereich ansprechen. Trainiert wird das Gehen oder

Wandern, in weiterer Folge auch das Laufen barfuß oder mit speziellen Fußtrainer-Schuhen.

Abb. 57: Fußtrainer

Die Fußtrainer ermöglichen dem Fuß, dass die volle Beweglichkeit der Gelenke ausgenützt

werden kann, davon profitieren vor allem die Zehengelenke und die Muskeln, die zu den

Zehen ziehen. Der M. flexor hallucis longus und brevis und der M. flexor digitorum longus

und brevis werden dadurch vermehrt angesprochen. Im normalen Schuh reagiert vorrangig die

oberflächliche Wadenmuskulatur beim Gang und Lauf was dazu führt, dass die Achillessehne

vermehrt belastet wird. Barfuß jedoch ist muss die Zehenmuskulatur in der Abdruckphase

maximal aktiviert werden (Marquardt et al., 2012, S. 200).

Durch Ausweich- und Korrekturbewegungen beim Barfußgehen kommt es zur Aktivierung

von einer Vielzahl von Rezeptoren unter der Fußsohle. Das Training schult daher sehr gut die

Sensomotorik und die Wahrnehmung am Fuß. Die gesamte Beinachse ist koordinativ beim

Barfußgehen viel mehr gefordert als mit Schuhen. Ein wichtiger Aspekt ist jedoch, dass das

Gehen, Wandern oder Laufen mit den Fußtrainern wirklich nur als Training eingesetzt wird

und daher auch zeitlich begrenzt ist. Es ist nicht sinnvoll die Fußtrainer immer oder häufig im

Alltag zu tragen. Auf ein langsames Gewöhnen an das Barfußtraining sollte man großen Wert

legen (Marquardt et al., 2012, S. 199-201).

Page 94: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

87

7.2.8 Exzentriktraining

Eine sehr häufige Komplikation nach Inversionstraumen sind Tendopathien, oftmals tritt eine

Achillodynie auf. Natürlich können auch andere Sehnen am Fuß und Unterschenkel betroffen

sein (zum Beispiel die Sehnen der Mm. peronei), was natürlich eine dementsprechend richtige

Durchführung des Exzentriktrainings für den Muskel und die Sehne fordert. Der

Sporttherapeut braucht genaue Kenntnisse über den Verlauf und die Funktion der jeweiligen

Sehnen und Muskeln, um dem Patienten die richtigen exzentrischen Übungen instruieren zu

können.

Die konsequente Durchführung exzentrischer Trainingsprogramme über einen längeren

Zeitraum zeigt bei Tendopathien sehr gute Erfolge (Ebelt-Paprotny & Preis, 2008, S. 503).

Im Folgenden wird das Exzentriktraining der Achillessehne beschrieben. Die Reihenfolge des

Übungsauftrages muss eingehalten werden:

1. Der Patient steht mit den Zehenballen auf einer Stufe.

2. Der Patient verlagert sein Gewicht auf die nicht betroffene Seite.

3. Mit dem nicht betroffenen Bein drückt sich der Patient in die PF hoch.

4. Der Patient verlagert sein Gewicht auf die Schmerzseite und bleibt dabei auf der

Zehenspitze.

5. Der Patient geht in DE und lässt dabei seine Ferse unter Muskelanspannung bis zum

tiefst möglichen Punkt absinken.

Abb. 58: Exzentriktraining der Achillessehne

Page 95: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

88

Die Wiederholungszahl beträgt nach Alfredson (1998, S. 360-366) 180 Wiederholungen pro

Tag in einem Übungszeitraum von zwölf Wochen.

Die Durchführung des Exzentriktrainings der Achillessehne fordert eine Vollbelastung. Das

bedeutet, dass das Training erst am Ende der Rehabilitation durchgeführt werden soll, wenn

der Patient schon komplett belasten darf.

7.2.9 Training bei Tendopathien

Die Rehabilitation von Tendopathien fordert viel Geduld und Durchhaltevermögen von den

betroffenen Patienten. Die Sehnen sind meist verdickt und sehr schmerzhaft und wenig

belastbar. Die Praxis zeigt, dass ein exzentrisches Training oft sehr schmerzhaft ist und

manche Patienten aufgrund dessen schnell die Motivation dafür verlieren. Mittlerweile gibt es

auch andere Trainingsmethoden bei Tendopathien. Man wählt die Methode, mit der der

Patient besser zurande kommt.

Beyer et al. (2015, S. 1704-1711) zeigte in seiner Studie, dass ein Heavy-Slow-Resistance-

Training (HSR) ebenso effektiv ist wie ein exzentrisches Training. Das HSR Training ist ein

isotonisches Training, in dem sich konzentrische und exzentrische Muskelspannung

abwechseln. Der Patient trainiert mit hohen Belastungen und zirka sechs bis fünfzehn

Wiederholungen, in einem sehr langsamen Tempo, das heißt er darf sechs Sekunden pro

Wiederholung aufwenden. Das Training sollte nicht öfter als dreimal pro Woche absolviert

werden (Beyer et al., 2015, 1704-1711).

Page 96: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

89

8 Patientenbeispiele

Die nun folgenden Patientenbeispiele sollen dazu dienen, das theoretische Procedere zur

Befunderhebung und zur Therapieplanung in die Praxis überzuführen.

8.1 Patientenbeispiel 1

Die Patientin Brigitte H., 45 Jahre, sitzender Beruf, sehr sportlich (Laufen, Golf), kommt mit

einem MRT-Befund in die Praxis.

MRT des linken Sprunggelenks

1. Ausgeprägte Verdickung und intrasubstanzielle Signalalteration des Ligamentum

talofibulare anterius mit Prädominanz am malleolaren Ursprung, vereinbar mit einer in

narbiger Remodellierung befindlichen Bandläsion, das Ligamentum talofibulare

posterius unauffällig. Geringe Verdickung und Signalalteration des Ligamentum

calcaneofibulare mit periligamentärem Ödem, vereinbar mit Distorsion.

2. Das Ligamentum deltoideum und die Syndesmosebänder unauffällig. In erster Linie

reaktiv bedingter Erguss im distalen Anteil der Syndesmose.

3. Mäßiggradiger Erguss im oberen Sprunggelenk, keine demarkierte osteochondrale

Läsion nachweisbar.

4. Eher geringe Ergussbildung im unteren Sprunggelenk, vor allem im subtalaren

Bereich.

5. Höhergradige Arthrose im Talonaviculargelenk mit Verdickung des Ligamentum

talonaviculare, vereinbar mit einer vernarbten Bandläsion. Das Calcaneo-

Cuboidalgelenk unauffällig.

6. Unauffällige Darstellung der Flexor-, Extensor- und Peroneussehnen inklusive

Sehnenscheiden.

7. Normales Markraumsignal der dargestellten Skelettanteile, kein signifikantes

Knochenmarködem nachweisbar.

