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INHAL T Irak-/Iran- Politik ................. 2 Ethisches Invest- ment ...................... 4 Klimawandel ...... 8 Zeuge des Frie- dens: Leo Tolstoj ......... 10 P.b.b. Verlagspostamt: 4040 Ausgabe 1/07, Jg. 14, Euro 1,5 ZLR: 02Z033127 M Die Zeitung der Friedensbewegung Pax Christi Österreich 1/07 www.paxchristi.at Seit 1999 organisiert die Caritas Salzburg ein jährliches Friedenslager für bedürftige Kinder unterschiedlichster Religions- zugehörigkeit aus dem Nahen Osten. Dabei entstand dieses Photo, das uns von Stefan Maier zur Verfügung gestellt wurde. Den Bericht dazu finden Sie auf Seite 3. "DIE TODESSTRAFE MIT DEN WORTEN CHRISTI ZU RECHTFERTIGEN, HAT SICH BISHER KEIN EINZIGER FANATIKER HERAUSGENOMMEN. EINE SOLCHE RECHTFERTIGUNG IST AUßER IHRER KÜNSTLICHKEIT UND DUMMHEIT GEWISSENLOS." Tolstoj Leo: Weltanschauung. Auswahl von W. Lüdtke (Gutenberg Verlag Christensen Wien u.a. o.J.), S. 212.

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INHALTIrak-/Iran-Politik ................. 2

Ethisches Invest-ment ...................... 4

Klimawandel ...... 8

Zeuge des Frie-dens:Leo Tolstoj ......... 10

P.b.

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Die Zei tung der Fr iedensbewegung Pax Chris t i Österreich

1/07

www.paxchristi.at

Seit 1999 organisiert die Caritas Salzburg ein jährliches Friedenslager für bedürftige Kinder unterschiedlichster Religions-zugehörigkeit aus dem Nahen Osten. Dabei entstand dieses Photo, das uns von Stefan Maier zur Verfügung gestellt wurde.Den Bericht dazu finden Sie auf Seite 3.

"DIE TODESSTRAFE MIT DEN WORTEN CHRISTI ZURECHTFERTIGEN, HAT SICH BISHER KEIN EINZIGERFANATIKER HERAUSGENOMMEN.EINE SOLCHE RECHTFERTIGUNG IST AUßER IHRERKÜNSTLICHKEIT UND DUMMHEIT GEWISSENLOS."

Tolstoj Leo: Weltanschauung. Auswahl von W. Lüdtke(Gutenberg Verlag Christensen Wien u.a. o.J.), S. 212.

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IRAK-/IRAN-POLITIK

Es hätte ein "window of opportunity" seinkönnen; ein Zeitfenster, das einen Umschwungim Irak einleitet:

- Im November 2006 gewannen die Demokratenin den USA die Wahlen und halten seithersowohl im Kongress als auch im Senat die Mehr-heit.

- Als unmittelbare Folge dieser Wahlen mussteder neokonservative VerteidigungsministerDonald Rumsfeld seinen Hut nehmen. Er machtedem gemäßigten Robert Gates Platz.

- Kurz danach präsentierte die "Baker-Kommissi-on" ihren Bericht. Ihre Vorschläge sahen vorallem die Einbindung der Nachbarstaaten desIraks vor. Gemeinsam mit Syrien, dem Iran undden Golfstaaten sollte eine umfassende politischeStrategie für den Irak entwickelt und so das tag-tägliche Gemetzel beendet werden.

Doch es kam - wieder einmal - anders

Anfang dieses Jahres präsentierte US-PräsidentGeorge W. Bush in seiner "State-of-the-Union"-Rede seine neue Irak-Strategie. Im Kern bedeutetsie:

- mehr US-TruppenDie USA erhöhen ihr Irak-Kontingent um 21.000SoldatInnen.

- mehr irakische Verantwortung

- mehr US-Ausbildungfür mehr irakische Truppen.

Gleichzeitig wird im Nahen Osten weiter aufge-rüstet: Eine zusätzliche US-Flugzeugträgergruppewird in den Persischen Golf verlegt. Flugabwehr-raketen werden in den Golfstaaten stationiert. Derpolitische Schwerpunkt der US-Strategie scheintsich weg vom Irak, hin zu seinen Nachbarn Syri-en und Iran zu bewegen.(vgl. Kommentar von Joschka Fischer, Der Stan-dard vom 27./28. Jänner 2007)

In diesen Kontext passte auch noch die Verhaft-ung von iranischen Diplomaten im Jänner diesenJahres: Die USA warfen dem Iran Interventionenim Irak vor und stürmten die iranische Niederlas-sung in Erbil - eine weitere Steigerung der Eska-lationsstufe: US-SoldatInnen im Einsatz gegeniranische Diplomaten.

Atomschlag gegen den Iran?

In dieses Bild fügen sich auch die immer wieder-kehrenden Meldungen von geplanten Atom-schlägen gegen den Iran.

Daniel Ellsberg, alternativer Nobelpreisträger,warnt in einem Artikel in der Frankfurter Rund-schau vom 7. Januar 2007 vor einem nuklearenAtomschlag im Iran. Einige hochrangige US-Offiziere hätten bestätigt, dass es "detailliertePlanungen für den Einsatz von Nuklearwaffengegen unterirdische iranische Anlagen" gebe.Vizepräsident Cheney habe Pläne "für einenLuftangriff in großem Maßstab im Iran sowohlmit konventionellen Waffen als auch mit takt-ischen Nuklearwaffen" in Auftrag gegeben. Ells-berg fordert daher hochrangige US-Diplomatenauf, diese Pläne zu veröffentlichen und so diesenKrieg noch zu verhindern.

Iranisches Nuklearprogramm

Ein wesentlicher Faktor ist das Nuklearprogrammdes Iran, an dem Teheran unbeirrt festhält, zumales in der Region weitere Staaten gibt, die eben-falls an der Atombombe basteln (Indien, Paki-stan). Es scheint nachvollziehbar, dass es der Iranseltsam findet, dass die Atomprogramme seinesNachbarstaats Pakistan kaum die Aufmerksam-keit der westlichen Staaten erregt.

Mit Unterstützung der EU und Russland wollendie USA den Iran also zur Aufgabe seinesNuklearprogramms zwingen, was sowohl vomiranischen Präsidenten Ahmadinejad als auch vonder iranischen Opposition abgelehnt wird. DieAussicht auf einen Ausstieg aus dem iranischenAtomprogramm scheint gering, aber die Ver-handlungen darüber könnten eine wichtige Rollein den Kriegsvorbereitungen spielen: Kann maneinmal behaupten, dass alle diplomatischen Mit-tel (unter Einbeziehung der EU und Russland)gescheitert sind, ist ein (atomarer) Militärschlagviel leichter zu rechtfertigen.

