Pflege alter Menschen – eine „gewaltige“ Leistung

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Pflege alter Menschen – Pflege alter Menschen – eine „gewaltige“ eine „gewaltige“ Leistung Leistung Dr. Virpi Hantikainen RN, Dr. Virpi Hantikainen RN, MNSc, Ph.D MNSc, Ph.D Kantonsspital Aarau AG, CH Kantonsspital Aarau AG, CH [email protected] [email protected]

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Pflege alter Menschen – eine „gewaltige“ Leistung. Dr. Virpi Hantikainen RN, MNSc, Ph.D Kantonsspital Aarau AG, CH [email protected]. Was heisst „gewaltige“ Leistung?. Anzahl Pflegebedürftigen Alten Menschen in den Alters-und Pflegeheimen steigt - PowerPoint PPT Presentation

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Pflege alter Menschen – Pflege alter Menschen – eine „gewaltige“ Leistungeine „gewaltige“ Leistung

Dr. Virpi Hantikainen RN, MNSc, Dr. Virpi Hantikainen RN, MNSc, Ph.DPh.D

Kantonsspital Aarau AG, CHKantonsspital Aarau AG, CH

[email protected]@ksa.ch

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Was heisst „gewaltige“ Was heisst „gewaltige“ Leistung?Leistung?

Anzahl Pflegebedürftigen Alten Menschen in Anzahl Pflegebedürftigen Alten Menschen in den Alters-und Pflegeheimen den Alters-und Pflegeheimen steigtsteigt

Anzahl ambulanten Betreuung (Spitex) und Anzahl ambulanten Betreuung (Spitex) und pflegenden Angehörigen pflegenden Angehörigen steigtsteigt

Anzahl und Qualität des Pflegepersonals sAnzahl und Qualität des Pflegepersonals sinktinkt = Pflegenotstand = Pflegenotstand

Arbeitssituation, Betreuungsqualität und Arbeitssituation, Betreuungsqualität und Überforderung in ambulaten und stationären Überforderung in ambulaten und stationären Bereich ist Bereich ist alarmierendalarmierend

Eine Konsequenz dieser Situation ist Gewalt Eine Konsequenz dieser Situation ist Gewalt gegen Alte, aber auch Gewalt gegen gegen Alte, aber auch Gewalt gegen Pflegepersonal und pflegende AngehörigePflegepersonal und pflegende Angehörige

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Formen der Formen der GewaltGewalt

Psychische Gewalt Vorenthalten von

Zuwendung und Vertrauen, durch seelisches Quälen und emotionales Erpressen

beleidigende, erniedrigende und entwürdigende Worte

Physische Gewalt Schädigung und Verletzung eines

anderen durch körperliche Kraft und Stärke

Freiheitsbeschraubung z.B durch Anbinden

Medikamentöse Misshandlungen notwendige Medikamente

entziehen ohne Rücksicht auf Schädigung zu

viele Medikamente verabreichenFinazielle Ausbeutung

Sexuelle Misshandlung Vernachlässigung Verweigerung oder Unterlassung von

notwendiger Hilfeleistung oder Pflege

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Die Gewalt fängt nicht an wenn Kranke getötet werden. Sie fängt an wenn einer sagt „Du bist krank: Du musst tun was ich sage!“– Aus dem Gedicht „Gewalt“ von Erich

Fried

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Gewalt in der Pflege alter Menschen

Täglich werden Betagte von Angehörigen oder vom Täglich werden Betagte von Angehörigen oder vom Pflegepersonal misshandelt.Pflegepersonal misshandelt.– Schätzungsweise mehr als einer von 20 alten Menschen (UBA Schätzungsweise mehr als einer von 20 alten Menschen (UBA

CH)CH) Gewalt gegen PflegepersonalGewalt gegen Pflegepersonal

– Zwischen 29 % - 92 % der BewohnerInnen von Zwischen 29 % - 92 % der BewohnerInnen von Langzeitpflegestationen zeigen aggressives Verhalten (Glaus-Langzeitpflegestationen zeigen aggressives Verhalten (Glaus-Hartmann, 2006)Hartmann, 2006)

Gewalt gegen pflegende AngehörigeGewalt gegen pflegende Angehörige– Prävalenz??Prävalenz??

Gewalt gegen alte Menschen im familiären Kontext wird in Gewalt gegen alte Menschen im familiären Kontext wird in erster Linie durch jene ausgeübt, die als nahe stehende erster Linie durch jene ausgeübt, die als nahe stehende Familienmitglieder kontinuierliche Hilfe und Pflege leisten Familienmitglieder kontinuierliche Hilfe und Pflege leisten

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Zeitliche VerteilungZeitliche Verteilungder Ereignisse(Glaus-Hartmann, der Ereignisse(Glaus-Hartmann,

2003)2003)

1-----------6 7------------12 13-----------18 19-----------24

Aggressives Verhalten tendiert häufiger am Tag und vor allem morgens vorzukommen

Die wissenschaftliche Befundlage weist dahin, je mehr die Pflegehandlung in die Intimsphäre eingreift, desto eher zeigt sich aggressives Verhalten

43% 43% of all aggressive episodes happened during nursing interventions related to the activities of daily living (16 health care facilities in Switzerland, 431 residents)

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Gewalt in der Pflege alter Menschen

Gewalt in der Pflege ist meist das Gewalt in der Pflege ist meist das Ergebnis einer Interaktion der Ergebnis einer Interaktion der Beteiligten unter Mitwirkung Beteiligten unter Mitwirkung unterschiedlicher Faktorenunterschiedlicher Faktoren

Eine Person kann gleichzeitig Opfer und Eine Person kann gleichzeitig Opfer und Täter sein Täter sein

Das Leiden der Opfer - und der Täter - Das Leiden der Opfer - und der Täter - findet in aller Stille statfindet in aller Stille stat

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Eine Person kann gleichzeitig Opfer und Täter

sein

…. Der pflegebedürftige Mann erwartet von

Pflegende, dass sie ihn sofort pflegt und schlägt sie, wenn die Pflege nicht seinen Vorstellungen entspricht; Pflegende,total überfordert,«bestraft» ihn, indem sie ihn bewusst lange im Nassen liegen lässt, seine Einlagen nicht wechselt, was zu Dekubitus führt usw.

Es kommt zur Gewaltspirale, und beide sind Opfer und Täter

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Gewalt in der Pflege alter Menschen

Befragung von 577 Altenpflegekräften zu Gewalt in der Einrichtung berichten– 36 % wahrgenommene körperliche Misshandlungen

(z.B. exzessiv freiheitseinschränkende Mittel gebrauchen 21 %, stoßen, zwicken 17 %)…

– und 10 % geben zu, selbst misshandelt zu haben.

Bei den wahrgenommenen seelischen Misshandlungen werden – von 81 % berichtet (z.B. anschreien, schimpfen,

beleidigen, aber auch Nahrung verweigern)….– und 40 % berichten selbst seelisch misshandelt zu

haben.(Kranich, Rheintaler Alterstagung)

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Gewalt verstärkende und minimierende Faktoren in Langzeiteinrichtungen

Systemfaktoren/Umgebung Pflegepersonal/Führung Pflegebedürftige

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Systemfaktoren/Umgebung

Verstärkende Faktoren Belastende Arbeitsbedingungen Häufiger Personalwechsel Zu kurze Einarbeitung Unqualifiziertes Personal Missverhältnis Anzahl

BewohnerInnen/Personal Zeitdruck Mangelnde Fortbildungs- und

Supervisionsmöglichkeiten Hohe Fluktuationsrate:

unvertraute Pflegende Mangelnde Führung!

Minimierende Faktoren „Philosophie“ Struktur Arbeitsbedingungen Unterstützung des Personals Qualifikation des Personals Qualitätssicherung Pflegemanagement/Führung! Tiefe Fluktuationsrate:

BewohnerInnen, Personal Ausreichende Anzahl des Personals Fortbildungsmassnahmen

(gewaltpräventive Massnahmen Supervision Architektur, Räumliche Aufteilung der

Zimmer u.a. Ruhe

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Pflegepersonal/Führung

Verstärkende Faktoren Unzufriedenheit mit der

Arbeitssituation schlechte Bezahlung mangelnde Anerkennung Überlastung Stress durch schlecht

organisierte Arbeitsabläufe Mangelnde pflegerische

Hilfsmittel fehlende Kenntnisse im Umgang mit

Stress und Konflikten das Ausmass der

Infantilisierungstendenzen gegenüber den alten Menschen

Übertrieben paternalistischem oder autoritärem Verhalten

Mangelnde Führung!

Minimierende Faktoren Teambesprechung Dokumentation Gegenseitige soziale Unterstützung Fachliche Kompetenz Klärung von Beziehungsproblemen

(Nähe/Distanz) Arbeitsmotivation

Vorgesetzte!! Soziale Unterstützung Partnerschaftlicher Führungsstil Empowerment der MitarbeiterInnen Präsenz des Managements auf den

Stationen Teamorientierung „Helfen“ statt „Strafen“ Förderung von Problembewusstsein Erarbeitung von Alternativen zur Gewalt Gewalt nicht tolerieren

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Pflegebedürtige

Verstärkende Faktoren Wenig Privatsphäre Andere BewohnerInnen mit

Verhaltensstörungen Verwirrtheit geringe soziale Kompetenz, geringe Berücksichtigung der

Situation des Personals Überstimulierung Gefühls von Abhängigkeit und

Hilflosigkeit Aggressives Verhalten aufgrund

von Gewalterfahrungen in der persönlichen Lebensgeschichte

Die Art der Erkrankung

minimierende Faktoren

INDIVIDUELLE PFLEGE UND BETREUUNG

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Es geht nicht um Schuldzuweisungen an Pflegepersonal, sondern darum, Hilfen anzubieten, Konfliktsituationen zu entschärfen und präventiv zu wirken

Heime haben eine schwierige gesellschaftliche Aufgabe übernommen und brauchen Unterstützung!

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Was ist zu tun???Was ist zu tun???

Altenpflegeeinrichtungen brauchen Altenpflegeeinrichtungen brauchen 1.1. mehr Personal mehr Personal 2.2. besser ausgebildetes Personal besser ausgebildetes Personal 3.3. besser bezahltes Personal besser bezahltes Personal Stress und Überforderung resultiert nicht nur Stress und Überforderung resultiert nicht nur

aus einem quantitativen Personalmangel, aus einem quantitativen Personalmangel, sondern auch aus mangelnden Kenntnissen sondern auch aus mangelnden Kenntnissen und Fertigkeiten. Dies betrifft insbesondere und Fertigkeiten. Dies betrifft insbesondere den Umgang mit demenziell erkrankten den Umgang mit demenziell erkrankten Bewohnerinnen und Bewohnern.Bewohnerinnen und Bewohnern.

Page 16: Pflege alter Menschen – eine „gewaltige“ Leistung

Was ist zu tun?Was ist zu tun? Investition für die Prävention von Gewalt in Investition für die Prävention von Gewalt in

den Heimenden Heimen vielschichtige Interventionen um eine effektive

Reduzierung von Gewalt zu erreichen:– Weiterbildungen

interne / externe Schulungen über Gewalt Methoden die Interaktions- und

Kommunikationsfähigkeiten fördern z. B. Validation, Kinästhetik

– Team- bzw. Fallbesprechungen– Richtlinien/Leitfaden zum Umgang mit Gewalt– Strukturen

Anpassung des Personalschlüssels an die Bedürfnisse der Alte

Flexible Tagesablauf Nachtcafé etc.

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Was ist zu tun?Was ist zu tun?

Ich wünsche Euch Menschen, die nicht nur darüber reden, es nur verbal tun wollen, sondern die auch danach handeln

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LiteraturLiteratur

DISKUSSIONSPAPIER 1: Welchen Beitrag kann die EU leisten, um ein Altern in Würde zu fördern und Gewalt gegen ältere Menschen vorzubeugen? EUROPÄISCHE KOMMISSION, Generaldirektion Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit, Sozialschutz und soziale Eingliederung. Brüssel, 12.03.2008. ec.europa.eu/.../spsi/elder_abuse_de.htm

Glaus Hartmann, M., Aggressionsereignisse von PflegeheimbewohnerInnen, in Faculty of Health Sciences. 2003, Masters thesis, Faculty of Health Sciences, Rijksuniversiteit Limburg Maastricht: Maastricht.

Kranich, M. Umgang mit Aggressionen und Gewaltimpulsen in der Pflege alter Menschen. Rheintaler Alterstagung.

Allenbach-Guntern, C. 2007. Pflegeinterventionen zur Verminderung der Belastung von pflegenden Angehörigen demenzkranker Menschen-Eine systematische Literaturreview. Fachhochschule Westschweiz Standort Visp Studiengang Pflege.

Schmitt-Mannhart, R. 2000. Gewalt gegen Alte – von Alten: Gibt es das? – Medizinische Sicht. Schweiz Med Wochenschr 130:1669–75

Hansen, R. 2003. Der Stellenwert der Langzeitpflege soll besser werden: Umfrage in Pflegeheimen zum angeblichen Pflegenotstand. Curaviva, CH.

Unabhängige Beschwerdenstelle für das Alter Schweit UBA. www.uba.ch