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Eine Information für

Patienten und Angehörige

Periphere arterielleVerschlusskrankheit

42657_pAVK Titel NEU.qxd 12.07.2005 14:46 Uhr Seite U1

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Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)

Eine Information für Patienten und Angehörige

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Autoren und Redaktion haben die Angaben zu Medika-menten und ihren Dosierungen mit größter Sorgfalt undentsprechend dem aktuellen Wissensstand bei Fertig-stellung der Broschüre verfasst. Trotzdem ist der Leserausdrücklich aufgefordert, anhand der Beipackzettel der verwendeten Präparate in eigener Verantwortung dieDosierungsempfehlungen und Kontraindikationen zuüberprüfen. Unabhängig vom Inhalt der Broschüre ent-scheiden im Einzelfall immer Arzt und Patient gemeinsamüber die individuelle Behandlung.

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht derVervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durchFotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohneschriftliche Genehmigung reproduziert oder unter Ver-wendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfäl-tigt oder verbreitet werden.

Herausgeber: Techniker Krankenkasse, Hauptverwaltung, 22291 Hamburg. Unter wissenschaftlicher Beratung derArzneimittelkommission der deutschen Ärzte-schaft und basierend auf deren ärztlichenTherapieempfehlungen.Konzept und Realisation: nexus – Beratungsnetzim Gesundheitswesen GmbH, Odenthal.Printed in Germany: Schnitzer Druck, Korb.© Techniker Krankenkasse Hamburg,nexus GmbH, Odenthal.ISBN 3-933779-20-01. Auflage 2005

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Inhalt

Einleitung 5

Der normale Blutkreislauf 7

Der gestörte Blutkreislauf 8

Die Häufigkeit der pAVK 10

Die Stadieneinteilung der pAVK 12

Die Diagnose der pAVK 16

Die Behandlung der pAVK 18

Die Beeinflussung der Risikofaktoren 19

Die Behandlung im Stadium I 22

Die Behandlung im Stadium II 23

Die Behandlung im Stadium III und IV 28

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Einleitung

Unter der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit(pAVK) versteht man Durchblutungsstörungen der Beineund der Arme. Diese werden durch Verengungen oderVerschlüsse von Blutgefäßen (Arterien) verursacht. DieErkrankung trifft den Patienten in aller Regel nicht ausheiterem Himmel. Sie entwickelt sich meist schleichend,teilweise über mehrere Jahre hinweg. Entdeckt wird siehäufig erst, wenn Beschwerden auftreten. Oft wird dieKrankheit durch ungesunde Lebensgewohnheiten inihrem Verlauf beschleunigt.

Ziel dieser Broschüre ist es, Ihnen Wissen über dieErkrankung zu vermitteln. Dabei soll die Bedeutung vonRisikofaktoren in Ihrer Lebensweise für die Entstehungund den Verlauf der Krankheit deutlich werden. Sie sollenin die Lage versetzt werden, zusammen mit Ihrem ArztStrategien zu entwickeln, die vorhandenen Risikofakto-ren günstig zu beeinflussen.

Die Broschüre gibt Hinweise, wie Sie selbst durch Akti-vität und Engagement das Krankheitsrisiko senken undverlorene Lebensqualität wiedererlangen können. WennSie als Patient Ihre Krankheit nicht einfach hinnehmen,sondern aktiv unter Anleitung Ihres Arztes bei derBehandlung mitwirken, schaffen Sie die besten Voraus-setzungen für deren Erfolg.

Beziehen Sie Ihre Angehörigen mit ein. Je mehr auch sieüber die Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Risi-ken Ihrer Erkrankung wissen, desto besser können sieSie dabei unterstützen, mit dem Arzt vereinbarteBehandlungsziele zu erreichen. Lernen Sie, gemeinsammit Ihren Angehörigen, Alarmzeichen zu deuten, die aufeinen Herzinfarkt oder Schlaganfall hinweisen können.Dadurch können Sie im Ernstfall angemessen reagieren.Je rascher ein solches lebensbedrohliches Ereigniserkannt und behandelt wird, desto besser sind die Chan-cen der Heilung.

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Lernen Sie, angebotene Informations- und Schulungs-veranstaltungen für sich zu nutzen. Erste-Hilfe-Kurse,Ernährungsberatungen, Raucherentwöhnungsprogram-me, Entspannungskurse und Kurse zur Gewichtsredukti-on, um nur einige zu nennen, werden von verschiedenenInstitutionen angeboten. Suchen Sie den Austausch mitanderen Betroffenen. Je mehr Sie über die Krankheitwissen, desto höher sind die Erfolgschancen derBehandlung.

Ein Großteil des Behandlungserfolges liegt in Ihren Hän-den. Nutzen Sie diese Möglichkeiten.

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Der normale Blutkreislauf

Alle Gewebe unseres Körpers benötigen Sauerstoff undNährstoffe, sonst sterben sie ab. Die Hauptaufgabe desBlutkreislaufes ist es, diese Versorgung zu gewährleis-ten. Über Blutgefäße gelangt sauerstoff- und nährstoff-reiches Blut zu den Geweben. Dafür muss das Blut stän-dig in Bewegung gehalten werden. Die Bewegung desBlutes wird durch die Tätigkeit des Herzens angetrieben.Arterien und Venen bilden mit ihren unzähligen undimmer feiner werdenden Verästelungen die Transportwe-ge für das Blut.

Die Pumpfunktion des Herzens sorgt für den nötigenDruck, um das Blut in die Arterien zu pressen. Die Arteri-en, auch Schlagadern genannt, empfangen das mit Sau-erstoff und Nährstoffen beladene Blut vom Herzen undtransportieren es in die "Peripherie" des Körpers. Dortbeliefern sie die einzelnen Gewebe mit den lebensnot-wendigen Stoffen. Arterien lassen sich an mehreren Stel-len des Körpers mit bloßer Hand ertasten. Wenn der Arztden Puls fühlt, fühlt er das Pulsieren des Blutes in denArterien, ausgelöst durch die Herztätigkeit.

