Peter Simonischek Franui Musicbanda · PDF file4 Gran Divertimento – Erik Satie:...

40
Divertimento 3 Peter Simonischek Franui Musicbanda Ennui. Geht es immer so weiter? Donnerstag 28. Dezember 2017 20:00

Transcript of Peter Simonischek Franui Musicbanda · PDF file4 Gran Divertimento – Erik Satie:...

Divertimento 3

Peter Simonischek Franui Musicbanda

Ennui. Geht es immer so weiter?

Donnerstag28. Dezember 201720:00

Bitte beachten Sie:

Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit.

Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus.

Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen.

Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen Gästen.

Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder veröffentlicht wird.

Vordruck/Lackform_2017.indd 2-3 14.07.17 12:44

Divertimento 3

Peter Simonischek Rezitation Franui Musicbanda

Ennui. Geht es immer so weiter?

Textauswahl und Dramaturgie: Andreas SchettKomposition/Musikalische Bearbeitung: Markus Kraler, Andreas SchettBühnenraumbild: Martin Gostner

Donnerstag 28. Dezember 2017 20:00

2

PROGRAMM

Ennui. Geht es immer so weiter?

Divertimenti, Kassationen, Serenaden und anderes von Wolfgang Amadeus MozartMusikalische Inseln von Erik SatieEinwürfe von Franz Schubert, Béla Bartók und John Cage

Komposition/Musikalische Bearbeitung: Markus Kraler, Andreas Schett

Texte von Søren Kierkegaard, Georg Büchner, Blaise Pascal, Alberto Moravia, John Cage, Erik Satie, Bertrand Russell, Eckhard Hennscheid, Hans Magnus Enzensberger, Walter Benjamin, Ernst Jandl, Arthur Schopenhauer

Textauswahl und Dramaturgie: Andreas Schett

Bühnenraumbild von Martin Gostner:»Ennui – Retter, spiele, Retter« (2016)neun Plastiken, Plexiglas und Watte, jeweils 50 x 50 x 50 cm Ballon Fat Lake Fire Place Full Tilt Morchel Schnee Schraube Wurst Zwiebel

3

Ablauf

Ouverture ennuyeuse– KV 439b Fünf Divertimenti für drei Bassetthörner,

Divertimento Nr. 4, IV. Adagio

Søren Kierkegaard: Entweder/Oder

Interlude dans un paysage avec une femme bâillante– KV 270 Divertimento in B für zwei Oboen, zwei Hörner

und zwei Fagotte, II. Andantino– KV 455 Zehn Variationen in G über die Ariette

»Unser dummer Pöbel meint« , Thema– KV 563 Divertimento (Streichtrio) in Es für Violine,

Viola und Violoncello, IV. Andante– Béla Bartók, »Kalamaykó« (Round Dance),

aufgezeichnet in Felsöiregh (Tolna), April 1907 (vom Komponisten verwendet in 44 Duos für 2 Violinen Sz. 98, Nr. 2)

Georg Büchner: Leonce und Lena

Blaise Pascal: Über die Religion und über einige andere Gegenstände

Untermalung für den Hanekefilm– KV 563 Divertimento (Streichtrio) in Es für Violine, Viola

und Violoncello , II. Adagio und IV. Andante

Alberto Moravia: La Noia

Søren Kierkegaard: Entweder/Oder

4

Gran Divertimento– Erik Satie: »Tyrolienne turque«, Nr. 1 aus

»Croquis et agaceries d’un gros bonhomme en bois« (1913)– KV 571 Sechs deutsche Tänze, Nr. 6– Erik Satie, »Grande ritournelle« (Nr. 1) aus

»La Belle excentrique« (1920)– KV 138 Divertimento in F, III. Presto– Erik Satie: »Cancan Grand-Mondain« (Nr. 4) aus

»La Belle excentrique« (1920)Nr. 1: Tyrolienne turque John Cage: The Empty MindNr. 2: Tanz! Erik Satie: SchriftenNr. 3: Ritournelle (with snorkel) Erik Satie: SchriftenNr. 4: Vierter SatzNr. 5: Cancan (sehr mondän)

Bertrand Russell: Die Eroberung des Glücks

Mobile aus Ouverture ennuyeuse

Choral aus Ouverture ennuyeuse

Alberto Moravia: La Noia

Pièces froides pour une boîte à musique– KV 594 Adagio und Allegro in f für ein Orgelwerk, Adagio– Erik Satie: »Passer«, Nr. 2 aus »Pièces froides

(Danses de travers)« (1897)

Canon à hurler– KV 555 »Lacrimoso son’io«, Vierstimmiger Kanon

Eckhard Hennscheid: Gott trifft Hüttler in Vaduz

5

Lied von denen die alles schon wissenText: Hans Magnus Enzensberger

Walter Benjamin: Die Langeweile, ewige Wiederkehr

Prière – Erik Satie: »Prière« aus »Pages mystiques« (1892)

Walter Benjamin: Die Langeweile, ewige Wiederkehr

Kassation (halbgefroren)– KV 63 Kassation in G, III. Andante

Bertrand Russell: Die Eroberung des Glücks

Promenade dans une coquille de noix– KV 166 Divertimento in Es für zwei Oboen, zwei Klarinet-

ten, zwei Englischhörner, zwei Hörner und zwei Fagotte, IV. Adagio

– KV 186 Divertimento in B für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Englischhörner, zwei Hörner und zwei Fagotte, IV. Adagio

Søren Kierkegaard: Entweder/Oder

Bertrand Russell: Die Eroberung des Glücks

Geht das immer so weiter– KV 439b Fünf Divertimenti für drei Bassetthörner,

Divertimento Nr. 1, III. Adagio

Die Meere– nach Johannes Brahms, Drei Duette op. 2/3

Ernst Jandl: Leise Unruhe

Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung

6

Petit requiem pour le troisième homme– Franz Schubert (1797 – 1828): Andante aus

»Divertissment à la Hongroise« D 818– Erik Satie: »Lentement« aus »Trois Morceaux en forme

de Poire« (1903)– KV 63 Kassation in G, III. Andante

John Cage: The Empty Mind

Prologue dissonant– KV 465 Quartett in C für zwei Violinen, Viola und

Violoncello »Dissonanzenquartett«, Adagio

Erik Satie: Schriften

Sports et DivertissementsErik Satie: aus »Sports et Divertissements« (1914)Nr. 1 Choral inappétissant (Unappetitlicher Choral)Nr. 2 La Balançoire (Die Schaukel)Nr. 15 Le Pique-nique (Das Picknick)Nr. 6 Colin-Maillard (Blinde Kuh)Nr. 14 Les Quatre-Coins (Die vier Ecken)Nr. 20 Le Feu d’Artifice (Das Feuerwerk)

Cheap Imitation on John Cage’s Perpetual Tango after Satie– John Cage: »Perpetual Tango«

John Cage: The Empty Mind

Großes Würfelspiel– KV 516f »Musikalisches Würfelspiel«

7

DIE TEXTE

Søren Kierkegaard 1813 – 1855»Entweder / oder, die Wechselwirtschaft. Ein Versuch in der sozialen Klugheitslehre«

Was Wunder also, dass es rückwärts geht mit der Welt, dass das Übel immer mehr um sich greift, da die Langeweile zunimmt und Langeweile eine Wurzel alles Übels ist. Dies lässt sich vom Anbeginn der Welt her verfolgen. Die Götter langweilten sich, darum schufen sie den Menschen. Adam langweilte sich, weil er allein war, darum wurde Eva erschaffen. Von dem Augenblick an kam die Langeweile in die Welt und nahm zu im geraden Verhältnis zur Zahl der Menschen. Adam langweilte sich allein, dann langweilten sich Adam und Eva zu zweien, dann langweilten sich Adam und Eva und Kain und Abel en famille, dann wuchs die Menge der Menschen auf Erden, und sie langweilten sich en masse. Um sich zu unterhalten, kamen sie auf den Gedanken, einen Turm zu bauen, so hoch, dass er bis in den Himmel rage. Dieser Gedanke war ebenso langweilig wie der Turm hoch und beweist mit erschreckender Deutlichkeit, dass die Langeweile schon gesiegt hatte. Dann wurden sie über die Erde zerstreut – eine kleine Zerstreuung wie heute eine Reise ins Ausland – und langweilten sich weiter. Und die Folgen dieser Langeweile? Der Mensch stand hoch und fiel tief; zuerst durch Eva, dann vom babylonischen Turm! Was aber tut man heute? Sorgt man für Zerstreuung, wie es sich gehört? Keine Rede! Man tut alles, um den Ruin zu befördern! […] Man will die Finanzen des Staates verbessern, und was tut man? Man nimmt sich vor zu sparen! Kann man sich etwas Langweiligeres denken?