8. Die Plantarfaszie unauffällig.

Patientenanamnese

Brigitte H. erlitt vor zirka vier Wochen ein Inversionstrauma im Grad I bis II und kommt

aufgrund von persistierenden Schmerzen und anhaltender Schwellung in die Praxis. Der

MRT-Befund ergab zusätzliche artikuläre und chondrale Komplikationen.

Page 97: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

90

Brigitte H. beschreibt ihre Schmerzen, vor allem bei Belastung dorsal am Fußrücken und um

den Malleolus lateralis. Immer öfter verspürt sie eine erhöhte Spannung in der Wade und auch

außen am Unterschenkel. Die Schwellung zeigt sich am massivsten abends und auch schon

nach kurzen Gehstrecken, die in letzter Zeit leider kürzer geworden sind, weil der Schmerz

eigentlich nicht besser wird, sondern schlimmer. Kurz nach dem Trauma sei der Schmerz gar

nicht so arg gewesen. Die Patientin ist natürlich schon ungeduldig, da das Inversionstrauma

doch schon vor vier Wochen passiert ist.

Das Trauma ereignete sich morgens beim Laufen. Es war sehr glatt und die Patientin übersah

in einer Kurve auf einer Gehsteigkante eine Eisplatte. Sie kippte genau über diese Kante mit

dem Fuß, in SUP und Adduktion, und kam dabei zu Sturz. Zusätzlich erlitt sie einige

Schürfwunden am Ellbogen und an der Hand. Der Aufprall am Boden war für die Patientin

sehr heftig, doch sie konnte trotzdem nach dem Sturz belasten, sodass sie noch zwanzig

Minuten nach Hause humpelte. Die starke Schwellung und der Bluterguss außen am Knöchel

waren der Anlass dafür, dass die Patientin noch am selben Tag ins Unfallkrankenhaus fuhr.

Dort wurde sie untersucht und bekam eine Stabilisationsschiene. Ein Inversionstrauma Grad I

wurde diagnostiziert und sie sollte zwei bis drei Wochen in der Schiene das Sprunggelenk

ruhigstellen, kühlen und hochlagern und bei Bedarf Schmerzmedikamente nehmen. Nach drei

Wochen wurde ein Kontrolltermin vereinbart. Das Röntgen ergab keine Fraktur, eine MRT-

Untersuchung wurde nach der Erstanamnese nicht durchgeführt.

Die Patientin hielt sich an diese Anweisungen, bemerkte jedoch, dass die Schmerzen und die

Schwellung mit der Zeit nicht besser, sondern eher schlechter wurden. Daher nahm sie vor

allem in der dritten Woche schon täglich Schmerzmedikamente. Das Hämatom lateral an der

Ferse und dorsal am Fußrücken besserte sich langsam. Brigitte H. war froh, als nach drei

Wochen der Kontrolltermin im Unfallkrankenhaus war. Aufgrund der persistierenden

Schmerzen wurde ein MRT durchgeführt. Aufgrund dessen wurde weiterhin die

Stabilisationsschiene empfohlen und Unterarmstützkrücken zur Entlastung aufgrund der

artikulären Komplikationen. Weiters bekam sie die Empfehlung mit einer Therapie zu

beginnen.

Im weiteren Gespräch erzählte die Patientin, dass sie schon mehrmals umgeknöchelt sei. Das

erste Mal cirka vor drei Jahren bei einem Waldlauf über Wurzeln und das zweite Mal

ungefähr vier Monate danach, als sie einfach nur von ihrem Fahrrad abstieg, ohne irgendeinen

speziellen Grund knickte sie abermals um. Seitdem war sie unfallfrei.

Page 98: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

91

Schmerzanamnese

• Die Patientin beschreibt am ersten Tag der Therapie einen dumpfen Schmerz bei

Belastung und manchmal in der Nacht und auch in Ruhe am Tag. Das ist ein sicheres

anamnestisches Zeichen für die artikulären Komplikationen und die Ergussbildung.

• Der Schmerz sei bei Belastung mittlerweile stark, in der Nacht mittel. Wobei sie

abends täglich ein Schmerzmedikament nimmt. Der Nachtschmerz und der

Belastungsschmerz sind ein Zeichen für ein akutes Geschehen.

• Generelles schwaches und instabiles Gefühl am Fuß. Man sollte in der

Funktionsuntersuchung auf Bandinstabilitäten achten.

Inspektion

• Schwellung um den Malleolus lateralis. Verdickung und Signalalteration des

Ligamentum talofibulare anterius und des Ligamentum calcaneofibulare.

• Pes valgus von 7°. Hypermobilität im OSG und USG.

• Abgesunkenes Längs- und Quergewölbe. Eventuell schon anlagebedingt

beziehungsweise durch die Primärtraumen am Sprunggelenk.

• Stützkrücken und Stabilisationsschiene. Unbedingt fortwährend beibehalten. Zu

Beginn Training in Entlastung.

Funktionsüberprüfung

• Talar Tilt Test im Seitenvergleich positiv. Inversionsstresstest spricht für die laterale

Aufklappbarkeit.

• Anterior Drawer Test im Seitenvergleich positiv. Vorderer Schubladentest spricht für

den Talusvorschub.

• Kein stabiler Rückfuß im Stand mit Stützkrücken. Pes valgus 7°. Generelle

Bandinstabilität und starke Belastung auf den Knorpel.

• Sehr beweglicher Mittelfußbereich in PRON und SUP. Generelle Bandinstabilität im

Midtarsalbereich.

• Funktionsprüfung im Gang wird aufgrund der Entlastung mit Stützkrücken nicht

durchgeführt.

• Muskelfunktionsprüfung in Rückenlage ergibt einen Muskelstatus 1 bis 2 bei

folgenden Muskeln:

Page 99: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

92

M. extensor hallucis longus

M. extensor hallucis brevis

M. extensor digitorum longus

M. extensor digitorum brevis

M. flexor hallucis longus

M. flexor hallucis brevis

M. flexor digitorum longus

M. flexor digitorum brevis

Die Patientin hat ein großes funktionelles Defizit in der tiefen Beugerloge und

Streckerloge und bei den kurzen Fußmuskeln.

Schmerzpalpation

• Positive Schmerzpalpation im Bereich des Malleolus lateralis am Ligamentum

talofibulare anterius und am Ligamentum calcaneofibulare.

• Positive Triggerpunktpalpation der Muskeln des M. gastrocnemius und des M. soleus.

Dieser positive Palpationsbefund korreliert mit den Wadenschmerzen der Patientin.

Plan der Therapie

Der Therapieverlauf für die Patientin Brigitte H. muss Schritt für Schritt geplant werden. Die

Patientin wird über die weitere Vorgehensweise sehr genau aufgeklärt.

1. Aufgrund der Ergussbildung im OSG und USG weiterhin Entlastung mit

Unterarmstützkrücken.

2. Das permanente Tragen der Stabilisationsschiene ist wegen der massiven Instabilitäten

an mehreren Gelenken am Fuß indiziert. Ein schrittweiser Abbau der Schiene auf ein

Brace und später auf einen Tapeverband ist nach drei bis fünf Monaten geplant. Das

kommt ganz darauf an, wie sich die Instabilitäten am Fuß entwickeln.