Die Gewebe entnehmen dem Blut den benötigten Sauer-stoff und die Nährstoffe und fügen ihm im AustauschKohlendioxid und andere Abfallstoffe zum Abtransporthinzu. Die Venen nehmen dieses nun sauerstoff- undnährstoffarme Blut auf und befördern es zurück zumHerzen. Auf seinem Weg dorthin wird das Blut wieder mitNährstoffen angereichert. Das Durchfließen der Lungesorgt dafür, dass es vom Kohlendioxid befreit und wiedermit Sauerstoff beladen wird. Über das Herz gelangt dasBlut wieder in die Arterien, womit sich der Blutkreislaufschließt und ein neuer Umlauf beginnen kann.

Ein in allen Teilbereichen unbeeinträchtigter Blutkreislaufist die Grundvoraussetzung für eine gute Durchblutungaller Gewebe.

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Der gestörte Blutkreislauf

Störungen des Blutkreislaufs können an allen Stellen desPump- und Transportsystems entstehen. Herz-, Arterien-und Venenerkrankungen sowie Veränderungen der Fließ-oder Gerinnungseigenschaften des Blutes können denBlutkreislauf empfindlich stören. Im Folgenden beschäf-tigt sich die Broschüre mit den Störungen, die durch Verengungen und Verschlüsse von Arterien entstehen.Genauer gesagt, mit Verengungen und Verschlüssen der Hauptschlagader und der Arterien, die Arme undBeine versorgen. Mediziner nennen diese Erkrankung„periphere arterielle Verschlusskrankheit“, kurz pAVK.

Verengungen und Verschlüsse dieser Arterien sind in 95Prozent der Fälle auf eine Arteriosklerose zurückzu-führen. Die restlichen fünf Prozent werden durchGefäßentzündungen unterschiedlicher Natur und ange-borene Gefäßveränderungen verursacht.

Die Arteriosklerose, im Volksmund auch Arterienverkal-kung genannt, stellt somit die Hauptursache der pAVKdar. Sie führt zu Ablagerungen von Fettsubstanzen anund in den Gefäßwänden – so genannten Plaques –, dieimmer mehr zunehmen und das Gefäß schließlich regel-recht verstopfen. Schreitet die Erkrankung weiter fort,kommen dann auch Kalkablagerungen im klassischenSinne hinzu.

Die Entstehung arteriosklerotischer Veränderungen wirddurch den Einfluss verschiedener Faktoren begünstigt.Man nennt diese schädlichen Einflüsse auch „Risiko-faktoren“. Dazu gehören vor allem das Rauchen, derBluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen (erhöhteBlutwerte für Cholesterin und Triglyzeride) und dieZuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Diese erhöhennachweislich das Risiko der Entwicklung einer Arterio-sklerose. Alles, was die Entwicklung einer Arterioskle-rose fördert, kann auch die Entstehung der peripherenarteriellen Verschlusskrankheit fördern.

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Zu 90 Prozent sind es die Blutgefäße der Beine und diedas Blut den Beinen zuführenden Gefäße des unterenBauchraumes, die von der Erkrankung betroffen sind.Nur in zehn Prozent aller Fälle betrifft die periphere arteri-elle Verschlusskrankheit die Arme.

Die Arterienverengung entwickelt sich in der Regel all-mählich und kann lange Zeit unbemerkt bleiben. Aller-dings ist die Geschwindigkeit, mit der die Erkrankungvoranschreitet, individuell sehr unterschiedlich.

Beschwerden entstehen immer dann, wenn die Durch-blutung in den Bereichen hinter dem arteriellen Engpassnicht mehr ausreicht, um den Bedarf der Gewebe anSauerstoff und Nährstoffen zu decken. Dabei ist dasAusmaß der Beschwerden abhängig vom Ort undSchweregrad des arteriellen Engpasses sowie von derFähigkeit des Körpers, Ersatzgefäße zu bilden, die dasHindernis umgehen.

Man muss bei der pAVK immer davon ausgehen, dassauch andere arterielle Stromgebiete von arterioskleroti-schen Gefäßverengungen betroffen sein können. Häufigfinden sich bei pAVK-Patienten gleichzeitig Verengungenim Bereich der Herzkranzarterien, der Halsschlagadernund der Hirngefäße. Dadurch besteht bei Patienten mitpAVK ein stark erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt odereinen Schlaganfall zu erleiden.

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Die Häufigkeit der pAVK

Fünf bis zehn Prozent der Erwachsenen in Deutschlandleiden an peripheren arteriellen Durchblutungsstörungender unteren Gliedmaßen. Die Erkrankungshäufigkeitnimmt mit dem Alter zu. Bei den über 65-Jährigen sindes bereits etwa 20 Prozent der Bevölkerung, die arterielleGefäßengpässe aufweisen. Die pAVK ist demnach sehrhäufig und weit verbreitet. Männer sind insgesamt häufi-ger betroffen als Frauen.

Die meisten Patienten befinden sich im beschwerdefrei-en Stadium I der Erkrankung. Untersuchungen zeigen,dass sich in diesem Stadium drei Mal mehr Patientenbefinden als in den übrigen drei Krankheitsstadienzusammen. Viele der Betroffenen wissen gar nicht, dasssie an der pAVK erkrankt sind, da das Gefäßleiden imAnfangsstadium vom Patienten meist unbemerkt voran-schreitet. Wird die Krankheit jedoch nicht rechtzeitigerkannt und dann schnell dauerhaft behandelt, ent-wickelt sie sich weiter.

Rund ein Viertel aller pAVK-Patienten bekommt die Aus-wirkungen der eingeschränkten arteriellen Durchblutungzu spüren. Die Bandbreite der Beschwerden reicht vonbelastungsabhängigen Schmerzen bis hin zu ausge-prägten Gewebeschäden, die eine Amputation notwen-dig machen.