(Deutsche Übersetzung von Heinrich Fauteck, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1975/2005, S. 332 f.)

Georg Büchner 1813 – 1837»Leonce und Lena«

Die Bienen sitzen so träg an den Blumen, und der Sonnenschein liegt so faul auf dem Boden. Es krassirt ein entsetzlicher Müßiggang. – Müßiggang ist aller Laster Anfang. – Was die Leute nicht Alles aus Langeweile treiben! Sie studiren aus Langeweile, sie beten aus Langeweile, sie verlieben, verheirathen und vermehren sich aus Langeweile und sterben endlich an der Langeweile und – und das ist der Humor davon – Alles mit den wichtigsten Gesichtern, ohne zu merken warum, und meinen Gott weiß was dabei. Alle diese Helden, diese Genies, diese Dummköpfe, diese Heiligen, diese Sünder, diese Familienväter sind im Grunde nichts als raffinirte Müßiggänger.

Blaise Pascal 1623 – 1662»Über die Religion und über einige andere Gegenstände«

Wenn ich mir mitunter vornahm, die vielfältigen Aufregungen der Menschen zu betrachten, die Gefahren und Mühsalen, denen sie sich aussetzen, woraus so vielerlei Streit, Leidenschaften, kühne und oft böse Handlungen usw. entspringen, so fand ich, dass alles Unglück der Menschen einem entstammt, nämlich, dass sie unfähig sind, in Ruhe in ihrem Zimmer zu bleiben. Nichts ist so unerträglich für den Menschen, als sich in einer vollkommenen Ruhe zu befinden, ohne Leidenschaften, ohne Geschäfte, ohne Zerstreuungen, ohne Aufgabe. Er wird dann sein Nichts fühlen, seine Verlassenheit, sein Ungenügen, seine Abhängigkeit, seine Ohnmacht, seine Leere. Unaufhörlich wird aus dem Grund seiner Seele der Ennui aufsteigen, die Schwärze, die Traurigkeit, der Kummer, der Verdruss, die Verzweiflung.

8

Alberto Moravia 1907 – 1990»La Noia«

Ich denke, an diesem Punkt ist es angebracht, ein paar Bemerkungen über die Langeweile zu machen, ein Gefühl, von dem ich […] noch oft sprechen werde. Soweit meine Erinnerung zurückreicht, habe ich immer an Langeweile gelitten. […] Wenn ich mich langweile, macht mir die Wirklichkeit stets den Eindruck, den eine zu kurze Decke einem Schläfer in der Winternacht macht. Zieht er sie über die Füße, so friert er auf der Brust, zieht er sie zur Brust empor, friert er an den Füßen. So gelingt es ihm niemals, richtig einzuschlafen. Oder ein anderer Vergleich: Meine Langeweile ähnelt der wiederholten geheimnisvollen Unterbrechung des elektrischen Stromes in einer Wohnung. Einen Moment ist alles klar und augenfällig, die Sessel, die Diwane, die Schränke, die Konsolen, die Bilder, die Vorhänge, die Teppiche, die Fenster, die Türen: einen Augenblick später ist alles nichts als Leere und Finsternis. Oder dritter Vergleich: Meine Langeweile könnte als eine Krankheit der Gegenstände definiert werden. Sie verlieren plötzlich jede Vitalität, so als sähe man in Sekunden eine Blume von der Knospe zum Verblühen und zum Staub übergehen. […] Zum Beispiel kann es mir geschehen, dass ich mit einer gewissen Aufmerksamkeit ein Glas ansehe. Solange ich mir sage, dass dieses Glas ein Behältnis ist, zu dem Zweck, eine Flüssigkeit aufzunehmen und an die Lippen zu führen, scheint es mir, als hätte ich zu ihm eine Beziehung, die ausreicht, an seine Existenz und an meine eigene zu glauben. Es kann aber auch geschehen, dass das Glas in der zuvor beschriebenen Art seinen Lebenssinn einbüßt und sich mir als etwas Fremdes darbietet, zu dem ich keinerlei Beziehung habe, das mir – mit einem Wort – als völlig absurder Gegenstand erscheint. Dann ergibt sich aus dieser Absurdität Langweile, die, letzten Endes, nichts Anderes ist als mangelnde Fähigkeit zur Kommunikation und die Unmöglichkeit, sich von diesem Zustand zu befreien.

(Deutsche Übersetzung: Percy Eckstein, Verlag Wagenbach, Berlin 2007, S. 6 ff.)

Søren Kierkegaard»Entweder / oder, die Wechselwirtschaft. Ein Versuch in der sozialen Klugheitslehre« (a. a. O.)

Aufgehoben wird sie – die Langeweile – nur durch Unterhaltung; ergo: man muss sich unterhalten. Zu sagen, man könne die Langeweile durch Arbeit aufheben, verrät unklares Denken. Der Müßiggang kann durch Arbeit aufgehoben werden, weil er das Gegenteil der Arbeit ist; nicht aber die Langeweile. Daher sind auch die allerfleißigsten Arbeiter, die ewig brummenden und schnurrenden Insekten, die allerlangweiligsten Wesen; und wenn sie sich nicht langweilen, so kommt das daher, dass sie nicht wissen, was Langeweile ist.

9

John Cage 1912 – 1992»The empty mind« Silence: lectures and writings

Eine Zeit, die nichts als Zeit ist, lässt Klänge nichts als Klänge sein, und wenn es Volksweisen, unaufgelöste Nonakkorde oder Messer und Gabeln sind, sind es nichts als Volksweisen, unaufgelöste Nonakkorde oder Messer und Gabeln.

(Herausgeber: Walter Zimmermann und Marie Luise Knott, Berlin 2012, Suhrkamp, S. 160)

Erik Satie 1866 – 1925Schriften Zitiert nach John Cage, »the empty mind« (a. a. O.)

Zeigen Sie mir etwas Neues; ich will von vorn anfangen.Wenn in diese Richtung nichts mehr getan werden kann, muss ich mir etwas anderes suchen, oder ich bin verloren.

Persönlich bin ich weder gut noch schlecht. Ich oszilliere sozusagen. Auch tat ich nie jemandem etwas wirklich Böses – und nichts Gutes noch obendrein.

Bertrand Russell 1872 – 1970»Eroberung des Glücks« 4. Kapitel: Langeweile und Anregung

Alle großen Bücher enthalten langweilige Stellen, und die Lebensläufe aller Großen weisen öde Strecken auf. Man stelle sich nur vor, einem modernen Verleger würde das Alte Testament als ein neues Manuskript vorgelegt. Es ist nicht schwer, sich auszumalen, in welcher Weise er z. B. die Geschlechterregister kommentieren würde.»Mein Verehrtester«, würde er sagen, »dieses Kapitel ist fad. Sie werden doch nicht glauben, dass Ihr Leser Interesse für eine bloße Aufzählung der Eigennamen von Leuten aufbringt, über die Sie ihm so wenig sagen. Ich gebe zu, dass Sie Ihre Geschichte sehr fesselnd einsetzen lassen, und war zunächst angenehm berührt, aber Sie wollen durchaus alles in das Buch hineinpacken. Beschränken Sie sich auf die Stellen, auf die die Schlaglichter fallen, lassen Sie den ganzen überflüssigen Kram weg und kommen Sie mit Ihrem Manuskript wieder, wenn Sie es auf eine vernünftige Länge zusammengestrichen haben.« So würde der moderne Verleger reden, der die Angst des modernen Lesers vor der Langeweile kennt.Und genau so würde er sich über die klassischen Schriften des Konfuzius, über den Koran, das Kapital von Karl Marx und sämtliche andern heiligen Bücher äußern, die sich im Laufe der Zeit als Bestseller erwiesen haben. In allen hervorragenden Romanen gibt es langweilige Stellen. Von einem Roman, der von der ersten bis zur letzten Zeile von Geist sprüht, kann man getrost annehmen, dass er nicht zu den besten seiner Gattung gehört. Ebenso war das Leben bedeutender Männer, von wenigen großen Momenten abgesehen, keine aufregende Sache. Sokrates hatte dann und wann seine Freude an einem Gastmahl und muss erhebliche Befriedigung aus den Gesprächen geschöpft haben, die er führte, indes der Schierlingstrank zu wirken begann, die Hauptzeit seines Lebens aber verbrachte er ruhig bei seiner Xanthippe, machte nachmittags seinen Verdauungsspaziergang und traf dabei vielleicht den und jenen Freund.

