Personalberichterstattung in großen Unternehmen · 2020. 1. 30. · |1 Personalberichterstattung...
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Personalberichterstattung in großen Unternehmen
Fachtagung Personalstrategie für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat
Dr. Judith Beile
September 2013 Bad Münder
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Mitarbeiter im Fokus
Unsere Vision
Wir werden der weltweit führende Gase- und Engineering-Konzern sein, dessen Mitarbeiter höchste Wertschätzung genießen und der innovative Lösungen bietet, die die Welt verändern.
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Gliederung
I. Auftrag und Vorgehensweise II. Zentrale Befunde
1. Standardinstrumente der Personalberichterstattung 2. Zunahme des Berichtsumfangs 3. Ausgewählte Themen der Berichterstattung
Nachwuchsgewinnung und Nachwuchsförderung Personalentwicklung Kennzahlen Demografischer Wandel Vielfalt und Chancengleichheit Diversity und Frauenförderung Auswirkung und Bewältigung der Wirtschaftskrise Social-Media Kritik und Skandale
III. Fazit und Ausblick
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I. Auftrag
Bestandsaufnahme der Personalberichterstattung in den DAX 30-, MDax- und Familienunternehmen
Quantitative Auswertung:
Welche Berichte werden in welchen Abständen von Unternehmen veröffentlicht?
Welchen Umfang hat die Berichterstattung?
Inhaltliche Auswertung:
Welche Kennzahlen und Themen werden präsentiert?
Welche Schwerpunkte sind in der Berichterstattung zu erkennen?
Vergleich zwischen Unternehmenstypen:
Ähneln sich Berichtsinhalte bei den verschiedenen Unternehmenstypen?
Sind unterschiedlicheTrends ablesbar?
Unternehmensportraits (in der Publikation)
Zusammenfassung von Umfang und Inhalten
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I. Vorgehensweise
Auswertung aller öffentlich zugänglichen Quellen: Geschäftsberichte, Nachhaltigkeitsberichte, Personalberichte, Umwelt- und Sozialberichte und die Homepages der Unternehmen Inhaltliche Analyse Erstellen von Unternehmensportraits Experteninterviews in ausgewählten Unternehmen (MDax/Fam) Standardisierte Auswertung, in Anlehnung an GRI-Kriterien
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Kriterien in Anlehnung an den GRI-Index
Kennzahlen Beschäftigung Angaben nach Unternehmensteilen Männer- und Frauenanteile Führungskräfte Altersstruktur Mitarbeiterfluktuation Durchschnittliche Betriebszugehörigkeit Azubis Befristungen Schwerbehinderte Teilzeit
Arbeitgeber-Arbeitnehmer-
beziehungen Gremien der Mitarbeitervertretung Interner Verhaltenskodex Mitarbeiterbefragung
Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit
Anzahl der Mitarbeiter in OHS-Komitees Anzahl Arbeitsunfälle Fehlzeiten Arbeitsbedingte Erkrankungen Gesundheits-/Präventionsprogramme formale Abkommen mit AN-Vertretung
Training und Ausbildung Schulungsstunden (pro Jahr, pro Mitarbeiter) Personalentwicklungsprogramme Nachwuchsförderung Frauenförderprogramme Ideenmanagement Feedback-Programme/Zielvereinbarungen Investitionen in Weiterbildung
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Kriterien in Anlehnung an den GRI-Index (2)
Vielfalt und Chancen Diversity-Philosophie Zusammensetzung v. Beschäftigten n.