Viele Patienten erleben Ruhephasen der Erkrankung,teilweise über mehrere Jahre hinweg, in denen sich dieBeschwerden nicht weiter verschlimmern oder sogarabnehmen. Bei einem Teil der Betroffenen kommt esallerdings schon sehr früh zu Verschlechterungen desKrankheitsbildes. In den fortgeschrittenen Stadien derpAVK steht für einige Patienten am Ende als letzte Maß-nahme eine Beinamputation. Dieses Schicksal erleidenin Deutschland circa 30 000 Menschen pro Jahr. Denmeisten davon, die Experten gehen von 80 Prozent aus,könnte dieses Schicksal erspart bleiben.

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Aber nicht die Amputationsgefahr allein macht die pAVKso gefährlich, sondern das Risiko, einen tödlichen Herz-infarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Für die Lebenser-wartung eines pAVK-Patienten sind die häufig gleichzei-tig vorhandenen Verengungen und Verschlüsse vonherz- und gehirnversorgenden Arterien viel entscheiden-der als die Beschwerden und Komplikationen im Bereichder Beine. Die Haupttodesursache von pAVK-Patientenin den fortgeschritteneren Stadien stellt mit über 50 Pro-zent der Herzinfarkt dar, gefolgt vom Schlaganfall.

In Untersuchungen wurde festgestellt, dass pAVK-Pati-enten eine deutlich verkürzte Lebenserwartung haben.

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Die Stadieneinteilung der pAVK

Periphere arterielle Durchblutungsstörungen lassen sich,je nach Ausmaß der durch sie verursachten Beschwer-den in den Beinen, in vier Stadien einteilen (Einteilungnach Fontaine).

� Stadium I Beschwerdefreiheit� Stadium II Schmerzen beim Gehen� Stadium III Schmerzen in Ruhe� Stadium IV absterbendes Gewebe, Geschwüre,

„offene Beine“

Stadium I

Das Anfangsstadium (Stadium I) der Erkrankung istdadurch gekennzeichnet, dass die Patienten trotz der beiihnen schon vorliegenden Verengungen der Arteriennoch keine gefäßbedingten Beschwerden verspüren. DerGroßteil aller pAVK-Patienten befindet sich in diesemStadium, häufig ohne es zu wissen. Da der Patientbeschwerdefrei ist, sucht er den Arzt auch nicht wegendieser Erkrankung auf, wodurch das Stadium I der pAVKoft unerkannt bleibt. Es wird in der Regel zufällig ent-deckt, beispielsweise bei der Untersuchung des Patien-ten wegen anderer Krankheiten, insbesondere Herzer-krankungen.

Der Früherkennung der pAVK kommt eine besonderswichtige Rolle zu. Je früher die Krankheit erkannt wird,desto eher können vom Patienten und seinem Arztgeeignete Maßnahmen ergriffen werden, den Krankheits-verlauf aufzuhalten.

Das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist für Patientenim Stadium I der Erkrankung im Vergleich zu Patientenohne pAVK bereits erhöht.

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Ob beim Patienten eine pAVK vorliegt oder nicht, kannder Arzt relativ einfach feststellen. Selbst im beschwer-defreien Stadium I kann er die Erkrankung sicher nach-weisen beziehungsweise ausschließen (siehe Seite 16).

Stadium II

Im Stadium II verspürt der Patient nach einer zunächstschmerzfreien Gehstrecke krampfartige Schmerzen inder Muskulatur der Wade, seltener auch in Oberschen-kel, Gesäß oder Fuß. Die Schmerzen zwingen den Pati-enten, stehen zu bleiben. Danach bilden sie sich zurück,und der Patient kann bis zur nächsten Schmerzattackeweitergehen.

Die Entfernung, die der Patient ohne Beschwerden amStück gehen kann, bezeichnen Mediziner als die„schmerzfreie Gehstrecke“. Die schmerzfreie Geh-strecke und die Dauer der Erholung nach dem Anhaltenkönnen in diesem Stadium als Maß für die Schwere derDurchblutungsstörung dienen. Die Schmerzen beimGehen entstehen durch eine Mangeldurchblutung derBeine. Der durch das Gehen gesteigerte Sauerstoff- undNährstoffbedarf der Beinmuskulatur kann in den Gebie-ten hinter der Arterienverengung nicht mehr ausreichendgedeckt werden.

Der Volksmund nennt die Krankheit in diesem Stadiumauch „Schaufensterkrankheit“, weil die Betroffenen zurErholung häufig vor Schaufenstern stehen bleiben, damitsie mit ihrem Verhalten nicht auffallen. Mediziner be-zeichnen die Krankheit in diesem Stadium als Claudica-tio intermittens, was so viel bedeutet wie „zeitweiligesHinken“.

Durch die Schmerzen sind die Patienten in ihrer Bewe-gungsfreiheit eingeschränkt und ihre Lebensqualität istentsprechend gemindert. Für das Bein besteht zu die-sem Zeitpunkt keine Amputationsgefahr, da die Durch-blutung der Gewebe hinter der Arterienverengung unterRuhebedingungen noch ausreicht.

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Die Patienten haben allerdings ein deutlich erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.Die häufigste Todesursache von pAVK-Patienten im Stadium II ist der Herzinfarkt. Hier wird deutlich, dass diepAVK auf arteriosklerotische Veränderungen in anderenArterien hinweisen kann.

Schätzungsweise bei jedem vierten Patienten im Stadi-um II verschlechtert sich der Krankheitszustand inner-halb eines Zeitraumes von fünf Jahren mit einem Fort-schreiten der Erkrankung in die Stadien III oder IV.

Stadium III

Patienten im Stadium III der pAVK leiden bereits in Ruheund im Liegen unter Schmerzen in den Beinen.

Die Erkrankung hat sich also dahingehend weiterent-wickelt, dass die zuvor nur unter Belastung verspürtenSchmerzen nun auch ohne vorausgegangene körperli-che Anstrengung auftreten können. Diese Schmerzentreten meistens nachts auf, wenn die Beine horizontal lie-gen, und sind überwiegend im Vorfuß zu spüren.

Der Ruheschmerz kann durch Aufsetzen im Bett wiederverschwinden. Eine aufrechtere Position sorgt durch diemit ihr verbundene Druckerhöhung in den Beinarterien füreine verbesserte Durchblutung der Gewebe hinter derArterienverengung. Die auf diese Weise erreichte Verbes-serung der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung in denbetroffenen Gebieten lässt die Schmerzen verschwinden.

In diesem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ver-ändert sich die Haut des betroffenen Fußes. Sie verliertihre natürliche Farbe und wird blass mit unregelmäßigenroten Flecken als Zeichen der ungenügenden Durchblu-tung. Körperliche Belastung verschlechtert die Durchblu-tung der Haut und sollte weitgehend vermieden werden.

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Bei Patienten ab Stadium III ist die Lebensqualität starkgemindert. Die häufig gleichzeitig vorhandenen Arterien-verengungen in anderen Gefäßgebieten, vor allem in denHerzkranzarterien, sind Ursache einer erhöhten Sterb-lichkeit.

Stadium IV

Das Stadium IV ist neben den Ruheschmerzen zusätzlichdurch Geschwüre, absterbendes Gewebe und Entzün-dungen gekennzeichnet; meist an Zehen, Vorfuß undFerse.

Die Patienten leiden häufig unter starken Entzündungs-und Wundschmerzen. Lebensbedrohliche Infektionen imbetroffenen Bein erfordern eine sofortige Behandlung.Wird die Durchblutung nicht schnell durch entsprechen-de Maßnahmen verbessert, droht die Amputation.

Patienten mit pAVK im Stadium IV haben ein stark erhöh-tes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erlei-den. Die Lebenserwartung dieser Kranken ist deshalbdeutlich eingeschränkt.

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Die Diagnose der pAVK

Erste Hinweise auf die Diagnose ergeben sich im ärztli-chen Gespräch durch die geschilderten Beschwerdenund die Krankengeschichte. Schmerzen in den Beinennach Belastung oder in Ruhe, aber auch Potenzstörun-gen beim Mann oder Vorerkrankungen des Patienten,wie zum Beispiel die Koronare Herzkrankheit oderSchlaganfälle, stützen den Verdacht auf eine pAVK.

Besonders wichtig, auch im Hinblick auf eine spätereBehandlung, ist die so genannte „Risikoanamnese“.Hierbei erfragt der Arzt Risikofaktoren für die Arterienver-engungen. Dazu gehören:

� Rauchen,� Bluthochdruck,� Diabetes mellitus, � Fettstoffwechselstörungen,� Übergewicht.

Bei der körperlichen Untersuchung achtet der Arztbesonders auf Hautveränderungen und Temperatur vonUnterschenkeln und Füßen. Der Arzt ertastet die Pulsedes Patienten an verschiedenen Stellen des Körpers undhorcht die arteriellen Gefäße auf Strömungsgeräuscheab, die über verengten Stellen entstehen.

Wenn diese Untersuchungen eine „periphere arterielleVerschlusskrankheit“ wahrscheinlich erscheinen lassen,sind weitere Untersuchungen erforderlich, um das Aus-maß der Erkrankung genauer festzustellen.

Die arteriellen Gefäße werden nun von außen mit Hilfeverschiedener Geräte untersucht. Dabei kommen Ultra-schall und andere physikalische Messmethoden zumEinsatz. Typischerweise misst der Arzt beim Patientenden so genannten „Knöchelarteriendruck“. Je niedrigerder am Knöchel gemessene Blutdruckwert ist, destoschlechter ist es um die Durchblutung des Beinesbestellt. In Verbindung mit einer Blutdruckmessung am

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Arm kann der Knöchelarteriendruck das Vorliegen einerpAVK beweisen. Mit dieser relativ einfach durchzu-führenden Untersuchungsmethode kann der Arzt sogareine pAVK im Stadium I nachweisen, in dem der Patientselbst noch keine Beschwerden verspürt.

Da arteriosklerosebedingte Veränderungen zumeist nichtnur auf die Arm- und Beinarterien beschränkt sind, wirdder Arzt gegebenenfalls weitere Ultraschalluntersuchun-gen in anderen Körperregionen vornehmen, um auch hiernach Arterienverengungen zu fahnden.

Nur bei genauer Fragestellung, zum Beispiel vor einergeplanten Gefäßoperation, kann eine Röntgenuntersu-chung der Arterien nach vorheriger Injektion eines Kon-trastmittels (Angiographie) notwendig werden. Vor derAngiographie müssen einige Laboruntersuchungendurchgeführt werden, zum Beispiel um die Funktions-fähigkeit der Niere und das Gerinnungsvermögen desBlutes zu prüfen.

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Die Behandlung der pAVK

Behandlungsziele

Zentrales Ziel in der Therapie der peripheren arteriellenVerschlusskrankheit ist in allen vier Stadien die konse-quente Behandlung der Risikofaktoren. Darüber hinausunterscheiden sich die jeweiligen Behandlungsziele fürdie einzelnen Stadien der pAVK.

Im Stadium I der Erkrankung ist der Patient nochbeschwerdefrei. Hier gilt es, ein Fortschreiten der Krank-heit durch die Behandlung der Risikofaktoren zu verhin-dern.

Patienten im Stadium II der Krankheit leiden unter belas-tungsabhängigen Schmerzen in den Beinen. Das Ziel derBehandlung ist es, die schmerzfreie Gehstrecke sowiedie Gesamtgehstrecke des Patienten zu verlängern.

Im Stadium III und IV kommt es zu Schmerzen in Ruhesowie zusätzlichen Geschwüren und absterbendemGewebe. Behandlungsziele sind die Linderung derSchmerzen, die Abheilung von Geschwüren und die Ver-meidung von Amputationen.

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Die Beeinflussung derRisikofaktoren

Die dauerhafte und konsequente Behandlung der Risiko-faktoren ist Kernpunkt der Therapie der pAVK. Es sinddie Risikofaktoren der Arteriosklerose, die nicht nur dieEntstehung der pAVK, sondern auch die Entwicklungvon arteriosklerotischen Gefäßverengungen in anderenTeilen des Körpers begünstigen. Daher haben Patientenmit peripheren arteriellen Durchblutungsstörungengleichzeitig ein stark erhöhtes Risiko, einen Herzinfarktoder einen Schlaganfall zu erleiden.

Deshalb ist es so wichtig, die Risikofaktoren zu behan-deln und die eigene Lebensweise zu ändern. Hier kön-nen Sie als Patient selbst für Ihre Gesundheit aktiv wer-den. Im Folgenden sind noch einmal die Risikofaktorenaufgeführt, die angegangen werden sollten:

� Rauchen,� Bluthochdruck,� Fettstoffwechselstörungen,� Diabetes mellitus,� Übergewicht.

Gleichzeitig vorliegende Risikofaktoren lassen das Arte-rioskleroserisiko überproportional ansteigen. Überge-wicht begünstigt die Entstehung von Bluthochdruck,Diabetes und Fettstoffwechselstörungen und sollte nor-malisiert werden.

Rauchen

Rauchen ist einer der stärksten Risikofaktoren für dieEntstehung der pAVK und ihr Fortschreiten. Patientenmit arterieller Verschlusskrankheit wird daher dringendgeraten, nicht zu rauchen. Nicht ohne Grund nennt derVolksmund die schweren Durchblutungsstörungen derunteren Gliedmaßen „Raucherbein“. Sie kommen beiRauchern sehr viel häufiger vor als bei Nichtrauchern.

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Rauchen ist aber auch ein Risikofaktor für zum BeispielHerzinfarkte und Schlaganfälle sowie Krebskrankheiten.

Den meisten Menschen fällt es sehr schwer, mit demRauchen aufzuhören. Hier kann der Arzt mit seinem Ratunterstützen und den Nikotinentzug, wenn nötig, mitArzneimitteln erleichtern. Hilfreich können auch spezielleRaucherentwöhnungsprogramme sein. Bei Interesse aneinem Raucherentwöhnungskurs hilft Ihnen die TK gerneweiter. Letztlich gilt es, den Entschluss, mit dem Rau-chen aufzuhören, auch umzusetzen. Hilfestellungen gibtes genug. Die entsprechende Willenskraft muss der Pati-ent aber selbst aufbringen.

Bluthochdruck

Der Bluthochdruck gilt ebenfalls als ein wesentlicherRisikofaktor für die Entstehung der pAVK. Der Blutdrucksollte bei wiederholten Messungen über längere ZeitWerte von 140/90 mmHg nicht überschreiten.

Ein normaler, altersgerechter Blutdruck kann heute infast allen Fällen erreicht werden, vorausgesetzt, der Pati-ent hält sich an die Anweisungen seines Arztes. Fallsblutdrucksenkende Arzneimittel vom Patienten nicht gutvertragen werden, sollte er unbedingt mit seinem Arztdarüber sprechen. Es gibt fast immer eine Alternative.Auf keinen Fall aber sollte der Patient ein Arzneimittelgegen hohen Blutdruck absetzen, ohne den Arzt darüberzu informieren.

Fettstoffwechselstörungen

Fettstoffwechselstörungen (erhöhte Cholesterin- oderTriglyzeridspiegel) sind ein weiterer wichtiger Risikofak-tor für Entwicklung und Verlauf der pAVK. Grundlageihrer Behandlung sind eine geeignete Ernährung undkörperliche Aktivität. Die Nahrung sollte fett- und chole-sterinarm sowie reich an Ballaststoffen sein. Neben einerinsgesamt geringeren Fettaufnahme sollte die Zusam-mensetzung der Nahrungsfette ebenso beachtet wer-den. Sie sollten überwiegend aus pflanzlichen Fetten/Ölen bestehen, die reich an einfach und mehrfach unge-

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sättigten Fettsäuren sind. Tierische Fette, die oft als„versteckte“ Fette in Lebensmitteln wie zum Beispiel inWurst, Käse und Soßen enthalten sind, sollten reduziertwerden. Erst wenn sich die Blutfettwerte durch dieseMaßnahmen nicht ausreichend senken lassen, empfiehltsich eine Behandlung mit Arzneimitteln.

Diabetes mellitus

Menschen mit Diabetes erkranken häufiger an einerpAVK. Bei pAVK-Patienten sollte der Blutzucker beson-ders gut eingestellt werden. Studien belegen, dassdadurch die Sterblichkeit und die Herzinfarktrategesenkt werden. Für die Behandlung der Zuckerkrank-heit des Erwachsenen (Typ-2-Diabetes) sind Gewichts-abnahme und gesunde Ernährung besonders wichtig.Häufig gelingt es allein dadurch, den Blutzuckerspiegelzu normalisieren. Um diese Ziele zu erreichen, kann derPatient auch Hilfsangebote in Form von Ernährungsbe-ratungen und Kursen zur Gewichtsreduktion in Anspruchnehmen. Fragen Sie auch hier bei Interesse Ihre TK. Da-rüber hinaus werden in der Behandlung blutzuckersen-kende Tabletten und Insulinspritzen eingesetzt.

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Die Behandlung im Stadium I

In diesem Stadium ist der pAVK-Patient trotz eines mess-baren Engpasses in seinen Arterien noch beschwerde-frei. Die Durchblutung reicht noch aus, um das Gewebehinter der Engstelle gut mit Sauerstoff zu versorgen, sodass keine Schmerzen auftreten. Seine Bewegungsfrei-heit ist deshalb nicht eingeschränkt. Allenfalls fällt auf,dass die Beine kühl sind. Eine Behandlung ist trotzdemangebracht, um das Fortschreiten der pAVK und denÜbergang zum Stadium II zu verhindern oder so langewie möglich hinauszuschieben.

Die Therapie im Stadium I besteht in der Behandlung vonRisikofaktoren der Arteriosklerose (siehe Seite 19).Dadurch wird auch das Risiko für andere arteriosklero-tisch bedingte Krankheiten vermindert. Hierzu zählenzum Beispiel die Koronare Herzkrankheit, die zu einemHerzinfarkt führen kann, oder der Schlaganfall als Folgeeiner gestörten Durchblutung des Gehirns.

