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Zu diesem Heft Anthroposophie - Bewußtsein seines Menschentums Geistige Revolutionen vollziehen sich zumeist auf dem Hintergrund der Ent- wicklung neuer Begriffe als Ausdruck des schöpferischen menschlichen Den- kens. Dies wird geradezu beispielhaft deutlich an dem Begriff «Anthropolo- gie», der sich zu einem eigenständigen Forschungsgebiet von hohem Rang ent- wickelt hat. Ihren Ausgangspunkt nahm diese Wissenschaftsrichtung mit dem Beginn der Neuzeit. Im Jahre 1596, dem Geburtsjahr von Rene Descartes, des Vaters der Neuzeit, erschien Otto Casmanns «Psychologia Anthropologica», in der erstmals der Versuch einer Integration des bis dahin auf viele Wissen- schaften «verteilten» Wissens vom Menschen in Gestalt einer umfassenden Wissenschaft vom Menschen, der Anthropologie, unternommen wurde. Seit- dem hat sich eine rasante Entwicklung vollzogen, die nach und nach - wie auf vielen anderen Gebieten auch - der naturwissenschaftlichen Denkweise eine Vorrangstellung eingeräumt hat. Die mit dieser Entwicklung verbundenen Probleme wurden jedoch schon sehr früh erkannt. So schreibt Immanuel Hermann Fichte in seiner 1856 er- schienenen «Anthropologie» (2. Aufl. 1860, S. 608): «Aber schon die Anthro- pologie endet in dem von den mannigfaltigsten Seiten her begründeten Ergeb- nisse, daß der Mensch nach der wahren Eigenschaft seines Wesens, wie in der eigentlichen Quelle seines Bewußtseins einer übersinnlichen Welt angehöre. Das Sinnenbewußtsein dagegen, und die auf seinem Augpunkte entstehende phänomenale Welt, mit dem gesamten, auch menschlichen Sinnenleben, haben keine andere Bedeutung, als nur die Stätte zu sein, in welcher jenes übersinn- liche Leben des Geistes sich vollzieht, indem er durch frei bewußte eigene Tat den jenseitigen Geistesgehalt der Ideen in die Sinnenwelt einführt...» Wohin eine solche Auffassung notwendigerweise führen muß, beschreibt er daran an- schließend mit den Worten: «Diese gründliche Erfassung des Menschenwesens erhebt nunmehr die <Anthropologie> in ihrem Endresultate zur Anthropo- sophie» Der Begriff Anthroposophie war auch damals nicht neu, denn bereits in mehreren mittelalterlichen Schriften, dann vor allem in philosophischen Ab- handlungen des 19. Jahrhunderts, war er wiederholt und mit unterschiedlichen Bedeutungen entwickelt bzw. erwähnt worden. Daß Rudolf Steiner einige die- ser Darstellungen, insbesondere die von Schelline, Fichte, Troxler und Zim- mermann, gekLnt ha,, steht außer Zweifel, denn verschiedentlich nimmt er in CoDvriaht Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltuna Buch:GA-1 Seite: 1

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Zu diesem Heft

Anthroposophie - Bewußtsein seines Menschentums

Geistige Revolutionen vollziehen sich zumeist auf dem Hintergrund der Ent­wicklung neuer Begriffe als Ausdruck des schöpferischen menschlichen Den­kens. Dies wird geradezu beispielhaft deutlich an dem Begriff «Anthropolo­gie», der sich zu einem eigenständigen Forschungsgebiet von hohem Rang ent­wickelt hat. Ihren Ausgangspunkt nahm diese Wissenschaftsrichtung mit dem Beginn der Neuzeit. Im Jahre 1596, dem Geburtsjahr von Rene Descartes, des Vaters der Neuzeit, erschien Otto Casmanns «Psychologia Anthropologica», in der erstmals der Versuch einer Integration des bis dahin auf viele Wissen­schaften «verteilten» Wissens vom Menschen in Gestalt einer umfassenden Wissenschaft vom Menschen, der Anthropologie, unternommen wurde. Seit­dem hat sich eine rasante Entwicklung vollzogen, die nach und nach - wie auf vielen anderen Gebieten auch - der naturwissenschaftlichen Denkweise eine Vorrangstellung eingeräumt hat.

Die mit dieser Entwicklung verbundenen Probleme wurden jedoch schon sehr früh erkannt. So schreibt Immanuel Hermann Fichte in seiner 1856 er­schienenen «Anthropologie» (2. Aufl. 1860, S. 608): «Aber schon die Anthro­pologie endet in dem von den mannigfaltigsten Seiten her begründeten Ergeb­nisse, daß der Mensch nach der wahren Eigenschaft seines Wesens, wie in der eigentlichen Quelle seines Bewußtseins einer übersinnlichen Welt angehöre. Das Sinnenbewußtsein dagegen, und die auf seinem Augpunkte entstehende phänomenale Welt, mit dem gesamten, auch menschlichen Sinnenleben, haben keine andere Bedeutung, als nur die Stätte zu sein, in welcher jenes übersinn­liche Leben des Geistes sich vollzieht, indem er durch frei bewußte eigene Tat den jenseitigen Geistesgehalt der Ideen in die Sinnenwelt einführt...» Wohin eine solche Auffassung notwendigerweise führen muß, beschreibt er daran an­schließend mit den Worten: «Diese gründliche Erfassung des Menschenwesens erhebt nunmehr die <Anthropologie> in ihrem Endresultate zur Anthropo­sophie»

Der Begriff Anthroposophie war auch damals nicht neu, denn bereits in mehreren mittelalterlichen Schriften, dann vor allem in philosophischen Ab­handlungen des 19. Jahrhunderts, war er wiederholt und mit unterschiedlichen Bedeutungen entwickelt bzw. erwähnt worden. Daß Rudolf Steiner einige die­ser Darstellungen, insbesondere die von Schelline, Fichte, Troxler und Zim-mermann, gekLnt ha,, steht außer Zweifel, denn verschiedentlich nimmt er in

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Vorträgen und Schriften darauf Bezug. Gleichwohl war Rudolf Steiner ein zu eigenständiger schöpferischer Geist, als daß sich die von ihm entwickelte Wortbedeutung exakt auf eine der vor seiner Zeit entwickelten Sinngebungen zurückführen oder reduzieren ließe. Dies wird besonders deutlich, wenn Rudolf Steiner auf das Werk Anthroposophie von Robert Zimmermann zu sprechen kommt: «Von dieser Anthroposophie habe ich ja später den Namen genommen. Sie erschien als ein mich dazumal als Zeiterscheinung außer­ordentlich interessierendes Buch. Nur ist diese Anthroposophie zusammen-gesetzt aus den entsetzlichsten abstrakten Begriffen» (aus «Die Geschichte und die Bedingungen der anthroposophischen Bewegung», GA 258, S. 39).

Für das vorliegende Heft hat Renatus Ziegler sämtliche bisher zugänglichen Abhandlungen zusammengetragen, in denen - vor Rudolf Steiners Zeit - der Begriff Anthroposophk in Erscheinung tritt. Damit ist eine Grundlage geschaf­fen, die Vielfältigkeit sowie die unterschiedlichen Bedeutungszusammenhänge, in dem das Wort Anthroposophie genannt wird, nachzuvoUziehen und damit auch die von Rudolf Steiner Anfang des 20. Jahrhunderts in das Kulturgesche­hen eingebrachte Sinngebung umfassender und differenzierter zu denken. Eine eingehende Betrachtung der Genese und der Anwendung des Begriffes An­throposophie im Werk Rudolf Steiners könnte dann ein nächster Schritt sein.

Walter Kugler

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«ANTHROPOSOPHIE»

Quellentexte zur Wortgeschichte

Renatm Ziegler

Vorbemerkung

Das Auftreten des Ausdrucks «Anthroposophie» kann nach dem bisherigen Erkenntnisstand bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgt werden, wenn man von seinem Vorkommen in der Bibel absieht, wo er nicht als zusammenhan-gendes Wort erscheint. Was über die Wortgeschichte der «Anthroposophie» bisher bekannt geworden ist, wird hier mit genauen Quellenangaben mit­geteilt. «Anthroposophie» steht stellvertretend für «anthroposophia», «an-throposophy» und weitere davon abgeleitete Worte.

Die Zusammenstellung ist rein bibliographischer und textlicher Natur. Es wird weder auf ideengeschichtliche Zusammenhänge eingegangen noch eine Bedeutungsanalyse des Ausdrucks «Anthroposophie» in den entsprechenden Werken oder im biographischen und kulturellen Kontext der entsprechenden Autoren vorgenommen.

Im weiteren wurde auch nicht im einzelnen untersucht, inwiefern die ver­schiedenen Vorkommnisse des Ausdrucks «Anthroposophie» auf wenige Quellen zurückgehen. Vermutlich gehen jedoch die meisten Verwendungen von «Anthroposophie» vor 1800 auf das Buch «Arbatel» zurück Dies wurde jedoch meines Wissens bisher nicht genauer untersucht. Ob das anonym erschienene Werk «Arbatel» letztlich aus der Feder von Agrippa von Nettes-heim stammt, ist eine zwar naheliegende, bisher aber nicht schlüssig nach­gewiesene Vermutung.

Nach Beitchman [1998b] wäre es unter Umständen sinnvoll, bei den diver­sen Rosenkreuzer-Schriften um die Jahre 1610 bis 1620 nach weiteren Vor­kommnissen des Ausdrucks «Anthroposophie» zu suchen.

Für die öftere Verwendung dieses Ausdrucks im 19. Jahrhundert sind wohl vor allem ScheUing und Troxler verantwortlich. Aber auch hier gibt es keine umfassenden und gründlichen Studien. Was für Einzelfalle geleistet worden ist, wird unter «Literatur» bei den jeweiligen Autoren angegeben, soweit es mir bekannt geworden ist.

Die detaillierten bibliographischen Angaben sind so konzipiert, daß sie als Grundlage weitergehender Forschungen dienen können.

Für Quellenwerke, die vor 1850 erschienen oder selten sind, wird ein Stand-ort angegeben, wo das Werk vorhanden und von mir eingesehen worden ist,

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bzw. ein Faksimile vorlag; oder es wird auf einen der einschlägigen Biblio­thekskataloge verwiesen. Werkausgaben, die in Rudolf Steiners Privatbiblio­thek im Rudolf Steiner Archiv (Dornach, Schweiz) vorhanden sind, wurden mit einem * gekennzeichnet.

Bei allen zitierten Texten habe ich die entsprechenden Stellen selbst eingese­hen und nachgeprüft. Unter «Belegstellen» werden, wenn nichts anderes ange­ben ist, nach der jeweiligen Kapitelüberschrift Vorkommnisse des Ausdrucks «Anthroposophie» mit geprüften Seitenangaben angegeben. Wird keine Beleg-«eile angegeben, so lag mir das Werk nicht im Original oder Faksimilie vor.

Bei Rudolf Steiner selbst wurden nur die ersten nachweisbaren Vorkomm­nisse des Ausdrucks «Anthroposophie» sowie die Namengebung der 1912/ 1913 neu gegründeten «Anthroposophischen Gesellschaft» dokumentiert.

Alle kursiven oder fetten Hervorhebungen in zitierten Texten stammen von den jeweiligen Verfassern (dabei wurde Sperrung durch kursive Stellung ersetzt).

Eine Untersuchung von textlichen oder sonstigen Veränderungen vom Ori­ginal zu verschiedenen Abdrucken oder Übersetzungen wurde im allgemeinen nicht durchgeführt.

Die Auswahl der Sekundärliteratur richtet sich nach der Bedeutung für die vorliegenden bibliographischen Untersuchungen. Die angeführten Werke ent­halten darüber hinaus einen meines Wissens erstmaligen Hinweis auf das Auf­treten des Ausdrucks «Anthroposophie», oder umfassen zum Teil zusätzliche biographische, ideengeschichtliche und bibliographische Angaben, die als Aus-gangspunkte weiterer Nachforschungen dienen können. Äußerungen Steiners über die genannten Autoren wurden nur aufgenommen, wenn sie das ent­sprechende Werk betreffen.

Den Ausgangspunkt dieser Untersuchungen bildete eine von Reinhardt Adam übermittelte Liste von Belegstellen von Werner Moser sowie eine Liste von Wolfgang Schad [1981]. Beide waren jedoch in verschiedener Hinsicht unvollständig. Für die Mithilfe bei zusätzlichen Recherchen bin ich insbeson­dere Reinhardt Adam zu Dank verpflichtet. Weitere Hinweise stammen von Oskar Hansen (Atterbom/Hjort), Wolfgang Schad/Reijo Wilenius/Jukka Sikkonen (Friedmann), Ulla Trapp (Steiner), Fred Paddock (Bailey, Hook, W.W.T.).

Benachrichtigungen über die Entdeckung weiterer Vorkommnisse des Aus­drucks «Anthroposophie» vor 1900, mit möglichst genauen bibliographischen Angaben, werden dankbar entgegengenommen und sind direkt an das Rudolf Steiner-Archiv zu richten.

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Autoren und Werke

Paulus, Briefe an die Korinther, um 50 Anonymus, Arbatel 1575 Robert Fludd, Summum Bonum 1629 Thomas Vaughan, Anthroposophia Theomagica 1650 Henry More, Observations 1650, Second Lash 1651 Nathan Bailey, English Dictionary 1742 Johann Heinrich Pestalozzi, Abendstunde eines Einsiedlers 1780 [Menschen­

weisheit] Karl von Eckartshausen, Aufschlüsse zur Magie 1790 Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, System der gesammten Philosophie 1804 Franz Otto von Stransky-Greiffenfels, Einleitende Ideen zur Anthroposophie

1809 Ignaz P. V. Troxler, Naturlehre 1828, Logik 1829, Vorlesungen über Philo­

sophie 1835, Fragmente, Einleitung in Die teutsche Theologia 1837 Per D. A. Atterbom, Svea 1831 Theodore Edward Hook, Man of Many Friends 1835 Friedrich Harms, Der Anthropologismus 1845 Gustav Widenmann, Religion und Natur 1846 [Menschenweisheit] Charles Kingsley, Yeast: A Problem 1851 Franz Hoff mann, Einleitung zu Franz von Baader's Sämmtüche Werke 1851 Hermann Ulrici, Zur Logik 1852 Immanuel Herrmann Fichte, Anthropologie 1856 W.W.T., Theosophy and Anthroposophy 1863 Gideon Spicker, Die Philosophie des Grafen von Shaftesbury 1872 Robert Zimmermann, Anthroposophie im Umriss 1882 August Julius Langbehn, Rembrandt als Erzieher 1890 Hermann Friedmann, Vortrag über Tolstoi, Helsinki 1912

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«Anthroposophie» vor oder

unabhängig von Rudolf Steiner

Um50

Paulus, gestorben um 60

ERSTER BRIEF AN DIE KORINTHER

Belegstellen: Bibel, 1 Kor 2,5 und 2,13.

Zitat (DAS NEUE TESTAMENT, in der Übersetzung von Emil Bock [Stuttgart: Urachhaus 1980, S. 413-414]) Mein Wortwirken und meine Verkündigung bestand nicht aus Worten einer Weisheit, die gedanklich überzeugt; das Wesentliche war, daß sich dadurch das Geistige und die höhere Kraft als unmittelbar gegenwärtig erwiesen. Euer Glaube sollte nicht auf menschlicher Weisheit (ev öocpia avöoawwov, en sopbia anthropon), sondern auf göttlicher Kraft beruhen. (1 Kor 2, 4-5)

So ist auch, was wir sprechen, mehr als solche Worte, die uns menschliche Weisheit (av6oamivTig oocpiag, anthropines sopbias) gelehrt hat: Es sind Worte, die uns der Geist selber lehrt; mit geistgeschenkten Gedanken begreifen wir das Geistige. Der nur-seelische Mensch kann nicht in sich aufnehmen, was aus dem Gottesgeist hervorfließt. Es ist für ihn Torheit; er kann es nicht verstehen, denn nur auf geistige Art kann es begriffen werden. (1 Kor 2,13-14)

Anmerkung: In beiden Stellen ist offenbar in kritischem Sinne von menschlicher Weisheit im Gegen­satz zu göttlicher Weisheit die Rede. Erstere ist für das Ergreifen des Geistes nicht hinreichend.

1575

Anonymus

ARBATEL, DE MAGIA VETERUM, SUMMUM SAPIENTIAE STUDIUM Basileae 1575

Belegstelle (einzige): NONA SAPIENTIA est illa, quae ex solo verbo DEI dependet, & dicitur PRO-PHETICA, Aphorismus XLIX, S. 86. Standort: Universitätsbibliothek Basel, Handschriftenabteilung, Sign. AN VI 37 und FA EX 142 Weitere Standorte: NUC 19, 232; BML 6, 391. Literatur: Kahl [1954]; Rissmann [1964]; Allen [1968], S. 678 (note to p. 165); Popkin [1970]; Von dem Borne [1983];

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Abbildung 1; Titelseite des ARB ATEL (1575) Originalgröße

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Abbildung 3:

Arbatel, deutsche Übersetzung (1856, S. 156). Originalgröße.

Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch;OA-1 Seite: 8

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Zitat (1575, S. 3-6) ARBATEL DE MAGIA seu PNEUMATICA VETERUM tum magorum populi DEI, tum Magorum Gentium, pro illustratione gloriae & Philantropias DEI. Nunc primum ex tenebris in lucem producta, contra Cacomagos & con-temptores donorum Dei, ad utilitatem & delectationem omnium, qui vere & pie delectantur DEI Creaturis: & illis cum gratiarum actione utuntur ad hono­rem Dei & utilitatem sui & proximi. Et habet Tomos novem Aphorismorum septies septenorum. PRIMUS dicitur ISAGOGE, seu Institutionum liber Magiae, seu x JtvauaTix-j\g, quod quadraginta novem Aphorismis generalissima totius artis praecepta complectatur. SECUNDUS est MICROCOSMICA MAGIA: quid Microcosmus per suum Spiritum & sibi a nativitate addictos genios Magice, hoc est sapientia spirituali effecerit, & quomodo. TERTHJS est OLYMPICA MAGIA, quomodo per Spiritus Olympi agat & patiatur homo. QUARTUS est MAGIA HESIODICA Sc HOMERICA, quae docet opera-tiones per Spiritus dictos Calodaemones tanquam non hostiles humano generi. QUINTUS est ROMANA seu SYBILLINA MAGIA, quae cum tutelaribus spiritibus & dominis, quibus distributus est terrarum orbis, agit & operatur. Haec est VALDEINSIGNIS MAGIA. Huc Sc DRUIDUM doctrina refertur. SEXTA est PYTAGORICA MAGIA, quae tantum agit cum Spiritibus, qui­bus data est artium doctrina, Physica, Medicina, Mathematica, Alchimia, & vicinae artes. SEPTIMA est APOLLONII & similium MAGIA, complicata cum Romana & Microcosmica. Habet tarnen hoc peculiare, quod potestatem habet super Spiritus hostiles humani generis. OCTAVA est HERMETICA, haec est AEGYPTIACA, & non multum abest a Divina Magia. Haec producit Deos, qui in templis habitant omnis generis. NONA SAPIENTIA est illa, quae ex solo verbo DEI dependet, & dicitur PROPHETICA.

Zitat (1575, S. 85) Circumfer candide lector, oculos 8c mentem tuam ad historias sacras Sc profa-nas ad ea, quae indies fieri in mundo vides & deprehendes OMNIA MA­GORUM PLENA, iuxta duplicem scientiam, BONI & MALI. Quae ut melius possint discerni, pro Isagoge conclusione horum, divisionem & subdivisionem hie subieeimus, in quo quisq; contemplari poterit, quid sequendum sibi sit, quid contra fugiendum: & quatenus unieuique insudandum sit ad competen-tem vitae et vivendi terminum.

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Zitat (1575, S. 86-87) Siehe Abbildung 2

Abgedruckt in: Henrici Cornelii Agrippae ab Nettesheym, armatae militiae equitis aurati, et iuris utri-usque ac [sie] medicinae doctoris, OPERA. In duos tomos concinne digesta, & nunc denuo sublatis omnibus mendis in jilomouswn gratiam aecuratißime recusa. [...]. Lugduni, per Beringos fratres [Lyon oder Basel, um 1600], Vol. 1, S. 574-602. Belegstelle: S. 602. Standort- Universitätsbibliothek Basel, Sign. Rb 392 und Rb 393. Abgedruckt in: Henrici Cornelii Agrippae, ab Nettesheym, armatae militiae equitis aurati, & i.u. ad medicinae doctoris. OPERA, quacumque hactenus vel in lucem prodierunt, vel inveniri potuerunt omnia, in duos tomos concinne digesta, & diligenti studio recognita [...]. Lugduni, per Beringos fratres [Lyon oder Basel, um 1600], Vol. 1, S. 705-740. Belegstelle: S. 739. Standort: Universitätsbibliothek Basel, Sign, k f II 22/22a [Reprographischer Nachdruck dieser Ausga­be: Heinrich Cornelius Agrippa von Nettesheim, OPERA I und II, Hildesheim: Olms 1970]. Weitere Standorte: NUC 5,296-298; BML 2, 728. Wiederabgedruckt: Arbatel de Magia Veterum, Wesel / Duissburg: Andreas Luppius 1686. Standorte: Sächsische LandesbibUothek Dresden, Universitätsbibliothek Leipzig, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel. Englische Übersetzung: Henry Cornelius Agrippa, his Fourth Book of oecult philosophy. Of geo-mancy. Magical elements of Peter de Abano. Astronomical geomancy [by Gerardo Cremonensis]. The nature of spirits [by Georg Pictorius]. Arbatel of magick. Translated into English by Robert Turner. Philomathees. London, Printed by J. C. for J. Harrison, 1655. Standorte: NUC 5, 304; BML 2, 732. Deutsche Übersetzung: Heinrich Cornelius Agrippa's von Nettesheim MAGISCHE WERKE sammt den geheimnißvollen Schriften des Petrus von Abano, Pictorius von Villingen, Gerhard von Cremona, Abt Tritheim von Spanheim, dem Buche Arbatel, der sogenannten Heiligen Geist-Kunst und ver­schiedenen anderen. Zum ersten Male vollständig in's Deutsche übersetzt (Fünf Bände), Stuttgart: J. Scheible 1856 [viele Nachdrucke], Fünfter Band, S. 95-156. Belegstelle: Der neunte Theil umfaßt jene Magie, die allein von dem Worte Gottes abhängt und prophetische Magie genannt wird, Aphorismus XLDC, S. 156.

Anmerkung: Laut Auskunft von zwei Renaissance- und/oder Agrippa-Experten (Van der Poel [1998], Beitchman [1998b]) ist weder über die Herkunft (Autor, Quellen) des Buches Arbatel noch über die genauen Gründe seiner Einfügung in die Opera Omnia von Agrippa genaueres bekannt. Literatur: Nowotny [1967], Popkin [1970], Van der Poel [1997].