Diversity-Faktoren Work-Life-Balance-Maßnahmen Entlohnungsdifferenz Frauen/Männer
Vergütungssysteme Leistungsbezogene Vergütungssysteme Tarifvertrag Vergütung Betriebliche Altersvorsorge
Demografischer Wandel Auswirkung auf Personal
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Punktetabelle nach GRI-Kriterien
Quelle: eigene Darstellung
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II. Zentrale Befunde
Standardinstrumente der Personalberichterstattung: Geschäftsberichte,
Nachhaltigkeitsberichte, Webseiten
Die Berichterstattung ist am ausführlichsten bei den DAX 30, gefolgt von
den Unternehmen im MDAX. Am wenigsten ausführlich berichten
Familienunternehmen, jedoch gibt es hier Ausnahmen, z. B. Bosch und
Otto Group
Orientierung an GRI-Index ist bei DAX 30 weiter verbreitet als bei MDAX-
und Familienunternehmen (jedoch dort steigende Tendenz)
Personalberichterstattung ohne Print-Version gewinnt in allen UN-Typen
an Bedeutung
Einbindung der Sozialpartner ist kein Selbstläufer
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II. Zentrale Befunde
Aktuelle Themen in der Berichterstattung bei MDAX/Familienunternehmen
Personalentwicklungsprogramme und Nachwuchsförderung Kennzahl Beschäftigten nach Unternehmensteilen Arbeitgeber-Arbeitnehmerbeziehungen Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit Demografischer Wandel Vielfalt und Chancen Vergütungssystem Wirtschaftskrise Personalrisiken Kritik und Skandale
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1. Standardinstrumente der Personalberichterstattung
Geschäftsberichte (100% MDAX; 60% FAM) Betriebswirtschaftliche Berichterstattung in den Geschäftsberichten Fokus auf Nachwuchsförderung und Personalentwicklung sowie zunehmend
auf demografischen Wandel
Nachhaltigkeitsberichte Themen- und strategieorientierte Berichterstattung Bisher kein deutlicher Trend zur integrierten Berichterstattung
Geschäftsberichte/Nachhaltigkeitsberichte erkennbar
Website wird von allen Unternehmen betrieben
Kaum noch Personalberichte (zwei Stück), jedoch sonstige zusätzliche Dokumente wie Imagebroschüren oder Mitarbeitermagazine online verfügbar
Insgesamt: Personalberichterstattung am ausführlichsten in Geschäftsberichten und auf den Websites
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2. Die Berichterstattung wird in Teilen ausführlicher
Der quantitative Umfang nimmt nur selektiv zu: Umfang des Mitarbeiterkapitel in Nachhaltigkeitsberichten nimmt zu
44 % der MDAX-Unternehmen verzeichnen einen wachsenden Umfang
44% der MDAX-Unternehmen bleiben im Umfang gleich
5 MDAX-Unternehmen reduzierten ihren Berichtumfang
30 % der Familienunternehmen verzeichnen einen wachsenden Umfang
Bei 40% der Familienunternehmen ist keine Aussage möglich
Acht familiengeführte Unternehmen veröffentlichen keinen jährlichen GB.
Bei drei Unternehmen bleibt der Umfang gleich, bei drei anderen ist der Umfang
abnehmend
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3. Ausgewählte Themen: Nachwuchsgewinnung und Nachwuchsförderung
Nachwuchsgewinnung und -förderung als Teil der Personalstrategie gegen die Auswirkungen des demografischen Wandels
Strategie: Attraktiver Arbeitgeber („Employer Branding“) gewinnt an Bedeutung 80% der Familienunternehmen und 95% der MDAX-Unternehmen berichten
über Nachwuchsförderung DAX 30: 33 von 34 Unternehmen berichten über Nachwuchsförderung
Beispiel Continental: „Zur Identifizierung und Förderung von Führungsnachwuchstalenten wurden 2010 weltweit 16 „Talent Diagnosis Workshops“ durchgeführt. Ziel dabei ist, die Stärken und den Entwicklungsbedarf der Teilnehmer aufzuzeigen und ihr Potenzial für eine Führungsposition im mittleren Management zu beurteilen“.
