Pflege

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© 2009 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Pflege 2009; 22: 39–46 DOI 10.1024/1012-5302.22.1.39 39 Originalarbeit 1 Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften 2 Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Medizin, Institut für Pflegeforschung Sascha Köpke 1 (Dr. phil.), Kathrin Dehning 1 (Kinderkrankenschwester), Nadine Molsen 1 (Krankenschwester), Ralph Möhler 2 (MScN), Jürgen Kasper 1 (Dr. phil.), Gabriele Meyer 2 (Prof. Dr. phil.) Stroke Units haben sich in der Versor- gung von Schlaganfallpatienten deutschlandweit etabliert. Zum spezi- fischen Beitrag Pflegender am Erfolg des Konzepts der Stroke Units liegen in- ternational bisher wenige Daten vor. Die vorliegenden Studien beschreiben u.a. eine Schnittstellenfunktion der Pflegenden im multiprofessionellen Team der Stroke Units. Für Deutschland fehlen solche Daten. In einer Fragebo- genstudie mit 55 Mitarbeitern der Teams dreier überregionaler Stroke Units wurden die am Versorgungs- prozess einer Stroke Unit beteiligten Berufsgruppen zu verschiedenen Aspekten der Zusammenarbeit (u.a. Kommunikationsverhalten, Anerken- nung im Team) befragt und um Ein- schätzung des spezifischen Anteils der Pflegenden an der Organisation der Stroke Unit und der Genesung der Patienten gebeten. Die Vertreter der verschiedenen Berufsgruppen kom- men zu ähnlichen Einschätzungen bezüglich der interdisziplinären Zu- sammenarbeit. Pflegende und thera- peutische Mitarbeitende schätzen den Anteil der Pflegenden an der Organisa- tion der Stroke Unit vergleichbar hoch ein, Ärzte schätzen ihn niedriger ein. Die Einschätzung des Anteils der Pfle- genden an der Genesung der Patienten unterscheidet sich zwischen den Be- rufsgruppen. Die Ergebnisse der Befra- gung legen nahe, dass auch in Deutsch- land Pflegende auf Stroke Units eine Schnittstellenfunktion innerhalb des multiprofessionellen Teams wahrneh- men. Diese ist besonders auf Koordina- tions- und Organisationsfunktionen und weniger auf therapeutische Funk- tionen ausgerichtet. Einleitung Stroke Units sind in der deutschen Krankenhauslandschaft fest etabliert. Bereits 1993 wurde mit der Gründung der «Stiftung Deutsche Schlaganfall- Hilfe» die flächendeckende Verbrei- tung von Stroke Units in Deutschland forciert. International konnten für Stroke Units mit ausgeprägten frühre- habilitativen Anteilen und Versorgung durch ein multiprofessionelles Team im Vergleich zur Standardversorgung auf Intensivstationen bessere Versor- gungsergebnisse belegt werden. So- wohl die Rate der Überlebenden als auch deren Grad an Selbstständigkeit werden positiv beeinflusst (Stroke Unit Trialists’ Collaboration, 2007). Stroke Units sind komplexe Interven- tionen und bestehen aus miteinander verquickten und sich wechselseitig bedingenden Komponenten. Einer einzelnen Wirkkomponente kann bei komplexen Interventionen kein spezi- fischer Wirksamkeitsbeitrag zugeord- net werden (Campbell, Fitzpatrick, Haines, Kinmonth, Sandercock, Spie- gelhalter & Tyrer, 2000; Gibbon, Wat- kins, Barer, Waters, Davies, Lightbody & Leathley, 2002). Folgende Wirkkom- ponenten der Stroke Unit werden in der Literatur diskutiert: Frührehabili- tation, das Teamkonzept, die spezielle Ausbildung des Teams und die Einbe- ziehung der Patienten sowie der Ange- hörigen (Schroeder, Heiderhoff & Köb- berling, 2004; Langhorne, Pollock & Stroke Unit Trialists’ Collaboration, 2002). Eine kürzlich durchgeführte eu- ropäische Befragung ärztlicher Exper- ten ergab acht «unbedingt notwendi- ge» Komponenten von Stroke Units, darunter das «multiprofessionelle Team» sowie speziell für die Stroke Unit weitergebildete Pflegende (Leys, Ringelstein, Kaste, Hacke & European Stroke Initiative Executive Committee, 2007). Es liegt eine Reihe von Untersuchun- gen zur Rolle Pflegender in der neuro- logischen Rehabilitation vor (Long, Kneafsey, Ryan & Berry, 2002; O’Con- nor, 2000; Waters & Luker, 1996). Die spezifische Rolle von Pflegenden in- nerhalb des therapeutischen Teams ei- ner Stroke Unit wurde bislang jedoch selten untersucht (Booth, Hillier, Wa- Die Rolle der Pflegenden im therapeutischen Team der Stroke Unit Manuskript erstmals eingereicht am 1.12.2006 Endgültige Fassung eingereicht am 2.7.2008 Was ist (zu dieser Thematik) schon bekannt? Pflegenden wird eine zentrale Rolle im multiprofessionellen Team der Stroke Unit zugeschrieben. Was ist neu? Pflegende nehmen auf Stroke Units eine exponierte Schnittstellenfunk- tion wahr. Diese scheint insbesondere auf Koordinations- und Organisa- tionsfunktionen und weniger auf therapeutische Funktionen ausgerichtet zu sein. Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pflegepraxis? Eine spezielle rehabilitative Ausbildung sollte die spezifische Rolle Pflegender auf Stroke Units fokussieren.