Zitat (1856, S. 95-97) Arbatel. [Hebräischer Titel wie auf dem Original.]

Von der Magie der Alten, oder das höchste Studium der Weisheit. In Allem wende dich an den Herrn, und denke, sage und thue nichts, was Gott nicht will. [...] Arbatel von der Magie oder der Geisterkunde der Alten, sowohl der Magier unter dem Volke Gottes, als der heidnischen, zur Verherrlichung der Liebe Gottes; jetzt zum ersten Male an's Licht gestellt gegen den Teufelszauberer und Verächter der Gaben Gottes, aber zum Nutzen und zur Freude aller derer, die zu ihrem eigenen und des Nächsten Wohl die göttlichen Gaben dankbar gebrauchen. Dieß Buch hat neun Theile, deren jeder 49 Aphorismen oder Sprüche enthält. Der erste Theil ist eine Einleitung in die Magie, der in den nächstfolgenden 49

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Sätzen die allgemeinsten Lehren dieser ganzen Kunst umfaßt. Der andere Theil handelt von der Magia Mkrocosmi, was der Mensch, oder der Microcosmus, durch seinen Geist, oder Genius, der ihm in der Geburt zuge­ordnet, magischer Weise thun oder vollbringen könne. Der dritte Theil lehrt die olympische Magie, was der Mensch durch die Geister des Himmels oder Firmamentes wirken könne, und wie er von denselben af-ficirt werde. Der vierte Theil spricht von der hesiodischen und homerischen Magie. Diese lehrt die Wirkung durch die Geister, die Kalodämonen, das ist, gute Geister, die dem menschlichen Geschlecht nicht feind sind, genannt werden. Der fünfte Theil handelt von der Römischen oder Sibyllischen Magie, die durch die Schutzgeister, unter die der Erdkreis vertheilt ist, wirkt. Dieß ist eine vor-treffliche Magie. Dahin gehören auch die Druiden mit ihrer Lehre. Der sechste Theil ist die pythagoräiscbe Magie, welche nur mit Geistern zu thun hat, denen die Lehre aller Künste gegeben und befohlen ist, als da sind: Physik, Medizin, Mathematik, Alchemie und dergleichen andere. Der siebente Theil enthält die Magie des Apoüonius und seines Gleichen, wel­che aus der römischen und mikrokosmischen vermischt ist, und doch das Be­sondere hat, daß sie auch über die dem menschlichen Geschlechte feindlichen Geister Macht besitzt. Der achte Theil handelt von der hermetischen oder ägyptischen Magie. Diese spricht von allerlei heidnischen Göttern, die in den Tempeln wohnen. Der neunte Theil umfaßt jene Magie, die allein von dem Wort Gottes abhängt MTä prophetische Magie genannt wird.

Zitat (1856, S. 155): Lieber Leser, erhebe deine Augen und dein Herz, und sieh dich um in geist­lichen und weltlichen Geschichten; gib auch auf das Acht, was täglich sich zu­trägt, so wirst du gewahr werden, daß alles voll Magier ist, und zwar in beider­lei Richtung, nach der Wissenschaft des Guten und Bösen. Damit diese besser verstanden werden, wollen wir hier zum Schluß eine Eintheilung von ihr geben, woraus Jeder ersehen kann, welcher Richtung er zu folgen und welche er zu fliehen hat, und wie er sich bemühen soll, den wahren Endzweck des Lebens zu erreichen.

Zitat (1856, S. 156) Siehe Abbildung 3.

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1629

Joachim Frizius [Pseudonym von Robert Fludd,

auch Robertos de Fluctibus] 1574-1637

SUMMUM BONUM In dictarum Scientiarum Laudem, et insignis calumniatoris Fratris Marini Mersenni dedecus publicatum, PER IOACHIMUM FRIZIUM [Francoftirti] 1629

Belegstelle (einzige): Kapitel 1, S. 4. Standort: Kantonsbibliothek Aarau, Sign. WaF 1608(c). Weitere Standorte: Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Standort Marienallee, Sign. Encycl. Med. 46,5; NUC 176, 259; BML 74, 793.

Zitat: Siehe Abbildung 5.

Deutsche Übersetzung des vierten Kapitels: Franz Freudenberg, PARACELSUS UND FLUDD. Die beiden Großen Okkultisten und Ärzte des 15. und 16. Jahrhunderts. Mit einer Auswahl aus ihren okkulten Schriften. Berlin: H. Barsdorf 1918, S. 233-271. Englische Übersetzung der deutschen Übersetzung von Freudenberg (1918): A CHRISTIAN RO-SENKREUTZ ANTHOLOGY, Compiled and edited by Paul M. Allen in collaboration with Carlo Pietzner, Blauveit (New York), Rudolf Steiner Publications 1968, S. 349-379.

Anmerkung: Das Buch Arbatel wird in dieser Schrift sehr oft zitiert. Der Ausdruck «anthroposophia» ist sehr wahrscheinlich von dort übernommen, wie die Struktur des Schemas, in welchem das Wort vorkommt, nahelegt. Literatur: Huffmann [1992]; Maizel [1988]; Miers [1993], Artikel «Anthroposophie».

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Abbildung 4: Titelseite von Fludd, SUMMUM BONUM (1629), verkleinert.

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Abbildung 5: Fludd, SUMMUM BONUM (1629, Kapitel 1, S, 4), verkleinert.

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1650

Eugenius Philalethes [Pseudonym für Thomas Vaughan]

1622-1666

ANTRHOPOSOPHIE THEOMAGICA: Or A Discourse of the Nature of Man and his State after death; Grounded on his Creator's Proto-Chimistry, and verifi'd by a practicall Examination of Principles in the Great World London: T[homas] W[arren] for H[umphrey] Blunden at the Castle in Corn-hill 1650.

Belegstelle (einzige): Titelblatt. Standorte: NUC 631,40; BML 188, 728. Abgedruckt in: THE WORKS OF THOMAS VAUGHAN: EUGENIUS PHILALETHES. Edited, annotated and introduced by Arthur Edward Walte, London: Theosophical Publishing House 1919, S. 1-62. Belegstelle: Titelblatt, S. 1. Abgedruckt in: THE WORKS OF THOMAS VAUGHAN. Edited by Alan Rundrum with the assistance of Jennifer Drake-Brockman, Oxford: Clarendon Press 1984, S. 47-96. Belegstelle: Titel­blatt, S. 47.

Anmerkung: Im englischen Sprachraum taucht hier zum ersten Mal das Wort «theosophy» auf. - Nach Beitchman [1998b] hätte Vaughan den Ausdruck «anthroposophia» kaum verwendet, wenn er in rosenkreuzerischen Kreisen nicht bereits gängig gewesen wäre. Es wäre daher unter Umständen sinn­voll, bei den diversen Rosenkreuzer-Schriften um die Jahre 1610 bis 1620 nach weiteren Vorkomm­nissen dieses Ausdrucks zu suchen. Literatur. Behrmann [1987]; Beitchman [1998a]; Pundt [1958]; Rudrum [1984]; Walte [1919a].

Zitat («The author to the reader»: Text nach der kritischen Ausgabe von Rudrum [1984], S. 52-53): The Peripatetkks look on God, as they do on Carpenters, who build with stone and Timber, without any Infusion of life. But the world, which is Gods buil-ding, is füll of Spirit, quick, and living. This Spirit is the cause of multiplication, of severaU perpetuall productions of minerals, vegetables and creatures ingend-red by putrefactwn: All which are manifest, infallible Arguments of Ufe. Be-sides, the Texture of the universe clearly discovers its Animation. The Earth which is the visible natural Basis of it, represents the Grosse, carnallparts. The Element of Water answers to the blood, for in it the Pulse of the Great world beates: this most men call the Flux and Reflux, but they know not the true cause of it. The Aire is the outward refreshing spirit, where this vast creature breathes, though invisibly, yet not altogether insensibly. The Interstellar skies are his vitall, aethereaü waters and the Stars his animall sensuall Fire. Thou wilt teil me perhaps, this is new philosophy, and that oiAristotle is old. It is indeed,

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but in the same sence as Religion is at Rome. It is not ihe primitive Trueth of the Creation, not the Ancient, reall Theosophie of the Hebrewes and Egyptians, but a certaine preternaturaü upstart, a vomit of Aristotle, which his followers with so much diligence Ikk up, and swalhw. I present thee not here with any clamorous Opposition of their Patron but a positive expresse ofPrinciples as I finde them in Nature. I may say of them as Moses said of the Fiat: These are the Generation^ of the Heavens, and ofthe Earth, in the day that the Lord God made the Heavens and the Earth [Genesis II, 4]. They are things extra Intel-lectum, sensible practicall Trueths, not meer Vagaries and Rambles of the Brain. I would not have you look on my Indeavours as a designe of Captivity: I intend not the Conquest, but the Exercise of thy Reason, not that thou shoul-dest swear Aüegeance to my Dictates but compare my Concluswns with Na­ture, and examine their Correspondency. Be pleased to consider, that Obstinacy inslaves the Soule, and clips the Wings which God gave her iorftight and Dis­covery. If thou wilt not quit thy Aristotle, let not any prejudice hinder thy further search; Great is their Number who perhaps had attain d to perfection, had they not already thought themselves perfect. This is my Advice, but how welcome to thee I know not. If thou wilt kick xodflmg, I shall say with the Cardinall, etiam Asinus mens recalcitrati for I value no mans Censure. It is an Age wherein Trueth is neere a Miscarriage, and it is enough for me that I have appeared thusfarfor it, in a Day of Necessity.

1650

Alazonomastix Philalethes [Pseudonym für Henry More]

1614-1687

OBSERVATIONS UPON ANTHROPOSOPHIA THEOMAGICA AND ANI­MA MAGICA ABSCONDITA [London:] Printed at Parrhesia, but are to be sold, by O. Pullen, 1650

Belegstelle (einzige): Titelblatt. Standorte: NUC 394,229; BML 188, 725.

Anmerkung: Erste von zwei gegen Tkomas Vaughans «Anthroposophia Theomagica» und «Anima Magica Abscondita - Or a Discourse of the Universal Spirit of Nature, with his stränge, abstruse, mira-culous Ascent and Descent» (London: Printed by T. W. for H. B. 1650) gerichtet» Streitschrift. Vaug-han reagierte hierauf mit der Schrift «The man-mouse taken in a trap, and tortur'd to death for gnawing the margins of Eugenius Philalethes» (Printed in London, and sold at the Castle in Cornhill, 1650). Literatur: Burnham [1974]; Cracker [1990ab]; Rudrum [1984]; Waite [1919b].

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1651

Alazonomastix Philalethes

THE SECOND LASH OF ALAZONOMASTIX: CONTAINING A SOLID AND SERIOUS REPLY TO A VERY UNCIVILL ANSWER TO CERTAIN OBSERVATIONS UPON ANTHROPOSOPHIA THEOMAGICA AND ANI-MA MAGICA ABSCONDITA [Cambridge:] Printed by the printers to the University of Cambridge, 1651

Belegstelle (einzige): Titelblatt. Standorte; NUC 394,230; BML 188, 726.

Anmerkung: Zweite und letzte gegen Thomas Vaughan und seine Schriften «Anthroposophia Theo-magica», «The man-mouse taken in a trap, and tortur'd to death for gnawing the margins of Eugenius Philalethes» gerichtete Streitschrift. Vaughan reagierte darauf mit der Schrift «The second wash: or The Moore scour'd once more, being a charitable eure for the distractions of Alazonomastix. By Eugenius Philalethes» (London: Printed By T.W. and are to be sold at the Castle in Cornhill, 1651), welche Moore nicht mehr schriftlich kommentierte. Literatur. Burnham [1974]; Crocker [1990ab]; Rogers [1988]; Rudrum [1984]; Waite [1919b].

1742

Nathan Bailey 16??- 1742

AN UNIVERSAL ETYMOLOGICAL ENGLISH DICTIONARY The Tenth Edition, with considerable Improvements London: Printed for R. Ware [... etc.] 1742

Belegstelle (einzige): S. AN. Standort: New York State Library (Albany, New York). Weitere Standorte: NUC 30,608-609; BML 10, 21. Literatur: OED [1971], [21989], Stichwort «anthroposophy».

Zitat (1742, S. AN) ANTHROPOSOPHY [of Avd^cora»a, a Man, and Zo<pia, Gr. Wisdom] the Knowledge of die Nature of Man.

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1780

Johann Heinrich Pestalozzi 1746-1827

DIE ABENSTUNDE EINES EINSIEDLERS

Vatersinn Gottes; Kindersinn der Menschen. Vatersinn der Fürsteh, Kindersinn der Bürger. Quellen aller Glückseligkeit.

EPHEMERIDEN DER MENSCHHEIT oder Bibliothek der Sittenlehre, der Poli­tik und der Gesetzgebung (Leipzig)

Erster Band, Fünftes Stück, Mai 1780, S. 513-543.

Belegstellen «Menschenweisheit» (alle): S. 516, 519,521,522,525. Standort: Pestalozzianum Zürich, Bibliothek/Mediothek, Sign. P VI 1739. Wehere Standorte: ZDB Fiche 107, 57083; BUCP 2,131; ULS 2,1464. Abgedruckt in (kritische Gesamtausgabe): PESTALOZZI, SÄMTLICHE WERKE, herausgegeben von Artur Buchenau, Eduard Spranger, Hans Stettbacher. 1. Band: Schriften aus der Zeit von 1766 bis 1780, bearbeitet unter Mitwirkung von Albert Bachmann, Adrian Corrodi-Sulzer und Walther Clauß von Walter Feilchenfeld (Berlin und Leipzig: de Gruyter 1927), S. 265-281 und 285-302. Belegstellen: 266,28; 266, 31; 268, 24; 269, 34; 270, 5; 270,13; 272,11. Abgedruckt m: PESTALOZZI, DIE ABENDSTUNDE EINES EINSIEDLERS. Kritische Ausgabe in ihrer rhythmischen Gestalt und handschriftlicher Entwurf mit beigelegtem Faksimile des Entwur­fes, bearbeitet durch Heinrich Ruppert. Ideengeschichtliche Einführung von Prof. Dr. Carlo Sganzini. Bern und Leipzig: Haupt 1935 (Mensch und Welt, Berner Abhandlungen zur Psychologie und Päd­agogik, Heft 2). Belegstellen: S. 17, Nr. 11; S. 17, Nr. 12; S. 19, Nr. 82 [=28]; S. 21, Nr. 38; S. 21, Nr. 40; S. 22, Nr. 42; S. 26, Nr. 64. Literatur: Hagnauer [1998]

Zitat (1927, S. 266)

Reiner Wahrheitssinn bildet sich in engen Kreisen, und reine Menschenweis­heit ruhet auf dem festen Grund der Kenntniß seiner nähesten Verhältnisse und der ausgebildeten Behandlungsfähigkeit seiner nähesten Angelegenheiten.

Diese Menschenweisheit, die sich durch die Bedürfnisse unserer Lage ent­hüllet, stärkt und bildet unsere Wirkungskraft und Geistesrichtung, die sie her­vorbringt, ist einfach und fest hinsehend, sie ist von der ganzen Kraft der in ihren Realverbindungen feststehenden Naturlagen der Gegenstände gebildet, und daher zu jeder Seite der Wahrheit lenksam.

Zitat (1927, S. 268)

Schwankend wird der Gang der Männer, die im Wirrwarr ihres Vielwissens zwar viel Rednerei finden, ihr aber den stillen Sinn reiner Menschenweisheit aufopfern. Beim Lermgeräusch ihres Stolzes wirst du nahe um sie in den Ver-

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hältnissen, in denen die Kraft des gesegneten Weisen hell strahlet, leere Oeden und Dunkelheit finden.

Zitat (1927, S. 269-270) Daher ist der Mann der Einfalt und der Unschuld, indem er mit reiner folgsa­mer Anwendung seiner Erkenntnisse und mit stillem Fleisse jede seiner Kräfte und Anlagen übt und braucht, zur wahren Menschenweisheit von der Natur gebildet; da hingegen der Mann, der diese Ordnung der Natur in seinem Inner­sten zerrüttet und den reinen Sinn der Folgsamkeit seiner Erkenntnisse schwä-chet, für den Genuß des Segens der Wahrheit unfähig wird.

Die Ausübung der Thaten gegen das innere Gefühl des Rechtes untergräbt die Kraft unserer Wahrheitserkenntniß, sie verwirrt den reinen Sinn der edlen, hohen Einfalt unsrer Grundbegriffe und unsrer Grundempfindungen.

Daher beruhet alle Menschenweisheit auf der Kraft eines guten der Wahr­heit folgsamen Herzens, und aller Menschensegen auf diesem Sinn der Einfalt und Unschuld.

Bildung der Menschheit zu diesem reinen Sinn der Einfalt und der Un-schult, du bist Vatersorge der Menschheit, daß die unverdorbene Grundlagen des Herzens den Gang seiner Geistesentwicklung schützen und richtig leiten.

Allgemeine Emporbildung dieser innern Kräfte der Menschennatur zu rei­ner Menschenweisheit, ist allgemeiner Zweck der Bildung auch der niedersten Menschen.

Zitat (1927, S. 272) Der Mensch muß zu innerer Ruhe gebildet werden, Genügsamkeit mit seiner Lage und mit ihm erreichbaren Geniessungen, Duldung, Achtung und Glau­ben an die Liebe des Vaters bei jeder Hemmung, das ist Bildung zur Menschen­weisheit.

1790

Karl von Eckartshausen 1752-1803

AUFSCHLÜSSE ZUR MAGIE aus geprüften Erfahrungen über verborgene philo­sophische Wissenschaften und verdeckte Geheimnisse der Natur, Erster Theil München: Joseph Lentnter 1788 AUFSCHLÜSSE ZUR MAGIE aus geprüften Erfahrungen über verborgene philo­sophische Wissenschaften und seltne Geheimnisse der Natur, Zweyter Theil München: Joseph Lentnter 1790

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Abbildung 7: Kre/se^e ©cm Eckartshausen, AUFSCHLÜSSE ZUR MAGIE (1790), Zweyter Theil (verkleinert)

Copyright Rudolf Steiner Nachtass-Verwaltung Buch: GA-1 Seite; 21

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Belegstellen (alle): Zweiter Theil: Reaktion und Gegenwirkung, S. 247; Geheimnisse der natürlichen Magie, oder Anthroposophie, S. 253. Standort: Universitätsbibliothek Basel, Sign. Leseges. F 39. Weitere Standorte: Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau, Sign. F 982; NUC 155, 79. Wiederabdruck der Ausgabe Brunn 1788 [Brunn: Johann Sylvester Siedler 1788 (Erster Theil) und 1790 (Zweyter Theil)]: Karl von Eckartshausen, AUFSCHLÜSSE ZUR MAGIE aus geprüften Erfah­rungen über verborgene philosophische Wissenschaften und verdeckte Geheimnisse der Natur, Erster und Zweiter Theil, München: Pflüger 1923. Belegstellen: S. 116,119.

Anmerkung: Aus dem zitierten Text geht deutlich hervor, daß Karl von Eckartshausen an Arbatel oder eine darauf beruhende Schrift anknüpft. Literatur: Kleeberg [1921], [1950].

Zitat (1790, S. 247) Der Baum der Wissenschaft des Guten und des Bösen theilt sich in doppelte Zweige, wovon einige Früchte des Guten, und einige die Früchte des Bösen tragen. So theilen sich die Wissenschaften der Magie in die guten und bösen ab.

Die wahre und höchste Magie ist Theosophia, Kenntniß Gottes, Annähe­rung, Wirkung durch Gott.

Die zweyte Abtheilung Anthroposophia, die Wissenschaft natürlicher Din­ge, die Wissenschaft menschlicher Klugheit. Man kann Anthroposoph seyn, und nie zu der Würde des Theosophen gelangen. Aber wer Theosoph ist, be­sitzt auch die Kenntnisse der Anthroposophie.

Zitat (1790, S. 253) Geheimnisse der natürlichen Magie, oder Anthroposophie. Die Geheimnisse der natürlichen Magie bestehen in der Wissenschaft und Kenntniß natürlicher Dinge, die noch dem größten Theile der Menschen verborgen sind. Ihr End-zweck ist die Kenntniß der Ursachen, Bewegungen und innern Kräfte der Natur; die nur demjenigen offen stehen, der ins Heiligthum des Tempels der Natur dringt, wozu der Alletagsmensch sich nicht nahen darf.

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1804

Friedrich Wilhelm Joseph Schelling 1775-1854

SYSTEM DER GESAMMTEN PHILOSOPHIE UND DER NATURPHILOSO­PHIE INSBESONDERE Aus dem handschriftlichen Nachlaß 1804

Erstmals gedruckt in: Friedrich Wilhelm Joseph von Schelling, SÄMMTLICHE WERKE (14 Bände), Erste Abtheilung, Sechster Band (Stuttgart und Augsburg: J. G. Cotta 1860), S. 131-576 (§§ 1-326). Belegstelle (einzige): Zweiter oder besonderer Theil, B) Specielle Naturphilosophie oder Construktion der einzelnen Potenzen der Natur, § 259, S. 488.

Anmerkung: Dies scheint die erste eigenständige Verwendung des Ausdrucks «Anthroposophie» zu sein, die nicht unmittelbar der rosenkreuterischen Tradition bzw. dem Buch «Arbatel» entstammt. Literatur. Tautz [1940], S. 17-18; Schad [1981].

Zitat (1860; S. 487-488) Das Besondere, in welchem das Wesen eines Weltkörpers, d. h. die unendliche Substanz, sich ah absolute, potenzlose Identität ausprägt, ist nur der menschli­che Organismus. - Denn 1) Organismus ist, wie aus § 190 erhellt, der allgemei­ne Ausdruck des Eins-Werdens der beiden Attribute, des Objektiven und Sub­jektiven. Der besondere Organismus aber, in welchem sich das Wesen des Weltkörpers, d. h. die unendliche Substanz selbst, als potenzlose Identität aus­prägt, kann 2) weder bloß thierischer noch bloß Pflanzenorganismus seyn; denn in beiden Reihen verfolgt die Natur unter dem allgemeinen Exponenten der Identität dennoch verschiedene Richtungen, und bildet in der Pflanze mehr das Verhältniß des Weltkörpers zum Centrum, im Thier mehr das Verhältnis des Centri zum Weltkörper aus. Jener besondere Organismus, der hier gefor­dert wird, kann also nur ein solcher seyn, der weder bloß pflanzen- noch bloß Tierorganismus ist, also beiden gemeinschaftlich entgegensteht, und von bei­den nicht sowohl die Synthese als vielmehr die absolute Identität ist. Daß nun ein solcher Organismus nur der menschliche sey, dieß müßte billig durch alle möglichen Momente hindurch bewiesen werden. Allein dieß, so wie überhaupt die ganze Construktion des Menschenorganismus (nicht als Organismus über­haupt, wie in der Physiologie geschieht, sondern als Menschenorganismus, als potenzlosen Bilds der potenzlosen Identität) wäre die Sache einer eignen Wis-senschaft, die noch nicht existirt, und die eigentlich Anthroposophie heißen sollte, etwas ganz anderes als was man bisher Anthropologie genannt hat.