Deeskalation scheint das Gebot der Stunde zusein

In diesem Sinn beteiligte sich Pax Christi USA(mit ihrem Generalsekretär Dave Robinson) imFebruar 2007 an einer 13-köpfigen Delegations-reise nach Teheran, um dort mit politischen undreligiösen Führern zusammenzutreffen. Dabeisoll der Dialog fortgesetzt und Missverständnissezwischen den Nationen abgebaut werden. Esbräuchte viele solche Initiativen. Über Sprache und Bilder des Krieges – Medien als Kriegstreiber

Zusammenfassung des Vortrags von Dr. Heinz Loquai am 10.07.2006 auf Burg Schlaining Von 9. – 14. Juli 2006 fand im Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) auf Burg Schlaining die 23. Internationale Sommerakademie zum Thema „Gute Medien – Böser Krieg? Medien am schmalen Grat zwischen Cheerleadern des Militärs und Friedensjournalismus“ statt. Im Rahmen der Sommerakademie hielt Dr. Loquai den Vortrag „Sprache des Krieges, Bilder des Krieges – Medien als Kriegstreiber: Jugoslawien, Irak, Iran. Im Nachfolgenden bringen wir eine Zusammenfassung seiner Ausführungen zum Krieg gegen Iran. „Medien sind der Blutkreislauf der Politik. Sie nehmen Informationen auf, verarbeiten sie und geben Informationen weiter.“1 Medien tragen vor allem im Kriegsdiskurs eine besondere Verantwortung, da sie ihre RezipientInnen über Angelegenheiten informieren, die den Alltagserfahrungen fremd sind. Wo die unmittelbare Kontrolle der eigenen Erfahrung fehlt, können Medien mithelfen, Krieg - selbst in Friedenszeiten - als normales Mittel der Politik wahrzunehmen. Einerseits erzeugen Medien durch die Selektion von Nachrichten eine Tagesordnung, andrerseits stellen sie Themen in bestimmte Interpretationszusammenhänge und wirken so meinungsbildend. Neben dem aufrührenden Wort eignen sich vor allem auch Bilder, um Menschen – eher emotional denn rational – anzusprechen. Im ‚Krieg gegen den Terrorismus’ fungieren Medien als Propaganda-Netzwerk, ihre Möglichkeiten, vehement gegen einen erkennbaren Kriegskurs einzutreten, nehmen sie hingegen nicht wahr. Dergestalt wurde auch der Weg zum Krieg in Iran eingeschlagen. Die Suche nach einem passenden Gesicht des Bösen erwies sich – anders als vor den beiden Irak-Kriegen und dem Krieg gegen Jugoslawien – zunächst als schwierig. Sowohl der gemäßigte Präsident Rafsandschani als auch das geistliche Oberhaupt des Iran, Ajatollah Ali Chamenei schienen kaum einen guten „Schurken“ abzugeben. Also wurde die ablehnende Einstellung gegenüber Iran, abgeleitet aus der negativen Perzeption des Islam, zur Stimmungsmache herangezogen. Das „Feindbild“ Islam „... steht derzeit für alles, was uns nicht gefällt: Antisemitismus, Antiamerikanismus, Fundamentalismus, Terrorismus, Größenwahn, Atombomben – die Linie ließe sich fortsetzen.“2 Während deutschsprachige Medien „die“ Muslime als homogene Gruppe verstehen, „die bedrohlich oder zumindest rückständig erscheint“3, leben weltweit 1,2 Milliarden Muslime in unterschiedlichen Realitäten. Mit den Drohungen gegen Israel erhielt die westliche Medienpropaganda im neuen iranischen Präsidenten ihr personifiziertes Feindbild. Während die Zeit vom 16.03.2006 den Präsidenten auf einer Atombombe mit der Aufschrift „Made in Iran“ reiten ließ, karikierte die SZ Ahmadinedshad mit einem Gürtel voll Atom-Handgranaten. In seinem Artikel „Lügen strafen“ bezeichnete Josef Joffe (Die Zeit) den iranischen Präsidenten als „Hassprediger aus Teheran“4. Im Spiegel wurde erklärt, der Mann mit dem unaussprechlichen Namen habe „die Rolle des Weltfeindes Nummer eins übernommen.“5 Kurze Textpassagen unterstrichen die Botschaft, diese war eindeutig und zielgerichtet: „Der Iran verfügt bereits über Atomwaffen

1 Dr. Heinz Loquai, Sprache des Krieges, Bilder des Krieges – Medien als Kriegstreiber: Jugoslawien, Irak, Iran, Vortrag am 10.07.2006 auf Burg Schlaining, S.1. 2 Ulrich Ladurner, Leben mit tausend Diktatoren, Die Zeit, 16.03.2006, S.4, zitiert in: :ebda., S.13 3 Sabine Schiffer, Der Islam in deutschen Medien, ApuZ, 20/2005, S.24, zitiert in: ebda., S.13 4 Josef Joffe, Lügen strafen, Die Zeit, 01.06.2006, S.1, zitiert in: ebda., S.14 5 Der Spiegel, 22/2006, S.3, zitiert in:ebda., S.14

Mag. Markus Pühringer ist stv.Vorsitzender von PC-Oberösterreich.

Krieg im Irak - Krieg im Iran?von Mag. Markus Pühringer

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EDITORIAL / VÖLKERVERSTÄNDIGUNG

Mag. Gotlind Hammerer ist Mitgliedvon Pax Christi Tirolund Vizepräsidentin vonPax Christi Österreich.

Liebe FriedensfreundInnen!

…so fragt Gerhard Lehrner am Schluss seineshochaktuellen Artikels über mögliche Beiträgezur Rettung unseres Raumschiffes Erde. Ohne"Mobilisierung aller spirituellen erneuerbarenEnergien" wird es nicht nur im Bereich Bewah-rung der Schöpfung nicht gehen, sondern eben-so wenig in den Bereichen Gerechtigkeit undFrieden. (S. 6)Wer, wenn nicht wir, sollte sich ein Gewissendaraus machen, was unser Geld denn so treibt,welche Strukturen der Sünde es stützt und wiewir es in Strukturen der Solidarität umlenkenkönnen. Darüber informieren uns KSÖ-Direk-tor Markus Schlagnitweit und die Leiterin desPax-Christi-Arbeitskreises "Gerecht wirtschaf-ten", Marianne Schallhas. (S. 8-9)Auch für den Frieden bräuchte es viele solcheInitiativen, wie sie Pax Christi USA jüngst imIran unternommen hat. Die höchst gefährlicheLage im ganzen Nahen Osten analysiert Mar-kus Pühringer. (S. 2)Hoffnung schöpfen können wir bei den Berich-ten über die alljährlichen Caritas-Friedenslagerfür Kinder aus Ländern des Nahen Ostens undüber neue Chancen für die Zivilen Friedens-

dienste (Interview mit Pete Hämmerle). (S. 2)Ein ganz unerwarteter Zeuge des Friedens wirduns von Hans Högl mit Leo Tolstoj vorge-stellt. (S. 10)Ich wünsche Ihnen und mir, dass uns jetzt, indieser Zeit der Vorbereitung auf Ostern, vielerneuerte spirituelle Energie geschenkt wirdund wir ganz konkret initiativ werden fürGerechtigkeit, Frieden und Bewahrung derSchöpfung.

In manchem könnten uns da die Hutterer, dieNachkommen der grausam verfolgten TirolerTäuferbewegung des 16. Jahrhunderts unterJakob Hutter, Denkanstöße geben. Drei Ehe-paare von drei kanadischen Huttererhöfenhaben auf Einladung eines "Arbeitskreises Ver-söhnungszeichen mit den Hutterern" (vgl. Pax-Christi-Homepage) ihr "Heimatland" Tirol undHutterer-Stätten in Kärnten und Niederöster-reich besucht und uns einen Einblick gegeben,mit welchem Ernst sie Orientierung am Evan-gelium, Gütergemeinschaft und Gewaltfreiheitleben und durch ihr Gebet stützen. SHALOM - SALAAM,

Gotlind Hammerer

Wer, wenn nicht wir, wann, wenn nicht jetzt…

Dieser gekürzte Textstammt von Stefan Maier, Initiator und all-jährlich Lagerleit-er desFriedenslagers,Leiter der Auslandshilfeder Caritas Salzburgund Nahostkoordinatorder Caritas Österreich.

Den vollständigen Textund weitere Photos finden Sie auf unsererHomepage.

Seit 1999 organisiert die Caritas Salzburgalljährlich ein Friedenslager für bedürftigeKinder unterschiedlichster Religionszu-gehörigkeit aus dem ganzen Nahen Osten.Das Friedenslager findet jedes Mal in einemanderen Land der Region statt.

Vorurteile, Feindseligkeit gegenüber Angehöri-gen anderer Nationalitäten oder Volksgruppensowie religiöse Intoleranz sind im Nahen Ostenleider immer noch weit verbreitet. Vor einigenJahren beschloss deshalb die Caritas Salzburg,auch im Bereich Friedens- und Versöhnungsar-beit tätig zu werden, um einen Beitrag zurLösung dieser Probleme zu leisten.

