Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie...

22
Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 - Eigene Erfahrungen - - Eigene Erfahrungen - Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Heinz Schilcher Immenstadt/Allgäu

Transcript of Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie...

Page 1: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Phytopharmaka und Phytotherapie

zwischen 1939 und 1978

- Eigene Erfahrungen -- Eigene Erfahrungen -

Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Heinz Schilcher

Immenstadt/Allgäu

Page 2: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Phytopharmaka und Phytotherapiezwischen 1939 und 1978

Einstein sagte:

‘Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft – in ihr gedenke ich zu leben.‘

Aus mehreren Gründen soll dies nicht das Motto meines Referates sein.

1. Die Bevölkerung – insbesondere die täglich wahrgenommenen öffentlichen Multi-

plikatoren der Pflanzenheilkunde (z.B. im Allgäu sehr aktive nichtakademische Heil-

pflanzenkundige, Kräuterexperten, Kräuterhexen, Wildkräuterfrauen) interessiert pflanzenkundige, Kräuterexperten, Kräuterhexen, Wildkräuterfrauen) interessiert

die Tradition und Überlieferung mehr als aktuelle Forschungsergebnisse und Mono-

graphien von Sachverständigen-Kommissionen.

2. Nach Meinung des Medizin-Historikers Prof. Dr. phil. Keil, Würzburg:

Die Wirksamkeit von Phytopharmaka wird durch nur EBM-Phytopharmaka sehr

unvollständig erfasst, berücksichtigt man die Tradition nicht. Er warnt vor einem

‚aufklärerischem Absolutismus‘, der kein Fortschritt, sondern ein Rückschritt

bedeuten kann.

3. Auf ältere Forschungsdaten, die zum großen Teil in den Datenbanken nicht erfasst

sind, sollte man aufbauen, um unnötige Kosten und Zeitverlust zu vermeiden.

Page 3: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Phytopharmaka und PhytotherapieKennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern

� Ab 1939 - 1950 – Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern in typischen Bauerngärten der Großmutter (ca. 80m2), Mutter (50 m2) und Tante (40 m2)

� Erlernen der Pflanzenkulturen – Kennenlernen des richtigen Ernte-Zeitpunktes –richtige Trocknung – korrekte Lagerung – geeignete Zubereitungen (z.B. Kräutertee, Tinkturen) – Anwendung bei vielen banalen Erkrankungen zur Selbstmedikation etc.

HeilkräuterAlant – Anis – Arnika – AugentrostAlant – Anis – Arnika – Augentrost

Baldrian – Beifuß – Beinwell – Berberitze – Blutwurz

Dost – Eibisch – Eisenkraut – Engelwurz

Frauenmantel – Gänsefingerkraut – Goldrute- Gundermann

Hirtentäschel – Holunder – Huflattich – Johanniskraut

Kürbis – Kamille – Königskerze – Kornblume - Krauseminze

Lavendel – Leinsamen

Mädesüß – Malve – Melisse - Muskatellersalbei

Nachtkerze – Pfefferminze – Primel – Quendel – Rainfarn – Ringelblume – Rosmarin

Salbei – Sanikel – Schafgarbe – Spitzwegerich – Stiefmütterchen – Thymian

Wasserdost – Wegwarte – Weinraute – Wermut – Ysop (50 und weitere)

Page 4: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Phytopharmaka und PhytotherapieKennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern

Gewürz- und Küchenkräuter

Basilikum – Bohnenkraut

Dill

Eberraute - Estragon

Fenchel

Kapuzinerkraut – Kerbel – Knoblauch – Kümmel – KürbisKapuzinerkraut – Kerbel – Knoblauch – Kümmel – Kürbis

Lauchzwiebel - Liebstöckel

Majoran – Meisterwurz (Bergwurz) - Meerrettich

Oregano – Petersilie

Schnittlauch – Tobinambur – Tripmadam

Außerhalb der Gärten gesammelte Kräuter

Brennessel – Brunnenkresse

Löwenzahn - Sauerampfer

Page 5: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Literatur und Rezeptvorschläge1939 - 1950

1. Rezepturen des Dorfarztes Dr. med. Abt

2. Buch von Dr. med. Spengler

3. Drei Bücher von Sebastian Kneipp

4. Buch von Pfarrer Künzle

5. Buch von Pater Fridolin

6. Rezepte fränkischer ‚Kräuterweiber‘

7. Rezepte oberbayerischer Bäuerinnen

Page 6: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Phytopharmaka und PhytotherapieKennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern

1950 - 1952: Pharmazie-Praktikum

Pharmazeutische und medizinische Fortsetzung praxisorientierter Heilkräuter

in der Klinik und öffentliche Apotheke am Klinikum der Barmherzigen Brüder

in Neuburg/Donau

Medizin-Famulus

in einzelnen Abteilungen des Krankenhauses

Nach Erlernen der Herstellung von über 100 Phytopharmaka

(kaum Anwendung von Industriepräparaten)

Kennenlernen der Wirksamkeit auf verschiedenen Stationen des Krankenhauses.