10

Kant soll sich nie weiter als zehn Meilen von Königsberg entfernt haben. Darwin lebte, nachdem er von seiner Weltreise zurückgekehrt war, bis zu seinem Tode ruhig zu Hause. Karl Marx entschloss sich, nachdem er ein paar Revolutionen angefacht hatte, die ihm verbleibenden Tage im Britischen Museum zuzubringen. Kurzum, man wird allgemein finden, dass ein ruhiges Leben für große Männer charakteristisch ist, und dass ihre Lebensgenüsse von außen betrachtet nichts Aufregendes hatten.

(Deutsche Übersetzung: Magda Kahn, Frankfurt a. Main, Suhrkamp 1977)

Alberto Moravia»La Noia« (a. a. O.) Boredom

Mein miserables Abschneiden in der Schule wurde auf sogenannte »Konzentrationsschwäche« zurückgeführt, das heißt auf eine angeborene Unfähigkeit, diese oder jene Materie aufzunehmen, und ich selbst akzeptierte diese Erklärung in Ermangelung einer besseren. Jetzt aber weiß ich mit Sicherheit, dass die schlechten Noten, die ich am Ende jedes Schuljahres einheimste, ein einziges Motiv hatten: Langeweile. Ich spürte deutlich und mit dem gewohnten tiefen Unbehagen, dass ich keinerlei Beziehung besaß zu dem riesigen Durcheinander von athenischen Staatsmännern und römischen Kaisern, von südamerikanischen Flüssen und asiatischen Gebirgen, von den Elf-Silbern Dantes und den Hexametern Vergils, von algebraischen Operationen und chemischen Formeln. Diese ungeheure Menge von Wissensstoff ging mich nichts oder nur soweit etwas an, als ich ihre fundamentale Unsinnigkeit feststellte. Aber, wie gesagt, ich bekannte mich weder vor mir selbst noch vor anderen zu diesem rein negativen Gefühl; ich sagte mir vielmehr, ich dürfe es nicht haben, und litt darunter. Ich erinnere mich, dass mir schon damals dieses Leiden den Wunsch eingab, es zu definieren und zu erklären. Aber ich war ein Junge mit der ganzen Pedanterie und dem Ehrgeiz eines Jungen. Das Ergebnis war daher das Projekt einer Weltgeschichte unter dem Gesichtspunkt Langeweile, von der ich aber nur die ersten Seiten wirklich schrieb. Diese Weltgeschichte unter dem Aspekt der Langeweile beruhte auf einer sehr einfachen Idee: Nicht der Fortschritt, die biologische Evolution, ökonomische Faktoren, noch irgend andere Motive, die von den Historikern der verschiedenen Schulen für gewöhnlich angeführt werden, waren die Triebfedern der Geschichte, sondern die Langeweile. Von dieser großartigen Entdeckung hochbegeistert, ergriff ich die Dinge bei der Wurzel: Im Anfang war also die Langeweile, gemeinhin Chaos genannt. Gott, der Langeweile überdrüssig, schuf Erde und Himmel, Wasser, Tiere und Pflanzen, Adam und Eva. Die aber langweilten sich ihrerseits im Paradies und aßen von der verbotenen Frucht. Gott wurde ihrer überdrüssig und vertrieb sie aus dem Paradies. Kain, von Abel gelangweilt, erschlug ihn. Noah, der sich langweilte, erfand den Wein. Wiederum waren die Menschen dem lieben Gott langweilig geworden, und er zerstörte die Welt durch die Sintflut. Auch die aber wurde ihm bald dermaßen langweilig, dass er es wieder schönes Wetter werden ließ. Und so weiter. Die großen Reiche der Ägypter, Babylonier, Perser, Griechen und Römer erwuchsen aus der Langeweile und brachen unter der Langeweile wieder zusammen. Die Langeweile des Heidentums rief das Christentum hervor, die Langeweile des Katholizismus den Protestantismus. Europa war so langweilig geworden, dass die Menschen auszogen, Amerika zu entdecken. Die Langeweile des Feudalismus führte zur Französischen Revolution, die des Kapitalismus zur Russischen. Alle diese hübschen Ideen wurden auf einer Art Generalplan verzeichnet, und dann begann ich mit großem Eifer, die Geschichte so zu

11

schreiben. Genau erinnere ich mich nicht mehr, aber ich glaube, ich kam nicht über die sehr eingehende Schilderung der Langeweile Adams und Evas im Paradies und des hierdurch verursachten Sündenfalles hinaus. Dann wurde mir meinerseits das ganze Projekt zu langweilig, und ich ließ es liegen.

Eckhard Henscheid geb. 1942»Gott trifft Hüttler in Vaduz«. Eine kleine Kulturgeschichte

Das Jahr 333 (v. Chr.) ist uns vom Pennal her noch wohlbekannt; da besiegte Alexander bei Issos in einer Keilerei alles, was sich ihm in den Weg stellte, und bügelte es nieder. Teilen wir die Sache nun durch drei, dann kommt 111 heraus, die Opus-Zahl also von Beethovens letzter und meistgedeuteter (T. Mann, Adorno usf.) Klaviersonate, der von Strawinsky sog. »Boogie-Woogie«-Sonate. Nehmen wir es umgekehrt mal drei, so erhalten wir 999, also die Dauer, für die der Tenor und Leutnant Pinkerton in Puccinis Oper das Haus bei Nagasaki kaufen muss, will er seine Madama Butterfly heimführen, bei notabene monatlichem Kündigungsrecht. Gleichzeitig bricht 999 König Otto III. von Rom nach Gnesen auf; zieht man aber von jenen 999 zuerst 111 und dann 333 ab, kommt 555 raus, also genau die Köchelverzeichnisnummer von W. A. Mozarts Kanon »Lacrimoso son’io«, ein ziemlich langweiliges Stück. […]; interessanter wird es schon wieder, zählt man die 111 plus 333 neuerlich dazu, dann kommen wir auf Bachs Orgelchoral »Jesus Christus, unser Heiland«, BWV 666, schlagen wir guten Muts nochmals 222 drauf, so erhalten wir BWV 888, des Wohltemperierten Klaviers 2. Teil Nr. 19 […] P.S. Dass James Bond auf die Zahl 007 hört, dass andererseits Papst Benedikt (Ratzinger) der 16. auf die gleiche Quersumme kommt, mag ein merkwürdiger, vielleicht auch denkwürdiger Zufall sein, mag sein sogar ein Omen für dies und das; es gehört aber (so irrelevant es ohnehin ist) strenggenommen nicht in unsere hier erörterte Reihe. […] Übrigens können wir auch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 hier zwar nicht für unsere Reihe anerkennen; doch abermals stoßen wir auf die Quersumme 16 bzw. in zweiter Instanz 7. Und also nochmals auf den Papst/Bond-Konnex …Dagegen wurde Methusalem, wie erinnerlich, 969 Jahre alt.

(München 2008, Antje Kunstmann Verlag)

Hans Magnus Enzensberger geb. 1929»Lied von denen auf die alles zutrifft und die alles schon wissen«

Dass etwas getan werden muss und zwar sofortdas wissen wir schondass es aber noch zu früh ist um etwas zu tundass es aber zu spät ist um noch etwas zu tundas wissen wir schon

und dass es uns gut gehtund dass es so weiter gehtund dass es keinen Zweck hatdas wissen wir schon

12

und dass wir schuld sindund dass wir nichts dafür können dass wir schuld sindund dass wir daran schuld sind dass wirnichts dafür könnenund dass es uns reichtdas wissen wir schon

und dass es vielleicht besser wäre die Fressezu haltenund dass wir die Fresse nicht halten werdendas wissen wir schondas wissen wir schon

und dass wir niemand helfen könnenund dass uns niemand helfen kanndas wissen wir schon

und dass wir begabt sindund dass wir die Wahl haben zwischennichts und wieder nichtsund dass wir dieses Problem gründlichanalysieren müssenund dass wir zwei Stück Zucker in den Tee tundas wissen wir schon

und dass wir gegen die Unterdrückung sindund dass die Zigaretten teurer werdendas wissen wir schon

und dass wir es jedesmal kommen sehenund dass wir jedesmal recht behalten werdenund dass daraus nichts folgtdas wissen wir schon

und dass das alles wahr istund dass das alles gelogen istund dass das alles istdas wissen wir schon

und dass Überstehn nicht alles ist sonderngar nichtsdas wissen wir schon

und dass wir es überstehndas wissen wir schon

und dass das alles nicht neu istund dass das Leben schön istdas wissen wir schondas wissen wir schondas wissen wir schon

und dass wir das schon wissenund dass wir das schon wissendas wissen wir schon

13

Walter Benjamin 1892 – 1940»Die Langweile, ewige Wiederkehr«

Die Langeweile begann in den vierziger Jahren [des 19. Jahrhunderts] epidemisch empfunden zu werden. Diesem Leiden soll zuerst Lamartine Ausdruck gegeben haben. Es spielt seine Rolle in einer kleinen Geschichte, bei der es sich um den berühmten Komiker Deburau handelt. Ein großer Pariser Nervenarzt wurde eines Tages von einem Patienten aufgesucht, der zum ersten Male bei ihm erschien. Der Patient klagte über die Krankheit der Zeit, Unlust zu Leben, tiefe Verstimmungen, Langeweile. »Ihnen fehlt nichts«, sagte nach eingehender Untersuchung der Arzt. »Sie müssten nur ausspannen, etwas für ihre Zerstreuung tun. Gehen Sie einen Abend zu Deburau und Sie werden das Leben gleich anders ansehen.« »Ach lieber Herr«, antwortete der Patient, »ich bin Deburau«.