Wenn man Mentalitäten ändern will - so wardie Überlegung - so muss man früh damitbeginnen. Aus diesem Grund wurden Kinderund Jugendliche als die primäre Zielgruppegewählt, mit der es zu arbeiten galt. Ein drei-wöchiges Ferienlager, bei dem Kinder unter-schiedlichster Nationalität und Religionszu-gehörigkeit zusammengebracht werden sollten,schien der ideale Rahmen dafür zu sein.

So wurde im Sommer 1999 ein erstes derarti-ges Lager organisiert, das in Tartous an der

syrischen Mittelmeerküste stattfand. An dieserAktion nahmen damals christliche und musli-mische Kinder aus dem Libanon, Syrien undÄgypten teil. Das Lager war so erfolgreich,dass es auf Wunsch aller Beteiligten im Jahr2000 im Libanon wiederholt und in der Folgezu einer alljährlichen Tradition wurde. Es fin-det nun jedes Jahr in einem anderen Land derRegion statt. Jedes Jahr werden Kinder einerzusätzlichen Nation in das Projekt integriert.So fand etwa das Lager im Sommer 2006 inder jordanischen Hauptstadt Amman statt undstand unter der Patronanz von Königin RaniaAl Abdullah von Jordanien, während das Lagerim Sommer 2007 in Alexandria in Ägyptenstattfinden soll - dann bereits mit acht teilneh-menden Nationen.

Das Ziel des Friedenslagers ist, Vorurteileabzubauen und Toleranz zu stärken. Die Akti-on soll bei den teilnehmenden Kindern Interes-se für andere Länder, Völker, Kulturen undReligionen wecken und durch grenzüberschrei-tende Freundschaften einen Beitrag zur Völker-verständigung leisten. Und schließlich sollsozial bedürftigen Kindern die Möglichkeitgeboten werden, zumindest einmal im Lebenunbeschwerte Ferien zu verbringen.

GELEBTE VÖLKERVERSTÄNDIGUNG

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ETHISCHES INVESTMENT

Zweifelhafte Finanzgeschäfte der BAWAG.Berichte von unvorstellbaren, jedenfallsnicht durch reales Wachstum erklärbarenTraumgewinnen. Vernichtende Pleiten amFinanzmarkt und ihre oft verheerenden Fol-gen für davon betroffene Unternehmen undderen share- und stakeholder. - All das hatvielen Menschen ins Bewusstsein gerufen,dass der oft gehörte Stehsatz "Geld stinktnicht" keinesfalls stimmt.

Geld kommt im Finanzkapitalismus der Gegen-wart eine enorme (politische) Steuerungsmachtzu. Alle, die Geld zu veranlagen haben, tragendeshalb auch Verantwortung dafür, was mitdem veranlagten Geld geschieht und ob das mitihren persönlichen Wertmaßstäben in Einklangsteht. Veranlagtes Kapital liegt ja nicht wie beiDagobert Duck im sicheren Tresor und wartetnur darauf, mit ein paar Prozent Zinsaufschlagwieder abgeholt zu werden - im Gegenteil:Veranlagtes Geld fließt in wirtschaftlicheKreisläufe ein und bestimmt in einem hohenMaße deren Verlauf und Richtung mit. Geld-veranlagung spiegelt Interessen wider, trägtvon daher eine eindeutig politische Komponen-te und verlangt insofern auch politische Verant-wortung.

Wirtschaft mitgestalten

Spätestens seit Börsenberichte fester Bestand-teil von Rundfunk-Nachrichten sind, spürenwir tagtäglich, dass wir in einem weltumspan-nenden Finanzkapitalismus leben - einem Wirt-schaftssystem, in dem Geld nicht mehr nurZahlungsmittel, sondern selbst das wichtigsteWirtschaftsgut ist und Finanzkapital nicht mehrnur ein, sondern der entscheidende Produkti-ons- bzw. Wertschöpfungsfaktor. Diesen Ent-wicklungen entsprechend hat sich bis in denprivaten Bereich hinein auch der Umgang mitGeld als Wertanlage verändert - und der per-sönliche Verantwortungsgrad dabei: Nicht nurdass das klassische Sparbuch seine Vorrang-stellung im Bereich der Geldanlage zunehmendanderen Anlageformen abtritt; diese moderner-en Anlageformen räumen dem Besitzer desdominierenden Wirtschaftsfaktors Geld auchungleich mehr ökonomische wie politischeSteuerungsmacht ein als die traditionellenSparformen. Die großen gesellschaftspoliti-schen Bewegungen der vergangenen Jahrzehn-te (Frauen-, Umwelt- und Friedensbewegung)haben zudem in breiten Bevölkerungsschichtenein kritisches Bewusstsein dahingehend wach-

sen lassen, dass positive Wirtschaftsdaten nichteinfach um jeden Preis zu erzielen sind. Dem-entsprechend ist eine wachsende Nachfragenach ethischen Kriterien im Wertpapierge-schäft entstanden und - Hand in Hand damit -nach Geldanlageformen, bei denen die Invest-orInnen eine unmittelbare oder (durch damitbetraute Mittelsleute) indirekte Kontrolle dar-über ausüben können, was mit ihrem Geldgeschieht, d.h. welchen wirtschaftlichen (u.U.auch sozialen oder politischen) Zwecken es zurVerfügung stehen soll bzw. wohin das Geld aufgar keinen Fall fließen darf.

"Ethisch orientierte Wirtschaftsprüfung"

Das Grundprinzip aller ethisch-nachhaltigenInvestmentformen besteht v.a. darin, dass amFinanzmarkt Kapital aufnehmende Firmenbzw. Wirtschaftsprojekte zunächst von daraufspezialisierten Agenturen bzw. Ethik-Komiteesnach entsprechenden Umwelt-, Sozial- undKulturverträglichkeitskriterien geprüft undbewertet werden. Die daraus gewonnenenErgebnisse sollen wiederum Wertpapier-Mana-gern sowie PrivatanlegerInnen zur ethischmotivierten Orientierung ihrer Anlagepolitikbzw. zur Entwicklung ethisch-nachhaltigerAnlageprodukte dienen. Diese Bewertung undKontrolle der einzelnen Unternehmen und Pro-jekte stellt naturgemäß die größte Herausforde-rung an das Anliegen ethisch-nachhaltigenInvestments dar. Hochdifferenzierte, oft welt-weit und über unterschiedlichste Wirtschafts-branchen ausgedehnte Unternehmensstrukturenmachen ihre ethische Bewertung zu einemkomplexen und kaum zu 100% sicheren Unter-fangen.

Dazu kommt noch die Notwendigkeit, die ent-sprechenden Prüfungen in einer gewissen zeit-lichen Dichte zu wiederholen, weil die Politikeines Unternehmens sich heute sehr rasch -positiv wie negativ im Sinne der anzulegendenWertmaßstäbe - ändern kann. Eine breite inter-essierte Öffentlichkeit ist hier von großerBedeutung: Nicht wenige und keineswegsunbedeutende Unternehmen haben mittlerweileerkannt, dass gute Prüfungs-Ergebnisse im Sin-ne ethischer Nachhaltigkeitskriterien nicht nurein positives öffentliches Image bringen, son-dern neben den üblichen Wirtschaftsdaten inzunehmendem Maß in die Kaufentscheidungenvon InvestorInnen einfließen. Auf der anderenSeite mussten Unternehmen, die bei den"Ethik-Wertungen" mit falschen Angaben undEtikettenschwindel operierten, dabei entdeckt

Machen Sie mit Ihrem Geld doch, was SIE wollen!von Dr. Markus Schlagnitweit

Dr. MarkusSchlagnitweit ist Direktor der Kathol-ischen Sozialakademie Österreichs

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ETHISCHES INVESTMENT

wurden und in der Folge auf sogenannte "grau-grüne" Listen gesetzt wurden (eine Art moder-ner Pranger am ethisch-ökologischen Finanz-markt), bereits empfindliche Geschäftsein-bußen hinnehmen.

