PIK Gerstengarbe GDV

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Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. Herausforderung Klimawandel Antworten und Forderungen der deutschen Versicherer Szenarien für Deutschland Auswirkungen des Klimawandels auf die Schadensituation in der Versicherungswirtschaft Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe, PIK, Potsdam

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Herausforderung KlimawandelAntworten und Forderungen der deutschen Versicherer

Szenarien für DeutschlandAuswirkungen des Klimawandels auf die Schadensituation in der Versicherungswirtschaft

Prof. Dr. Friedrich-Wilhelm Gerstengarbe, PIK, Potsdam

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Gliederung

1. Das Klimaproblem2. Datengrundlage des GDV3. Methodische Ansätze4. Modellvalidierung / abgeleitete Schadenprojektionen

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Das Klimaproblem

Was verstehen wir unter Klima?Unter Klima versteht man die komplexe statistische Beschreibung relevanter Klimaparameter bezogen auf einen Ort und/oder eine definierte Region im Rahmen einer festgelegten Zeitskala.

Quelle: Hupfer & Chmilewski 1990

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Das Klimaproblem

Anstieg der globalen Mitteltemperatur seit Mitte des 19. Jahrhunderts

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Das Klimaproblem

künftige Treibhausgasemissionen und Temperaturverläufe je nach Szenario Aktuelle Treibhausgasemissionen liegen über dem worst-case Szenario A1FI

Quellen: IPCC, PIK

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Das Klimaproblem

Winterstürme, Hagel, Überschwemmungen

Kyrill 18.01.2007

Villingen-Schwenningen 28.06.2006

Elbeflut August 2002

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Datengrundlage des GDV

In der Sachversicherung hat der Umgang mit wettergetriebenen Naturgefahren eine lange Tradition. Beispiel Gebäudeversicherung: Sturm/Hagel Elementar

• Hochwasser („Ausuferung größerer Fließgewässer“)• Starkregen• Erdbeben

Naturgefahren sind versicherungstechnisch besonders anspruchsvoll. Seltene sehr schwere Ereignisse verursachen hohe Kumulschäden: Stürme (z.B. Sturmserie 1990, Kyrill 2007) Überschwemmungen (z.B. Elbe-Flut 2002)

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Datengrundlage des GDV

Wohngebäude Sturm/Hagel: Schadensatzreihe 1970-2010

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Datengrundlage des GDV

Für die Analyse werden möglichst langfristige, regional und zeitlich fein aufgelöste Informationen benötigt Welche Ausgangsdaten zu Sturm/Hagel sind verfügbar?

• Kreisgenaue Daten ab 1981• Schadentag genaue Daten ab 1984

Winter:• Geprägt von seltenen schweren Stürmen (Kumulereignisse)• Ursache des starken Schwankens des jährlichen Sturmschadenaufkommens

Sommer:• v.a. durch Hagelschäden geprägt• Anteil am jährlichen Schadenaufkommen im langfristigen Mittel etwa 1/3 bis 1/4• In einzelnen Jahren sogar höheres Schadenaufkommen als im Winter

In den Schadenszenarien können Veränderungen nach Sommer und Winter getrennt analysiert werden

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Datengrundlage des GDV

Beispiele für Schadenereignisse Winter und Sommer

Sturm Lothar (25.-26.12.1999)800 Mio. EUR

Sturm Kyrill (18.-19.01.2007)2,2 Mrd. EUR

Scha

denh

äufig

keit

[‰]

Hagel Villingen-Schwenningen (28.06.2006)250 Mio. EUR

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Methodische Ansätze

Kernfragen der Versicherungswirtschaft zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die Versicherungstechnik in Deutschland: Welchen Einfluss haben sich ändernde klimatische Verhältnisse auf die

Schadensituation der Naturgefahren Sturm/Hagel und Überschwemmung?• Wie ändert sich die jährliche Schadenerwartung?• Wie ändert sich die Kumulerwartung?

Mit welcher Robustheit der Aussagen können bzw. müssen wir „rechnen“? Welche Entwicklung könnte nach derzeitigem Kenntnisstand die

wahrscheinlichste sein?

