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Panor anor anor anor anorama ama ama ama ama 13 (2005) Heft 3 60 W Philip-Sebastian Gehring und Anna-Lena Kubik Herpetologische Beobachtungen aus Madagaskar ährend einer Madagaskar-Exkursion der Universität Bielefeld im Sep- tember 2004 konnten in 13 verschiedenen Gebieten unter anderem 67 Reptilienarten beobachtet werden. Besonders interessante Beobach- tungen konnten dabei im Marojejy- Nationalpark im Nordosten der Insel gemacht werden. Einige dieser Beobachtungen sollen im folgenden Bericht genauer geschildert werden. Madagaskar ist einer der Biodiversitäts „Hot- spots“ der Welt, nur an wenigen Orten der Erde lässt sich eine vergleichbar vielgestaltige Fülle an tierischen und pflanzlichen Lebensformen finden. Dazu kommt, dass neben der atemberaubenden Diversität auch ein hoher Grad an Endemismus unter den verschiedenen Lebewesen zu finden ist. Derzeit sind der Wissenschaft 314 endemische Reptilienarten von Madagaskar bekannt (RAXWOR- THY 2003). Dies ist eines der höchsten Vorkommen an endemischen Reptilien weltweit. Ausschlaggebend für diese Vielfalt scheinen insbesondere zwei geographische Besonderheiten Madagaskars zu sein. Zum Einen die frühe und lang anhaltende Isolation von anderen Kontinenten (Afri- ka und Asien) und zum Anderen der Reichtum an unterschiedlichen regionalen Klima- und Vegetati- onszonen, der eine Vielfalt an vielgestaltigen Habi- taten mit unterschiedlichen ökologischen Ansprü- chen an die Lebewesen bietet. Unsere Reise führte uns vom Nordosten durch den Norden der Insel, um entlang der Westküste über Antananarivo in Andasibe zu enden. Der September wurde als Reisezeit gewählt, da gegen Ende der Trockenzeit die Staubpisten im Norden der Insel am Besten zu befahren sind. Nach einem kurzen Aufenthalt in der Hauptstadt Antananarivo flogen wir nach Sambava, an der Nordost-Küste der Insel. Dort wurden wir bereits von unserem madagassischen Reiseführer mit zwei Allradfahrzeugen erwartet, sodass wir uns noch am selben Tag auf den Weg in den zirka 60 km entfernten National Park Marojejy machen konn- ten. Der National Park Marojejy umfasst ein Gebiet von 60.150 ha (ANDREONE et al. 2000). Der Großteil Abb. 1. Brookesia sp. aus dem National Park Marojejy. – Foto: NILS HASENBEIN

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Philip-Sebastian Gehring und Anna-Lena KubikHerpetologische Beobachtungen aus Madagaskar

ährend einer Madagaskar-Exkursion der Universität Bielefeld im Sep-tember 2004 konnten in 13 verschiedenen Gebieten unter anderem 67Reptilienarten beobachtet werden. Besonders interessante Beobach-

tungen konnten dabei im Marojejy- Nationalpark im Nordosten der Inselgemacht werden. Einige dieser Beobachtungen sollen im folgenden Berichtgenauer geschildert werden.

Madagaskar ist einer der Biodiversitäts „Hot-spots“ der Welt, nur an wenigen Orten der Erdelässt sich eine vergleichbar vielgestaltige Fülle antierischen und pflanzlichen Lebensformen finden.Dazu kommt, dass neben der atemberaubendenDiversität auch ein hoher Grad an Endemismusunter den verschiedenen Lebewesen zu finden ist.Derzeit sind der Wissenschaft 314 endemischeReptilienarten von Madagaskar bekannt (RAXWOR-THY 2003). Dies ist eines der höchsten Vorkommenan endemischen Reptilien weltweit.

Ausschlaggebend für diese Vielfalt scheineninsbesondere zwei geographische BesonderheitenMadagaskars zu sein. Zum Einen die frühe und langanhaltende Isolation von anderen Kontinenten (Afri-ka und Asien) und zum Anderen der Reichtum anunterschiedlichen regionalen Klima- und Vegetati-onszonen, der eine Vielfalt an vielgestaltigen Habi-

taten mit unterschiedlichen ökologischen Ansprü-chen an die Lebewesen bietet.