Alte, aber falsche Vorurteile

Wie vieles, was mit den typischen "alternati-ven" Politikfeldern - Ökologie, Friedenspolitik,Entwicklungsförderung, Minderheitenschutzetc. - zusammenhängt, kämpft auch die Ideedes ethisch-nachhaltigen Investments mit demweit verbreiteten Vorurteil, das sei auf derInvestorInnenseite doch höchstens etwas fürIdealistInnen, die es sich zudem leisten könn-ten, auf zumindest marktübliche Erträge zuverzichten, und auf der Unternehmensseitehöchstens etwas für alternative Kleinbetriebe.Weder das eine noch das andere Argument istrichtig. Mittlerweile belegt sogar eine Reihewissenschaftlicher Studien, dass ethisch orien-tierte Investmentprodukte mit vergleichbarenkonventionellen Anlageformen problemlosSchritt halten können - nicht nur was denErtrag, sondern auch was die Sicherheitanlangt! Andererseits gehört es mittlerweilezum Standard, dass sich eine große Zahl echter"global player" auch einschlägigen Ethik-Prü-fungen unterziehen - ein Hinweis darauf, dassauch Großkonzerne den Gedanken ethisch-nachhaltigen Investments und den dahinter ste-henden AnlegerInnen-Markt durchaus ernst zunehmen beginnen.

Abschließend sei nochmals darauf hingewies-en, dass im gegenwärtigen Finanzkapitalismusalle Versuche zur Steuerung der Wirtschafts-kreisläufe bzw. der Wirtschaftspolitik primärbeim Faktor Geld anzusetzen haben. Fände derGedanke ethisch-nachhaltigen Investmentsjedenfalls eine entsprechende Breitenwirkung,würde sich mittel- bis langfristig der oft dä-monisierte "shareholder-value" als dominieren-de wirtschaftspolitische Richtschnur nichtmehr wie bisher ausschließlich an herkömm-lichen ökonomischen Entwicklungs-Daten undProfit-Kennzahlen bemessen, sondern als Bün-del von Werten darstellen, in dem die optimaleAbstimmung von ökonomischer UND ethisch-politischer "Rendite" den Ausschlag gibt - ineinem Finanzkapitalismus wohl das Mittel mitder größten Hebelwirkung zur Durchsetzungethischer Werte in Wirtschaft und Politik.

Wer sich mit diesem Thema intensiver be-schäftigen will, kann mittlerweile eine Füllevon Informationsquellen nutzen. Interessiertenmit christlicher Wertebasis sei die noch relativjunge und in beständigem Ausbau befindlicheWebsite der Kath. Sozialakademie Österreichs(ksoe) "www.geldundethik.org" empfohlen.

Nachstehend finden Sie eine grobe Übersichtüber die häufigsten Arten ethisch-nachhaltigerInvestementprodukte. (Generell gilt freilichauch hier: Nicht in allem, was "öko" oder"ethisch" heißt, ist auch "Ökologie" oder"Ethik" drin. Kritisches Nachfragen und Prüfenbleiben niemandem erspart.)

Offenlegung gemäߧ 25 Mediengesetz:Pax Christi Österreichist eine nationale Sekti-on der internationalenkatholischen Friedens-bewegung Pax ChristiInternational.Grundlegende Richtung:Zeitung für Friedendurch Gewaltfreiheit,Versöhnung und Ge-rechtigkeit aus christ-licher Verantwortung.

In “pax” 4/06 erschien eine Zusammenfassungdes Artikels “Verhinderte Friedensmacht” vonTilman Evers. Wir danken “Le Monde diplo-matique” für die Erlaubnis, die gekürzte Ver-sion zu veröffentlichen.

ETHISCH-NACHHALTIGE INVEST-MENTPRODUKTE IM ÜBERBLICK

· Öko- bzw. Fördersparbücher sind einfa-che Sparbücher (wahlweise mit freiwilligemZinsverzicht zugunsten eines Fonds' zurFinanzierung bzw. Förderung ökologischerbzw. sozialer Projekte), deren Spareinlagenausschließlich der Kreditvergabe an bestim-mten Ethik-Kriterien genügende Unterneh-men und Projekte zufließen.· Ethik-Lebensversicherungen arbeiten nachdem Prinzip (ausschließlich) an kontrollierteEthik-Fonds gebundener Polizzen.· Ethik-Investmentfonds enthalten nur Wert-papiere, deren Auswahl an genau definierteEthik-Kriterien gebunden ist. (Reine Aktien-bzw. Rentenfonds sowie gemischte Fonds.)· Öko- bzw. Sozialanleihen sind Forderungs-wertpapiere, mit denen Großschuldner(öffentl. Hand, Banken, Großunternehmen) angenau definierte ökologische oder sozialpolit-ische Zwecke gebundene Darlehen aufnehm-en.· Direktbeteiligungen an ethisch förderungs-würdigen Unternehmen bzw. Projekten (z. B.Windenergie-Parks) oder auch an anderenUnternehmen zum Zweck der Einflussnahmeauf deren Unternehmenspolitik auf Basis derAktionärsrechte.· Beteiligung an Mikrofinanz-Agenturen,die Klein-Kredite an nicht als "bankfähig"geltende, also weitgehend mittellose, aber zurwirtschaftlichen Selbsthilfe durchaus fähigeMenschen vergeben, und ein äußerst wirk-sames, 2006 mit dem Friedensnobelpreis aus-gezeichnetes Instrument zur Armutsbekämpf-ung darstellen.

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KLIMAWANDEL

Die selbst gemachte globale Erwärmung mitihren langfristig katastrophalen Folgen istnach dem neuen UNO-Klimareport nichtmehr zu leugnen. Schnelle Energiewende istlebensnotwendig - jede und jeder ist gefor-dert Energie sparsamer, effizienter zugebrauchen und erneuerbare Energien zufördern.

Die Gefahren verdrängen oder Ausstieg ausder "Titanic fossile Energiewirtschaft" ?

Die Gefahr besteht aber, dass wir die tödlichenFolgen unserer Verbrennung von Erdöl, Erd-gas, Kohle und Uran genauso verdrängen wiein der Nazizeit die millionenfachen, tödlichenFolgen der Rassenpolitik verdrängt wurden.Mit dem großen Unterschied: Für den Klima-schutz kann jeder jetzt seinen Beitrag leisten,ohne Angst um sein Leben haben zu müssen.Ängste werden wohl auch in der Energiefragegeschürt: Angst, dass die erneuerbaren Energi-en nicht reichen. Wie aber können wir umkehr-en, um die Zukunft unserer Enkel offen zu hal-ten? Wie können wir offener werden für denWeg nach Übermorgen ohne Erdöl, Erdgas,AKW´s? Was hat jüdisch-christlicher Glaubedazu zu sagen?

In der Energiefrage auch auf den GeistGottes hoffen?

Dürfen wir in unseren schwierigen Energiepro-blemen heute auch auf den Geist Gottes hof-fen? Wo ist er da heute am Werk? Dürfen wirauch in unserem Energiehunger hoffen, dassgenug für alle da ist? Auffallend in der ganzenBibel ist, dass eine Haltung des Vertrauens aufdie Güte des Schöpfers und die Fülle derSchöpfung bestimmend ist.

Im Psalm 145,15 wird dieses Vertrauen so aus-gedrückt: "Aller Augen warten auf dich und dugibst ihnen Speise zur rechten Zeit. Du öffnestdeine Hand und sättigst alles, was lebt nachdeinem Gefallen."

Dürfen wir also darauf vertrauen: "In GottesSchöpfung ist auch in Zukunft genug Energiefür alle da?" Für fast alle Generationen vor unshat ja gegolten: "Über Sonne, Wasser, Wind,Holz sind genug Energiespender für alle da."Und die heutige technische Effizienz von Son-nenkollektoren, Photovoltaik, modernen Was-ser-, Wind- und Biomassekraftwerken warnoch nicht gegeben. Ein Wechsel auf erneuer-bare Energien kann die Energieversorgung füralle sichern. Dass das technisch, finanziell

möglich ist, wurde in vielen Studien für ver-schiedene Länder, auch für Österreich schonaufgezeigt. Sonne, Wasser, Wind und Biomas-se liefern uns mehr als genug erneuerbareEnergie.

Genug erneuerbare Energie für alle? Wieviel ist genug?

Wie viel genug ist, das ist keine wirtschaftlicheFrage. Denn wenn "immer mehr Konsum"unser wichtigstes Ziel ist, dann kann nie genugEnergie da sein. Wenn wir unsere Sehnsuchtnach dem Unendlichen auf Materielles statt aufGeistig-Religiöses richten, dann kann niegenug sein. Denn für die Habgier ist nie genugda. Von daher braucht es eine Umkehr in unse-ren Lebens- und Wirtschaftskonzepten: Vomindividualistischen "immer mehr für mich"zum "Wie viel ist genug für alle? Und wieerzeugen wir das, was wir benötigen, möglichstumwelt- und ressourcenschonend?"

Im ökumenischen Sozialwort der öster. Kir-chen (Nr. 292) heißt es: "Für eine Neuorientier-ung braucht es entschiedene Maßnahmen wie:höhere Energieeffizienz, den Umstieg zuerneuerbaren Energien, teilweisen Konsumver-zicht, fairen Handel, Marktpreise, die entspre-chend dem Verursacherprinzip auch die ökolo-gischen Kosten widerspiegeln, sinnvolle Ver-kehrskonzepte für Transit und Vorrang füröffentlichen Verkehr sowie eine ökologischeSteuerreform."

Spirituelle erneuerbare Energien anzapfen

Wie werden wir diese Neuorientierung, einFreierwerden von unserem verschwender-ischen, zerstörerischen Lebensstil, ein Loslas-senkönnen vom Goldenen Kalb Auto schaffen?Manchen Dämonen und Götzen in und unteruns kann ich, können wir hoffentlich durch einverstärktes Einlassen auf unsere spirituellenRessourcen die Macht entziehen. Deshalbscheint mir: Zum schnellen Widerstand gegendie zerstörerische fossile Energiewirtschaft, inder wir selber mitspielen, werden wir eineintensive Mobilisierung aller spirituellenerneuerbaren Energien dringend brauchen.Schritte zu mehr Schöpfungsverantwortungsetzen und unser Vertrauen auf den geheimnis-vollen Schöpfer allen Lebens im Beten wiedermehr entdecken gehören für mich zusammen!Gegen die Versuchungen zu resignieren, zuverdrängen in Arbeit und Konsumrauschbrauche ich das Beten wie das tägliche Brot.

Jetzt an der Arche Klimarettung mitbauen von Mag. Gerhard Lehrner

Mag. Gerhard Lehrnerist katholischer Kran-kenhausseelsorger

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KLIMAWANDEL / FRIEDENSDIENSTE

Was kann jede/r selbst tun?

Wir sind herausgefordert aus Sympathie für Kli-maschutz Schritte zur eigenen Beteiligung zu set-zen. Beispielhaft finden Sie einige Ansätze und

Projekte, wo jeder und jede sich auf seine/ihreWeise beteiligen kann.

Wer sucht, der findet seine/ihre Möglichkeiten.Wer, wenn nicht wir, wann, wenn nicht jetzt!

Recht ruhig geworden ist es in den letzten Jah-ren um die Friedensdienste. Doch ein neuerEntwurf der "Austrian Development Agency"(ADA) könnte neue Dynamik bringen. pax hatbei Pete Hämmerle vom Internationalen Ver-söhnungsbund nachgefragt.

pax: Was sieht die neue Entsenderichtlinie derADA vor?

Mit den Richtlinien zur personellen Entwick-lungszusammenarbeit, die derzeit erst im Entwurfvorliegen, wird es erstmals möglich sein, die Ent-sendung von Fachkräften für Zivile Friedensdien-ste (ZFD) in lokale Partnerorganisationen imRahmen der Österreichischen Entwicklungszu-sammenarbeit mitzufinanzieren. Damit hätte dieKampagne der Österreichischen Friedensdienstefür ZFD einen ersten wichtigen Erfolg erreicht,nämlich eine staatliche Grundfinanzierung füreinen wichtigen Beitrag zur langfristigen Fried-enssicherung durch österreichische NGOs.

pax: An welche Bedingungen ist die Entsendungvon FriedensdienerInnen geknüpft?

Die Zivilen Friedensdienste sollen zwischen 8Monaten und zwei Jahren dauern und in der Kon-fliktprävention, bei der friedlichen Beilegung vonKonflikten und beim Aufbau friedensfördernderStrukturen nach einem Konflikt ansetzen können.

Entsprechende Qualifikationen und beruflicheErfahrung sind ebenso wichtig für die Einsätzewie interkulturelle Kompetenzen.

Vor allem zwei Bedingungen bereiten uns derzeitnoch einiges Kopfzerbrechen: Zum einen ist eineMindestzahl von 25 entsandten Personen pro Jahrvorgesehen, die für eine Organisation allein kaumzu erreichen ist. Zum anderen ist der ZFD mitden Schwerpunktländern und -regionen des Drei-jahresplans der OEZA verbunden, sodass mind-estens 60% der Einsätze (bzw. finanziell nochbesser mehr als 80 %) in diesen Regionen statt-finden müssen, um eine Kofinanzierung durchdie ADA erhalten zu können.

pax: Wann könnten die ersten FriedensdienerIn-nen demnach ihren Einsatz beginnen?

Frühestens im Jahr 2008. Derzeit laufenGespräche mit verschiedenen an ZFD interessier-ten Organisationen zur Bildung eines "Konsorti-ums", um so die von der ADA gewünschte Zahlan Entsendungen zustande zu bringen. Bis zumSommer sollen alle Beteiligten ihre geplantenProjekte samt der Anzahl der FriedensdienerIn-nen zusammen tragen, um eine realistische Ein-schätzung der Lage für 2008 vornehmen zu kön-nen.

pax: Danke für das Gespräch.

Staatliche Grundsicherung für Friedensdienste3 Fragen an Pete Hämmerle

PROJEKTE UND BETEILIGUNGS-MÖGLICHKEITEN ZUM KLIMASCHUTZ

· "Autofasten": www.autofasten.at · Vom Stromanbieter, der fossilen und Atom-strom liefert, auf Ökostrom wechseln: Als Ein-zelner und als Pfarre, Gemeinde: www.oeko-strom.at · Das eigene Haus dämmen, auf Biomassehei-zung umstellen, Solar - Photovoltaikanlage bauenTipps dafür: www.klimarettung.at · Veranstaltungen zur Energiefrage besuchen,organisieren: www.energiebezirk.at

· Politisch einfordern, dass Kerosin endlichauch besteuert wird und selber Flüge möglichsteinschränken· Einfordern, dass Abfangjäger, ob Eurofighteroder andere nicht starten dürfen, da sie unserenLuftraum statt zu schützen noch weiter zerstören! Wie das AKW Zwentendorf könnte das ein star-kes Zeichen der Umstellung österreichischerUmwelt- und Friedenspolitik darstellen. Mitden eingesparten Betriebskosten - mehrere hun-dert Millionen Euro- können schnell Enegieeffi-zienzmaßnahmen und Umstellung auf erneuer-bare Energien gefördert werden.

Olivenkampagne 2007Unterstützen Sie palästinensische Bauern-familien, ihre Ernte einzubringen.