Eine medikamentöse Behandlung mit Thrombozyten-funktionshemmern kann sinnvoll sein, da schon im Sta-dium I das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko erhöht istund Thrombozytenfunktionshemmer zu einer Verringe-rung der Herzinfarkte und Schlaganfälle führen.

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Die Behandlung im Stadium II

Nicht alle Patienten haben das Glück, dass ihre Krank-heit im beschwerdefreien Stadium I entdeckt wird. Diemeisten Patienten suchen erst den Arzt auf, wenn derGehschmerz sie dazu zwingt. Also erst dann, wenn diepAVK sich bis zum Stadium II fortentwickelt hat.

Risikofaktoren bekämpfen

Wegen der erhöhten gefäßbedingten Sterblichkeitsrateder Patienten im Stadium II liegt auch in diesem Stadiumder Schwerpunkt der Therapie in der Behandlung derRisikofaktoren einer Arteriosklerose.

Gehtraining

Zur Verbesserung der Gehstrecke im Stadium II ist einGehtraining sinnvoll. Dabei ist es entscheidend, die Mus-keln jenseits des arteriellen Engpasses zu belasten. Soentsteht dort ein erhöhter Sauerstoff- und Nährstoffbe-darf, der zur Neubildung und Erweiterung von Gefäßenbeiträgt. Die neugebildeten Gefäße umgehen den ver-engten Arterienabschnitt und versorgen die Muskulaturwieder mit mehr Sauerstoff. BelastungsabhängigeSchmerzen nehmen mit der Zeit ab, und die schmerz-freie Gehstrecke des Patienten vergrößert sich oft erheb-lich.

Der Patient sollte das Gehen mindestens drei Mal proWoche und bis zu einer Stunde trainieren. Er sollte dabeirasch gehen, bis erste Schmerzen in der Wade einset-zen. Nach einer Ruhepause von etwa fünf Minuten kanner dann das Training fortsetzen. Wichtig ist, das Bewe-gungstraining regelmäßig und lebenslang durchzu-führen, sofern die pAVK sich nicht verschlechtert. Einegenaue Trainingsanleitung bekommt der Patient von sei-nem Arzt. Der achtet auch darauf, dass die Übungsbelas-tung auf die individuelle Leistungsfähigkeit des Patienten

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abgestimmt ist. Neben dem Gehtraining sind auch Rad-fahren, Treppensteigen und Zehenstandsübungen leichtdurchführbare Trainingsmaßnahmen im Alltag und gutgeeignet, die Durchblutung anzuregen.

Oft reicht die bloße Aufforderung, regelmäßig zu„gehen“, nicht aus, um ein effektives Gehtraining zugewährleisten. Daher sollten sich Patienten einer„Gefäßsportgruppe“ anschließen. Gehtraining und gym-nastische Übungsprogramme werden dort unter fachli-cher Anleitung absolviert und machen in der Gemein-schaft mehr Spaß. Wo es solche Gruppen gibt und wieSie ihnen beitreten können, erfahren Sie von Ihrem Arzt.

Manchmal ist ein Gehtraining nicht möglich, zum Bei-spiel wegen einer Herzschwäche oder einer Gelenker-krankung. In diesem Fall wird der Arzt andere Behand-lungsmethoden vorschlagen.

Thrombozytenfunktionshemmer

Thrombozytenfunktionshemmer haben in der Behand-lung der pAVK eine große Bedeutung. Sie werden vorallem eingesetzt, um das Risiko ernster Komplikationender Arteriosklerose, wie zum Beispiel Herzinfarkt oderSchlaganfall, zu vermindern. Sofern die Begleitumständees zulassen, ist die frühzeitige und dauerhafte Gabe die-ser Arzneimittel anzustreben.

Die Arzneimittel dieser Wirkstoffgruppe beeinflussen diefür die Gerinnselbildung verantwortlichen Blutplättchen(Thrombozyten). Dadurch sinkt die Gefahr der Gerinnsel-bildung deutlich und damit auch das Risiko für einenakuten Gefäßverschluss.

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Ob darüber hinaus weitere Behandlungsmaßnahmennotwendig und sinnvoll sind, hängt davon ab, wie sehrdie Gehbeschwerden den Patienten behindern und obdas private oder berufliche Leben durch sie beeinträch-tigt wird. Das ist in der Regel dann der Fall, wenn dieschmerzfreie Gehstrecke weniger als 200 bis 300 Meterbeträgt.

Ballon-Dilatation

Die Ballon-Dilatation ist eine der Standardmethoden beider Behandlung der pAVK. In der Fachsprache wird sieauch Perkutane Transluminale Angioplastie, kurz PTA,genannt. Die Ärzte bezeichnen damit eine Methode zurWiedereröffnung eines verengten oder verschlossenenGefäßes durch das Einführen eines Spezialkatheters indie betroffene Arterie. Dieser aus Kunststoff oder Weich-gummi gefertigte Katheter hat an der Spitze einen längli-chen, aufblasbaren Ballon. Der Ballon wird bis zur Eng-stelle vorgeschoben und anschließend aufgeblasen.Durch den Druck werden die arteriosklerotischen Polsteran die Gefäßwand gedrückt und so die Weite desGefäßes vergrößert. Unter bestimmten Voraussetzungenkann zusätzlich eine Gefäßstütze („Stent“) eingesetztwerden, um einen Wiederverschluss der betroffenenArterie zu verhindern.

Die Ballon-Dilatation wird insbesondere bei kurzen ein-zelnen Verengungen oder Verschlüssen der großenBecken- und Beinarterien eingesetzt. Voraussetzung fürden Einsatz dieser Behandlungsmethode ist, dass dieschmerzfreie Gehstrecke des Patienten beträchtlich ver-kürzt und dadurch seine Lebensqualität erheblich ver-mindert ist. Auch darf die Engstelle in der Arterie nochnicht durch Kalkablagerungen verhärtet sein. Der langfris-tige Erfolg einer Ballon-Dilatation hängt wesentlichdavon ab, wie konsequent der Patient gegen seine Risi-kofaktoren vorgeht.