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Methodische Ansätze

Antworten auf diese Fragen können nur zusammen mit der Wissenschaft –Klimaforschung gefunden werdenGründung des Projektes „PIK-Studie I“: Auswirkungen des Klimawandels auf die Schadensituation in der deutschen Versicherungswirtschaft“ Welche Kompetenzen sind für das Gelingen des Projektes erforderlich?

• Wissenschaft: Klima- und Klimafolgenforschung- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung- Freie Universität Berlin- Universität zu Köln

• Versicherungswirtschaft: Modellierungs- und Kalkulations-Know-how von Erst- und Rückversicherern und dem GDV

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Methodische Ansätze

A1B: Sturm, Hagel

A1B, B1, A2: Hochwasser

Im Projekt angenommene Temperaturantriebe gemäß B1, A1B und A2

A1B: Sturm HagelA1B, B1, A2: Hochwasser

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Methodische Ansätze

Statistisches KlimamodellViele Szenarien in kurzer Zeit

Dynamisches KlimamodellNeue Entwicklungen

Statistisch-DynamischesKlimamodell

+Kombination

Verwendete Klimamodelle

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Methodische Ansätze

ArbeitsschritteSchritt 1: Resimulation der bekannten Vergangenheit

Wenn das Modell die Vergangenheit zuverlässig erklären undabbilden kann, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür,dass auch die Zukunft plausibel abgebildet wird

Klimamodellz.B. 1970-2000

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Methodische Ansätze

ArbeitsschritteSchritt 2: Simulation der Zukunft

Wenn das Modell die Vergangenheit zuverlässig erklären und abbilden kann, dann besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass auch die Zukunft plausibel abgebildet wird

Klimamodell2011-2100

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Statistisches Klimamodell

Statistisches Klimamodell

2011-2070Zukunft

1984-2008Vergangenheit

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Statistisches KlimamodellNiederschlagsänderung je 1°C Temperaturanstieg

Gute Übereinstimmung:Statistisches Modellliegt im Schwankungs-bereich von 23 globalen Klimamodellen

∆N / ∆T [mm/K]

CRU-PIK DWD-PIK GCM GCM STAR 2K

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Statistisches Klimamodell

Statistisches Klimamodell

2011-2070Zukunft

1984-2008Vergangenheit

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Statistisches Schadenmodell Sturm/-Hagel des PIK Räumliche Verteilung der Schadensätze und deren Änderungen im A1B-Szenario

gegenüber 1984-2008; Mittelwerte des 30-jährigen Zeitraums

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Statistisches Schadenmodell Sturm/-Hagel des PIK Räumliche Verteilung der Schadensätze und deren Änderungen im A1B-Szenario

gegenüber 1984-2008; Mittelwerte des 30-jährigen Zeitraums

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Statistisches Schadenmodell Sturm/-Hagel des PIK Räumliche Verteilung der Schadensätze und deren Änderungen im A1B-Szenario

gegenüber 1984-2008; Mittelwerte des 30-jährigen Zeitraums

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Statistisches Schadenmodell Sturm/-Hagel des PIKDargestellt sind versicherte Jahresschäden der Referenzperiode und für die Zukunft bis 2070 unter dem A1B-Szenario. Drastische Verkürzung der Wiederkehrperioden 1971-2000 vs. 2041-2070:20-jährliche Schäden werden zu 10-jährlichen Schäden 50-jährliche Schäden werden zu 25-jährlichen Schäden

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Dynamisches Klimamodell

2011-2100Zukunft

1997-2007Vergangenheit

Dynamisches Klimamodell

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Beobachtete Schäden des GDV [‰]

Modellierte Schäden aus dem Sturmschadenmodell [‰]

Modellvalidierung

Dynamisches Sturmschadenmodell der FU Berlin Hohe Übereinstimmung mit GDV-Schadendaten (Korrelation 0,98) Vergleich mittlerer jährlicher Schadensatz durch Sturmschäden im Winterhalbjahr

1997-2007

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Modellvalidierung

Dynamisches Sturmschadenmodell der FU Berlin Schadenmodell mit regional differenzierender Schadenschätzung Hohe Übereinstimmung zwischen Schadenmodell und Schadenerfahrung

