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Pflanzenbiotechnologie Wintersemester 2018/19 Jörg Geistlinger Hochschule Anhalt Institut für Bioanalytische Wissenschaften (IBAS)

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Pflanzenbiotechnologie

Wintersemester 2018/19 Jörg Geistlinger

Hochschule Anhalt Institut für Bioanalytische Wissenschaften (IBAS)

Begriffsklärung

Pflanzen (Plantae) Pflanzen sind photo-autotrophe mehrzellige Eukaryoten Charakteristika: Photosynthese (Chlorophyll a und b) Stärke als Reserve-Polysaccharid Zellwand aus Cellulose Taxonomie nicht abgeschlossen. Es gibt mehrere Systeme!

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Photo-autotrophe Organismen:

Chloroplastida

Cyanobakterien Algen Landpflanzen

„freilebende Chloroplasten“ (Prokaryoten)

früher: „Blaualgen“ (Cyanophyceae)

Rotalgen Braunalgen Grünalgen

Wasserpflanzen

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Pflanzenbiotechnologie = Samenpflanzen

(Spermatophyta/Embryophyta) Ausnahme: Physcomitrella (Laubmoos)

Pflanzen • Erreichen das höchste Alter – bis 5.000 Jahre

• Größte Lebewesen > 100 m

• Produzieren den Sauerstoff, von dem wir leben

• Produzieren den größten Teil der chemisch gebundenen Energie

(Nahrung, Brennstoff)

• Produzieren die größte Vielfalt chemischer Verbindungen

(Sekundärmetabolite)

• Produzieren Baustoffe, Dämmstoffe, Fasern

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Biotechnologie Definition (OECD)

Biotechnologie ist die Anwendung von Wissenschaft

und Technik auf lebende Organismen oder Teile von

ihnen zwecks Veränderung lebender oder

nichtlebender Materie

• zur Erweiterung des Wissensstandes

• zur Herstellung von Gütern

• zur Bereitstellung von Dienstleistungen

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Klassische Biotechnologie existiert seit Jahrtausenden

Brot, Bier, Wein seit ca. 5.000 Jahren (Bäcker-, Brauer- und Weinhefen)

einzellige PILZE (Saccharomyces cerevisea, Kloeckera apiculata)

• Milchverarbeitung (Meilenstein: Haltbarmachung)

• Käseherstellung (Lactobacillus)

• gesäuertes Brot (Sauerteig)

• Fermentation von Sauerkraut bis Sojasauce

• Essigherstellung erst vor ca. 400 Jahren (1650)

Gerberei (Lederherstellung) seit ca. 30.000 Jahren

Gerbstoffe, Denaturierung (Harnstoff, Laugen, Enzyme z.B. Proteasen)

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Moderne Biotechnologie Meilensteine der Entwicklung: Luis Pasteur (Sterilisation, Reinkulturen) – 1867 Robert Koch (inaktivierte Krankheitserreger) Impfung – 1890 Alexander Fleming (Antibiotikum) aus Penicillium crysogenum – 1929 James Watson & Francis Crick Aufklärung der DNA Struktur – 1953

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Biotechnologie ist heute multidisziplinär

Naturwissenschaften

Biologie, Mikrobiologie, (Bio)Chemie, (Bio)Physik,

Molekularbiologie/Molekulargenetik

Ingenieurwissenschaften

Verfahrens- und Prozesstechnik, Mess- und Regeltechnik

Computerwissenschaften

(Bio)Informatik

Medizin

Nutzung von Enzymen, Zellen, Geweben oder ganzen Organismen

in technischen Anwendungen 8

Technik

• Mess- und Regeltechnik

• Verfahrens- u. Prozesstechnik

Agrar- und

Gartenbauwissenschaften

• Pflanzenbau

• Pflanzenernährung

• Phytomedizin

• Physiologie

Biologie

• Mikrobiologie

• Genetik

• Zellbiologie

• Zellkulturtechnik

Bioinformatik

• Sequenzverarbeitung

• Datenmanagement

Biochemie

• Molekularbiologie

• Gentechnik

Chemie

• Naturstoffchemie

• Lebensmittelchemie

Pflanzen- biotechnologie

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Medizinische Diagnostik, Arzneimittel (Impfstoffe, Antikörper, Proteine, niedermolekulare Substanzen), Gentherapie, Regenerations- und Reproduktionsmedizin

Mikro- u. Makroalgen, Schwämme, Quallen, Weichtiere, Fische Wirkstoffe, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetika, Energie, Bausteine für die „Chemische Industrie“ (auch anorganisch)

Abfall-Verwertung/Entgiftung, Dioxine, Phenole, polyzyklische aromatische polychlorierte Kohlenwasserstoffe Aerobe/anaerobe Kompostierung, Vergärung, Verrottung etc.

Bioremediation oder biologische Sanierung - Einsatz von Organismen zur biologischen Entgiftung von Ökosystemen (Prokaryonten, Pilze oder Pflanzen)

Enzyme (Waschmittel, Textilien, BioTec, Lebensmitteltech) Vitamine, Hormone, Grundstoffe f. Synthesen (Aminosäuren, Fettsäuren, Zucker, Alkohole) Biopestizide, Biokunststoffe

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Die Farben der Biotechnologie

Pflanzenbiotechnologie

Suche nach wertvollen Inhaltstoffen in verschiedenen Pflanzengruppen

ist auch weiterhin ein wichtiger Teilaspekt !

Geschätzt: ca. 500.000 Pflanzenarten

Bekannt: ca. 380.000 Arten

Detailliert beschrieben: weniger als 200.000 Arten

Prominente Forschungsansätze:

Ethnobotanik –

ITPGR: Internationaler Vertrag zu pflanzengenetischen Ressourcen

Extreme Umwelteinflüsse - extremophile Organismen (Pflanzen) 11

Wirkstoff-Screening in sog. Bio-Assays

WANTED: Anti-Substanzen !

ANTI- -biotisch, -mikrobiell, -bakteriell, -fungal, -viral, -parasitär…

-stress, -oxidativ, -aging…

-entzündlich (-phlogistisch, -inflammatorisch), -rheumatisch…

-kanzerogen, -alzheimer, -parkinson…

Pflanzenschutz: insektizid, nematozid, arachnozid, fungizid…

Wirkstoffbibliotheken mit 100tausenden von Substanzen

werden auf Zellkulturen, Zelllinien oder Proteinen getestet

Voraussetzung: Automatisierung, Robotik

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Definition Pflanzenbiotechnologie (OECD)

Entwicklung, Optimierung und Nutzung biotechnologischer Verfahren zur Steigerung der Effizienz pflanzlicher Produktion. Entwicklung von Nutzpflanzen mit innovativen Eigenschaften für zukünftige Herausforderungen (Weltbevölkerung, Klimawandel, Rohstoffe, Energie).

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Welche „innovativen Eigenschaften“ sind erwünscht?

• Hohe Erträge (verstärkter Blütensatz, früher Blühzeitpunkt)

• Erhöhter Nährwert (Qualität)

• Nährstoffeffizienz, nachhaltige Produktion (Düngereinsparung)

• Wachstum an marginalen Standorten

„magere Böden“ oder große Höhen

• Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge (biotischer Stress)

• Toleranz gegen abiotischen Stress

Trocken-/Wasser-Stress, Salz-/osmotischer-Stress, UV-Stress

Schwermetall-/Chemikalien-Stress, oxidativer Stress

• Erhöhte Widerstandsfähigkeit (Resilienz)

• Erhöhte Haltbarkeit (post-harvest traits)

• Verbesserte Silage-Eigenschaften

• Pflanzen als Bioreaktor (Antikörper, Impfstoffe etc.) 14

Anwendungsgebiete der Pflanzenbiotechnologie

• Entwicklung neuer Verfahren zur Pflanzenvermehrung

• Beschleunigung der klassischen Pflanzenzüchtung

• Identifizierung / Isolierung agronomisch relevanter Pflanzengene

• Schaffung Pathogen- u. Schädlingsresistenz, stresstolerante Pflanzen

• Schaffung von Pflanzen mit verbesserter Qualität

• Effiziente Produktion nachwachsender Rohstoffe

• Entwicklung von Pflanzen für pharmazeutisch/technische Rohstoffe

• Gentechnische Methoden (Klonierung und Transformation)

• Zellkulturtechniken (z.B. in-vitro Vermehrung, Gewebekulturen)

• Bioverfahrenstechnik (Stoffverwertung, Fermentation, Fraktionierung)

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Grüne Biotechnologie

Grüne Gentechnik Pflanzen-Biotechnologie

In-vitro Kulturen Mikropropagation

Protoplastenkulturen Antherenkulturen

Kalluskulturen Embryokulturen

Ohne gezielte

Manipulation des Erbguts

Isolierung Charakterisierung

Vermehrung von DNA

Neukombination von Genen mit Transfer in Wirtsorganismus (Transformation = Gentechnik)

auch über Artgrenzen hinweg

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Gentechnik / Gentransfer direkter Gentransfer indirekter Gentransfer

Ohne Anwendung von Vektoren

Entfernung der Zellwand (Protoplasten)

Einbringen des Genmaterials durch

• Detergenzien

• Elektroporation

• Liposomen

• Partikelbeschuss (Gene-Gun)

• Mikroinjektion

Verwendung von Vektoren (Genfähren)

Klonierung d. Genkonstrukts in Plasmid

Transfer d. Plasmids in den Vektor

Vektoren sind phytopathogene

Bakterien oder Viren

Infektion von Pflanzenzellen mit Vektor

Meist Agrobacterium tumefaciens

Dadurch Einbringung des Genmaterials

Integration in Pflanzen-Chromosom

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Gentechnik in Anwendung

Herbizidtoleranz – Glyphosat (RoundUp), Glufosinat (Basta, Liberty)

Mais, Raps, Soja, Baumwolle, Zuckerrübe

Insektentoleranz - Bacillus thuringensis Toxin

Bt-Mais, -Baumwolle, -Erdnuss

Virusresistenz - Expression Hüllprotein oder antisense RNAs

Papaya, Gartenbohne, Pflaume, Kürbis, Kartoffel, Paprika, Tomate

Bakterienresistenz - Feuerbrand Erwinia amylovora – Apfelsorte GALA (cisgen)

enthält kein Transgen (Resistenzgen aus Sibirischem Holzapfel)

Pilzresistenz - Apfelschorf (Venturia inaequalis), Sorten GALA und REMO (cisgen)

- Banane / Fusarium oxysporum, Panamakrankheit, transgen, steril

- Kartoffel/Tomate – Phytophthora infestans (Oomycota) Kraut/Knollenfäule

Trockentoleranz - über Wurzelsystem und Spaltöffnungen manipuliert

- ABA Transkriptionsfaktoren, Glycinbetain - Mais, Soja, Zuckerrohr

In Bearbeitung: Salztoleranz, Kältetoleranz, Nährstoffeffizienz, Wachstumsförderung 18

Gentechnik Ziele Spektrum von Golden Rice bis Antimatsch-Tomate • Produktqualität

• Einsparung von Pestiziden

• Einsparung von Wasser

• Einsparung von Arbeit und Energie

• Optimierung von Anbausystemen

• Ertragssteigerung

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Grüne Gentechnik und in-vitro Kulturen Anwendungsbeispiele

Gentech Biokunststoffe aus Kartoffel (Amflora) Monoklonale Antikörper aus Erbse Spinnseide aus Tabak Transfer von Resistenzgenen biotische/abiotische Stresstoleranz

In-vitro Kultur Hybridsorten Wide Crosses (Introgression) Reinerbige Linien durch Doppelhaploide Basiszuchtmaterial Pathogen-freies Pflanzgut Molecular Pharming:

Gerinnungsfaktoren, Wachstumsfaktoren, Hormone, Impfstoffe Interferone, Interleukine, Tumornekrosefaktoren…

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Warum wird nicht alles in Bakterien produziert? Wozu braucht man Pflanzen (oder Tiere) als Bio-Reaktoren?

Post-Transkriptionale Modifikationen • Capping, Polyadenylierung, Spleißen

Post-Translationale Modifikationen • Glykoproteine

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Glykoproteine Komplexe Glykolisierung kommt nur bei Eukaryoten vor!

Beteiligte Zucker: Glucose, Mannose, Galactose, Fucose, Xylose

Acetyl-glucosamin, -galactosamin, -neuraminsäure

N- oder O-glykosidische Bindungen

Alle Blutproteine, außer Albumine, sind glykolisiert!

Bis zu mehrere 100 Zuckerreste (Oligosaccharide) pro Protein

Minimale Glykolisierungs-Erkennungsstelle: -Asn-X-Ser/Thr

(X = beliebige Aminosäure außer Prolin)

Glycolisierungssignale werden von Bakterien

nicht erkannt!

Glycosyl-Transferasen (im Humangenom >250)

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Glykoprotein-beteiligte Prozesse

• Immunantwort

• Reizweiterleitung (Neurotransmission)

• Signaltransduktion

• Erkennungsprozesse

• Zellverbindungen

• Membranrezeptoren

• Pathogenerkennung

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Gentechnisch veränderte Pflanzen Molecular Pharming nur in abgeschlossenen Systemen Gewächshäuser und Klimakammern Sicherheitsstufen 1 und 2 Konventionelle Produkte (non-Pharma) Freisetzung nur Mais, (Tomate, Kartoffel für Forschung) in Europa keine verwandten Wildarten Auskreuzung unmöglich! Gentechnisch veränderter Raps absolut verboten weil viele verwandte Wildarten Auskreuzung kann nicht ausgeschlossen werden Event nicht rückholbar! Alternative: Transiente Genexpression

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Transiente Genexpression transient = kurzzeitig, vergänglich Gegenteil = stabile Genexpression in GvOs Unterschied: Fremd-DNA wird nicht ins Genom der Wirtszelle integriert Information wird nicht an Tochterzellen vererbt keine Vektoren, „einfache“ Plasmide werden verwendet Meist in Epidermiszellen von Blättern (z.B. Tabak) Expression hält nur einige Tage an (Abbau, Zellteilung) Expressionslevel niedriger als bei stabiler Transformation Pflanzenernte nach 5-7 Tagen, Genprodukt wird isoliert

• Plattform-Technologie für rekombinante Proteine • Eukaryotische post-translationale Modifikationen vorhanden • Ungefährlich, weil Auskreuzung unmöglich • Leicht skalierbar, an Bedarf anpassbar • Schnell durchführbar, kostengünstig 25

Gentechnik-freie Methoden

In-vitro Kulturen

• Mikropropagation

• Kalluskulturen

• Protoplastenkulturen

• Antherenkulturen

• Embryokulturen

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Die Gewebekultur oder In-vitro Kultur ist eine Methode, bei der unter Ausnutzung der Totipotenz von Pflanzenzellen, aus einer oder mehreren Zellen (Explantat) eine vollständige Pflanze regeneriert wird.

Vorgehensweise Oberflächensterile Samen oder Pflanzenteile Wasserstoffperoxid (H2O2), Natriumhypochlorit (NaOCl) u.U. Mix mit Desinfektionsmittel, Antibiotika, Fungizide Steriler Nährboden (Agar-Agar) inkl. Mikro- und Makronährstoffe, Vitamine Hormonelle Steuerung wachstumsfördernd: Auxine, Cytokinine, Gibberelline Für Bewurzelung Hormone aus der Auxingruppe Indolessigsäure (IAA) Indolbuttersäure (IBA) Naphtylessigsäure (NAA) Zellteilung/Streckung durch Cytokinine Kinetin, Benzylaminopurin, Zeatin Differenzierung (Stengel, Blatt, Blüte) durch Gibberelline Gibberellinsäuren (GA1,2,3) Hemmend: Abscisinsäure (ABA), Seneszenz, Blattabwurf… 27

Vorteile der in-vitro Kultur • Mit wenig Material können sehr viele Pflanzen hergestellt werden • Quasi unbegrenzte identische Vervielfältigung möglich • Im Vergleich zum Gewächshaus, raum- und energiesparend zu Beginn ca. 10 Pflanzen pro Petrischale • Pflanzen vor Krankheiten und abiotischen Stress geschützt geringe Ausfallraten, pathogenfreies Pflanzgut (Viren!) Primärtestung nach sehr kurzer Zeit möglich • Zeiteinsparung gegenüber Ableger- oder Stecklingsvermehrung robuste Gewächshauspflanzen für Teilung oder Ableger notwendig! • Saatgutproduktion kann nach 2-3 Jahren beginnen!

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Mikropropagation Stecklingsvermehrung im Reagenzglas

• Steriles Pflanzenmaterial vorhanden u. teilungsfähig

• Optimale Bedingungen (Nährstoffe, Temperatur, Luftfeuchte)

• Zeit-, Raum- und Kosteneinsparungen

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Kalluskultur Regeneration von Pflanzen aus Einzelzellen

• Enzymatische Auflösung von Geweben (meist junge Blätter)

• Ausplattieren der Einzelzellen

• Wachstum zu undifferenzierten Zellhaufen (Kalli)

• Hormonell induzierte Differenzierung

• Regeneration ganzer Pflanzen

Protoplastenkulturen

Zellwand wird enzymatisch/mechanisch entfernt

Cellulasen + Ultraschall

3 Typen: Endo- / Exo-Glucanasen, Cellobiase (ß-Glucosidase)

Verzweigte Zellwandpolymere: Hemi- o. Lignocellulasen

Erfolgt unter sterilen Bedingungen

in isotonischer Lösung (osmotischer Druck)

Cytoplasma nur noch von Zellmembran (Plasmalemma) umgeben

Fusion spontan möglich, oder Detergenzien, Elektroporation

2 Anwendungen:

somatische und asymmetrische Hybridisierung 30

Somatische Hybridisierung

Vollständige Protoplasten werden fusioniert

3 Stadien: Zellfusion, Kernfusion, Zellteilung (Proliferation)

Herstellung von Hybriden, entfernt verwandte Arten (wide crosses)

z.B. Mais und Hafer (1970)

Asymmetrische Hybridisierung

Entkernter Protoplast plus neuem (fremden) Kern

(durch Mikroinjektion oder Liposomen)

Überführung/Fusionierung von cytoplasmatischen Eigenschaften

Plastiden-codierte Herbizidresistenz

Mitochondrien-codierte männliche Sterilität (CMS) 31

Antherenkultur

Staubgefäße, Pollenkörner, männl. Geschlechtszellen

mit einfachem (halbem, haploidem) Chromosomensatz

Erzeugung reinerbiger (homozygoter) Linien

Diploidisierung mit Colchicin

Hemmt Kernspindel bei Zellteilung

Verdoppelte Chromosomen werden nicht

getrennt u. auf Tochterzellen verteilt

Einsatz als Basismaterial für Neuzüchtungen

Herbstzeitlose (Colchicum autumnale)

Colchicin 32

Embryokultur (Embryo Rescue)

Wide Crosses, Produktion von Hybridlinien

• Konventionelle Bestäubung oft erfolgreich

• Aber viele Embryonen sterben vorzeitig ab

• Embryonen werden frühzeitig dem Fruchtkörper entnommen

• Werden einzeln unter optimalen Bedingungen regeneriert

33

Somaklonale Variation / Mutagenese Zur Erhöhung der genetischen Variation vegetativ vermehrter Klone

ungerichtete (zufällige) Mutagenese

• Strahlen (UV, ionisierend)

• Chemikalien

• Transposons

oft bei Zierpflanzen angewendet

gerichtete (ortsspezifische) Mutagenese

(site-directed mutagenesis, auch oligo-directed mutagenesis, ODM)

Mit Oligonukleotiden, die die gewünschte Veränderung tragen

Vorwissen erforderlich! 34

Klonsorten aus der vegetativen Vermehrung

Kartoffel, Erdbeere, Ananas, Banane (steril), Spargel, Rhabarber,

Topinambur, Agave, Süßkartoffel, Yams, Zuckerrohr, Olive und Feige

(Pfropfung), Kakao, Ingwer, Hopfen (weibl. Blüten, diözisch),

Pfefferminze (steril)

werden kaum oder gar nicht züchterisch bearbeitet

oder Züchtung ist durch Sterilität unmöglich!

35

Paradebeispiel Banane Obst- und Mehl-Banane (Musa x paradisiaca) Hybrid aus Musa acuminata (AA-Genom) diploide ungenießbar,

Musa balbisiana (BB-Genom) enthalten nur Samen

kein Fruchtfleisch

Hybrid paradisiaca ist triploid, Obstbanane Genotyp AAA, Kochbanane: AAB, ABB oder BBB weibl. und männl. Blüten sind steril! Gentische Sackgasse Keine Anpassung mehr möglich Sind Pathogenen hilflos ausgeliefert Einzige Chancen: somaklonale Variation, Mutagenese, Gentechnik

M. acuminata (rote Banane), triploides Kultivar Durch Protoplastenfusion (asymmetrische Hybridisierung) hergestellt Aus diploidem Wildtyp plus Antherenkultur 36

Pflanze Genomgröße Chromosomen

Arabidopsis thaliana 135 Mbp 5

Medicago truncatula 360 Mbp 8

Nicotiana benthamiana 3.000 Mbp 19

Oryza sativa 500 Mbp 12

Lemna gibba 158 Mbp 20

Populus trichocarpa 500 Mbp 18

Modell-Organismen

Vergleich

Organismus Genomgröße Chromosomen Gene

Weizen 15.000 Mbp 7 (21) >100.000

Mensch 3.000 Mbp 23 ca. 25.000

Physcomitrella 458 Mbp 27 ca. 35.000

Gene = Protein-codierende Gene 37

-omics Technologien

• Genomik

• Transkriptomik

• Proteomik

• Glykomik

• Metabolomik

Ko

mp

lexi

tät

38

Genomics Erfassung ganzer Genome Genome sind (fast) unabhängig von Entwicklung o. Umwelt DNA Isolation DNA Sequenzierung Bio-Informatik (in-silico) DNA-Sequenz in FASTA-Format (fast format A, textbasiert) FASTN (N=Nukleotid, 4 Buchstaben: A, C, G und T) Multiple Alignments (Homologie Suche/Vergleiche) Assemblierung ganzer Genome Analyse anhand bekannter Motive in Datenbanken (z.B. NCBI) BLAST-Algorithmen (Basic Local Alignment Search Tool)

nass-chemisch, in-vitro

39

Transcriptomics Erfassung ganzer Transkriptome? Transkriptom ist von Entwicklung und Umwelt abhängig! meist vergleichend: z.B. behandelt vs. unbehandelt Isolation der mRNA Umschreiben in cDNA (Enzym: reverse Transkriptase) DNA Sequenzierung Bio-Informatik Analyse anhand bekannter Gene und Proteine Homologie-Suche

40

Proteomics Erfassung ganzer Proteome Entwicklungsstadium- und Umwelt-abhängig! Proteine haben Sequenzcharakter (20 Buchstaben) Proteinsequenzierung Edman-Abbau (N-terminal) HPLC-Analyse (High Pressure Liquid Chromatography) heute meist MS (Massenspektrometrie) Zukunft: Nanoporen Sequenzierung Bio-Informatik (FASTP) Analyse (Homologien, katalytische Zentren)

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Glycomics Systematische Untersuchung aller Glykan Strukturen eines Zelltyps oder Organismus (umweltabhängig) • Glykoproteine • freie Mono-, Di-, Oligo- oder Polysaccharide HPLC HPLC-MS Bio-Informatik Datenbanken

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Metabolomics Höchste Komplexität aller -omics Verfahren Isolation aller Inhaltsstoffe (siehe Wirkstoffsuche) Metabolite Profiling • HPLC • HPLC-MS • HPLC-MS/MS (Ionisierung, Ionenfallen) • Identifizierung über Molekülmasse Mega-Datenbanken BIG DATA!

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Arabidopsis knock-out Projekt Alle 25.000 Gene einzeln ausgeknockt Ergebnis: 25.000 Linien Einzeln auf Inhaltsstoffe untersucht Ziel: Identifizierung von Schlüsselgenen, die komplexe Stoffwechselwege regulieren

EPIGENOMICS

• Genomics

• Transkriptomics

• Proteomics

• Glykomics

• Metabolomics

PHENOMICS 44

Zwei neue -omics Technologien

Epigenetische Effekte: 1.) Abschaltung von Genen (Gene Silencing) Lange bekannter Mechanismus (Cytosin-Methylierung) Methylierungsmuster der DNA sind vererbbar! Warum werden Gene überhaupt abgeschaltet? Entwicklungsbiologie! – Beispiel Laktase (LCT) Gen wird im Alter von ca. 3 Jahren abgeschaltet C/T Mutation (vor ca. 7.500 Jahren) verhindert Abschaltung, Milchprodukte weiterhin bekömmlich

Cytosin 5-Methylcytosin 45

46

Epigenetische Effekte: 2.) Chromatinstruktur (im Zellkern) Euchromatin Heterochromatin offenes Chromatin kondensiertes Chromatin Gene aktiv Gene inaktiv

Gene im Heterochromatin können nicht abgelesen werden Vererbbarkeit (bisher) nicht nachgewiesen

• Chromatin ist ein DNA/Protein (überwiegend Histone) Komplex, sog. Nukleosomen

• Während Zellteilung wird DNA-Faden um das 10.000-50.000-fache verkürzt (kondensiert)

• Die einzelnen Chromosomen werden dadurch im Lichtmikroskop sichtbar

• Die Histone 1-4 bilden ein Oktamer, auf das der DNA-Faden „aufgewickelt“ wird

• Die Regulation erfolgt ebenfalls über Methylierung (hier Methylierung der Histone!)

• Die Histon-Methylierung verhindert, dass die DNA wieder „entwickelt“ werden kann

• Gene, die sich in diesem Teil des Chromatins (Heterochromatin) befinden,

können nicht abgelesen werden!

Phenomics – Phänotypisierung Erkenntnis: Genotyp-Daten sind wertlos, wenn sie keinem Phänotyp zugeordnet werden können! Large-scale oder high-throughput phenotyping, bzw. Next Generation Digital Phenotyping

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Kenndaten der Phänotypisierung • Blattfläche, Biomasse, Ertrag • Spross-Architektur, Blattform, Blattstellung • Photosyntheseraten, Gaswechsel • Farbkomposition, spektrale Signatur, Antennenpigmente • Stoffflüsse, Stoffkonzentrationen • Wurzelmasse, Wurzellänge, Wurzeloberfläche • Effizienz der Nährstoffaufnahme

3D-IMAGING TIR – thermales infrarot imaging – Stomata, Wassergehalt NIR – nah-infrarot imaging – Wurzelstruktur, Wassergehalt Fluoreszenz – Photosynthese, Chlorophyllaktivität (blau/rot) Fluoreszenz – Phosphatgehalt (far-blue, UV-VIS) Laser-Scanning – Statur, Architektur (3D-VIS) Link zu Genotyp-Daten mittels Bioinformatik

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Indoor Systeme

Standardisierte Bedingungen für Phenomics-Parameter

• Lichtmenge, Einfallwinkel

• Bewässerung

• Düngung

• Messzeitpunkte (mehrmals täglich, 24/7)

• Komplett computergesteuert

• Datensammlung und Analyse

• Komplette Pflanzenentwicklung nachvollziehbar

• Auswahl für Zuchtprogramme

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Molekulare Grundlagen

Komponenten des DNA Doppelstrangs: Pyrimidinbasen: Cytosin und Thymin Purinbasen: Adenin und Guanin Basenpaarung: A-T (2 Wasserstoffbrücken) G-C (3 W.brücken) Zucker: Deoxyribose Phosphatrest

Komponenten des RNA Einzelstrangs: Pyrimidinbasen: Cytosin und Uracil Purinbasen: Adenin und Guanin Basenpaarung durch Faltung des Einzelstrangs: A-U, G-C Zucker: Ribose Phosphatrest

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Jede Pflanzenzelle hat 3 Genome ! • Kern DNA – nDNA (nukleäre DNA) • mitochondriale DNA – mtDNA • chloroplastidäre DNA – cpDNA (auch ptDNA, plastidär)

cpDNA und mtDNA werden ausschließlich maternal vererbt !

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Base Uracil anstelle von Thymin in der RNA

52

Nukleinsäuren sind Polyphosphorsäuren (negativ geladen) Die Polymerisationsrichtung ist immer 5‘ 3‘ Die Grundbausteine sind Triphosphate Während der Polymerisation wird das energiereiche Pyrophosphat (PPi) abgespalten

RNA 53

Meiotisches Crossover Austausch von Genmaterial zwischen homologen Chromosomen Chromosomen sind kondensiertes Chromatin (Heterochromatin) Chromosomen verdoppeln Chromatide (Verbindung am Centromer) Homologe Chromosomenpaarung (Austausch von Genmaterial) Meiose 1, Verteilung der homologen Chromosomen auf Tochterzellen Meiose 2, Trennung der Chromatide am Centromer Verteilung auf Tochterzellen Aus einer diploiden Zelle entstehen 4 haploide Tochterzellen

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Intron/Exon Gen-Struktur nur bei Eukaryoten Spleißen (splicing) der Intron-Sequenzen und Zusammenfügen der Exons im Cytoplasma Reihenfolge der Genbestandteile auf codierendem Strang (5‘-3‘): • Proximale regulatorische Elemente (Enhancer, Silencer) • Promotor (TATA-Box, CAAT-Box) zwischen Promotor und Start = 5‘UTR (UnTranslated Region) • Exon 1 (Startcodon ATG im ersten Exon) • Intron 1 • Weitere Exons und Introns im Wechsel • Im letzten Exon Stoppcodon (TAA, TAG oder TGA) • Polyadenylierungssignal Zwischen Stopp und Poly(A) = 3‘UTR • Distale regulatorische Elemente (Enhancer, Silencer)

55

Transkription Übersetzen der DNA in mRNA Proteinkomponenten der Transkription:

• RNA-Polymerase

• Prä-Initiationskomplex

• Trankriptionsfaktoren

• Promotor-bindende Proteine

56

Der „Offene Leserahmen“ Open Reading Frame (ORF)

Die Nukleotidanzahl der Exons muss durch 3 teilbar sein 57

Chromosom

Histon-Oktamer

= Ansatzpunkt der RNA-Polymerase für mRNA Herstellung

Proteinbiosynthese am Ribosom (Translation)

Ribosomen sind Multiprotein-MultiRNA- -Komplexe aus zwei Untereinheiten Large Subunit (LSU) ca. 60 Proteine 3 rRNAs (5, 5.8, 28S) Prokaryoten: 5, 5.8, 23S

Small Subunit (SSU) ca. 30 Proteine 1 rRNA (18S) Prokaryoten: 16S

tRNA

SSU

LSU

Tripletts

58

Die Degeneriertheit des genetischen Codes

Start

59

Mehrere Tripletts codieren für die gleiche Aminosäure Ausnahme Tryptophan (Trp) nur ein Triplett = TGG

Output: Merkmal

Punktmutation

ATT AGC TTT TGT GTA

ATT AGC TTA TGT GTA

Gen-Code

Input: Gen Stoffwechsel

Ile Ser Phe Cys Val Protein-Code

Ile Ser Leu Cys Val Protein-Code

60

Sogenannte „Stille Mutationen“ Beispiel Arginin 6 mögliche Codons (Tripletts) codieren für Arginin: CGT CGC CGA CGG AGA AGG

Codon Usage Verfügbarkeit unterschiedlicher tRNAs ist begrenzt Viele Organismen bevorzugen bestimmte tRNAs für eine Aminosäure Wird durch Mutation eine „seltene“ tRNA notwendig, ist diese oft nicht zur Stelle und die Translation bricht ab (auch „stille“ Mutationen können Effekte haben!)

Es sind mehrere Mutationen möglich, aber das Triplett codiert weiterhin für Arginin

61

Chromosomenmutationen Polyploidie Aneuploidie Translokation (reziprok/nicht-reziprok) Deletion Amplifikation (extra Minichromosomen oder verlängerte Chromatide)

DNA Mutationen

Punktmutation -Basenaustausch (Transition, Transversion) Insertion -Baseneinfügung Deletion -Basenverlust Inversion -Umkehrung Basenreihenfolge Duplikation -Segmentverdopplung In Körperzellen (somatisch) z.B. Krebs, in Keimbahn z.B. Erbkrankheiten

InDels, mögl. Frameshift-Mutationen! Alle Triplets verändern sich, da nicht durch 3 teilbar!

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Mutagene

Strahlen UV oder ionisierend (radioaktiv)

DNA/RNA Polymerasen Genauigkeit zwischen 87% und 99% DNA Reparatur Mismatches, Strang-Erkennung Repeats (slipped-strand mispairing) Basenschädigungen Desaminierung, Depurinierung, Oxidation (ROX) Basenblockierung Chemikalien (z.B. Benzopyren) Glycosylasen Ribose, Desoxyribose Entfernung Rekombination ungleiches crossing-over Viren, Transposons (Retrotransposons) UV

Thymin-Dimere

Reparaturenzym: Photolyase

Benzopyren

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Loci und Allele Locus = Genort (Kopplungsanalyse) Allel = Genausprägung (Assoziationsanalyse) Bei Diploiden: homozygot: beide Allele sind identisch heterozygot: Allele sind verschieden (auf Sequenzebene) Heterozygotie wird als Selektionsvorteil betrachtet (Proteinvariabilität)

Linkage is with loci and association with allels Allele: GWAS – genome-wide association studies Loci: Kopplungsgruppen, Rekombinationshäufigkeiten, Genomkartierung

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Non-coding DNA Im Humangenom ist über 95% der DNA nicht codierend Gesamt 3.000 Mbp, codierend max. 150 Mbp Junk-DNA (Funktion bisher unbekannt, Deletionsstudien) Selfish DNA (repetitive DNA neigt zur Ausbreitung) genetischer Fingerabdruck hohe Mutationsraten

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HuGO und GABi

HuGO = Human Genome Organization (1990-2000) GABi = Genome Analysis Bio-System Plant (1999-heute) Vermutung: Der Mensch hat 250.000 bis 1 Mio Gene Realität heute: Der Mensch hat weniger als 25.000 Gene (ORFs)

Das 1 Gen / 1 Protein Dogma ist gefallen! Alternatives Spleißen (Exon/Intron-Processing) – fast alle Humangene haben mehrere Spleißvarianten!

– aus einem Gen können viele verschiedene Proteine entstehen! 66

RNA

• Hat katalytische Eigenschaften (Enzymfunktion, Ribozyme)

• Übermittelt genetische Information

• Reguliert grundlegende zelluläre Prozesse

• Dient auch als Genom (RNA-Viren, Retroviren)

• Kann sich selbst replizieren (Faltung u. Kettenverlängerung)

• Hat Ligase und Nuklease Aktivität (selbstspleißende Introns)

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Codierende RNA (cRNA) mRNA messenger RNA (Transkription und Translation) Nicht-codierende RNAs (ncRNA) rRNA (ribosomale RNA) tRNA (transfer RNA) Long non-coding und short non-coding RNAs lncRNA antisense Genregulation (>200 Basen) sncRNA spleißen der prä-mRNA, Spleißosom (30-40 Basen), guideRNAs, exon skipping, intron retention small interfering RNAs (siRNA), sog. RNA-Interferenz (RNAi 20-25 Basen) Genregulation, Chromatinorganisation, Translokation am Ribosom RNAi ist neben altern. Spleißen wichtiger Regulationsmechanismus

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Bakterien (Prokaryoten) • kein Zellkern • keine Organellen • immer haploid • Gene ohne Introns • Keine non-coding DNA • Kein PolyA am Ende der mRNA • Nur ein ringförmiges Hauptchromosom • Enthalten kleine Extrachromosomen (Plasmide) in unterschiedlichen Anzahlen und Kopien

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Pilus (pl. Pili) oder Fimbrien • Zelladhäsion • Anhaften an festen Oberflächen • Anhaften an z.B. tierische Zellen • Bewegung und Austausch v. Genmaterial über Plasmabrücke (horizontaler Gentransfer) Resistenzfaktoren (Antibiotika-Resistenzen) Fertilitätsfaktoren (F-Plasmid) Bakterien können für Teile des F-Plasmids diploid sein Bezeichnung Sex-Pili ist aber falsch! Bakterien haben kein Geschlecht

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Restriktionsendonukleasen Restriktionsenzyme – bakterielles Immunsystem Hauptfeinde der Bakterien sind Bakterienviren (Bakteriophagen) Injizieren ihre DNA ins Bakterium Programmieren Bakterium um (Produktion von Phagen) Verteidigungsmechanismus: Sequenzspezifische Endonukleasen die das Phagengenom zerschneiden/zerstören (Erkennung über Palindrome) Voraussetzung: Sequenz kommt im eigenen Genom nicht vor! oder das Restriktionsenzym ist methylsensitiv in diesem Fall müsste die Sequenz der Bakterien methyliert sein, sonst würde Bakterium sein eigenes Genom zerschneiden

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Palindrome (Spiegelmere) – Blunt- und Sticky-Ends

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blunt

blunt

blunt

blunt

methylsensitiv

sticky

sticky

sticky

Klonierungsvektoren (Plasmide zur Transformation in Bakterien)

bla = ß-Lactamase (Selektionsmarker Penicillinresistenz) rep/rop = ORI = Origin of Replication MCS = Polylinker = Multiple Cloning Site (bis zu 20 Restriktionsstellen) LacZ = Insertionsmarker, Reportergen (Blue/White Screening) Expressionsvektoren zur Proteinherstellung 73

LacZ: Substrat (IPTG/xGal) muss Nährmedium zugegeben werden Heute meist GFP (Green Fluorescent Protein) Farbsignal direkt vom Protein, kein Extrasubstrat notwendig

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Sequenziervektoren Einklonieren des sog. Inserts zur DNA-Sequenzierung High Copy Number Plasmide (relaxed vs. stringend control) Das Plasmid enthält zusätzlich Bindestellen für die Sequenzierprimer Gewinnung der Insert-DNA durch • Restriktionsenzyme • PCR Polymerase Kettenreaktion Polymerase Chain Reaction (PCR)

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PCR - Reaktionsprinzip Schritt 1 Denaturierung bei 96°C - Wasserstoffbrücken werden gelöst, es entstehen 2 Einzelstränge Schritt 2 Primerbindung bei ca. 60°C Primer binden an komplementäre Sequenz auf DNA, auch Annealing genannt, Primer sind gewöhnlich 18-25 Nukleotide lang Schritt 3 Primerverlängerung (72°C) DNA-Polymerase heftet dNTPs an Primer an Anheften komplementär zum DNA-Strang dNTPs = dATP, dGTP, dTTP, dCTP (Triphosphate) Reaktionsansatz: „Taq“ DNA-Polymerase aus Thermus aquaticus (thermophiles Bakterium aus heißer Quelle) Taq Temperaturoptimum 72°C, Polymerase übersteht auch die 96°C 4 dNTPs (A,T,G,C) 2 Primer (vorwärts und rückwärts) Taq-Polymerase Mg++ Ionen (Kofaktor für Polymerase) Templat-DNA Verdopplung des amplifizierten PCR-Fragments in jedem Zyklus (ca. 35 Zyklen werden durchgeführt) 76

PCR nach Kary B. Mullis (1987)

Exponentielle Amplifikation Nobelpreis 1993 77

Quantitative PCR (qPCR)

Mit Fluoreszenz-Farbstoffen oder spezifischen Oligos (TaqMan)

Reverse Transkriptase, RT-qPCR (zur Messung der Genaktivität)

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DNA Sequenzierung nach Sanger (1977) Kettenabbruchnukleotide (ddNTPs, Nobelpreis 1980)

Nur reine Moleküle Nur Einzelreaktionen

Leseweite max. 1kb

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Elektropherogramm einer DNA-Sequenzierung (nach Sanger)

Consensus

4 Gerstenlinien Hordeum vulgare, Barke, Ingrid, Morex, Regina Allele mit SNP (single nucleotide polymorphism) 80

Bei reinen Molekülen: Direktsequenzierung (ohne Klonierung) mit den PCR Primern möglich Im Sequenzieransatz darf sich nur ein Primer befinden! lineare PCR, nicht exponentiell! Bei Molekülpopulationen: Moleküle müssen durch Klonierung vereinzelt werden! Nur ein Insert pro Plasmid Nur ein Plasmid pro Bakterienzelle Blue/white screening alle weißen Kolonien werden sequenziert (Kolonie-PCR) Parallelisierung in Mikrotiterplatten (96 o. max 384 Kolonien parallel)

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NGS – Next Generation Sequencing Fluorochrom-markierte ddNTPs der Sanger-Sequenzierung sind sehr teuer

Neue Basis Pyrosequenzierung (keine Fluoreszenfarbstoffe nötig)

Beim Abspalten des Pyrophosphats während der DNA-Polymerisation entsteht ein Lichtblitz!!! • Zu sequenzierende DNA wir kovalent an Nanobeads gebunden (1 Molekül pro Bead) • Sequenzierplatte enthält Nanokavitäten in die genau ein Bead (=Perle) passt 20 Mio Kavitäten pro Platte = 20 Mio Sequenzierungen parallel!!! • Platte wird nacheinander immer wieder mit den einzelnen A-T-G-C-dNTPs geflutet zeitliche Synchronisation und zählen von Lichtblitzen ergibt die Sequenz • SMRT = single molecule real-time Sequenzierung

!! Parallelisierung, Automatisierung, Miniaturisierung !! 82

Anbieter (teilw. mit Fluorochrom-Chemie)

• Roche 454 (out-dated)

• Illumina/Solexa (paired-end MiSeq und HiSeq, max. 2x300bp)

• Helicos BioSci

• Life SOLID

• PacBio (Leseweiten bis 60kb pro bead!!!)