Walter Benjamin»Die Langweile, ewige Wiederkehr« (a. a. O.)

Langeweile ist ein warmes graues Tuch, das innen mit dem glühendsten, farbigsten Seidenfutter ausgeschlagen ist. In dieses Tuch wickeln wir uns, wenn wir träumen. Dann sind wir in den Arabesken seines Futters zuhause. Aber der Schläfer sieht grau und gelangweilt dar unter aus. Und wenn er dann erwacht und erzählen will, was er träumte, so teilt er meist nur diese Langeweile mit. Denn wer vermöchte mit einem Griff das Futter der Zeit nach außen zu kehren?

Bertrand Russell»Eroberung des Glücks« 4. Kapitel: Langeweile und Anregung (a. a. O.)

Schon den Kindern sollte die Fähigkeit beigebracht werden, ein mehr oder weniger einförmiges Leben zu ertragen. In dieser Hinsicht sind heute die Eltern schwer zu tadeln; denn sie verschaffen ihren Kindern viel zu viel passive Vergnügungen […] und machen sich gar nicht klar, wie notwendig es für ein Kind ist, dass ihm, von seltenen Ausnahmen abgesehen, ein Tag wie der andere dahingeht. Die Freuden der Kinder sollten in der Hauptsache jene sein, die das Kind selbst durch einige Mühe und Erfindungsgabe seiner Umgebung abgewinnt. Vergnügungen, die aufregen und dazu keinerlei körperliche Anstrengungen verlangen, wie das Theater, sollten ziemlich ausgeschaltet bleiben; denn ihre Aufregung ist von der Art des Rauschgiftes, von dem immer mehr und mehr begehrt wird, und die körperliche Untätigkeit während der Erregung läuft dem Instinkt zuwider. Ein Kind entwickelt sich am besten, wenn man es gleich einer jungen Pflanze ungestört im selben Erdreich lässt. Zuviel Reisen, zu vielfältige Eindrücke sind nicht gut für die Jugend und machen sie unfähig, wenn sie älter werden, eine fruchtbare Eintönigkeit zu ertragen. Ich meine damit nicht, dass in der Einförmigkeit als solcher besondere Werte liegen, sondern einfach, dass gewisse gute Dinge im Leben nicht ohne einen gewissen Grad von Einförmigkeit zu haben sind. […] Ein Knabe oder Jüngling mit einigermaßen ernsten konstruktiven Interessen wird gern ein ganzes Teil Langeweile auf sich nehmen, wenn er das zweckdienlich findet. Doch solche Interessen bilden sich nicht leicht in dem Geist eines Jungen heraus, der ein Dasein voller Ablenkungen und Zerstreuungen führt; denn in solchem Fall werden sich seine Gedanken immer eher auf das nächste Vergnügen als auf die noch ferne Vollendung seines Vorhabens richten. Aus all diesen Gründen wird eine Generation, die

14

keine Langeweile zu ertragen vermag, eine Generation von kleinen Leuten sein, von Leuten, die sich törichterweise von dem schrittweisen Vorgehen der Natur losgesagt haben, in denen jeder Lebensimpuls langsam verkümmert, als wären sie wurzellose Blumen in einem Glase Wasser.

Søren Kierkegaard»Entweder / oder, die Wechselwirtschaft. Ein Versuch in der sozialen Klugheitslehre« (a. a. O.)

Alle, die sich langweilen, schreien nach Abwechslung. Sie haben recht, und ich bin ganz einverstanden mit ihnen; nur fasse ich die Sache prinzipiell an. […] Die Methode, die ich vorschlagen möchte, wechselt nicht den Boden; sie wechselt die Saat, die Art der Bebauung. Hier tritt nun sofort das Prinzip der Beschränkung hervor, von dem einzig und allein die Rettung kommt. Je mehr man sich beschränkt, desto erfinderischer wird man. […] Wie erfinderisch ist der Schuljunge, wenn er sich langweilt – was oft genug vorkommt. […] Er fängt eine Fliege, steckt sie unter eine Nuss-Schale: und sieht zu, wie sie herumspaziert. Welch herrliche Unterhaltung!

Bertrand Russell»Eroberung des Glücks« 4. Kapitel: Langeweile und Anregung (a. a. O.)

Was wir auch denken und glauben mögen, wir sind Geschöpfe der Erde; unser Leben ist ein Teil des Erdendaseins, und der Erde gewinnen wir gleich den Pflanzen und Tieren unsere Nahrung ab. Der Rhythmus der Erde ist langsam; Herbst und Winter sind darin so wichtig wie Frühling und Sommer, Ruhe so wichtig wie Bewegung. […] Durch alle Zeitalter hindurch hat sich der menschliche Körper diesem Rhythmus angepasst. […] Ich habe einmal erlebt, wie ein zweijähriger Knabe, der nie aus London hinausgekommen war, zum ersten Mal mit ins Grüne genommen wurde. Es war Winter und alles ringsum feucht und schmutzig. Das Auge des Erwachsenen konnte nichts entdecken, was es besonders erfreut hätte, in dem Kleinen aber erwachte eine seltsame Begeisterung. Er kniete auf der nassen Erde nieder und steckte sein Gesicht ins Gras und stieß halberstickte Rufe des Entzückens aus. Es war eine primitive, einfache, handfeste Freude, die er fühlte. Das organische Bedürfnis, das hier Befriedigung fand, ist ein so tiefes, dass Menschen, in denen es erstickt wird, sich selten völliger Geistesgesundheit erfreuen. Viele Zerstreuungen […] wahren diesen Zusammenhang mit der Erde in keiner Weise. Darum fühlt sich der Mensch, wenn er von ihnen kommt, unbefriedigt und trübgestimmt und es ist ihm, als leide er Hunger nach irgendetwas Unbestimmtem. […] Alles, was uns hingegen mit der Erde in Berührung bringt, hat etwas unendlich Befriedigendes, das auch nachwirkend anhält. […] Der Unterschied, den ich meine, geht durch die ganze Stufenleiter von den einfachsten Betätigungen bis zu den höchsten Leistungen der Kultur. Der zweijährige Junge, von dem ich sprach, bezeugte die primitivste Art der Vereinigung mit dem Leben der Erde, die sich denken lässt. In höherer Form spiegelt die Dichtkunst die gleichen Empfindungen wider. Shakespeares Lyrik ist dadurch so überragend, dass sie von demselben Jubel erfüllt ist, der den kleinen Burschen die Wiese umarmen ließ. […] Die besondere Art von Langeweile, an der die moderne Stadtbevölkerung krankt, beruht aufs allerstärkste auf ihrer Scheidung vom Leben der Erde. Dadurch wird das Dasein heiß und staubig und von Durstqual erfüllt wie eine Wanderung in der Wüste. […] Ein glückliches Leben muss in sehr weitem Maße ein stilles Leben sein; denn nur in stiller Luft kann wahre Freude gedeihen.

