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PD Dr. Steffi Johanna Brockmeier Musik erleben mit Cochlear Implantat

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PD Dr. Steffi Johanna Brockmeier

Musik erleben mit Cochlear Implantat

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Inhalt

• Warum ist das Thema interessant?• Psychoakustische und technische Aspekte• Verschiedene Typen der Cochlear Implantation• Messinstrumente zum Erfassen von Musikerleben und

Musikhörfähigkeit von CI Trägern• Ergebnisse für unterschiedliche Patientengruppen

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Warum ist das Thema Musik und CI interessant?

• Musik ist ein wichtiges Element aller Kulturen weltweit• 95% der normal Hörenden in der westlichen Welt hören

regelrmässig Musik • überwiegend aus emotionalen Gründen

• Ci Träger/Kandidaten wollen etwas darüber wissen• In nicht tonalen Sprachen erreichen die Sprachhörtests

ihre Grenzen, Musiktestung ist evt. ein gutes Testinstrument

• Tonale Sprache • …

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Musik

• geringe Redundanz• direkter Zugriff auf das

Unterbewusste• Spielraum für

Ausnutzung

des Hörvermögens

Sprache

• hohe Redundanz• indirekter Zugriff auf das

Unterbewusste• nur Bruchteil des

Hörvermögens wird ausgenutzt

Sprache und Musik

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Cochlear Impantat

Quelle: Medel com

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Grenzen des Musikhörens über Cochlear Implantate (1)

Frequenzbereich für

Sprache und Musik

Fellbaum 1994

Sprache

Musik

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Grenzen des Musikhörens über Cochlear Implantate(1)

• Musikwahrnehmung ist abhängig von der Feinstruktur

• Feinstruktur wird nur unzureichend von aktuellen Sprachkodierungstrategien übertragen

• Es wird überwiegend die Einhüllende übertragen.

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Information der Feinstruktur

Smith, Z. et al (2000, 2002) Wilson, B. et al (2004)

Feinstruktur liefert einen wichtigen Beitrag für:

Sprachverständnis im Störlärm

Richtungshören (binaural)

Wahrnehmung von tonalenSprachen

Tonhöhenerkennung (Musik)

Einhüllende

Feinstruktur

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Grenzen des Musikhörens über Cochlear Implantate(2)

• visuelle Analogie

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Typen der Cochlear Implantation

•Unilaterale Implantation

•Bilaterale Implantation

•Bimodale Versorgung CI und Hörgerät

•SSD Versorgung

•EAS Versorgung

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Vergleich Patienten mit Hörgeräten und CI

0

20

40

60

80

100

moderate/mild profound/servere CI

0

20

40

60

80

100

moderate/mild profound/servere CI

S

Instrumentendetektion Instrumentenidentifikation

0

5

10

15

20

25

30

35

40

Pitch Flute median Pitch Piano median Pitch Strings

moderate/mild

profound/servere

CI

Frequenzdiskrimination

0

20

40

60

80

100

120

140

moderate/mild profound/servere CI

traurig – fröhlich (1 – 10)

CIHochgradig SH, CI KandidatGering, mittelgradig SH

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EAS Versorgung elektroakustische Stimulation

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EAS Versorgung elektroakustische Stimulation

110

100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

-10

0,125 0,50,25 1 2 4 8Frequenz [kHz]

dB H

L

ele

ctr

ic

acou

sti

c

Quelle: S. Helbig persönlich

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Messinstrumente zum Erfassen des Musik(er)lebens und der Musikhörfähigkeit (1)

27 Fragen

• Musikhören• Singen • Musizieren

• Rolle der Musik• Qualität der

Musik

MuMu-Fragebogen

jeweils Häufigkeit, Dauer, Art

Zeitpunkt in Kindheit vor Hörminderung vor CI nach CI

. Brockmeier SJ, et al (2002) Cochlear Implants - An Update ed. Kubo T et al : 459-464.

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Messinstrumente zum Erfassen des Musik(er)lebens und der Musikhörfähigkeit (2)

Raum - Frequenz

Zeit - Rhythm

Farbe - Timbre

• Frequenzdiskrimination• Klangdiskrimination• Melodiediskrimination

• Instrumentendetektion• Instrument endentifikation

• Rhythmusdiskrimination

Mu.S.I.CTest

objective tests

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

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Hören Patienten mit Cochlear Implantaten Musik ?Postlingual ertaubte Erwachsene unilateral implantiert

0

20

40

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80

100

VHMVCI

NCI

NHEr

VHM VCI

NCI NHEr

p < 0.0001

%

Neue Implantate 85%

LiteraturzitatBrockmeier SJ, et al (2002) Advances in ORL459-464.