Unsere Reise führte uns vom Nordosten durchden Norden der Insel, um entlang der Westküsteüber Antananarivo in Andasibe zu enden. DerSeptember wurde als Reisezeit gewählt, da gegenEnde der Trockenzeit die Staubpisten im Nordender Insel am Besten zu befahren sind.

Nach einem kurzen Aufenthalt in der HauptstadtAntananarivo flogen wir nach Sambava, an derNordost-Küste der Insel. Dort wurden wir bereitsvon unserem madagassischen Reiseführer mit zweiAllradfahrzeugen erwartet, sodass wir uns noch amselben Tag auf den Weg in den zirka 60 kmentfernten National Park Marojejy machen konn-ten.

Der National Park Marojejy umfasst ein Gebietvon 60.150 ha (ANDREONE et al. 2000). Der Großteil

Abb. 1. Brookesia sp. aus dem National Park Marojejy. – Foto: NILS HASENBEIN

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wird dabei von Tieflandregenwäldern und Bergre-genwäldern in Höhen von 75 bis 2132 Meternbedeckt. Diese Bergregenwälder zählen zu denartenreichsten der Insel. Derzeit sind 139 Reptilien-und Amphibienarten aus dem Gebiet bekannt (RA-SELIMANANA et al. 2000), was etwa ein Viertel derHerpetofauna Madagaskars ausmacht.Davon sind 12% endemisch für Maro-jejy (RASELIMANANA et al. 2000). Außer-dem kommen insgesamt 11 Lemurenar-ten und 79 Wald bewohnende Vogelar-ten (GARREAU & MANANTSARA 2003) inden Wäldern Marojejys vor. Das Maro-jejy-Massiv ist biogeographischbesonders interessant, da dieses unzu-gängliche Gebiet eine letzte Rückzugs-

Abb. 3. Ausblick von Camp 2 auf den Ambatotsondrana. – Foto: NILS HASENBEIN

Abb. 2. Ein karminrotes Exemp-lar von Brookesia griveaudi

möglichkeit für viele bedrohte und lokal endemi-sche Spezies ist. Die Flüsse Androranga und Lo-koho, die das Marojejy Massiv umfließen, stelleneinerseits natürliche Barrieren dar, die zu einerIsolation und daraus resultierend zu einem hohenLokalendemismus in Marojejy führten und zum

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Abb. 4. Männchen von Paroedura aff. gracilis aus Marojejy. – Foto: NILS HASENBEIN

Abb. 5. Pärchen von Uroplatus aff. fimbria-tus. – Foto: PHILIP-SEBASTIAN GEHRING

Anderen eine natürliche Ausbreitungsgrenze fürviele Arten der Ostküstenregenwäldern darstellen(ANDREONE et al. 2000).

Das Dorf Manantenina bildet den Ausgangsortfür Touren in den Park. Drei Camps, in unter-

