Patient/inn/enorientierung in österreichischen Krankenanstalten

24
Patient/inn/enorientierun g in österreichischen Kran- kenanstalten Zusammenfassender Projektbericht

Transcript of Patient/inn/enorientierung in österreichischen Krankenanstalten

Patient/inn/enorientierung in österreichischen Kran-kenanstalten

Zusammenfassender Projektbericht

Patient/inn/enorientierung in österreichischen Kran-kenanstalten

Zusammenfassender Projektbericht

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Impressum: Herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Sektion IV, Radetzkystraße 2, 1030 Wien Für den Inhalt verantwortlich: Sektionschef DI Harald Gaugg, inhaltliche Betreuung: Abteilung IV/A/5 für Gesundheits-ökonomie und Qualitätsmanagement Fertiggestellt im Juli 2004 Autoren: Ursula Trummer, Sonja Novak-Zezula, Hermann Schmied, Thomas Stidl, Peter Nowak, Barbara Bischof, Bea Kendlbacher, Jürgen M. Pelikan Kontakt: Mag. Bea Kendlbacher | Telefon ++43-1/4277-48208 | Fax ++43-1/4277-48290 E-Mail: [email protected] Druck: Kopierstelle des BMGF, Radetzkystraße 2, 1030 Wien Bestellmöglichkeiten: Telefon: ++43-1/711 00-4700 DW Fax: ++43-1/715 58 30 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.bmgf.gv.at ISBN 3-900019-22-3 Dieser Projektbericht ist kostenlos beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Radetzkystraße 2, 1030 Wien, erhältlich.

4

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Vorwort

Patientinnen- und Patientenorientierung in österreichischen Krankenan-stalten ist ein wesentliches Anliegen der Gesundheitspolitik. In der Ver-einbarung gemäß Art 15a B-VG über die Neustrukturierung des Gesund-heitswesens und der Krankenanstaltenfinanzierung haben der Bund und die Bundesländer die Entwicklung eines gesamtösterreichischen Qualitätssystems vereinbart, welches auf den Prinzipien Patientinnen- und Patientenorientierung, Transparenz, Effizienz und Kostendämpfung be-ruht.

-

Unter anderem sollten Modelle guter Praxis zur Patientinnen- und Patientenorientierung aber auch zur Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterorientierung in österreichischen Kranken-anstalten ohne zusätzlichen Mitteleinsatz entwickelt werden. Patientinnen und Patienten in Österreich sind durchwegs zufrieden, wie Sie an den Aus-gangswerten der Messungen ersehen können, dennoch konnten 21 österreichische Kran-kenhäuser mit 40 Abteilungen im größten Benchmarkingprojekt das bisher durchgeführt wurde, außergewöhnliche Verbesserungspotentiale aufzeigen und umsetzen. So liegen nun 121 Maßnahmen aus 13 thematischen Bereichen zur Verbesserung der Patientinnen- und Patientenorientierung vor. Das Ziel Patientinnenorientierung zu verbessern ohne we-sentlichen zusätzlichen Mitteleinsatz und ohne eine Verschlechterung der Mitarbeiterin-nen- und Mitarbeiterorientierung konnte erreicht worden. Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitswesen, die aktiv an diesem Projekt mitgewirkt haben, sehr herzlich bedanken, dass Sie bereit waren, während der zweijährigen Projektdauer zusätzlich zu ihren laufenden Arbeiten und Ver-pflichtungen die Anstrengungen von häuserübergreifendem Benchmarking, Organisati-onsentwicklung und Qualitätsverbesserungsarbeiten zu leisten.

Maria Rauch-Kallat Bundesministerin für Gesundheit und Frauen

5

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Eckdaten des Projekts ��

��

��

��

��

��

��

Laufzeit: Jänner 2002 bis Juli 2004

Projektteilnehmer: 21 österreichische Krankenanstalten mit 19 Internen und 21 Chi-rurgischen Stationen aus 9 Bundesländern / von 15 Trägerorganisationen

Befragte Patienten und Patientinnen: 7.179

Befragte Mitarbeiter/innen: 1.792

Gesetzte Qualitätsverbesserungsmaßnahmen: Empathische Kommunikation mit Patienten und Patientinnen / Wahrung der Intim-sphäre der Patienten und Patientinnen / Umgang mit und Einbeziehung von Angehö-rigen / Schriftliche Information der Patienten und Patientinnen / Medizinische Aufklä-rung und Information / Visitenorganisation / Entlassungsmanagement / patienten- und patientinnenorientierte Pflegeorganisation / Interprofessionelle Kooperation / Ein-richtung einer Ansprechperson / Optimierung der Ablauforganisation / Schmerzmana-gement / patienten- und patientinnenorientierte Infrastruktur

Die PAT-CD-ROM, die diesem zusammenfassenden Endbericht beiliegt, enthält alle Evaluations-Instrumente, Anleitungen und Lineardaten, die gesammelten Maßnah-mendokumentationen und die ausführlichen Empfehlungen der Projektgruppe

die PAT-Homepage: www.univie.ac.at/patientenorientierung

Auftraggeber: Strukturkommission des Bundes, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Radetzkystraße 2 | 1030 Wien Wissenschaftliche und beraterische Begleitung: Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und Gesundheitssoziologie, Rooseveltplatz 2 | 1090 Wien

6

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Inhaltsverzeichnis Seite 1 Ziele 8 2 Patienten-/Patientinnenorientierung 8 3 Projektpartner 9 4 Projektdesign 10 5 Maßnahmen 11 6 Evaluationsdesign 12 7 Ergebnisse 15 8 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 20

7

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Das Projekt „Patient/inn/enorientierung in österreichischen Krankenanstalten“