15

Ernst Jandl 1925 – 2000Leise Unruhe – aus »Idyllen. Gedichte«

an ruhigen tagen sitzen und fragen:geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?ach ginge es doch immer so weiter

auch mit dem weinhab ich immer die hoffnungvielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besserund es wird nicht besser

(Frankfurt a. Main 1989, Luchterhand Verlag)

Arthur Schopenhauer 1788 – 1860Die Welt als Wille und Vorstellung

So ist das Dasein […] ein stetes Hinstürzen der Gegenwart in die tote Vergangenheit, ein stetes Sterben. Sehn wir es nun aber auch von der physischen Seite an; so ist offenbar, dass, wie bekanntlich unser Gehn nur ein stets gehemmtes Fallen ist, das Leben unseres Leibes nur ein fortdauerndes gehemmtes Sterben, ein immer aufgeschobener Tod ist: endlich ist ebenso die Regsamkeit unsres Geistes eine fortdauernd zurückgeschobene Langeweile. Jeder Atemzug wehrt den beständig eindringenden Tod ab, mit welchem wir auf diese Weise in jeder Sekunde kämpfen, und dann wieder, in größeren Zwischenräumen, durch jede Mahlzeit, jeden Schlaf, jede Erwärmung usw. Zuletzt muss er siegen: denn ihm sind wir schon durch die Geburt anheimgefallen, und er spielt nur eine Weile mit seiner Beute, bevor er sie verschlingt. Wir setzen indessen unser Leben mit großem Anteil und vieler Sorgfalt fort, so lange als möglich, wie man eine Seifenblase so lange und so groß als möglich aufbläst, wiewohl mit der festen Gewissheit, dass sie platzen wird.

John Cage»The empty mind« (a. a. O.)

Im Zen heißt es: Wenn etwas nach zwei Minuten langweilig ist, probiere es vier Minuten. Wenn es immer noch langweilig ist, probiere acht, sechzehn, zweiunddreißig und so weiter. Irgendwann entdeckt man, dass es ganz und gar nicht langweilig ist, sondern sehr interessant.

16

Erik Satie 1866 – 1925»Sports & Divertissements« (aus gesammelte Schriften)

Für die »Gekrümmten« und »Verdummten« habe ich einen ernsten, anständigen Choral geschrieben.Dieser Choral ist eine bissige Vorrede, eine Art strenge und züchtige Einleitung.Da habe ich alles hineingepackt, was ich über den Verdruss weiß. Dieser Choral sei jenen gewidmet, die mich nicht mögen.Ich ziehe mich zurück.

»Choral inappétissant« – »Unappetitlicher Choral«Mürrisch und gehässig.Heuchlerisch (langsamer werden).

»La Balançoire« – »Die Schaukel«Das ist mein Herz, das so hin- und herschwingt. Ihm wird nicht schwindelig.Wie klein seine Füße sind. Möchte es zurück in meine Brust?

»Le Pique-Nique« – »Das Picknick«Sie haben alle sehr kaltes Kalbfleisch mitgebracht.Sie haben ein schönes weißes Kleid.Schau! Ein Flugzeug.Aber nein, das ist ein Gewitter.

»Colin-Maillard« – »Blinde Kuh«Suchen Sie, mein Fräulein. Der, der Sie liebt, ist keine zwei Schritte entfernt. Wie bleich er ist, seine Lippen zittern. Sie lachen? Er hält sein Herz in beiden Händen. Aber Sie gehen vorüber, ohne ihn zu entdecken.

»Les Quatre-Coins« – »Die vier Ecken«Die vier Mäuse. Die Katze. Die Mäuse ärgern die Katze. Die Katze streckt sich.Sie stürzt los. Da ist sie.

»Le Feu d’artifice« – »Das Feuerwerk«Wie dunkel es ist! Oh, ein bengalisches Feuer! Eine Rakete, eine blaue Rakete.Alle staunen. Ein Greis wird verrückt. Großes Finale!

Ich habe es satt, an gebrochenem Herzen zu sterben. Alles, was ich schüchtern unternehme, scheitert mit nie zuvor gekannter Frechheit. Was bleibt mir übrig, als mich an Gott zu wenden und mit dem Finger auf ihn zu zeigen? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Dummheit des alten Herrn seine Schwäche übertrifft. Aber fahren wir fort, ich werde darauf zurückkommen …

John Cage»The empty mind« (a. a. O.)Gleich nachdem ich in Boston angekommen war, begab ich mich in den schalltoten Raum der Harvard-Universität. Jeder, der mich kennt, kennt diese Geschichte. Ich erzähle sie ständig. Nun also – ich hörte in diesem stillen Raum zwei Klänge, einen hohen und einen tiefen. Nachher fragte ich den zuständigen Techniker, warum ich, obwohl der Raum so still war, zwei Klänge gehört hatte. Er sagte: »Beschreiben Sie sie«. Ich tat es. Er sagte: »Der hohe war Ihr arbeitendes Nervensystem, der tiefe Ihr zirkulierendes Blut.«

17

ZUM PROGRAMM

Kurze statt lange Weile – oder: »Ennui. Geht es immer so weiter?

»An dem Tag, als unsere Geschichte losging, saß Leonce in einem großen Hof, direkt neben einem tiefen Brunnen, im Halbschatten der lachenden Sonne. Er machte, was er gestern und vorgestern und vorvorgestern und sowieso ständig tat, er langweilte sich entsetzlich. Gerade hatte er 365 Mal auf einen Stein gespuckt, dann wollte er Sandkörner zählen, und am Ende, nur um nach-zusehen, ob das vielleicht etwas an der Sache änderte, wollte er sich auf den Kopf gucken, was natürlich auch nicht klappte. Was ihm gelang, war immer nur die Langweile.« Wer kennt nicht die-ses Gefühl, diesen Zustand und diese über allem mitschwingen-den Fragen: Was mach ich bloß? Wohin mit mir in dieser Welt? Und wo ist bitteschön das Ende dieser trostlosen Leere? Über das Phänomen der Langeweile haben zahllose Schriftsteller und Philosophen geschrieben, nachgedacht. Schließlich ist dieses Phänomen ein existenzielles, das uns alle irgendwann betreffen kann. Auch Georg Büchner hat sich über die Langeweile den Kopf zerbrochen. Doch nicht tiefenintellektuell, sondern komö-diantisch. Und so begegnet man sogleich in der Eingangsszene der sprachlich von Robert Wilson und Herbert Grönemeyer etwas aufgefrischten Fassung von Büchners Theaterstück Leonce und Lena einem männlichen Titelhelden, dem die Decke bzw. der Himmel vor lauter Einförmigkeit auf den Kopf fällt. Und dass Prinz Leonce selbst in der Liebe nicht gerade einen rettenden Anker sieht, wird er auch seiner Rosetta unverblümt mitteilen. »Ich habe Langeweile, weil ich dich liebe.« Wer dementsprechend an soviel Eintönigkeit laborieren musste wie Leonce, der darf natürlich nun keinesfalls beim neuesten musikliterarischen Programm, oder besser: Coup von Franui fehlen. Denn dieses Musikerkollektiv, das sich als »Umspannwerk zwischen Klassik, Volksmusik, Jazz und zeitgenössischer Kammermusik« bezeichnet, hat sich doch jetzt tatsächlich die Langeweile mit all ihren Risiken und Nebenwir-kungen auf die Fahnen geschrieben. Ennui. Geht es immer so wei-ter? lautet der Titel des heutigen Abends, für den kein Geringerer als der österreichische Experimentallyriker Ernst Jandl mit einem seiner Gedichte die entsprechende Steilvorlage geliefert hat:

18

an ruhigen tagensitzen und fragen:geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?geht es immer so weiter?ach ginge es doch immer so weiterauch mit dem weinhab ich immer die hoffnungvielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besservielleicht wird es besserund es wird nicht besser

Der etwas andere Lebensberater Jandl hat es schon immer gewusst: das Hamsterrad ist der größte Kerker des Menschen. Und trotzdem: den Kopf muss man deswegen nicht hoffnungs-los in den Sand stecken. Schließlich gibt es gegen die Marter der Langeweile mindestens ein Gegengift: die musikalische Zer-streuung und Unterhaltung, das Amüsement und Divertissement. Genau darauf ist Franui von jeher spezialisiert. Und wie man spä-testens seit dem klingenden Leichenschmaus-Projekt Frische Ware – Musik für Totengräber weiß, kann das Tentett mit seiner herrlich subversiven, galgenhumorigen Musizierlust zwar noch nicht Tote, aber dafür immerhin die guten Laune-Geister zum Leben erwecken.

Beste Vorzeichen also für einen musikliterarischen Themen-abend, der sich um die im Französischen mit »Ennui« und im Österreichischen mit »Fadesse« bezeichnete Langeweile dreht. Und während Franui mit Wolfgang Amadeus Mozart, Erik Satie und dem Satie-Fan John Cage gleich drei musikalische Freigeis-ter ausgewählt hat, bei denen alle Kummerfalten und Müßig-gangsneigungen auf Anhieb verschwinden, hat man für den literarisch-philosophischen Anteil des Programms mit Peter Simonischek mehr als nur prominente Verstärkung gewonnen. Der Burgtheater-Schauspieler wurde zum eigentlichen Auslö-ser für Ennui. Geht es immer so weiter?. Bei einer Veranstaltung im Wiener Konzerthaus hatte das Ensemble Franui Simonischek

19

dabei erlebt, wie er dem Jandl-Gedicht die Schönheit der Repe-tition, den Nebel der Lakonie und den Rhythmus des Minimalen entlockte. Ein bereits angedachtes Mozart-Projekt, das intern schon den Codenamen »Divertimento« bekommen hatte, wurde nun ausgeweitet zu einem Abend über »die Leere, das Nichts, die Schwärze und Traurigkeit, die dem Menschen zuweilen auf die Seele rückt«, so Andreas Schett, der einer der künstlerischen Häuptlinge von Franui ist.