International Women's Peace Service/IWPS

sucht in Zusammenarbeit mit dem österreich-ischen Versöhnungsbund, TeilnehmerInnen fürdie Olivenkampagne 2007. Weitere Information-en unter: www.versoehnungsbund.at

Pete Hämmerleist ÖFD-Vorsitzenderund Mitarbeiter beimInternationalen Ver-söhnungsbund.

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GERECHT WIRTSCHAFTEN

Strukturen der Sünde und ihre Überwindungvon Dr.in Marianne Schallhas

Zwei ganz besondere päpstliche Sozialenzykli-ken haben heuer einen runden Geburtstag: 40Jahre Populorum Progressio (Über die Ent-wicklung der Völker) von Paul VI und 20 JahreSollicitudo Rei Socialis (Über die soziale Sor-ge der Kirche) von Johannes Paul II. Letzterezieht Bilanz über die sozialen und wirtschaftli-chen Entwicklungen seit Populorum Progressiound stellt fest, dass sich der Zustand der Welt"erheblich verschlechtert hat". Der Papst bringtdann das seit damals viel zitierte Wort von den"Strukturen der Sünde" ins Gespräch undschreibt: "Auf jeden Fall muss man das Beste-hen wirtschaftlicher, finanzieller und sozialerMechanismen anprangern, die, obgleich vomWillen des Menschen gelenkt, doch fast auto-matisch wirken, wobei sie die Situation desReichtums der einen und der Armut der ander-en verfestigen. Solche Mechanismen, von denstärker entwickelten Ländern in direkter oderindirekter Weise gesteuert, begünstigen durchdie ihnen eigene Wirkweise die Interessenderer, die über sie verfügen, erdrücken oderlenken aber schließlich vollständig die Wirt-schaftsordnungen der weniger entwickeltenLänder."

Schon Paul VI hatte in Populorum Progressiovor solchen Entwicklungen gewarnt und leid-enschaftlich dazu aufgerufen, in der Liebe zuden Armen entschlossen und erfinderisch zusein. Wo stehen wir nun 2007? Sind wir bei derAnalyse und Überwindung der Strukturen desUnrechts weiter gekommen oder haben sie sichnoch mehr verfestigt? Auch wenn wir für dievielen positiven Entwicklungen, vor allem imBereich gemeinnütziger nationaler und trans-nationaler Nichtregierungsorganisationen,dankbar sind, müssen wir uns doch der unange-nehmen Wahrheit stellen, dass die Gegensätzezwischen Arm und Reich weiter im Anwachsensind und auch im Umweltschutz keine echteTrendwende eingetreten ist. Ich glaube, wirsollten die heurigen Gedenktage als Anlass undChance sehen, die Rede von den Strukturen derSünde zu vertiefen. Wo können wir solcheStrukturen erkennen? Wie wirken sie? Wassind die menschlichen Grundhaltungen, die siehervorbringen? Wodurch wird ihr Fortbestehengestützt?

Pervertierte Sehnsucht nach dem Unendli-chen

In der "Arbeitsgemeinschaft Gerecht Wirt-schaften für Frieden und Bewahrung der

Schöpfung" beschäftigen wir uns seit Jahren inbesonders intensiver Weise mit dem Wesenheutigen Geldes, weil es nach all unserenRecherchen und Analysen eine typischeUnrechtsstruktur ist, die aber von den meistenMenschen, inklusive Christinnen und Christen,nicht als solche durchschaut und wie ein Natur-gesetz hingenommen wird. Um es gleich vor-wegzunehmen, es geht uns nicht nur um dieStrukturen der Finanzmärkte, sondern darüberhinaus um die noch viel grundsätzlichere Fra-ge, was denn Geld überhaupt ist und wie eswirkt.

Das meiste Geld in der Welt wird heute aufSchuldenbasis geschaffen, das heißt, es wirdvon einer Zentralbank "aus dem Nichts"geschöpft, indem diese einen Kredit an eineGeschäftsbank vergibt. Dafür müssen Zinsenbezahlt werden. Das Geld, das für die Zinszah-lung erforderlich ist, entsteht ebenfalls alsSchuld, worauf wieder Zinsen bezahlt werdenmüssen. Und so weiter. Unter Einhaltung einerMindestreservepflicht dürfen dann sogar auchnoch die Geschäftsbanken durch KreditvergabeGeld schöpfen, wenn auch nur Buchgeld undkein Bargeld. Durch dieses "Bankengeld" ent-steht eine ständig wachsende Schulden- undGuthabenspirale, die die Wirtschaft unterWachstumsdruck setzt, damit die Kreditebedient werden können. So wird das Geld zueiner der wichtigsten Antriebskräfte desWachstumswahns moderner Gesellschaften,der ja letztlich nichts anderes ist als die perver-tierte Sehnsucht des Menschen nach demUnendlichen.

Verlangen nach Macht und Gier nach Profit

Johannes Paul II schreibt in Sollicitudo ReiSocialis, dass die "bezeichnendsten Handlun-gen und Verhaltensweisen, die im Gegensatzzum Willen Gottes und zum Wohl des Näch-sten stehen, sowie die ‚Strukturen', die sie her-beiführen, heute vor allem zwei zu sein schei-nen: auf der einen Seite die ausschließlicheGier nach Profit und auf der anderen Seite dasVerlangen nach Macht mit dem Vorsatz, ander-en den eigenen Willen aufzuzwingen", undzwar "um jeden Preis". Der Wahrheitsgehaltdieser Aussage tritt bei der Analyse des Geld-systems besonders deutlich zu Tage, dennneben dem Wachstumszwang besteht eineweitere Tragik dieses Systems darin, dass esaufgrund des Zinseszinses als automatischesUmverteilungsinstrument von Arm zu Reich

Dr.in Marianne Schallhas leitet dieArbeitsgemeinschaft“GerechtWirtschaften”

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GERECHT WIRTSCHAFTEN / PAX CHRISTI ÖSTERREICH

wirkt und destruktive nationale wie internatio-nale Verschuldungsbeziehungen erzeugt. Esbestärkt die Konkurrenz unter den Menschenund behindert Solidarität. Außerdem muss eslängerfristig schwere Wirtschaftskrisen und -zusammenbrüche nach sich ziehen, weil dieWirtschaft auf Dauer mit den exponentiellwachsenden Geldforderungen nicht mithaltenkann. Der Finanzexperte Bernard A. Lietaerschreibt in seinem Buch "Das Geld derZukunft" sehr treffend, dass wir in unsererDefinition von Geld gefangen sind.

Solcherart konstruierte Währungen stehen nunweltweit in Konkurrenz miteinander, wobei dieWährungen der reichen Länder jenen derarmen gegenüber große Vorteile haben. Einebesondere Rolle spielt dabei der US Dollar, dieWeltreservewährung Nummer eins. Cirka 70Prozent der Reserven der Zentralbanken derWelt sind US Dollar, und auch ein großer Teildes Welthandels wird in US Dollar abge-wickelt. Diese besondere Rolle des Dollarsbringt es mit sich, dass sich die USA als ein-ziges Land der Welt eine riesige Auslands-schuld leisten können, auch zur Finanzierungvon Luxus und Rüstung. In anderen Worten,sie haben Geld aus dem Nichts geschaffen undes verwendet, um Güter und Dienstleistungeneinzukaufen, die der globalen Wirtschaft vielArbeit und Ressourcen gekostet haben, um siezu produzieren. Aber sie haben nichts Entspre-chendes zurückgegeben. Sie bekamen undbekommen auf diese Weise eine massive Sub-vention vom Rest der Welt, die es ihnenermöglicht, um die Hälfte mehr zu importierenals zu exportieren, während die armen Länderzur Bedienung ihrer Auslandsschulden müh-sam Devisen erwirtschaften müssen, seien esUS Dollars, Euros oder eine andere Fremd-währung. Schon bei den Verhandlungen zurNeugestaltung des Weltwährungssystems nachdem Zweiten Weltkrieg sah der Wirtschafts-wissenschafter Keynes die Gefahr einer extremungleichen wirtschaftlichen Entwicklung vor-aus und schlug für den internationalen Handeleine neutrale Verrechnungseinheit vor. Essiegten aber die Machtinteressen über die Soli-darität.

Positive Energien für Entwicklung und Frie-den

Laut Johannes Paul II können jene Strukturender Sünde nur durch die entschlossene Übungder Tugend der "menschlichen und christlichenSolidarität" überwunden werden, weil sich nurauf diese Weise "viele positive Energien zumVorteil für die Entwicklung und den Friedenvoll entfalten" können. Solidarität kann vieleGesichter haben. Eines davon ist sicherlichjenes, das ich als intellektuelle Solidaritätbezeichnen möchte, die zur Überwindung dereigenen Denkfaulheit auffordert. In diesemSinne versuchen wir, uns selbst weiterzubildenund schlagen die Vergabe von Forschungsauf-trägen und die Einrichtung von Universitäts-lehrstühlen für gemeinschaftsfördernde undnachhaltige Geldsysteme vor. Eine solche For-schungstätigkeit ist eine unumgängliche Vorar-beit für eine längst notwendig gewordene großeinternationale Konferenz zur Neugestaltung desweltweiten Währungssystems.

Segen und Fluch des Geldes

Mit diesem Ziel vor Augen haben wir auchunsere Ausstellung "Segen und Fluch des Gel-des" gestaltet, eine Wanderausstellung, diebereits mehr als drei Jahre in Umlauf ist: 14Tafeln, jede 70 mal 100 cm groß, händischangefertigte Collagen zu verschiedenen Aspek-ten unseres Geldes. Der thematische Bogenspannt sich von Blitzlichtern aus der Geschich-te des Geldes über Funktionsweise und Wesendes heutigen Geldsystems bis hin zu ethischemInvestment und Vorschlägen für einegrundsätzliche Neugestaltung des Geldwesens.Dazu gibt es einen reich illustrierten, ausführli-chen Ausstellungsführer auf CD, den wir gegeneine freiwillige Spende weiter geben. Die zahl-reichen positiven Rückmeldungen auf dieseseinfache Ausstellungsprojekt haben unsereErwartungen bei weitem übertroffen, und sohoffen wir, dass es viele friedensbewegte Men-schen dazu anregt nachzuforschen, was unserGeld den lieben, langen Tag so treibt und wasgetan werden könnte, um es dem Frieden för-derlicher zu machen.

Weitere Aktivitäten von PC Österreich:

- Pax Christi Österreich setzt sich fürBischof Erwin Kräutler einSeit einigen Jahren wird der österreichischeBischof von Xingu / Brasilien, Dom ErwinKräutler, mit anonymen Mordrohungen kon-frontiert. PC-Ö hat in einem Brief an den brasi-lianischen Präsidenten Dr. Lula da Silva undandere PolitikerInnen Besorgnis über Mordro-hungen an Bischof Kräutler ausgedrückt. (1/07)

- Versöhnungszeichen mit den HutterernPC-Tirol setzt sich aktiv für das „Hutterer-Ver-söhnungszeichen“ ein. Dieser Prozess will dasUnrecht an Andersgläubigen bewusst machen,die „Erinnerung reinigen“ und dieses dunkleKapitel der Tiroler Geschichte aufarbeiten, umso eine gemeinsame Basis der Versöhnung unddes Friedens zu schaffen. – Vorbild dafür istdie Versöhnung mit den Nachkommen der ausdem Defreggen- und Zillertal vertriebenen Pro-testanten vor einigen Jahren. (2/07)

Aktuelle Stellungnahm-en, Aktionen und weitere Neuigkeiten fin-den Sie regelmäßig aufunserer Homepage:www. paxchristi.at

Die AG Gerecht Wirt-schaften hat eine Aus-stellung über “Segenund Fluch des Geldes”gestaltet.Die CD zur Austellungsowie weitere Infor-mationen können beiDr.in Marianne Schall-has eingeholt werden.

[email protected]

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ZEUGE DES FRIEDENS/23

Gegen Krieg und strukturelle Gewalt

Literatur-Unterricht wird fad, und ein viel-schichtiger Dichter bekommt Schulblässe,wenn er für den politischen Bedarf gleichgeho-belt wird. Klar ist, warum das Politische vonLeo Tolstoj verschleiert wurde. Seine religiös-en und sozialpolitischen Schriften durften inRussland nicht erscheinen, wurden im Auslandgedruckt und als handschriftliche Kopien ver-breitet. Aber der Zar ließ ihn selbst in Ruhe,wollte keinen Märtyrer, aber die Tolstoj-Gemeinschaften wurden verfolgt.

Eine Dokumentation zu Tolstoj, gesendet inARTE, dem deutsch-französischen TV-Kultur-sender1, ließ mich aufhorchen. Angeregt davonvertiefte ich mich in Literaturgeschichte, aberim Lexikon Wikipedia fand ich klare Hinweisezu Tolstojs Reformpädagogik, seiner Kritik ander sozialen Lage der Bauern und Arbeiter, sei-ner Ablehnung des Krieges, seine Vorbehaltezur Lebenspraxis der orthodoxen Christen undihrer Kirche. - Welch` ein Mensch tritt uns ent-gegen - mit Tiefe und Ernst in seinem Gesichtund Werk. Sicherlich: seine Person ist auchwidersprüchlich. Seine Romane "Anna Kareni-na", "Auferstehung" und "Krieg und Frieden"packen einen, lassen nicht los, fesseln durchRealismus statt durch schlau erdachteGeschichten, gepaart mit menschlichen Ideal-en.

Leo Tolstoj wurde am 28. August 1828 gebo-ren, somit feiern wir bald seinen 180. Geburts-tag. Uns interessiert Tolstojs politischer Ein-satz. Seine Zeitgenossen wie Turgenev undDostojewski waren schon gestorben, Tolstoj,wie ein einsamer Riese scheute sich nicht, sei-ne Stimme wieder und wieder zu erheben, ohnedabei wie die Katze um den heißen Brei zugehen.2 Seine furchtlose soziale Anklage wur-de ein wichtiger Faktor sozialer Gärung.3 Am7. November 1910 stirbt Tolstoj, sieben Jahrevor der Russischen Oktoberrevolution. Dochnun ein wenig der Reihe nach.

Mit-Leid mit fremdem Unrecht

1854-55 nahm Tolstoj freiwillig am Krim-Krieg teil. Der Aristokrat und Grundherr Tol-stoj litt am Unrecht, das russischen Bauernwiderfuhr, wollte ihnen helfen, prallte aberanfangs am Misstrauen der Bauern ab.4 InMoskau nahm er 1882 ein solches Elend unterden Arbeitern wahr, dass die Armut der Bauernnoch übertraf. Er trat der Landflucht entgegen,

organisierte Hilfe für die von Misserntenbetroffenen Bauern. Seine Sinnsuche war weitgesteckt. Er verzichtete auf Rauchen, Alkoholund die Jagd, setzte sich für politisch und relig-iös Verfolgte ein, besuchte wegen Kriegs-dienstverwei-gerung Inhaftierte im Gefängnis,blieb als Autor produktiv, unterstützt von sein-er Frau, die allein die 1400 Seiten von "Kriegund Frieden" sieben Mal abgeschrieben habensoll. In der Erzählung "Der Leinwandmesser"verspottete er aus der Sicht eines Pferdesmenschliches Besitzstreben.

Innere Leere

Als Fünfzigjähriger empfand er eine großeinnere Leere schwankte zwischen Skepsis undGlaube, durchlebte eine Phase von Orientie-rungslosigkeit. Tolstoj suchte mit großemErnst nach dem Lebenssinn, in Philosophienund Religionen. Seit 1881 wandte er sichintensiv religiösen Fragen zu. In Gesprächenmit Geistlichen sowie auf Reisen zu Kirchenund Klöstern kommt er im Laufe der Zeit mitManchem der orthodoxen Kirche nicht zurecht,entwickelt eine Abneigung gegenüber rituellenForm der Religiosität und deckt die Wider-sprüche zwischen dem Evangelium und demLeben der Scheinchristen, vor allem unter Ade-ligen und den christentümlichen Staaten auf.Ihm ging es um Normen, die sich bei Jesus,Buddha und Konfuzius finden. Es war eine Art"Weltethos" (Hans Küng).

Tolstoj - ein ökumenischer Tatchrist

Kern des Religiösen war für ihn die Nächsten-liebe sowie der Appell, dem Bösen nicht mitGewalt zu widerstehen. Und dem von Kirchenbejahten Kriegsdienst stellte er die gewaltfreienLehren der Bergpredigt gegenüber. SeineAnsichten zu Institutionen ähneln Johann Gal-tungs Aussagen zu struktureller Gewalt. Tol-stoj war gegen die Waffensegnungen des russi-schen Heeres und verurteilte die Kriege, auchdes Zaren.

Der russische Dichter trat für eine Versöhnungund Verständigung der Religionen und Kon-fessionen ein und wandte sich gegen konfessio-nelle Enge - auch der Orthodoxie und gegenwechselseitige Stigmatisierung.

Vieles wurde im ARTE-Beitrag nur angedeut-et. Zur weiteren Auseinandersetzung mit Tol-stojs “Christlichem Anarchismus” empfiehltsich etwa: Tolstoj. Rede gegen den Krieg. Po-litische Flugschriften. Herausg. Peter Urban,Frankfurt /Main 1983. (Insel Taschenbuch).

Leo Tolstoj (1828-1910)Von Dr. Hans Högl

Ein christlicher "Anar-chist" mit Weltethos.

Dr. Hans Högl, em. Prof. (PH) lehrtePolitische Mediensozio-logie und Sozialethik u.schrieb das Buch "Binkein Tourist, ich wohnehier".

1 Arte; ThemenabendTolstoj. 17./18.Dez.2006. Dokumentation.Leo Tolstoj - Größer alsdie anderen. 2 Tolstoj, Biographie vonJanko Lavrin, Reinbek1961 /Rowohlts Mono-graphien. Mit Namensre-gister, p. 124 f. 3 Tolstoj. Biographie vonJanko Lavrin, a.a.O.p. 101.4 Tolstoj. Biographie vonJanko Lavrin, a.a.O. Dieskommt auch in "Aufer-stehung" zum Ausdruck.

Bildquelle:http://www.linguadex.com/tolstoy/chapter2.htm

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EINFACH ZUM NACHDENKEN

Warum in seinem NamenWir heissen selber auchWann stehen wir für unsere DramenEr wird viel zu oft gebrauchtAlles unendlich, unendlich

Welche Armee ist heiligDu glaubst nicht besser als ichDie Bibel ist nicht zum EinigelnDie Erde ist unsere PflichtSie ist freundlich, freundlich, wir eher nicht

Ein Stück vom HimmelEin Platz von GottEin Stuhl im OrbitWir sitzen alle in einem BootHier ist dein HausHier ist, was zähltDu bist überdachtVon einer grandiosen Welt

Religionen sind zu schonenSie sind für die Moral gemachtDa ist nicht eine hehre LehreKein Gott hat klüger gedachtIst im Vorteil, im Vorteil

Welches Ideal heiligt die MittelWer löscht jetzt den BrandLegionen von KreuzritternHaben sich blindwütig verranntAlles unendlich, warum unendlich, gute Zeit

Es gibt keinen FeindEs gibt keinen SiegNichts gehört niemand alleineKeiner hat sein Leben verdientEs gibt genug für alleEs gibt viel schnelles GeldWir haben raue MengenUnd wir teilen diese WeltWir stehen in der Pflicht

Sie ist freundlichWarum wir eigentlich nicht

(Auszüge aus dem Liedtext: “Ein Stück vom Himmel” von Herbert Grönemeyer)

DAS FRÜHCHRISTLICHEZITAT

Wenn ein Taufbewerberoder Gläubiger Soldat

werden will, dann weiseman ihn zurück, denn er

hat Gott verachtet.

Hippolyt (+235) Röm. Kirchenordnung

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TERMINE

Pax Christi Burgenland:

KAB-.KreuzwegSA 24. März 15:00 h

Kalvarienberg in Pinkafeld

Pax Christi-Bgld-Vollversammlung

SA 16. Juni 15-18 hin Pinkafeld,

Franziskusgemeinschaft

Podiumsdiskussion zumDialog Christentum-

IslamMI 16. Mai 19:00 h

Evang. Pfarrzentrum inOberwart,

Evang. Kirchenstraße 6

***

Pax Christi Wien:

Menschen beten fürden Frieden

Jeden 1. Mittwoch imMonat um 19.00 Uhr

Friedensgebete mitanschließendem

Austauschin der Alten Burse

Begegnungszentrum derJesuiten

- Großer Saal -Wien 1,

Sonnenfelsgasse 19

Bitte besuchen Sie uns auch auf unserer Homepage:

www.paxchristi.at

Pax Christi Spendenkonto5.923.651

bei RLB OÖ (BLZ: 34.000)

Impressum:Herausgeber, Eigentümer und Verleger:Pax Christi Österreich, A-4040 Linz, Mengerstr. 23, Tel.: +43(0)732/244011DW 67, Fax: DW 72; e-mail: [email protected]; Homepage:www.paxchristi.atRedaktion: Mag. Gerhard Lehrner, Dr. Peter Öfferlbauer, Mag. MarkusPühringer, Mag.a Cornelia Rieß, Mag. Tom RoßgattererAlle: Mengerstr. 23, A-4040 LinzNamentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht notwendigerweise dieMeinung der Redaktion wiedergeben.

Dritte Europäische Ökumenische

Versammlung (EÖV) in Sibiu/Rumänien

Von 4.-8. September findet in Sibiu/Hermann-stadt nach Basel (1989) und Graz (1997) die 3.Europäische Ökumenische Versammlung statt.

Parallel dazu ladenAustria pro Romania & Pax Christi Österreich

vom 4.-8. September 2007 zurPilgerfahrt der Einheit

nach Biia in Siebenbürgen (Rumänien) ein.Weitere Informationen: [email protected]

Pax Christi International:

13.-27. September 2007Pax Christi Deutschland und der Volksbundorganisieren im Sommer ein Workcamp für

Jugendliche in Riga/Lettland. Nähere Informationen unter:

www.paxchristi.de

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Pax Christi Tirol:

Unsere Monatstreffen sindjeden 3. Donnerstag

um 19.30 Uhr

Friedensgebet und anschließendes Gesprächim Haus der Begegnung, Rennweg, Innsbruck

Eröffnung der Ausstellung „Der Mensch im15. Jahrhundert – Die Hutterer“

DO 28. 6. 2007Museum Goldenes Dachl

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Pax Christi OÖ:

Seminar für Zivildiener und Junge Erwachsene23.-26. April 2007

Burg Altpernstein, MicheldorfAnmeldung bei: PC OÖ

E-Mail: [email protected]

Vollversammlung von Pax Christi OÖFR 15. Juni 2007

Franz Jägerstätter-Symposion

Bildungszentrum St. Franziskus in Ried

FR 20.04.2007, 19:00 – 22:00 UhrAusstellungseröffnung Franz Jägerstätter:"Besser die Hände als der Wille gefesselt"

Anschließender Vortrag von Dr.in Erna Putz:Franz und Franziska Jägerstätter.

Ein Briefwechsel

SA 21.04.2007, 09:00 – 17:00 UhrStudientag: "Franz Jägerstätter:

Ein Bauer prägt Theologie"

Christlicher Glaube und politische Verantwor-tung zum 100. Geburtstag des Wehrdienstver-

weigerers.