Pferdekauf in Krebsweiler 391... · 4) Kurantgeld = vollwertiges Getd (Gold-und Si lberm ünzen) ;...

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Heft Nr. 12 - 2196 Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz 43 Pferdekauf in Krebsweiler Ein Vertrag aus den Jahren 1BS7 und 1961 von Hans-Werner Ziemer Der ;riOische Kleinhändter machte schon frühzeitig ähnlich den Bankiers Kreditgeschäfte und schuf sich durch Gewäh rung von Zahlungserleichterun- gen und Abzahlungsgeschäften eine gegenüber christlichen Händlern, die gleiche Kredite einzuräumen offenbar nicht bereit oder in der Lage waren, günstigere Positionen vornehmlich auf dem Lande. So schloß der Bauer gerne mit jüdischen Händlern Vefiräge, da er ohne Zahlungserleichterungen zum Kauf eines Stückes Vieh in der Regel überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre. 1) In den Aufzeichnungen des Wirtes und Ackerers Johannes Adamy aus Krebsweiler (heute Ortsteil der Ortsge- meinde Heimweiler in der Verbands- gemeinde Kirn-Land)fand sich ein sol- cher Kaufvertrag, den er mit dem jüdi- schen Handelsmann lsaak Kurz aus Martinweierbach (heute Ortsteil der Stadt ldar-Oberstein) im Jahre 1857 abschloß. Ebenso erhalten ist ern ,,Tausch"-Vertrag aus dem Jahre 1861 . Beide Verträge werden hier wiederge- geben, wobei die Orthographie der heutigen Rechtschreibung angepaßt wurde. ,,Kauf-Vertrag. Geschehen zu Krebsweiler, den 8. Mai 1 857. Zwischen dem lsaak Kurz, Handels- mann, von Martinweierbach (in der Rheinprovinz Preußen) wohnhaft, ei- nerseits, und dem Johannes Adamy, Wirt zu Krebsweiler, anderseits, wurde heute folgender Kauf und respektive Verkauf verabredet und schriftlich ab- geschlossen, nämlich: Der vorgenannte lsaak Kurz verkauft dem J ohan nes Adamy, vorgenannt, ei n Pferd, von Farbe ein Fuchs, mit einem weißen Strich oder Blesse2) über den Kopf, im Alter 3, auch im 4. Jahr, ohne alle Haupt-, sichtbaren oder unsichtba- ren, kleinen oder großen Fehlern, und garantiert dem Käufer noch für alle guten Tugenden des Pferdes. Dagegen ist der Ankäufer Adamy ge- halten, dem Verkäufer eine Kaufsum- mefürdas oben beschriebene Pferd zu zahlen 160 Thlr.,3) und zwar in zwei Te rmi nen ; de r erste Te rm i n ist ve rabre- det einen Monat später als der Kauf oder Verkauf stattgefunden hat, dem Verkäufer zu zahlen 100 Thlr.; den Rest von 60 Thlr. hat der Kurz erst zu ve rl ange n zwei Monate später vom Tag an, als der Handel stattgefunden hat oder verabredet worden ist." Die erste Zahlung quittierte der Ver- käufer: ,,Empfangen einhundert Thaler Preußisch Curanda) Krebsweiler, den 4. Juni 1857, beschei n igt I sak Ku rz. " Uber die zweite Zahlung ist festge- halten: ,,Nach dem oben verabredeten pfer- dehandel und nach den darauf gemach- te n G ege n rech n u n gen, beso n de rs vo n dem Pferd, wo ich Adamy gege- ben habe für zum Benutzen, und noch von gesteigerten Theiglen (vermutlich Deichsel) heute den unten beschriebenen Tag und Jahr den Restbetrag mit 60 Thlr., gesch rieben sechzig Thale r, em p- fangen zu haben, und machewei- ter keine Ansprüche mehr. Krebsweiler, den 22. Juni lBS7, bescheinigt lsak Kurz." lm Jahre 1861 tauschte Jo- hannes Adamy ein Pferd. ln sei- nen Aufzeichnungen heißt es: ,,1861, den 3. März, von dem lsack Kurz, Handelsmann von Weierbach, ein Fuchs-Pferd ein- getauscht, alt 4 Jahre, auf (= ge- gen) ein altes Fuchs-Pferd; muß an Kurz aufgeben oder heraus- zahlen 166 Thlr. Preußisch Cu- rant. Darauf den 2. April an Kurz ab- schläglich zahlt 90 Thlr. den 23. Mai den Rest an Kurz zahlt mit 76 Thlr. Summa 166. Nach allen gemachten Gegenlei- stungen heute den 23. Mai den Restbetrag mit 76 Thlr. von Johannes Adamy empfangen zu haben beschei- nigt lsak Kurz." Anmerkungen: 1 ) Aus: Knopp, Werner, über die Juden im Erwerbsleben, in: Die Juden in ih- rem gemeindlichen und öffentlichen Leben, Bd. 3 der Dokumentation zur Geschichte der j üd i sch en Bevöl ke ru ng in Rheinland-Pfalz und im Saarland von 1800 bis 1945, hrsg. von der Lan- desarchiwerwaltu ng Rheinland-Pfalz in Verbindung mit dem Landesarchiv Saarbrücken, Koblenz 1 972. 2) Meist auffällig gefärbte, bei Haustie- ren oft weiße Stirnplatte. 3) Abkürzung für Taler. 4) Kurantgeld = vollwertiges Getd (Gold- und Si lberm ünzen) ; heute auch fü r G eld m it vol I e r gesetzl icher Zah I kraft. x {4. Ka uf-Ve rt rag sowi e de r Tau schve rtrag zwi sch e n lsaak Kurz und Johannes Adamy. j , I I