Die dafür ausgewählten Musikstücke wurden wieder ganz Fra-nui-typisch eingerichtet. »Manche Musik zelebrieren wir in all ihrer Schönheit«, so Schett, »indem wir sie uns mit unserem merkwürdigen Instrumentarium aneignen und da und dort ledig-lich einen kleinen Farbtupfer hinzufügen. Manches Mal stellen wir aber auch alles vom Kopf auf die Füße (oder umgekehrt), ske-lettieren, phantasieren, komponieren weiter und fügen Musik aus verschiedenen Landstrichen und Zeitaltern neu zusammen. Wir unterhalten uns mit Themen von Mozart und Satie und einigen anderen über geografische Räume, musikalische Epochen und Stile hinweg. Auf dass die Zuhörer schlussendlich nicht mehr wissen: Was ist von Wolfgang, was von Erich, von Franz, Hans, Adalbert oder Franui?«

Genau diese die Gedanken und die Phantasie anregende Viel-deutigkeit ist von jeher das Markenzeichen einer Truppe, deren Mitglieder fast alle aus dem Osttiroler 1000-Seelen-Dorf Inner-villgraten stammen. 1993 hatte man sich dort gegründet und nach einer benachbarten Almwiese benannt. Dass die traditi-onsbewussten Musiker sich aber schon früh nicht an den heilen Felder-, Wiesen- und Auen-Melodien abarbeiten wollten, zeigte sich bereits in den ersten Jahren. Bis 1996 war Franui mitver-antwortlich für das Festival Villgrater Kulturwiese, bei dem man quasi als Hausband fungierte. Jährlich pilgerten Tausende in die Einöde, wo sich Künstler aus Literatur, Musik, Theater und Film zusammentaten und das Tal statt mit Humpta-Humpta-Rhyth-men nun mit avantgardistischen Projekten aufmischten.

Fünf Jahre lang ging das gut. Bis es immer mehr in den aufge-brachten Dorfbewohnern brodelte. Die (anonymen) Drohbriefe nahmen zu. Und während Kunstwerke zerstört wurden, wurde

20

1996 gar ein fast 400 Jahre altes Bauerhaus »abgefackelt, also heiß abgetragen« (Andreas Schett), das von der Festivalleitung erworben worden war.

Franui packte daraufhin die Koffer und ließ sich zunächst in Innsbruck nieder. Doch schnell machte man sich mit seinem unverwechselbaren Sound einen Namen im hochrangigen Kulturbetrieb-Segment. Die ersten Einladungen zu den Wiener Festwochen und sogar in die Wiener Staatsoper folgten. Und bis heute ist nahezu jedes Jahr ein weiteres, gefeiertes Projekt dazugekommen. Nachdem man 2005 bei der Ruhrtriennale mit Regisseur und Schauspieler Sven-Eric Bechtolf das Singspiel Steine und Herzen aus der Taufe gehoben hatte, wurde man von den Bregenzer Festspielen mit diversen, abendfüllenden Musik-theaterstücken beauftragt. Und auch in der Kölner Philharmonie fühlt man sich inzwischen wie zu Hause.

Trotz dieser Erfolgsgeschichten hat sich die aus Schriftstellern, Münchner Philharmonikern und Instrumentenbauern bestehende Musicbanda Franui immer wieder neu erfunden. Und wie im Fall von Ennui. Geht es immer so weiter? hat man sogar musikalisches Neuland betreten. Bisher standen Schubert, Schumann, Brahms, Mahler bei Franui hoch im Kurs. Aber Mozart? Erstaunlicherweise gehörte der bisher so gar nicht zu den Lieblingskomponisten von Franui-Gründer und -Trompeter Schett. Doch auch er konnte nicht widerstehen, als 2016 die Salzburger Stiftung Mozarteum bei ihm mit der Anfrage anklopfte, ob man nicht für die bevor-stehende Mozart-Woche im Januar 2017 einmal etwas über den großen Salzburger Sohn machen wolle. Prompt keimte die Idee auf, den Unterhaltungsmusiker Mozart hochleben zu lassen. Und nachdem man schließlich den kongenialen Jandl-Interpreten Peter Simonischek weniger gehört als vielmehr erlebt hatte, schloss sich endgültig der Kreis. Mit Mozart, aber auch etwa mit Erik Satie hatte man zwei Divertimento-Komponisten an der Hand, mit denen man perfekt all die Gedankenakrobaten luftig und bisweilen schräg kommentieren konnte, die sich der Analyse der Langeweile verschrieben und nun in Peter Simonischek ihre entsprechende Stimme gefunden haben.

21

Und wer kommt dabei nicht alles zu Wort: Georg Büchner und Walter Benjamin, Hans Magnus Enzensberger und Eckhard Henscheid. Aber auch solche klugen Männer und Geistesgrö-ßen wie der dänische Philosoph Søren Kierkegaard, der sich mit einer fast an Mark Twain erinnernden, köstlichen Geschichte von Adam und Eva seinen Reim auf die Langeweile gemacht hat: »Im Anfang war die Langeweile. Die Götter langweilten sich, darum schufen sie den Menschen. Adam langweilte sich, weil er allein war, darum wurde Eva erschaffen. Und von diesem Augenblick an war die Langeweile in der Welt und nahm zu im geraden Ver-hältnis zur Zahl der Menschen. Adam langweilte sich allein, dann langweilten sich Adam und Eva zu zweien, dann langweilten sich Adam und Eva und Kain und Abel en famille, dann wuchs die Menge der Menschen auf Erden, und sie langweilten sich en masse.«

So fiel also – durch die Philosophenbrille gesehen - der Urknall der Langeweile aus. Aber um die gefürchtete Monotonie des »Geht es immer so weiter?« zu durchbrechen, braucht es auch solche musikalischen Querköpfe wie Mozart und den französi-schen Sonderling Erik Satie, der Divertimenti mit eigenwillig-schrulligen Titeln schrieb. Doch schon Mozart entpuppte sich als Meister musikalischer Kurzweil! Serenaden, Notturni, Kassa-tionen und vor allem Divertimenti sprudelten aus seiner Feder. Und dass gerade Salzburg ungeheuer erpicht gewesen war auf solche Unterhaltungsmusiken, ist einer Notiz aus Johann Kas-par Riesbecks damals enorm populären Briefen eines reisenden Franzosen zu entnehmen. »Alles atmet hier den Geist des Ver-gnügens und der Lust. Man schmaust, tanzt, macht Musik, liebt und spielt zum Rasen, und ich habe noch keinen Ort gesehen, wo man mit so wenig Geld so viel Sinnlichkeit genießen kann.« Aber Mozart war nicht nur ein göttlicher Divertimento-Schmied. Für den Zeitvertreib packte er schon einmal ein »Musikalisches Würfelspiel« aus, bei dem der Zufall eine ähnliche Rolle beim Kompositionsprozess spielte wie später bei John Cage. Aus einer Grundkomposition mit durchnummerierten Takten ermit-telt man über das Würfeln, welcher Takt auf welchen folgen soll. Und laut Mozart lassen sich »so viel Walzer oder Schleifer, mit zwei Würfeln, componiren, so viel man will, ohne musikalisch zu seyn, noch etwas von der Composition zu verstehen«. Mozart

22

komponierte dafür ein Musikstück, dessen 176 Takte numerisch auf zwei Tabellen angeordnet wurden. Durch 16-maliges Würfeln kommen so 16 Takte zusammen, die man zu einem Walzer anei-nanderreiht, den man so höchstwahrscheinlich noch nie gehört hat. Schließlich lassen sich nach dieser Methode über 45 Quad-rillionen (eine Zahl mit 15 Nullen!) Mozart-Walzer komponieren. Langeweile kommt dabei nun wirklich nicht auf. Im Gegenteil. Eher blendend gute Unterhaltung!

Reinhard Lemelle

23

BIOGRAPHIEN

Peter SimonischekPeter Simonischek wurde in Graz gebo-ren und erhielt an der dortigen The-aterakademie seine Ausbildung zum Schauspieler. Bereits während der Stu-dienzeit trat er am Schauspielhaus Graz auf, danach folgten Engagements am Stadttheater St. Gallen sowie in Bern, Darmstadt und am Schauspielhaus Düsseldorf. Ab 1979 gehörte er zwanzig Jahre lang dem Ensemble der Berliner Schaubühne an, wo er vor allem mit Peter Stein zusammenarbeitete, aber auch unter der Regie von Luc Bondy, Andrea Breth, Klaus Michael Grüber und Edith Cle-ver in Werken u. a. von Aischylos, Euripides, Kleist, Hofmannsthal, Schnitzler, Horváth, Jean Genet, Georg Kaiser, Botho Strauß, Franz Xaver Kroetz und Yasmina Reza zu sehen war. Bei den Salzburger Festspielen konnte man Peter Simonischek in Insze-nierungen von Peter Stein, Axel Corti und Klaus Michael Grü-ber erleben. Ab dem Sommer 2002 spielt er in Christian Stückls Jedermann-Produktion die Titelrolle.

Mit Beginn der Saison 1999/2000 wurde Peter Simonischek Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, wo er in Rollen zu sehen war, deren stilistische Bandbreite von Schiller und Kleist über Ibsen bis hin zu Ödön von Horváth, Jon Fosse, Johann Nes-troy und Albert Ostermaier reicht. Er gestaltete die Titelrolle in Hofmannsthals Der Unbestechliche und den Martin in Die Ziege oder Wer ist Sylvia? von Edward Albee. Er arbeitete unter Regis-seuren wie Axel Corti, Michael Gruner, Andrzej Wajda, Peter Stein, Klaus Michael Grüber, Luc Bondy, Robert Wilson, Andrea Breth, Thomas Langhoff und Peter Zadek. Seit Ende der siebziger Jahre ist Peter Simonischek auch regelmäßig im Kino zu sehen, u. a. in Hierankl (2002) von Hans Steinbichler und Toni Erdmann (2014) von Maren Ade.

Peter Simonischek ist Träger mehrerer wichtiger Preise und Aus-zeichnungen, u. a. des Adolf-Grimme-Preises in Gold (2006 für Hierankl und 2012 für Liebesjahre), des Deutschen Hörbuchpreises

24

als »Bester Interpret« für Der Meister des Jüngsten Tages. 2016 wurde ihm der Ehrentitel »Kammerschauspieler« verliehen. Für die Rolle des Toni Erdmann im gleichnamigen Film erhielt er den Europäischen Filmpreis (2016), die Auszeichnung als Bes-ter Schauspieler beim 45. Festival du Nouveau Cinema in Mont-real (2016), den Ernst-Lubitsch-Preis (2017), den Österreichischen Filmpreis und den ICS Award jeweils in der Kategorie »Bester Hauptdarsteller« (2017) und den Deutschen Filmpreis »Lola« für die beste männliche Hauptrolle (2017). Ebenfalls 2017 erhielt er den Platin-Romy für das Lebenswerk.

In der Kölner Philharmonie war Peter Simonischek zuletzt im November 2006 zu erleben.

25

Franui MusicbandaFranui ist der Name einer ganz bestimmten Almwiese im kleinen, 1402 Meter über dem Meer gelegenen Osttiroler Dorf Innervillgra-ten, in dem die Musiker von Franui großteils aufgewachsen sind. Das Wort ist rätoromanischen Ursprungs und verweist auf die geografische Nähe Innervillgratens zum ladinischen Sprachraum in den Dolomiten. Die Musicbanda gleichen Namens spielt seit 1993 in nahezu unveränderter Besetzung und ist bei vielen Festi-vals und Konzertveranstaltern zu Gast (u. a. Wiener Konzerthaus, Burgtheater Wien, Salzburger Festspiele, Stiftung Mozarteum Salzburg, Tiroler Festspiele Erl, Bregenzer Festspiele, Ruhrtrien-nale, Radialsystem V Berlin, KunstFestSpiele Herrenhausen, Lud-wigsburger Schlossfestspiele, Schauspielhaus Hamburg, Köl-ner Philharmonie, Elbphilharmonie Hamburg, Philharmonie und Grand Théatre Luxemburg, Les Nuits de Fourvière Lyon, Holland Festival).

Franui wurde mit Aneignungen der Lieder von Schubert, Schu-mann, Brahms und Mahler bekannt. Dabei versteht sich das Ensemble als »Umspannwerk zwischen Klassik, Volksmusik, Jazz und zeitgenössischer Kammermusik«; manches Mal wird

26

die klassische Vorlage in all ihrer Schönheit liebevoll zelebriert, manches Mal vom Kopf auf die Füße gestellt (oder umgekehrt), skelettiert, angereichert, übermalt, weitergedacht. Dabei ver-schwimmen die Grenzen zwischen Interpretation, Improvisa-tion, Arrangement und (Re-)Komposition. Bei ihren Konzerten und Musiktheaterproduktionen verbünden sie sich häufig mit herausragenden Bühnenpartnern, u. a. mit dem Sänger Florian Boesch, dem Puppenspieler Nikolaus Habjan, dem Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger oder den Schauspielern Sven-Eric Bechtolf, Dörte Lyssewski und Peter Simonischek.

Zum 20-jährigen Bestehen des Ensembles sorgte ein Konzert auf der 2300 m hoch gelegenen Almwiese Franui für Furore, zu dem nach einer etwa 3-stündigen Wanderung an die 1500 Besucher kamen. Das Programm Tanz Boden Stücke (feat. Wolfgang Mitte-rer) hatte 2014 bei der Stiftung Mozarteum in Salzburg Premiere und erschien im Februar 2016 unter dem Titel Tanz! (Franz) auf CD. Bei der Mozartwoche 2017 folgte die Uraufführung von Ennui. Geht das immer so weiter? (mit Peter Simonischek), einer musik-theatralischen Annäherung an den Musik-Kosmos Wolfgang Amadeus Mozarts.

Im Wiener Konzerthaus steht Franui seit 2015 jährlich im Mittel-punkt des Festivals »Gemischter Satz«, bei dem Musik, Bildende Kunst, Literatur und Wein in einem neuen Zusammenspiel prä-sentiert werden.

Die CDs von Franui wurden mit mehreren Preisen ausgezeichnet (u. a. Preis der deutschen Schallplattenkritik, Pasticcio-Preis von Radio Ö1, Toblacher Komponierhäuschen).

Bei uns war das Ensemble zuletzt im April 2015 zu Gast.

27

Die Besetzung der Franui Musicbanda

Johannes Eder Klarinette, BassklarinetteAndreas Fuetsch TubaRomed Hopfgartner Sopran- und Altsaxophon, KlarinetteMarkus Kraler Kontrabass, AkkordeonAngelika Rainer Harfe, Zither, GesangBettina Rainer Hackbrett, GesangMarkus Rainer Trompete, GesangAndreas Schett Trompete, Gesang, musikalische LeitungMartin Senfter Ventilposaune, GesangNikolai Tunkowitsch Violine

28

Dr. Neubauer, Dr. Derakhshani & PartnerUrologie/Westdeutsches Prostatazentrum

KLINIK am RINGHohenstaufenring 2850674 KölnTel. (0221) 9 24 24-450urologie.klinik-am-ring.dewestdeutschesprostatazentrum.de

Meine Ärzte. Meine Gesundheit.

Überlassen Sie Ihre Gesundheit nicht dem Zufall

29

KölNMUsIK-VORscHAU

Dezember

Fr

29 19:00

Hannah Morrison SopranMaarten Engeltjes CountertenorTilman Lichdi TenorAndreas Wolf Bassbariton

Nederlands KamerkoorConcerto KölnPeter Dijkstra Dirigent

Johann Sebastian Bach

Weihnachtsoratorium BWV 248

(alle Kantaten)

Sa

30 20:00

Chilly Gonzales pKaiser Quartett

So

31 11:00

Bastian Stein tpSebastian Gille saxTobias Hoffmann gitPablo Held pOliver Lutz bJonas Burgwinkel dr

Silvesterkonzert für Kinder ab 10 Jahren

Was wird neu im neuen Jahr und warum feiern wir das überhaupt? Ist Neues besser als Altes? Und wie ist das in der Musik? Pablo Held und seine Freunde zeigen, wie aus dem Alten und Bekannten spielerisch Neues entstehen kann…

So

31 18:00

Ray Chen Violine

Gürzenich-Orchester KölnLukasz Borowicz Dirigent

Silvesterkonzert

Mit Werken von Luigi Boccherini, Niccolò Paganini, Franz Liszt,

Astor Piazzolla und Jacques Offenbach

KölnMusik gemeinsam mit dem Gürzenich-Orchester Köln

Januar

Mo

01 20:00

Stefano Bollani p, Fender RhodesNico Gori clDaniele Sepe saxGabriele Evangelista bBernardo Guerra drfeat. FLO vocEnrico Rava tp

Stefano Bollani – Napoli Trip 2018    

30

So

07 18:00

Alexandre Tharaud KlavierXavier Larsson Paez Saxophon

Junge Deutsche PhilharmonieIngo Metzmacher Dirigent

Bernard Herrmann

Taxi Driver – Suite aus dem gleichnamigen Film

Harrison Birtwistle

Panic – für Saxophon, Schlagzeug und Bläserensemble

Rolf Liebermann

Konzert für Jazzband und Sinfonieorchester

George Gershwin

Rhapsody in Blue

für Klavier und Jazzband

Leonard Bernstein

Symphonic Dances from

»West Side Story«

●A Kölner Sonntagskonzerte 4 Philharmonie für Einsteiger 4

Mi

10 20:00

Mark Padmore TenorAndrew West Klavier

Franz Schubert

An die Leier op. 56 D 737 u. a.