Page 7: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Auswahl einiger hergestellter Phytopharmakain der Kloster-Krankenhaus-Apotheke

1. Tinkturen

Von 42 im DAB 6 und 82 im Ergänzungsband zum DAB 6 aufgenommenen Tinkturenund Fluid-Extrakten wurden ca. 40 Tinkturen ständig hergestellt:

Tinctura Adonidis (eingestellt; nach Froschdosen), Convallariae – Digitalis – Scillae und Strophanti – Crataegus-Fluid-Extrakt

für die kardiologische Abteilung der Inneren Medizin zur erfolgreichen Therapie von:• Herzinsuffizienz bis NYHA III und mit Bein-Ödemen• Herzinsuffizienz bis NYHA III und mit Bein-Ödemen• Herzrhythmusstörungen• Funktionelle Herzbeschwerden• Alterherz – zusammen mit Crataegus-Fluid-Extrakt

ACE-Hemmer, β-Blocker, Calciumkanalblocker etc. standen 1950 - 52 nicht zur Verfügung.

Gute Erfahrungen existierten mit einem eingestellten Digitalis-Infus bei Herzinsuffizienz NYHA IIAusgleich unbefriedigender Pharmakokinetik durch individuelle Dosierungen sowiegründlichere Beobachtung der Lebensqualität der Patienten

Häufig eingesetzte ‚Herztropfen‘ der inneren Abteilung bestanden aus:Convallariae tinct. DAB 6 10.0 g, Adonis extr. fluidum DAB 6 10.0 g + Valerianae extr. fluidum 10.0g + Crataegus Urtinktur 20.0g (Patienten-individuelle Dosierung)

Page 8: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Auswahl einiger hergestellter Phytopharmakain der Kloster-Krankenhaus-Apotheke

Tinkturen und Medizinal-Kräutertees:Für die Abteilung Gastroenterologie innerhalb der Sektion Innere Medizin:Tinctura amara – Angelicae – Aurantii – Calami – Cardamomi – Chamomillae – Chinae compositae – Condurango (+ Vinum Condurango für Altersheime), - Gentianae –Pimpinellae, Rhei vinosa – Tormentillae – Zingiberis etc.

zur individuellen Therapie (nach Erfahrungen des Chef- und Stationsarztes sowie der 4 Patres):• Appetitlosigkeit• Appetitlosigkeit• Dyspeptische Beschwerden, wie Reizmagen und Colon irritabile• Diarrhö und Gastritis• Krampfartige Schmerzen im Bereich des Verdauungstraktes (meist kombiniert mit

Tinctura Belladonae oder Tinctura Opii simplex)• Übelkeit und Erbrechen; Ulcus ventriculi und duodeni

Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker, H2-Rezeptorantagonisten, Sulfasalazin, Loperamidstanden 1950 - 52 nicht zur Verfügung, dafür breites Angebot unterschiedlich wirksamer Phytopharmaka zur ärztlichen Rezeptur Als genereller Stationstee - neben 6 weiteren - wurde verabreicht:Pfefferminzblätter 30.0 g + Kamillenblüten 50.0 g + Kümmelfrüchte 20.0 g

Page 9: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Auswahl einiger hergestellter Phytopharmakain der Kloster-Krankenhaus-Apotheke

2. Sirupe

Bei Erkrankungen des Respirationstraktes, z.B.:Sirupus Althaeae – Sirupus Thymi compositae – Sirupus Ipecacuanhae – Sirupus LiquiritiaeZwiebel-Sirup mit Honig – Fenchelhonig u.a.

� Von 67 im DAB 6 und EB 6 genannten Sirup-Rezepturen waren 30 ständig vorrätig

3. Salben und Öle

Zur Behandlung von Wunden, Sportverletzungen, rheumatischen Beschwerden,Zur Behandlung von Wunden, Sportverletzungen, rheumatischen Beschwerden,generative Gelenkerkrankungen, Hauterkrankungen, zur Massage etc., z.B.:Kamillensalbe – Ringelblumensalbe – Lärchenterpentinsalbe – Beinwellsalbe – Campher-Salbe – Arnikasalbe – Johanniskrautöl – Nachtkerzenöl

� Von 62 im DAB 6 und EB 6 genannten Salben-Rezepturen waren 20 ständig vorrätig

4. Medizinal-Tees

Alle 15 Teerezepturen (im DAB und EB genannt) waren vorrätig, z.B.:Species antiastmatica – Sp. aromaticae – Sp. diaphoreticae – Sp. diureticae – Sp. gynae-cologicae – Sp. laxantes, Sp. nervinae, Sp. pectorales u.a.

� Alle Medizinal-Teemischungen waren in öffentlichen Apotheken käuflich, auch die übrigen galenischen Zubereitungen; Verkauf industriell produzierter Phytopharmaka ∼30%

Page 10: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Wissenschaftlich verfügbare Literatur von 1950 - 1952

1. Band 1 und 2 – Kommentar zum DAB 6 und EB 6 (1927 – 1968)

867 Monographien ! (Drogen- und Drogenzubereitungen, ätherische Öle etc.)

2. Hagers ‚Handbuch der Pharmazeutischen Praxis‘

3. Band 1 - 4 ‘Biologische Medizin‘ von Dr. med. Gerhard Madaus

4. 1. Band von Dr. med. R.F. Weiss ‘Lehrbuch Phytotherapie‘ (1. Auflage 1943)4. 1. Band von Dr. med. R.F. Weiss ‘Lehrbuch Phytotherapie‘ (1. Auflage 1943)

5. Prof. Dr. med. Hugo Schulz (Pharmakologe): ‘Vorlesungen über Wirkungenund Anwendung der deutschen Arzneipflanzen‘

6. Band 1 - 4 von Pfarrer Sebastian Kneipp

7. Buch von Pfarrer Künzle

8. Übersichtsband von Aulus Cornelius Celsus

9. Prof. Dr. med. August Bier (Chirurg): ‘Harmonische Ordnung der Heilkunde

und Homöopathie‘

Page 11: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Belieferung von drei Altersheimenmit selbst-hergestellten Phytopharmaka der Kloster-Apotheke

1. Zubereitungen gegen Magen-Darm-Störungen sowie Appetitlosigkeit, z.B.:

Condurango-Wein – Kalmuswurzelstock-Tinktur – Angelikawurzel-Fluidextrakt –Enzianwurzel-Tinktur – zusammengesetzte Chinatinktur wie Amara-AromaticaSenioren-Magentee: Bitterkleeblätter 50.0g + Benediktenkraut 20.0g + Himbeerblätter 30.0g

2. Zubereitungen gegen Schlafstörungen, z.B.:

Baldrian-Tinktur – Ätherische Baldrian-TinkturBaldrian-Tinktur – Ätherische Baldrian-TinkturMedizinalkräutertees: Baldrianwurzel 40.0 g + Hopfenzapfen 30.0 g + Melissenblätter 30.0 goder: Baldrianwurzel 80.0 g + Johanniskraut 20.0 g

3. Zubereitungen bei Erkrankungen der Atemwege, z.B.:

Hustensaft: Süßholzdicksaft 10.0 g + ammoniakalische Anislösung 5.0 g +Orangenschalen-Tinktur 2.0 g + Himbeersirup ad 100.0 g

Thymian-Fluidextrakt + mehrere verschiedene Bronchialtees

4. Zubereitungen bei Herz-Kreislauf-Beschwerden

Weißdorntinktur und -tee – Maiglöckchen-Tinktur – Herzgespannkraut-Tee(siehe 60 Jahre später in Zeitschrift für Phytotherapie, Heft 4, 2012)

Page 12: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

1950: Gründung des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren (ZAEN)

(heute Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin e.V.)

� ab 1951 jährlich zwei Fortbildungskongresse in Freudenstadt (2012 = 123. Kongress)

� seit 1955 davon ca. 50 Kongressen mit Themenschwerpunkt ‘Phytotherapie‘

� großer Zuspruch für ganztägigen ‘Phytotag‘ innerhalb des Fortbildungskongresses

unter Leitung von Prof. Dr. R. F. Weiss bis 1977

� ab 1978 – 1997 unter Verantwortung von Prof. Dr. H. Schilcher� ab 1978 – 1997 unter Verantwortung von Prof. Dr. H. Schilcher

� Seit 2012 unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. med. A. M. Beer ‚reaktiviert‘

1954 – Gründung der Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung /GA)

� Gegründet vom Arzt G. A. Mayer/Camberg, zusammen mit einigen Professoren der Pharmakognosie

� ursprünglich Themen zur Phytotherapie im Mittelpunkt der Fortbildungskongresse

� Erfahrungsberichte ärztlicher Anwender bzw. Verordner; veröffentlicht in Planta Medica (ausschließlich in deutscher Sprache)

Page 13: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

1959 - 1962: Ausarbeitung von PC- und DC-Fingerprintchromatogrammen

von 80 Drogen des DAB 6 für das studentische phytochemische Praktikumerstmals am Institut für Pharmazeutische Arzneimittellehre

(jetzt: Institut für Pharmazeutische Biologie der LMU München)

1962 - 1972: direkte Übernahme und Erweiterung von 80 Fingerprint-Chromatogrammen auf 110 Drogen zur Qualitätskontrolle,

zusätzlich zu den DAB 6 Prüfungen

= 1. verbesserte Maßnahme des sog. ‘Salus Qualitätsstandard’= 1. verbesserte Maßnahme des sog. ‘Salus Qualitätsstandard’‘Nattermann-Standard’ aus dem Jahre 1961

1965 in Zeitschrift Arzneimittel-Standardisierung weltweit erste Publikationvon 3 standardisierten Phytopharmaka (Kamille, Johanniskraut, Weißdorn)

Salus-StandardKontrollierte Sammlung von Wildpflanzen, Verlagerung der Wildsammlung auf

Kultivierung aus selektioniertem Saatgut,experimentell ermittelter richtiger Erntezeitpunkt sowie optimale Aufbereitung

konstante Garantie von Mindestgehalten von wirksamkeitsbestimmendenden bzw.Wirksamkeitsmitbestimmenden Inhaltsstoffen durch Rohstoffauswahl und geeignete

Extraktionsverfahren, Studien zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit(entspricht dem 40 Jahre später bezeichneten Phytoneering)

Page 14: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

� 1961 - Inkrafttreten des 1. Arzneimittelgesetzes und damit Verpflichtung im Voraus hergestellte Arzneimittel (im 1. AMG als Arzneispezialität und 2. AMG 76 als Fertigarzneimittel bezeichnet) dem BGA zur Registrierung zu melden.

� Vor 16. Mai 1961 grundsätzlich ohne staatliche Erlaubnis und ohne Nachweis ausreichender Sachkenntnis Herstellung und Vertrieb von Arzneimitteln möglich

� AMG 61 enthielt nur 65 Paragraphen (AMG 76 enthält 136 §§) sowie relativ problemlose Registrierung (eigene Erfahrung der Registrierung von 142 Salus-

Arzneimittel-Registrierungen beim BGA1961 nach AMG 61

problemlose Registrierung (eigene Erfahrung der Registrierung von 142 Salus-Spezialitäten)

� 1976: 126.000 pflanzliche Arzneimittel im Verkehr, davon 78.000 dem BGA angezeigt

Registrierung bei BGA – Thielallee/Berlin:

• BGA-Präsident: Prof. Dr. med. Schwiezer

• Einreichung von Registrierungen: Pharmzeut Dr. Aßmann

• Medizinische Prüfung: PD Dr. med. Schnieders

• Pharmakologische & toxikologische Prüfung: Dr. med. Tschöpe

� Anmeldung zur Registrierung von ∼ 78.000 Phytopharmaka, deren Wirksamkeit undUnbedenklichkeit teilweise geprüft, jedoch nicht nach Vorgaben der Arzneimittel-richtlinie aus dem Jahre 1994

Page 15: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Besonderheit des Deutschen Arzneimittelgesetzesals Fortsetzung der Kaiserlichen Verordnung von 1901

In den §§ 29 – 31 wird im 1. Arzneimittelgesetz von 1961 sowie in den §§ 44 – 46des 2. Arzneimittelgesetzes von 1976 der Verkehr von Arzneimitteln außerhalb der Apotheke als sog. Freiverkäufliche Arzneimittel festgelegt.

In Rechtsverordnungen werden in mehreren Anlagen (Positiv- und Negativlisten,Krankheitsliste, verbotene Darreichungsformen etc.)

zahlreiche Drogen und Drogenzubereitungenzahlreiche Drogen und Drogenzubereitungen

für den Verkehr außerhalb der Apotheke als freiverkäufliche Arzneimittel frei-gegeben.Der Bericht im Focus Nr. 38/12 vom 17. September 2012 ‘Die Heilkraft der Natur-Pflanzenmedizin‘ wörtlich zitiert: ‚Freiverkäufliche Pflanzenpräparate sind unter-dosiert und per definitionem unwirksam‘ ist falsch und geschäftsschädigend!

In den Rechtsverordnungen stehen keine Vorgaben zu Wirkstoffkonzentrationen, sondern die Freiverkäuflichkeit ist im Wesentlichen durch erlaubte (= Positivliste) bzw. unerlaubte (= Negativliste) Indikationen bestimmt, und der Begriff der Unwirksamkeit per definitionem ist in den §§ 44 – 46 AMG 76 nicht auffindbar.

Page 16: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Resumee des Rückblicks auf persönlich erlebte 72-jährige praktische und wissenschaftliche Erfahrung mit

der Phytotherapie bzw. Heilkräutern

1. Mit 867 Monographien (!) zu Drogen, Drogenzubereitungen und Pflanzeninhaltsstoffen hatte die Phytotherapie zur Zeit des DAB 6 und EB 6 (1927 - 68) einen höheren Stellen-wert als heute nicht nur in der Apotheke und der studentischen Ausbildung der Pharmazeuten, sondern auch in der ärztlichen Praxis durch die Möglichkeit der Ver-ordnung einer Vielzahl individueller Rezepturen von Medizinalkräutertees, Tinkturen etc.

2. Ersten ‘Wissenschaftlichen Tiefschlag‘ erlitt die Phytotherapie durch drastische Reduzie-rung der Drogenmonographien im DAB 7 (1968) auf 77 (!) und im DAB 8 (1978) auf 86und der Dominanz chemisch-synthetischer Arzneistoff-Monographien.und der Dominanz chemisch-synthetischer Arzneistoff-Monographien.

3. Die Versagung der Zulassung zahlreicher Phytopharmaka-Fertigarzneimittel durch das 2. AMG 76 ist aus wissenschaftlichen und bürokratischen Gründen nachvollziehbar,aber gleichzeitig in etlichen Fällen nicht im Sinne von: ‘Salus aegroti suprema lex‘verständlich und notwendig und ist der zweite Tiefschlag.

4. Monographien der Kommission E entsprechen am besten dem Willen der Väter

des 2. AMG und werden in den meisten Fällen zu ∼ 97% von den ESCOP-Monographienin den Kernaussagen bestätigt (Indikationen und Dosierungen). EMA-Monographien?

5. Ein dritter gravierender gesundheitspolitischer Tiefschlag mit großem Imageverlust beiden Anwendern war die Herausnahme der meisten Phytopharmaka aus der GKV-Erstattung im Jahre 2004.

Page 17: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Ausblick auf die Zukunftder Phytopharmaka und der Phytotherapie

Wunschvorstellungen:

1. Ergänzung des DAB und Pharm. Eur. um weitere Monographien aus dem DAB 6 und EB 6.

2. Studien zu Negativ-Monographien der Kommission E, welche in der traditionellenAnwendung eine große Rolle spielen, zur evtl. Umwandlung in Positiv-Monographien

3. Rücknahme der Nichterstattung zugelassener Phytopharmaka nach § 105 AMG 76

4. Koordinierung der Aktivitäten und der ‘Heilkräuterempfehlungen‘ der nicht-4. Koordinierung der Aktivitäten und der ‘Heilkräuterempfehlungen‘ der nicht-akademischen Kräuterexperten mit der wissenschaftlich orientierten Phytotherapie

5. Reaktivierung der früheren ‘Bauerngärten‘

6. Phytotherapie-Vorlesungen und -Seminare für Medizinstudierende

7. Öffnung der Wissenschaft ‘aus dem Elfenbeinturm‘ durch Laienvorträge, Kräuter-wanderungen, Artikel in Lokalzeitungen etc.

8. Beim kontrovers diskutierten Thema zu Nutzen und Wirksamkeit der Phytopharmakasollten Wissenschaftler kritischer mit der Berichterstattung von Journalistenumgehen und sich nicht ‘vor den Karren eines einzelnen Unternehmens spannenlassen‘, wenn z.B. mehrere vergleichbar gute Phytopharmaka-Hersteller existieren. (siehe Öko-Test, Focus-Bericht etc.)

Page 18: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Offizin der Kloster-Apotheke

Page 19: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Gebäudekomplex, Krankenhaus mit Heilkräutergarten

Page 20: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Apotheker Pater Ansgar im Apotheken-Laboratorium

Page 21: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Römischer Arzt, geb. 35 v. Chr.,gest. um 50 n. Chr.,

8 Bücher: ““““De Medicina”

Page 22: Phytopharmaka und Phytotherapie zwischen 1939 und 1978 · Phytopharmaka und Phytotherapie Kennenlernen von Heil-, Gewürz- und Küchenkräutern Ab 1939 -1950 –Kennenlernen von Heil-,

Lehrbuch des Chirurgen (!) Prof. Dr. med. August Bier,bekannt durch den “Bier‘schen Jodtropfen”