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Thrombolyse

Diese Behandlungsmethode kommt immer dann inBetracht, wenn ein arterieller Gefäßverschluss durch einBlutgerinnsel (Thrombus) entstanden ist. Der Arzt kanndann versuchen, mit Hilfe eines gerinnselauflösendenArzneimittels diesen Verschluss zu beseitigen und dieDurchlässigkeit der Arterie wieder herzustellen. DerErfolg einer Thrombolyse hängt wesentlich von der Ver-schlusslokalisation und der Verschlussdauer ab. Die Auf-lösung des Blutgerinnsels gelingt nur, wenn der Gefäß-verschluss noch nicht lange besteht.

Operation

Lässt sich die schmerzfreie Gehstrecke des Patientenweder durch Training noch durch andere oben bereitserwähnte Maßnahmen verbessern, kommt im Einzelfalleine Gefäßoperation infrage. Welches Verfahren hierbeiangewendet wird, hängt von vielen Faktoren ab, unteranderem vom Ausmaß der Erkrankung und vom Sitz derGefäßverengung.

Die Zurückhaltung gegenüber operativen Maßnahmenim Stadium II der pAVK ist dadurch begründet, dass indiesem Stadium keine Amputationsgefahr für das Beinbesteht und der Erfolg einer Operation meist zeitlichbegrenzt ist. So kann nach einem Wiederverschluss dieSituation für das betroffene Bein häufig ungünstiger seinals zuvor. Darüber hinaus sind operative Verfahren prinzi-piell mit einem höheren Komplikations- und Sterblich-keitsrisiko verbunden.

Durchblutungsfördernde Arzneimittel

Dem Arzt stehen einige Arzneimittel zur Verfügung, diezu einer Verbesserung der Durchblutung beitragen kön-nen. Diese Arzneimittel können zwar die Blutversorgungder Gebiete hinter dem arteriellen Engpass verbessern,sind aber nicht in der Lage, die ursächlichen Gefäßver-

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änderungen zu beseitigen. Es werden in der Regel nursolche Arzneimittel eingesetzt, deren Wirksamkeit ingroßen Untersuchungen nachgewiesen worden ist.

Angewendet werden sollten sie nur bei den Patienten,bei denen eine extrem kurze schmerzfreie Gehstreckevon weniger als 200 Metern vorliegt, ein Gehtrainingnicht durchgeführt werden kann und eine Ballon-Dilatati-on oder eine Operation nicht in Frage kommen. Ob undwelches Arzneimittel der Arzt einsetzt, muss also im Ein-zelfall entschieden werden.

Ein Wirkstoff, der sich bei der Behandlung im Stadium IIbewährt hat und für den wissenschaftliche Wirksam-keitsnachweise vorliegen, die heutigen Anforderungengenügen, ist Naftidrofuryl.

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Die Behandlung im Stadium IIIund IV

Gelingt es nicht, das Fortschreiten der pAVK aufzuhal-ten, wird die Durchblutung der Gewebe hinter der Eng-stelle immer weiter eingeschränkt. Schmerzen stellensich dann auch schon in Ruhe ein. Die Patienten sind indieser fortgeschrittenen Phase schwer krank. Nicht sel-ten leiden sie unter weiteren gefäßbedingten, das Lebenbedrohenden Erkrankungen.

Risikofaktoren bekämpfen

Auch in diesen Stadien ist es für den Krankheitsverlaufvon entscheidender Bedeutung, konsequent gegen vor-handene Risikofaktoren vorzugehen. Dies gilt vor allemfür das Rauchen. Die Amputationsrate ist bei Raucherndeutlich erhöht. Sätze wie "Jetzt ist es sowieso zu spät"sind falsch, und Resignation ist fehl am Platz.

Relative Bettruhe

Körperliche Anstrengungen sollten in diesen Phasen derErkrankung vermieden werden. Ein Gehtraining, wie esim Stadium II empfohlen wird, kann nun nicht mehrdurchgeführt werden.

Bei Patienten in den Stadien III und IV wird der durch dasGehen gesteigerte Durchblutungsbedarf der Muskulaturdadurch ausgeglichen, dass die Haut weniger durchblu-tet wird. Diese ist deswegen im betroffenen Bereich voneiner schwerwiegenden Mangeldurchblutung bedroht.Hautschäden, wie zum Beispiel Hautgeschwüre, könnendie Folge sein. Um die Durchblutung der Haut nicht zugefährden, ist, über den Tag verteilt, häufiges Hochla-gern der Beine notwendig.

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Lagerung der Beine

Wenn die Patienten liegen, ist eine sorgfältige Lagerungder Beine wichtig, um Druckgeschwüre zu verhindern.Bewährt hat sich eine weiche Polsterung unter beidenUnterschenkeln, so dass die Füße überstehen und dieFersen "frei schweben" können. Dadurch wird Druck aufdie besonders gefährdete Ferse vermieden und den oftan dieser Stelle entstehenden Geschwüren vorgebeugt.

Es ist sinnvoll, das Fußende des Bettes um 20 bis 30Grad nach unten zu neigen und den Oberkörper erhöhtzu lagern. Am besten gelingt dies mit dreiteiligen Stufen-betten, so genannten „Herzbetten“. Durch diese Lage-rungstechnik vergrößert sich der Höhenunterschied zwi-schen Herz und Bein und damit der Blutdruck vor derGefäß-Engstelle. Die Durchblutung im betroffenen Beinwird verbessert, die Schmerzen nehmen ab und Hautde-fekte können leichter abheilen. Durch diese Lagerungkann es jedoch zu Schwellungen im Bereich der Füßekommen.

Behandlung von Schwellungen

Patienten im Stadium III und IV der arteriellen Verschluss-krankheit haben häufig Schwellungen im Bereich desUnterschenkels oder der Füße. Ursachen sind die obenbeschriebene Hängeposition der Beine sowie Entzün-dungen.