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© 2009 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Pflege 2009; 22: 39–46 DOI 10.1024/1012-5302.22.1.39

39Originalarbeit

1 Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften2 Universität Witten/Herdecke, Fakultät für Medizin, Institut für PflegeforschungSascha Köpke1 (Dr. phil.), Kathrin Dehning1 (Kinderkrankenschwester), Nadine Molsen1 (Krankenschwester), Ralph Möhler2 (MScN), Jürgen Kasper1 (Dr. phil.), Gabriele Meyer2 (Prof. Dr. phil.)

Stroke Units haben sich in der Versor-

gung von Schlaganfallpatienten

deutschlandweit etabliert. Zum spezi-

fischen Beitrag Pflegender am Erfolg

des Konzepts der Stroke Units liegen in-

ternational bisher wenige Daten vor.

Die vorliegenden Studien beschreiben

u.a. eine Schnittstellenfunktion der

Pflegenden im multiprofessionellen

Team der Stroke Units. Für Deutschland

fehlen solche Daten. In einer Fragebo-

genstudie mit 55 Mitarbeitern der

Teams dreier überregionaler Stroke

Units wurden die am Versorgungs-

prozess einer Stroke Unit beteiligten

Berufsgruppen zu verschiedenen

Aspekten der Zusammenarbeit (u.a.

Kommunikationsverhalten, Anerken-

nung im Team) befragt und um Ein-

schätzung des spezifischen Anteils der

Pflegenden an der Organisation der

Stroke Unit und der Genesung der

Patienten gebeten. Die Vertreter der

verschiedenen Berufsgruppen kom-

men zu ähnlichen Einschätzungen

bezüglich der interdisziplinären Zu-

sammenarbeit. Pflegende und thera-

peutische Mitarbeitende schätzen den

Anteil der Pflegenden an der Organisa-

tion der Stroke Unit vergleichbar hoch

ein, Ärzte schätzen ihn niedriger ein.

Die Einschätzung des Anteils der Pfle-

genden an der Genesung der Patienten

unterscheidet sich zwischen den Be-

rufsgruppen. Die Ergebnisse der Befra-

gung legen nahe, dass auch in Deutsch-

land Pflegende auf Stroke Units eine

Schnittstellenfunktion innerhalb des

multiprofessionellen Teams wahrneh-

men. Diese ist besonders auf Koordina-

tions- und Organisationsfunktionen

und weniger auf therapeutische Funk-

tionen ausgerichtet.

Einleitung

Stroke Units sind in der deutschenKrankenhauslandschaft fest etabliert.Bereits 1993 wurde mit der Gründungder «Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe» die flächendeckende Verbrei-tung von Stroke Units in Deutschland

forciert. International konnten fürStroke Units mit ausgeprägten frühre-habilitativen Anteilen und Versorgungdurch ein multiprofessionelles Teamim Vergleich zur Standardversorgungauf Intensivstationen bessere Versor-gungsergebnisse belegt werden. So-wohl die Rate der Überlebenden alsauch deren Grad an Selbstständigkeitwerden positiv beeinflusst (StrokeUnit Trialists’ Collaboration, 2007).Stroke Units sind komplexe Interven-tionen und bestehen aus miteinanderverquickten und sich wechselseitigbedingenden Komponenten. Einereinzelnen Wirkkomponente kann beikomplexen Interventionen kein spezi-fischer Wirksamkeitsbeitrag zugeord-net werden (Campbell, Fitzpatrick,Haines, Kinmonth, Sandercock, Spie-gelhalter & Tyrer, 2000; Gibbon, Wat-kins, Barer, Waters, Davies, Lightbody& Leathley, 2002). Folgende Wirkkom-ponenten der Stroke Unit werden inder Literatur diskutiert: Frührehabili-tation, das Teamkonzept, die spezielleAusbildung des Teams und die Einbe-ziehung der Patienten sowie der Ange-hörigen (Schroeder, Heiderhoff & Köb-berling, 2004; Langhorne, Pollock &Stroke Unit Trialists’ Collaboration,2002). Eine kürzlich durchgeführte eu-ropäische Befragung ärztlicher Exper-ten ergab acht «unbedingt notwendi-ge» Komponenten von Stroke Units,darunter das «multiprofessionelleTeam» sowie speziell für die StrokeUnit weitergebildete Pflegende (Leys,Ringelstein, Kaste, Hacke & EuropeanStroke Initiative Executive Committee,2007).Es liegt eine Reihe von Untersuchun-gen zur Rolle Pflegender in der neuro-logischen Rehabilitation vor (Long,Kneafsey, Ryan & Berry, 2002; O’Con-nor, 2000; Waters & Luker, 1996). Diespezifische Rolle von Pflegenden in-nerhalb des therapeutischen Teams ei-ner Stroke Unit wurde bislang jedochselten untersucht (Booth, Hillier, Wa-

Die Rolle der Pflegenden im therapeutischen Teamder Stroke Unit

Manuskript erstmals eingereicht am 1.12.2006Endgültige Fassung eingereicht am 2.7.2008

• Was ist (zu dieser Thematik) schon bekannt?Pflegenden wird eine zentrale Rolle im multiprofessionellen Team der Stroke Unit zugeschrieben.

• Was ist neu?Pflegende nehmen auf Stroke Units eine exponierte Schnittstellenfunk-tion wahr. Diese scheint insbesondere auf Koordinations- und Organisa-tionsfunktionen und weniger auf therapeutische Funktionen ausgerichtetzu sein.

• Welche Konsequenzen haben die Ergebnisse für die Pflegepraxis?Eine spezielle rehabilitative Ausbildung sollte die spezifische RollePflegender auf Stroke Units fokussieren.

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S. Köpke et al. Pflegende im therapeutischen Team der Stroke Unit

ters & Davidson, 2005). Die bestehen-den Arbeiten beschreiben einen zen-tralen Aufgabenbereich der Pflegen-den in der Koordination der Abläufeauf der Stroke Unit. Hierbei werden dieSammlung und Weiterleitung von rele-vanten Informationen im therapeuti-schen Team sowie die Organisationvon diagnostischen und therapeuti-schen Maßnahmen besonders fokus-siert (Kirkevold, 1999; Burton, 2000).Des Weiteren wird den Pflegenden einewichtige Rolle als Ansprechpartner fürPatienten und Angehörige zuerkannt(Kirkevold, 1999; Burton, 2000; Gibbonet al., 2002). Eine besondere Bedeutungwird Pflegenden auch bei der Schaf-fung eines positiven Umfeldes zuge-schrieben, das den Betroffenen er-laubt, vermehrt von den angebotenenRehabilitationsmaßnahmen zu profi-tieren (Indredavik, Bakke, Solberg,Roksetz, Haaheim & Holme, 1991; Kir-kevold, 1999). O’Connor (1993) betontals weitere, zentrale Aufgabe der Pfle-genden auf einer Stroke Unit das Ver-treten anderer therapeutischer Berufs-gruppen, wenn diese nicht anwesendsind. Den spezifischen Beitrag der Pfle-genden innerhalb des multiprofessio-nellen Teams beschreibt Kirkevold(1999) und identifiziert vier therapeu-tische Funktionen der Pflegenden ausStroke Units: Die deutende, tröstende,erhaltende und integrierende Funkti-on. Die deutende Funktion beinhaltet,dass Pflegende den Patienten undderen Angehörigen das Geschehenebegreiflich machen, damit sie die neueSituation verstehen lernen und gleich-zeitig motiviert sind, die Hoffnungnicht aufzugeben und dadurch denHeilungs- und Rehabilitationsprozesserfolgreicher zu gestalten. Die trösten-de Funktion ist gekennzeichnet durchdie emotionale Unterstützung, die vonden Pflegenden ausgeht. Das Aufrecht-erhalten der körperlichen Funktionenund das Verhindern von Komplikatio-nen wird als die erhaltende Funktion

beschrieben, während die integrieren-de Funktion das Einbeziehen wiederneu erlernter Fähigkeiten in die Akti-vitäten des täglichen Lebens darstellt.Burton (2000) untersucht die Sichtwei-se von Pflegenden einer Stroke Unit imHinblick auf ihre Tätigkeit. Pflegendebeschreiben ihre Rolle als primäre Er-bringer der Pflege und Versorgung vonStroke Unit-Patienten. Sie sind, im Un-terschied zu anderen Professionen desTeams, als einzige Berufsgruppe rundum die Uhr anwesend und ansprech-bar. Außerdem beschreiben sich diePflegenden als Verantwortliche für denindividuellen Genesungsprozess derPatienten und betonen die Koordinati-ons- und Organisationstätigkeiten derPflegenden innerhalb des multiprofes-sionellen Teams.Die vorliegende Literatur lässt daraufschließen, dass Pflegende im therapeu-tischen Team einer Stroke Unit zum ei-nen eine Koordinations- und Kommu-nikationsfunktion einnehmen, ihnenzum anderen aber auch eine therapeu-tische Funktion zugeschrieben werdenkann. Die Pflegenden bilden offenbareine Schnittstelle zwischen dem «klas-sischen» therapeutischen Team (denÄrzten und Therapeuten) und den Pa-tienten und deren Angehörigen. Dievorliegende Literatur zum Themaentstammt ausnahmslos dem anglo-amerikanischen bzw. skandinavischenRaum. Das deutsche Stroke Unit-Kon-zept unterscheidet sich von dem ande-rer Länder, z.B. Skandinavien oderGroßbritannien, durch eine Fokussie-rung auf eine intensive medizinisch-apparative Versorgung (Köpke, Meyer,Dehning & Molsen, 2005; Schroeder etal., 2004). Die Wirksamkeit des deut-schen Konzeptes wurde bislang nichtin methodisch angemessenen Studienuntersucht (Köpke et al., 2005). ZurRolle der Pflegenden im therapeuti-schen Team von Stroke Units inDeutschland liegen bislang ebenfallskeine Erkenntnisse vor. Aus diesem

Grund ist unklar, ob Hinweise zur Rol-le der Pflegenden auf einer Stroke Unitaus dem angloamerikanischen bzw.skandinavischen Raum auf Deutsch-land übertragen werden können.In der hier vorgestellten Pilotstudiewurden die verschiedenen, am Be-handlungsprozess beteiligten Berufs-gruppen überregionaler Stroke Unitszur Rolle der Pflegenden innerhalb desmultiprofessionellen Teams befragt.Ferner wurde untersucht, welchen An-teil am Versorgungsprozess sich dieeinzelnen Berufsgruppen zuweisen.Die zugrundeliegende Hypothese die-ser Arbeit war, dass die Pflegenden derStroke Units sich als Schnittstelle immultiprofessionellen Team sehen undauch von den anderen Berufsgruppenals solche gesehen werden.