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Heft Nr. 12 - 2196 Beiträge zur Jüdischen Geschichte und zur Gedenkstättenarbeit in Rheinland-pfalz 43

Pferdekauf in KrebsweilerEin Vertrag aus den Jahren 1BS7 und 1961

von Hans-Werner Ziemer

Der ;riOische Kleinhändter machteschon frühzeitig ähnlich den BankiersKreditgeschäfte und schuf sich durchGewäh rung von Zahlungserleichterun-gen und Abzahlungsgeschäften einegegenüber christlichen Händlern, diegleiche Kredite einzuräumen offenbarnicht bereit oder in der Lage waren,günstigere Positionen vornehmlich aufdem Lande. So schloß der Bauer gernemit jüdischen Händlern Vefiräge, da erohne Zahlungserleichterungen zumKauf eines Stückes Vieh in der Regelüberhaupt nicht in der Lage gewesenwäre. 1)

In den Aufzeichnungen des Wirtesund Ackerers Johannes Adamy ausKrebsweiler (heute Ortsteil der Ortsge-meinde Heimweiler in der Verbands-gemeinde Kirn-Land)fand sich ein sol-cher Kaufvertrag, den er mit dem jüdi-schen Handelsmann lsaak Kurz ausMartinweierbach (heute Ortsteil derStadt ldar-Oberstein) im Jahre 1857abschloß. Ebenso erhalten ist ern,,Tausch"-Vertrag aus dem Jahre 1861 .

Beide Verträge werden hier wiederge-geben, wobei die Orthographie derheutigen Rechtschreibung angepaßtwurde.

,,Kauf-Vertrag.Geschehen zu Krebsweiler, den 8. Mai1 857.Zwischen dem lsaak Kurz, Handels-mann, von Martinweierbach (in derRheinprovinz Preußen) wohnhaft, ei-nerseits, und dem Johannes Adamy,Wirt zu Krebsweiler, anderseits, wurdeheute folgender Kauf und respektiveVerkauf verabredet und schriftlich ab-geschlossen, nämlich:Der vorgenannte lsaak Kurz verkauftdem J ohan nes Adamy, vorgenannt, ei nPferd, von Farbe ein Fuchs, mit einemweißen Strich oder Blesse2) über denKopf, im Alter 3, auch im 4. Jahr, ohnealle Haupt-, sichtbaren oder unsichtba-ren, kleinen oder großen Fehlern, undgarantiert dem Käufer noch für alleguten Tugenden des Pferdes.Dagegen ist der Ankäufer Adamy ge-

halten, dem Verkäufer eine Kaufsum-mefürdas oben beschriebene Pferd zuzahlen 160 Thlr.,3) und zwar in zweiTe rmi nen ; de r erste Te rm i n ist ve rabre-det einen Monat später als der Kaufoder Verkauf stattgefunden hat, demVerkäufer zu zahlen 100 Thlr.; denRest von 60 Thlr. hat der Kurz erst zuve rl ange n zwei Monate später vom Tagan, als der Handel stattgefunden hatoder verabredet worden ist."

Die erste Zahlung quittierte der Ver-käufer:

,,Empfangen einhundert ThalerPreußisch Curanda)Krebsweiler, den 4. Juni 1857,beschei n igt I sak Ku rz. "

Uber die zweite Zahlung ist festge-halten:

,,Nach dem oben verabredeten pfer-dehandel und nach den darauf gemach-te n G ege n rech n u n gen, beso n de rs vo ndem Pferd, wo ich Adamy gege-ben habe für zum Benutzen, undnoch von gesteigerten Theiglen(vermutlich Deichsel) heute denunten beschriebenen Tag undJahr den Restbetrag mit 60 Thlr.,gesch rieben sechzig Thale r, em p-fangen zu haben, und machewei-ter keine Ansprüche mehr.Krebsweiler, den 22. Juni lBS7,bescheinigt lsak Kurz."

lm Jahre 1861 tauschte Jo-hannes Adamy ein Pferd. ln sei-nen Aufzeichnungen heißt es:

,,1861, den 3. März, von demlsack Kurz, Handelsmann vonWeierbach, ein Fuchs-Pferd ein-getauscht, alt 4 Jahre, auf (= ge-gen) ein altes Fuchs-Pferd; mußan Kurz aufgeben oder heraus-zahlen 166 Thlr. Preußisch Cu-rant.Darauf den 2. April an Kurz ab-schläglich zahlt 90 Thlr.den 23. Mai den Rest an Kurzzahlt mit 76 Thlr. Summa 166.Nach allen gemachten Gegenlei-stungen heute den 23. Mai den

Restbetrag mit 76 Thlr. von JohannesAdamy empfangen zu haben beschei-nigt lsak Kurz."

Anmerkungen:1 ) Aus: Knopp, Werner, über die Judenim Erwerbsleben, in: Die Juden in ih-rem gemeindlichen und öffentlichenLeben, Bd. 3 der Dokumentation zurGeschichte der j üd i sch en Bevöl ke ru ngin Rheinland-Pfalz und im Saarlandvon 1800 bis 1945, hrsg. von der Lan-desarchiwerwaltu ng Rheinland-Pfalzin Verbindung mit dem LandesarchivSaarbrücken, Koblenz 1 972.2) Meist auffällig gefärbte, bei Haustie-ren oft weiße Stirnplatte.3) Abkürzung für Taler.4) Kurantgeld = vollwertiges Getd (Gold-und Si lberm ünzen) ; heute auch fü r G eldm it vol I e r gesetzl icher Zah I kraft.

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