Benjamin Britten

Sechs Hölderlin-Fragmente op. 61

Harrison Birtwistle

Songs from the same Earth

●A Liederabende 4    

So

14 16:00

Tamás Pálfalvi TrompeteLászló Fassang Orgel

Nominiert von Palace of Arts Budapest

Georg Friedrich Händel

Suite D-Dur

aus: Wassermusik WV 348 – 350

in der Besetzung für Trompete

und Orgel

Johann Sebastian Bach

Fantasie und Fuge g-Moll

BWV 542 – für Orgel

Peter Eötvös

Sentimental – für Kornett in Es und Flügelhorn in B, für einen Spieler Kompositionsauftrag von Palace of Arts Budapest und European Concert Hall Organisation

László Fassang Orgelimprovisation

George Gershwin

Prelude Nr. 2 cis-Moll

u. a.

15:00 Einführung in das Konzert durch Sina Kleinedler

●A Rising Stars – die Stars von morgen 4

    

Di

16 20:00

Dover Quartet Joel Link Violine Bryan Lee Violine Milena Pajaro-van de Stadt Viola

Camden Shaw Violoncello

Wolfgang Amadeus Mozart

Streichquartett d-Moll KV 421 (417b)

»2. Haydn-Quartett«

Arnold Schönberg

Streichquartett D-Dur

Alexander von Zemlinsky

Streichquartett Nr. 2 op. 15

●A Quartetto 4    

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Sonntag07.01.2018

18:00

Foto

: Mar

co_B

orgg

reve

17:00 Einführung in das Konzert durch Orchestermitglieder

Alexandre Tharaud

Klavier

Xavier Larsson Paez Saxophon Junge Deutsche Philharmonie Ingo Metzmacher Dirigent

Werke von Bernard Herrmann, Harrison Birtwistle, Rolf Liebermann, George Gershwin und Leonard Bernstein

32

Mi

17 20:00

Magdalena Kožená Mezzosopran

London Symphony OrchestraSir Simon Rattle Dirigent

Franz Schubert

Sinfonie Nr. 7 h-Moll D 759

»Unvollendete«

Gustav Mahler

»Rückert-Lieder«

Béla Bartók

Konzert für Orchester Sz 116

●A Internationale Orchester 3    

Fr

19 9:00

Tag der offenen Philharmonie für Grundschulen

Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V.    

Fr

19 20:00

Bläser des Freiburger Barockorchesters

Felix Mendelssohn Bartholdy

Andante – Allegro vivace C-Dur

für elf Blasinstrumente

Gioachino Rossini

Ouvertüre aus: Il Turco in Italia

Wolfgang Amadeus Mozart

Serenade B-Dur KV 361 (370a)

für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Bassetthörner, vier Hörner,

zwei Fagotte und Kontrabass

●A Baroque … Classique 4    

Sa

20 20:00

Aynur vocCemîl Qoçgirî temburAlex Simu clFranz von Chossy pKristijan Kranjan percManuel Lohnes b

Aynur

Aynur Doğan ist die bekannteste kur-dische Sängerin der Türkei. Spätestens seit ihrem Auftritt in Fatih Akins Istanbul-Musik-Dokumentation »Crossing the Bridge« hat sie auch in Deutschland eine große Fangemeinde. Im Jahr 2015 gab Aynur mit ihrer umwer-fend empfindsamen bis erdigen Stimme ihr begeistert aufgenommenes Debüt in der Kölner Philharmonie. Nun kehrt sie mit neuen, selbst komponierten Songs zurück, die auf der traditionellen Musik ihrer Heimat basieren. Mit ihrer aktuellen, international besetzten Band schlägt sie zugleich eine Brücke hin zur westlichen Musik, zu Jazz und Folk.

So

21 11:00

Karnevalistische Matinee zugunsten des Kölner Rosenmontagszuges

KölnMusik gemeinsam mit dem Festkomitee Kölner Karneval    

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Donnerstag11.01.2018

20:0019:00 Einführung in das Konzert durch Oliver Binder

Foto

: Mar

co B

orgg

reve

19:00 Einführung in das Konzert durch Christoph Vratz

Kristian Bezuidenhout

spielt Beethoven, Schubert und Haydn

34

IHR NäcHsTEs ABONNEMENT-KONZERT

So

18 Februar

20:00

Annette Dasch Sopran Piotr Beczała Tenor Thomas Hampson Bariton

Philharmonie Baden-Baden Pavel Baleff Dirigent

Carl Zeller Ouvertüreaus: Der Vogelhändler

Franz Lehár »Ich danke für die Huldigung«. Lied der Lisaaus: Das Land des Lächelns (1929)

»Freunde, das Leben ist lebenswert«. Lied des Octavioaus: Giuditta (1933)

Emmerich Kálmán »Komm Zigany«. Lied des Tassiloaus: Gräfin Mariza (1924)

»Tanzen möcht‹ ich«. Duett Sylva/Edwinaus: Die Csárdásfürstin (1914 – 15)

Johann Strauß Ouvertüre»Dieser Anstand, so manierlich«. Uhrenduett Rosalinde-EisensteinQuadrille. Für OrchesterCsárdás (»Klänge der Heimat«). Arie der Rosalinde»Ich stehe voll Zagen«. Terzett Rosalinde, Alfred und Eisenstein, 3. Aktaus: Die Fledermaus (1874)

Carl Millöcker »Ach ich hab sie ja nur«aus: Der Bettelstudent (1882)

Carl Millöcker Ouvertüreaus: Der arme Jonathan (1890)

Franz Lehár Liebe, du Himmel auf Erden. Lied der Anna-Elisa»Gern hab’ ich die Frau’n geküsst«. Lied des Paganini»Niemand liebt dich so wie ich«. Duett Paganini/Anna-Elisaaus: Paganini (1925)

Johann Strauß Wiener Blut op. 354 (1873)Walzer

Robert Stolz Wien wird bei Nacht erst schön op. 216 (1915)Walzer

Emmerich Kálmán »Grüß mir mein Wien«. Lied des Tassiloaus: Gräfin Mariza (1924)

Robert Stolz »Du sollst der Kaiser meiner Seele sein«aus: Der Favorit (1916)

Rudolf Sieczynski Wien, du Stadt meiner Träume (1914)Wiener Lied

Marlis Petersen musste das Konzert leider absagen. Wir danken Annette Dasch für die Übernahme der Sopran-Partie und bitten für die Programmänderungen um Verständnis.

●A Divertimento 4

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Samstag20.01.2018

20:00

Foto

: Hei

ke_F

isch

er

Aynur Cemîl Qoçgirî tembur Alex Simu cl Franz von Chossy p Kristijan Kranjan perc Manuel Lohnes b

Redaktion: Sebastian LoelgenCorporate Design: hauser lacour kommunikationsgestaltung GmbHTextnachweis: Der Text von Reinhard Lemelle ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Fotonachweise: Peter Simonischek © Xenia Hausner; Franui © Julia Stix Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH

Kulturpartner der Kölner Philharmonie

Philharmonie-Hotline 0221 280 280 koelner- philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie!

Herausgeber: KölnMusik GmbHLouwrens LangevoortIntendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbHPostfach 102163, 50461 Köln koelner- philharmonie.de

koelner-philharmonie.de 0221 280 280

Neujahr Montag

01.01.2018 20:00

Foto

: Jul

ien

Mig

not

Stefano Bollani Napoli Trip 2018

Nico Gori cl Daniele Sepe sax Gabriele Evangelista b Bernardo Guerra dr feat. FLO voc Enrico Rava tp