schiedlichen Höhenlagen, sind über Wanderwegezu erreichen. Dabei sind die Camps jeweils einenhalben Tagesmarsch von einander entfernt. Vomersten Camp („Camp Mantella“; in 450m Höhe)aus, unternahmen wir die ersten Touren durch denumgebenen Wald. Dabei stießen wir in der Laubs-treu auf eine Vielzahl von Fröschen der GattungenMantidactylus und Mantella. Unsere Suche kon-zentrierte sich jedoch besonders auf Erdchamäleonsder Gattung Brookesia. Neben Brookesia stumpffikonnten in der Nähe der Humbert – Wasserfälleauch einige adulte Exemplare von Brookesia gri-veaudi (Abb. 2) in der Laubstreu gefunden werden.Die Färbung der gefundenen Tiere reichte vonschwarz bis karminrot. Wurden die Tiere ergriffen,begann sie sich zu verbiegen und zu winden, sodassdie seitlich angeordneten Stachelschuppen des Rü-ckenkammes sich in die Haut bohrten. Neben dieserBrookesia-Art konnte auch ein Exemplar einerbisher unidentifizierten Art gefunden werden (Abb.1). Das Tier hatte eine Gesamtlänge von 40mm. DerKopf war von dem walzenförmigen Körper kaumabgesetzt. Über den Augen verliefen acht größereSchuppen, die sich deutlich von der sonst sehreinheitlichen Beschuppung des Tieres unterschie-den. Auf der Stirn, oberhalb der Augen verlief einkleiner „Verbindungssteg“, der an der Unterseite,Richtung Schnauze, eine Einwölbung formte. DieSchnauze war abwärts gerichtet. Die Beschuppungbestand aus einheitlichen feinen Schuppen die vonetwas größeren, runden Schuppen durchsetzt war.Es waren keine Stachelschuppen oder gar ein Rü-ckenkamm zu erkennen. Die Färbung war gelblich-

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Abb. 5. Furcifer pardalis in derNähe von Betsiaka, Nord-Madagaskar. – Foto: PHILIP-SEBASTIAN GEHRING

Abb. 7. Furcifer pardalis ausAnkarana. – Foto: PHILIP-SEBASTIAN

GEHRING

braun. Vermutlich handelt es sich bei diesem weib-lichen Tier um eine Art aus der Brookesia minima-Gruppe. Beim Ergreifen des Tieres, stellte sichdieses tot. Eine Abwehrtaktik, die bereits von meh-reren Arten der Gattung Brookesia bekannt ist(GLAW & VENCES 1994).

Auf unseren Touren waren wir immer wiederbegeistert von der wundervollen Landschaft, diedieser National Park zu bieten hat. Besonders vomzweiten Camp („Camp Marojejia“; in 775m Höhe)aus, welches an einem wunderschönen Wasserfall

gelegen ist, hat man eine atemberaubende Aussichtauf die Granitfelsen, die dieses Gebirge hauptsäch-lich formen (Abb. 3).

Nachts konnten, besonders in der Umgebungum das zweite Camp, einige Exemplare von Paro-edura aff. gracilis (Abb. 4) gesichtet werden.

Interessant war dabei die Färbung undMorphologie der Tiere, weichte sie dochdeutlich von den bisher beschriebenenExemplaren ab. Die gefundenen Exem-plare trugen auf dem Rücken ein Fle-ckenmuster von braunen Flecken aufhellem Untergrund. Ein kleiner Rücken-kamm, aus spitz zulaufenden Schuppen,zog sich vom Kopfansatz bis zurSchwanzspitze. Bauch und Flanken derTiere waren weiß gefärbt, mit einigengelblich gefärbten Schuppen. Der rü-benartige Schwanz (möglicherweise ein

Regenerat) war schwarz mit einigen weißen Bände-rungen. Das letzte Drittel des Schwanzes war durch-gängig weiß gefärbt. Neben einigen Männchenkonnte auch ein trächtiges Weibchen beobachtetwerden.

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Eine weitere interessante Entdeckung im Maro-jejy National Park war ein Pärchen des „Weißau-gen-fimbriatus“ (Uroplatus aff. fimbriatus, Abb.5). Wir konnten die Tiere tagsüber in Ruhestellungin etwa vier Metern Höhe finden. Bei den Tierenhandelte es sich um ein Männchen und ein Weib-chen, die sehr nah beieinander saßen. Bisher istdiese Art nur aus dem Montagne d´Ambre NationalPark, im Norden der Insel bekannt (SVATEK &DUIN, 2002). Neben Uroplatus aff. fimbriatuskonnten wir in Marojejy auch Uroplatus fimbria-tus, Uroplatus cf. sikorae und Uroplatus phantas-ticus, der ebenfalls bislang aus diesem Gebiet un-bekannt ist, nachweisen.

Vom Marojejy Nationalpark aus machten wiruns auf den Weg in den Norden der Insel. VonSambava über Vohèmar und Ambilobe zum Mon-tagne d`Ambre National Park und Ankarana Nati-onal Park. Die Straßenverbindung zwischen Vohè-mar und Ambilobe kann als wirklich katastrophalbeschrieben werden. Eine Staubpiste mit zum Teilmetertiefen Schlaglöchern, die ein Vorankommensehr mühsam machen. Für die knapp 160 kmbenötigten wir zwei Tage. Ohne Allradantrieb wärediese Strecke nicht zu bewältigen gewesen. Wäh-rend mehrer Fahrpausen konnten im Umfeld derPiste, in Büschen und Sträuchern auch immer wiederPantherchamäleons (Furcifer pardalis) und Riesen-chämaleons (Furcifer oustaleti) entdeckt werden.Die Vegetation bestand aus einigen, oft dornigen

Büschen, und vereinzelt stehenden Bäumen. In derGegend musste es schon mehrere Wochen nichtmehr geregnet haben, denn der Boden war mit einerdicken Staubschicht bedeckt, Flussbetten warenausgetrocknet und die Sträucher und Bäume trugenkaum noch Blätter. Bis auf einige wenige Bäumewar kaum Grün zu entdecken. Die gefundenenPantherchamäleons zeigten eine grau-braune Grund-färbung, mit dunklen Bändern durchsetzt (Abb. 6).Eine Zuordnung zu einer bestimmten geographi-schen Farbform fällt jedoch schwer, da die Tiere inihrer „Trockenzeitfärbung“ gefunden wurden. Eskonnten ausschließlich junge Männchen gefundenwerden, die höchstwahrscheinlich nicht älter als einJahr waren. Trotz der enormen Trockenheit erschie-nen die Tiere in guter Kondition. Auffallend warjedoch, dass bei vielen Tieren die Hemipenista-schen nur sehr schwach ausgeprägt waren, waswohl ein Zeichen für die sexuelle Inaktivität derTiere zu dieser Jahreszeit ist. Mit diesen Nachwei-sen können die Lücken in kürzlich veröffentlichenVerbreitungskarten (FERGUSON et al. 2004) geschlos-sen werden.

In Ankarana konnten in der typischen Trocken-waldvegetation auch Pantherchamäleons gefundenwerden. Interessant dabei war ebenfalls wieder dieFärbung der Tiere. MÜLLER et al. (2004) geben an,dass die männlichen Tiere aus Ankarana eine grüneGrundfärbung aufweisen, die unterhalb des Lateral-streifens, an der Kehle und an den Beinen gelblich-

Abb. 8. Uroplatus sikorae sikorae bei der Paarung in der Réserve Spéciale Anamalazoatra.– Foto: PHILIP-SEBASTIAN GEHRING

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orange Anteile besitzen. Ein von uns gefundenesmännliches Exemplar wies eine durchgehende oran-ge Grundfärbung auf, die von bräunlich rotenQuerbändern durchsetzt war und eher an die be-schriebenen Tiere aus Antsiranana (Diego Suarez)erinnerte (Abb. 7). Der Lateralstreifen und dieLippen waren weiß gefärbt. Der Helm und derKehlsack waren blass blau gefärbt. Das Tier befandsich in einem schlechten Allgemeinzustand. DerHelm war eingefallen und die Haut war faltig, dadas Tier sehr dünn war. Auch bei diesem Exemplarfiel auf, dass die Hemipenistaschen stark zurückge-bildet waren. Das Tier war höchstwahrscheinlichebenfalls nicht älter als ein Jahr. Ein weiteres Tierkonnte in der Nacht schlafend gefunden werden.Dabei handelte es sich ebenfalls um ein Männchen,welches eine pastellrote Grundfärbung zeigte, dievon dunkel roten Flecken durchsetzt war. Der

auch deutlich jüngere Tiere, etwa drei bis vierMonate alt, entdeckt werden. Dies lässt sich vielleichtdadurch erklären, dass in diesem Gebiet, einem derregenreichsten Madagaskars, dass Nahrungsange-bot ganzjährig ausreichend ist und nicht so großenSchwankungen, wie im Norden und Westen derInsel unterliegt, sodass hier die Aufwachsbedin-gungen für Jungtiere das ganze Jahr hindurch deut-lich besser sind.

Von Ankarana aus führte uns unsere Reiseweiter entlang der Westküste über den NationalparkAmpijoroa nach Andasibe in die Réserve SpécialeAnamalazoatra, um als krönenden Abschluss derReise den morgendlichen Gesängen der größtenLemurenart der Insel, den Indris (Indri indri), zulauschen. Während einem der Streifzüge durch dasReservat konnte ein Pärchen von Uroplatus siko-rae sikorae bei der Kopulation beobachtet werden

Lateralstreifen war weiß gefärbt, die Mundwinkelwaren gelblich. Eine Querbänderung war kaum zuerkennen.

Insgesamt konnten während der gesamten Reisefast ausschließlich junge, etwa einjährige oder jün-gere Männchen von Furcifer pardalis gefundenwerden, was die Ergebnisse von ANDREONE (per-sönliche Mitteilung), zum Lebenszyklus von Furci-fer pardalis unterstützt. Die gefundenen Tiere sindwohl in der letzten Regenzeit geschlüpft und wer-den nun, mit Beginn der nächsten Regenzeit, ihreerste Paarungssaison erleben. Interessanter Weisekonnten nur in Marojejy neben adulten Exemplaren

(Abb. 8). Dies ist eine interessante Beobachtung,da die nachtaktiven Geckos gegen Mittag, am hell-lichten Tage, bei der Paarung gesehen wurden. DasPärchen saß regungslos in einer Höhe von etwaeinem Meter sechzig. Das kleinere Männchen saßauf dem Rücken des Weibchens und hatte seineKloake unter die des Weibchens geschoben. DieSchwänze der Tiere waren eng umschlungen.

An unserem letzten Abend, vor der Rückkehrnach Antananarivo, unternahmen wir noch einmaleinen Ausflug in ein Biotop in der Nähe vonAndasibe um nach Chamäleons zu suchen. EinFührer aus Andasibe, versprach uns einen kurzen

Abb. 9. Calumma gallus mit Blutegel an der linken Seite: – Foto: NILS HASENBEIN

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Marsch von nur zwei Kilometern, um die Tiere zufinden. Die zwei Kilometer stellten sich jedoch alszwei Kilometer Luftlinie in sehr hügeligem Gebietheraus, sodass unsere Kondition an diesem Abendnoch einmal stark gefordert war. Nach etwa andert-halb Stunden Bergwandern durch die Dunkelheit,erreichten wir ein Gebiet, in dem Calumma gallusund Calumma furcifer vorkommen sollten. Es han-delte sich dabei um einen kleinen Restbestand vonPrimärvegetation in einer landwirtschaftlich starkgenutzten Umgebung. Überall waren die verhee-renden Folgen der Brandrodung zur Ackerflächen-gewinnung zu sehen. Kaum angekommen ver-schwand unser Führer in den umliegenden Bü-schen, um wenig später zunächst mit einem wun-derschönen Männchen von Calumma furciferwieder zu erscheinen und um uns dann ein weib-liches Calumma nasutum und ein männliches Ca-lumma gallus zu präsentieren. Die Männchen vonCalumma gallus stellen aufgrund ihres langenNasenfortsatzes eine doch sehr bizarre Erscheinungdar (Abb. 9). Über die Funktion und Bedeutungsolcher Nasenfortsätze kann nur spekuliert werden.Vieles weist jedoch darauf hin, das sie eine Rollein der innerartlichen Kommunikation und der sexu-ellen Selektion spielen. Besonders in den Gebieten,wo sehr ähnlich aussehende Arten sympatrischvorkommen, wie in diesem Fall Calumma nasutumund Calumma gallus, könnte die Entwicklung sol-cher Nasenfortsätze, zur eindeutigen optischen Er-kennung der männlichen Tiere durch die Weibchendienen (BÖHME & KLAVER 1981, NEČAS 2004). Aufder Abbildung (Abb. 9) ist außerdem zu erkennen,dass sich an der linken hinteren Flanke des Calum-ma gallus ein Blutegel festgesaugt hatte.