Die Schwellungen müssen behandelt werden, da sie dieSauerstoff- und Nährstoffversorgung der betroffenenHautbereiche weiter verschlechtern.

Maßnahmen zur Beseitigung von Schwellungen sind:

� Beine flach lagern:Da aber gerade diese Beinposition Schmerzen berei-ten kann, muss sie durch den Einsatz von Schmerz-mitteln ermöglicht werden.

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� Bekämpfung der Entzündungen:An erster Stelle steht hier die örtliche Behandlung derHautwunden, im Einzelfall unterstützt durch die Ein-nahme von Antibiotika (Mittel gegen Bakterien) oderAntimykotika (Mittel gegen Pilze).

Örtliche Wundbehandlung

Das Stadium IV der Erkrankung ist dadurch charakteri-siert, dass es in Folge der eingeschränkten Hautdurch-blutung zu Gewebeschädigungen gekommen ist. Ohneeine geeignete Behandlung und Wundpflege heilen dieHautgeschwüre sehr schlecht ab. Die tägliche Wundpfle-ge hat deswegen einen entscheidenden Einfluss auf denHeilungsverlauf der „offenen Beine“.

Zur Wundpflege gehören im Einzelnen:

� Täglicher Verbandswechsel;� Entfernung abgestorbener Gewebeteile;� Suche nach und Entfernung von Eiteransammlungen;� Wundreinigung mit Enzymen oder flüssigkeitsaufsau-

genden Stoffen.

Thrombozytenfunktionshemmer

Um das Risiko drohender Komplikationen wie zum Bei-spiel eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles unddas Fortschreiten der Durchblutungsstörungen in denBeinen zu vermindern, werden auch in dieser PhaseThrombozytenfunktionshemmer eingesetzt.

Ballon-Dilatation und Operation

In diesen fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung sindgrundsätzlich Maßnahmen angezeigt, die die Weite derbetroffenen Arterien vergrößern oder Blutgefäßeinengun-gen durch künstliche Gefäße (Bypass) umgehen. Wel-ches der zuvor beschriebenen Verfahren – Ballon-Dilata-

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tion, Thrombolyse oder Operation – an erster Stelle zumEinsatz kommt, muss im Einzelfall entschieden werden.

Durchblutungsfördernde Arzneimittel

Ein Behandlungsversuch mit durchblutungsförderndenArzneimitteln wird nur dann unternommen, wenn diegerade genannten Verfahren zur Erweiterung der Gefäßenicht in Frage kommen, weil sie für den jeweiligenZustand des Patienten zu riskant erscheinen oder ausanderen Gründen nicht möglich sind. Zum Einsatz kom-men dann Arzneimittel aus der Gruppe der so genanntenProstanoide.

Schmerztherapie

Reichen die bisher beschriebenen Maßnahmen nichtaus, um den Ruheschmerz zu bessern, müssenschmerzlindernde Arzneimittel eingesetzt werden. DerArzt wird das für den Patienten passende Schmerzmittelauswählen. Üblicherweise fängt man mit schwächerenSchmerzmitteln an und geht bei Bedarf zu stärkeren Mit-teln über. Die Angst mancher Patienten oder Angehörigervor Gewöhnung oder der Entwicklung einer Abhängig-keit beim Einsatz von starken Schmerzmitteln vom Mor-phin-Typ ist dabei unbegründet. Wichtig ist jedoch, dassdiese Schmerzmittel genau nach Anweisung des Arztesangewendet werden.

Antibiotika

Durch Bakterien verursachte Entzündungen der geschä-digten Haut können eine Behandlung mit Antibiotikaerforderlich machen. Antibiotika sind Arzneimittel, diegegen Bakterien wirken und die helfen, die durch diesehervorgerufenen Infektionen zu bekämpfen. Die Antibio-tika werden entweder eingenommen oder aber als Sprit-ze oder Infusion verabreicht. Die örtliche Anwendungvon Antibiotika, zum Beispiel als Puder oder Salbe, wirdheutzutage abgelehnt.

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Außenseitermethoden

Für die im Folgenden aufgelisteten Behandlungsmetho-den zur Therapie der pAVK liegen bisher keine verlässli-chen wissenschaftlichen Untersuchungen vor, die ihreWirksamkeit belegen. Aus diesem Grunde können diegenannten Verfahren auch nicht zur Behandlung derpAVK, gleich in welchem Stadium, empfohlen werden.

� Hyperbare Sauerstofftherapie� Ozontherapie� Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie� Chelat-Therapie� Frischzellentherapie� Akupunktur

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Für eine erfolgreiche Behandlung ist es notwendig, dass Patient und Arzt zu einer gemeinsamen Sprachefinden, um sich über Krankheitsbilder sowie Nutzen und Risiken der geplanten Therapie verständigen zukönnen. Damit der Patient in die Lage versetzt wird, sei-nem Arzt die für ihn wichtigen Fragen zu stellen, benö-tigt er in der Regel viele Informationen über seineErkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft stellt den Ärzten seit vielen Jahrzehnten wissenschaft-lich fundierte und von wirtschaftlichen Interessen unab-hängige Arzneimittelinformationen zur Verfügung.

Seit einigen Jahren veröffentlicht sie regelmäßig Thera-pieempfehlungen für Ärzte, die auf der Grundlage wis-senschaftlich gesicherter Erkenntnisse den aktuellenStandard in der Behandlung einzelner in der Bevölke-rung häufig vorkommender Krankheitsbilder darstellen.

Die Arzneimittelkommission begrüßt es daher außeror-dentlich, dass die Techniker Krankenkasse die Initiativeergriffen hat, allgemeinverständliche Patienteninforma-tionen zu entwickeln, die sich auf diese „evidenz-basierten“ Therapieempfehlungen für Ärzte beziehen.

Die Mitglieder der Kommission wünschen diesem Vor-haben, dass es zu einer gestärkten Partnerschaft zwi-schen Patient und Arzt und damit zu einer zukünftignoch wirkungsvolleren und sichereren Arzneimittelthe-rapie beitragen möge.

Prof. Dr. med. B. Müller-Oerlinghausen

Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft