Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach · Elektronen der Elektrode an. Elektrode E...

40
Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach Sommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 1 Christof Maul Klausur für Studierende der Geoökologie: 4.8., 11.00 - 12.30, PK 2.1 Praktikumsanmeldung für Studierende der Biologie ab 15.7. − https://www.tu-braunschweig.de/pci/lehre/praktika/biologie/anmeld TA-/Laborantenausbildung? Senden Sie Ihre Unterlagen an [email protected] NEU: (freiwillige) Origin-Software-Workshops auch für Studierende der Biologie! Organisatorisches - Praktikum und Klausur

Transcript of Physikalische Chemie für Studierende im Nebenfach · Elektronen der Elektrode an. Elektrode E...

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 1 Christof Maul

Klausur

für Studierende der Geoökologie: 4.8., 11.00 - 12.30, PK 2.1

Praktikumsanmeldung

für Studierende der Biologie

ab 15.7. − https://www.tu-braunschweig.de/pci/lehre/praktika/biologie/anmeld

TA-/Laborantenausbildung? Senden Sie Ihre Unterlagen an [email protected]

NEU: (freiwillige) Origin-Software-Workshops auch für Studierende der Biologie!

Organisatorisches - Praktikum und Klausur

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 2 Christof Maul

Gegenstand der letzten Vorlesung

• Redoxgleichgewicht (Redoxreaktion, Redoxpaar)

• elektrochemische Halbzelle

• elektrochemische Doppelschicht

• elektrochemisches Gleichgewicht (elektrochemisches Potenzial)

• Nernstsche Gleichung

• elektrochemische Spannungsreihe und Normal-Wasserstoffelektrode

• galvanische und Elektrolyse-Zellen

• Konzentrationszellen und Membranpotenzial

Elektrochemie - Wiederholung

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 3 Christof Maul

Redoxreaktion und Redoxpaar

Betrachte die Reaktion

ΔrG0 = -150 < 0

ΔrG0 < 0: Gleichgewicht auf Produktseite.

Reaktion läuft spontan ab, bis sich chemisches Gleichgewicht einstellt: ΔrG = 0

Die Reaktion besteht aus zwei Teilschritten (Sulfat nimmt an der Reaktion nicht teil):

1) Oxidation von Eisen: Fe → Fe2+ + 2e-

2) Reduktion von Kupfer: Cu2+ + 2e- → Cu

Reaktionen unter Elektronentransfer von einem Reaktanten auf einen anderen heißen Redoxreaktionen.

Oxidierte und reduzierte Spezies Ox/Red bilden Redoxpaar (z.B. Cu2+/Cu oder Fe2+/Fe)

Elektrochemie - Wiederholung

Fe+Cu2++SO42- Fe2++Cu+SO4

2- kJmol

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 4 Christof Maul

Die elektrochemische Halbzelle

Betrachte zunächst nur eine Halbzelle, z.B.

Oxidation von Zink: Zn Zn2+ + 2e-

Chemisches Potenzial der Elektrode

µE(Zn) = µE0(Zn)

Chemisches Potenzial der Lösung

µL(Zn2+) = µL0(Zn2+) + RT ln a(Zn2+)

Allgemein gilt: µE(Zn) ≠ µL(Zn2+)

Reaktion mit Ladungstrennung setzt ein.Ladungstrennung erzeugt Potenzialdifferenz Δφzwischen Elektrode (hier negativ) und Lösung (hier positiv)

Potenzialdifferenz stoppt Reaktion, bevor chemisches Gleichgewicht erreicht wird!

Elektrochemie - Wiederholung

+

Δφ

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 5 Christof Maul

Die elektrochemische Doppelschicht

Lösung L lädt sich positiv auf, stößt gelöstes hydratisiertes Zn2+ ab und zieht Elektronen der Elektrode an.

Elektrode E lädt sich negativ auf, zieht gelöstes hydratisiertes Zn2+ an und stößt Elektronen der Elektrode ab.

An der Oberfläche der Elektrode bildet sich eine elektrochemische Doppelschicht der Dicke δ aus (δ ist ungefähr der Radius des hydratisierten Ions - nur einige Nanometer!)

Über die Doppelschicht ändert sich das elektrische Potenzial um Δφ.

In der Doppelschicht herrscht ein starkes elektrisches Feld ,das die weitere Auflösung der Elektrode behindert.

Lösung und Elektrode werden durch Doppelschicht abgeschirmt und sind feldfrei.

E L

φE

φL

Δφ

- +

---

++

+++

Do

ppel

schi

cht

E⃗ =Δφδ

E⃗ =Δφδ

µE

µL

Elektrochemie - Wiederholung

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 6 Christof Maul

Elektrochemisches Potenzial und elektrochemisches Gleichgewicht

Kein chemisches Gleichgewicht, da µE ≠ µ

L (Δµ = µ

E−µ

L ≠ 0)

Kein elektrisches Gleichgewicht, da φE ≠ φ

L (Δφ = φ

E−φ

L ≠ 0)

sondern elektrochemisches Gleichgewicht:

Chemische Potenzialdifferenz Dm von elektrischer Potenzialdifferenz Df kompensiert.*

Dabei ist F = NAe = 96485,3365 C/mol die Faraday-Konstante undz die Ladungszahl (für Zn + 2e- Zn2+ gilt z = 2).

F bezeichnet die Ladung eines Mols einfach geladener Teilchen(mit NA: Avogadro-Konstante, e: Elementarladung).

*mit Δφ = E und ΔG = Δµ häufiger geschrieben in der Form ΔG = -zFE

Elektrochemie - Wiederholung

Δµ = −zFΔφ

μ = μ + zFφ

μE = μL (Δμ = μE−μL = 0)

mit elektrochemischem Potenzial:μ = μ0 + RTlna + zFφ

E L

φE

φL

Δφ

- +

---

++

+++

Do

ppel

schi

cht

E⃗ =Δφδ

µE

µL

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 7 Christof Maul

Die Nernstsche Gleichung: Elektrodenpotenzial E

Elektrodenpotenzial E = Δφ = φα − φβ beschreibt Potenzialdifferenz ("Spannung") zwischen Elektrode und Lösung im elektrochemischen Gleichgewicht

Das Elektrodenpotenzial wird in Volt angegeben und hängt ab vom Redoxpaar, den Aktivitäten der reduzierten und der oxidierten Spezies sowie der Temperatur.

Ist die Phase α eine Metallelektrode, so ist aα = 1 und das Elektrodenpotenzial E hängt nur noch ab von der Aktivität der gelösten oxidierten Spezies aox und der Temperatur.

Das Elektrodenpotenzial wird beschrieben durch die Nernstsche Gleichung

mit dem Standard-Elektrodenpotenzial

μ0α+RTlnaα+zFφα = μ0

β+RTlnaβ+zFφβ

μα = μβ

E(aα , aβ) = φα−φβ =μ0

β−μ0α

zF + RTzF ln aβ

E(a) = E0+RTzF lnaox

Elektrochemie - Wiederholung

E0 =Δμ0

zF =μ0

β−μ0α

zF

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 8 Christof Maul

Elektrochemische Spannungsreihe

Redoxpotenziale E0

(Standard-Reduktionspotenziale)

E0 = −ΔredG0/zF

Positives Redoxpotenzialist gleichbedeutend mit negativerFreier Bildungsenthalpie für dieReduktionsreaktion, d.h.reduzierte Form ist bevorzugt.

*

* bezogen auf den willkürlich definierten Wert ΔredG0(H2) = 0 der Standard-Wasserstoff-Elektrode (SHE)

Elektrochemie - Wiederholung

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 9 Christof Maul

Elektromotorische Kraft (EMK) einer galvanischen Zelle

Zwei miteinander verbundene Halbzellen 1 und 2 bilden eine galvanische Zelle

Elektromotorische Kraft (EMK) ist ΔE = E1 - E

2

Beispiel: Das Daniell-Element (Cu2+ + Zn Cu + Zn2+)

Die Zellspannung beträgt

mit der Standard-Zellspannung

E0Cu- und E0

Zn-Werte der Spannungsreihe entnommen,

ECu = ECu0 +RT

2F lnaCu2+ ECu0 = 0.34V

EZn = EZn0 +RT

2F lnaZn 2+ EZn0 =−0.76V

ΔE = ΔE0+ RT2F ln aCu2+

aZn2+

ΔE0 = ECu0 −EZn

0 = 0.34V−(−0.76 V)=1.1 V

* in technischen Anwendungen wird die EMK auch als Leerlaufspannung bezeichnet

Elektrochemie - Wiederholung

Galvanische ZelleDas Daniell-Element

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 10 Christof Maul

Anode und Kathode

Die Unterscheidung der Elektroden einer elektrochemischen Zelle richtet sich nach dem Prozess, der an der Elektrode stattfindet.

An der Anode findet immer der Oxidationsprozess statt, an der Kathode findet immer der Reduktionsprozess statt.

Anode - Oxidation

Kathode - Reduktion

In Elektrolyse- und galvanischer Zellen vertauschen sich Funktionen und Bezeichnung der Elektroden, genauso beim Entladen und Laden von Akkumulatoren.

Elektrochemie - Wiederholung

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 11 Christof Maul

Konzentrationszellen

Besteht eine galvanische Zelle aus zwei Halbzellen mit gleichem Redoxpaar, aber unterschiedlicher Aktivität a der gelösten Spezies, so misst man ebenfalls eine EMK.

Die Zellspannung beträgt:

Der ΔE0-Term aus der Nernstschen Gleichung für die Zellspannung fällt weg, da es sich in beiden Halbzellen um das gleiche Elektrodenpotenzial handelt.

Umschreibung auf den dekadischen Logarithums ergibt:

für T = 25 °C: für T = 37 °C:

Für ein Aktivitätsverhältnis von 1:10 misst man also eine Zellspannung von 59 mV für einen 1-wertigen Elektrolyten bei Raumtemperatur und von 61.5 mV bei Körpertemperatur.

Beispiele: Membran-Potenzial (Goldman-Gleichung, Lambda-Sonde)

ΔE = RTzF

lna2

a1

ΔE = RTzF ( ln10)⋅lg

a2

a1

ΔE = 59mVz

⋅lga2

a1ΔE = 61.5mV

z⋅lg

a2

a1

Elektrochemie - Wiederholung

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 12 Christof Maul

Gegenstand der heutigen Vorlesung

• Brennstoffzelle

• Korrosion

• spezielle Elektroden: Elektroden 2. Art, pH-Glaselektrode

• elektrolytische Leitfähigkeit und Ionenbeweglichkeiten

• starke und schwache Elektrolyte

• Debye-Hückel-Theorie

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 13 Christof Maul

Brennstoffzelle

In der Brennstoffzelle läuft die Knallgasreaktionkatalytisch kontrolliert ab:

Anode (H2-Oxidation):

2H2 → 4H+ + 4e−

Kathode (O2-Reduktion):

O2 + 4H+ + 4e− → 2H2O

Elektrolyt ist eine protonenleitende Membran (PEM).

Die Standardzellspannung ist E0(O2/H2O − E0(H2/H+) = 1.23 V − 0 V = 1.23 V.

Nutzbare Spannung deutlich kleiner wegen Überspannungseffekten bei Stromfluss.

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 14 Christof Maul

Korrosion von Eisen (Stahl)

Redoxvorgänge im belüfteten Wasserstropfen auf Eisen

Oxidation:

Fe → Fe2+ + 2e−

E0(Fe/Fe2+) = −0.44 V

Reduktion:

½O2 + H2O + 2e− → 2OH−

E0(O2/OH−) = +0.4 V

Ob Korrosion stattfindet, hängt von den Aktivitäten der Reaktanten ab, d.h. auch vom pH-Wert

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 15 Christof Maul

Korrosionsschutz durch Opferanode

Fügt man ein unedleres (leichter oxidierbares) Metall Meals Eisen bei, so wird dieses statt des Eisens oxidiert.

E0(Me/Mez+) < E0(Fe/Fe2+) = −0.44 V

Prinzip der Opferanode. Als Material eignen sich z.B.:

Zink: E0(Zn/Zn2+) = −0.76 VMagnesium: E0(Mg/Mg2+) = −2.36 V

Die Opferanode verbraucht sich und muss regelmäßig ersetzt werden.

Anwendungen: Wasserspeicher, Bohrinseln, Öltanks, Schiffsrümpfe...

Opferanode an Schiffsrumpf

ganz und teilweise verbrauchtesowie unverbrauchte Oferanoden

aus einem Wasserspeicher

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 16 Christof Maul

Spezielle Elektroden I: Bezugselektroden*

Zellspannungen ΔE messbar zwischen Messelektrode und Bezugselektrode:

ΔE = EMess − EBezug

"Natürliche" Bezugselektrode ist Standard-H2-Elektrode mit EBezug = EH2 = 0V,

da unmittelbar gilt : ΔE = EMess

Da H2-Elektrode schwer handhabbar (Gasversorgung, Knallgasgefahr!), werden in der Praxis sogenannte Elektroden 2. Art eingesetzt

Elektroden 2. Art bestehen aus

einer Metallelektrode Me0

einem schwerlöslichen Salz MexAz

sowie einer Lösung, die Ax− enthält.

Das schwerlösliche Salz fixiert über das Löslichkeitsprodukt KL und die bekannte Anionenkonzentration die (geringe) Metall-Kationenkonzentration:

Das Potenzial der Elektrode 2.Art ist konstant.

*Bezugselektroden werden auch als Referenzelektroden bezeichnet

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 17 Christof Maul

Spezielle Elektroden I: Ag/AgCl-Bezugselektrode

In der Praxis am häufigsten benutzte Referenzelektrode. Gebrauchsfertige, kontaktierte Ag/AgCl-Halbzellen kommerziell erhältlich.

Das potenzialbestimmende Redoxpaar ist Ag0/Ag+

Das Standard-Elektrodenpotenzial ist

Das schwerlösliche Salz ist AgCl mit KL = 2·10-10 mol2/L2

Das Elektrodenpotenzial der Ag/AgCl-Elektrode ist:

Das Standelektrodenpotenzial der Ag/AgCl-Elektrode istAgCl (bräunlich)

Ag-Draht

KCl-Lösung

EAg+/Ag0 = 0.8 V

ΔE = EAg+ /Ag0 +RT

F lnaAg+ = EAg+ /Ag

0 + RTF ln

KL

aCl-

= EAg+/Ag0 + RT

F lnKL−RTF aCl

- = EAgCl /Ag0 − RT

F lnaCl-

EAgCl /Ag0 = EAg+ /Ag

0 + RTF lnKL = 0.22 V für aCl- = 1 mol

L

poröse Fritte zum Abschluss der Halbzelle

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 18 Christof Maul

Spezielle Elektroden II: pH-Glaselektrode

Konzentrationsabhängigkeit der Zellspannung (ΔE(a)) erlaubt quantitative Analyse durch Spannungsmessung: Verfahren der Potentiometrie.

Wichtige Anwendung: pH-Wert-Bestimmung mittels Glaselektrode

Die Glaselektrode ist eine galvanische Zelle aus zwei gegeneinandergeschalteten Ag/AgCl-Elektroden

Sie sind lösungsseitig über eine Pufferlösung mit bekanntem pH-Wert und die zu messende Lösung mit unbekanntem pH-Wert verbunden.

Puffer- und Messlösung sind durch eine Glasmembran getrennt, an der die Spannung

abfällt.

ΔE = RTF ln aH+ ,Mess

aH+,Puffer= E0−59mV⋅pH

Elektrochemie

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 19 Christof Maul

Elektrolytische Leitfähigkeit

Elektrochemie

e-e-e-

e-

e-e-

e-

e-

SO42- SO

42-

Zn2+ Cu2+

Cl- K+

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 20 Christof Maul

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Elektrolytische Leitfähigkeit - Elektrolysezelle

Strom im metallischen Leiter durch Elektronen getragen (I0).Strom in Elektrolysezelle durch hydratisierte Kationen (I+) und Anionen (I−) getragen.

I0 = I+ + I−

+ -

-

-

+

+

Ano

de

Kat

hode

Kation

Kation

Anion

Anion

Elektronen Elektronen

I+ + I− = I0

I0

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 21 Christof Maul

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Elektrolytische Leitfähigkeit - Elektrolysezelle

+ -

-

-

+

+

Ano

de

Kat

hode

Kation

Kation

Anion

Anion

I+ + I− = I0

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 22 Christof Maul

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Elektrolytische Leitfähigkeit - Überführungszahlen

t+ =I+I0

t- =I-

I0

t++t- = 1

Kationen und Anionen leiten in der Regel unterschiedlich gut.

Hittorfsche Überführungszahlen t+/− beschreiben Beiträge der jeweiligen Ionensorten zum Gesamtstrom.

+ -

-

-

+

+

Ano

de

Kat

hode

Kation

Kation

Anion

Anion

I+ + I− = I0

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 23 Christof Maul

Strom I und Ladung Q (Wiederholung Physik)

Für beliebige Ströme gilt:

Strom wird gemessen in Ampere (A) Ladung wird gemessen in Coulomb (C)

Für zeitlich konstante Ströme gilt:

I( t) = dQ(t)dt Q(t) =∫ I(t)dt

1C = 1 As 1 A = 1 Cs

I(t) = Qt Q(t) = I⋅t

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Strom ist Ableitung der Ladung nach der Zeit

Ladung ist Integralüber den Strom

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 24 Christof Maul

Faradaysche Gesetze

Q = nzF

Erstes Faradaysches Gesetz: Stoffmenge n, die an einer Elektrode abgeschieden wird, ist proportional zur elektrischen Ladung Q, die durch den Elektrolyten geschickt wird. Proportionalitätsfaktor ist zF (Ladung von 1 Mol z-wertiger Ionen)

Faraday-Konstante F = NAe = 96485,3365 C/mol (Ladung eines Mols einfach geladener Teilchen, mit NA: Avogadro-Konstante, e: Elementarladung).

Zweites Faradaysches Gesetz: Durch Ladungsmenge Q abgeschiedene Masse m eines Elements ist proportional zur Atommasse M und umgekehrt proportional zu seiner Wertigkeit z. Proportionalitätsfaktor ist Q/F.

m = Mz⋅

QF

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 25 Christof Maul

Ionenwanderung

Beschleunigende elektrische Kraft FB durch elektrisches Feld EB = U/dq: Ionenladung, z: Ladungszahl, e: Elementarladung

Bremsende Reibungskraft FR durch Lösemittel (Stokes-Reibung)h: Viskosität des Lösemittels, r: (hydrodynamischer) Ionenradius, v: Ionen-Geschwindigkeit

Sind elektrische und Reibungskraft gleich groß, bewegt sich das hydratisierte Ion im Lösemittel kräftefrei mit der konstanten Driftgeschwindigkeit vD:

vD

FB FR

EB

FB = qEB = zeEB

FR = 6πηrv

vD =zeEB

6πηr∣FB∣=∣FR∣

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

+

elektrisches FeldDriftgeschwindigkeit

Reibungskraftelektrische Kraft

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 26 Christof Maul

Driftgeschwindigkeit von Ionen in Elektrolyten

Beispielrechnung für "typische" Driftgeschwindigkeit

v D =zeE B

6 πηr

elektrisches Feld EB 10 V/cm 103 V/m

Ladungszahl z 1 1

Elementarladung e 1.609·10-19 C 1.609·10-19 C

Viskosität h (Wasser, 20 °C) 1 mPas 10-3 kg/(ms)

Ionenradius r 1 nm 10-9 m

vD =1⋅1.609⋅10−19C⋅103 Vm−1

6π⋅10−3kgm−1s−1⋅10−9 m=

1.6096π

⋅10−16

10−12

ms

= 8.536⋅10−6 ms

= 8.536µms

Ionen-Driftgeschwindigkeiten in Elektrolyten sind sehr langsam (µm/s, mm/min, cm/h).Zum Vergleich: Elektronen-Driftgeschwindgkeit in Metallen ist bei gleicher Feldstärke

5 bis 6 Größenordnungen höher (m/s)

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 27 Christof Maul

Elektrische Beweglichkeit

Beweglichkeit u ist auf elektrisches Feld EB

bezogene Driftgeschwindigkeit

Einheit ist , häufig angegeben in

Elektrische Beweglichkeit ist eine (tabellierte) Materialkonstante.

Hängt ab vom (hydrodynamischen) Ionenradius r und der Viskosität η des Lösungsmittels. Viskosität ist stark temperaturabhängig, daher Beweglichkeit auch.

Unterschiedliche Ionenbeweglichkeit ist Grundlage der Elektrophorese.

Beweglichkeitsmessung können zur Größenbestimmung des hydratisierten Ions verwendet werden.

u =v D

E B

[Geschwindigkeit ][elektrischeFeldstärke]

=ms

Vm

= m2

Vscm2

Vs = 10−4 m2

Vs

u =vD

EB

=ze

6πηr

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

EB

vD

Steigungv D

E B

Beweglichkeit u

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 28 Christof Maul

Ionenbeweglichkeiten im Vergleich

Zu erwarten ist:

• Abnehmende Beweglichkeit mit zunehmender Größe• Zunehmende Beweglichkeit mit zunehmender Ladung

Beobachtet wird:

• Nur schwach ausgeprägte oder sogar "falsche"Abhängigkeiten von Größe und Ladung

• Sehr große Beweglichkeiten für H3O+ und OH−

Ladungs- und Größenabhängigkeit:

Zu berücksichtigen ist das hydratisierte Ion. Große Ladung und kleiner Ionenradius führt zu größerer Hydrathülle, was dem Primäreffekt entgegen wirkt.

H3O+ und OH−:

"Strukturdiffusion" durch Austausch von OH- gegen H- Brückenbindung. Keine Wanderung des Moleküls als solches.

u =vD

EB= ze

6πηr

+

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

u ∼ zr

++

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 29 Christof Maul

Elektrische Leitfähigkeit

● Die elektrische Leitfähigkeit L ist der Kehrwert des elektrischen Widerstands R:

Die Leitfähigkeit ist eine Eigenschaft der jeweiligen elektrochemischen Zelle. Die Einheit ist das Siemens: 1 S = 1 Ω-1.

● Die spezifische Leitfähigkeit κ ist die Leitfähigkeit L bezogen auf den Elektrodenabstand d und die Elektrodenfläche A:

Die spezifische Leitfähigkeit ist eine Eigenschaft der Elektrolytlösung und unabhängig von der Geometrie der verwendeten Zelle. Einheit ist S·m-1 (oder S·cm-1).

● Die molare Leitfähigkeit Λ ist die spezifische Leitfähigkeit κ bezogen auf die Konzentration c des Elektrolyten:

L = 1R

κ = L dA

Λ = κc

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 30 Christof Maul

Molare elektrische Leitfähigkeit Λ

Kohlrauschsches Gesetz der unabhängigen Ionenwanderung

Die molare Leitfähigkeit Λ einer Elektrolytlösung setzt sich additiv aus den einzelnen Beiträgen ν+Λ+ und ν−Λ− der Kationen und der Anionen zusammen:

Molare Ionenleitfähigkeiten von Kationen und Anionen sind mit ihrer Beweglichkeit verknüpft:

Sind molaren Ionenleitfähigkeiten von Anionen und Kationen bekannt, so kann Gesamtleitfähigkeit der Elektrolytlösung daraus berechnet werden.

Naive Erwartung: Molare Leitfähigkeit eines Elektrolyten sollte konstant sein.

Naive Erwartung ist falsch.

Λ = ν+Λ++ν- Λ-

Λ+ = F z+u+ Λ- = Fz -u-

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

ti =νi Λ i

ΛHittorfsche Überführungszahl

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 31 Christof Maul

Konzentrationsabhängigkeit der molaren Leitfähigkeit Λ(c)

Tatsächlich: Molare Leitfähigkeit nimmt mit zunehmender Konzentration ab.

NaOH

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Λ/

Sm

2

mol

c / molL

HCl

H2SO4

KClNaClNaCH3COO

MgSO4

CH3COOH

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 32 Christof Maul

Konzentrationsabhängigkeit der molaren Leitfähigkeit Λ(c)

Tatsächlich: Molare Leitfähigkeit nimmt mit zunehmender Konzentration ab.

NaOH

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Λ/

Sm

2

mol

c / molL

HCl

H2SO4

KClNaClNaCH3COO

MgSO4

CH3COOH

starke einwertige (1:1)-Elektrolytensehr schwache Konzentrationsabhängigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 33 Christof Maul

Konzentrationsabhängigkeit der molaren Leitfähigkeit Λ(c)

Tatsächlich: Molare Leitfähigkeit nimmt mit zunehmender Konzentration ab.

NaOH

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Λ/

Sm

2

mol

c / molL

HCl

H2SO4

KClNaClNaCH3COO

MgSO4

CH3COOH

starke einwertige (1:1)-Elektrolytensehr schwache Konzentrationsabhängigkeit

starke (1:2, 2:2)-Elektrolytenschwache Konzentrationsabhängigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 34 Christof Maul

Konzentrationsabhängigkeit der molaren Leitfähigkeit Λ(c)

Tatsächlich: Molare Leitfähigkeit nimmt mit zunehmender Konzentration ab.

NaOH

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Λ/

Sm

2

mol

c / molL

HCl

H2SO4

KClNaClNaCH3COO

MgSO4

CH3COOH

starke einwertige (1:1)-Elektrolytensehr schwache Konzentrationsabhängigkeit

starke (1:2, 2:2)-Elektrolytenschwache Konzentrationsabhängigkeit

schwacher -Elektrolytstarke Konzentrationsabhängigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 35 Christof Maul

Dissoziationsgrad α - starke und schwache Elektrolyten

Man unterscheidet schwache und starke Elektrolyten.

Kriterium ist der Dissoziationsgrad α (Anteil dissoziierter Moleküle)

AB A+ + B-

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

α =c (B-)

c (AB)=

c (A+)

c (AB)

Starke Elektrolyten: α ≈ 1

Starke Elektrolyten immer (fast) vollständig dissoziiert.

Schwache Elektrolyten: 0 < α < 1

Schwache Elektrolyten für hohe Konzentration (fast) vollständig undissoziiert.

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 36 Christof Maul

Kohlrauschsches Quadratwurzelgesetz

Für starke Elektrolyten beobachtet man

mit der Grenzionenleitfähigkeit Λ0 für unendliche Verdünnung.

Abweichung von Λ(c) = const. zurückzuführen auf interionische Wechselwirkungen.

Es bildet sich eine Nahordnung aus, indem jedes hydratisierte Ion Zentralion einer Wolke hydratisierter Gegenionen ist, die elektrostatisch miteinander wechselwirken (Coulomb-Kräfte).

Λ(c ) = Λ0−k √c

reale Abweichung von der Konstanz der molaren Leitfähigkeit

Nahordnung: hydratisiertes Zentralionmit Gegenionenwolke

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 37 Christof Maul

Debye-Hückel-Theorie

Quantitative Beschreibung der elektrostatischen interionischen Wechselwirkungen nach dem Modell von Zentralionen und Gegenionenwolken.

Erlaubt die Berechnung von Aktivitätskoeffizienten f.

Im Grenzfall kleiner Konzentrationen erhält man das Debye-Hückelsche Grenzgesetz:

mit f: über Anion und Kation gemittelter Aktivitätskoeffizient

und der Ionenstärke

Für einen (1:1)-Elektrolyten der Konzentration c0 ist einfach I = c0.

Konzept der Ionenstärke erlaubt Quantifizierung komplexer Elektrolytmischungen mit einer einzigen Größe

lg f±=−0.509⋅z+ z-√ I

f±= √ f+ f -

I = 12 ∑i zi

2 ci

Nahordnung: hydratisiertes Zentralionmit Gegenionenwolke

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 38 Christof Maul

Schwache Elektrolyte: Ostwaldsches Verdünnungsgesetz

Extreme Abweichung sowohl von Konstanz der molaren Leitfähigkeit als auch vom Quadratwurzelgesetz liegt nicht an interionischer Wechselwirkung, sondern an unvollständiger Dissoziation (α << 1) des schwachen Elektrolyten.

Da nur der Prozentsatz α dissoziiert vorliegt, gilt für diemolare Leitfähigkeit bei der Konzentration c

Eingesetzt in das Massenwirkungsgesetz für das Säure-Dissoziationsgleichgewicht, erhält man aus

das Ostwaldsche Verdünnungsgesetz

Λ(c )2

(Λ0−Λ(c))Λ0

⋅a0 = K A sehr starke Abweichung von der Konstanz der molaren Leitfähigkeitfür den schwachen ElektrolytenEssigsäure

KA =aH+aA-

aHA= α2

1−α a0

Λ(c ) = αΛ0 bzw. α = Λ(c )Λ0

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 39 Christof Maul

Starke und schwache Elektrolyte: Zusammenfassung

● Starke Elektrolyte zeigen eine schwache Abhängigkeit der molaren Leitfähigkeit von der Konzentration (Kohlrauschsches Quadratwurzelgesetz).

● Abhängigkeit zurückzuführen auf interionische Wechselwirkungen.

● Quantitative Beschreibung durch Debye-Hückel-Theorie.

● Debye-Hückel-Theorie: Modell einer Nahordnung von Zentralionen und Gegenionenwolken, die elektrostatisch (über Coulomb-Kräfte) wechselwirken.

● Schwache Elektrolyte zeigen eine starke Abhängigkeit der molaren Leitfähigkeit von der Konzentration (Ostwaldsches Verdünnungsgesetz).

● Abhängigkeit zurückzuführen auf mit zunehmender Konzentration rasch abnehmenden Dissoziationsgrad.

Elektrochemie - Elektrolytische Leitfähigkeit

Physikalische Chemie für Studierende im NebenfachSommersemester 2014 | 11.7.2014 | Seite 40 Christof Maul

Zusammenfassung

• Brennstoffzelle

• Korrosion

• spezielle Elektroden: Elektroden 2. Art, pH-Glaselektrode

• elektrolytische Leitfähigkeit (k, L) und Ionenbeweglichkeiten u

• starke und schwache Elektrolyte, Dissoziationsgrad a

• Kohlrauschsches Quadratwurzelgesetz

• Debye-Hückel-Theorie

• Ostwaldsches Verdünnungsgesetz

Elektrochemie

Λ(c)= Λ0−k √c

Λ(c )2

(Λ0−Λ(c )) Λ0= KA