DankAn dieser Stelle sei ganz besonders unserem

Reiseführer J. GERALD RAKOTONANDRAINA gedankt,ohne dessen Einsatz eine solche Reise sicherlichnicht möglich gewesen wäre. Dank auch an dieMitreisenden GESINE MÜLLER, JENNIFER KRUPPKE,NILS HASENBEIN, ULRICH ZUMKIER, MICHAEL VON

TSCHIRNHAUS und WOLFGANG BEISENHERZ für diewundervolle Zeit. NICOLÁ LUTZMANN für die kriti-sche Durchsicht des Manuskripts, die vielen Ge-spräche und die zur Verfügung gestellte Literaturund FRANCO ANDREONE für die bereitgestellten Un-tersuchungsergebnisse.

SchriftenANDREONE, F., J. E. RANDRIANIRINA, P. D. JENKINS

& G. APREA (2000): Species diversity of Amphi-bia, Reptilia and Lipotyphla (Mammalia) atAmbolokopatrika, a rainforest between the An-

janaharibe – Sud and Marojejy massifs, NEMadagascar. – Biodiversity and Conservation 9:1587-1622.

ANDREONE, F., F. M. GUARINO & J. E. RANDRIANI-RINA (unver.): Life history traits and age profileas useful conservation tools for the pantherchameleons (Furcifer pardalis) at Nosy Be,NW Madagascar. – unveröff. Manuskript

BÖHME, W. & C. KLAVER (1981): Zur innerartlichenGliederung und zur Artgeschichte von Chama-eleo quadricornis TORNIER, 1899 (Sauria: Cha-maeleonidae). – Amphibia-Reptilia 4: 313-328.

FERGUSON, G. W., J. B. MURPHY, J.-B. RAMANAMAN-JATO & A. P. RASELIMANANA (2004): The PantherChameleon – Color Variation, Natural History,and Captive Management. – (Krieger Publi-shing Company) Malabar, Florida: 118 S.

GARREAU, J.-M. & A. MANANTSARA (2003): TheProtected – Area Complex of the Parc Nationalde Marojejy and the Réserve Spéciale d´Anjana-haribe-Sud. – S. 1451-1458 in GOODMAN, S. M.& J. P. BENSTEAD (Hrsg.): The Natural Historyof Madagascar. The University of Chicago Press,Chicago.

GLAW, F. & M. VENCES (1994): A Fieldguide to theAmphibians and Reptiles of Madagascar. – 2nd

edition including mammals and freshwater fish,Köln (M. Vences & F. Glaw Verlags-GbR): 480 S.

MÜLLER, R., N. LUTZMANN & U. WALBRÖL (2004):Furcifer pardalis – Das Pantherchamäleon. –Münster (Natur und Tier-Verlag GmbH): 127 S.

NEČAS, P. (2004): Chamäleons – Bunte Juwelen derNatur. – Frankfurt/M. (Edition Chimaira): 382 S.

RASELIMANANA, A. P., C. J. RAXWORTHY & R. A.NUSSBAUM (2000): Herpetofaunal species diver-sity and elevational distribution within the ParcNational de Marojejy. – S. 157-174 in A floraland faunal inventory of the Parc National deMarojejy, Madagascar: With reference to eleva-tional variation, ed. S. M. Goodman. Fieldiana:Zoology, new series, 92.

RAXWORTHY, C. J. (2003): Introduction to the Rep-tiles. – S. 934-949 in GOODMAN, S. M. & J. P.BENSTEAD (Hrsg.): The Natural History of Ma-dagascar. The University of Chicago Press,Chicago.

SVATEK, S. & VAN DUIN, S. (2002): Plattschwanz-geckos – Die Gattung Uroplatus. – Banteln(Brähmer Verlag), 161 S.

Links: www.marojejy.com

AutorenPHILIP-SEBASTIAN GEHRING & ANNA-LENA KUBIK

Grewenbrink 5aD-33619 Bielefeld