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Hören Patienten mit Cochlear Implantaten Musik ?prälingual ertaubte Kinder

Wie reagiert Ihr Kind im Allgemeinen auf Musik?

3

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3

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76

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5 7 9

0

20

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60

80

100

zeigt keineReaktion

zeigtInteresse

zeigt Freude zeigtUnwohlsein

wird beruhigt anderes

Pe

rce

nta

ge

NH children

CI children

Brockmeier SJ, (2009) Akutelle phoniatrisch-pädaudiologische Aspekte 17,.56 – 58

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Warum hören Sie Musik?Postlingual ertaubte Erwachsene unilateral implantiert

01020304050607080

CI

NH

p<0,0001p<0,0001

p<0,003

p<0,001

. Brockmeier SJ, et al (2002) Cochlear Implants - An Update ed. Kubo T et al : 459-464.

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Welche Musik wird gehört?Postlingual ertaubte Erwachsene unilateral implantiert

0

10

20

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40

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70

NCI

NEr

p<0,0001

p<0,001

p<0,0001

p<0,006

p<0,041

. Brockmeier SJ, et al (2002) Cochlear Implants - An Update ed. Kubo T et al : 459-464.

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Spielen von Instrumenten mit CIPostlingual ertaubte Erwachsene unilateral implantiert

• einige Patienten spielen nach Implantation wieder ein Instrument

• meist das was früher gespielt wurde

• in der Regel Tasteninstrument

0

5

10

15

20

25

30

VHMVCINCINHEr

P < 0.0001

Prozent

. Brockmeier SJ, et al (2002) Cochlear Implants - An Update ed. Kubo T et al : 459-464.

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Singen mit Cochlear Implantatpostlingual ertaubte Erwachsene unilateral implantiert

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1,6

1,8

2

VHMVCINCINHEr

0: nie; 1: selten; 2: manchmal; 3: oft; 4 sehr oft

p < 0,0001

• nach Implantation wird wieder mehr gesungen• Zuwachs überwiegend beim Singen alleine zu Hause• am häufigsten Volkslieder und Weihnachtsliedern

Häufigkeit

. Brockmeier SJ, et al (2002) Cochlear Implants - An Update ed. Kubo T et al : 459-464.

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Frequenzunterscheidung Einzelergebnisse der unilateral implantierten, postlinugal ertaubte erwachsene Patienten

0

1

2

3

4

5

6

1 4 7 10 13 16 19 22 25 28 31

Quatertones

Nu

mb

er

of

su

bje

cts

PD Klavier

PD Geige

PD Sinus

NH CIuni

FU Klavier 3,0(4,2) 20,6(8,9)

FU Streicher 1,8(1,8) 16,7(9,6)

FU Sinuston 1,8(1,8) 11,5(5,4)

Vierteltöne

An

zah

l der

Pe

rso

ne

n

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

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Melodiewahrnehmung mit Cochlear Implantaten

Literatur:• Schlecht, wenn nur Musik präsentiert wird, besser mit Text (Fujita 1999, Leal 2003. Gfeller 2005) • je komplexer Melodie desto schwieriger (Gfeller 2005)

Eigene Daten:Gegenüberstellung der Melodieunterscheidung zwischen unilateral implantierten CI-Trägern und normal hörenden Erwachsenen. Normalhörende Unilaterale CI-Patienten

Kollektiv

0,00

1,00

2,00

3,00

4,00

5,00

6,00

7,00

41

28

48

50

25

3938

Kategorie

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

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Instrumentenerkennung mit Cochlear Implantatenpostlingual ertaubte Erwachsene

Literatur:

Normal hörende können schon früh und ohne spezielles Training Instrumente erkennen bzw. richtig einer Instrumentenfamilie zuordnen (Palmer 1998)

Schlechte Leistung unsystematischer Fehler bei CI-Trägern (Gfeller 2002, Dormann 1998)

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Instrumentenerkennung mit Cochlear Implantatenpostlingual ertaubte Erwachsene

Eigene Daten:

Unilateral implantierte Patienten erkennen nur in 47% die Instrumente korrekt. (NH 87%)

Die Fehler liegen in der Instrumentenfamilie oder im gleichen Frequenzbereich.