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Abbildung 8: Reproduktion von Stranksy, EINLEITENDE IDEEN ZUR ANTROPOSOPHIE (1809), verkleinert.

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1809

Franz Otto von Stransky von Stranka und Greiffenfels 1778-1845

EINLEITENDE IDEEN ZUR ANTHROPOSOPHIE [Manuskriptkonzept, Beilage zu einem Brief von Johann Wilhelm Ritter (1776-1810) aus München vom 30. Januar 1809 an die Verleger Mohr und Zimmer in Hei­delberg]

Standort: Staatsbibliothek zu Berlin, Handschriftenabteilung, Sign. Slg Darmstaedter F 1 e 1803(1): Ritter Erstmals gedruckt in: Poppe [1959], S. 86 Literatur: Poppe [1959], [1969]; Guiot [1985]

Zitat: Transkription des Originals (Guiot [1985], S. 232-233)

Einleitende Ideen zur

Anthroposophie von

Stranksy-Greiffenfels

Der Verfasser unternimmt in dieser Schrift den Versuch, das 3fache Leben des Menschen (als Geist, Seele und Leib) aus dessen eigener Tiefe und Verborgen­heit zu deuten und hiermit seine Verhältnisse zu Ewigkeit und Zeitlichkeit auszumitteln.

Es wird hier überall die Seele aus dem ihr verborgenen Geiste gedeutet, so wie der Körper und die ganze materielle Welt als Gliederung (Organismus) des ewig sprechenden Wortes in der Seele des Menschen betrachtet wird. Die Seele des Menschen, und hiermit der Mensch selbst, wird hier als die Centralseele und Centralleib, davon die Natur überall nur Glieder desselben darstellt, gel­tend gemacht und als das wieder- und weitersprechende Wort der Ewigkeit behauptet.

Ferner soll hier der Leib des Menschen als Signatur des Gemüthes erwiesen werden, und alle Organe und der Organismus werden als Organe, als Gliede­rung und Organismen des Gemüthes ausgezeigt und hiermit die Psychologie in und an der Physiologie bewiesen, diese in jener begründet und jene in dieser offenbart.

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Abbildung 9: Titelseite; Tmxler, NATURLEHRE DES MENSCHLICHEN ERKENNENS (1828), verkleinert.

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Die Schrift wird übrigens mit einer mystischen Figur begleitet, welche am fraglichsten unter der Aufsicht des Verfassers in München gestochen werden könnte; sie wird wenigstens ein großes Quartblatt einnehmen. Endlich wird die Schrift zwischen 15 und 20 Bogen g[roß-oktav] stark werden.

Auszug aus dem Begleitbrief Ritters (der ganze Brief wurde erstmals von Guiot [1985], S. 230-232, veröffentlicht) Ein Freund von mir, der Ritter Franz von Stransky von Stranka von Greiffen-fels bekannt durch sein Beleuchtungen physiologischer und psychologischer Gegenstände (Bamberg, bei Göbhart, und andere Schriften und Aufsätze), ar­beitet gegenwärtig an einem neuen Werke: Einleitende Ideen zur Antroposo-phie und wünscht dafür einen Verleger. Auf beyUegendem Blatte gibt er selbst den Zweck desselben an, und was ich selbst bereits davon zur Einsicht hatte, verspricht eine Arbeit, die Ihrem Verlage besonders entsprechen möchte, so wie das Buch selbst gewiß ein gesuchtes und gelesenes wird. Der Verfasser, seit 3 Jahren und länger in fast ununterbrochener Nähe von L[udwig] Tieck, Friedrich] Schlegel, Franz Baader, und dergleichen, bald dieser, bald jener, hatte gewiß Gelegenheit, sich seit seinen ersten Arbeiten noch immer mehr zu sammeln und seiner wirklich vorhandenen Originalität Form zu geben. Mehr von ihm zu sagen, würde mir kaum stehen, auch spricht er sich in der Beilage ja selbst aus.

Anmerkimg: Die Anlage des Briefes von Ritter ist von einer anderen Hand geschrieben als von Ritter selbst. Ob sie von Stransky-Greiffenfels geschrieben wurde, ist ungeklärt. Im weiteren ist das Manu­skript höchstwahrscheinlich verlorengegangen. Über sein Erscheinen ist nichts bekannt.

1828

Ignaz Paul Vital Troxler 1780-1866

* NATURLEHRE DES MENSCHLICHEN ERKENNENS, oder Metaphysik Aarau: Heinrich Remigius Sauerländer 1828.

Belegstellen (alle): 1. Vorworte über die Wissenschaft, S. 12; 2. Phantasien des Metaphysiken, S. 22; 5. Seelenlehre mit zwei Psychen, S. 105, 106, 122; 7. Sinnlichkeit, oder Sein im Schein, S. 333; 12. Religion, oder der Mensch in Gott, S. 271, 288; 13. Mysterium, oder Gott im Menschen, S. 312. Standort: Rudolf Steiner Archiv, Dornach, Sign. P1061 und B 268; Bibliothek am Goetheanum, Dorn­ach, Abteilung «Weltanschauung, Philosophie». Abgedruckt in: Ignaz Paul Vital Troxler, NATURLEHRE DES MENSCHLICHEN ERKENNENS, oder Metaphysik, Bern: Troxler-Verlag 1944. Belegstellen: S. 28,35,86,87,94,114,220,232,247,248.

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Zitat (1828, S. 11-12) Eine Naturlehre des menschlichen Erkennens schien uns die Grundwissen-schafc der Philosophie zu sein, und die Stelle von demjenigen, was die ältere Philosophie unter dem Namen der Metaphysik begriff, einnahmen zu müssen. Diese Naturlehre sollte also auch Gott, den Menschen, und die Welt zu ihrem Gegenstande haben, aliein Gott, Mensch, und Welt nicht anders, als wie sie in der menschlichen Natur in und für einander sind, so zwar, daß uns Philosophie nichts anderes werde, als die menschliche Natur, wie sie ist und erscheint, als ihr eigner Gegenstand in ihrer Selbsterkenntnis.

Es leuchtet von selbst ein, daß dieses die eigentliche Ur- und Grundphiloso­phie sein muß, und daß erst, wenn diese aufgestellt ist, von den übrigen soge­nannten philosophischen Wissenschaften die Rede sein kann, da diese denn auch erst durch diese Philosophie, oder Anthroposophie, ihre Begründung und ihre gehörige Entwickelung aus dem Einen und Ganzen der Natur erhal­ten können.

Zitat (1828, S. 333) Doch es wird eine Zeit kommen, und sie ist nahe, wo die Anthroposophie die Naturerscheinungen des Geisterreichs im Menschen dem Geiste erklären wird, wie die Physik den Regenbogen dem Gesicht und die Aeolsharfe dem Ohr wirklich auseinandersetzt.

1829

Ignaz Paul Vital Troxler

LOGIK. Die Wissenschaft des Denkens und Kritik aller Erkenntniß, zum Selbst­studium und für Unterricht auf höhern Schulen. Erster und Zweiter Theil. Stuttgart und Tübingen: J. G. Cotta 1829

Belegstelle: Erster Theil, 2. Verhältnis der Logik zur Metaphysik, Psychologie und Ontologie, S. 28. Standort: Universitätsbibliothek Basel, Sign, i d IV 12; Rudolf Steiner Archiv, Dornach, Sign. B 269.

Zitat (1829, S. 27-28) Da nun aber außer der Reflexion das Ende in dem Anfange, und der Anfang in dem Ende liegt, das Object Subject, und das Subject Object ist; so muß auch die Anthropologie philosophisch, und die Philosophie anthropologisch wer­den. Oder vielmehr da diese jenes, und jene dieses in der Natur und der Idee

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nach schon ist, entspringt die Forderung; daß die Philosophie und Anthropo­logie ihren einseitigen und abtrünnigen Standpunkt verlasse, und sich zu dem sie vermittelnden der Anthroposophie erhebe.

Die Anthroposophie ist Philosophie und Anthropologie zugleich und zu­mal. So wie sie daher dem überschwenglichen Streben der Philosophie ein si­cheres Ziel setzt, gibt sie dem unzureichenden Forschen der Anthropologie einen tiefern Grund. Es muß daher im menschlichen Erkennen von dieser Anthropologie aus, und auf sie wieder zurück gegangen werden, nämlich von der Anerkennung der Einheit der Philosophie und Anthropologie im Ur­sprung und in der Vollendung der Erkenntniß, so daß das einseitige Vorwalten der einen nur die Richtung nach Außen, und die Bewegung von sich aus zu sich als Gegenstand, und die andere die Richtung nach Innen zu sich als Erkenntniß zurück darstellt.

1835

Ignaz Paul Vital Troxler

* VORLESUNGEN ÜBER PHILOSOPHIE über Inhalt, Bildungsgang, Zweck und Anwendung derselben auf's Leben, als Encyclopädie und Methodologie der philosophischen Wissenschaften Bern: C. Fischer 1835

Belegstelle: Sechster Vortrag, S. 101. Standort: Rudolf Steiner Archiv, Dornach, Sign. P 1060 und B 270. Abgedruckt in: Ignaz Paul Vital Troxler, VORLESUNGEN ÜBER PHILOSOPHIE über Inhalt, Bildungsgang, Zweck und Anwendung derselben auf's Leben, als Encyclopädie und Methodologie der philosophischen Wissenschaften, B e i Troxler-Verlag 1<M. BelegsIeUeCs. 88.

Zitat (1835, S. 101-102)

Wenn es nun höchst erfreulich ist, daß die neueste Philosophie, welche wir längst als diejenige anerkannt haben, die alle lebendige Religion begründet, und in jeder Anthroposophie, also in Poesie, wie in Historie sich offenbaren muß, emporwindet, so ist doch nicht zu übersehen, daß diese Idee nicht eine Frucht der Spekulation sein kann, und die wahrhafte Persönlichkeit oder Individuali-tat des Menschen weder mit dem, was sie als subjektiven Geist oder endliches Ich aufstellt, noch mit dem, was sie als absoluten Geist oder absolute Per­sönlichkeit diesem gegenüberstellt, verwechselt werden darf. Was in dem Menschen wahrhaft individuell und unsterblich ist, tritt in kein getheiltes und zerstreutes Bewußtsein, und kann von keinem vemittelten oder mittelbaren Erkennen erfasset werden.

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1837

Ignaz Paul Vital Troxler

EINLEITUNG In: Das seltene uralte geistreiche Büchlein DIE TEUTSCHE THEOLOGIA, oder: die Chnstusrcligion in ihrer echten reinen Confession, wie dieselbe vor der Kirchen­trennung bestanden. Mit einer EINLEITUNG neu herausgegeben von Dr. Troxler, Professor an der Hochschule zu Bern. St. Gallen: Wartmann und Scheitlin 1837

Belegstelle (einzige): S. XIII. Standort: Universitätsbibliothek Basel, Sign. Sar. 163.

Zitat (1837, S. XII-XIII) Der wahrhaft innere und neue Mensch ist den Religionsphilosophen der wirk­lich wiedergeborne und umgewandelte, der in der Schrift als übernatürlicher bezeichnete Mensch, der Mensch, in welchem im Gegensatze zu Adam dem Weltmenschen, Christus der Gottmensch ist und lebt.

Dieß höhere, innere, nicht bloß metaphysisch transcendentale, sondern wahrhaft übersinnliche, das heißt, übernatürliche Verhältnis von Gott und Mensch und Mensch und Welt ist dem Bewußtseyn und der Erkenntnis der neuern, nur auf die Witterung und Kundschaft des allein anerkannten natürli­chen äußern und alten Menschen gebauten Philosophie und Theologie so gänzlich und völlig entschwunden, daß selbst die als hellsehend sich brüsten­den Welt- und Zeitweisen Diejenigen Panth eisten und Antichristen schelten, welche eine dem Evangelium entsprechende Anthroposophie zu begründen bemüht sind, und die Wiederfindung und Geltendmachung des wahrhaft in-nern und wirklich neuen oder des übernatürlichen Menschen im Menschen, wie ihn die Schrift lehrt und die Kirche fordert, für eine Confundierung der Creatur mit Gott erklären.

Ignaz Paul Vital Troxler

FRAGMENTE. Erstveröffentlichungen aus seinem Nachlasse (Herausgegeben von Willi Aeppli) St. Gallen: Dreilinden-Verlag 1936

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Belegstellen: Kapitel, 1.10 Anthroposophie, S. 120,121,123,124.

Zitat (1936, S. 120) Auch die Metaphysik muß auf die Anthroposophie begründet werden.

Zitat (1936, S. 122) Das Philosophieren umfasset alle Arten der Erkenntnisse, wie alle Gegenstän-de, und ist vorzüglich auf Einheit und Ganzheit der Erkenntnis gerichtet. Der Organismus des menschlichen Geistes, der aber hinwieder auch nur durch die Philosophie ergründbar ist, kann allein der Inbegriff und Zusammenhang sinn-licher Erkenntnisse und Gegenstände vorstellen, denn die Philosophie in ihrer Vollendung ist Anthroposophie.

Sie ist die Menschenweisheit, die denn auch Religions- und Naturwissen­schaft, oder Theologie und Cosmologie begreift.

Kann denn Anthropologie durch etwas anderes als Anthroposophie, dem er­reichten Ziel der Philosophie, des philosophischen Philosophierens, geschaffen werden?

Zitat (1936, S. 123) Anthroposophie ist subjektiv der Anfang, objektiv das Ende der Philosophie. Sie begreift Anthropologie, Cosmologie und Theologie, alle Logien.

Literatur; Steiner [1916/18], S. 65-70; Picht [1932a]; Kleeberg [1950]; Widmer/Lauer [1980]; Heusser [1984], insbesondere Abschnitt 8.5, Anmerkung 845; Hagnauer [1999].

1831

Per Daniel Amadeus Atterbom 1790-1855

NACHBEMERKUNG zu einem Aufsatz von Peder Hjort (1793-1871) mit dem Titel «Tillägg om Danmarks Philosophi». Erstmals erschienen in: SVEA, Tidskrift för vetenskab och konst (Uppsala) [Zeitschrift für Wissenschaft und Kultur], Jahrgang 14, 1831, Heft 2, S. 487-488. Der genannte Aufsatz von Hjort umfaßt die Seiten 469-488.

Belegstelle (einzige): S. 488. Standort: Universitätsbibliothek Tübingen, Sign. Kb 281. Weitere Standorte: ZDB Fiche 320,171375; BUCP 4,259; ULS 4,4126.

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Anmerkung: Der Text ist in Schwedisch geschrieben. Wie aus dem Vorwort von P. Hjort in der Neu­ausgabe seiner Aufsätze (siehe unten) hervorgeht, ist das ursprünglich dänische Manuskript von P. Atterbom ins Schwedische übersetzt und bearbeitet sowie mit Anmerkungen und Ergänzungen ver­sehen worden. Aus dem Text in SVEA ist jedoch nicht ohne weiteres ersichtlich, welche Stellen von Atterbom selbst stammen, da er sie nahtlos in den laufenden Text von Hjort eingefügt hat. Abgedruckt in: Peder Hjort, «Udsigt over nyere dansk literatur», Kjobenhavn: Hegel 1872,198 S.

Belegstelle: Kapitel «Egentlig dansk Filosofi», S. 198. Standort: Universitätsbibliothek Kopenhagen, Sign. I 7500. Weitere Standorte: NUC 248,423. Literatur: Hansen [1977].

Anmerkung: Diesem Abdruck liegt eine Rückübersetzung des Textes von SVEA aus dem Schwedi­schen ins Dänische zugrunde, die größtenteils von P. Hjort stammt und nach dessen Tod 1871 im Auftrag seines Neffen J. M. L. Hjort fertiggestellt wurde (siehe Vorbemerkung und Vorwort in der Neuausgabe 1872). Das ursprüngliche Manuskript war für Hjort nicht mehr auffindbar. Mit großer Sicherheit stammen die neu hinzugekommenen Markierungen der Zusätze Atterboms zum Haupttext von P. Hjort selbst, der dadurch deutlich machen wollte, welche Texte aus der Feder von P. Atterbom sind; diese wurden auch im Abdruck in ihrer ursprünglich schwedischen Sprache belassen und sind somit eindeutig identifizierbar. - Diese komplizierte Überlieferungslage führte in Hansen [1977] zu einer irrtümlichen Zuschreibung der Belegstelle: dort wird P. Hjort anstatt P. Atterbom als derjenige Autor angegeben, welcher den Ausdruck «Anthroposophie» verwendet hat.

Zitat (SVEA 1831, S. 488) Derma idee ater innebär, att liksom Själsläran är medelpunkten i den anthropo-logiska vctenskapen, sä är denna vetcnskap sjelf den bland samtliga philoso-phiska disciplinerna central*. En Theosophi (i god bemärkelse) är endast möj-lig i samma man, som en Anthroposophi är möjlig.

Übersetzung (durch Oskar B. Hansen) der gesamten Nachbemerkung von Atterbom (SVEA 1831, S. 487-488; Hjort 1872, S. 196-198) Wir möchten deswegen abschließen mit einigen allgemeinen Andeutungen über die Sache selbst.

Wünschenswert wäre es, daß die Psychologen klar den Begriff der psychi­schen Anthropologie als die Philosophie des konkreten Geistes faßten. Da­durch erhielte die psychologische Erkenntnisart einen erweiterten Inhalt und eine richtigere Einteilung. In der Mitte sollte die eigentliche Naturbeobach-tung der Seele hegen. Die Hauptteüe dieser Beschreibung w e n die Schilde-rang des Gemüts und die Schilderung des Geistes. Mit Gemüt bezeichnen wir die Seite der Seele, die gegen das Natürliche gekehrt ist, und die sich in dem Leben des Körpers verliert oder daraus keimt. Mit Geist meinen wir die Seite der Seele, die gegen das Göttliche gekehrt ist. Die Seele ist gewiß gleichviel Gemüt wie Geist und umgekehrt; aber im Gemüt erscheint sie dunkel und im Geiste klar. (Es zeigt sich in diesen Eigenschaften, daß Psyche, wie einige unter den Alten es sagten, eine Tochter von Phöbus und Entelecheia ist; im Gemüt tritt die mütterliche Natur hervor, im Geiste die väterliche.) Auf die eine, die tiefere Seite der angegebenen Mitte, sollte man dann die ganze von SIBBERN

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dargestellte Pathologie verlegen, auf die andere, die höhere, die Moral; nämlich dasjenige, was wirkliche Moral ist oder den Kern der Moral.

Was man gewöhnlich Moral oder Moralwissenschaft nennt, ist ohne Zweifel die loseste, die am meisten willkürliche unter allen jetzigen philosophischen Disziplinen. Sie schlingt sich wie ein Schmarotzer um die Wurzeln der Theo­logie, Geschichte, Psychologie, Poesie und anderer edlen Bäume: Vergebens bestrebt sie sich, sich in e.nen richtigen organischen Zustand zu versetzen. Sie ist, und bleibt bis auf weiteres, ein unförmiges Aggregat aus Abstraktionen und Anekdoten. Allein durch einen solchen Gesichtspunkt der Darstellung und Einteilung, wie neulich von uns angedeutet, bekäme die Moral das Recht, ein Bestandteil, und zwar der höchste, der Psychologie (in ihrem reicheren und höheren Sinne begriffen) zu sein. Je mehr sie dadurch individuellwürde, oder je mehr sie dargestellt würde als in der Wurzel mit dem Persönlichen zusam­mengewachsen, desto ideeller würde sie auch. Aber dadurch würde die Empi­rie auch eine spekulative Basis erhalten und würde erhöht zu ihrem höchsten, nämlich innerlichsten, Sinne. Während, was man jetzt «empirische Psycholo­gie» nennt, nach unten zu dem ihr zukommenden Ort versetzt würde oder zu einer historischen Disziplin, gesammelt aus den Tagebüchern des Arztes, des Richters und des Beichtvaters, würde sie ihren Platz unter den rein metaphy­sischen Disziplinen, wo er nicht beibehalten werden kann, abgeben an eine metaphysische Psychologie, welche sich ausbilden würde aus Anschauung und Erfahrung, aber aus einer weit tieferen, in ihrer Eigenschaft einer ihrer Idee entsprechenden Anthropologie. Diese Idee hat wieder in sich, daß wie die See­lenlehre der Mittelpunkt der anthropologischen Wissenschaft ist, so ist diese Wissenschaft selbst die zentrale unter sämtlichen philosophischen Disziplinen. Eine Theosophie (in einem guten Sinne) ist nur möglich, insofern eine Anthro-posophie möglich ist.

Doch - das reiche Thema fängt an, uns hinzureissen.

1835

Theodore Edward Hook 1788-1841

THE MAN OF MANY FRIENDS, a tale New York: Wallis & Newell 1835 Franklin Library Edition [Zusammengebunden mit: Theodore Hook, Cousin Wil-liams, New York: G. Dearborn 1837]

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Abbildung 10: Titelblatt von Harms, DER ANTHROPOLOGISMUS (1845), verkleinert.

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Copyright Rydolf Stelner Nachlass-Verwattung Buch:GA-1 Seite; 3 4

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Belegstelle: S. 49. Standort: Widener Library, Harrard University, Cambridge (Massachusetts). Weitere Standorte: NUC 253, 650. Literatur: OED [1971], [21989], Stichwort «anthroposophy».

Zitat (1835, S. 27) «My studies», said George, «are changed only in the method of pursuing them. Formed to live in the world and with men; instead of wasting my time in dull theories, deep reading, abstract calculations, or abstruse sciences, which every day are undergoing the most rapid and striking alterations and improvements, I have devoted myself to die study of mankind. I have made myself master of all that is going on, and by this System of Observation upon things in general, have enabled myself to steer clear of those evils to which men at my time of life are generally Kable, and the fruit of all this study is the possession of excellent friends, faithful servants, the best acquainance, and universal popularity.»

Zitat (1835, S. 49) The veriest novice could not have made his advances upon such an occasion more awkwardly than our boasted professor of anthroposophy; at length he [George] broke the silence by some common-place question, to which Louisa gave an answer so grave and elaborate, that he was convinced she had no dis-position to remain mute, whatever he might have.

1845

Friedrich Harms 1816-1880

DER ANTHROPOLOGISMUS IN DER ENTWICKLUNG DER PHILOSO­PHIE SEIT KANT UND LUDIWG FEUERBACHS ANTHROPOSOPHIE Leipzig: Otto Wigand 1845

Belegstellen (alle): Titelblatt; Der Anthropologismus in der Entwicklung der Philosophie seit Kant und die Anthroposophie, Begriff und Einteilung, S. 15,17; Der Anthropologismus, die Philosophie und die Anthroposophie, S. 204,205,206; Die Anthroposophie: Ludwig Feuerbach, S. 207,208 / Der Empirismus, S. 210 / Der Materialismus, S. 212 / Die Anthroposophie, S. 212,213,217,218,219,220; Die begrenzte und die grenzenlose Philosophie, S. 220. Standort: Universitätsbibliothek Basel, Sign. Steff. 31.

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Zitat (1845, S. 15) Die Lehren der kritischen negativen Richtung unserer Zeit lassen sich auf den einen Satz zurückführen, daß das wahrhaft erkennende Subjekt und die er­kannte Wahrheit der Mensch sei. Diese Lehre kann Anthropologismus ge­nannt werden, wiefern sie eine allgemeine Kategorie ist, die von den einzelnen Philosophischen Systemen seit Kant mehr oder weniger verwirklicht worden ist, Anthroposophie aber, wiefern sie selbst die Stelle der Philosophie einneh­men soll. Wenn L. Feuerbach die Theologie in Anthropologie verwandelt ha­ben will, so hat er nicht weniger die Philosophie auf Anthroposophie reducirt, die die erscheinende Wirklichkeit für die Wahrheit, das sinnliche Denken für das Denken objektiver Wahrheit und den Menschen als deren Identität be­stimmt.

Zitat (1845,16-17) Der Kriticismus und der Idealismus enthalten aber die Tendenz zu einem An­thropologismus in sich, der in beiden durch die in ihnen enthaltene Philoso­phie an seiner vollen Verwirkhchung gehindert, mit deren Beseitipng aber zur Verwirklichung gelangt ist. Da der Kriticismus und Idealismus jedoch beides in sich vereinigten, so konnte entweder diese Phüosophie von ihrem Anthro­pologismus gereinigt und diese reine Philosophie fortentwickelt werden, oder falls Jemand sich veranlaßt fühlte die Einseitigkeit derselben für sich zu ver­wirklichen und diese That für den Fortschritt unserer Zeit zu erklären, so müßte eine Anthroposophie entstehen, welche die kritische Richtung prokla­miert zu haben sich rühmen kann.

Zitat (1845, S. 204) Es liegt aber der Anthropologismus innerhalb der Philosophie, die Anthropo­sophie aber außerhalb derselben.

Zitat (1845, S. 205) Deshalb muß allgemein gesagt werden, daß in Ansichten, die überhaupt die philosophische Form respektiren und es sich angelegen sein lassen, spekulative Begriffe auszubilden, der Anthropologismus nur eine Erscheinung innerhalb einer solchen Philosophie ist, die den Widerspruch, der im Anthropologismus ist, enthält. Die Anhänger solcher Systeme geben den Widerspruch, der in demselben ist, nicht zu, die einen nicht, weil sie ihn nicht erkennen und sich überredet haben, daß er ihrem wissenschaftlichen Leben nothwendig sei, die andern, weil sie meinen, daß er gehoben sei durch die Aufhebung des einen Bestandtheües desselben, der Philosophie, diese vertheidigen außerhalb der Philosophie den Anthropologismus, den wir deßhalb Anthroposophie nennen. In der Anthroposophie wird die Phüosophie negirt und der Anthropologis­mus bejaht, oder nach der Meinung der Anthroposophie erlangt die Philoso­phie im Empirismus und Materialismus ihre Wahrheit.

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Zitat (1845,213) Die Menschheit soll das erkennende Subjekt, die erkannte Wahrheit von Allem sein, dies, als die Wahrheit selbst behauptend, macht den Unterschied der An­throposophie vom Anthropologismus aus. Dieser Unterschied ist nicht bloß ein formeller, sodaß Anthropologismus und Anthroposophie dasselbe wären, jener als eine unbewußte Konsequenz, diese als eine bewußte Behauptung, sondern ein nutender, indem mit dem Anthropologismus die philosophische Lehre von der Realität Gottes und der Welt, und die Form des philosophischen Erkennens verbunden ist, während die Anthroposophie jene Realität auf die des Menschen und der erscheinenden Natur beschränkt und an die Stelle des philosophischen Erkennens ein empirisches setzt, dessen Prinzip und Maaß-stab der Mensch ist.

1846

Gustav Widenmann 1812-1876

RELIGION UND NATUR. Randglosse eines Protestanten zu Joh. Bapt. Hirscher's Erörterungen über die großen religiösen Fragen der Gegenwart. Pforzheim: Flammer und Hoff mann 1846

Belegstelle »Menschenweisheit» (einzige): [Kapitelüberschrift] S. 122. Standart: Rudolf Steiner Archiv, Dornach, Sign. B 318. Literatur: Picht [1932ab], [1961].

Zitat (1846, S. 124) Wegen der Erkenntnißtheorien, mit denen sich der Menschengeist über seine Verfinsterung täuschte, kam man zu keinem Erkennen. Während man Gott nicht fühlte, dachte und redete man desto mehr über ihn; aber weil man seine Vollkommenheit nicht empfand, machte man sich unvollkommene, seiner un­würdige Begriffe. Statt den Grund der Räthsel und der Schwierigkeit, sie zu lösen, in dem eigenen Wesen und seiner Abnormität zu suchen, suchte man die Ursachen davon in den objektiven Verhältnissen. Nur Plato und die Neupia-toniker haben den Schleier berührt oder aufgehoben, der den Menschen von der Wahrheit trennt; Jener hat behauptet, daß der Mensch, wie er jetzt sei, nicht in dem wahren Zustande sich befinde, sondern von einer göttlichen Höhe gestürzt sei, an die er nur dunkel noch sich erinnere; diese haben durch Wek-kung der innerlich-organischen Beziehungen sich dem wahren Zustand zu nähern versucht.

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Die ganze böse Kluft zwischen dem Erkennen und der Wahrheit, zwischen dem Menschengeist und den Dingen kam erst dann den Denkern zum Bewußt­sein, als man strebte, die Einheit und den Zusammenhang der Welt aus ihrem Mittelpunkt, dem Menschen, zu begreifen.

Zitat (1846, S. 127-128) Die wahre absolute Einheit ist der innerlich-organische Zusammenhang mit den Dingen und dem lebendigen Gott. Wenn dieser Zusammenhang da ist, dann hat der Mensch Gott und Welt gleichsam a priori, weil er beide unabhän­gig von mechanisch-sinnlichen Eindrücken fühlt. Mit jenem wirklichen Zu­sammenhang ist auch ein Gefühl und Bewußtsein desselben gegeben, aber er kann da sein, ja in hohem Grade bestehen, ohne daß das Bewußtsein davon gleich hoch entwickelt ist, umgekehrt kann es jedoch kein Bewußtsein jenes Zusammenhanges geben, wenn er nicht zuvor praktisch durch den Gang auf dem bekannten «schmalen Weg» errungen wurde. Wer ohne diese Praxis die absolute Einheit in der Theorie erzwingen will, der muß, weil ihm das wirk­liche Leben der Dinge, das wahre Sein a priori, verschlossen ist, zu einer fal­schen Apriorität greifen; statt das Organische in sich frei von Mechanischem sich entfalten zu lassen, entwickelt er ein leeres Abstraktum, losgeschält von der Wirklichkeit. Der Gedankenorganismus, den er aus jenem Nichts heraus­spinnt, mag als Gesammtheit der Verhältnis- und Form-Begriffe eine relative Wahrheit haben, aber diese ist nur an dem Leben, nicht das Leben selbst, oder die Wurzel desselben.

1851

The Author of Alton Locke [Pseudonym für Charles Kingsley

1819-1875]

YEAST: A PROBLEM Leipzig: Bernhard Tauchnitz 1851 (Collection of British Authors, Tauchnitz Edi­tion, Vol. 207).

Belegstelle (einzige): Chapter XV, Deus e machinä, S. 281. Abgedruckt in; YEAST: A PROBLEM (with an Introduction by Maurice Kingsley), New York: Tay­lor and Company 1900 (The novels and poems of Charles Kingsley, ehester edition). Belegstelle: Chapter XV: Deus ex machinä, S. 290.

Anmerkung: Die Ersterscheinung dieses Romans in «Fraser's Magazine for town and country» (Band

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38, August bis Dezember 1848, No. 223 bis 228) enthält das entsprechende Kapitel «Deus ex machina» mit der Verwendung des Ausdrucks «anthroposophist» noch nicht. Literatur: OED, Stichwort «anthroposophist»; Kingsley [1851]

Zitat (1851, S. 281) I am no scollard, as they would say in Whitford, you know; but it has often Struck me, that if folks would but believe that the Apostles talked not such very bad Greek, and had some slight notion of the received meaning of the words they used, and of die absurdity of using the same term to express nineteen different things, the New Testament would be found to be a much simpler and more severely philosophic book than «Theologians» («Anthroposophists» I call them) fancy.

1851

Franz Hoffmann 1804-1881

EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS zum Ersten Bande der Ersten Hauptabtei­lung In: Franz von Baader's SÄMMTLICHE WERKE (herausgegeben von Franz Hoff­mann), Erste HauptabtheUung: Systematische Sammlung der zerstreut erschienenen Schriften, Erster Band: Gesammelte Schriften zur Philosophischen Erkenntniswis­senschaft als speculative Logik (herausgegeben von Franz Hoffmann), Leipzig: Herrmann Bethmann 1851, S. XVII-LXX.

Belegstellen (alle): S. LVIII, LIX, LXIX (Anmerkung). Literatur: Poppe [1969].

Zitat (1851, S. LVIII) Weil nun das Erkennen des endlichen Geistes nur ein Nachbild der Erkennens des unendlichen Geistes sein kann, so müssen auch die Gesetze und Formen des endlichen Erkennens als im unendlichen Erkennen vorgebildet nachgewie­sen werden und die abbildliche Totalität der endlichen Denk- und Erkennt­nissformen gründet in der urbildlichen Totalität der absoluten Denk- und Er­kenntnissformen. Hieraus ergibt sich, dass wir eine theosophische und eine anthroposophische Logik zu unterscheiden haben, die sich wie Urbild und Abbild verhalten müssen. Die anthroposophische Logik erhält ihre letzte Voll­endung nur in und durch ihre Begründung in der theosophischen Logik. Aus dem absoluten Denken wird alsdann das Denken des endlichen Geistes über-

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haupt und die Bedeutung des Denkens für das zeitliche, unganze, im Streben zur Vollendung begriffene Denken und Erkennen begriffen.

Zitat (1851, S. LIX) Hegel erkannte die Notwendigkeit der Begründung der Formen des endli­chen Denkens und Erkennens in und aus dem absoluten Denken [... Anmer­kung], aber der absolute Grund wurde unter seinen Händen zum Abgrund, in welchem das endliche Denken unterging, so wie andererseits das unendliche wieder im endlichen Denken unterging. Es ist das unsterbliche Verdienst He­gels, der Idee der theosophischen Logik wieder allgemeinere Aufmerksamkeit zugewendet zu haben, aber anstatt sie von der anthroposophischen Logik zu unterscheiden, confundirte er beide, so wie er Gott in den Geistern und die Geister wieder in Gott untergehen liess.

1852

Hermann Ulrici 1806-1884

ZUR LOGIK. [Rezension von:] Franz von Baader's Sämmtliche Werke. Erste Hauptabtheilung. Erster Band: Gesammelte Schriften zur philosophischen Erkennt­nisswissenschaft als speculative Logik. Herausgeg. von Dr. Franz Hoffmann. Lpz. 1851. Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik (im Verein mit mehreren Ge­lehrten herausgegeben von I. H. Fichte, Hermann Ulrici, I. U. Wirth; Halle: C. E. M. Pfeffer), Neue Folge, Band 21,1852, Heft 2, S. 259-273.

Belegstellen (alle): S. 271,272. Abgedruckt m: Franz Hoffmann (Hrsg.), FRANZ VON BAADER ALS BEGRÜNDER DER PHI­LOSOPHIE DER ZUKUNFT. Sammlung der vom Jahre 1851 bis 1856 erschienenen Recensionen und literarischen Notizen über Franz von Baader's sämmtliche Werke. Leipzig: Herrmann Bethmann 1856» S. 129-142. Belegstellen: S. 141,142. Literatur: Poppe [1969], Peckhaus [1995].

Zitat (1852, S. 271-272) Darf ich diese Aussprüche [siehe das Zitat S. LVIII bei Hoffmann] im oben angegebenen Sinne auffassen, so glaube ich nicht nur, daß sie Baader's Mei­nung im Wesentlichen treffen sondern bin auch selbst mit ihnen vollkommen

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einverstanden. Nur meine ich, daß die anthroposophische und die theosophi-sche Logik nicht als zwei besondre Disciplinen zu behandeln sind, sondern daß die anthroposophische, d. h. die von der Natur des menschlichen Denkens aus­gehende Logik, die theosophische in sich befassen muß, indem sie von ihrem Standpunkte aus nachzuweisen hat, daß wir zufolge der Natur unsers Denkens genöthigt sind, nicht nur ein absolutes Denken als jene urbestimmende Macht alles natürlichen wie geistigen Seyns überhaupt anzunehmen, sondern auch die logischen Gesetze und Nonnen unser, Denkens auf dieses göttliche schöpfe-rische Denken zurückzuführen und mit den Normen und Gesetzen, die letz­teres sich selber gegeben, für identisch halten. Denn nur durch diesen Nach­weis kann sich die Logik als selbständige, von der Psychologie und der Meta­physik unterschiedene Wissenschaft ausweisen. Wird nämlich die Logik nur anthroposophisch d. h. nur als Wissenschaft von den Gesetzen und Normen des menschlichen Denkens gefaßt, so hat sie an und für sich gar keine Bezie­hung zu den Grundbestimmungen des reellen Seyns der Dinge: unsere Denk­gesetze, Begriffe, Urtheile, Schlüsse und Folgerungen haben dann nur eine subjektive Geltung für uns, keine allgemeine objektive för die Natur der Dinge und deren Erkenntniß; der ganze Inhalt der Logik reicht mithin nicht über die Natur unseres Geistes hinaus, und fällt demnach nothwendig in die Psycholo­gie als die Wissenschaft vom menschlichen Geiste hinein, d. h. die Logik kann in Wahrheit nicht als Logik, sondern nur als ein Theil der Psychologie betrach­tet werden. Logik kann sie nur heißen, wenn sie nicht bloß für unser Denken, sondern auch für die allgemeinen (also ideellen) Grundbestimmungen des ob-jektiven Seyns gilt, und für diese kann sie nur gelten, sofern sie Bestimmungen (Gedanken) eines absoluten, dieselben Gesetze und Normen befolgenden Denkens sind. Umgekehrt wird sie nothwendig von der Metaphysik absorbirt, wenn sie nur theosophisch behandelt, d. h. ihre Gesetze und Normen nur als Bestimmungen des absoluten Denkens, nicht zugleich auch psychologisch aus der Natur des menschlichen Denkens nachgewiesen werden. Die anthroposo­phische und die theosophische Logik d. h. das psychologische und metaphysi­sche Element der Logik gehören mithin so untrennbar zusammen, daß nur in ihrer Einigung und gegenseitigen Durchdringung das Wesen der Logik als solcher besteht.

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1856

Immanuel Herrmann Fichte 1796-1879

* ANTHROPOLOGIE. Die Lehre von der menschlichen Seele. Neubegründet auf naturwissenschaftlichem Wege für Naturforscher, Seelenärzte und wissenschaftlich Gebildete überhaupt Leipzig: F. A. Brockhaus 1856

Belegstellen (einzige): Drittes Buch, Seele und Geist, § 265 , S. 607-608. Leipzig: F. A. Brockhaus 1860 (zweite vermehrte und verbesserte Auflage). Belegstellen: Drittes Buch, Seele und Geist, § 270, S. 608-609.

Leipzig: F. A. Brockhaus 1876 (dritte vermehrte und verbesserte Auflage). Belegstellen: Drittes Buch, Seele und Geist, § 273, S. 621,623. Literatur: Steiner [1916/18], S. 58-43; Picht [1961]; Ehret [1986], S. lllff.

Zitat (1856, S. 607-608) Die Anthropologie hat zu ihrem letzten Ziele gründhche Selbsterkenntniss des Menschen, welche nur in der erschöpfenden Anerkenntnis des Geistes liegt. Sie wird damit zur «Anthroposophie» erhoben. Wahrhaft gründlich oder ergrün­dend aber, wie sich von allen Seiten erwiesen hat, kann der Menschengeist sich nicht erkennen, ohne eben damit der Gegenwart und Bewährung des göttli­chen Geistes an ihm inne zu werden. Der allein genügende Standpunkt der Sei£srt>etrachtung ist es daher, das menschliche Selbst in dem an ihm hindurch-scheindenen Wirken Gottes seine Wahrheit finden zu lassen. Indem der Mensch Sich erfassen wül, kann er sich nur in Gott erfassen. Denn das ist eben das greifliche Wunder, das offenbare Mysterium der göttlichen Gegenwart im Menschen, dass er, der durchaus endliche und versinnlichte, von einer begei­sternden Macht ergriffen zu werden vermag, die ihn über sich seihst erhebt und ihn in seiner sinnlichen Eigenwilligkeit vernichtend, eben damit doch seines eignen Wesens sicher macht. Dass Gott sei und dass er in uns wirke, ist kein abstract verblasstes, hypothetisches Philosophem; es ist eine Thatsache, welche in jeder begeisterten, die Schranken der Selbstsucht überwindenden Erkennt-niss- und Willensthat uns entgegentritt, die mitten in der Welt der Endlichkeit und Menschenschwäche ein mehr als Menschliches uns vor Augen stellt. Und dies ist auch der Gipfel des philosophischen Beweises; denn jene geistige, hei­ligende Macht in uns haben wir eben auch philosophisch Gott zu nennen [... Hinweis auf die «Speculative Theologie»].

So vermag endlich die Anthroposophie nur in Theosophie ihren letzten Abschluss und Halt zu finden. So gewiss wir sind, ist Gott und wir in ihm. So

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Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:GA-1 Seite: 4 2

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gewiss wir Geister sind, ist Gott der höchste Geist; denn wir geisten und den­ken in ihm. Gott ist der heilige Wille; denn was wir Heiliges (Vollkommenes) wollen, ist seine Willenskraft in uns. Gott ist die höchste Liebe; denn wir Heben in ihm: uns wechselseitig und ihn.

Zitat (1860, S. 607-609) Aber schon die Anthropologie endet in dem von den mannichfaltigsten Seiten her begründeten Ergebnisse, dass der Mensch nach der wahren Eigenschaft seines Wesen, wie in der eigentlichen Quelle seines Bewusstseins, einer über­sinnlichen Welt angehöre. Das Sinnenbewussstein dagegen und die auf seinem Augpunkte entstehende phänomenale Welt, mit dem gesammten, auch menschlichen Sinnenleben, haben keine andere Bedeutung, als nur die Statte zu sein, in welcher jenes übersinnliche Leben des Geistes sich vollzieht, indem er durch frei bewusste eigene Tkat den jenseitigen Geistesgehalt der Ideen in die Sinnenwelt einführt. Die hohe und ausschliesslich nur ihm gebührende Stel­lung des Menschen unter den Sinnenwesen ist es, aufs eigentlichste neuschöp­ferisches, Geschichte bildendes Princip zu sein. Für die Wissenschaft selbst kommt es nur darauf an, die tiefreichende Bedeutung dieser grossen Thatsache zu verstehen, und sie in allen ihren Consequenzen zu erschöpfen. Alles Bishe­rige sollte dazu ein Beitrag sein.

Diese gründliche Erfassung des Menschenwesens erhebt nunmehr die «An­thropologie» in ihrem Endresultate zur «Anthroposophie»; denn als «Weisheit» ist man wol berechtigt die Erkenntniss auszusprechen, welche demjenigen, was sich zunächst als ein Sinnliches und Vergängliches bietet, den Charakter inne­rer Ewigkeit und Uebersinnlichkeit vindicirt. Der allein genügende Stand­punkt der &/&5tbetrachtung ist es daher, das menschliche Selbst in dem an ihm hindurchscheinenden Wirken eines Ewigen seine Wahrheit finden zu lassen.

Hiermit ist aber endlich die höchste Betrachtung eingeleitet. Indem der Mensch seinen eigentlichen Wesensgrund in der ewigen Welt entdeckt, wird ihm noch ein höheres Verhaltniss aufgethan. Was in unserm Bewusstsein, sei es für das Erkennen oder im Willen, das Gepräge des Ewigen, unerschütterlich Gewissen und an sich Unveränderlichen trägt, das ist die mit sich zu Ende gekommene «metaphysische» Betrachtung befugt, als Gegenwart und Wirkung eines Göttlichen in uns zu bezeichnen [... Hinweis auf die «Speculative Theo­logie»]. Der Mensch wird durch seine eigene Existenz und Beschaffenheit der unwillkürliche Verkündiger und das objective Zeichen dieses Göttlichen. [...]

So vermag endlich die Anthroposophie an sich selbst nur in Theosophie ih­ren letzten Abschluss und Halt zu finden. Indem der Mensch sein Ewiges er­fassen will, kann er es nur in Gott erfassen. Diese Selbsterfassung jedoch wird ihm zugleich eine objective Quelle zur Erkenntniss Gottes.

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1863

W . W . T .

THEOSOPHY A N D ANTHROPOSOPHY

NOTES A N D QUERIES: Medium of Inter-Communication for Literary Men, General Readers, etc. (London), Third Series, Volume Third, April 1863, S. 304-306.

Belegstelle (einzige): Queries, [title], S. 304. Standort: New York State Library, Albany, New York. Weitere Standorte: Zentralbibliothek Zürich, Sign. XA 426; ZDB Fiche 245,130903-130906; BUCP3, 414; ULS 4, 3103.

Anmerkungen: Aus dem nicht weiter erklärten Auftauchen des Ausdrucks «anthroposophy» in dem Aufsatz dieser Zeitschrift kann man schließen, daß in den Reihen der Leser von Jakob Böhmes Wer­ken im englischen (und eventuell amerikanischen) Raum dieses Wort gängig gewesen sein mußte. Weitere Quellen dazu sind mir jedoch nicht bekannt. Reverend William Law (1686-1761) hat sehr viele Werke christlich-religösen und mystischen Inhalts veröffentlicht (siehe NUC 319,270-284). Der Titel des weiter unten im Zitat genannten Werkes lautet vollständig: The way to divine knowledge: being several dialogues between Hamanns, Academicm, Rusticus, and Theophilus. As preparatory to a new edition ofthe works of Jacob Behmen and the right use ofthem. London: W. Innys and J. Richardson 1752. Literatur: OED [1971], [21989], Stichwort «anthroposophy».

Zitat (1863, S. 304-306)

QUERIES: Theosophy and Anthroposophy. I have, for some years past, read with much satisfaction the series of writings recommended for perusal to such as desire to know the grounds and reasons of the Christian revelation, in the articles on Theosophy published at intervals in *N. & Q" from Sept. 10,1853, to the present time. And, since my acquaintance with William Law's writings, as thus recommended, I have looked into the works of Jacob Böhme, or Behmen, in our language, especiaUy those treatises named in Law's Way to Divine Knowledge, as best calculated to afford an apprenhension of the author's ground and principles, which of necessity must be obtained, prior to duly realizing the practical aim and object of his writings. I of course allude to Böhme's Three Principles ofNature, and the Threefold Life ofMan; of which Mr. Law designates the fest twelve chapters of the for­mer, and the fest eight of the latter, a fit introduction of the author's practical books of the Way to Christ Discovered, and the Incarnation of Jesus Christ.

If your correspondent would at the same time kindly specify a series of Theosophical books, for study in sequence of those already given in *N. 8c Q",

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he would certainly be advancing a science, which appears to me, to be the desi-deratum of modern scholastic theology; and without which, Christianity cannot receive its true development, either of philosophy, or experimental ac-tion as religion.

1872

Gideon Spicker 1840-1920

DIE PHILOSOPHIE DES GRAFEN VON SHAFTESBURY nebst Einleitung und Kritik über das Verhaltniss der Religion zur Philosophie und der Philosophie zur Wissenschaft Freiburg: Carl Troemer 1872

Belegstellen (einzige): Kritik, $6: Der archimedische Punct in der Philosophie, S. 319; § 7: Rückblick, S.367 Literatur. Picht [1932ab], Hardorp [1952], Picht [1961], Witzenmann [1971], Niedermeier [1983] [1990]; Schwaetzer [1998a]. Zu Spicker allgemein, siehe Schwaetzer [1998bcd].

Zitat (1872, S. 319) Handelt es sich aber in der Wissenschaft um die Erkenntniss der Dinge, in der Philosophie dagegen in letzter Instanz um die Erkenntniss dieser Erkenntniss, so ist das eigentliche Studium des Menschen der Mensch selbst und der Philo­sophie höchstes Ziel ist Selbsterkenntnis oder Anthroposophie.

Zitat (1872, S. 366-367) Von Jahr zu Jahr geht der menschliche Geist geläuterter aus dem wissenschaft­lichen Reinigungsprocesse hervor. Ist nur einmal des Materials genug gesam­melt und gehäuft, dann wird auch der Genius erscheinen mit zündendem Strahl; er wird das Unwesentliche versengen und es wird sich herausschälen der Menschheit goldner Kern und das Universum in seinem Glänze sich spie­geln. Nur in dieser Weise kann die Wissenschaft, kann vor allem die Philoso­phie in ihrer wahren Würde und Nothwendigkeit sich behaupten. Ihr höchstes Ziel ist Selbsterforschung und Selbsterziehung. Sie muss den Geist der Civili-sation, die Idee des Fortschrittes mit Begeisterung erfassen; das ganze Leben, wie es sich durch das tausendfach verzweigte Geäder im Organismus der Menschheit ergiesst, nach den ewigen Gesetzen unserer Natur bestimmen; und nur insofern sie diess thut: uns das höchste und umfassendste Wissen und zu-

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gleich das naturgemässeste und folglich auch glücklichste Dasein gewährt, er-kennt und erfüllt sie ihre wahre und ursprüngliche Aufgabe, ist Mutter und Königin aller Tugend und Weisheit - augusta scientiarum et disciplinarum re-gina omniumque arüum mater - und verdient im vollsten Sinne des Wortes, ausser der allgemeinern Geschlechstbezeichmmg, den ihr einzig und allein zu­kommenden Taufnamen; Anthroposophie.

1882

Robert Zimmermann 1824-1898

* ANTHROPOSOPHIE IM UMRISS. Entwurf eines Systems idealer Weltansicht auf realistischer Grundlage Wien: Wilhelm Braumüller 1882

Belegstellen: Titelblatt; Vorrede S. VII; Schluss S. 308. Literatur. Steiner [1916].

Zitat (1882, S. VII) Anthroposophie ist der Name des Buches. Die Philosophie, welche denselben wählt, will damit angedeutet haben, dass es weder ihr Ziel sei, wie das der spe-culativen Schule, Theosophie, noch ihr genüge, wie empirischer Unphiloso-phie, kritiklose Anthropologie zu sein. Wenn derselben - nicht zu ihrem Leid­wesen - die speculativen Schwingen fehlen, um mit ikarischem Aufflug das gottgleiche Wissen des theocentrischen Standpunktes der ersteren zu errei­chen, so mangelt ihr nicht weniger die in mancher Hinsicht beneidenswerthe Gabe, über die Schranken und Widersprüche, die der gemeine Erfahrungs­standpunkt in sich trägt, das kritische Auge zuzudrücken. Ihr Wunsch geht dahin, anthropocentnscb d. i. «Menschenwissen» und doch Philosophie d.h. von der Erfahrung aus-, aber, wenn es das logische Denken erfordert, über dieselbe hinausgehende Wissenschaft zu sein.

Zitat (1882, S. 308) Eine Philosophie, welche, wie die vorstehende, sich weder wie die Theosophie auf einen menschlichem Wissen unzugänglichen theocentrischen Standpunkt versetzt, um von ihm aus den «Vernunfttraum» als längst geschaffene Wirk-lichkeit, noch wie die Anthropologie auf den zwar anthropocentrischen, aber

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ANTHROPOSOPHIE

I M ö M R I S S .

E l l i L L I i F LUES SISTEAIS

11 El L L K 11 L ITA 1S1C 11*1 A C F 1 f I; A Li S i l SC H K k U K L N Ii LA ü I,

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ROBERT ZIMMERMANN.

W I E N , 1882.

A¥ I E II E I, M II It A i; M G I, E E 1t l, 1. (!•.•»' I. >J I.»i*'tJtaIlIfilil.:Cllllij;>I.ll:i

Abbildung 11: Titelblatt Zimmermann, ANTHROPOSOPHIE IM UMRISS, verkleinert

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unkritischen Standpunkt gemeiner Erfahrung stellt, um von ihm aus eine ide-enerfüllte Wirklichkeit als «Traum der Vernunft» anzusehen, welche sonach zugleich anthropocentrisch d. i. von menschlicher Erfahrung ausgehend und doch Philosophie d.i. an der Hand des logischen Denkens über dieselbe hinaus­gehend sein will, ist Anthroposophie.

1890

Von einem Deutschen [Pseudonym von August Julius Langbehn

1851-1907]

REMBRANDT ALS ERZIEHER »Leipzig: C. L. Hirschfeld 1890 (Zweite Auflage)

Belegstelle (einzige): V. Deutsche Menschheit: Zukunftsblick, S. 290. Leipzig: C. L. Hirschfeld 1891 (Siebenunddreißgste Auflage). Belegstelle: S. 318. Literatur. Steiner [1892], [1897], [1925, Kap. XII, S. 189-190]; Kleeberg [1950], Sonnenberg [1997].

Zitat (1890, S. 290-291) Religionsgeschichte Sittengeschichte, Geistesgeschichte, Staatengeschichte hängen sämmtlich von diesem eben erwähnten Gesichtspunkt ab und ordnen sich ihm natürlicher- wie logischerweise unter: er ist der Schwerpunkt ihres Innern und äußern Daseins. Oder um es vulgär auszudrücken: wie die Zukunft der subjektiven Wissenschaft im Hypnotismus, liegt die Zukunft der objekti­ven Wissenschaft in der Anthropologie; und beide Richtungen könnten sich recht wohl zu einer dritten: der Anthroposophie vereinigen; erst diese würde, im Bunde mit Kosmologie und Kosmosophie, wieder zu der echten Philoso­phie zurückführen.

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1912

Hermann Friedmann 1873-1955

Ausführungen über die «Trinität Theosophie - Kosmosophie - Anthroposophie» in einem Vortrag über Tolstoi in Helsinki, Anfang 1912

Zitat (Friedmann 1950, S. 180) Als ich mit Rudolf Steiner in Berlin Bekanntschaft schloß, verkehrte er viel im Hause der Gräfin Brockdorff, die mit den Theosophen in Verbindung stand. Ob Steiner selbst dieser Vereinigung bereits angehörte, weiß ich nicht, nehme es aber an. Jedenfalls hatte er, als wir uns in Finnland wieder sahen, sich schon von der theosophischen Bewegung getrennt. Nun hatte ich zufällig ganz kurz vorher in der Aula der Universität Helsingfors - an demselben Ort, an dem auch Steiner, auf Einladung, damals über das finnische Kalewala-Epos sprach - einen Vortrag über Tolstoi gehalten, und in diesem Zusammenhange über die «Trinität Theosophie - Kosmosophie - Anthroposophie» gesprochen; die Helsingforser Zeitung «Huvudstadsbladet» hat diesen Teil meines Vortrages in extenso gebracht. Später fand ich, daß der Begriff «Anthroposophie» schon beim jüngeren Fichte vorkommt; ob dieser ihn geprägt hat, weiß ich nicht. Als Steiner im Gespräch erwähnte, daß er gerade im Begriffe stehe, seine Gemein­schaft neuzubilden, erzählte ich ihm dies alles. Ob dies bei seiner Entscheidung für den Namen seiner neuen Gemeinschaft von Einfluß gewesen ist, kann ich nicht sagen.

Anmerkung; Steiner sprach am 9. April 1912 über «Das Wesen nationaler Epen mit speziellem Hin­weis auf die Kalewala», siehe Steiner [9.4.1912], - Eine Durchsicht der Helsingforser Zeitung «Hu­vudstadsbladet» (in schwedischer Sprache) von Januar bis Ende April 1912 brachte nur einen Bericht über einen Vortrag von Friedmann vom 9. Februar 1912 über «Toleranz» zu Tage, in welchem nicht von der «Trinität Theosophie - Kosmosophie - Anthroposophie» die Rede ist. - Siehe dazu den Ein­trag vom April 1912 im nachfolgenden Kapitel: «Anthroposophie» bei Rudolf Steiner. Literatur: Friedmann [1950]; Schad [1981].

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«Anthroposophie»

bei Rudolf Steiner

September 1902

BRIEF AN WILHELM HÜBBE-SCHLEIDEN Berlin-Friedenau, 16. September 1902

Erstmals gedrnck in: Steiner [1953], Brief Nr. 153 vom 16. September 1902, S. 296-298, Anmerkungen S. 426-427. Belegstelle (einzige): S. 297.

Zitat (Steiner [1953], S. 296-297) ... ich will einstweilen unsere Theosophie dorthin tragen, wo ich Leute zu fin-den glaube, die urteilsfähig sind. Haben wir erst die Verbindung mit der aka-demischen Jugend, dann haben wir viel. Ich möchte bauen, nicht Ruinen aus-flicken. Im Winter hoffe ich dann in der Theosophischen Bibliothek einen Kursus zu halten: «Elementare Theosophie». Außerdem werde ich noch ir­gendwo einen fortlaufenden Kursus halten: «Anthroposophie, oder die Ver­bindung von Moral, Religion und Wissenschaft». Im Bruno-Bund hoffe ich ebenfalls einen Vortrag zu halten über «Brunos Monismus und die Anthropo­sophie». Das ist nur vorläufig Projektiertes. So müssen wir, nach meiner An­sicht, durchdringen.

Anmerkungen: Vom Kurs über «Elementare Theosophie» in der Theosophischen Bibliothek sind weder Nachschriften noch Ankündigungen überliefert. Es handelt sich vermutlich um die am 25. Oktober beginnenden 34 fortlaufenden Vorträge über das Gesamtgebiet der Theosophie, die bis zum Juni 1903 fortgesetz wurden. Von den Vorträgen über «Anthroposophie, oder die Verbindung von Moral, Religion und Wissen­schaft» wurden keine Nachschriften und keine Ankündigungen aufgefunden. Ob sie in der projektier­ten Form tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht gesichert. Es könnte sich um das am 11. November beginnende «Theosophische Konservatorium» (in zwei Gruppen A und B) gehandelt haben, das in insgesamt 83 Veranstaltungen bis zum 10. Oktober 1903 dauerte. Der Vortrag über «Brunos Monismus und die Anthroposophie» fand am 8. Oktober statt unter dem Titel «Theosophie und Monismus» (siehe unten).

Oktober 1902

V O N ZARATHUSTRA BIS NIETZSCHE. Entwickelungsgeschichte der Mensch­heit an der Hand der Weltanschauungen von den ältesten orientalischen Zeiten bis zur Gegenwart, eine Anthroposophie

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Aus dem Brief Rudolf Steiners an Hübbe-Schleiden vom 16. September 1902

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Vortragszyklus von 27 Vorträgen vom 6. Oktober 1902 bis 6. April 1903 im Kreis der «Kommenden» in Berlin Erster Vortrag 6. Oktober, Zweiter Vortrag 13. Oktober, Dritter Vortrag 20. Okto­ber 1902

Belegstelle (einzige): Titel. Anmerkung: Keine Nachschrift und keine Ankündigungen mit diesem Titel auffindbar. Es ist deshalb dokumentarisch nicht gesichert, ob der Untertitel des Vortragszyklus das Wort «Anthroposophie» enthalten hat oder nicht. Literatur: Steiner [3.2.1913], [11.6.1923], [1925] Kap. XXX; Schmidt [1978]; Schneider [1998].

Zitat (Steiner [3.2.1913], S. 59-60) Als wir im Jahre 1902 [18. bis 21. Oktober] die «Deutsche Sektion der Theo-sophischen Gesellschaft» begründeten, da war, wie gewiß die Mehrzahl der hier versammelten Freunde weiß, anwesend bei dieser Begründung Frau Annie Besant und andere Persönlichkeiten, die schon längere Zeit Mitglieder der Theosophischen Gesellschaft gewesen sind. Während wir die konstituierenden Arbeiten und die Vorträge hatten, mußte ich zu einem besonderen Vortrage während kurzer Zeit damals abwesend sein, zu einem Vortrage innerhalb eines Vortragszyklus, den ich damals - das ist jetzt über zehn Jahre her - in einem Kreise zu halten hatte, der keineswegs der theosophischen Bewegung angehör­te, und von dem der weitaus größte Teil sich auch nicht der Theosophischen Gesellschaft angeschlossen hat. Ich hatte also neben dem, was zur Begründung der Theosophischen Gesellschaft in Deutschland damals geschah, gerade in jenen Tagen noch einen Vortrag zu halten, ich möchte sagen abseits, in einem Kreise, der zum größten Teil außerhalb der theosophischen Bewegung geblie-ben ist. Und ich habe, weil es eine Art Beginn jenes Vortragszyklus war, zur Charakteristik dessen, was ich in jenem Vortragszyklus geben wollte, ein Wort gebraucht, welches mir das, was ich zumal in jenen Vorträgen zu sagen hatte, nach den ganzen Verhältnissen und der Bildung des gegenwärtigen Lebens, noch besser auszudrücken schien als das Wort «Theosophie»; ich habe, wäh­rend wir die Deutsche Sektion begründeten, in meinem Privatvortrage gesagt, daß ich etwas geben möchte, was man am besten bezeichnen könnte mit dem Worte «Anthroposophie». Das ist etwas, was mir in unserem jetzigen Zeit­punkte ins Gedächtnis kommt, wo wir, so viele, wie wir hier versammelt sind, nun abseits gehen und neben dem, was sich als «Theosophie» - selbstverständ­lich mit Recht - bezeichnet, genötigt sind, für unsere Arbeit einen anderen Namen zu wählen, zunächst als äußeres Wort, das aber prägnant bezeichnen kann, was wir wollen, indem wir eben das Wort «Anthroposphie» wählen.

Zitat (Steiner [11.6.1923], S. 44) Als diese deusche Sektion [der Theosophischen Gesellschaft] begründet wur­de, hielt ich einen Vortragszyklus, bei dem, ich glaube, nur zwei oder drei

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Theosophen dabei waren, sonst im wesentlichen das Publikum, das in dem Kreise war, wo ich auch gesprochen habe über «Von Buddha zu Christus» [24 Vorträge vom Oktober 1901 bis März 1902]. Dieser Kreis hieß «Die Kommen­den». [...]

Also dieser Vortragszyklus trug zunächst seinen ausführlichen Titel: «Ent-wickelungsgeschichte der Menschheit an der Hand der Weltanschauungen von den ältesten orientalischen Zeiten bis zur Gegenwart, oder Anthroposophie». Dieser Vortragszyklus - das muß ich immer erwähnen - ist gleichzeitig gehal­ten worden von mir, als die deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft gegründet worden ist. Ich ging sogar fort aus der Versammlung, und während die anderen weiter konferierten und sich weiter unterhielten über Theosophie, hielt ich meinen Vortragszyklus über Anthroposophie.

Zitat (Steiner [1925], S. 394) Niemand blieb im Unklaren darüber^ daß ich in der Theosophischen Gesell­schaft nur die Ergebnisse meines eigenen forschenden Schauens vorbringen werden. Denn ich sprach es bei jeder in Betracht kommenden Gelegenheit aus. Uns als ich in Berlin im Beisein von Annie Besant die «Deutsche Sektion der Theosophischen Gesellschaft» begründet und ich zu deren General-Sekretär gewählt wurde, da mußte ich von den Gründungssitzungen weggehen, weil ich einen der Vorträge vor einem mcht-theosophischen Publikum zu halten hatte, in denen ich den geistigen Werdegang der Menschheit behandelte, und bei denen ich im Titel: «Eine Anthroposophie» ausdrücklich hinzugefügt hatte. Auch Annie Besant wußte, daß ich, was ich über Geistwelt zu sagen hatte, damals unter diesem Titel in Vorträgen vorbrachte.

MONISMUS UND THEOSOPHIE. Positives und Kritisches Vortrag vom 8. Oktober in Berlin im «Giordano Bruno-Bund für einheitliche Welt­anschauung»

Referat abgedruckt in: Rudolf Steiner, Über Philosophie, Geschichte und Literatur. Darstellungen an der «Arbeiterbildungsschule» und der «Freien Hochschule» in Berlin. Dornach, Rudolf Steiner Verlag 1983, S. 311-316, Diskussion, S. 316-319. Anmerkung: Der Ausdruck «Anthroposophie» kommt hier nicht vor. Wie der oben angeführte Brief an Hübbe-Schleiden zeigt, gab Steiner diesem Vortrag ursprünglich jedoch den Arbeitstitel «Brunos Monismus und die Anthroposophie». Literatur: Steiner [1953], Briefe Nr. 158 und 159 vom 11. und 13. Oktober 1902, S. 308-311; Kugler [1983].

Zitat (Steiner [1916], S. 218; Fortsetzung des Zitats, das weiter unten im «Epilog» abgedruckt ist) Auf diese Aussprüche I. H. Fichtes (die mir Ausdruck einer neuzeitlichen Gei-

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stesströmung schienen, nicht bloß eines einzelnen Meinung) wies ich in einem Vortrage hin, den ich 1902 im Giordano Bruno-Bund hielt; damals, als der Anfang gemacht wurde mit dem, was gegenwärtig als anthroposophische Vor­stellungsart sich darstellt. Man sieht daraus, daß eine Erweiterung des neuzeit­lichen Weltanschauungsstrebens zu einer wahrhaften Betrachtung der geisti­gen Wirklichkeit ins Auge gefaßt war. Nicht ein Herausholen irgend welcher Anschauungen aus den Veröffentlichungen, die man damals «theosophische» nannte (auch gegenwärtig so nennt), ward angestrebt, sondern eine Fortset­zung des Strebens, das bei den neueren Philosophen seinen Anfang genommen, aber bei diesen im Begrifflichen stecken geblieben war, und dadurch den Zu­gang in die wirkliche geistige Welt nicht erreicht hat.

Züat (Steiner [20.6.1916], S. 79, bezugnehmend auf seine oben zitierten Ausführun­gen in [1916], die teilweise vorgelesen wurden) Da führe ich an, wie ich, bevor die Deutsche Sektion der Theosophical Society begründet worden ist, in Berlin einen Vortrag gehalten habe, in dem ich nicht aus Blavatsky und Besant, sondern aus dem neueren Geistesleben heraus, das unabhängig ist von Blavatsky und Besant, im Giordano Bruno-Bunde in An­knüpfung an Goethe dieser Bewegung den Ausgangspunkt geben wollte. Und da wagen es heute Leute, zu sagen, daß der Name «Anthroposophie» bloß erfunden worden wäre, als wir uns, wie sie sagen, trennen wollten von der Theosophischen Gesellschaft.

Zitat (Steiner [20.6.1916], S. 80-81, bezugnehmend auf den obigen Brief an Wilhelm Hübbe-Schleiden, der auszugsweise vorgelesen wurde) Im Oktober 1902 ist die Deutsche Sektion erst begründet worden [18. bis 21. Oktober]. Dieser Brief ist vom 16. September 1902. [...] Hier haben Sie das Dokument, meine lieben Freunde, das Ihnen beweisen kann, daß die Dinge nicht bloß hinterher behauptet werden, sondern daß sie wirklich so geschehen sind.

Zitat (Steiner [1925], S. 387, rückblickend auf seinen Vortrag vom 8. Oktober 1902) Trotz alledem konnte ich später im Giordano-Bruno Bund meinen grundle­genden anthroposophischen Vortrag halten, der der Ausgangspunkt meiner anthroposophischen Tätigkeit geworden ist.

1911/1912

Zitat (Steiner [1916], S. 176-177]) «Anthroposophie» ist keineswegs ein neuer Name. Als es sich vor einer An-

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zahl von Jahren darum handelte, unserer Sache einen Namen zu geben, da ver­fiel ich auf einen solchen, der mir Üeb geworden war, deshalb, weil ein Philo­sophie-Professor, dessen Vorträge ich in meiner Jugendzeit gehört habe, Ro­bert Zimmermann, sein Hauptwerk «Anthroposophie» genannt hat. Das war in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts. Übrigens führt der Name An-throposophie weiter zurück in der Literatur. Man braucht ihn auch schon im 18. Jahrhundert; ja auch früher. Der Name ist also alt; wir wenden ihn für Neues an. Uns soll der Name nicht bedeuten «Wissen vom Menschen». Das ist die ausdrückliche Absicht derjenigen, die den Namen gegeben haben. Unserer Wissenschaft selbst führt uns zu der Überzeugung, daß innerhalb des Sinnes­menschen ein Geistesmensch lebt, ein innerer Mensch, gewissermaßen ein zweiter Mensch.

Während nun dasjenige, was der Mensch durch seine Sinne und durch den an die Sinnesbeobachtung sich haltenden Verstand über die Welt wissen kann, «Anthropologie» genannt werden kann, soll dasjenige, was der innere Mensch, der Geistesmensch wissen kann, «Anthroposophie» genannt werden.

Anthroposophie ist also Wissen des Geistesmenschen; und es erstreckt sich dieses Wissen nicht bloß über den Menschen, sondern es ist ein Wissen von allem, was in der geistigen Welt der Geistesmensch so wahrnehmen kann, wie der Sinnesmensch in der Welt das Sinnliche wahrnimmt. Weil dieser andere Mensch, dieser innere Mensch, der Geistesmensch ist, so kann man dasjenige, was er als Wissen erlangt, auch «Geisteswissenschaft» nennen. Und der Name Geisteswissenschaft ist noch weniger neu als der Name Anthroposophie.

April 1912

Zitat (Schad [1981], S. 23] In einem mündlichen Gespräch [mit Michael Schad] erzählte Friedmann kurz vor seinem Tode, daß Steiner ihn damals in Helsinki [zwischen dem 3. und 14. April 1912] gefragt habe, ob er den Namen «Anthroposophie» für die Konsti­tuierung der Anthroposophischen Gesellschaft frei verwenden könne oder ob das Wort durch früheren Gebrauch in der Wissenschaftsgeschichte festgelegt sei. Er, Friedmann, habe ihm geantwortet: Der Gebrauch des Wortes sei bisher nicht eindeutig besetzt, dem Volumen nach nur gering behandelt und vom ju-ristischen und allgemein wissenschaftlichen Standpunkt somit keineswegs fest-geschrieben, sondern auch für einen neuen Inhalt gut zu verwenden.

Literatur. Friedmann [1950]; Schad [1981]. Anmerkung; Siehe den Eintrag unter 1912 im vorangehenden Abschnitt über «Anthroposophie vor Steiner».

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Dezember 1912

BETRACHTUNGEN ÜBER DEN WEIHNACHTSABEND: DIE GEBURT DES ERDENLICHTES AUS DER FINSTERNIS DER WEIHENACHT Vortrag vom 24. Dezember 1912, Berlin

Abgedruckt in: Rudolf Steiner, Erfahrungen des Übersinnlichen. Die drei Wege der Seele zu Christus. Dornach, Rudolf Steiner Verlag 1994 (GA 143), S. 215-232. Belegstelle: S. 215 Literatur. Marie Steiner [1981].

Zitat (Steiner [24.12.1912], S. 215)

Was sollte denn auch in einem schöneren Sinne geeignet sein, uns am heutigen Abend zu vereinigen in der Atmosphäre, in der geistigen Luft von gegenseiti­ger Liebe und von unsere Herzen durchziehendem Frieden, als eine der Erfor­schung des Geistigen dienende Bewegung? Und auch insofern dürfen wir es als ein gutes Geschick bezeichnen, daß wir gerade in diesem Jahre an diesem Abend vereinigt sein können und dieses Fest durch eine kleine Betrachtung unseren Herzen naheführen können, aus dem Grunde dürfen wir es noch, da wir in diesem Jahre selber vor der Geburt desjenigen stehen, das uns, wenn wir es in der richtigen Weise verstehen, gar sehr am Herzen liegen muß: vor der Geburt unserer Anthroposophischen Gesellschaft.

GRÜNDUNG DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT 28. Dezember 1912

Zitat (Marie Steiner [1981], S. 48) Nachdem auf das Telegramm vom 11. Dezember des Vorstandes der deutschen Sektion an den General Council in Adyar für die 37. Convention der Theoso-phical Society, daß die Präsidentin Annie Besant, die unausgesetzt gegen den obersten Grundsatz der T. S. verstoße und die Präsidialgewalt mißbrauche, resignieren möge, die Antwort kam: die Präsidentin betrachte die deutsche Sektion nicht mehr als der T. S. angehörig, wurde am 28. Dezember in Köln, vor Beginn des Vortragszyklus «Die Bhagavad Gita und die Paulusbriefe» [GA 142] ohne Feierlichkeit durch Aufnahme der ca. 300 Teilnehmer die «Anthro-posophische Gesellschaft» gegründet.

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Februar 1913

KONSTITUIERUNGSVERSAMMLUNG DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT 3. Februar 1913

Literatur: Marie Steiner [1981], S. 49-53; «Mitteilungen für die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft (theosophischen Gesellschaft)», Cöln, März 1913, No. I, Erster Teil.

Zitat (Marie Steiner [1981], S. 49) Am 2. und 3. Januar finden in Köln öffentliche Vorträge Rudolf Steiners statt, erstmals angekündigt als veranstaltet von der «Anthroposophischen Gesell­schaft». [...] Am 3. Februar findet die 1. General- respektive Konstituierungs­versammlung der Anthroposophischen Gesellschaft statt.

DAS WESEN DER ANTHROPOSOPHIE Vortrag vom 3. Februar 1913

Abgedruckt in: Rudolf Steiner, Das Wesen der Anthroposophie, Dornach: Rudolf Steiner Verlag 1998, S. 59-78.

Zitat (Steiner [3.2.1913], S. 60-61)

Wenn wir, vor allen Dingen durch unsere geistige Betrachtung, ein wenig Ein-sieht genommen haben in den inneren, spiLelfen Zusammenhang der ,Lge , der oftmals doch eine Notwendigkeit enthält, auch wenn man im äußeren Betrachten bloß einen «Zufall» annimmt, so darf heute vielleicht das Gefühl, ohne irgend welchen beabsichtigen Zusammenhang zu konstruieren, zurück­schweifen zu jenem Gang, den ich damals machen mußte, heraus aus den Be-gründungsaktionen der Deutschen Sektion, zu meinem anthroposophischen Vortrag - ganz besonders heute, wo wir die «Anthroposophische Gesell­schaft» vor uns haben als abseits gehende Bewegung von der Theosophischen Gesellschaft. Bei alledem wird in Bezug auf das, was seit jener Zeit den Geist unseres Arbeitens gebildet hat, eine Änderung nicht eintreten. Unsere Arbeit wird in demselben Geiste fortschreiten, denn wir haben es nicht mit einer Sachänderung, sondern nur mit einer für uns notwendig gewordenen Namens­änderung zu tun. Aber vielleicht ist der Name dennoch ein wenig auf unsere Sache passend, und es kann das Zurückschweifen des Gefühls zu der vor zehn Jahren geschehenen Tatsache darauf aufmerksam machen, daß der neue Name vielleicht doch ganz gut zu uns gehört. Der Geist unserer Arbeit - er wird derselbe bleiben.

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Epilog

Zitat (Steiner [1916], Nachwort, S. 215-217) So wenig nun eine Geisteswissenschaft mit solchen Zielen mit älteren Weltan­schauungsrichtungen, wie der Gnosis und ähnlichem, verwechselt werden darf, so ist doch die Tatsache vorhanden, daß im Laufe der neueren Zeit deut­lich das Bestreben auftritt, zu ihr zu kommen, daß sie nicht also wie ein will­kürlich Ersonnenes in der Gegenwart auftritt, sondern wie eine Erfüllung von Hoffnungen, die im geistigen Entwicklungsprozeß des Abendlandes zu be­merken sind. Um dies zu belegen, ließe sich vieles anführen. Es sollen hier aber nur zwei Beispiele gebracht werden, welche zeigen, daß «Anthroposophie» etwas ist, woran seit lange gedacht wird. Troxier, ein viel zu wenig gewürdigter Denker aus der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts, gab 1835 «Vorle­sungen über Philosophie» heraus. Darin findet sich der Satz: [... siehe das Zitat (1835, S. 101-102)]. Und was er über diese seine Idee einer Anthroposophie vorbringt, ist bei Troxier angeschlossen an Sätze, die deutlich zeigen, wie er der Annahme von Wesensgliedern der Menschennatur über den physischen Leib hinaus nahe steht. Sagt er doch: «Schon früher haben die Philosophen einen feinen, hehren Seelleib unterschieden von dem gröberen Körper, oder in diesen eine Art von Hülle des Geistes angenommen, eine Seele, die ein Bild des Leibes an sich habe, das sie Schema nannten, und das ihnen der innere höhere Mensch war.» Der Zusammenhang, in dem diese Worte bei Troxier stehen, und dessen ganze Weltanschauung bezeugen, daß man bei ihm Bestrebungen sehen darf, die sich durch eine Geisteswissenschaft im Sinne dieser Schriften erfüllen las­sen. Nur weil Troxier nicht in der Lage ist, zu erkennen, daß Anthroposophie nur möglich ist durch Entwicklung von Seelenfähigkeiten in der Richtung, wie diese Schrift dies andeutet, fällt er mit seinen eigenen Anschauungen in Ge­sichtspunkte zurück, die gegenüber dem von J. G. Fichte, Schelling, Hegel errungenen nicht ein Fortschritt, sondern eine Rückschritt sind. (Vgl. mein Buch: «Die Rätsel der Philosophie».) - Bei I. H. Fichte, dem Sohne des großen Philosophen [...] findet man die Sätze: [... siehe das Zitat (1860, S. 608-609)]. Daß auch I. H. Fichte mit seiner eigenen Weltanschauung nicht zu einer An­throposophie kam, sondern hinter J. G. Fichte, Schelling und Hegel zurück-ging: dafür bestehen dieselben Gründe wie bei Troxier. - Hier zunächst nur diese beiden Beispiele für eine Fülle geistesgeschichtlicher Tatsachen, die er­bracht werden können zum Beweise dafür, daß die in dieser Schrift gekenn­zeichnete anthroposophische Geisteswissenschaft einem seit lange lebenden wissenschaftlichen Streben entspricht.

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Zitat (Steiner [17. 6.1923], S. 149) Also man muß unterscheiden zwischen demjenigen, was als eigentliche Gei­stessubstanz durch die anthroposophische Bewegung geflossen ist, und demje­nigen, was zunächst aus den Zeitverhältnissen heraus die Ausdrucksform sein mußte. Daß auf diesem Gebiete Irrtümer entstehen können, das rührt nur da­von her, daß die Menschen in der Gegenwart so wenig geneigt sind, von der äußeren Ausdrucksform aus zurückzugehen, zu dem, was eigentlich das We­sen der Sache ist. Anthroposophie führt in gerader Linie zurück zu demjeni-gen, was, allerdings auf philosophische Art, angeschlagen ist in meiner «Philo-sophie der Freiheit», was angeschlagen ist in meinen Goetheschriften der acht­ziger Jahre. Wenn Sie das nehmen, was dort in diesen Goetheschriften und in der «Philosophie der Freiheit» als Hauptsächlichstes angeschlagen ist, so ist es dies, daß der Mensch im Innersten seines Wesens in Verbindung ist mit einer geistigen Welt, daß er also dann, wenn er nur tief genug in sein eigenes Wesen zurücksieht, auf etwas kommt in seinem Innern, zu dem die gebräuchliche, die damals und heute noch gebräuchliche Naturwissenschaft nicht vordringen kann, das nur betrachtet werden darf als unmittelbares Glied einer geistigen Weltordnung.

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DEM SPRACHGEIST AUF DER SPUR

Das Wort «Anthropos»

Christoph Rau

Zu dem griechischen Namen des Menschen gibt es verschiedene Deutungen. Das Griechisch-deutsche Wörterbuch von Menge (Berlin 1906) nennt als Bestandteile dcvfjp (Genetiv cevöpög) = «Mann» und Gö\|> = «Gesicht»; demnach bedeute Anthropos soviel wie Mannsgesicht. Ausführlicher geht W. Pape in seinem Griechisch-deut­schen Handwörterbuch (Braunschweig 1888) auf die etymologische Herkunft ein, indem er Piatons Deutung (s. u.) erwähnt, aber einschränkend meint: «richtiger nicht als Zusammensetzung, vielleicht als Ableitung von dem Stamme AN®. ävBog. ÖCV8Eü) zu betrachten ...»

Andere leiten den vorderen Wortteil her von griechisch ana = hinauf, woraus sich als Sinn ergäbe: «der sein Gesicht Hinaufwendende»; doch ist damit dem Wort viel Gewalt angetan. Eher leuchtet jene Deutung ein, welche von der Fähigkeit des Men­schen, die Dinge zusammenzuschauen, abgeleitet wird. Piaton legt sie in seinem Ety­mologie-Dialog «Kratylos» dem Sokrates in den Mund: «Dieser Name <Mensch> bedeutet, daß die anderen Tiere von dem, was sie sehen, nichts betrachten noch ver­gleichen oder eigentlich anschauen, der Mensch aber, sobald er gesehen hat, auch zusammenstellt und anschaut. Daher wird unter allen Tieren der Mensch allein Mensch genannt, weil er zusammenschaut, was er gesehen hat» (nach der Überset­zung von Schleiermacher). Im Griechischen steht für zusammenschauen das Wort avaSpeto. Da wären also nur einige Buchstaben ausgefallen. Es ist außerordentlich bemerkenswert, daß der Übersetzer das Wort, dessen gewöhnliche Bedeutung «ge­nau betrachten» ist, hier als «zusammenschauen» versteht und damit eine wesent­liche Eigenschaft des Menschen kennzeichnet, die durch Goethes Art der Welt­betrachtung zum unverzichtbaren Bestandteil der nach goetheanistischer Methode arbeitenden Wissenschaften erhoben wurde: der Mensch fügt durch seine Denktätig­keit zum Gesehenen die Idee, er findet im Reich der Ideen den passenden Begriff, er schaut also Begriff und Erscheinung zusammen und fügt so der Welt ein wesent­liches Element hinzu, er macht sie erst zu einem vollständigen Ganzen, denn allein der Mensch ist fähig, diese Ergänzung zu erschaffen. Oder sollte Schleiermacher etwa darum das Wort zusammenschauen gewählt haben, weil darin - wenn man die Silbenteilung nicht berücksichtigt - auf eigenartige Weise das Wort «Mensch» ent­halten ist: zusam-mensch-aut?

Piatons Deutung wird freilich einer genauen etymologischen Untersuchung nicht gerecht, erscheint zu kurz gegriffen, da sie den zweiten Bestandteil des Wortes An­thropos nicht berücksichtigt. Wenn der erste Wortteil bereits den Begriff des Sehens mit einschließt, warum sollte dann durch den zweiten Teil das Sehen noch einmal betont werden, genügte die Benennung des Zusammenschauens nicht? Außerdem wird der Genetivcharakter des zweiten Wurzelwortes nicht berücksichtigt: ist denn

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ein Zusammenschauen des Gesichtes gemeint und nicht vielmehr eine Zusammen­schau des Gesehenen? -opos (griech. -witog) ist unleugbar der Genetiv des Sehorgans oder Sehsinnes (nomin. (Dtp, ops), nicht aber des gesehenen Objektes. Darum muß eine andere Deutung gesucht werden, welche dem Sachverhalt besser entspricht und dem Wort keine Gewalt antut.

Legt man - der Anregung W. Papes folgend - dem vorderen Teil das Wort ävBOQ zugrunde, so bleibt der Genetiv des anderen Teiles unversehrt erhalten: Blüte bzw. Krönung des Gesichts.

Ohne auf diese etymologische Ableitung anzuspielen, umschreibt Rudolf Steiner einmal den Begriff des Menschen mit den gleichen Ausdrücken: Jehova ließ es sich angelegen sein, den Menschen so auf die Erde zu stellen, daß der Mensch in seiner wahren Wesenheit die höchste Blüte, die Krone der Erdenschöpfung ist. (Vonrag vom 31. Dezember 1913, enthalten in «Christus und die geistige Welt», GA 149, Dornach 1977, S. 69).

Es ist eine merkwürdige Übereinstimmung, die nicht auf philologischer Konse­quenz beruht, sondern in beiden Fällen aus der Wesensbetrachtung des Begriffes Mensch gewonnen ist. Obwohl im Zusammenhang des zitierten Satzes von der he­bräischen Weltanschauung die Rede ist und nicht von der griechischen, so entspricht Rudolf Steiners Beschreibung ebensogut der griechischen Auffassung vom Men­schen, galt doch dem Griechen das Auge als das wichtigste Organ, darf man doch mit gutem Gewissen die griechischen Künstler als Augenmenschen ansprechen. So ist gerade für den Griechen der Begriff des Menschen gleichlautend mit seinem Vermö­gen des besten Sehens, zugleich des besten Aussehens: unter allen Lebewesen zeich­net sich das Menschenantlitz durch besondere Schönheit und Harmonie aus, es ist -verglichen mit den Physiognomien der Tiere - wirklich eine Krönung, eine Höchst­leistung der übersinnlich-sinnlichen Schöpfermächte.

Gleichwohl wird mit all den bisher erwähnten Deutungen nicht die Herkunft des verbindenden R-Lautes in der Mitte des Wortes Anthropos erklärt. Es gibt jedoch im Griechischen ein Wort, welches - etymologisch womöglich mit anthos verwandt - dieses R enthält und den Sinn des Wortes Anthropos in der eingeschlagenen Rich­tung noch weiter verdeutlicht. Das ist das Wort anthrax (öTv0pa£,) = Kohle, wobei ursprünglich offenbar an die glühende Kohle gedacht ist, denn mit dem gleichen Wort werden auch die dunkelroten Edelsteine Karfunkel und Rubin bezeichnet, es wird sogar allgemein für die Farbe Zinnober gebraucht. Sollte womöglich durch die Wahl eines Ausdruckes gleichsam zwischen anthos und anthrax auf die Glut des Menschenauges hingewiesen werden? Dann hätte dem sprachbildenden Geist bei der Wahl des Wortes Anthropos das Feuer des Blickes, die Glut des Auges gleichsam «die Zunge geführt». Doch gleichviel, ob das Rho zu dem ersten Wurzel wort selbst gehört oder nur als Verbindungslaut zwischen die Bestandteile Anthos = Blüte und opos = des Gesichts eingefügt worden ist, dieses R beschwingt das ganze Wort von der Mitte her auf höchst lebendige Weise.

Mehrere Möglichkeiten sind denkbar, wenn man dem Wort Anthropos von der Sprache und vom Begriff her nahezukommen sucht.

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«ANTHROPOSOPHIE»

Eine philosophiegeschichtliche Betrachtung

Jaap Sijmons

Der Verwendung des Wortes «Anthroposophie» durch Friedrich Wilhelm von Schelling (1775-1854) und Robert Zimmermann (1824-1898) liegen, obwohl der philosophische Bezug auf den Menschen ein gemeinsames Element aus­macht, unterschiedliche Denkansätze zugrunde. Diese führen, wie später ge­zeigt wird, jedoch zu einem signifikanten Bedeutungsgegensatz. Das Wort «Anthroposophie» hat durch Rudolf Steiner im Rahmen seiner Philosophie und Geisteswissensschaft eine neue Sinngebung erhalten, die erst nach und nach - gegen manche Widerstände - ihren Platz im Bewußtsein heutiger Kul­turschaffender findet. Wir werden im folgenden der Frage nachgehen, wie sich dieser neue Sinn zum früheren Wortgebrauch verhält. Es wird sich dabei her­ausstellen, daß beide Pole des genannten Bedeutungsgegensatzes ihre geistigen Wurzeln in der Platonischen Philosophie haben und in den neuen Sinn aufge­nommen sind. Dies wirft auch einiges Licht auf die geschichtliche Vorausset­zung und die Entwicklung der Anthroposophie.

Schelling und Steiner

Bis heute ist der Zusammenhang zwischen Schelling und Steiner eher aphori-stisch, also nicht systematisch, untersucht worden.; Wir werden zum Zweck unseres eigentlichen Zieles nur einige Punkte aus dieser Beziehung hervorhe-ben. Die Themen beziehen sich aber alle auf Kernstücke der Schellingschen Philosophie: die Ideenlehre als Folge seiner Identitätsphilosophie, seine Philo­sophie der Mythologie, seine Philosophie der Kunst und seine Naturphiloso­phie. Der neue Begriff einer Anthroposophie entwickelt sich aus dem Ganzen des Schellingschen Denkens heraus.

1 In den letzten Jahrzehnten gibt es eine gewisse Hausse in der Schelling-Forschung, u.a. angeregt durch die neue historisch-kritische Ausgabe seiner Werke von der Bayrischen Akademie der Wis­senschaften. Vgl. dazu Walter Ehrhardt, Also muß auf Schelling zurückgegangen werden, in: Phi­losophische Rundschau, 42. Jg. Nr 1, S. 1-10, und Nr. 3, S. 225-233. Schillings «Anthroposophie» wurde, soweit mir bekannt, noch nicht systematisch untersucht. Robert Goebel beschränkt sich in seiner Studie Schelling, Künder einer neuen Epoche des Christentums (Verlag Urachhaus, Stuttgart o.J.) aus anthroposophischer Sicht auf einige allgemeine Bemerkungen zu diesem Thema.

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Steiner hat sich in «verhältnismäßiger Jugend» intensiv beschäftigt mit Schellings Platonischem Bruno oder über das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge (1802).2 In seinem Buch Die Rätsel der Philosophie nennt er Schel­ling «den kühnsten und mutigsten» der Idealisten, denn er hat aufs energisch­ste gedacht und «den Mut zum konsequentesten Anthropomorphismus ge­habt»3. Nicht nur das Denken, sondern das ganze Geist-Innenleben versucht Schelling zur Erklärung seines Weltbildes anzuwenden. Steiners Anthroposo­phie will ebenfalls die Welt durch den Menschen enträtseln4. Schelling wagt es in seiner Freiheitsschrift (1809),5über die abstrakte Vernunft hinauszugehen und Gott nicht nur als absolute Vernunft, sondern auch als Wille, als «Ur­grund» (Jakob Böhme) zu denken. Diese Schrift Schellings6 liebte Steiner besonders: «Es gehört zu den herrlichsten Beobachtungen, die man in der Weltliteratur machen kann, Jakob Böhmes elementarische Gemütsanschau­ung durch die philosophische Sprache in Schellings Abhandlung Über das Wesen der menschlichen Freiheit leuchten zu sehen.»7 Darüber hinaus würdigt er besonders die spirituelle Kraft, die «geistige Inspiration» Schellings.8

Man kann aber auch detaillierte Übereinstimmungen feststellen. Schelling, der «deutsche Plato» (Bachmann), hat, nachdem Kant die Platonischen Ideen nur zum «regulativen Gebrauch» bestimmt hatte, die Ideenlehre philoso­phisch erneuert. Für Schelling - und ähnlich auch für Steiner - ist die Idee nicht ein Kantischer «focus imaginarius» der Erscheinungen, sondern sie ist das ewige Sein der Dinge und somit ideal und real zugleich. Die Ideen ma­chen für Schelling die Fülle des Absoluten aus, durch die wir das Besondere im Absoluten in einer intellektuellen Anschauung erkennen. Daher sind sie

2 Vielleicht in der selben Zeit (um 1890), also am Ende seiner Wiener Jahre, als er sich mit Heinrich von Steins Sieben Bücher zur Geschichte des Piatonismus auseinandersetzte (3 Bde., Göttingen 1862,1864 und 1875). Siehe R. Steiner, Mein Lebensgang, GA 28, S. 141.