3. Lymphdrainage und abschwellende Elektrotherapie werden empfohlen.

4. Hubfreies Bewegen in entlasteten Ausgangsstellungen für das OSG, das USG und das

Midtarsalgelenk im schmerzfreien Bereich. Sukzessiver Aufbau des

Übungsprogrammes in Bezug auf die Wiederholungszahlen pro Tag, bis sich die

Page 100: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

93

Ergüsse in den Gelenken zurückgebildet haben. Unbedingt ein Heimprogramm

erstellen.

5. Danach schrittweiser Übergang in die Belastung, d. h. zu Beginn nur im Haus ohne

Krücken, kleine Schritte, langsames Schritttempo.

6. Parallel dazu Faszientraining für die Fascia cruris am Unterschenkel.

7. Funktionelles Muskelaufbautraining für die tiefe Beugerloge, die Extensorenloge und

die kurzen Fußmuskeln zu Beginn in entlasteten Ausgangsstellungen, später in die

Teilbelastung übergehend.

8. Propriozeptives Training primär in Entlastung, in weiterer Folge in Belastung.

9. Spezielle Kräftigungsprogramme für den M. peroneus longus und brevis, um der

Außenbandinstabilität entgegenzuwirken.

10. Barfuß-Training mit Fußtrainern auf der Wiese, später im Wald wandern.

11. Langsames Überführen in den Sport mit weiterhin stabilisierendem Brace unter

Beibehaltung eines individuell zusammengestellten Übungsprogrammes für die

Stabilität des Fußes und zur Verletzungsprophylaxe.

Weiterer Verlauf und Ergebnis der Sporttherapie

Die Patientin Brigitte H. war nach sieben sporttherapeutischen Behandlungen innerhalb von

sieben Wochen beschwerdefrei. Die Schmerzen in Ruhe, in der Nacht und auch tagsüber beim

Gehen im Alltag traten nicht mehr auf. Das schwache und instabile Gefühl am Fuß war

verschwunden. Die Patientin beschreibt lediglich einen Vorfall, der Auslöser für einen

stechenden Schmerz tief drinnen im Sprunggelenk war. Sie war am Wochenende auf einem

Kurzurlaub am Meer und spielte mit ihrem Freund im Sand etwas Volleyball, ganz locker, nur

etwas hin und her spielen. Es war alles in Ordnung, keine Schmerzen und kein unsicheres

Gefühl mit dem Brace, das sie beim Sport immer trägt. Trotzdem verspürte sie bei einer

Landung mit ihrem linken Fuß nach einem schnellen Ausfallschritt diesen einfahrenden und

stechenden Schmerz. Es ist jedoch weiterhin nichts passiert, erzählte sie, auch keine

Schmerzen danach, sie war nur kurz erschrocken.

Ohne Brace wäre diese Situation vielleicht nicht so gut ausgegangen. Der ungewohnte

sandige Untergrund und dazu eine schnelle unvorhergesehene Bewegung in der Landung

waren Grund genug, dass der Fuß ein Instabilitätszeichen mit Schmerz meldete. Die

Belastung war in dieser Sekunde bestimmt zu hoch.

Die Gelenke des Fußes zeigen bei der Testung noch Instabilitäten, was natürlich das

Hauptproblem für die Patientin darstellt. Diese sind nur über einen längeren Zeitraum mit

Page 101: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

94

stetigem Training und fortwährendem Tragen von einem Brace und Anlegen von Tapes in den

Griff zu bekommen.

Brigitte H. entschied sich aus diesem Grund mit der Sporttherapie zweimal im Monat

fortzufahren, da sie damit ein besseres Gefühl für ihren Fuß hat. Sie bekommt weiterhin

immer neue Inputs und Anregungen, wie sie ihren Fuß und ihre gesamte Beinachse trainieren

kann, und auf diese möchte sie im kommenden Jahr nicht verzichten. Aufgrund dessen, dass

Brigitte H. weiterhin regelmäßig Sport betreiben möchte und vor allem die Laufsportarten und

Golf ihre primären Hobbys sind, ist das sicherlich die richtige Entscheidung.

8.2 Patientenbeispiel 2

Der Patient Bernd H., 21 Jahre, Student, sehr sportlich (Berglauf, Frisbee, Schwimmen, selten

Fitnesscenter) kommt mit einem Röntgen und einem MRT-Befund in die Praxis.

Röntgenbefund: Rechter Vorfuß a.p., stehend

Unauffälliges Vorfußröntgen rechts. Insbesondere unauffälliger fünfter Strahl

beziehungsweise Metatarsale V. Keine ossäre traumatische Veränderung. Keine

Weichteilverkalkung.

MRT des rechten Sprunggelenks

1. Posttraumatischer Gelenkserguss im oberen und unteren Sprunggelenk mit gering

ballonierter Gelenkskapsel vornehmlich im oberen Sprunggelenk.

2. Bone Bruise nach Inversionstrauma im unteren Sprunggelenk im medialen Bereich.

3. Die Syndesmosebänder intakt.

4. Subtotalruptur des Ligamentum talofibulare anterius mit einzelnen verdickten

signalalterierten verbliebenen caudalen Bandzügeln. Lokale Synovitis.

5. Posttraumatisches Ödem im Malleolus medialis und signalalterierte, teilrupturierte

Pars tibiotalaris posterior des Ligamentum deltoideum. Die übrigen Bandabschnitte,

inklusive dem Tibiospringligament, intakt.

6. Höhergradige Tendinose der Peroneus brevis Sehne, diese in Höhe des Malleolus

zentral auf ein bis zwei Millimeter verschmälert.

7. Unauffällige Darstellung der übrigen Flexoren- und Extensorensehnen.

8. Weichteilödem über dem Malleolus lateralis.

9. Ausgeprägt ödematös ist vor allem das subcutane Fettgewebe am distalen

Unterschenkel und in der Sprunggelenksregion dorsolateral und dorsomedial.

Page 102: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

95

10. Eher signalarme Auftreibung der Achillessehne im proximalen Anteil, vereinbar mit

einer hypoxischen Binnendegeneration.

Patientenanamnese

Vor neun Wochen unternahm der Patient Bernd H. einen Berglauf auf den Schöckl. Beim

Bergablaufen verspürte er plötzlich einen starken Stich am lateralen Fußrand, sodass er nicht

mehr weiterlaufen konnte. Nur mühsam kämpfte er sich zur Talstation. Beim Nach-Hause

Fahren mit dem Auto konnte er kaum das Gaspedal betätigen. Am nächsten Tag hatte er

zufällig einen Termin bei seinem Heilmasseur, dem er den Vorfall schilderte. Der Masseur

massierte ihm die äußere Wade, da er ein extrem hartes Gefühl in diesem Bereich verspürte.