Geschäftsbericht Conti 2010
MTU Aero Engines hat zum sechsten Mal in Folge die Auszeichnung
„Top Arbeitgeber“ erhalten Homepage MTU, 2012
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Personalentwicklungsprogramme
Personalstrategie: Mitarbeiter
langfristig an das Unternehmen binden
80% der Familienunternehmen und 95% der MDAX-Unternehmen berichten über Personalentwicklungs-programmen
DAX 30: 32 von 34 Unternehmen berichten über Personalentwicklungs-programme
Wacker AG, NH-Bericht 2009/2010:90
Beispiel Wacker AG:
Quelle: NH-Bericht 2009/2010, S. 90
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Kennzahlen der Beschäftigung
49 der MDAX- und 15 der
Familienunternehmen veröffentlichen Kennzahlen
9 von 50 berichten vorbildlich und erreichen 7 bis 8 Treffer in der Punktetabelle (2 von 20 bei Familienunternehmen)
82% der MDAX berichten über die Anzahl der Auszubildenden (60% bei Familien-UN)
60% zeigen Frauen- und Männeranteile der Beschäftigtenstruktur auf (30% bei Familienunternehmen)
Mitarbeiterfluktuation wird von 42% veröffentlicht (25% bei Familienunternehmen)
5 Familienunternehmen liefern keine Berichterstattung
Quelle: Personalbericht MTU, 2009/2010, S. 62
Berichterstattung zu Kennzahlen der Beschäftigung sehr unterschiedlich
Quelle: NH-Bericht Dr. Oetker 2010, S. 58
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Demografischer Wandel
22 der MDAX- und 7 der Familienunternehmen beziehen den demografischen Wandel in ihr Berichterstattung mit ein
Ein Großteil der Personalpolitik und der entsprechende Teil der Berichterstattung werden unter dem Dach des demografischen Wandels zusammengefasst
Demografie-Analysen und Altersstrukturanalysen geben Aufschluss über zukünftige Engpässe in der Personalstruktur
Teilnahme an Demografie-Initiativen Die Aussage von Continental zu seinem Demografie-Programm lautet: „Die demografische Entwicklung in den westlichen Industrienationen wird in den
kommenden Jahren erhebliche Herausforderungen an die Unternehmen stellen. Die Gruppe der älteren Arbeitnehmer wird sich vergrößern – insbesondere in unseren Fabriken. Wir gehen davon aus, dass sich allein in Deutschland die Anzahl der älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Altersgruppe zwischen 55 und 65 in unseren Fertigungsstätten von 2005 bis zum Jahr 2015 verdreifachen wird“.
(Quelle: conti-online.com, Zugriff am 09.08.2012)
Demografischer Wandel löst „Lebenslanges Lernen“ als Begriff ab
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Diversity - Vielfalt und Chancen
Jeweils die Hälfte der Unternehmen nennen eine Form von Diversity-Philosophie
6 MDAX-Unternehmen führen Anteile von Ethnien, Staatsangehörigkeiten, Religion auf
2 Familienunternehmen führen z. B. Nationalitäten und Führungskräfte mit Migrationshintergrund auf
35 MDAX- und 13 Familienunternehmen berichten über Work-Life-Balance Maßnahmen
Entlohnungsdifferenz wird fast nie erwähnt Bei DAX 30 ist häufiger eine Diversity-
Philosophie vorzufinden, sie sind jedoch ähnlich zurückhaltend wie MDAX- und Familienunternehmen bei Angaben zu Beschäftigungsanteilen nach Diversity-Faktoren
Maßnahmen variieren sehr in Umfang und Bedeutung
Quelle: Fraport (Nachhaltigkeitsbericht) 2010, S. 30-31
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Diversity und Frauenförderung
Vorbild Fraport Anteil von Frauen in Führungspositionen soll
ausgeweitet werden Teilnahme an Modellprojekten, um weibliche
Nachwuchskräfte mit Entwicklungspotenzial zu fördern
Weitere Maßnahmen zur Frauenförderung: Interne Mentoringprogramme Bildung von Frauennetzwerken Teilnahme am Girls-Day und Forscherinnen
Camp Beispiel: MTU unterstützt seit dem Jahr 2000 über
eine Studienstiftung engagierte, hochbegabte junge Frauen in technischen Studiengängen.
Quelle: Wacker, NH-Bericht 2009/2010, S. 93
Quelle: Fraport (Nachhaltigkeitsbericht) 2010, S. 30-31
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Frauenförderung und Work Life Balance
„Ich habe bei Fraport viel Unterstützung für meine berufliche Weiterentwicklung erfahren. Nachholbedarf sehe ich noch bei dem Thema ‚Frauen in Führungspositionen‘, aber auch da bewegt sich einiges“.