1. Ziele Ziel des Projekts war die nachhaltige Verbesserung von Patienten- und Patientinnenorien-tierung in der stationären Betreuung. Dies sollte durch eine Österreich weite Entwicklung und Umsetzung von erfolgreichen Verbesserungsmaßnahmen und deren Evaluierung und Qualitätssicherung durch Befragungen von Patienten/Patientinnen und Mitarbeitern/Mit-arbeiterinnen erfolgen. Konkrete Zielsetzungen waren: 1. Eine Verbesserung der Patienten-/Patientinnenorientierung unter Wahrung der ge-

setzlich verankerten Patienten-/Patientinnenrechte 2. Die Implementierung von wissensbasierten Maßnahmen zur nachhaltigen Optimierung

der Stationsorganisation sowie der Arbeitsabläufe auf internen und allgemeinchirurgi-schen Krankenhausstationen

3. Die Verbesserung des ökonomischen Mitteleinsatzes (Qualitätsverbesserung ohne Mehrkosten im Routinebetrieb)

4. Die Wahrung bzw. Verbesserung der Mitarbeiter/innenorientierung als wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche und nachhaltige Implementierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Patienten-/Patientinnenorientierung

2. Patienten-/Patientinnenorientierung Patienten-/Patientinnenorientierung setzt bei Bedürfnissen und Erwartungen von Patien-ten und Patientinnen an. Studien zeigen, dass Patienten und Patientinnen neben einer strukturell gesicherten, fachlich guten und gut koordinierten Behandlung vor allem im Bereich von Kommunikation und Information zentrale Anforderungen artikulieren: ��

��

��

Patienten und Patientinnen wollen als Personen und nicht als Diagnosen behandelt werden (Jenkinson, Coulter et al. 2002; Trummer, Novak-Zezula et al. 2001; Trum-mer, Nowak et al. 2003). Patienten und Patientinnen fordern verstärkt Information und Orientierung über das, was mit ihnen passiert (Baumer, Bischof et al. 2001). Patienten und Patientinnen wollen in ihre Behandlung aktiver einbezogen werden (Coulter, Magee 2003).

Ein Eingehen auf diese Anforderungen erfordert verstärkte Rücksichtnahme auf individu-elle Präferenzen und Werte, emotionale Zuwendung und respektvolle Unterstützung, so-wie umfassendere verständliche Informationen für Patienten und Patientinnen über ihre Krankheit, Behandlung und Möglichkeiten einer aktiven Mitarbeit im Behandlungsprozess. Basierend auf dem internationalen und nationalen Diskussionsstand und Projekterfahrun-gen wurde im Projekt „Patient/inn/enorientierung in österreichischen Krankenanstalten“ (PAT) folgende Definition von Patienten-/Patientinnenorientierung getroffen:

8

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Patienten-/Patientinnenorientierung in der stationären Leistungserbringung bedeutet

��

��

��

��

��

die Wahrung des bestmöglichen psychosozialen Wohlbefindens durch einen respekt-vollen, individuellen Umgang mit Patienten und Patientinnen und deren Angehörigen in der medizinischen und pflegerischen Betreuung die Sicherstellung von Information und Orientierung für Patienten/Patientinnen und Angehörige über organisatorische Abläufe/Routinen und die medizinische/pflegerische Diagnose und Behandlung in der intramuralen Betreuung sowie Kontinuität der Ver-sorgung im extramuralen Bereich die Koordination von Behandlungen innerhalb und zwischen den Berufsgruppen die bestmögliche Schmerzkontrolle durch am aktuellen Wissensstand orientiertes Schmerzmanagement die Sicherung eines Standards von Ausstattung und Sauberkeit des räumlichen Be-handlungsumfeldes.

Diese Dimensionen von Patienten-/Patientinnenorientierung sollten innerhalb der intra-muralen Betreuung in den zentralen Prozessschritten Aufnahme, stationärer Aufenthalt und Entlassungsvorbereitung und für die Leistungen von Mitarbeitern und Mitarbeiterin-nen aller involvierten Berufsgruppen als qualitätsbestimmend betrachtet werden.

3. Projektpartner 21 österreichische Krankenhäuser, die aus einer Österreich weiten Ausschreibung für Fondskrankenanstalten ermittelt wurden, bildeten von Februar 2002 bis Juli 2004 eine bundesweite Benchmarking-Gruppe: ��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

��

KH Oberwart KH der Elisabethinen Klagenfurt LKH Klagenfurt LKH Wolfsberg

LSKH Krems Thermenklinikum Mödling Donauklinikum Tulln LKH Schärding LKH Steyr St. Johanns Spital / LKH Salzburg LKH Univ.-Klinikum Graz LKH Leoben LKH Mürzzuschlag Diakonissen-KH Schladming LKH Innsbruck – Universitätskliniken LKH Bludenz Donauspital / SMZ Ost der Stadt Wien KH des Göttlichen Heilandes GmbH Hanusch-Krankenhaus Herz Jesu-Krankenhaus GmbH Kaiserin Elisabeth Spital

Die wissenschaftliche Begleitung, Beratung und Koordination des Benchmarking-Projekts wurde im Auftrag der Strukturkommission des Bundes vom Ludwig Boltzmann Institut für Medizin- und Gesundheitssoziologie geleistet.

9

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

4. Projektdesign Bereits Vorprojekte haben den Nutzen und die Umsetzbarkeit von Benchmarking als Stra-tegie zur Qualitätsentwicklung für Krankenhäuser gezeigt. Benchmarking ist „eine Metho-de der Unterstützung von Qualitäts- und Organisationsentwicklung, die im Kern auf sys-tematischen Vergleichen mit und lernen von Partnern beruht. Verglichen werden Indika-toren für Ergebnis-, Prozess- und/oder Strukturqualität um "Best-Practice“ zu identifizie-ren als Voraussetzung für realistische Ziele und Mittel in Change-Prozessen.“ (Novak-Zezula, Nowak et al. 2001) 19 interne und 21 chirurgische Stationen aus den 21 am Projekt beteiligten Krankenan-stalten bildeten die Benchmarking-Gruppe, in der sie im systematischen Vergleich mit anderen eine Orientierung über die eigene Position erarbeiteten, Erfahrungen austausch-ten und sich gegenseitig bei der Planung und Umsetzung von patienten-/patientinnenorientierten Maßnahmen berieten. Die Projektarbeit war auf drei Ebenen organisiert:

1) Arbeit in der häuserübergreifenden Benchmarking-Gruppe

In vier jeweils zweitägigen Arbeitstreffen kamen 80 Projektleiter/innen aus den Projekt-krankenhäusern zum Erfahrungsaustausch zusammen. Sie erhielten Beratung, Coaching und Anleitung durch Prozessberater/innen und Wissenschaftler/innen im gemeinsamen Lernprozess, bei der Analyse von Ergebnissen der Patienten-/Patientinnen- und Mitarbei-ter/innenbefragungen und bei der Planung, Umsetzung und Bewertung von qualitätsver-bessernden Maßnahmen (vgl. Abb. 1).

2) Arbeit in hausinternen Projektgruppen

Zur hausinternen Projektdurchführung richteten die Partnerkrankenhäuser eine multipro-fessionelle Projektsteuerungsgruppe und Projektarbeitsgruppen der teilnehmenden Stati-onen mit einer pflegerischen und einer ärztlichen Projektleitung ein (vgl. Abb. 1). Abbildung 1: Aufbau der Projektstrukturen

10

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

3) “e-support”: Internetplattform www.univie.ac.at/patientenorientierung

Mit einer Arbeits- und Informationsplattform im Internet wurde ein rasches, flexibles und ressourcenschonendes Kommunikationsmedium etabliert. Neben einem öffentlichen Be-reich mit allgemeinen Informationen zum Projekt hatte die Projekt-Plattform einen pro-jektintern geschützten Teil, der nur für die Projektteilnehmer/innen zugänglich war.

5. Maßnahmen Die Auswahl der Maßnahmen erfolgte anhand der spezifischen Problemstellung der Stati-on, wie sie der aus Patienten-/Patientinnen- und Mitarbeiter/innenbefragung festgestellt wurde, sowie auf Basis einer Recherche und Zusammenfassung evidenz-basierter Maß-nahmenoptionen (Novak-Zezula, Stidl et al. 2002). 121 Maßnahmen wurden in 13 inhaltlichen Bereichen umgesetzt. Sie umfassen den ge-samten Prozess der stationären Versorgung von der Aufnahme auf die Station über die medizinische und pflegerische Betreuung bis zur Entlassungsvorbereitung. Für jede Maß-nahme wurde die Planung und Umsetzung dokumentiert und eine Bewertung der Nach-haltigkeit und Transferwürdigkeit durchgeführt. Eine ausführlichere Darstellung der Maßnahmen inklusive Kontaktinformationen zu den Projektstationen steht in Form eines Maßnahmenkatalogs zur Verfügung1. 1. Maßnahmen im Bereich „Empathische Kommunikation mit Patienten und Pati-

entinnen“ fördern zwischenmenschliche Kommunikation und wirken vertrauensför-dernd und unterstützend (4 Maßnahmen).

2. Maßnahmen zur „Wahrung der Intimsphäre“ stellen sicher, dass invasive medizi-nische und pflegerische Maßnahmen im geschützten Bereich stattfinden (3 Maßnah-men).

3. „Umgang mit und Einbeziehung von Angehörigen“: Hier wurde an Maßnahmen gearbeitet, die ärztliche und pflegerische Informationen für Angehörige in einer für Laien verständlichen Form ermöglichen. Weiters wurde daran gearbeitet, Auskünfte systematischer zu erteilen und zu dokumentieren (4 Maßnahmen).

4. Maßnahmen im Bereich „Schriftliche Information für Patienten und Patientin-nen“ umfassen die Entwicklung und Einführung von Informationsbroschüren und Pla-katen, die vor allem Orientierung über den stationären Tagesablauf, die Stationsorga-nisation und personelle Zuständigkeiten schaffen (34 Maßnahmen).

5. „Medizinische Aufklärung und Information“: Diese Maßnahmen umfassen insbe-sondere die Einführung von ärztlichen Aufnahme- und Entlassungsgesprächen und die gezielte Aufklärung über spezifische Untersuchungen, Operationen, Medikamente und Nachbehandlungen (13 Maßnahmen).

6. Maßnahmen zur „Reorganisation der Visite“ („Visitenorganisation“) betreffen die Entflechtung der Visite und damit die Trennung von Befundvidierung sowie der fach-lich-medizinischen Therapie- und Diagnoseplanung vom Patienten-/Patientinnengespräch und der körperlichen Untersuchung (15 Maßnahmen).

7. Maßnahmen zum „Entlassungsmanagement“ betreffen die Einführung von standar-disierten Entlassungsgesprächen und die Erarbeitung von Entlassungschecklisten (10 Maßnahmen).

8. Die Maßnahmen zur Verbesserung der „patienten- und patientinnenorientierten Pflegeorganisation“ umfassen die Implementierung von Gruppenpflege, die Einfüh-rung von Pflegevisiten und Aktivitäten zur Verbesserung der Kooperationsbeziehun-gen im Pflegeteam (5 Maßnahmen).

11

1 Sammlung der von den Projektstationen geführten Maßnahmendokumentationen

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

9. Maßnahmen der „Interprofessionellen Kooperation“ betreffen v.a. die Einführung von interdisziplinären Besprechungen, um die Kooperation bei der Betreuung der Patien-ten und Patientinnen und den Informationsfluss zwischen den Berufsgruppen zu verbessern (7 Maßnahmen).

10. Im Maßnahmenbereich „Einrichten einer Ansprechperson“ wurden ärztliche und pflegerische Ansprechpartner/innen für Patienten und Patientinnen, ihre Angehörigen und auch für Mitarbeiter/innen etabliert (4 Maßnahmen).

11. Zur „Optimierung der Ablauforganisation“ wurden stationäre Prozesse und Ar-beitsabläufe standardisiert und konkrete Tätigkeitsprofile erstellt und damit an der In-formation, Kooperation und Koordination gearbeitet (9 Maßnahmen).