Zudem legte er Bernd H. nahe, ein Röntgenbild vom Fuß zu machen. Nur zur Sicherheit, um

eine eventuell aufgetretene Fraktur abzuklären, da der laterale Fußrand eine kleine

Schwellung zeigte und ein kleines Hämatom sichtbar war. Das Röntgen war unauffällig und

die Beschwerden des Patienten besserten sich innerhalb von drei bis vier Wochen mit

weiterhin Massagen und einer kurzen Trainingspause. Der Patient konnte wieder in ein

moderates Training beim Laufen und beim Frisbee einsteigen. Vor vier Wochen allerdings,

als er morgens eilig die Stiegen hinunterlief, passierte das Umknicktrauma. Kein Schritt war

mehr möglich und starke Schmerzen, laterale Schwellung am Außenknöchel, blitzblau auf der

äußeren Fußseite. Der Patient fuhr sofort mit dem Taxi ins Landeskrankenhaus, wo ein MRT

durchgeführt wurde. Seitdem volle Entlastung mit Stützkrücken und Ruhigstellung in einer

Stabilisationsschiene untertags und auch nachts. Vor zwei Tagen war der Patient für eine

Kontrolluntersuchung abermals in der Ambulanz auf der Unfallchirurgie. Der Arzt verordnete

ihm langsame Belastungssteigerung und Therapie für seinen Fuß nach Inversionstrauma.

Schmerzanamnese

• Der Patient hat keinen Ruheschmerz und keinen Nachtschmerz.

• Morgenschmerz im Sprunggelenk, der weggeht, nachdem er zehn Minuten in der

Wohnung herumgegangen ist. Der Patient meint, es handele sich um einen tiefen

Schmerz im Gelenk. Deutet eventuell auf das Bone bruise beziehungsweise auf einen

Immobilisationsschaden im Knorpel hin.

• Schmerzen am lateralen Fußrand und hinter dem Malleolus lateralis nach 15 bis 20

Minuten langsamem Gehen. Die Schmerzen werden stärker, wenn er weitergeht, und

halten auch in Ruhe noch an. Hinweis auf die Tendinose der Peroneussehnen.

Page 103: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

96

• Der Achillessehnenschmerz kommt von einer alten Achillessehnenruptur vor zwei

Jahren, die konservativ versorgt wurde. Der Schmerz komme und gehe und sei jetzt

auch wieder permanent spürbar.

Inspektion

• Leichte Schwellung am Malleolus medialis und lateralis. Aufgrund der Bandruptur.

• Verdickte Auftreibung der Achillessehne im mittleren Bereich. Optisches Zeichen

einer Achillodynie.

• Podologische Einlagenversorgung seit einem Jahr.

• Sehr beanspruchte Füße beiderseits mit trockenem Hautbild und an mehreren Stellen

leichte verhornte Stellen und Schwielenbildungen.

Funktionsüberprüfung

• Talar Tilt Test positiv. Inversionsstresstest spricht für die laterale Aufklappbarkeit.

• Hypersupination in der späten Abrollphase im Gang. Eventuell durch die fehlende

Funktion der Mm. peronei.

• Die Muskelfunktionsprüfung ergibt einen Muskelstatus 3 der Mm. peronei. Tendinose

des M. peroneus brevis.

• Instabilitätsgefühl im Gang.

Schmerzpalpation

• Druckschmerz am malleolus medialis und lateralis. Aufgrund der Bandverletzung.

• Druckschmerz am lateralen Unterschenkel und Oberschenkel. Hinweis auf Fascia lata

und Fascia cruris.

• Druckschmerz auf der Fußsohle im Verlauf der Sehne des M. peroneus longus.

Eventuelle Überlastungserscheinung der Sehne.

• Druckschmerz auf der Verdickung der Achillessehne. Alte Achillodynie.

Plan der Therapie

Im Fall von Bernd H. muss man noch mit einer längeren Sportpause in Bezug auf das

Lauftraining und Frisbee rechnen. Eine Alternative in dieser Zeit wäre Schwimmen oder

Training in einem Fitnesscenter. Hier könnte auch ein regelmäßiges propriozeptives Training

und Beinachsentraining unter Anleitung eines Trainers stattfinden.

Die drei wichtigsten Parameter im Fall von Bernd H. sind:

Page 104: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

97

1. Die Erlangung der Stabilität durch propriozeptives Training, primär in entlasteten

Positionen, übergehend in belasteten Ausgangstellungen.

2. Funktionelles Beinachsentraining zu Beginn mit Teilbelastung bis zur Vollbelastung,

um die gesamte untere Extremität biomechanisch und funktionell richtig für die

Sportausübung vorzubereiten.

3. HSR-Training für die Tendinosen der Peroneussehnen und der Achillessehnen.

4. Exzentriktraining für die Tendinosen der Peroneussehne und der Achillessehne, wenn

das generelle Instabilitätsgefühl und der Belastungsschmerz verschwunden sind.

5. Parallel dazu angeleitetes Faszientraining für die Plantarfascie und die Fascia cruris.

6. Triggerpunktbehandlung durch den Sporttherapeuten.

Der Übergang zum Laufsport und zum Frisbee sollte langsam mit dementsprechenden Pausen

und mit angepassten Intensitäten passieren. Das Tragen eines Braces über den Zeitraum eines

Jahres wäre anzuraten.

Weiterer Verlauf und Ergebnis der Sporttherapie

Im Falle von Bernd H. muss die Heilung des Bone Bruise, die ungefähr sechs bis zwölf

Monate dauern kann, beobachtet werden. Der Patient kann all das machen, was schmerzfrei

ist. Die sportwissenschaftlichen Empfehlungen in Bezug auf die Belastung des Fußes richten

sich ausschließlich nach den Schmerzen, die eventuell auftreten können. Natürlich ist in der

Sporttherapie eine langsame Belastungssteigerung zu empfehlen. Wichtig ist es, den Patienten

über die Problematik sehr genau aufzuklären, denn die schon bestehenden

Sehnenproblematiken sind natürlich ein zusätzlicher Schmerzgenerator für den Fuß. Ein

längerfristiger Therapieverlauf ist leider aufgrund der Pathologien unvermeidlich. Den

Wiedereinstieg in den Sport sollte Bernd H. innerhalb der Zeitspanne von sechs Monaten in

folgender Reihung planen:

1. Schwimmen

2. Fitnesscenter

3. Lockerer Berglauf und sukzessive Steigerung

4. Frisbee

Parallel sollte man Bernd H. in der Sporttherapie für ein HSR-Training und ein

Exzentriktraining für seine Sehnenpathologien begeistern. Da der Patient keine generellen

Instabilitätszeichen am Fuß zeigt, sondern vorrangig der Talar Tilt Test positiv ist und er die

Hypersupination in der späten Abrollphase im Gang zeigt, muss auch von funktioneller Seite

Page 105: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

98

her mit Physiotherapie und einer dementsprechenden Einlagenversorgung interveniert

werden. Die Zusammenarbeit von Sportwissenschaftler und Physiotherapeut ist im Falle von

Bernd H. der Schlüssel zum Erfolg. Nachdem der Patient noch sehr jung ist und einen guten

Bezug zu seinem Körper hat, wird er eigenverantwortlich und mit Unterstützung der

Therapeuten letztendlich ein gutes Therapieergebnis erzielen.

Page 106: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

99

9 Conclusio

Sowohl die Literatur (Wülker, 2015, S. 180; Braun, 1999, S. 84) als auch die Praxis bestätigen

die guten Erfolge nach Inversionstraumen bei konservativer Vorgehensweise.

Die Praxis hat gezeigt, dass fast alle Inversionstraumen, wenn eine konservative

Vorgehensweise indiziert ist, sehr erfolgreich in der Sporttherapie behandelt werden können.

Ausschlaggebend dafür ist die richtige und vor allem zielorientierte Therapie.

Ziel dieser Masterarbeit war es, nicht nur die therapeutischen Möglichkeiten nach einem

klassischen Inversionstrauma aufzuzeigen, sondern zusätzlich die möglichen Komplikationen

und Schmerzzustände, die viele Patienten in ihrer Anamnese zu verzeichnen haben. In

diverser Literatur (Longo et al., 2013; Niethard et al., 2014; Rüther et al., 2014; Wülker et al.,

2015) wird eindeutig belegt, dass zahlreiche Zusatzverletzungen und Schmerzzustände

parallel zur eigentlichen Verletzung auftreten können. Bestätigt wird diese Tatsache aus der

Praxis durch die Anamnesen der Patienten nach Inversionstraumen. Die wichtigsten

Pathologien sind in dieser Arbeit angeführt und sollen als Nachschlagewerk für diejenigen

dienen, die als Sportwissenschaftler therapeutisch tätig und mit solchen Patienten konfrontiert

sind. Die in dieser Masterarbeit beschriebenen wichtigsten Pathologien sollte man auf jeden

Fall kennen, damit man so schnell als möglich auf zusätzliche Komplikationen in der

Therapie adäquat eingehen kann. Ein erfolgreicher Therapieverlauf für den Patienten ist das

oberste Ziel für die Arbeit in der Sporttherapie.

Die Möglichkeiten der sporttherapeutischen Intervention, die in dieser Arbeit beschrieben

sind, können vom Sporttherapeuten gezielt je nach Patient und Pathologie angewendet

werden. Natürlich sollte die richtige Therapie- und Trainingsform gewählt werden, damit man

einen nachhaltigen Therapieerfolg erzielen kann. Auch wenn der Therapieverlauf einige Zeit

dauert, ist es durch die Sporttherapie möglich, dass man schmerzfreie und zufriedene

Patienten in die normale Alltagsbelastung, in den Breitensport und in den Leistungssport

überführen kann.

Es ist von großer Bedeutung, dass Sportwissenschaftler, Physiotherapeuten und Mediziner ihr

Wissen und ihre therapeutischen und medizinischen Fähigkeiten gemeinsam für die

Problematiken am Patienten einsetzen, damit man in der alltäglichen Arbeit im

Therapiebereich positive Erfolge am Patienten erzielen kann. Sehr gut verdeutlicht wird dies

durch das Patientenbeispiel zwei des Bernd H., der im Therapieverlauf ein funktionelles

Problem am Fuß und in seiner Beinachse zeigt und eine orthopädische Einlagenversorgung

Page 107: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

100

benötigt. Der letztendliche Therapieerfolg wird sich nur einstellen, wenn

Sportwissenschaftler, Physiotherapeut und Orthopäde zusammenarbeiten.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass eine umfassende und richtige Aufklärung zu Beginn der

Therapie den Sinn hat, dass man am Ende zufriedene Patienten hat, auch wenn noch

Schmerzen für eine Zeit lang bestehen bleiben, was vor allem bei den chronischen

Komplikationen nach Inversionstraumen der Fall sein kann. Denn in der Behandlung von

Patienten sieht man immer wieder, dass trotz intensiven und konsequenten Übens manche

Patienten noch mit Restsymptomatiken zu kämpfen haben. Das zeigen vor allem auch die

beiden Patientenbeispiele am Ende dieser Masterarbeit. Die Gewebsheilung braucht Zeit und

als Sportwissenschaftler sollte man geduldig, kompetent und motivierend den Patienten nach

einem Inversionstrauma begleiten, bis sich der Therapieerfolg einstellt. Akute

Komplikationen kann man bei richtiger Intervention schneller in den Griff bekommen als

chronische Pathologien. Diese sind manchmal sowohl für den Patienten als auch den

Sporttherapeuten eine Geduldsprobe. Die Verbesserung der Schmerzen und der

Komplikationen passiert bei chronifizierten Beschwerden sicherlich langsamer, was nicht

heißt, dass man letztendlich trotzdem mit der Sporttherapie zu einem erfolgreichen Ergebnis

kommt.

Page 108: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

101

10 Literaturverzeichnis

Alexander, I. J. (1991). Der Fuß. Untersuchung und Diagnostik. Berlin Heidelberg: Springer

Verlag.

Alfredson, H., Pietilä, T., Jonsson, P., Lorentzon, R. (1998). Heavy-load eccentric calf muscle

training fort he treatment of chronic Achilles tendinosis. American Journal of Sports

Medicine, 26 (3), S. 360-366.

Arndt, A., Wolf, P., Liu, A., Nester, C., Stacoff, A., Jones, R., Lundgren, P., Lundberg, A.

(2007). Intrinsic foot kinematics measured in vivo during the stance phaseof slow

running. Journal of Biomechanics, 40, 2672-2678.

Aumüller, G., Aust, G., Engele, J., Kirsch, J., Maio, G., Mayerhofer, A., Mense, S., Reißig,

D., Salvetter, J., Schmidt, W., Schmitz, F., Schulte, E., Spanel-Borowski, K.,

Wennemuth, G., Wolff, W., Wurzinger, L. J., Zilch, H. G. (2014). Anatomie (3.

Auflage). Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.

Bant, H., Haas, H. J., Ophey, M., Steverding, M. (2011). Sportphysiotherapie. Stuttgart/New

York: Georg Thieme Verlag.

Bassett, C. A. L., Pawluk, R. J. (1972). Electrical behavior of cartilage during loading.

Science, 178 (4064), 982-983.

Beyer, R., Kongsgaard, M., Hougs Kjaer, B., Ohlenschlaeger, T., Kjaer, M., Magnusson, S. P.

(2015). Heavy Slow Resistance Versus Eccentric Training as Treatment for Achilles

Tendinipathy: A Randomized Controlled Trial. American Journal of Sports Medicine,

43, 1704-1711.

Braun, A. (Hrsg.). (1999). Praktische Orthopädie Fuß. Erkrankungen und Verletzungen.

Darmstadt: Steinkopff Verlag.

Buckup, K., Buckup, J. (2012). Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln.

Untersuchungen – Zeichen – Phänomene. Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag.

Chaudhry, H., Schleip, R., Ji, Z., Bukiet, B., Maney, M., Findley, T. (2008). Three

dimensional mathematical model for deformation of human fasciae in manual therapy.

Journal of the American Osteopathic Association, 108, 379-390.

Page 109: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

102

Chen, X., Weber, I., Harrison, R. W. (2008). Hydration water and bulk water in proteins have

distinct properties in radial distributions calculated from 105 atomic resolution crystal

structures. Journal of Physical Chemistry B, 112, 12073-12080.

Corazza, F., O`Connor, J.J., Leardini, A., Parenti Castelli, V. (2003). Ligament fibre

recruitment and forces for the anterior drawer test at the human ankle joint. Journal of

Biomechanics, 36 (3), 363-372.

Ebelt-Paprotny, G., Preis, R. (Hrsg.). (2008). Leitfaden Physiotherapie (5. Auflage).

München: Urban & Fischer.

Engelhardt, M. (Hrsg.). (2016). Sportverletzungen. Diagnose, Management und

Begleitmaßnahmen (3., überarbeitete Auflage). München: Urban & Fischer.

Ehrhardt, D. (2012). Praxishandbuch funktionelles Training. Stuttgart/New York: Georg

Thieme Verlag KG.

Fanghänel, J., Pera, F., Anderhuber, F., Nitsch, R. (Hrsg.). (2009). Waldeyer Anatomie des

Menschen. Lehrbuch und Atlas in einem Band (18. Auflage). Berlin/New York: Walter

de Gruyter GmbH & Co. KG.

Feldenkrais, M. (2004). Bewusstheit durch Bewegung – Der aufrechte Gang (9. Auflage).

Frankfurt/Main: Suhrkamp Verlag.

Fleischhauer, M., Heimann, D., Hinkelmann, U. (2002). Leitfaden Physiotherapie in der

Orthopädie und Traumatologie. München/Jena: Urban & Fischer Verlag.

Freiherr von Salis-Soglio, G. (2016). Die Neutral-0-Methode. Mit Längen und

Umfangsmessung. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag.

Fortin, P. T., Balazsy, J. E. (2001). Talus Fractures: Evaluation and treatment. Journal of the

American Academy of Orthopaedic Surgeons, 9, 114-127.

Gabbiani, G. (2003). The myofibroblast in wound healing and fibrocontractive diseases.

Journal of Pathology, 200, 500-503.

Geiger, U. (2016). Therapie funktioneller Dysbalancen mit Kleingeräten. Stabilisation –

Mobilisation – Kräftigung. München: Urban & Fischer.

Giese, M., Schmidt, K. (2006). Propriozeptives Training in der Schule. Was der

Sportunterricht von der Bewegungstherapie lernen kann. Sportpraxis, 47 (5), 35-39.

Page 110: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

103

Hanten, W. P., Olson, S. L., Butts, N. L., Nowicki, A. L. (2000). Effectiveness of a home

program of ischemic pressure followed by sustained stretch for treatment of

myofascial trigger points. Journal of Physiotherapy, 80 (10), 997-1003.

Hislop, H. J., Montgomery, J. (2000). Daniels´and Worthinghams Muskeltests. München:

Urban & Fischer.

Huber, M., Trattnig, S., Linter, F. (2000). Anatomy, Biochemistry and Physiology of the

Articular Cartilage. Investigative Radiolology, 35 (10), 573-580.

Kikelly F. X., McHale, K. A. (1994). Acute rupture of the peroneal longus tendon in a runner:

A case report and review of the literature. Foot & Ankle International, 15, 567-569.

Knobloch, K., Schreibmueller, L., Kraemer, R., Jagodzinski, M., Vogt, P. M., Redeker, J.

(2010). Gender and eccentric training in Achilles mid-portion tendinopathy. Knee

Surgery Traumatology Arthroscopy, 18, 648-655.

Knobloch, K. (2007). Eccentric training in Achilles tendinopathy: is it harmful to tendon

microcirculation? British Journal of Sports Medicine, 41, 1-5.

Kollias, S. L., Ferkel, R. D. (1997). Fibular grooving for recurrent peroneal tendon

subluxation. American Journal of Sports Medicine, 25, 329-335.

Larsen, C. (2014). Gut zu Fuß ein Leben lang. Trainieren statt operieren: Die besten

Übungen aus der Spiraldynamik (4. überarbeitete Auflage). Stuttgart: Trias Verlag.

Lechler, P., Grifka, J., Köck, F. X. (2011). Ankle arthroplasty: indications and current state.

Orthopade, 40 (6), 561-570.

Longo, U. G., Loppini, M., Romeo, G., Niek van Dijk, C., Maffulli, N., Denaro, V. (2013).

Bone bruises associated with acute ankle ligament injury: do they need treatment?

Knee Surgery Sports Traumatology Arthroscopy, 21 (6), 1261-1268.

Lundgren, P., Nester, C., Liu, A., Arndt, A., Jones, R., Stacoff, A., Wolf, P., Lundberg, A.

(2008). Invasive in vivo measurement of rear-, mid- and forefoot motion during

walking. Gait &Posture, 28, 93-100.

Marlovits, S., Singer, P., Zeller, P., Mandl, I., Haller, J., Trattnig, S. (2006). Magnetic

resonance observation of carrtilage repair tissue (MOCART) fort he evaluation of

autologous chondrocyte transplantation: determination of interobserver variability and

Page 111: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

104

correlation to clinical outcome after two years. European Journal of Radiology, 51,

16-23.

Marquardt, M., Ansah, P., Dierkes, M., Harrer, F., Rockenfeller, B., Schmidt, T., Wegner, U.

(2012). Laufen und Laufanalyse. Medizinische Betreuung von Läufern. Stuttgart/New

York: Georg Thieme Verlag.

Matthijs, O., Van Paridon-Edauw, D., Winkel, D. (2006). Manuelle Therapie der peripheren

Gelenke. Hüfte, Knie, Sprunggelenk, Fuß und Knorpelgewebe. München/ Jena:

Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag.

Miners, A. L., Bougie, T. L. (2011). Chronic Achilles tendinopathy: a case study of treatment

incorporating active and passive tissue warm-up, Graston Technique, ART, eccentric

exercise, and cryotherapy. Journal of the Canadian Chiropractic Association, 55 (4),

269-279.

Montag, H. J., Asmussen, P. D. (1995). Taping-Seminar. Funktionelle Verbände am

Bewegungsapparat. Balingen: PERIMED-spitta Medizinische Verlagsgesellschaft

mbH.

Netter, F. H. (2001). Netters Orthopädie. Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag.

Niethard, F. U., Pfeil, J., Biberthaler, P. (2014). Orthopädie und Unfallchirurgie (7. Auflage).

Stuttgart: Georg Thieme Verlag KG.

Pötinen, P., Gleditsch, J., Pothmann, R. (2001). Triggerpunkte und Triggermechanismen (2.

Auflage). Stuttgart: Hippokrates Verlag GmbH.

Rüther, W., Lohmann, C. H. (2014). Orthopädie und Unfallchirurgie (20. Auflage).