Methode und Material

Vorarbeiten zur Entwicklung des FragebogensIn einem ersten Schritt wurde eine Li-teraturrecherche in den DatenbankenPubMed und CINAHL durchgeführt,um Publikationen zur Rollendefinitionvon Pflegenden zu identifizieren. DasPraxisfeld wurde durch zwei Hospita-tionen (KD und NM, beide langjährigtätige Pflegefachkräfte und Studieren-de) auf überregionalen Stroke Units inHamburg und Heidelberg mittels teil-nehmender Beobachtung exploriert.Dabei wurden eine gute Zusammenar-beit im therapeutischen Team, einehohe Berufszufriedenheit, eine ausge-prägte Motivation der Pflegenden so-wie deren exponierte Stellung im Teambeobachtet. Zur Entwicklung vonFragekategorien wurden einstündigeTiefeninterviews mit zwei Pflegendenvon Stroke Units und einer Logopädingeführt. In den Interviews wurde ins-besondere die Einschätzung des Ar-beitsbeitrages der Befragten auf einerStroke Unit, die Einbindung und Aner-

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kennung im Team sowie die individu-ellen Rollendefinitionen thematisiert.Die Interviews wurden transkribiertund die Inhalte extrahiert, die als ty-pisch für das Rollenverständnis derPflegenden einer Stroke Unit erachtetwurden. Die interviewten Pflegendensahen sich, neben der Ausführung«normaler» pflegerischer Tätigkeiten,insbesondere als Informationsver-mittler für das therapeutische Teamsowie als Organisatoren des gesamtenmultiprofessionellen therapeutischenProzesses. Als charakteristisch erach-teten die Interviewten u.a. das Vermit-teln zwischen den Berufsgruppen, denPatienten und deren Angehörigen so-wie die Übernahme eines Großteils derVersorgung der Patienten und der Or-ganisationsarbeit einer Stroke Unit.Auf Basis dieser Ergebnisse wurdenanschließend die Fragen für den Fra-gebogen formuliert. Die Pilotierungdes Fragebogens erfolgte mit 21 Mit-gliedern des therapeutischen Teamsder Stroke Unit eines mittelgroßenKrankenhauses in Norddeutschland.Als Ergebnis wurde ein offensichtlichmissverständliches Item aus demBogen entfernt. Das Protokoll desForschungsvorhabens und der Frage-bogen wurden der Ethikkommissionder Hamburger Ärztekammer vorge-legt.

Der FragebogenAufgrund der Literaturanalyse und derInterviews wurde vermutet, dass diePflegenden im multiprofessionellenTeam der Stroke Unit eine Schnittstel-lenfunktion einnehmen. Die letzte Ver-sion des Fragebogens beinhaltet dahersechs Fragen zur Beurteilung der Rol-le der Pflegenden und anderer Berufs-gruppen innerhalb des multiprofessio-nellen Teams. Für jede Frage wurdendie Antwortmöglichkeiten «genau»,«überwiegend», «teilweise» und «garnicht» vorgegeben.Die Vertreter der verschiedenen Be-

rufsgruppen wurden um ihre Ein-schätzung gebeten, inwieweit• die von ihnen geleistete Arbeit von

den anderen Berufsgruppen aner-kannt wird (Anerkennung),

• sie die gleichen Informationenüber die Patienten wie jedes ande-re Teammitglied erhalten (Infor-mationsfluss),

• sie das Verhältnis zwischen den Be-rufsgruppen als hierarchisch ein-schätzen (Hierarchie),

• sie ihre beruflichen Erfolgserleb-nisse auf der Stroke Unit hoch ein-schätzen (Erfolgserlebnisse),

• ihre Meinung zur Behandlung derPatienten den gleichen Stellenwerthat, wie die anderer Teammitglie-der (Bedeutung der Meinung),

• der Informationsaustausch nur in-nerhalb einzelner Berufsgruppenstattfindet (Informationsaus-tausch).

Weiterhin wurde aufgrund der Vorar-beiten erwartet, dass die Schnittstel-lenfunktion der Pflegenden von ihnenselbst und von den anderen Berufs-gruppen als solche wahrgenommenwird. Die Exploration dieser Hypothe-se erfolgte durch die Abfrage des emp-fundenen gegenüber dem erwünsch-ten Anteils bezüglich der Organisationeiner Stroke Unit sowie der Genesungder Patienten durch die verschiedenenam Versorgungsprozess beteiligtenBerufsgruppen. Die Teilnehmer wur-den zu beiden Aspekten gebeten, denempfundenen sowie den erwünschtenAnteil der einzelnen Berufsgruppenam Versorgungsprozess prozentualfestzulegen. Für den endgültigen Fra-gebogen wurde eine zufriedenstellen-de interne Konsistenz von 0,62 (Cron-bachs Alpha) ermittelt.

Setting und DatenerhebungDie Teilnehmer für diese Untersu-chung wurden auf drei überregionalenStroke Units in Hamburg rekrutiert.

Der Zugang zu den Einrichtungen er-folgte über die Pflegedienstleitungender Krankenhäuser, alle Pflegedienst-leitungen erklärten ihre Kooperations-bereitschaft. Wenige Tage später wur-den die Mitarbeitenden der StrokeUnit-Teams über die Studie informiertund um Einwilligung zur Teilnahmegebeten. Die Fragebögen wurden per-sönlich in die Kliniken gebracht undeiner für die Studie verantwortlichenAnsprechpartnerin ausgehändigt. Allelaut Dienstplan in der folgenden Wo-che anwesenden Mitarbeitenden desmultiprofessionellen Teams (Pflegen-de, Ärzte, Physiotherapeuten, Ergothe-rapeuten und Logopäden) der dreiStroke Units wurden eingeladen, ander Befragung teilzunehmen. Die aus-gefüllten Bögen wurden in einem blick-dichten Karton auf der Station gesam-melt. Der Karton wurde nach zweiWochen von einer Projektmitarbeite-rin abgeholt. Um einen hohen Rücklaufzu sichern, wurde nach einer Wocheper E-Mail und telefonisch an die Fra-gebögen erinnert. Zusätzlich wurdenals Anreiz für die Beantwortung Geld-beträge verlost (2 × € 25, 1 × € 100). Dieausgelosten Codenummern wurdenden teilnehmenden Stroke Units mit-geteilt. Die Gewinner konnten sich ge-genüber den Projektmitarbeitendenmit der auf dem Informationsblattzum Fragebogen verzeichneten Code-nummer zu erkennen geben. Auf denFragebögen selbst war keine Code-nummer verzeichnet, um die Anony-mität der Erhebung zu gewährleisten.Im Anschluss an die Auswertung wur-den jeder Klinik die hauseigenen Ergeb-nisse als Mittelwerte zurückgemeldet.

Auswertung der DatenDie Datenverarbeitung und -auswer-tung erfolgte mit SPSS 15.0© für Win-dows. Für die Auswertung der sechsFragen wurden die Antworten von 0 (=gar nicht) bis 3 (= genau) codiert. Dieinhaltlich negativ skalierte Frage

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S. Köpke et al. Pflegende im therapeutischen Team der Stroke Unit

(«Der Informationsaustausch findetnur innerhalb einzelner Berufsgrup-pen statt») wurde in die andere Rich-tung transformiert, so dass bei allenFragen der gleiche Code angewendetwerden konnte.Für die Fragen nach der Einschätzungdes empfundenen und erwünschtenAnteils an der Organisation der StrokeUnit bzw. an der Genesung der Patien-ten auf einem Kontinuum von 0 bis100% wurden je fünf Ergebniskatego-rien bzw. Summenscores gebildet (fürPflegende, Physiotherapeuten, Ärzte,Ergotherapeuten, Logopäden). Da diePflegenden im Fokus der Betrachtungliegen, wurden die Einschätzungenaller Berufsgruppen ausschließlich inBezug auf die Rolle der Pflegenden aus-gewertet. Die Stichprobengröße ist zugering, um Subgruppenanalysen nachAlter, Geschlecht oder Dauer der Zuge-hörigkeit auf der Stroke Unit durchzu-führen. In den Auswertungen wurdeeine dreiteilige Differenzierung nachPflegenden, Ärzten und weiterenMitarbeitenden des therapeutischenTeams (Physiotherapeuten, Ergothera-peuten und Logopäden) vorgenom-men. Diese Einteilung wurde aufgrundder unterschiedlichen Präsenz auf derStroke Unit sowie der unterschiedli-chen Tätigkeitsfelder gewählt. Ange-sichts der begrenzten Stichprobe unddes Pilotcharakters der Untersuchung,wurde auf Signifikanztests verzichtet.Die Darstellung der Ergebnisse erfolgtdeskriptiv.

Ergebnisse

Beschreibung der StichprobeInsgesamt wurden 62 Fragebögen ver-teilt, 55 Fragebögen (Rücklauf 89%)konnten ausgewertet werden. Unterden Teilnehmern bildeten die Pflegen-den die größte Gruppe (55%). Einedurchschnittliche Berufstätigkeit vonetwa zehn Jahren und fünf JahrenStroke Unit-Erfahrung lassen daraufschließen, dass die Teilnehmer ausrei-chend Einblicke in die Abläufe einerStroke Unit haben, um verlässlicheAussagen treffen zu können. Tabelle 1zeigt die Merkmale der Studienteil-nehmer.