(Quelle: Fraport , NH-Bericht 2010, S. 30)
Frauenförderung wichtiges Thema 4 Familien- und 21 MDAX-Unternehmen berichten über Frauenförderprogramme
(24 DAX 30 Unternehmen)
Häufig auch als Frauenförderung deklariert: Work-Life-Balance-Maßnahmen
Teilzeit Telearbeit/Homeoffice Job Sharing Kinderbetreuung Elterngeld
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Auswirkung und Bewältigung der Wirtschaftskrise
Vielfacher Verweis auf Wirtschaftskrise und Auswirkungen auf das Personal Maßnahmen im Personalbereich: Kurzarbeit Fortbildung Betriebsbedingte Kündigungen Rückgang des Leiharbeiteranteils Abbau von Überstunden und Urlaubskonten Befristetet Arbeitsverhältnisse Einstellungsstopp
Den Betriebsräten wird in einigen Fällen für eine konstruktive Zusammenarbeit in
schwierigen Krisenzeiten explizit gedankt. Bei einigen Familienunternehmen wird zur Krise keine Aussage getroffen Ein Vergleich mit DAX 30-Unternehmen ist aufgrund des zeitlichen
Untersuchungsrahmens nicht möglich
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Social Media
31 Unternehmen aus dem MDAX pflegen Social-Media-Kontakte XING wird von 27 MDAX-Unternehmen genutzt 14 Familienunternehmen präsentieren sich auf sozialen Plattformen Nutzung als Unternehmensprofil und als Karriereplattform Azubi-Blog Personaldirektor von Südzucker, Dr. Kailich, hält es für sehr wichtig, sich als
Arbeitgeber über diese Kanäle an junge Menschen zu richten: „Ich muss sie abholen, erreichen und auch ihre Sprache sprechen.“
Social Media-Profile insgesamt
Allgemeine UN-Seiten
Karriere-portale
XING facebook twitter
M-Dax-Unternehmen
31 (62%) 24 10 27 19 15
Familienunternehmen
14 (70%) 14 6 12 8 9
Quelle: Eigene Darstellung. Mehrfachnennung bei Allgemeine Unternehmensseite und Karriereportal sowie XING, facebook und twitter möglich.
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Kritik und Skandale
Unterschiedlicher Umgang mit öffentlicher Kritik
Offener Umgang mit öffentlicher Kritik und Integration in die Berichterstattung: Fraport wegen Anwohnerprotest gegen Flughafenausbau Vorstandsvorsitzender: „Wir agieren in einem Spannungsfeld. [...] Die Sorgen der Anwohner
hinsichtlich des Fluglärms müssen wir ernst nehmen. Ich sehe hier alle beteiligten Akteure, auch die Fraport AG, in der Pflicht, im Austausch zu bleiben und immer wieder alles zu versuchen, um einen Interessenausgleich zu finden und um Maßnahmen zur weiteren Lärmminderung zu entwickeln.“
Verstöße der ILO-Kernarbeitsnormen in der Zulieferketter (z.B. Puma, C&A oder Otto Group)
Aber auch: lückenhafte bzw. fehlende Berichterstattung über öffentliche Kritik: Lidl stand wegen Nichteinhaltung von fairen Arbeitsbedingungen in der
Zulieferkette und wegen Behinderung von Betriebsratsgründungen in Deutschland in der Kritik
Aldi: Kritik wegen mangelhafter Arbeitsbedingungen bei Zulieferern Schlecker: Kritik wg. Niedriglöhnen, Entlassung von Stammbeschäftigten und
Wiedereinstellung als Zeitarbeitskräfte
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III. Fazit
Bei MDAX und Familienunternehmen ist die Einbindung des GRI-Index unterschiedlich stark, jedoch steigende Tendenz
Personalrisiken verstärkt hervorgehoben im Chancen- und Risikobericht (70% der MDAX-Unternehmen thematisiert personalrelevante Themen)
Unternehmen sehen Mitarbeiter zunehmend als wichtige Ressource
In den Berichten wird hervorgehoben: Durch den demografischen Wandel
verschärft sich Konkurrenz um Fach- und Führungskräfte Personalstrategie I: Image als attraktiver Arbeitgeber Personalstrategie II: Langfristige Bindung der Mitarbeiter durch intensive
Personalentwicklungs- und förderprogramme
Zunehmende Internationalisierung: Diversity fester Bestandteil der Unternehmenswerte
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Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!