München: Urban & Fischer.

Salter, R. B., Simmonds, D. F., Malcolm, B. W., Rumble, E. J., MacMichael, D., Clements,

N. D. (1980). The biologic effect of continuous passive motion on healing of full-

thickness defects in articular cartilage. An experimental investigation in the rabbit.

Journal of Bone & Joint Surgery – American Volume, 62 (8), 1232-1251.

Sammarco, G. J. (1995). Peroneus longus tendon tears: Acute and chronic. Foot & Ankle

International, 16, 245-253.

Schleip, R. (2003). Fascial plasticity: A new neurobiological explantation. Journal of

Bodywork and Movement Therapies,7, 11-19 und 104-116.

Page 112: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

105

Schleip, R., Baker, A. (2016). Faszien. In Sport und Alltag. München: Riva.

Schleip, R., Findley, T. W., Chaitow, L., Huijing, P. A. (Hrsg.). (2014). Lehrbuch Faszien.

Grundlagen – Forschung – Behandlung. München: Urban & Fischer.

Schmidtbleicher, D. (1994). Konzeptionelle Überlegungen zur muskulären Rehabilitation.

Medizinisch Orthopädische Technik, 114 (4), 170-173.

Someeh, M., Norasteh, A. A., Daneshmandi, H., Asadi, A. (2015). Immediate effects of

Mulligan´s fibular repositioning taping on postural control in athletes with and without

chronic ankle instability. Physical Therapie in Sport, 16 (2), 135-139.

Stecco, C., Capellari, A., Macchi, V., Porzionato, A., Morra, A., Berizzi, A., De Caro, R.

(2013). The paratendineous tissues: an anatomical study of their role in the

pathogenesis of tendinopathy. Surgical Radiologic Anatomy, 36 (6), 561-572.

Stecco, C., Pavan, P. G. (2009). Mechanics of crural fascia: from anatomy to constitutive

modelling. Surgical and Radiologic Anatomy, 31, 523-529.

Stecco, C., Porzionato, A., Macchi, V., Tiengo, C., Parenti, A., Aldegheri, R., Delmas, V., De

Caro, R. (2006). Histological characteristics of the deep fascia of the upper limb.

Italian Journal of Anatomy and Embryology, 111, S. 105-110.

Stevens, M., Tan, C. W. (2014). Effectiveness oft the Alfredson protocol compared with a

lower repetition-volume protocol for midportion Achilles tendinopathy: a randomized

controlled trial. Journal of Orthopaedic & Sports Physical Therapy, 44 (2), 59-67.

Tochigi, T., Takahashi, K., Yamagata, M., Tamaki, T. (2000). Influence of the interosseous

talocalcaneal ligament injury on stabilityof the ankle-subtalar joint complex – a

cadaveric experimental study. Foot & Ankle International, 21, 486-491.

Tohyama, H., Yasuda, K., Ohkoshi, Y., Beynnon, B. D., Renstrom, P. A. (2003). Anterior

drawer test for acute anterior talofibular ligament injuries of the ankle. How much load

should be applied during the test? American Journal of Sports Medicine, 31, 226-232.

Valderrabano, V., Leumann, A., Pagenstert, G., Frigg, A., Ebneter, L., Hintermann, B. (2006).

Chronische Instabilität im Sport – eine Rezesion für Sportmediziner. Sportverletzung

Sportschaden, 20 (4), 177-183.

Page 113: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

106

Valerius, K.-P., Frank, A., Kolster, B. C., Hirsch, M. C., Hamilton, C., Lafont, E. A. (2002).

Das Muskelbuch. Funktionelle Darstellung der Muskeln des Bewegungsapparates.

Stuttgart: Hippokrates Verlag.

Van den Berg, F. (Hg.). (2001). Angewandte Physiologie 3. Therapie, Training, Tests.

Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag.

Van den Berg, F. (1999). Angewandte Physiologie 1. Das Bindegewebe des

Bewegungsapparates verstehen und beeinflussen. Stuttgart/New York: Georg Thieme

Verlag.

Van der Plas, A., De Jonge, S., De Vos, R. J., Van der Heide, H. J. L., Verhaar, J. A. N.,

Weir, A., Tol, J. L. (2012). A 5-year follow-up study of Alfredson`s heel-drop exercise

programme in chronic midportion Achilles tendinopathy. British Journal of Sports

Medicine, 46, 214-218.

Weiker, G. G. (1984). Ankle injuries in the athlete. Primary Care Journal, 11, 101-108.

Wenk, W. (2004). Elektrotherapie. Sehen-Verstehen-Üben-Anwenden.

Berlin/Heidelberg/New York: Springer Verlag.

Wu, X., Song, W., Zeng, C., Zhou, S., Bai, S. (2015). Morphological study of

mechanoreceptors in collateral ligaments of the ankle joint. Journal of Orthopaedic

Surgery and Research, 12 (10), 92.

Wolf, P., Stacoff, A., Liu, A., Nester, C., Arndt, A., Lundberg, A., Stuessi, E. (2008).

Functional units of the human foot. Gait & Posture, 28, 434-441.

Wülker, N. (Hrsg.). (2015). Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie (3.,

überarbeitete und aktualisierte Auflage). Stuttgart/New York: Georg Thieme Verlag

KG.

Page 114: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

107

11 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Unfallhergang (18.02.2017)

http://www.joint-pain-solutions.com/sprained-ankle.html

Abb. 2: Lateraler Bandapparat (18.02.2017)

http://blog.tagesanzeiger.ch/outdoor/index.php/19014/banderzerrung-am-

sprunggelenk-was-tun/

Abb. 3: Klassifikation nach Weber (18.02.2017)

http://www.kchu.ovgu.de/Patienten/Sprunggelenksfraktur.html

Abb. 4: Ödem und Hämatom nach Inversionstrauma (19.02.2017)

https://de.wikipedia.org/wiki/Supinationstrauma

Abb. 5: Talar Tilt Test (19.02.2017)

http://www.drchiodo.com/Pages/disorders/ankle_sprains.php

Abb. 6: Anterior Drawer Test (19.02.2017)

https://www.youtube.com/watch?v=Vv5WdwVHmK8

Abb. 7: Röntgenbefund Talusvorschub (19.02.2017)

https://www.krankenhaus-rummelsberg.de/leistungsspektrum/fachabteilungen/klinik-

fuer-fuss-und-sprunggelenkchirurgie/medizinische-

schwerpunkte/bandverletzungen/diagnostik.html

Abb. 8: Röntgenbefund einer lateralen Aufklappbarkeit (19.02.2017)

https://www.krankenhaus-rummelsberg.de/leistungsspektrum/fachabteilungen/klinik-

fuer-fuss-und-sprunggelenkchirurgie/medizinische-schwerpunkte/chronische-

instabilitaeten/chronische-aussenbandinstabilitaet.html

Abb. 9: Bone Bruise (19.02.2017)

http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/skelett_und_weichteilkrankheiten/ar

ticle/461015/knochenmarksoedeme-fuss-nicht-immer-bedenklich.html

Abb. 10: Flake Fraktur (19.02.2017)

http://www.radiologyassistant.nl/en/p420a20ca7196b/ankle-fracture-weber-and-lauge-

hansen-classification.html

Abb. 11: Sinus Tarsi Syndrom (24.02.2017)

https://www.epainassist.com/sports-injuries/ankle-injuries/sinus-tarsi-syndrome-sts