Rollen innerhalb des multiprofessionellen TeamsDie Angaben der Teilnehmer zu deneinzelnen Fragen sind in der Tabelle 2dargestellt. Es zeigen sich bei den The-men Anerkennung, Hierarchie undInformationsaustausch keine bedeu-tenden Unterschiede zwischen denEinschätzungen der einzelnen Berufs-gruppen. So ist jeweils die große Mehr-heit der Teilnehmer aus allen Berufs-gruppen der Meinung, dass die vonihnen geleistete Arbeit anerkannt wirdund ein Berufsgruppen übergreifenderInformationsaustausch stattfindet.Gleichzeitig ist die Mehrheit der Teil-nehmer der Meinung, dass zwischenden Berufsgruppen ein hierarchischesVerhältnis herrscht.In den Bereichen Anerkennung, Hie-

rarchie und Bedeutung der Meinungzeigen sich gewisse Ähnlichkeiten imAntwortmuster bei Pflegenden undÄrzten im Gegensatz zu den anderenBerufsgruppen. Diese Unterschiedewerden aber angesichts der begrenz-ten Stichprobe als nicht relevant ange-sehen.Unterschiede zwischen den Gruppenzeigen sich bei den drei weiteren Kate-gorien. Knapp ein Drittel (30%) derPflegenden stimmt der Frage, ob sie diegleichen Informationen über die Pa-tienten wie jedes andere Teammitgliedbekommen, nicht oder nur teilweisezu. Bei Ärzten und den anderen befrag-ten Berufsgruppen sind dies nur 11%bzw. 12%. Bezüglich des Ausmaßes derberuflichen Erfolgserlebnisse schät-zen fast 78% der Ärzte diese als hochein, bei den Pflegenden sind es 60%,unter den anderen Berufsgruppen we-niger als die Hälfte (44%). Den Ein-druck, dass ihre Meinung bei der Be-handlung der Patienten den gleichenStellenwert wie die anderer Teammit-glieder hat, haben zwei Drittel der Pfle-genden (67%), bei den Ärzten sind esnur etwas mehr als die Hälfte (57%).Die Angehörigen der anderen Berufs-gruppen sind zu 80% dieser Meinung.

Einschätzung des pflegerischen Anteilsan Organisation und GenesungTabelle 3 ist zu entnehmen, dass Pfle-gende den Anteil ihrer Berufsgruppean der Organisation der Stroke Unit imMittel auf etwa 54% einschätzen, die

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Tabelle 1: Merkmale der Studienteilnehmer

Berufsgruppe Anzahl der Befragten (%) Berufserfahrung in Jahren* Beschäftigungsdauer in Jahren*

Pflegende 30 (55) 11,3 ± 6,9 6,9 ± 6,1Physiotherapeuten 11 (20) 15,7 ± 7,5 7,5 ± 5,4Ergotherapeuten 4 (7) 11,8 ± 12,3 4,6 ± 4,4Ärzte 9 (16) 5,4 ± 4,5 2,6 ± 2,6Logopäden 1 (2) 7 4Gesamt 55 (100) 10,2 ± 6,2 5,1 ± 3,7

* Die Angaben sind Mittelwerte ± Standardabweichung.

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Angehörigen der anderen Berufsgrup-pen (Physiotherapie, Ergotherapie undLogopädie) kommen zu einer ver-gleichbaren Einschätzung bezüglichdes Anteils der Pflegenden. Abwei-chend davon schätzen die Ärzte denpflegerischen Anteil lediglich auf gutein Drittel (36%) ein. Die Werte für dengewünschten Anteil liegen bei denPflegenden und den weiteren Berufs-gruppen jeweils niedriger als der emp-

fundene Anteil, bei den Ärzten stim-men die Einschätzungen überein. Diebefragten Pflegenden schätzen ihrenAnteil am Genesungsprozess der Pa-tienten im Mittel mit etwa 43% ein.Gewünscht wird hingegen ein etwasgeringerer Anteil (36%). Die Vertreterder Physiotherapie, Ergotherapie undLogopädie und die befragten Ärzteschätzen den Anteil der Pflegenden imMittel nur mit etwa 30% ein und wei-

chen hinsichtlich des gewünschtenAnteils kaum von dieser Einschätzungab.

Diskussion

Die vorliegenden Ergebnisse zeigen,dass die interdisziplinäre Zusammen-arbeit auf den teilnehmenden StrokeUnits von den beteiligten Berufsgrup-

Tabelle 2: Einschätzung der Rollenverteilung im therapeutischen Team

Berufsgruppe

Kategorie Antwort Pflegende Andere* Ärzte(n = 30) (n = 16) (n = 9)

Anerkennung Genau/Überwiegend 25 (83,3) 16 (100) 8 (88,9)Teilweise/Gar nicht 5 (16,7) 1 (11,1)

Informationsfluss Genau/Überwiegend 21 (70) 14 (87,5) 8 (88,9)Teilweise/Gar nicht 9 (30) 2 (12,5) 1 (11,1)

Hierarchie Genau/Überwiegend 26 (86,7) 15 (93,8) 8 (88,9)Teilweise/Gar nicht 4 (13,3) 1 (6,2) 1 (11,1)

Erfolgserlebnisse Genau/Überwiegend 18 (60) 7 (43,8) 7 (77,8)Teilweise/Gar nicht 12 (40) 9 (56,2) 2 (22,2)

Bedeutung der Meinung** Genau/Überwiegend 20 (66,7) 12 (80) 5 (56,6)Teilweise/Gar nicht 10 (33,3) 3 (20) 4 (44,4)

Informationsaustausch# Genau/Überwiegend 26 (86,7) 15 (93,8) 9 (100)Teilweise/Gar nicht 4 (13,3) 1 (6,2)

Die Angaben sind absolute Häufigkeiten (%).* Physio-, Ergotherapeuten und Logopäden.** Eine fehlende Angabe.# Die Frage zum Informationsaustausch war ursprünglich negativ skaliert («Der Informationsaustausch findet nur innerhalb einzelner Berufsgrup-

pen statt») und wurde für die Auswertung in die andere Richtung transformiert.