• Ion Torrent

Illumina/PacBio Kombination, Humangenom in 10 Tagen sequenzierbar! Wichtigster Faktor: Preis pro Base Sanger ca. 0,05€/Nukleotid, Illumina 0,0000002 €/N Zukunft = TGS (third generation sequencing) ohne Enzyme, rein physikalisch, Nanopore Sequencing

Oxford Nanopore Technologies, minION Sequenzierautomat 83

Das Ti-Plasmid (Tumor-inducing Plasmid) Agrobacterium tumefaciens, DIE Genfähre Wildtyp löst Pflanzenkrebs aus Kronengallen (crown galls)

ca. 194 kb

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Integrase (int)

LTR LTR

t-DNA-Region kann beliebig durch andere DNA ersetzt werden (Restriktionenzyme und Ligasen) nur linke und rechte Grenze (LTRs, long terminal repeats müssen erhalten bleiben)

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Integrase (int)

Genkassetten werden in Empfängerpflanzen übertragen Reportergen, Transgen (t-DNA) Selektionsmarker auf Plasmid, aber nicht in Kassette

Pomoter: CaMV 35S cauliflower mosaic virus

(Transgen)

Reportergen GUS (xGLUC), o. GFP

Selektionsgen: Antibiotikaresistenz

Virulenzregion muss erhalten bleiben damit Bakterium Pflanze infizieren und das Plasmid übertragen kann. T-Region wird ins Pflanzenchromosom integriert (Integrase-Aktivität)

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Nachteile Position der Integration kann nicht vorher bestimmt werden die t-DNA integriert irgendwo im Genom (teilw. mehrfach) Das gesamte Plasmid (inkl. Kassette) muss funktionieren Selektionsmarkergen, Reportergen, Promotor, Transgen Hohe Ausfallraten: Positionseffekte, Kassettendefekte, Plasmiddefekte Pflanzenspezies mit ineffektiven Transformationsraten A. tumefaciens befällt vorzugsweise Zweikeimblättrige (Dikots)

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GvO-Diagnostik (GMO-Testing) PCR-basierte Suche nach: • 35S-Promotor • Antibiotika Resistenzgene (NPT II) • Reportergen (GUS, GFP) • Nopalinsynthetase • NOS-Promotor • NOS Terminator GvOs sind einfach zu identifizieren! DNA-Isolation, PCR-Reaktion, Gelelektrophorese

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Das Ri-Plasmid (Root-inducing Plasmid) Agrobacterium rhizogenes (WT) Die Wurzelhaarkrankheit der Zuckerrübe (Bärtigkeit)

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Nutzung von A. rhizogenes zur Herstellung transformierter Wurzelkulturen (Gewebekultur) Keine Gentechnik, da A. rhizogenes ein Wildtyp ist (t-DNA wird NICHT verändert)

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Wurzelgewebekultur Wächst ohne Spross und Blätter Bezieht Nährstoffe aus Nutrient-Agar

Wurzelkultur mit Mykorrhiza-Pilzen (Glomus intraradices)

Genome Editing – A NEW AERA CRISPR/Cas – RNA-gesteuerte Endonukleasen Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats CRISPR associated Gene 9 = CRISPR/Cas9 Teil des bakteriellen Immunsystems Bakterien integrieren Palindrome aus Phagengenomen in ihr Genom, zur Wiedererkennung und Eliminierung von Phagen = Immunität Die Spacer sind für die Funktion der Immunität notwendig Jennifer Doudna & Emmanuelle Charpentier (2012): A programmable dual-RNA-guided DNA endonuclease in adaptive bacterial immunity, Science 337(6096), pp. 816-821

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Die Nukleotid-bindenden Sequenzen der Nukleasen können programmiert werden Herstellung des Proteins in Bakterien Die synthetische guideRNA wird zugegeben und verbindet sich mit dem Protein Der Protein-RNA Komplex wird in Zellen eingeschleust und findet seine Zielregion Die Ziel-DNA wird entsprechend der guideRNA verändert Der spezifische Teil der guideRNA dient als Matrize Bei Replikation durch zelleigene Reparaturenzyme verarbeitet GuideRNA und Cas-Nuklease werden abgebaut Genom ist editiert!

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Vorteile • Keine Fremd-DNA • keine Positionseffekte • keine Mehrfachinsertion • Gen bleibt in seinem natürlichen Kontext • Gen bleibt unter seinem eigenen Promotor • Keine Antibiotika-Resistenz nötig (Selektionsmarker) • Kein Reportergen notwendig Regeneration ganzer Pflanzen durch normale in-vitro Kultur Techniken Überprüfung des Editierungserfolgs durch DNA Sequenzierung Der Eingriff ist absolut nicht nachweisbar! (da er auch auf natürliche Weise durch Mutation entstehen könnte) CRISPR funktioniert bei allen Organismen, auch Menschen! 93

Per Definition ist CRISPR keine Gentechnik da keine Fremd-DNA (Transfer-DNA) enthalten ist EuGH-Urteil zur Genschere CRISPR (vom 25.7.2018) • Meldepflicht der Experimente • GvO-Kennzeichnungspflicht der Produkte • Verbraucher sollen selbst entscheiden können

Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob gegen das Urteil Revision oder Berufung eingelegt werden kann. In USA NICHT als Gentechnik bewertet, sondern zugelassen! Daher in den USA keine Kennzeichnungspflicht.

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CRISPR Pflanzen Mais Sorte waxy Technischer Rohstoff Stärke-variante für Hochglanzpapier DuPont/Pioneer BIG FIVE: • DuPont/Pioneer • Dow AgroScience • Bayer/Monsanto • BASF • Syngenta

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Internationale Fachzeitschriften Journal of Plant Biotechnology (open access) Plant Biotechnology Reports Plant – In Vitro Cellular & Developmental Biology

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Organisationen Gesellschaft für Pflanzenbiotechnologie e.V. www.pflanzen-biotechnologie.de InnoPlanta e.V. (Gatersleben, Nordharz/Börde) www.innoplanta.de Arbeitsgemeinschaft innovativer Landwirte (AGIL) Deutsche Gartenbauwissenschaft Gesellschaft www.dgg-online.de International Association for Plant Biotechnology www.iapbhome.com

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