3 Rudolf Steiner, Die Rätsel der Philosophie, GA 18, S. 228/229. 4 Am Ende seines vierten Lebensjahrzehnts sagte sich Rudolf Steinen «Die ganze Welt, außer dem

Menschen, ist ein Rätsel, das eigentliche Welträtsel; und der Mensch ist selbst die Lösung.» (Mein Lebensgang, GA 28, Kap. XXII).

5 Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit. 6 Diese Schrift gelangte allmählich in das Zentrum der Schelling-Interpretation. Siehe Schellings Weg

zur Freiheitsschrift. Legende und Wirklichkeit, hrsg. von Hans M. Baumgartner und Wilhelm G. Jacobs, Stuttgart 1996.

7 Rudolf Steiner, Vom Menschenrätsel, GA 20, S. 43. Siehe auch den Vortrag vom 8. Dezember 1918 in Die soziale Grundforderung unserer Zeit In geänderter Zeitlage, GA 186, S. 148: «Es gibt schließlich nichts Schöneres als dasjenige, was ausgestaltet ist durch den Goetheanismus, durch Novalis, durch Schelling, durch alle diese Geister, die eigentlich Künstler sind in Gedanken.»

8 Siehe den Vortrag vom 11. Juni 1923 in Die Geschichte und die Bedingungen der anthroposophi-schen Bewegung im Verhältnis zur Anthroposophischen Gesellschaft, GA 258, S. 47-49 sowie den Vortrag vom 16. September 1924, in Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge, GA 238, S. 98/99.

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nicht imaginäre und subjektive Gebilde wie bei Kant, sondern «selige Wesen, welche einige die ersten Geschöpfe nennen, die in dem unmittelbaren Anblik-ke Gottes leben, von denen wir aber richtiger sagen werden, daß sie selbst Götter sind, denn jede ist für sich absolut, und doch jede begriffen in der absoluten Form».9 Schelling behauptet damit die Existenz einer Welt von Engelwesen - seit Dionysios Areopagita in der christlichen Tradition auch die geistigen Hierarchien genannt - wie Steiner sie in seinen geisteswissenschaft­lichen Vorträgen eingehend geschildert hat.

In Schellings Philosophie lebt ferner der platonische Reinkarnationsgedan-ke wieder auf, ähnlich wie bei Lessing, Goethe, Schiller und Novalis.« Sogar Kant hat die Möglichkeit der Wiedergeburt ernstgenommen.11 Schopenhauer, der zugleich Kalt und Plato zugeneigt war, hielt die «Metempsychose» für einen überzeugenden und notwendigen Gedanken.1'

In seinem Werk Philosophie und Religion (1804) trägt Schelling die Wie­dergeburt der Seele, die «Palingenese», als seine eigene Ansicht vor. Die Seele wird nach Schelling immer aufs neue mit einem Scheinbild der Endlichkeit behaftet. So lebt sie in der Natur, in dem «verworrenen Scheinbild gefallener Geister». Die Seele unterliegt dem Reinkarnationsprinzip so lange, bis sie endlich «unmittelbar in das Geflecht der Ideen zurückkehrt.»13 Schelling ver­mutet, daß diese platonische Anschauung der Wiedergeburt der Seele Inhalt der «geheimeren Lehre in den griechischen Mysterien» war. Besonders in den Eleusinischen Mysterien wurde sie symbolisch gefeiert.14 Damit wird sie zum Schlüssel der ganzen Mythologie, denn der griechische Mythos ist für Schel­ling die Synthese von indischem (inneren) und ägyptischem (äußeren) My­thos, und im Eleusinischen Mythos von Demeter und Persephone erreicht jene Lehre ihre höchste Ausgestaltung. Sie ist das wahre Geheimnis der gan­zen griechischen Mythologie.15 Persephone ist deshalb für Schelling die Seele, das anfängliche und unschuldige Urbewußtsein, das den ganzen «mythologi-

9 Sämtliche Werke, hrsg. von K. F. A. Schelling, Stuttgart, Cotta 1856-1861,1. Abt., 4 Bd. (ferner Schelling Werke, SW1/4), S. 405.

10 Siehe dazu: Emil Bock, Wiederholte Erdenleben. Die Wiederverkörperungsidee in der deutschen Geistesgeschichte, Stuttgart 1952, sowie Ernst Benz, Die Reinkamationslehre in Dichtung und Philosophie der deutschen Klassik und Romantik, Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, IX. Jg. 1957, Heft 2; Sonderheft Reinkarnation, hrsg. von Ernst Benz, S. 150-175, sowie Rüdiger Sachau, Westliche Reinkamationsvorstellungen, Gütersloh 1996, S. 77-93.

11 Siehe Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels (1755), Ausgabe der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Bd. I, S. 366.

12 Siehe Die Welt als Wale und Vorstellung, II, 41. Kapitel. 13 SW 1/6, S. 62/63. 14 SW 1/6, S. 39. 15 SW II/2, S. 635 und 666, Philosophie der Mythologie.

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sehen Prozeß» erleidet.16 Ihr Raub durch Hades stellt den Abfall von der Welt des Urbildlichen dar. Die Wiedergeburt wird bildlich im rhythmischen Wechsel Persephones zwischen ihrem Aufenthalt in der Oberwelt und ihrem Aufenthalt in der Unterwelt ausgedrückt. Das wiederhergestellte Bewußtsein aber, das sich der Ideen wieder erinnert, ist nicht mehr Persephone, sondern die mit Selbstbewußtsein begabte letzte Gestalt der Mythologie überhaupt: Athene. Es ist naheliegend, daß Rudolf Steiner sich hierauf bezieht, wenn er von Plato sagt, daß er in literarische Form brachte, was Inhalt und Weisheit der griechischen Mysterien war.17

Piatos Phaidon und Symposion stellen in philosophischer Art die Vorgänge in den Mysterien dar. Und Steiner deutet den eleusinischen Demeter-Mythos auf gleiche Weise wie Schelling. Persephone ist die Seele, die am Vergänglichen haftet, weil sie die Frucht der Unterwelt genossen hat.» Durch Selbsterkennt-nis wird sich die Seele ihrer Herkunft von Demeter bewußt. Sie gewinnt ihre Unsterblichkeit wieder, die bildhaft ausgedrückt wird in der Gestalt des Dio­nysos. Obwohl er Schelling in dem Zusammenhang dieser Deutung nicht, bzw. nur einmal nebenbei erwähnt, hat Steiner sich hier wohl an dessen Gott­heiten von Samothrake (1815) und Philosophie der Mythologie (1842) orien­tiert, weil er sie noch einige Jahre zuvor zur Anregung öfters «in die Hand genommen hatte».19

Schelling und Steiner stimmen weitgehend überein in ihrer Ansicht über das Verhältnis von Heidentum und Christentum, nämlich daß sie «von jeher bei­sammen waren, und dieses aus jenem nur dadurch entstand, daß es die Myste­rien öffentlich machte: ein Satz, der sich historisch durch die meisten Gebräu­che des Christentums, seine symbolischen Handlungen, Abstufungen und Einweihungen durchführen ließe, welche eine offenbare Nachahmung der in den Mysterien herrschenden waren» (Schelling).20

16 SW II/2, S. 154 und 161-163. 17 Rudolf Steiner, Das Christentum als mystische Tatsache, GA 8, S. 63-64. Diesen Gedanken finden

wir schon im Altertum, so z. B. bei dem Neuplatoniker Proklos. Für ihn ist Plato der leitende Hierophant der griechischen Mysterien, der seine Hörer initiiert in die orphischen Mysterien der göttlichen Erkenntnis. (Tbeologia Platonike, Buch I, Kap.l); siehe auch Thomas Taylor, The Theo-logy of Plato, (1816), Thomas Taylor Series, Vol. VIII, S. 51.

18 Nach frühgriechischer Anschauung (Homer und Pindar) sind die Menschen sterblich, weil sie die Frucht der Erde essen. Siehe Hermann Fränkel, Dichtung und Philosophie des frühen Griechen­tums, 3. Aufl., München 1976, S. 59, Anm. 4, und S. 540, Anm.

19 Bezüglich Unsterblichkeit siehe Rudolf Steiner, Das Christentum ab mystische Tatsache, GA 8, S. 94-95. Zu Schellings Philosophie der Mythologie siehe den Vortrag vom 16. September 1924, in Esoterische Betrachtungen hämischer Zusammenhänge, GA 238, S. 100-101.

20 SW 1/6, S. 66. Dies ist auch Thema in Steiners Das Christentum ab mystische Tatsache und die Mysterien des Altertums (1902), GA 8, und in Vortragszyklen über die Evangelien.

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Schellmgs «Anthroposophie»

Es war Schelling, der als erster ein philosophisches Programm einer «Anthro­posophie» skizzierte. Seine Anthroposophie geht hervor aus der philosophi­schen Betrachtung der menschlichen Gestalt in seiner Philosophie der Kunst (1802/03). Schelling teilt die Kunst in bildende (reale) und redende (ideale) Kunst auf. Diese vollendet sich für Schelling im modernen Drama (Shake­speare und Goethes Faust). Jene hat in Schellings Anschauung ihren Höhe­punkt in der Plastik, die als Gegenstand die menschliche Gestalt hat. Die grie­chische Kunst hat hier schon den Gipfel erreicht, namentlich in den Apollo-Statuen.

Die menschliche Gestalt hat für Schelling die symbolische Bedeutung, «ein verkleinertes Bild der Erde und des Universums» und unmittelbarer Aus­druck der Vernunft zu sein.21 Die Grundlage und das Wesentliche des menschlichen Leibes, führt Schelling aus, sind die drei integrierten Systeme, die konzentriert sind in Kopf, Brust und Unterleib. Auf unterschiedliche Art stellt die menschliche Gestalt durch sie die Verbindung von Himmel und Erde dar. Das Haupt bedeutet den Himmel (und die Sonne unter den Plane­ten). Die Brust und das Atmen bezeichnen den Übergang und das Wechsel­verhältnis zwischen Himmel und Erde. Der Unterleib zeigt die im Inneren wirksamen Prozesse von Stoffwechsel, Nahrung und Reproduktion an.22 Der Leib ist also nach Schelling dreigegliedert, und zwar in einer Zuordnung von Systemen und Weltbereichen, wie wir sie bei Steiner systematisch ausgearbei­tet wiederfinden.23

Schelling bezieht sich an dieser Stelle in seiner Philosophie der Kunst auf Piatos Timaios (70c/d), wenn er von der Kühlung des Herzens durch die Lun­ge spricht.24 Auf diese Quelle mag er durch Johann Joachim Winckelmanns Geschichte der Kunst des Altertums (1764) gekommen sein, denn er knüpft sei­ne Betrachtungen über die menschliche Gestalt sichtlich dort an. Winckelmann

21 SW1/5, S. 608-609. 22 SW 1/5, S. 605-606. 23 Vgl. Entsprechungen zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos. Der Mensch ah Hieroglyphe des

Weltenalls, GA 201. Siehe auch Christoph Lindenberg, Rudolf Steiner, eine Biographie, Bd. II, Die Gehurt der Idee der Dreigliederung des menschlichen Organismus, Kap. 36, S. 588-613. Lin­denberg skizziert die systematische Entwicklung des Dreigliederungsgedankens bei Steiner. Er geht auf die historischen Ansätze nicht ein. Obwohl er H. P. Blavatsky nennt, erwähnt er nicht, daß die Dreigliederung des Menschen in Geist, Seele und Leib, <the triune nature of man>, das wichtigste Ergebnis ihres Buches Isis unveiled war (1877, S. 1-309,315-317,11-222-223,283-285, 635). Diese Grundlage der Theosophie findet sich auch in Edouard Schures Les Grands Inities (durch Marie von Sivers ins Deutsche übersetzt). Steiner sagt von dieser Schrift, sie sei «der be­deutsamste Anfang für wahrhaft theosophischen Sinn», GA 129/15f).

24 SW 1/5, S. 606.

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galt zu jener Zeit als der wohl «gelehrteste Kenner» (Schelling) der antiken Kunst; die ganze Schellingsche Darstellung über die Plastik der menschlichen Gestalt fußt auf seinen Schriften.25 In seiner Geschichte der Kunst des Alter­tums fügt Winckelmann im Kapitel über die griechische Kunst eine Betrach­tung über das Wesentliche der Kunst ein. Nach einer allgemeinen Einleitung folgt eine Darstellung der angeblich rekonstruierten griechischen Proportions­lehre der menschlichen Gestalt. Winckelmann behauptet unter anderem, daß der Bau des Körpers beherrscht wird von der Dreizahl.26 Er paraphrasiert hier Plato, der im Timaios sagt, zwei Dinge könnten ohne ein drittes nicht bestehen (31b-32b: daher braucht das Weltall vermittelnde Elemente zwischen Feuer und Erde). Der Körper hat nun nach Winckelmann drei Teile, wie auch wieder die vornehmsten Glieder dreigeteilt sind; er versteht diese Dreiteilung offen­sichtlich nur als Proportionsgesetz. Schelling bildet im Unterschied zu ihm in seiner Darstellung die qualitative Dreiteilung des Timaios nach. Die ewige See­le, sagt Plato, hat als ihren Sitz das runde Haupt, das nach der Himmelssphäre geformt ist (44d). Der übrige Leib ist nur sein Gefährte (44e und 69c). Die sterblichen Teile der Seele sind in der Brust und im Bauch lokalisiert: der bes­sere Teil (thymos - Mut und Ehrgeiz) in der Brust (Herz) und der schlechtere (epithymia - Begierde) im Unterleib unter dem Zwerchfell (69e-70e). So gibt es drei Sitze der Seele im Leibe (87a und 89e). Das Haupt ist mit dem Himmel verwandt und erhebt uns aufrecht über die Erde (90a). Die Tiere sind von den Menschen abgeleitete Wesen (91e-92c). So ist die menschliche Form die ur­sprüngliche gegenüber der tierischen. Daß Schelling seine Gedanken an Piatos Timaios entwickelte,27 geht z. B. aus folgendem Detail hervor: Getreu nach Timaios spricht Schelling über «die Höhlung» des menschlichen Körpers. Die Höhlung soll sowohl die Umwölbung des Himmels bedeuten als auch «den eigentlichen Unterleib, wo der Erdenstoff verzehrt wird». Plato nennt den Sitz des niederen Seelenteiles gleichfalls die «Höhlung des Thorax» (69e-70a), in der es zwei durch eine Zwischenwand (Zwerchfell) geschiedene Räume oder Wohnsitze gibt.2 28

25 Die Erläuterung seiner philosophischen Sätze unternimmt Schelling rein historisch, da bei den Griechen schon alle wesentlichen Kategorien der plastischen Kunst, die der Notwendigkeit, An­mut, und ihre Synthesis in der vollendeten Schönheit, wirklich durchlaufen sind: «ich folge hier ganz den Angaben von Winckelmann, da ich es für ganz unmöglich halte, in den Teilen der Kunst, von welchen er gehandelt hat, höhere Prinzipien erreichen zu wollen». SW1/5, S. 611.

26 Winckelmann, ebd. S. 168. 27 Neuerdings hat Rüdiger Bubner behauptet, Schellings Nachlaß zeige, daß er Plato schon intensiv

studierte, bevor er sich mit Fichte auseinandersetzte (ab 1794), und daß eben der Timaios ihn mo­tivierte, über den subjektiven (transzendentalen) Idealismus hinaus eine Naturphilosophie zu ent­wickeln. Vgl. Bubner, Die Entdeckung Piatons durch Schelling, in: Neue Hefte Philosophie, 35. Bd. (1995), S. 32-55.

28 Die «Bauchhöhle» ist ein geläufiger Ausdruck. «Höhlung» hat hier aber dazu noch die Konnota­tion von Bild der Sternensphäre, des Weltenraumes und der Erdkugel.

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In seinem Würzburger System der gesummten Philosophie und der Naturphi­losophie insbesondere (1894) wiederholt Schelling diese Darstellung der menschlichen Gestalt in dem systematischen Zusammenhang seiner Naturphi­losophie. Die auf rechte Gestalt ist hier für Schelling der Ausdruck dafür, daß das absolute Zentrum in den Menschen eingezogen ist, während die Pflanze wohl zentrifugal von der Erde zur Sonne hinstrebt, dafür aber die Sonne als Zentrum außer sich hat. Das Tier hat, in der Mitte stehend, schon sein Zentrum in sich, aber auf selbstische Art, und neigt sich darum horizontal zur Erde. Der Mensch überwindet die Selbstheit im eigenen Zentrum und gewinnt eine aufrechte, zen­trifugale Orientierung auf «die ganze himmlische Umwölbung».29 Ferner be­stimmt Schelling hier das Verhältnis von Pflanze, Tier und Mensch zu den drei Dimensionen und will zeigen, daß der Mensch der «vollkommenste Kubus» ist, d.h. im Verhältnis zum Oben-Unten, Vorn-Hinten, Rechts-Links am entschie­densten und selbständigsten ausgebildet ist. Der Pflanze fehlt diese differenzier­te Ausgestaltung, sie verharrt gleichsam in der Eindimensionalität, während das Tier in die Zweidimensionalität hingestellt ist. Dagegen haben sich hinten-vorn und oben-unten verwischt.» Der Mensch hat alle Dimensionen völlig ausgebü-det (oben-unten: Haupt-Fuß, vorn-hinten: Sinne und Bewegung,31 rechts-links: Symmetrie). Da der Mensch sich selbst als sich selbst erkennt, lebt er im «Qua­drat der Zeit». Er ist in bezug auf Raum und Zeit ein verkleinertes Bild des Welt­systems, die kleine Welt,32 ein Mikrokosmos.33 Schelling weist nun einer neuen Wissenschaft die Aufgabe zu, diese Prinzipien auszubilden. Die Darstellung des Menschen ab höchster Synthese oder Identität von Pflanze und Tier sowie der Konstruktion seines Organismus «wäre die Sache einer eigenen Wissenschaft, die noch nicht existiert und die eigentlich <Anthroposophie> heißen sollte, etwas ganz anderes, als was man bisher Anthropologie genannt hat.»34 Erst nach vielen Jahren greift Schelling dieses Thema wieder auf. Der beste Verlauf eines der Philosophie gewidmeten Lebens beginnt, seiner späteren Meinung nach, mit Plato und endet mit Aristoteles.35 Als er nach mehr als vierzig Jahren in dem zweiten Buch seines Werkes Philosophische Einleitung in die Philosophie der Mythologie oder Darstellung der reinrationalen Philosophie (1847-1852) noch einmal den ganzen Kreis seiner Naturphilosophie durcharbeitet, wählt er Ari-

29 SW 1/6, S. 488-489. Vgl. auch die Etymologie zum griechischen Wort für Mensch: Anthropos = der zu den Höhen Blickende, vgl. auch Steiner in GA 137/11.

30 Vgl. Timaios 91e-92a. 31 Vgl. Timaios 45a. 32 SW 1/6., S. 491. 33 Dieses von dem antiken Materialisten Demokritos geprägte Wort (DK 68 B 34) hat in der deut­

schen Theosophie von Paracelsus über Fr. Chr. Oetinger, G. Hamann und Fr. von Baader zu Schelling die Bedeutung, daß der Mensch eine zusammengezogene Welt und ihre Teile widerspie­gelt. Vgl. aber schon den Timaios 44d und Leibniz über das Verhältnis von Welt und Monade.

34 SW V 6, S. 488. 35 SW D/1, S. 380.

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stoteles als Führer auf dem Weg, um den Menschen als das universelle Wesen mit «vollendetem Körper» zu verstehen. Gerade hier, in einer prinzipiellen Be­trachtung der Dimensionen am Menschenkörper, «etwas, das bis jetzt in der Philosophie vermißt wird»,36 «wo so viel zu tun übrig, war* es Verschwendung von Zeit und Kraft, was durch einen großen Vorgänger der Wissenschaft ge­wonnen, nicht einfach von ihm anzunehmen».37 Schelling erörtert die Dimen­sionen am menschlichen Körper anhand der vier aristotelischen Ursachen (aitia/ archai). Neben den drei Dimensionen des Raumes ist die Seele die vierte, der Zweck.

Schelling versucht hier also, die 1804 mehr an der Erscheinung entwickelte Darstellung philosophisch zu vertiefen. Gelegentlich bemerkt er bei Einzelfra­gen: «Dies sind Fragen, deren Beantwortung wir der Zukunft überlassen».38 Bis in seine Spätphilosophie hinein wird Schelling den Hinweis auf Neues beibe­halten. Er glaubte wohl nicht daran, dieses Neue noch selbst entwickeln zu können. Als Steiner noch innerhalb der Theosophical Society seine Geisteswis­senschaft ausbildete (bis 1913), war für ihn die «Anthroposophie» nur das erste Hauptstück seiner eigenen Anschauung, die er auch unter dem Namen «Theo-sophie» vertrat.39 Systematisch trägt er eine «Anthroposophie» unter diesem Namen vor im Jahre 1909 (GA115). Die Anthroposophie soll die Mitte halten zwischen Theosophie, die vom geistigen Wesen des Menschen redet, und An­thropologie, die sich auf einzelne Sinnestatsachen beschränkt und diese mecha­nistisch zu erklären sucht.40 Anthroposophie sollte dagegen den konkreten Menschen, ausgehend vom Weltganzen, aus dem heraus der Mensch entstanden ist, in seinen kosmischen Zusammenhängen bis in seine Organisation hinein verstehen. Anthroposophie faßt den Menschen als einen Mikrokosmos auf. Den Anfang bildet eine anthroposophische Sinneslehre. Als nächstes wird in­nerhalb dieser Anthroposophie die menschliche Gestalt durch ihre Kräfterich­tungen erklärt. Steiner gliedert in seiner Theosophie*1 den Menschen in Leib,

36 SW II/l, S. 434. 37 SW II/l, S. 457. 38 SW II/l, S. 444. 39 Vgl. Theosophie. Einführung in übersinnliche Welterkenntnis und Menschenbestimmung, 1904,

GA 9. Blavatsky, die die Theosophical Society in 1875 mitgründete, weist in Isis Unveiled für den Namen <Theosophist> auf den Nachfolger Paracelsus im 16. Jahrhundert hin. Vgl. Steiners sympa­thisierende Darstellung vom Denken Paracelsus in Die Mystik, Kap. IV, GA 7. Der Ausdruck <Theosophie> findet sich schon bei den Neuplatonikern.

40 Rudolf Steiner, Anthroposophie, Psychosophie, Pneumatosophie, GA 115, S. 17f. 41 GA 9, erstes Kapitel, Das Wesen des Menschen. Vgl. aber schon Steiners Darstellung der Dreiglie­

derung des Menschen bei Paracelsus in Die Mystik, GA 7,109-111; Paracelsus unterscheidet Ele­mentarleib, astralischen Leib und Seele (ewiger Geist). Vgl. sein Über de summa et aeterno bono Theophrasti, Kap. IV, in: Vom Licht der Natur und des Geistes, eine Auswahl hrsg. von K. Gold­ammer, Reclam Nr. 8448 [3], Stuttgart 1979, S. 149-150. Über den Begriff Astralleib («Astral Body») und seine neuplatonischen Quellen: E. R. Dodds, The Astral Body in Neoplatonüm, Ap­pendix II zu Proclus, The Elements ofTheology, übersetzt von E. R. Dodds, Oxford 1963.

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Seele und Geist. Jedes Glied differenziert sich wieder dreifach. Die differenzier­te menschliche Gestalt erklärt Steiner dadurch, daß die verschiedenen Glieder ihre Kräfte am Menschen in verschiedene Raumesrichtungen (Dimensionen) entfalten und so in der Mitte das «Scheinbild des physischen Leibes» erzeu­gen.42 Von links nach rechts wirken die physischen Kräfte; von rechts nach links wirkt der Äther; von unten nach oben und von vorne nach rückwärts wirkt der Astralleib; von hinten nach vom wirkt die Empfindungsseele und von oben nach unten die Verstandes- und Bewußtseinsseele. 1910 versuchte Steiner, diese Anthroposophie der menschlichen Sinne und der Gestalt weiterzuentwickeln und die Brücke zwischen Theosophie (später Anthroposophie genannt) und Philosophie zu schlagen. Das Buch. Anthroposophie ist aber Fragment geblieben und wurde erst aus dem Nachlaß herausgegeben. Das Fragment endet nach der Darstellung der Wesensglieder und der drei «Welten», die ihnen zugrunde lie­gen, mit dem Kapitel Die Gestalt des Menschen. Die Gestalt und die Lage der Organe werden hier wieder auf die verschiedenen Gestaltungskräfte des Physi­schen, der Lebensorgane (Gestaltungskräfte des Ätherischen) und der Sinnes-organe (Gestaltungskräfte des Astralischen) im Zusammenhang mit den Sin-neswirkungen zurückgeführt: das Oben-Unten, das Aufgerichtet-Sein, ge­hört dem Ich-Menschen an (Verstandes- und Bewußtseinsseele), das Hinten-Vorne dem astralischen Menschen (Empfindung und Bewegung) und das Links-Rechts / Rechts-Links dem ätherischen Menschen (Lebensvorgänge). Durch das Zusammenwirken der verschiedenen Richtungen entstehe die kom­plizierte Menschengestalt.43

Es ist hier nicht der Ort, auf Einzelheiten dieses komplizierten Bildes einzu­gehen. Hier war nur zu zeigen, daß Steiner bis ins Detail Schellings Begriff einer Anthroposophie aufnimmt, insofern auch er eine qualitative Deutung der Raumesrichtungen am menschlichen Organismus gibt. Die Anthroposophie, die für beide vom Mikrokosmos ausgeht und dessen Zusammenhang mit dem Makrokomos zu erkennen sucht, erscheint danach in der Mitte stehend zwi­schen Anthropologie (Physiologie) einerseits und Theosophie oder (bei Schel­ling) spekulativer Philosophie andererseits. Fraglich muß bleiben, ob Steiner diesen Entwurf von Schelling gekannt und genutzt hat. Ein Hinweis von ihm auf Schellings Konzept einer Anthroposophie ließ sich nicht finden. Da Steiner 1923 und 1924 in zwei Vorträgen über die Herkunft des Wortes «Anthroposo­phie» spricht und in beiden Schelling und die geistige Tendenz seiner Philoso­phie erwähnt, ohne den Zusammenhang mit dem Wort «Anthroposophie» herzustellen,44 könnte man annehmen, daß er Schellings Entwurf nicht kannte.

42 Siehe Anmerkung 40, ebenda, S 59. 43 GA 45/103-104. 44 Esoterische Betrachtungen kärntischer Zusammenhänge, GA 238, Vortrag vom 7. September 1924,

und Die Geschichte und Bedingungen der anthroposophischen Bewegung im Verhältnis zur An-throposophischen Gesellschaft, GA 258, Vortrag vom 16. September 1924.

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Troxler und I. H. Fichte

Ein anderer Aspekt des Verhältnisses von Philosophie und Anthroposophie zeigt sich bei Schellings «geliebtestem Schüler»,45 Ignaz Paul Vital Troxler (1780-1866). Er studierte ab 1799 Medizin und Philosophie in Jena, als Schel-ling dort außerordentlicher Professor war. Nach seiner Promotion folgte er seinem Lehrer Himly 1803 nach Göttingen. Er war aber 1804 vorübergehend in Würzburg, bevor er sich in Wien als Arzt niederließ. Er mag also in Würz­burg Schellings Vorlesungen über das System der gesammten Philosophie und der Naturphilosophie insbesondere, in der Schelling den Entwurf einer Anthro­posophie umrissen hatte, gehört haben.

Troxler steht weitgehend auf dem Schellingschen Standpunkt, nur versteht er das Absolute als das all-eine Leben, als die Urmonade, die sich in viele Monaden differenziert, die sich alle wesensgleich bleiben und dadurch von sich aus zueinander im Verhältnis stehen. Aus dem Leben gehen die Differenzie­rungen, die Monaden oder Organe hervor. Diese lösen sich in ihm wieder auf, ohne daß je das Leben als solches erscheint oder zerstört wird.46 Dies ist Trox-lers «Biosophie», von der schon das Suffix auf seinen Gebrauch des Wortes «Anthropo-Sophie» hinweist.47 Der Mensch gliedert sich in Geist (nous), Seele (psyche), niedere Seele oder Leib (soma) und Körper (sarx).48 Der Mensch ist für Troxler nicht nur der Prototypus aller Tiere, sondern auch ein Mikrokos­mos wie bei Paracelsus und Schelling. In seinen Gliedern kehren die Naturrei­che wieder: im Körper die Erde, im Leib die Pflanzen-, in der Seele die Tierna­tur sowie in seinem Ich der Geist.49 Zur Erkenntnis dieses Mikrokosmos, der Einheit und Ganzheit der Natur, gelangt man nur, wenn das Übersinnliche erkannt wird, wie es die alte Mystik anstrebte. Das sei das Geschäft einer Na­turlehre des menschlichen Erkennens, «die Grundwissenschaft der Philoso­phie»: «Es leuchtet von selbst ein, daß diese die eigentliche Ur- und Grundphi­losophie sein muß, und daß erst, wenn diese aufgestellt ist, von den übrigen sogenannten philosophischen Wissenschaften die Rede sein kann, da diese denn auch erst durch diese Philosophie oder Anthroposophie ihre gehörige Entwicklung aus dem Einen und Ganzen der Natur erhalten können».50 Dar-aus folgt, daß die Anthroposophie bei Troxler nicht nur einen Objektbereich

45 So glaubte Troxler sich nennen zu dürfen. Siehe: Peter Heusser, Der Schweizer Arzt und Philosoph Ignaz Paul Vital Troxler (1780-1866), Seine Philosophie, Anthropologie und Medizintheorie, Diss. Univ. Basel 1983, hrsg. in der Reihe Basler Veröffentlichungen zur Geschichte der Medizin und der Biologie, Fase. XXXIV, Basel 1984, S. 12-14.

46 Heusser, S. 71 und 78-80. 47 Siehe Troxler Elemente der Biosophie (1808), Heusser, S. 71. 48 Heusser, S. 89-99. 49 Heusser, S. 116-117. 50 Naturlehre des menschlichen Erkennens, oder Metaphysik, 1828, S. 28: zit. in Heusser, S. 257.

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des Wissens andeutet wie bei Schelling, sondern den Status einer Grundwis­senschaft, den Rang eines Fundamentes für das ganze Wissen erlangt. Sie hat jetzt auch eine auf das subjektive Wissen zurückweisende Bedeutung. Der Ausdruck «Anthroposophie» findet sich bei Trozler ferner in seiner Logik von 1829 und in seinen Vorlesungen über Philosophie von 1835.51 Steiner kannte jedenfalls die letzteren.32 Heusser stellt zu Recht eine im allgemeinen weit­gehende Übereinstimmung zwischen Troxler und Steiner fest •

Eine Anthroposophie findet sich ferner bei dem Sohn von J. G. Fichte, Immanuel Hermann Fichte (1796-1879). Er meint, die Anthropologie gehe in eine «Anthroposophie» über, wenn sie zur Wissenschaft des übersinnlichen Menschen wird.54 Dabei nimmt I. H. Fichte ausdrücklich Bezug auf Troxlers Anthroposophie.55

Zimmermann

Bei Robert Zimmermann finden wir wieder eine andere Bedeutungsabschat-tung des Begriffes «Anthroposophie». Zimmermann, der seine erste Anregung zum philosophischen Studium Bernhard Bolzano (1781-1848) verdankte, galt als Herbartianer. Johann Friedrich Herbart war der Nachfolger Kants in Kö­nigsberg und Gegner der damaligen idealistischen Philosophie im Sinne von Schelling. 1882 erschien Zimmermanns Anthroposophie im Umriß. Entwurf eines Systems idealer Weltansicht auf realistischer Grundlage. Er versteht etwas anderes unter Anthroposophie als Schelling, Troxler und I. H. Fichte. Mit dem Terminus «Anthroposophie» will er nur seine Distanz zur idealistischen Phi­losophie Hegels wie auch zur kritiklosen «empirischen Unphilosophie» aus­drücken. Hegel hatte in seinem hochgemuten Sinn eher einer «Theosophie» als einer menschlichen Wissenschaft nachgestrebt. Zimmermann wül seine Philo­sophie nicht auf einen für das menschliche Wissen unzugänglichen theozentri-sehen Standpunkt aufbauen, sondern an seinem natürlichen anthropozentri­schen Ausgangspunkt festhalten. Weil sie denkend die Erfahrung übersteigt -

51 Heusser, S. 337. 52 Vgl. Vom Menschenrätsel, GA 20, S. 65-69. 53 Die höheren Erkenntnisweisen für das Übersinnliche sind nach Troxler Meditation, Inspiration

und Intuition (Heusser, S. 226-227). Ganz ähnlich heißen die drei übersinnlichen Erkenntnisarten bei Steiner Imagination, Inspiration und Intuition (GA 12). Steiners Neologismen der Gliederung des Geistes in <Geistselbst>, <Lebensgeist> und <Geistmensch> sind insofern vorgebildet bei Troxler, als dieser schon im ähnlichen Sinne spricht von <Ichselbst> (Heusser, S. 90), <Lebensgeist> (Heusser, S. 59), und <Geistmensch> (Heusser, S. 105). Zum weiteren Vergleich von Steiner und Troxler: vgl. Heusser S. 333-337.

54 Anthropologie, Leipzig 1856, Par. 270. Vgl. GA 20, S. 58-63. 55 Heusser, S. 43-44.

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denn sie spricht von durch den Menschen zu verwirklichenden Ideen -, ist sie dennoch mehr als empirische Wissenschaft. Sie ist Philosophie und wird daher «Anthroposophie»56 genannt, nicht «Anthropologie». Der anthroposophische Idealismus Zimmermanns ist kein platonischer, sondern eher von kantscher Art. Er ruht auf der «realistischen Grundlage» des herbartschen kritischen Realismus. Darüber hinaus stellt Zimmermann einige «Musterbegriffe» auf, welche die menschliche Praxis zu verwirklichen habe und die ähnlich wie die kantschen regulativen Ideen zu gebrauchen sind. Es gibt bei Zimmermann fünf logische Ideen (Denknotwendigkeit, Analyse, Gleichgeltung, Synthese und Ausschließung), fünf ästhetische Ideen (Vollkommenheit, Idee des Charakteri­stischen, des Harmonischen, Korrektheit und Ausgleichung) und zuletzt fünf ethische Ideen (Vollkommenheit, Freiheit, Idee des Wohlwollens, des Rechts und des Bösen).

Inhaltlich hat das alles mit Steiners Anthroposophie «nicht das Wenigste zu tun», wie dieser sagte.57 Zimmermanns Buch hat Rudolf Steiner aber, wie er mehrmals erwähnt, den Namen für seine Geisteswissenschaft entlehnt.58 Ru­dolf Steiner hatte Zimmermanns Vorlesungen an der Universität in Wien als Student besucht und las seine Werke. Als Steiner 1909 seine Vorträge über Anthroposophie (in GA 115) hielt, war das Wort durchaus im Zimmermann-schen Sinne gemeint. Auch der erste Aufsatz in Von Seelenrätseln (GA 21) über Anthropologie und Anthroposophie entspricht dieser Bedeutung von «Anthroposophie», obgleich Steiner das Wort zu der Zeit schon in einem er­weiterten Sinne verwendete.

Die philosophische Gegenüberstellung von göttlichem und menschlichem Wissen, von Theosophie und Anthroposophie, hat ihren Ursprung in der griechischen Philosophie,59 und als direkte Quelle könnte man an Piatos Apo­logie denken, worin Sokrates ausspricht, daß nur die Gottheit weise sei (ge­meint war Apollo). Nur der «Theos» ist «sophos» (23a). Sokrates weiß, daß er dagegen eine menschliche Weisheit besitzt, das Selbstbewußtsein des mensch­lichen Denkens. Dies ist seine «anthropine Sophia» (20d). Substantiviert:60

56 Anthroposophie, S. VII und 308. 57 GA 258, S. 39. 58 GA 28, S. 55-58, GA 238, S. 99, GA 258, S. 39. 59 Vgl. Bruno Schnell, Die Entdeckung des Geistes, Studien zur Entstehung des europäischen Denkens

bei den Griechen, namentlich Kap. VIII, Menschliches und göttliches Wissen, 5. Aufl., Göttingen 1980, S. 127-138.

60 Das Substantiv <sophia> stammt auch sprachgeschichtlich vom Adjektiv <sophos>. <Sophos> (schlau und geschickt) verbindet sich erst bei Solon mit <arete> (Tugend). Solon ist einer der sieben <Sophoi> (Weisen). Halbwegs zur Idealität steht <das Weis», <to sophom, bei Heraklit (DK 22 B 32 und DK 22 B 44). Die Benamung <sophistes> (Sophist) hat wohl mehr mit der Geschicktheit der Sophisten als Redner denn mit ihrer Weisheit zu tun. Zu dieser Entwicklung: vgl. Bruno Schnell Die Aus­drücke für den Begriff des Wissens in der vorplatonischen Philosophie, Berlin 1924.

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Sokrates hat keine Theosophie, sondern eine Anthroposophie. In diesem Sinne war das Wort von Zimmermann gemeint.

. Auch Steiner bezieht sich auf diese Bedeutung, als sich die Anthroposophi-sche Gesellschaft von der Theosophical Society an der Jahreswende 1912/13 abspaltete. Von jetzt ab ist ihm «Anthroposophie» gleichbedeutend mit-seiner Art von Theosophie, die er von der durch die Theosophical Society verbreite­ten Theosophie unterscheiden wollte. Zur Begründung der Anthroposophi-schen Gesellschaft hielt Rudolf Steiner in Köln einen Vortragszyklus,61 an des­sen Ende er der Theosophie die Anthroposophie entgegensetzt; «Fassen wir daher die Aufnahme des Namens <Anthroposophische Gesellschaft in wahrer Demut auf und sagen uns: Was noch an Unbescheidenheit, an Eitelkeit und Ehrgeiz, an Unwahrhaftigkeit der Name Theosophie hat bewirken können, das möge ausgetilgt werden, wenn man - im Zeichen und unter der Devise der Bescheidenheit - beginnt, bescheiden hinaufzusehen zu Göttern und Götter­weisheit, dafür aber pflichtgemäß ergreift den Menschen und die Menschen­weisheit, wenn man sich andachtsvoll der Theosophie nähert und pflichtgemäß sich in die Anthroposophie versenkt.»62 «Anthroposophie» als Menschenweis­heit ist hier im somatischen Sinne als Gegensatz zur «Götterweisheit» (Theo­sophie) gemeint. Dieser Wortgebrauch schließt sich an jenen früheren an, wo «Anthroposophie» nur ein Ausschnitt aus der ganzen Theosophie zu sein scheint. Das zeigt der genannte Vortragszyklus über Anthroposophie von 1909, wo «Anthroposophie» schon «ein wichtiger Stützpunkt», «ein Schlüssel zum Gesamtgebiet der Theosophie», «ein fester Mittelpunkt» genannt wird (GA 115, S. 18). Es entspricht dies dem von Steiner formulierten Gesetz, daß man sich Sicherheit in der geistigen Welt erst dadurch verschafft, daß man einen bestimmten Ort oder Gegensund genau erforscht und geistig für sich in Besitz nimmt und dann alles andere zu diesem Ort in ein Verhältnis setzt. Ohne sich eine «geistige Heimat» zu gründen, ohne dieses perspektivische Verhältnis kann man keinen geistigen Gegenstand außer sich wirklich erfas­sen.63 Dieser Ort ist für Steiner offenbar das Selbstbewußtsein des Menschen, die «Anthroposophie» im engeren Sinne, die dadurch wie bei Troxler zu einer «Grund- oder Urphilosophie» wird. Als Ausdruck der Selbständigkeit seiner eigenen Richtung war ab 1913 «Anthroposophie» folgerichtig der gegebene Name, mit dem sich Steiner angesichts der östlich orientierten Theosophical Society zugleich zur europäischen Tradition bekannte.

61 Die Bhagavad Gita und die Pauhtsbriefe, GA 142. 62 Ebenda, S. 128. Die Anthroposophie wird so zur dianoetischen Tugend, zur goldenen Mitte

zwischen Übermut und Versagen in bezug auf das Spirituelle. Vgl. Ethika Nikamacheia, 2. Buch, Kap. 5, und Thomas von Aquino, De virtntitus in communi, Art. 13.

63 GA10, S. 158.

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Zusammenfassung

Schellings Anthroposophie blickt nur auf den Gegenstand dieser neuen, sich dennoch an Plato und Aristoteles orientierenden Wissenschaft: die universelle menschliche Gestalt. Der menschliche Organismus wird als Mikrokosmos auf­gefaßt. Troxler erweitert die Anthroposophie zur Erkenntnis des in Körper, Leib, Seele und Geist gegliederten Menschen (der ganze Mensch erscheint jetzt als Mikrokosmos). Sie wird damit notwendigerweise zur Wissenschaft des Übersinnlichen, die an die Stelle der alten Metaphysik tritt. Sie setzt neue Arten der Erkenntnis voraus (Meditation, Inspiration und Intuition). Troxler bezieht das Wort «Anthroposophie» nicht nur auf das Objekt des Wissens, sondern deutet mit ihm eine neue Art des Wissens an und hat also die Subjektseite mit im Sinn. Zimmermanns Anthroposophie thematisiert nur die Subjektivität des menschlichen Wissens in Anlehnung an Kant. Er ist nicht der Ansicht, daß der Mensch ein Mikrokosmos ist. Er stellt im Gegenteil den Menschen radikal auf sich und hält die außermenschliche Perspektive des spekulativen Idealismus für unerreichbar. Bestimmend ist für ihn, daß die Anthroposophie in der Mitte steht zwischen metaphysischer Theosophie und empirischer Anthropologie. Zimmermann kehrt scharf die subjektive Seite des Wissens hervor, die bei Troxler und I. H. Fichte noch das Gleichgewicht halten soll mit dem Objekt, von dem her die Erkenntnisweise bei ihnen bedingt ist. Bei Zimmermann wird der «Anthropomorphismus» (Steiner über Schelline) zum Anthropozentris-mus, zum unabänderlichen Sundort des menschlichen Erkennens.

Steiner benutzt den Namen «Anthroposophie», wenn er auf den in Leib, Seele und Geist gegliederten Menschen hinweist, als Referenzpunkt für jegli­che systematische gedankliche Erfassung des Geistes und des Menschen. Da­durch unterscheidet sich die Anthroposophie sowohl von der Theosophie wie von der Anthropologie. In der Anthroposophie soll der Mensch in seinem ma-kroskosmischen Zusammenhang erkannt werden. «Anthroposophie» umfaßt bei Steiner somit die Zimmermannsche Bedeutung (den Anthropozentrismus) wie diejenige Schellings (die Wissenschaft vom Menschen als Mikrokosmos) und Troxlers (eine Grundphilosophie des Übersinnlichen). Steiner steht Schel-ling und Troxler allerdings inhaltlich näher als Zimmermann. Daß er den Sinn des Wortes «Anthroposophie» erweitert hat, ist wohl auch ohne weiteres klar. Es hat sich aber gleichwohl gezeigt, daß Steiner eine Kontinuität im Wortge­brauch aufrechterhalten hat.64 Die Frage muß hier offen bleiben, inwiefern Steiner dem historischen Zusammenhang selber nachgegangen ist. Eine umfas­sende Monographie über die Wortgeschichte und den Bedeutungswandel bis in das Werk Rudolf Steiners hinein wäre noch zu schreiben.

64 Für das Bewaliren der Kontinuität hatte er seine geistigen Gründe. Vgl. Hella Wiesberger, Rudolf Steiners esoterische Lehrtätigkeit, Wahrhaftigkeit - Kontinuität - Neugestaltung, Dornach 1997, S. 19-21 und 130-132.

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BEITRÄGE ZUR RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VERÖFFENTLICHUNGEN AUS DEM ARCHIV

DER RUDOLF STEINER-NACHLASSVERWALTUNG, DORNACH

Heft Nr. 121 Herbst 1999

Walter Kugler: Zu diesem Heft 1

Renatus Ziegler «Anthroposophie». Quellentexte zur Wortgeschichte - Vorbemerkung 3 - Autoren und Werke 5 - «Anthroposophie» vor oder unanbhängig von Rudolf Steiner

Quellentexte von Paulus bis Hermann Friedmann 6 - «Anthroposophie» bei Rudolf Steiner 50 - Epilog 58 - Literatur 60

Christoph Rau Dem Sprachgeist auf der Spur. Das Wort «Anthropos» . 6 4

Jaap Sijmons «Anthroposophie» - Eine philosophiegeschichtliche Betrachtung 66

Zu den Abbildungen auf dem Umschlag siehe Seite 7

Herausgeber: Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Rudolf Steiner Halde, CH-4143 Dornach Redaktion: Walter Kugler - Administration: Rudolf Steiner Verlag, Haus Duldeck, CH-4143 Dornach. Konten: Postscheckkonto Basel 40-13768-1. Für Deutschland: Postgiro Karlsruhe 70196-757 (BLZ 660 100 75); Commerzbank Stuttgart, Konto 5574 967 (BLZ 600 400 71). Erscheinungsweise: In freier Folge. Preise: Im Abonnement pro Heft Fr. 16.-/DM 17,- +Porto; im Einzelverkauf Fr. 18.-/DM 19,- + Porto - Früher erschienene Hefte: Einzelheft Fr. 9.-/DM 10,-; Doppelheft Fr.l8.-/DM 19- + Porto. Zahlungen bitte erst nach Erbalt der Rechnung. Druck: WB-Druck, Rieden/Allgäu