(Schadensatz ‰) des GDV

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Dynamisches Klimamodell

2011-2100Zukunft

1997-2007Vergangenheit

Dynamisches Klimamodell

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Dynamisches Sturmschadenmodell der FU Berlin Aussagen zu künftigen Änderungen der Schäden durch Winterstürme möglich Relative Änderungen im A1B-Szenario 2071-2100 gegenüber simulierten

Schadensätzen 1961-2000 Änderungen gegenüber heute um bis zu 100%

Globales Klimamodell ECHAM5

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Dynamisches Sturmschadenmodell der FU BerlinDargestellt sind versicherte Jahresschäden der Referenz-periode und für die Zukunft bis 2100 unter dem A1B-Szenario. Drastische Verkürzung der Wiederkehrperioden1971-2000 vs. 2071-2100:20-jährliche Schäden werden zu 6-jährlichen Schäden 50-jährliche Schäden werden zu 9-jährlichen Schäden 100-jährliche Schäden werden 12-jährlichen Schäden

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Modellvalidierung

Dynamisches Sturmschadenmodell der FU Berlin Mit ECHAM5 simulierte Schäden der Referenzperiode und der Zukunft bis 2100:

Intensivierung der extremsten Stürme bei sonst relativ unverändertem Sturmgeschehen

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Überschwemmungen

Hochwasserschadenmodell des PIKUntersuchung von Hochwasser entlang von Fließgewässern, kein Starkregen, keine Sturzfluten5473 untersuchte Flussabschnitte in den Einzugsgebieten des Rheins, der Donau, der Elbe, der Weser und der Ems (88 % der Fläche der BRD)Eingesetzte Modelkette: globales Klimamodell ECHAM5–regionale Klimamodelle CCLM/REMO – hydrologisches Modell SWIM –Hochwasserschadenmodell HQ Kumul

Rhein

Donau

ElbeWeser

Ems

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Dynamisches Klimamodell

2011-2100Zukunft

1961-1990Vergangenheit

Dynamisches Klimamodell

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Modellvalidierung

Hochwasserschadenmodell des PIK Hydrologisches Modell SWIM gibt das beobachtetes Abflussverhalten gut wieder Hohe Übereinstimmung zwischen simulierten und beobachteten Abflüssen

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Dynamisches Klimamodell

2011-2100Zukunft

1961-1990Vergangenheit

Dynamisches Klimamodell

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Hochwasserschadenmodell des PIK Entwicklung des langjährigen Schadenniveaus: hydrologische Modellierungen in

verschiedenen Szenarien basierend auf CCLM- bzw. REMO-Klimadaten. Werte in Mio. EUR

Heute rechnen wir im Durchschnitt mit einem Schaden von 500 Mio. EUR pro Jahr durch Hochwasser.In Zukunft dürfte diese Schadenerwartung deutlich steigen. Aber auch hier zeigen sich deutliche Spannbreiten möglicher Entwicklungen

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Abgeleitete Schadenprojektionen

Hochwasserschadenmodell des PIK Mittlerer Schaden pro Wiederkehrintervall: Mittelwerte aus mehreren hydrologischen

Modellierungen. Werte in Mio. EUR

Hochwasserschäden, die heute alle 50 Jahre wiederkehren und einen Schaden von etwa 750 Mio. EUR verursachen, könnten in Zukunft mehr als doppelt so teuer werden.

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Zusammenfassung

Auswirkungen eines A1B-Szenarios auf die Schadensituation in der deutschen Versicherungswirtschaft Winterstürme

• Verkürzung der Wiederkehrperioden: Aus einem 50-jährlichen Ereignis kann künftig ein 10-jährliches Ereignis werden

• Intensivierung einzelner außergewöhnlich heftiger Stürme bei sonst nicht wesentlich verändertem Schadengeschehen

• Sturmschäden könnten bis 2100 um über 50% zunehmen Hochwasser

• Starkregen, Hochwasser und Überschwemmungen werden zunehmen• Aus einem 50-jährlichen Ereignis kann künftig ein 25-jährliches Ereignis werden• Überschwemmungsschäden könnten sich bis 2100 verdoppeln oder gar verdreifachen

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!