12. „Schmerzmanagement“: Mit dem Ziel der größtmöglichen Schmerzfreiheit der Pati-enten und Patientinnen wurde an der besseren Erfassung und Dokumentation von Schmerz, der Information über die Schmerzbehandlung, der Entwicklung von Stan-dards zur Schmerzbeurteilung und der Evaluierung der Schmerztherapie gearbeitet (7 Maßnahmen).

13. Die Entwicklung einer „patienten- und patientinnenorientierten Infrastruktur“ reichte von der Umgestaltung von Patienten-/Patientinnenzimmern bis zur Schaffung gesonderter Einheiten für spezifische medizinische Leistungen (6 Maßnahmen).

6. Evaluationsdesign Für eine Erhebung des Status Quo von Patienten-/Patientinnenorientierung an den Pro-jektstationen zu Projektbeginn und zur Evaluation nach erfolgter Umsetzung der Maß-nahmen wurden im Herbst 2002 und im Herbst 2003 jeweils Patienten-/Patientinnen– und Mitarbeiter/innenbefragungen durchgeführt. Insgesamt wurden Urteile von 7.179 Patienten und Patientinnen und 1.792 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erhoben. Das Benchmarking erfolgte insgesamt auf drei Ebenen: Zur Ausgangslage 2002, zum erreichten Ergebnis 2003 und zum Ausmaß der erreichten Veränderungen. Abbildung 2: Ebenen des Benchmarkings im Projektverlauf

12

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Folgende Instrumente kamen zum Einsatz:

PAO 58 und PAO AN

Der validierte Patienten-/Patientinnenfragebogen PAO 58 umfasst 52 geschlossene Fra-gen zur Beurteilung der Leistung der stationären Krankenhauseinheit, 1 offene Frage zu Verbesserungsvorschlägen und 5 Fragen zur Personenstatistik. Der PAO AN umfasst eine zusätzliche Fragenbatterie mit 8 Fragen zu anästhesiologischen Leistungen. Befragt wurden alle für mindestens 2 Tage stationär aufgenommenen Patienten und Pati-entinnen über 16 Jahre, für die definierte Ausschlusskriterien2 nicht zutrafen. Nachste-hende Abbildung zeigt die im PAO 58 integrierten Dimensionen, Prozessschritte der stati-onären Versorgung und Berufsgruppen. Befragungszeitpunkt war der Vorabend der Ent-lassung. Abbildung 3: Patienten-/Patientinnenorientierung messen: Dimensionen, Prozessschritte und Berufsgruppen im PAO 58

MAO 16/17

Der validierte Mitarbeiter/innenfragebogen MAO 16/17 umfasst 14 geschlossene Fragen zu Wichtigkeit und Möglichkeit patienten-/patientinnenorientierten professionellen Han-delns in der Alltagsroutine, 1 offene Frage zu Verbesserungsvorschlägen und 1 Frage nach Berufsgruppenzugehörigkeit. In der Erhebung nach Maßnahmeneinführung wurde eine zusätzliche Frage nach Effekten der Maßnahmen auf die Arbeitssituation der Mitarbeiter/innen gestellt. In den Angaben zur „Wichtigkeit“ wird die Einstellung der Mitarbeiter/innen zur Patien-ten-/Patientinnenorientierung sichtbar und kann damit als Indikator für die Verankerung von Patienten-/Patientinnenorientierung in der Stationskultur verwendet werden. Urteile über die „Möglichkeit“ lassen Rückschlüsse auf die bestehende Verankerung von Patienten-/Patientinnenorientierung in Arbeitsprozessen und Strukturen zu. In zwei Frageblöcken werden die Wichtigkeit bzw. die Möglichkeit folgender Aspekte von Patienten-/Patientinnenorientierung abgefragt:

2 Weitere Ausschlusskriterien: Aufnahme erfolgte nicht auf der Pilotstation, verwirrt, desorientiert oder unklare Bewusstseinslage, somatische Einschränkungen, keine ausreichenden Deutschkennt-nisse, Wiederaufnahme (bereits befragt), Ablehnung der Befragung.

13

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

1. Informiertheit von Patienten und Patientinnen über den Tagesablauf auf der Station 2. Informiertheit von Patienten und Patientinnen über ihre Krankheit, Untersuchungen

und Behandlungen 3. Mitbestimmung von Patienten und Patientinnen über ihren Behandlungs- und Betreu-

ungsablauf 4. Nachfragen und Eingehen auf Bedenken und Ängste 5. standardisierte Abläufe für die Schmerzbehandlung 6. Abstimmung und Koordination innerhalb der eigenen Berufsgruppe 7. Abstimmung und Koordination mit anderen Berufsgruppen Befragt wurden alle ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter/innen mit Arbeitsschwer-punkt und kontinuierlichem Patienten-/Patientinnenkontakt auf der Projektstation. Die im MAO 16/17 integrierten Dimensionen folgen den Dimensionen von Patienten-/Patientinnenorientierung aus dem PAO 58 (vgl. Abb. 4). Abbildung 4: Perspektive der Mitarbeiter/innen messen: Wichtigkeit und Möglichkeit von Dimensionen der Patienten-/Patientinnenorientierung

Anleitungen

In der Bewerbungs- und Startphase des Projekts wurden den Krankenhäusern 3 Anlei-tungen zur Schaffung hausinterner Projektressourcen, Projektvereinbarungen und Pro-jektstrukturen zur Verfügung gestellt. Innerhalb der laufenden Projektarbeiten unter-stützten insgesamt 10 weitere schriftliche Anleitungen die Projektstationen beim Pro-jektmanagement, bei der Durchführung der Erhebungen und bei der Interpretation und Analyse der Erhebungsergebnisse.

14

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

7. Ergebnisse 7.1 Ausgangslage vor Maßnahmenimplementierung Patienten-/Patientinnenbefragung 2002

Bei der ersten Erhebung wurden Urteile von insgesamt 3644 Patienten und Patientinnen ausgewertet. Nach erfolgter Erstauswertung der Lineardaten wurde ein Grenzwert von 2,0 für den Mittelwert der Beurteilungen (Skala 1-5) definiert. Leistungsbereiche, die die-sen Wert nicht erreichen, gelten als Problembereiche. In der Gesamtauswertung über alle Stationen lagen 8 Variablen im Problembereich. Da-von betreffen 5 Informationsweitergabe und 2 die Gesprächskultur. Mit im Problemfeld liegt eine Strukturvariable. Abbildung 5: Gesamtauswertung der 1. Erhebung mit dem PAO 58 über alle Stationen

Identifizierte Problembereiche waren damit: ��

��

��

��

Informationen zu Tagesablauf, Medikamenten, Schmerzbehandlung, Operation und Entlassung Kommunikation, insbesondere die Einladung, Fragen zu stellen Mitbestimmung Ausstattung der Zimmer auf der Station.

Diese Problemdefinition zeigte sich sowohl für chirurgische als auch für interne Stationen. Im Trend zeichnete sich ab, dass Patienten und Patientinnen auf internen Stationen im Vergleich zur Chirurgie bessere Urteile abgaben.

15

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Tabelle 1: „Problembereiche“ bei der 1. Patienten- und Patientinnenbefragung, Chirurgi-sche und Interne Stationen im Vergleich Variable des PAO 58

Mittelwerte: Chirurgische

Stationen

Signifikanter Unterschied (T-Test: p < 0,01)

Mittelwerte: Interne

Stationen

V3: Information über Tagesablauf 2,50 * 2,32

V19: Information über Medikamente im KH 2,24 2,18 V45: Information über Aufnahme gew. Aktivitäten 2,21 2,15 V35: Information über Schmerzbehandlung 2,14 * 2,00 V5: Zufriedenheit mit Zimmerausstattung 2,14 * 2,01 V12: Ärzte/Ärztinnen – ermuntert Fragen zu stellen 2,16 * 1,98 V30: Pflege – ermuntert Fragen zu stellen 2,13 2,02 V46: Information über Gefahrensignale nach Entlassung 2,12 * 1,95

Mitarbeiter/innenbefragung 2002

Die Bewertungen der 937 Mitarbeiter/innen in der Ersterhebung zeigen, dass Mitarbei-ter/innen insgesamt patienten-/patientinnenorientiertes Handeln sehr wichtig nehmen (Mittelwert 1,39; Skala 1-5), aber ihre Möglichkeit dazu, dieses Handeln in der täglichen Routine umzusetzen, deutlich niedriger einschätzen (Mittelwert 2,39). Nachstehende Abbildung zeigt die Bewertungen von Wichtigkeit und Möglichkeit der ein-zelnen Aspekte patienten-/patientinnenorientierten Handelns. Tabelle 2: Mittelwerte und Differenzwerte der 1. Mitarbeiter/innenbefragung Variable des MAO16/17

Einschätzung der

Wichtigkeit

Einschätzung der

Möglichkeit

Differenzwertwichtig-möglich

Informiertheit von Patienten und Patientinnen über den Tagesablauf auf der Station

1,48 1,99 - 0,51

Informiertheit von Patienten und Patientinnen über ihre Krankheit, Untersuchungen und Behandlungen 1,1 2,21 - 1,11

Mitbestimmung von Patienten und Patientinnen über ihren Behandlungs- und Betreuungsablauf

1,89 2,8 - 0,91

Nachfragen und Eingehen auf Bedenken und Ängste

1,18 2,58 - 1,4

Standardisierte Abläufe für die Schmerzbehandlung

1,66 2,4 - 0,74

Abstimmung und Koordination innerhalb der eige-nen Berufsgruppe

1,16 2,21 - 1,05

Abstimmung und Koordination mit der anderen Berufsgruppe

1,25 2,55 - 1,3

Am wichtigsten nehmen Mitarbeiter/innen die Informiertheit von Patienten und Patientin-nen über ihre Krankheit, Untersuchungen und Behandlungen, gefolgt von der Arbeitsab-stimmung innerhalb der eigenen Berufsgruppe. Am wenigsten wichtig erscheint die Mit-bestimmung von Patienten und Patientinnen über ihren Behandlungs- und Betreuungsab-lauf. Bezüglich der Möglichkeiten erfährt die Information von Patienten und Patientinnen über den Tagesablauf auf der Station die beste Einschätzung. Am schlechtesten werden Mög-lichkeiten zur Gewährleistung von Mitbestimmung eingeschätzt. Aus der Differenz zwischen Einschätzung von Wichtigkeit und Möglichkeit ergeben sich Indikatoren für ��

��

das subjektiv empfundene Entwicklungspotenzial bzw. die Entwicklungserfordernis der Station die individuelle Motivation der Mitarbeiter/innen zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen.

16

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Je höher der Differenzwert, desto höher kann der Entwicklungsbedarf und die Entwick-lungsbereitschaft eingeschätzt werden. Demnach sind die Bereiche mit dem höchsten Entwicklungspotenzial aus Mitarbei-ter/innensicht: ��

��

��

Nachfragen und Eingehen auf Bedenken und Ängste (-1,4) Abstimmung und Koordination mit der anderen Berufsgruppe (-1,3) Informiertheit von Patienten und Patientinnen über ihre Krankheit, Untersuchungen und Behandlungen (-1,1).

7.2 Ergebnisse nach Maßnahmenimplementierung Patienten-/Patientinnenbefragung 2003

Bei der zweiten Erhebung wurden 3535 Patienten-/Patientinnenurteile ausgewertet. Da-bei zeigte sich insgesamt gesehen eine Verbesserung in sämtlichen Leistungsbereichen: die durchschnittliche Verbesserung des Qualitätsurteils der Patienten und Patientinnen über alle Leistungsbereiche und Projektstationen beträgt 8,3%. Signifikante Verbesserungen der Urteile der Patienten und Patientinnen zeigten sich be-züglich Information und Kommunikation, Schmerzmanagement und Kooperation der Mit-arbeiter/innen. Mehr als ¼ aller Patienten und Patientinnen gibt der Information über den Tagesablauf auf der Krankenhausstation eine bessere Note, verbessert hat sich auch die Information über die Wiederaufnahme gewohnter Aktivitäten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Patienten und Patientinnen fühlen sich von Ärzten/Ärztinnen und Pfle-gepersonen mehr ermuntert, Fragen zu stellen. Damit konnten insbesondere in den genannten Problembereichen „Information“ und „Kommunikation“ die durchschnittlich höchsten Verbesserungen erreicht werden. Abbildung 6: Verbesserung der Problembereiche – Durchschnitt über 40 Stationen

Lediglich drei Variablen – Information über Tagesablauf, über Medikamente im Kranken-haus und über die Aufnahme der gewohnten Aktivitäten nach der Entlassung – konnten trotz signifikanter Verbesserungen den definierten Grenzwert von 2,0 auch in der zweiten Erhebung nicht erreichen.

17

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Im Benchmarking der Veränderung auf Ebene der einzelnen Projektstationen zeigen sich Erfolge, aber auch Scheitern: Der erfolgreichsten Station gelang eine signifikante Verbes-serung in 33 Variablen (von 52), gefolgt von 27 Stationen mit signifikanten Verbesserun-gen unterschiedlichen Ausmaßes. Demgegenüber weisen 8 Stationen signifikante Ver-schlechterungen auf, in einem Fall in 17 Variablen. Abbildung 7: Veränderungen (Vergleich E1, E2) auf Stationsebene bei der Patienten-/ Patientinnenbefragung

Auf Stationenebene zeigt sich auch, dass die chirurgischen Stationen ihr durchschnittlich niedrigeres Ausgangsniveau ausgeglichen haben: unter den 5 Stationen mit den meisten signifikanten Verbesserungen finden sich 4 chirurgische Stationen. Innerhalb der Fachgruppen haben sich bei den chirurgischen Stationen 17 von 21 verbes-sert, das entspricht einer Verbesserung in 81%. Bei den internen Stationen weisen 11 von 19 signifikante Verbesserungen auf, das sind 58% der Stationengruppe.

Mitarbeiter/innenbefragung 2003

Die zweite Mitarbeiter/innenbefragung umfasst die Urteile von 855 Mitarbeitern und Mit-arbeiterinnen. 1/3 aller Mitarbeiter/innen schätzt die Möglichkeit patienten-/patientinnenorientiert zu handeln höher ein als zu Projektbeginn (Verbesserung im Mittelwert von 2,39 auf 2,06). Auch die bereits in der Ausgangslage sehr hoch bewertete Wichtigkeit von Patienten-/ Patientinnenorientierung steigerte sich insgesamt um 7% (Verbesserung im Mittelwert von 1,39 auf 1,32). Die Rangreihung der einzelnen Aspekte patienten-/patientinnenorientierten Handelns bleibt bei Wichtigkeit und Möglichkeit im Wesentlichen unverändert. Nach wie vor wird die Informiertheit von Patienten und Patientinnen über ihre Krankheit, Untersuchungen und Behandlungen als am wichtigsten und die Mitbestimmung von Patienten und Patien-tinnen über ihren Behandlungs- und Betreuungsablauf als am wenigsten wichtig einge-schätzt.

18

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Auch bezüglich der Möglichkeiten erfährt die Information von Patienten und Patientinnen über den Tagesablauf auf der Station wiederum die beste Einschätzung und am schlech-testen werden Möglichkeiten zur Gewährleistung von Mitbestimmung eingeschätzt. Tabelle 3: Mittelwerte und Differenzwerte der 1. und 2. Mitarbeiter/innenbefragung

Einschätzung der Wichtigkeit

Einschätzung der Möglichkeit

Differenzwert wichtig-möglich Variable des MAO16/17

E1 E2 E1-E2 E1 E2 E1-E2 E1 E2 E1-E2

Informiertheit von Patienten und Patien-tinnen über den Tagesablauf auf der Station

1,48 1,37 0,11 1,99 1,63 0,36 - 0,51 -0,26 -0,25

Informiertheit von Patienten und Patien-tinnen über ihre Krankheit, Untersuchun-gen und Behandlungen

1,1 1,07 0,03 2,21 1,95 0,26 - 1,11 -0,88 -0,23

Mitbestimmung von Patienten und Patien-tinnen über ihren Behandlungs- und Betreuungsablauf

1,89 1,79 0,1 2,8 2,45 0,35 - 0,91 -0,66 -0,25

Nachfragen und Eingehen auf Bedenken und Ängste

1,18 1,17 0,01 2,58 2,14 0,44 - 1,4 -0,97 -0,43

Standardisierte Abläufe für die Schmerz-behandlung

1,66 1,49 0,17 2,4 2,05 0,35 - 0,74 -0,56 -0,18

Abstimmung und Koordination innerhalb der eigenen Berufsgruppe

1,16 1,12 0,04 2,21 1,93 0,28 - 1,05 -0,81 -0,24

Abstimmung und Koordination mit der anderen Berufsgruppe

1,25 1,21 0,04 2,55 2,31 0,24 - 1,3 -1,1 -0,2

Insgesamt ergibt sich damit ein inhaltlich gleiches Bild, das aber in seinem Gesamtniveau eine deutliche Verbesserung erreicht hat. Die Diskrepanz zwischen Wichtigkeit und Mög-lichkeit patienten-/patientinnenorientierten Handelns sinkt um 30%. Direkte Hinweise auf eine Verbesserung der Arbeitssituation der Mitarbeiter/innen durch die Einführung patienten-/patientinnenorientierter Maßnahmen zeigen sich auch im Er-gebnis einer zusätzlichen Frage in der zweiten Mitarbeiter/innenbefragung nach den Aus-wirkungen der gesetzten Maßnahmen: Über die Hälfte, nämlich 56,5% aller Mitarbei-ter/innen geben an, ihre Arbeitssituation habe sich durch die im Projekt gesetzten Maß-nahmen sehr verbessert bzw. verbessert. Damit zeigt sich, dass Patienten-/Patientinnenorientierung nicht zu Lasten der Mitarbei-ter/innen gehen muss. Die Optimierung von Arbeitsabläufen und Koordinationsprozessen, das Bereitstellen standardisierter Informationsmaterialien und Leitfäden steigert nicht nur die Qualität der Patienten-/Patientinnenbetreuung, sondern entlastet und unterstützt auch die Mitarbeiter/innen.

Nachhaltigkeit der Maßnahmen

Von den insgesamt 121 dokumentiert durchgeführten Maßnahmen werden 106 auf der jeweiligen Station auch nach Projektende weitergeführt, für weitere 2 Maßnahmen wurde über die Weiterführung zu Projektende noch nicht entschieden. 66 Maßnahmen werden auch zum Transfer auf andere Stationen empfohlen. 14 Maßnahmen werden zu Projekt-ende als gescheitert eingeschätzt, von ihnen versucht man aber bei 4 Maßnahmen wei-ter, sie umzusetzen, 2 werden trotzdem zum Transfer empfohlen.

19

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

8. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Die Ergebnisse der Evaluationserhebungen zeigen auf, dass sich in allen Leistungsberei-chen Verbesserungen erzielen lassen. Weiterer Entwicklungsbedarf liegt bei der Information für Patienten und Patientinnen ins-besondere zum Tagesablauf auf der Station, zu Medikamenten, die im Krankenhaus ein-genommen werden und zur Wiederaufnahme der gewohnten Lebensaktivitäten nach der Entlassung. Dabei liefert die Verknüpfung der Ergebnisse aus Patienten-/Patientinnen– und Mitarbei-ter/innenbefragung einen wichtigen Hinweis zur Auswahl weiterer qualitätsverbessernder Aktivitäten: ��

��

��

Wie bereits in der Ersterhebung erzielt die Frage zu Informationen über den stationä-ren Tagesablauf in der Patienten-/Patientinnenbefragung 2003 die schlechteste Be-wertung. In der Wahrnehmung der Mitarbeiter/innen liegen Informationen über den Tagesab-lauf bei der Wichtigkeit nur an drittletzter Stelle und sind Spitzenreiter hinsichtlich der wahrgenommenen Möglichkeiten. Das deutet darauf hin, dass aufgrund eines man-gelnden Problembewusstseins vorhandene Ressourcen unzureichend genutzt werden. Parallel zur Weiterentwicklung von Informationsmaterialien ist daher eine systematischere Information für Mitarbeiter/innen über diesbezügliche Patienten-/Patientinnenbedürfnisse zu empfehlen. Als Grundlage dafür können die Ergebnisse kontinuierlicher Patienten-/Patientinnenbefragungen herangezogen werden.

Empfehlung 1: Weiterentwicklung von Informationen für Patienten/Patientinnen und Mitarbeiter/innen

Aktuelle Diskussionen auf wissenschaftlicher, politischer und planerischer Ebene betonen die Wichtigkeit von „shared decision making“ als zentrales Element der Weiterentwick-lung des Gesundheitssystems. Der seit 2001 bestehende Förderschwerpunkt des Deut-schen Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung definiert shared decision making bzw. partizipative Entscheidungsfindung als: „Interaktionsprozess mit dem Ziel, unter gleichberechtigter aktiver Beteiligung von Patient und Arzt auf Basis geteilter In-formation zu einer gemeinsam verantworteten Übereinkunft zu kommen.“3 Österreichische Modellprojekte definieren die systematische Einbeziehung von Patienten und Patientinnen in Entscheidungen in der Krankenbetreuung als wesentliches Element von Patienten-/Patientinnenorientierung4. Die empirischen Ergebnisse aus dem Projekt PAT weisen darauf hin, dass in der Praxis die Mitbestimmung von Patienten und Patientinnen bei Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen noch keinen herausragenden Stellenwert einnimmt bzw. besondere Beachtung erhält. So wird aus Mitarbeiter/innensicht die Mitbestimmung von Patienten und Patientinnen bei ihrer Behandlung bei den Erhebungen 2002 und 2003 sowohl bezüglich Wichtigkeit als auch Möglichkeit letztgereiht. Bei den Ergebnissen der Patienten-/Patientinnenbefragungen zeigt sich, dass Patienten und Patientinnen die Mitbestimmung bei ihrer Behandlung insgesamt im letzten Drittel der Bewertungen ansiedeln. In der Ersterhebung 2002 lag Mitbestimmung am Grenzwert von 2,0 und konnte sich 2003 auf 1,87 verbessern, bleibt mit diesem Wert aber weiterhin im letzten Drittel. Damit kann Mitbestimmung als wichtiges Entwicklungsfeld definiert werden.

3 http://www.patient-als-partner.de/, 27.07.2004 4 http://www.univie.ac.at/pik/pdf/kurzdarstellung.pdf, 27.07.2004

20

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

Zum derzeitigen Entwicklungsstand scheint aber die Verbesserung von Informationen für Patienten und Patientinnen ein dringlicheres Anliegen zu sein – Variablen zur Informati-onsqualität liegen im Problemfeld vor der Mitbestimmung. Das gilt sowohl für Informatio-nen bezüglich Krankheit und Behandlung wie auch für Informationen zur Orientierung von Patienten und Patientinnen über Abläufe in der stationären Versorgung und das Ver-halten nach der Entlassung. Die aktuellen Diskussionen sollten diese empirischen Daten in ihre Debatte aufnehmen.

Empfehlung 2: Verstärkte Beachtung von Mitbestimmung in der Alltagsroutine im Krankenhaus und Ankoppelung der „shared decision making“-Diskussion an die Krankenhauspraxis

Aus den Mitarbeiter/innenbefragungen 2002 und 2003 wird ersichtlich, dass die Abstim-mung und Koordination sowohl innerhalb als auch zwischen den Berufsgruppen für pati-enten-/patientinnenorientierte Leistungserbringung als wichtig eingeschätzt wird. Mög-lichkeiten dazu innerhalb der Arbeitsroutinen insbesondere für Abstimmung und Koordi-nation mit der anderen Berufsgruppe werden als schlecht eingestuft. In beiden Befragungen liegen die Differenzwerte als Indikator für Entwicklungsnotwen-digkeit an erster Stelle (2002: -1,3; 2003: -1,1) die Bewertung der Möglichkeit liegt an zweitletzter Stelle (2002: 2,55; 2003: 2,31). Eine Analyse und Bearbeitung dieser Ergebnisse konnte im Rahmen des Projekts nur be-schränkt geleistet werden. Angesichts knapper werdender Ressourcen und steigender Anforderungen an Mitarbei-ter/innen im Krankenhaus sind Projekte, die sich verstärkt mit der Verbesserung der intra- und interprofessionellen Kooperationsqualität beschäftigen, zu empfehlen.

Empfehlung 3: Verstärkte Beachtung von Mitarbeiter/innenorientierung und interprofessioneller Kooperationsqualität

Die in der Benchmarking-Gruppe durchgeführten Analysen der Projektergebnisse machen deutlich, dass Erfolg und Misserfolg von Aktivitäten zur Verbesserung der Patienten-/Patientinnenorientierung in der stationären Versorgung nicht allein von der Qualität ge-setzter Maßnahmen abhängig sind. Bestimmend für den Projekterfolg auf Krankenhaus- und Stationsebene sind auch: ��

��

��

��

die Führungsleistung und Unterstützung der Krankenhausleitung Qualität der Führung auf Abteilungs- und Stationsebene Absicherung struktureller und organisatorischer Rahmenbedingungen für Mitarbei-ter/innen Einbettung von Maßnahmen in die Qualitätspolitik und das Qualitätsmanagement des Hauses.

Empfehlung 4: Patienten-/Patientinnenorientierung als Aufgabe der Führung und des Qualitätsmanagements

Eine wesentliche Voraussetzung zur Weiterentwicklung von Patienten-/Patientinnen-orientierung ist ein kontinuierliches Monitoring des jeweiligen Status Quo. Das Projekt hat den Mehrwert von häuserübergreifenden Erhebungen und Auswertungen mittels standardisierter Verfahren und Instrumente belegt. Aufgrund dieser Erfahrungen kann eine Österreich weit einheitliche Erhebung und ein bundesweites Benchmarking von Indikatoren der Patienten-/Patientinnenorientierung empfohlen werden. Detailliertere Empfehlungen wurden von der Benchmarking-Gruppe formuliert und zur Verfügung gestellt.5

5 vgl. Die pat-Gruppe (2004): Empfehlungen der Projektgruppe

21

PAT | ZUSAMMENFASSENDER PROJEKTBERICHT

22

Um dies qualitätsgesichert leisten zu können, ist die Schaffung geeigneter Rahmenbedin-gungen erforderlich. Für die nähere Definition solcher Rahmenbedingungen sollte eine Analyse internationaler Vorerfahrungen sowie nationaler Gegebenheiten erfolgen. Damit könnte auch mittelfristig das Ziel der Transparenz (im Sinne der §15a-Vereinbarungen) unterstützt werden.

Empfehlung 5: Kontinuierliches, häuserübergreifendes Monitoring mittels eines qualitätsgesicherten Erhebungs- und Auswertungsverfahrens

Literatur Coulter,A., Magee,H. (Hg.)(2003): The European patient of the future. Maidenhead,

Philadelphia: Open University Press. (State of health series)

Baumer,E.-M., Bischof,B., Findl,I., Polanetzky,G., Preissl,C., Schmied,H., (Redaktion) (2001): PatientInnenorientierte Stationsorganisation. Wien: BMSG. (Qualität + Gesundheit)

Jenkinson,C., Coulter,A., Bruster,S., Richards,N., Chandola,T. (2002): Patients' experi-ences and satisfaction with health care: results of a questionnaire study of specific aspects of care. In: Qual Saf Health Care, 11, 4, S. 335-339.

Novak-Zezula,S., Stidl,T., Schmied,H., Trummer,U. (2002): pat – Interventionen zur Steigerung der Patient/inn/enorientierung in der stationären Versorgung. Beispiele erprobter und evaluierter Maßnahmen. Wien: LBIMGS.

Novak-Zezula,S., Nowak,P., Peinhaupt,C., Pelikan,J.M. (2001): Qualitätsverbesserung durch Benchmarking zwischen Krankenhäusern. Ein Beispiel für interorganisatio-nal unterstützte Organisationsentwicklung. In: Organisationsentwicklung, 20, 3, S. 26-41.

Trummer,U., Novak-Zezula,S., Berger,A., Nowak,P., Schmied,H. (2001): Quality of hos-pital care from the patients point of view. An empirical process analysis of in-patient care. In: Manuskript.

Trummer,U., Nowak,P., Stidl,T., Pelikan,J.M. (2003): Koproduktion durch Empowerment. Mehr Qualität durch verbesserte Kommunikation mit Patient/innen in der Chirur-gie. Wien: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen.

Insgesamt 40 chirurgische und interne Sta-tionen aus 21 österreichischen Fondskran-kenanstalten benchmarkten die Patienten-orientierung ihrer Versorgungsleistungen und implementierten Maßnahmen zu deren Verbesserung. Die Maßnahmen wurden mit Befragungen von Patientinnen/Patienten und Mitarbeite-rinnen/Mitarbeitern evaluiert. Die 21 Pro-jektkrankenanstalten konnten ihre Patien-tenorientierung im Schnitt nachweisbar verbessern. Mit dieser Broschüre und einer Projekt-CD stellen sie ihre Erfahrungen und Modelle in-teressierten Krankenanstalten zur Verfü-gung.

Bestelltelefon: 01/711 00-4700