Page 115: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

108

Abb. 12: Injektion am Sinus tarsi (24.02.2017)

https://www.youtube.com/watch?v=zPe4DCnIe-M

Abb. 13: Jones-Fraktur (05.03.2017)

http://www.onmeda.de/krankheiten/ermuedungsbruch.html

Abb. 14: Syndesmose (05.03.2017)

http://www.allgemeinarzt-online.de/a/wann-roentgen-wie-behandeln-1771800

Abb. 15: Syndesmoseriss (05.03.2017)

http://www.gesundheitsfrage.net/frage/syndesmoseriss-

Abb. 16: Ligamentum bifurcatum (05.03.2017)

https://campus.sportbachelor.de/lexikon/baender-des-fusses/

Abb. 17: Chopart-Gelenk (05.03.2017)

https://gelenk-klinik.de/orthopaedische-erkrankung/fuss/fusswurzelarthrose-arthrose-

des-lisfranc-gelenks.html

Abb. 18: Mm. peronei (05.03.2017)

https://www.studyblue.com/notes/note/n/14-leg-and-foot-muscles-

action/deck/2960523

Abb. 19: Aufbau des Gelenkknorpels (11.03.2017)

http://www.sinwel.com/gots/otpstick2010/page/nehrer01.html

Abb. 20: Subtalare Arthrose (12.03.2017)

https://gelenk-klinik.de/orthopaedische-erkrankung/sprunggelenk/unteres-

sprunggelenk.html

Abb. 21: Arthrose im OSG und USG (12.03.2017)

https://gelenk-doktor.de/sprunggelenk/arthrose-sprunggelenk-knorpel-therapie

Abb. 22: Pes varus (12.03.2017)

http://www.footeducation.com/foot-and-ankle-basics/biomechanics-of-foot-and-

ankle/foot-types/characteristics-of-high-arched-foot-subtle-cavus/

Abb. 23: Pes valgus (12.03.2017)

http://www.manchesterfootandanklesurgeon.co.uk/condition_flat_feet.html

Abb. 24: Goniometer (12.03.2017)

http://www.idcard.com/goniometer.aspx

Page 116: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

109

Abb. 25: Fascia cruris (12.03.2017)

http://www.oganatomy.org/projanat/gross/10/four.htm

Abb. 26: Plantaraponeurose (12.03.2017)

https://en.wikipedia.org/wiki/Plantar_fascia

Abb. 27: Achillodynie (12.03.2017)

https://www.sportordination.com/sporttraumatologie/achillessehne/

Abb. 28: Orthese nach lateraler Bandruptur (08.04.2017)

https://www.semed.de/fussgelenkbandagen.html

Abb. 29: Orthese nach Syndesmoseverletzung (08.04.2017)

http://www.sanitaetshaus-sedlmayer.de/ortho_orthesen.php

Abb. 30: Coolbag (14.04.2017)

http://www.rundum-physiotherapie.de/kryotherapie-eisbehandlung

Abb. 31: Kühler Fußwickel (14.04.2017)

http://nagelpilzinfo.com/hausmittel-gegen-fusspilz/

Abb. 32: Hubfreie DE/PF in Seitlage (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 33: Hubfreie EV/IV in Rückenlage (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 34: Hubfreie PRON/SUP mit fixiertem Rückfuß im Langsitz (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 35: Propriozeptives Training auf dem Pezziball mit Teilbelastung (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 36: Propriozeptives Training auf dem Pezziball mit Armschwung (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 37: Propriozeptives Training auf dem Pezziball mit Ball werfen (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 38: Brace (14.04.2017)

https://www.bauerfeind.de/de/produkte/bandagen/fuss/malleotrain.html

Page 117: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

110

Abb. 39: Mobilisation der distalen Fibula nach posterior-lateral-superior (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 40: Fibula-Repositions-Tape (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 41: Triggerpunktbehandlung am M. gastrocnemius (14.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 42: Triggerpunkte des M. gastrocnemius (15.04.2017)

http://www.triggerpoints.net/de/muscle/zweik%C3%B6pfiger-wadenmuskel

Abb. 43: Triggerpunkte des M. soleus (15.04.2017)

http://www.triggerpoints.net/de/muscle/soleusmuskel

Abb. 44: Triggerpunkt des M. tibialis anterior (15.04.2017)

http://www.triggerpoints.net/de/muscle/vorderer-schienbeinmuskel

Abb. 45: Große und kleine Blackroll, Faszienball (15.04.2017)

https://valife.ch/black-roll-1.html

Abb. 46: Faszientraining für die Wadenmuskulatur (15.04.2017)

https://portal.mein-therapiebedarf.de/therapie-anleitung/faszienmassage-waden-

faszien-rolle/

Abb. 47: Faszientraining für die ventrale Unterschenkelmuskulatur (15.04.2017)

https://portal.mein-therapiebedarf.de/therapie-anleitung/faszienmassage-waden-

faszien-rolle/

Abb. 48: Faszientraining für die Mm. peronei (15.04.2017)

https://www.forthree.com/blackroll-training-faszien-und-training-passt-dies-

zusammen/

Abb. 49: Faszientraining für die Plantarfaszie (15.04.2017)

https://www.youtube.com/watch?v=BFZUWqU0bDA

Abb. 50: Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis im Langsitz

(17.04.2017)

Eigene Darstellung

Page 118: Pathologien und Schmerzgeneratoren nach einem ... · Maissoneuve Fraktur: Diese ist als eine Sonderform der Weber-C-Fraktur einzuordnen. Es handelt sich um eine Fibulafraktur sehr

111

Abb. 51: Funktionelles Krafttraining des M. peroneus longus und brevis sitzend auf dem

Pezziball (17.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 52: Funktionelles Krafttraining der Mm. peronei im Stand mit Abdruckaktivität

(17.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb.53: Beinachsentraining in Rückenlage (17.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 54: Beinachsentraining im Stand (17.04.2017)

Eigene Darstellung

Abb. 55: Propriozeptives Training auf einem Therapiekreisel (23.04.2017)

http://uebungenzuhause.de/propriozeptives_training/

Abb. 56: Propriozeptives Training für Sportler (23.04.2017)

https://www.mobilesport.ch/aktuell/propriozeptives-training-auf-zwei-beinen-

medizinball/

Abb. 57: Fußtrainer (23.04.2017)

http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/laufen-zehenschuhe-der-umstrittene-fitness-

hype-1.1959318

Abb. 58: Exzentriktraining der Achillessehne (12.03.2017)

http://www.onmeda.de/krankheiten/achillodynie_achillessehnenentzuendung-therapie-

22927-6.html