Tabelle 3: Einschätzung des empfundenen gegenüber dem gewünschten Anteil der Pflegenden an der Organisationauf der Stroke Unit sowie an der Genesung der Stroke Unit-Patienten durch die unterschiedlichen Berufsgruppen

Berufsgruppe

Kategorie Anteil Pflegende Andere* Ärzte(n = 30) (n = 16) (n = 9)

Organisation der Stroke Unit Empfundener Anteil 53,9 ± 19,2# 55,3 ± 14,9** 35,6 ± 11,6Gewünschter Anteil 41,3 ± 13,1# 45,9 ± 17,6** 36,9 ± 10,1

Genesung der Patienten Empfundener Anteil 42,9 ± 12,3## 33,0 ± 13,7** 29,8 ± 6,4Gewünschter Anteil 35,9 ± 10,4## 27,3 ± 10,7** 29,1 ± 3,6

Die angegebenen Zahlen sind Mittelwerte ± Standardabweichung. Die Einschätzung erfolgte auf einem Kontinuum von 0 bis 100%.* Physio-, Ergotherapeuten und Logopäden.** Eine fehlende Angabe.# Drei fehlende Angaben.## Vier fehlende Angaben.

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S. Köpke et al. Pflegende im therapeutischen Team der Stroke Unit

pen als gut funktionierend wahrge-nommen wird. Alle Befragten aus denverschiedenen Berufsgruppen erfah-ren für ihre Arbeit Anerkennung undsind gleichzeitig nicht der Meinung,dass der Informationsaustausch pri-mär innerhalb der eigenen Berufsgrup-pe stattfindet. Damit weisen die Ergeb-nisse dieser Arbeit darauf hin, dassauch in deutschen Stroke Units dasmultiprofessionelle Team ein Kernele-ment der Versorgung darstellt (Schro-eder et al., 2004). Gleichzeitig wird eineklare Hierarchie zwischen den einzel-nen Berufsgruppen beschrieben. Wel-che Berufsgruppe in dieser Hierarchiewelche Stellung einnimmt, kann an-hand dieser Untersuchung nicht be-antwortet werden. Es bleibt darüberhinaus unklar, ob diese Beobachtungeine Besonderheit deutscher StrokeUnit-Versorgung darstellt. Hinweisefür ausgeprägte Hierarchien zwischenden Berufsgruppen finden sich auch inder internationalen Literatur. Poundund Ebrahim (2000) ermitteln in einerBeobachtungsstudie eine deutlicheAbgrenzung der «therapeutischen»Berufe zu den Pflegenden auf StrokeUnits. Dieser Befund wurde jedochnicht reproduziert, allgemein werdenflache Hierarchien innerhalb des mul-tiprofessionellen Teams der StrokeUnits beschrieben (Indredavik, Bakke,Slordahl, Rokseth & Hâheim, 1999;Langhorne et al., 2002).Die Ergebnisse deuten darauf hin, dassPflegende, wie angenommen, eineSchnittstellenfunktion innerhalb desmultiprofessionellen Teams der StrokeUnit einnehmen. Sowohl die Pflegen-den als auch die Physio-, Ergothera-peuten und Logopäden schätzen denAnteil der Pflegenden an der Organisa-tion der Stroke Unit mit über 50% ein.Dies legt eine starke Koordinations-und Organisationsfunktion der Pfle-genden innerhalb des multiprofessio-nellen Teams nahe, die der in der inter-nationalen Literatur beschriebenen

Rolle der Pflegenden auf Stroke Unitsentspricht (Kirkevold, 1999; Burton,2000). Die Tatsache, dass Pflegendenvon ärztlicher Seite weniger Anteil ander Organisation zuerkannt wird, istdabei ein weiterer Hinweis für beste-hende hierarchische Strukturen. Aufeine Darstellung der Selbst- undFremdeinschätzung der ärztlichenund der anderen Berufsgruppen wur-de verzichtet, da der Fokus auf derBetrachtung der Pflegenden liegt. Ob-wohl die befragten Ärzte ihren eigenenAnteil an der Organisation der StrokeUnit ähnlich dem der Pflegenden ein-schätzen, deuten die Einschätzungender anderen Befragten auf eine speziel-le Rolle Pflegender im Sinne einerSchnittstellenfunktion hin. Diese Aus-sage wird jedoch durch die geringeAnzahl der befragten Ärzte einge-schränkt.Die Bedeutung der therapeutischenTätigkeiten der Pflegenden wird offen-bar geringer bewertet, als in der Lite-ratur dargelegt (Kirkevold, 1999; Bur-ton, 2000; Booth et al., 2005). Der Anteilder Pflegenden am Genesungsprozessder Patienten wird deutlich geringereingeschätzt, als erwartet. Hier bildetsich eventuell das (im Vergleich zumangloamerikanischen Raum) geringeSelbst- und Fremdbild Pflegender alstherapeutische Profession ab. Auch dieabweichende Einschätzung der Ärztebezüglich des Anteils der Pflegendenan der Organisation der Stroke Unitund am Heilungsprozess der Patientenlegt nahe, dass der Anteil der Pflegen-den stärker im Bereich der Organisati-on und Koordination wahrgenommenwird als in der aktiven Gestaltung der Behandlungsprozesse einer StrokeUnit. Dies spiegelt möglicherweise dieBesonderheit des deutschen StrokeUnit-Konzepts wider, welches eine in-tensive medizinisch-apparative Ver-sorgung in den Mittelpunkt stellt(Köpke et al., 2005).Überraschend ist der Wunsch der Pfle-

genden nach einer Verringerung ihresAnteils an der Organisation der StrokeUnit und des Anteils an der Genesungder Patienten. Möglicherweise ist diesein Ausdruck des Wunsches nach we-niger Verantwortung. Darin könntesich ein nicht klar definierter originä-rer Zuständigkeitsbereich der Pflegen-den widerspiegeln, der Pflegenden einehohe Verantwortung bei geringer Ver-antwortlichkeit zumutet.Eine Limitierung der Ergebnisse ist dieunterschiedliche Teamzusammenset-zung der untersuchten Stroke Units.Nur auf einer Stroke Unit nahm eineLogopädin an der Befragung teil. Dadie Stichprobe der Studie begrenzt undausschließlich aus Mitarbeitendenüberregionaler Stroke Units in Ham-burg besteht, ferner der eingesetzteFragebogen nicht ausreichend vali-diert ist, sollten die vorliegendenErgebnisse vorsichtig interpretiertwerden. Die Studie sollte eher als Hy-pothesen generierend verstanden wer-den. Die Ergebnisse verweisen jedochdarauf, dass weiterer Forschungsbe-darf zur Rolle der Pflegenden auf Stro-ke Units in Deutschland besteht undgeben Hinweise auf mögliche For-schungsschwerpunkte. Weitere For-schungsarbeiten sollten z.B. die «the-rapeutische Funktion» der Pflegendenbeleuchten. Eine differenzierte Be-trachtung der Rolle der Pflegenden aufGrundlage des Rollenmodells von Kir-kevold (1999) erscheint ebenfalls ange-zeigt. Der Wunsch Pflegender nach we-niger Beitrag an der Organisation undder Genesung lässt vermuten, dass diePflegenden dieses differenzierte Rol-lenbewusstsein nicht entwickelt ha-ben bzw. unter den gegebenen Voraus-setzungen nicht entwickeln konnten.Ein Anknüpfungspunkt wäre hier dieUntersuchung des Ausbildungsni-veaus und -bedarfs von Pflegenden.Die spezielle (rehabilitative) Ausbil-dung Pflegender wird in neueren Stu-dien als wichtiger Aspekt für den Er-

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folg von Stroke Units benannt (Leys etal., 2007; Booth et al., 2005) und könn-te Pflegende dabei unterstützen, dasvon Kirkevold (1999) dargestellte spe-zifische Rollenmodell zu entwickeln.Zusammenfassend deutet diese Arbeitauf eine spezielle Rolle Pflegender alsSchnittstelle im multiprofessionellenTeam einer Stroke Unit hin. Es findensich Hinweise für Unterschiede zwi-schen deutschen und internationalenStroke Units. Es bleibt unklar, ob undin welchem Ausmaß diese Unterschie-de auf den unterschiedlichen Konzep-ten der Stroke Unit-Versorgung und/oder den unterschiedlichen Ausbil-dungsniveaus Pflegender beruhen.

Dank

Wir bedanken uns herzlich bei allenMitarbeitenden der drei überregiona-len Stroke Units, die an unserer Befra-gung teilgenommen haben.

Nurses’ role in the therapeutic team

of stroke units

Over the last decade, stroke units have

been increasingly established in Ger-

many. Within these units, nurses have

been identified as having a crucial role

in the coordination of multi-profes-

sional team activities. However, cur-

rently very little data exists to support

this fact; therefore, a questionnaire

was developed to assess various as-

pects of the nurses’role within the mul-

ti-professional team, including cooper-

ation with other team members (e.g.,

communication behaviour and accep-

tance within the multi-professional

team), contribution to team and unit

organisation, and impact on patient

recovery. A total of 55 multi-discipli-

nary staff members from three sepa-

rate stroke units completed the ques-

tionnaire. Results showed that staff

have comparable estimates concern-

ing the nurses’level of interdisciplinary

cooperation. As well, nurses and other

non-medical staff rate nurses’ contri-

bution to unit organisation compara-

bly high while physicians’ ratings of

nurses’contribution are lower. The pro-

fessional groups’ ratings of the nurses’

contribution to patient recovery vary.

The results indicate that German

stroke unit nurses contribute signifi-

cantly to stroke unit care by acting as

coordinators of the unit organisation

for various multi professional team

members.

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Korrespondenzadresse

Dr. phil. Sascha KöpkeUniversität HamburgMIN-Fakultät, Gesundheits-wissenschaftenMartin-Luther-King-Platz 6D-20146 HamburgTel. 040/42838-7224Fax 040/42838-3732

E-Mail: [email protected]

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