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

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Instrumentendetektion mit Cochlear Implantatenpostlingual ertaubte Erwachsene vs NH

1 Instrument 2 Instrumente 3 Instrumente 4 Instrumente 5 Instrumente

1

2

3

4

5

95%

CI

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

1 Instrument 2 Instrumente 3 Instrumente 4 Instrumente 5 Instrumente

1

2

3

4

5

95%

CI

Typ: NHdtCINH

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Instrumentenerkennung mit Cochlear Implantatenpostlingual ertaubte Erwachsene

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

Gespieltes Instrument

Kontrabass Fagott Querflöte Klavier Sopran Xylophon

Antwort

Kontrabass 28,0% 8,6% 2,2% 3,2% 8,6% 1,1%

Fagott 8,6% 16,1% 9,7% 1,1% 4,3% ,0%

Querflöte 1,1% 1,1% 39,8% ,0% 7,5% 2,2%

Klavier 4,3% 6,5% 4,3% 74,2% ,0% 21,5%

Sopran 2,2% 2,2% 2,2% ,0% 50,5% ,0%

Xylophon ,0% ,0% ,0% 15,1% ,0% 74,2%

Violine 3,2% 2,2% 9,7% ,0% 19,4% ,0%

Trompete 6,5% 10,8% 28,0% 2,2% 7,5% ,0%

Horn 6,5% 19,4% 4,3% 2,2% 2,2% ,0%

Tuba 39,8% 33,3% ,0% 2,2% ,0% 1,1%

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Emotionale Beurteilung von Musik mit Cochlear Implantatenpostlingual ertaubte Erwachsene

Literatur:

Keine Daten zu Implantatträgern

traurig-fröhlich stabilster Parameter bei normal Hörenden

Abhängig von Geschwindigkeit und Tongeschlecht

Eigene Daten:

Implantatträger beurteilen Musik genauso wie Normalkollektiv bezüglich traurig – fröhlich

Geschwindigkeit (Rhythmus) ist der dominierende Faktor

Brockmeier SJ et al (2011) Cochlear Implants International: 12, 10-20

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Bilaterale Implantation

Subjektiv:

„Musik ist klarer und löst mehr Emotionen aus“; „ Es macht viel mehr Spass, Musik zu hören“

Musikalischen Aktivitäten und Qualität • ist höher als bei unilateral implantierten Patienten• erreicht nicht das Niveau von normal hörenden Personen

Objektiv

für frequenz- und timbrebasierten Tests • deutlich besser als unilateral implantierte Patienten• fast so gut wie normal hörende Personen

Veekmans K, Brockmeier SJ et al(2009) Audiology Neurotology 14:315-3

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Elektroakustische Versorgung

subjektiv:

„Musik hört sich nicht so gut an“, „Musik ist ziemlich unnatürlich und unangenehm“

Musikalischen Aktivitäten und Qualität • ist höher als bei unilateral implantierten Patienten• Erreicht nicht das Niveau von normal hörenden Personen

objektiv• Signifikant besser als unilateral implantierte Patienten für alle

Frequenzbasierten Aufgaben, fast so gut wie Normalkollektiv• Signifikant schlechter als Normahörende und so schlecht wie

unilateral implantiert für timbrebasierte Tests

Brockmeier SJ, (2010): Eds Van de Heyning, CI and Hearing Preservation. ,vol 67, 70–80

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Single Sided Deafness mit Cochlear Implantat

Subjektiv:• durch den Verlust des Hörvermögens auf einem Ohr

nehmen musikalische Aktivitäten ab, obwohl das andere Ohr weiterhin zur Verfügung steht• durch die Implantation nimmt dies wieder zu, erreicht nicht ganz das

Niveau wie vor der Ertaubung• dieser Effekt wird jedoch erst nach 9 – 12 Monaten erzielt

Objektiv:• bei einigen Patienten kommt es zu einer messbaren

Verbesserung der Testergebnisse• bei keinem Patienten mit ausreichende Erfahrung wird das

gut hörende Ohr gestört

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… Zusammenfassung

• Die Mehrzahl der Patienten mit Cochlear Implantaten nehmen an musikalischen Aktivitäten teil.

• Einfach strukturierte Musik wird bevorzugt.

• Die Fähigkeiten mit Cochlear Implantaten Musik zu hören variieren sehr stark.

• Der emotionale Eindruck traurig – fröhlich wird gut übertragen.

• Bilaterale Implantationen, SSD Implantation und solche bei Patienten mit gutem Restgehör führen zu besseren Ergebnissen auch beim Musikhören,

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit