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PINK FLOYD THE WALL eBOOK MARTIN GEYER – 2386 – PINK FLOYD – THE PERFORMANCE HISTORY ‘Pink Floyd The Wall Live 1980/81’ – Die Show auf DVD/Blu-ray? Wird es jemals eine offizielle Konzertveröffentlichung der legendären ’Pink Floyd The Wall’-Konzerte aus den Jahren 1980 / 1981 geben? Diese Frage stellten sich die Fans der Gruppe schon seit sie damals glückliche Zeugen einer der spektakulären Aufführungen waren. Das persönliche Konzerterlebnis war einfach phänomenal, überwältigend, einzigartig, unbeschreiblich. Es wäre in den Augen vieler Konzertbesucher geradezu eine Schande eine solche Erfahrung nicht auch anderen Generationen bestmöglich zugänglich zu machen. Viele Fans hatten damals darauf gehofft, dass der von Roger Waters angekündigte Spielfilm zum ’The Wall’- Album ein Livekonzert der Band zeigen würde. In der Presse war zudem zu lesen, dass die zusätzlich angesetzte, zweite Konzertserie im Londoner ‘Earls Court‘ 1981 professionell gefilmt werden sollte. Das beförderte die Spekulationen in dieser Hinsicht. Wie sich herausstellte, sollte aber der Alan Parker Film von 1982 letztendlich kein Konzertfilm werden. Er hatte bei seiner Veröffentlichung einen reinen Spielfilmcharakter. Die ’The Wall’-Story, auch wenn sie inhaltlich auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu vermitteln war, gab aufgrund der strukturierten Konzeption den Verantwortlichen die Möglichkeit einen echten, erzählerischen Spielfilm zu entwerfen, dem die Musik des Albums später ausreichend inhaltliche Kraft verleihen sollte. Im eBOOK kann man an vielen Stellen – wie z. B. in Interviews mit dem britischen Regisseur Sir Alan Parker, mit dem Londoner Karikaturisten Gerald Scarfe, mit Komponisten Roger Waters etc. – nachlesen, wie schwierig es sich schließlich erwies, ein gemeinsames Produkt zu erschaffen, mit dem alle drei künstlerischen Hauptakteure – man könnte auch „Alphatiere“ sagen – zufrieden sein konnten. Die Ansichten waren teilweise maximal unterschiedlich. Den Streit darüber empfanden alle Beteiligten später als sehr anstrengend. Jeder hatte seine eigenen Vorstellungen vom endgültigen Produkt. Und so kam es, dass der Spielfilm letzten Endes kein einziges Segment der ’The Wall’-Liveshow enthält, und man sich eher auf eine sich abwechselnde Kombination von Realfilm und den sensationellen Animationen vom Albumdesigner Gerald Scarfe einigte. Das Ergebnis ist nichtsdestotrotz sehr beeindruckend, wegweisend, und hat inzwischen absoluten Kultcharakter. Und es bleibt in dieser Form vermutlich auch einzigartig. Auch wenn Roger Waters durchaus Kritik am finalen Ergebnis äußerte, so hat er mit dem abendfüllenden Film inzwischen offensichtlich seinen Frieden gemacht. Nachdem der Musikfilm 1982 in die Kinos gekommen war, waren die Hoffnungen auf einen reinen Konzertfilm nahezu komplett gesunken. Pink Floyd – und besonders Roger Waters – beschäftigten sich längst mit einem neuen Album und hatten damit offensichtlich einen Schlussstrich unter das ’The Wall’-Projekt gezogen. Was eine von den Fans immer wieder gewünschte Veröffentlichung der Liveshows als Konzertfilm betrifft, so muss man sich zunächst fragen, welches Material von den Konzerten überhaupt existieren könnte. Einige Hinweise dazu liegen vor, und ich möchte versuchen nachfolgend ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Hinsichtlich des Audiomaterials scheint die Frage verfügbaren Materials bereits beantwortet. Immerhin veröffentlichten Pink Floyd – mit Roger Waters‘ Einverständnis – Anfang 2000 (also fast zwei Jahrzehnte nach der Tournee) die Live-Aufnahmen der damaligen Konzerte als Doppel-CD und Deluxe-Ausgabe unter dem Namen ‘Is There Anybody Out There? – The Wall Live 1980-81‘. Als Quelle dienten dem Tontechniker und Produzenten James Guthrie die rund zwanzig Jahre alten, analogen Multitrack-Audioaufzeichnungen auf Magnetband aus der berühmten Londoner ‘Earls Court‘-Arena. Da diese, je nach Show und Song, unterschiedlich gut ausfielen, entschied er sich dafür, für jedes Lied nur das klanglich beste verfügbare Material zu verwenden. Dass es dabei trotzdem Kompromisse und Schwierigkeiten gab, erkennt man z. B. am deutlichen Rauschen bei den leisen Passagen im Song ‘Nobody Home‘. Sie konnten erst zwölf Jahre später mit einer weiteren technischen Überarbeitung und Optimierung im Zusammenhang mit der Veröffentlichung im Rahmen der ’The Wall Immersion’-Box noch etwas reduziert werden. Auch mit modernster Technik konnte Toningenieur James Guthrie also kein „perfektes“ Ergebnis mehr erzielen. Die originalen Magnetbänder der Liveaufzeichnungen hatten jahrelang unbeachtet im Archiv verbracht und wurden noch nicht einmal – wie man es bei einer optimalen Archivierung von Magnetbändern empfehlen würde – mindestens einmal pro Kalenderjahr umgespult um magnetische Kopiereffekte zwischen den einzelnen Lagen des Materials nach Möglichkeit vorzubeugen. Audiomagnetband besteht in der Regel aus einer langen, schmalen Folie aus Kunststoff, die mit einem magnetisierbaren Material unterschiedlicher Qualität beschichtet sein kann. Es ist daher sehr empfindlich gegen alle äußeren Einflüsse. Das Band ist zum Schutz auf Wickelkernen, sogenannten ‘Bobbys‘ oder Spulen aufgewickelt, oft auch in Kassetten eingebaut.

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PINK FLOYD – THE PERFORMANCE HISTORY

‘Pink Floyd The Wall Live 1980/81’ – Die Show auf DVD/Blu-ray?

Wird es jemals eine offizielle Konzertveröffentlichung der legendären ’Pink Floyd The Wall’-Konzerte aus den Jahren 1980 / 1981 geben?

Diese Frage stellten sich die Fans der Gruppe schon seit sie damals glückliche Zeugen einer der spektakulären Aufführungen waren. Das persönliche Konzerterlebnis war einfach phänomenal, überwältigend, einzigartig, unbeschreiblich. Es wäre in den Augen vieler Konzertbesucher geradezu eine Schande eine solche Erfahrung nicht auch anderen Generationen bestmöglich zugänglich zu machen.

Viele Fans hatten damals darauf gehofft, dass der von Roger Waters angekündigte Spielfilm zum ’The Wall’-Album ein Livekonzert der Band zeigen würde. In der Presse war zudem zu lesen, dass die zusätzlich angesetzte, zweite Konzertserie im Londoner ‘Earls Court‘ 1981 professionell gefilmt werden sollte. Das beförderte die Spekulationen in dieser Hinsicht.

Wie sich herausstellte, sollte aber der Alan Parker Film von 1982 letztendlich kein Konzertfilm werden. Er hatte bei seiner Veröffentlichung einen reinen Spielfilmcharakter. Die ’The Wall’-Story, auch wenn sie inhaltlich auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu vermitteln war, gab aufgrund der strukturierten Konzeption den Verantwortlichen die Möglichkeit einen echten, erzählerischen Spielfilm zu entwerfen, dem die Musik des Albums später ausreichend inhaltliche Kraft verleihen sollte.

Im eBOOK kann man an vielen Stellen – wie z. B. in Interviews mit dem britischen Regisseur Sir Alan Parker, mit dem Londoner Karikaturisten Gerald Scarfe, mit Komponisten Roger Waters etc. – nachlesen, wie schwierig es sich schließlich erwies, ein gemeinsames Produkt zu erschaffen, mit dem alle drei künstlerischen Hauptakteure – man könnte auch „Alphatiere“ sagen – zufrieden sein konnten. Die Ansichten waren teilweise maximal unterschiedlich. Den Streit darüber empfanden alle Beteiligten später als sehr anstrengend. Jeder hatte seine eigenen Vorstellungen vom endgültigen Produkt. Und so kam es, dass der Spielfilm letzten Endes kein einziges Segment der ’The Wall’-Liveshow enthält, und man sich eher auf eine sich abwechselnde Kombination von Realfilm und den sensationellen Animationen vom Albumdesigner Gerald Scarfe einigte. Das Ergebnis ist nichtsdestotrotz sehr beeindruckend, wegweisend, und hat inzwischen absoluten Kultcharakter. Und es bleibt in dieser Form vermutlich auch einzigartig. Auch wenn Roger Waters durchaus Kritik am finalen Ergebnis äußerte, so hat er mit dem abendfüllenden Film inzwischen offensichtlich seinen Frieden gemacht.

Nachdem der Musikfilm 1982 in die Kinos gekommen war, waren die Hoffnungen auf einen reinen Konzertfilm nahezu komplett gesunken. Pink Floyd – und besonders Roger Waters – beschäftigten sich längst mit einem neuen Album und hatten damit offensichtlich einen Schlussstrich unter das ’The Wall’-Projekt gezogen.

Was eine von den Fans immer wieder gewünschte Veröffentlichung der Liveshows als Konzertfilm betrifft, so muss man sich zunächst fragen, welches Material von den Konzerten überhaupt existieren könnte. Einige Hinweise dazu liegen vor, und ich möchte versuchen nachfolgend ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

Hinsichtlich des Audiomaterials scheint die Frage verfügbaren Materials bereits beantwortet. Immerhin veröffentlichten Pink Floyd – mit Roger Waters‘ Einverständnis – Anfang 2000 (also fast zwei Jahrzehnte nach der Tournee) die Live-Aufnahmen der damaligen Konzerte als Doppel-CD und Deluxe-Ausgabe unter dem Namen ‘Is There Anybody Out There? – The Wall Live 1980-81‘.

Als Quelle dienten dem Tontechniker und Produzenten James Guthrie die rund zwanzig Jahre alten, analogen Multitrack-Audioaufzeichnungen auf Magnetband aus der berühmten Londoner ‘Earls Court‘-Arena. Da diese, je nach Show und Song, unterschiedlich gut ausfielen, entschied er sich dafür, für jedes Lied nur das klanglich beste verfügbare Material zu verwenden. Dass es dabei trotzdem Kompromisse und Schwierigkeiten gab, erkennt man z. B. am deutlichen Rauschen bei den leisen Passagen im Song ‘Nobody Home‘. Sie konnten erst zwölf Jahre später mit einer weiteren technischen Überarbeitung und Optimierung im Zusammenhang mit der Veröffentlichung im Rahmen der ’The Wall Immersion’-Box noch etwas reduziert werden. Auch mit modernster Technik konnte Toningenieur James Guthrie also kein „perfektes“ Ergebnis mehr erzielen.

Die originalen Magnetbänder der Liveaufzeichnungen hatten jahrelang unbeachtet im Archiv verbracht und wurden noch nicht einmal – wie man es bei einer optimalen Archivierung von Magnetbändern empfehlen würde – mindestens einmal pro Kalenderjahr umgespult um magnetische Kopiereffekte zwischen den einzelnen Lagen des Materials nach Möglichkeit vorzubeugen. Audiomagnetband besteht in der Regel aus einer langen, schmalen Folie aus Kunststoff, die mit einem magnetisierbaren Material unterschiedlicher Qualität beschichtet sein kann. Es ist daher sehr empfindlich gegen alle äußeren Einflüsse. Das Band ist zum Schutz auf Wickelkernen, sogenannten ‘Bobbys‘ oder Spulen aufgewickelt, oft auch in Kassetten eingebaut.

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Tatsächlich waren die wertvollen Bänder durch die achtlose, unüberlegte, sehr einfache Lagerung stark in Mitleidenschaft gezogen worden und hatten sich – Berichten zufolge – teilweise sogar stark „verklebt“. Sie mussten u. a. aufwändig mit Hilfe professioneller Erwärmung restauriert werden. Man muss wohl kaum erwähnen, dass dies ein extrem schwieriger und problematischer Prozess ist, da das Material auf die Erwärmung sehr empfindlich reagiert und seine magnetischen Eigenschaften ebenfalls darunter leiden können. Übrigens verliert sich die magnetische, analoge Information auf Band ohnehin im Laufe der Zeit, dies ist selbst im Rahmen bester Lagerungsbedingungen und nur minimaler Beanspruchung nicht zu verhindern.

Nun, James Guthrie ist es zu verdanken, dass wir heute zumindest über akzeptables Live-Audiomaterial verfügen, auch wenn er einige musikalische Kürzungen vornahm. Bei einer Planung zur Veröffentlichung des Videokonzertmaterials könnte dies als eine gute Basis für den Klang dienen. Hier dürfte also nicht das größte Problem liegen. Ein entsprechend geschulter Tontechniker, vielleicht sogar James Guthrie selbst, wird das Bildmaterial damit recht gut hinterlegen können. Vermutlich könnte man sogar noch auf Audio-Segmente zurückgreifen, die Guthrie damals zwar aufbereitet, schlussendlich nicht verwendet hat.

Die wesentlichere Frage ist damit wohl, welches Bildmaterial wurde 1980 / 1981 überhaupt aufgezeichnet und ist heute noch vorhanden, könnte also für eine solche Bearbeitung genutzt werden.

Nun, schon in den Neunzigern des vergangenen Jahrhunderts tauchte in Fankreisen eine VHS-Kassette auf, die eine Aufzeichnung aus dem ‘Nassau Coliseum‘ auf Long Island, New York vom 27. Februar 1980 zeigt. Das Bildmaterial war jedoch grauenvoll schlecht: Größtenteils massiv unterbelichtet, Zeilensprung-gebeuteltund mit vielen Streifen, Aussetzern und Blitzern durchzogen, die von mangelhaftem, billigem Bandmaterial, schlechten Videorekordern und mehrfachem Kopieren herrühren konnten. Es schien mindestens die Zweit-oder Drittkopie einer einfachen VHS-Mono-Aufzeichnung zu sein.

Woher kam dieses Material? Wer hatte es ursprünglich aufgezeichnet und in welchem Auftrag? Warum war es nur in dieser schlechten Fassung inoffiziell unter Fans erhältlich? Viele Fragen, die im Laufe der Zeit einige Antworten erhalten sollten.

Wie sich herausstellte, war die US Aufnahme nicht von Pink Floyd oder Roger Waters initiiert oder beauftragt worden. Sie war auf die Bitte eines lokalen Fernsehsenders zurückzuführen, das Konzert aufzeichnen zu dürfen, um es später im TV zu senden. Daher wurden auch keine hochwertigen „Spielfilmkameras“ verwendet, die auf hochwertigen Filmmaterial aufzeichnen, sondern es kamen elektronische Fernsehkameras des Studios zum Einsatz, die das Geschehen auf Magnetband festhielten – ähnlich derer, die bei anderen Gelegenheiten zum Beispiel die Sportübertragungen aus der Arena auf Long Island im TV übertrugen.

Es hat sich später jedoch gezeigt, dass die Lichtverhältnisse bei der ‘The Wall‘-Show von Pink Floyd bei Weitem nicht mit der starken, hellen Hallenbeleuchtung solcher Sportevents vergleichbar waren. Einigen unbestätigten Quellen zufolge hatte man damals auch schlichtweg vergessen die Objektive der Kameras gegen geeignete Versionen auszutauschen. Das Ergebnis der Bemühungen war qualitativ so enttäuschend, dass sich die Verantwortlichen des Senders dazu entschlossen haben, das Material doch nicht zu senden.

Dazu sollte man anmerken, dass ein Rockkonzert ohnehin schwieriger aufzuzeichnen ist, da die Halle überwiegend unbeleuchtet bleibt und nur das Geschehen auf der Bühne für ausreichend Licht sorgen kann. Mit Blick auf die ’The Wall’-Konzerte kam hinzu, dass hier das Licht noch einmal insgesamt reduzierter verwendet wurde, besonders während des zweiten Teils der Show. Zu diesem Zeitpunkt ist die titelgebende Mauer aus weiß beschichteten Pappsteinen komplett aufgebaut und die Bühne wird vorwiegend mit zwei parallel zur Mauer positionierter Beleuchtungstrauben, die an der Hallendecke montiert waren, ausgeleuchtet. Die Mauer selbst wird während dieses Showteils immer wieder mit drei parallel positionierten, herkömmlichen Kinoprojektoren zum Leben erweckt, auf der dann die Trickfilme von Gerald Scarfe wie auf einem Triptychonzu sehen sind. Das Umgebungslicht musste daher insgesamt noch einmal geringer ausfallen, als bei anderen Konzerten üblich. Die Art der Projektion war damals die Bestmögliche, obwohl die originäre technische Konzeption der Projektoren für eine solche Nutzung gar nicht optimal geeignet war. In einem Kino herrscht –im Gegensatz zu einem Konzert – absolute Dunkelheit und der Abstand zur Projektionsfläche – und somit die erforderliche Lichtstärke – ist für den speziellen Raum klar definiert. Beim ‘The Wall‘-Konzert kamen also viele störende Umgebungseinflüsse hinzu, an die sich zwar das Auge des Zuschauers vor Ort anpassen kann, elektronische Fernsehkameras damaliger Qualität jedoch nur sehr bedingt. Die Herausforderung für die Kameras kann man vielleicht insofern verdeutlichen, als wäre die Aufgabe eine gute Bildqualität von der Vorführung eines Films in einem Autokino im TV zu übertragen. Dafür waren die Geräte damals jedoch einfach nicht ausgelegt. Die Belichtung war faktisch über große Strecken inakzeptabel dunkel, Details nicht zu erkennen und das Konzerterlebnis konnte auf diese Weise einfach nicht adäquat transportiert werden.

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Der ein oder andere Leser wird sich vielleicht fragen, ob eine TV-Aufzeichnung aus Verwertungssicht und Copyrightgründen überhaupt eine gute Idee gewesen wäre. Es kann aber angenommen werden, dass die Ausstrahlung des ’The Wall’-Konzertes im amerikanischen Fernsehen in diesen Jahren, nach Abschluss der dortigen Live-Aufführungen, vermutlich keinen bedeutenden negativen finanziellen Einfluss auf die weiteren Konzertplanungen – z. B. im Londoner ’Earls Court’ des gleichen Jahres – haben würden. Kontinental-übergreifendes Satellitenfernsehen war Anfang der 1980er Jahre für die breite Masse noch nicht möglich. Auch eine Verbreitung entsprechender Aufzeichnungen auf den damals gerade erst verfügbaren Video-systemen ‘VHS‘ oder ‘Betamax‘, war durch die unterschiedlichen weltweit genutzten TV-Normen (PAL, SECAM und NTSC) unwahrscheinlich. Es gab darüber hinaus weder das Internet, noch leistungsfähige Computer in Privatnutzung, noch digitale Dateiformate. So betrachtet, gab es für Roger Waters und Pink Floyd keinen triftigen Grund sich gegen eine spätere Ausstrahlung des Konzertes im amerikanischen TV zu stellen.

Das Videoband, welches von dieser Aufzeichnung im privaten Umfeld der Fans existiert, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eine VHS-Kopie, die möglicherweise ein damaliger Studiomitarbeiter – und potenzieller Pink Floyd-Fan (?) – ohne Genehmigung und vermutlich illegal privat gezogen hat. Von diesem VHS-Band wurden – wie berichtet – weitere Kopien erstellt, sodass die Qualität mit jeder weiteren Generation abnahm. (Wer in der Vergangenheit Videobänder kopiert hat, weiß wovon ich spreche).

Als Mitte der neunziger Jahre das private Brennen von CD’s und DVD’s möglich wurde, verbreitete sich das Material weiter. Es war eben das einzig verfügbare Dokument über die ’The Wall’-Konzerte von Pink Floyd, die inzwischen zum Kult geworden waren, und die hinsichtlich Konzeption, Aufwand und Komplexität von keinem anderen Künstler oder einer anderen Band in den Schatten gestellt werden konnten. Weiterhin galten die teuer produzierten ‘The Wall‘-Konzerte aus den Achtzigern als das Non plus ultra einer multimedialen Show.

Inzwischen ist das Material seit Jahren auch im Internet verfügbar und einige Fans haben mit aktuellen Hard-und Software-Mitteln eine recht ansehnliche Version erstellt, die teilweise sogar das ‘Is There Anybody Out There?‘-Audiomaterial verwendet. (Die VHS-Technik der damaligen Zeit war noch nicht mal in der Lage in Stereo aufzuzeichnen. Solche Möglichkeiten kamen erst 1982/83 im Konsumenten-Segment auf.) Trotzdem bleibt diese Version wohl letztendlich das, was es ist: eine illegale, sehr schlechte Kopie einer ohnehin schon schlechten analogen TV-Videoaufzeichnung.

Das Originalmaterial des amerikanischen TV-Senders wird vermutlich deutlich besser sein. Die Öffentlichkeit hatte bisher jedoch keine Möglichkeit die Aufzeichnung in Augenschein zu nehmen. Da Roger Waters die kompletten Rechte an ‘The Wall‘ besitzt, ist es nicht auszuschließen, dass er persönlich über das Masterband oder eine professionelle Kopie davon verfügt. Ganz sicher ist auch das nicht. Insofern muss man darauf hoffen, dass inzwischen einem möglichen weiteren Verfall des TV-Materials zumindest durch eine digitale Kopie vorgebeugt werden konnte. Die hochfrequenten, analogen Videosignale sind auf dem dünnen Magnetband noch mal deutlich anfälliger für Qualitätsverluste als herkömmliche Audiosignale.

Neben der oben erwähnten TV-Aufzeichnung, gibt es auch Videoaufzeichungen von den Shows im ’EarlsCourt’ des gleichen Jahres, die qualitativ besser gelungen zu sein scheinen. Die Belichtung ist deutlich besser, es gibt mehr Nahaufnahmen und auch die Farbdarstellung ist natürlicher. Trotzdem bleibt auch das eine reine Magnetbandaufzeichnung und damit ist die Auflösung des Bildmaterials entsprechend der Norm begrenzt.

Die größten Hoffnungen für gutes Ausgangsmaterial, gründen sich auf die knapp ein Jahr später produzierten Filmaufnahmen von Sir Alan Parker in der gleichen Arena: Die zweite Konzertserie in London im Juni 1981 wurde ursprünglich nur angesetzt, um den Regisseur in die Lage zu versetzen, beim Konzert mit hochwertigen Spielfilmkameras im 35mm-Format zu arbeiten. Dort wurde bei den Aufzeichnungen auch insgesamt für mehr Licht gesorgt um z. B. auch das Publikum zeigen zu können. Parker hat in Interviews jedoch darüber berichtet, dass sich das Publikum durch die grelle Beleuchtung und die Arbeiten seiner Filmcrew sehr gestört fühlte, obwohl man dort nicht die gesamte Show aufgenommen hat, sondern nur die Teile, die ursprünglich in den geplanten Spielfilm Einzug halten sollten. David Gilmour hatte berichtet, dass sogar nur drei Songs aufgenom-men wurden. Somit ist es nahezu ausgeschlossen, dass im Ergebnis auch nur ein einziges der insgesamt 31 ’The Wall’-Konzerte von Pink Floyd 1980/81 vollständig auf Filmnegativ festgehalten wurde. Dies reduziert die Hoffnungen auf eine komplette Veröffentlichung des Konzertes in durchgehend guter Qualität.

Es gab Gerüchte, dass nach dem Tod des Pink Floyd Managers Steve O’Rourke im Jahr 2003 weiteres ’TheWall’ Filmmaterial in seinem Nachlass entdeckt wurde und auf das Roger Waters anschließend Anspruch erhob. Inwieweit dies korrekt ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Fest steht, dass sich Waters mit O’Rourke zuvor überworfen hatte. O’Rourke hatte Waters 1986 sogar wegen zurückgehaltener Tantiemen ver-klagt. Durchaus möglich, dass O’Rourke Waters danach das Filmmaterial nicht pro-aktiv aushändigen wollte.

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In Interviews mit Beteiligten wird berichtet, dass Roger Waters seiner Crew in Vorbereitung auf seine eigene ‘The Wall Live‘ Tournee 2010-2013 im privaten Umfeld Material von den originalen Pink Floyd-Shows gezeigt haben soll. Die Fragen sind, welches Material wurde hierfür genutzt und wie gut war die Qualität? Offensichtlich verfügt Waters zumindest über eine entsprechende DVD.

Der Schöpfer von ’The Wall’ hat sich schon mehrfach dazu geäußert, dass er persönlich das ‘The Wall‘-Konzertfilmmaterial – im aktuellen Zustand – als für eine Veröffentlichung ungeeignet einstuft. Es müsse mindestens mit heutigen, modernen und professionellen Mitteln digital überarbeitet werden. Bisher hat er sich – nach meinem Kenntnisstand – jedoch noch nirgendwo dazu geäußert, ob dies zwischenzeitlich beauftragt wurde, ob daran gearbeitet wird oder ob die Aktivitäten sogar abgeschlossen werden konnten.

Bei der Ausstellung ‘Pink Floyd – Their Mortal Remains‘ im Londoner ’V&A Museum’ wurde ein kurzes, etwa eineinhalbminütiges Video aus den originalen Pink Floyd-Shows 1981 gezeigt, welches ‘The Happiest Days Of Our Live‘ und den Start von ‘Another Brick In The Wall, Part II‘ in recht guter Qualität zeigt. Zuvor war das Material bereits auf Disk 7 der ‘The Wall Immersion Box‘ unter dem Titel ‘Original Film Clips (1980 – 1981 Tour)‘ im Februar 2012 veröffentlicht worden. Dabei soll es sich um das von Parker professionell aufgenom-mene Material vom 13. Juni 1981 handeln. Möglicherweise ist dies zudem der Versuch einer digitalen Überarbeitung von vorhandenem Live-Material. Auffällig ist, dass die Szenen aus dem ersten Akt der Show stammen, also dem Teil der Show bei dem die Bühne gut beleuchtet ist – demnach also ein für das Unterfangen erfolgversprechender Ausschnitt.

Grundsätzlich anzumerken ist, dass es technisch weit schwieriger ist, eine Videoaufzeichnung auf Magnetband qualitativ zu verbessern, als eine echte Filmaufnahme. Der Rahmen dieses Artikels erlaubt nur eine grobe Erläuterung des Problems, aber im Grunde erklärt sich die Problematik – vereinfacht gesagt – durch die Auflösung des Filmbildes: Eine Videoaufzeichnung aus diesen Jahren besitzt beispielsweise eine definierte, recht geringe Zeilenanzahl: 625 Zeilen/25 Bildwechsel pro Sekunde im PAL-Format oder 525 Zeilen/30 Bildwechsel pro Sekunde im NTSC-Format. (VHS kann übrigens nur 220 bis 240 Zeilen aufzeichnen.) Es ist zwar möglich diese Anzahl digital zu vergrößern, also hochzurechnen (Interpolationsverfahren), und auf dieseWeise eine scheinbar bessere Auflösung zu generieren, gleichzeitig erlauben es komplexe Algorithmen inzwischen auch die geometrische Form von Bildinhalten sinnvoll zu berücksichtigen (damit aus einem kleinen Quadrat bei der Hochrechnung nicht plötzlich ein Quadrat mit abgerundeten Ecken oder schlimmer vielleicht sogar ein kreisförmiges Objekt wird), trotzdem muss man bedenken, dass das Ergebnis immer nur ein Künstliches sein kann. Ein echtes Filmbild (35mm oder größer) hat demgegenüber schon eine massiv größere physikalische Auflösung, auch wenn die konkreten Auflösungswerte von verschiedenen Filmtypen abhängig sind. Hier hat man inzwischen jedoch die Möglichkeit jedes Filmbild z. B. mit 8k abzutasten. Bei einem 4:3 Seitenverhältnis wären das 6.144 Zeilen, bei einem Seitenverhältnis von 16:9 immer noch 4.320 Zeilen. Und selbst diese hohe Abtastungsauflösung würde in den meisten Fällen die Möglichkeiten eines analog aufgenommenen Filmbildes noch nicht an die Grenzen bringen können. Man kann sich leicht vorstellen, dass eine digitale Nachbearbeitung und die Bildverbesserungsmöglichkeiten bei einer Quelle mit einer Auflösung von 4.320 Zeilen oder mehr deutlich erfolgversprechender, präziser und schärfer erfolgen kann, als wenn dafür lediglich 525 Zeilen – also nur rund ein Achtel – zur Verfügung stehen.

Ich bin persönlich davon überzeugt, dass es in Waters‘ Archiv entsprechende Materialien gibt. Und zwar so-wohl Video- als auch Filmaufzeichnungen, denen sich vermutlich nur jemand annehmen müsste. Und mit gros-ser Wahrscheinlichkeit müssten ein paar Millionen Dollar in die professionelle Restaurierung gesteckt werden.

Die eher grundsätzliche Frage ist, ob Roger Waters daran überhaupt ein echtes Interesse hat! Nach meiner persönlichen Einschätzung vermutlich eher nicht. Er selbst scheint mit dem aktuellen Material seiner ’The Wall Live’-Tour aus den Jahren 2010 bis 2013 künstlerisch sehr viel glücklicher. Von diesen insgesamt 219 Konzerten gibt es hervorragendes, professionelles Material, welches er sogar Ende 2014 im Rahmen eines dokumentarischen Spielfilms in die Kinos brachte und etwas später auch auf DVD / Blu-ray veröffentlichte. Zum Leidwesen vieler Fans hatte Waters aus dem Material jedoch keinen reinen Konzertfilm erstellt, sondern dort – inhaltlich zwar durchaus passend – Filmbilder eines Roadtrips zu seinen Ahnen einfließen lassen. Er hat damit zwar einen neuen, innovativen Weg beschritten, der dem Kontext des Showinhaltes durchaus gerecht wird, gleichzeitig aber in Kauf genommen, dass der Zuschauer, trotz geschickter Übergänge, immer wieder aus der eigentlichen Konzertsituation herausgerissen wird, und dass sogar auf einige wenige Showelemente –wie beispielsweise der Beginn der Live-Show mit dem Intro – gänzlich verzichtet werden musste.

Es sieht so aus, als ob sich Roger Waters – neben seiner politischen Arbeit – ohnehin lieber mit anderen Dingen beschäftigt. Grundsätzlich liegt es ihm wohl eher, sich für Neues zu interessieren und dem Historischen wenig oder kaum Beachtung zu schenken. Ein Ausweis dessen sind seine diesbezüglichen

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Äußerungen anlässlich der ‘Pink Floyd – Their Mortal Remains‘-Aktivitäten von Nick Mason. Er hat zwar die Ausstellungsidee und seinen Weggefährten unterstützt, einige interessante Exponate beigetragen, und der Ausstellung sogar den Namen gegeben – eine Textzeile in Bezug auf die Lyrics aus dem ‘The Wall‘-Song‘Nobody Home‘ – aber insgesamt hat er alles Andere komplett Nick Mason überlassen. Es ist weder Sammler noch Archivar noch Kurator – diese Bezeichnungen treffen wohl eher auf den Drummer Nick Mason zu.

Es steht daher weiterhin in den Sternen, ob die Pink Floyd-Fans irgendwann in den Genuss der legendären ’The Wall’-Konzerte aus den Achzigern in Form einer ansprechenden Veröffentlichung auf DVD und/oder Blu-ray kommen. Auch wenn die Hoffung – selbst in diesem Fall – zuletzt sterben sollte, so kann man damit wohl leider kaum rechnen. Vielleicht werden seine Erben darüber später entscheiden.

Wie schwierig und langwierig es sein kann eine Restauration zu finalisieren kann man übrigens auch an der geplanten 5.1 Audio-Abmischung von ‘The Wall‘ erkennen, die der Tontechniker James Guthrie angekündigt hat, um den Spielfilm von Sir Alan Parker auf Blu-ray zu veröffentlichen. Schon Ende 2011 hatte Nick Mason in einem Interview erstmals bestätigt, dass James Guthrie an einem solchen 5.1 Mix arbeitet. Es würde – so Mason damals – aber sicherlich noch geraume Zeit in Anspruch nehmen, weil die Multitrack-Bänder nicht in besten Zustand wären, und zunächst überarbeitet und optimiert werden müssten. Zudem habe Guthrie auch noch andere Projekte mit denen er ausreichend beschäftigt wäre. 2015 bestätigte Guthrie dann in einem eigenen Interview, im Zusammenhang mit der bevorstehenden 5.1 Veröffentlichung von Roger Waters’ drittem Solo-Album ’Amused To Death’, dass er bald mit dieser Arbeit beginnen würde. Bis heute, Anfang 2019, ist das Thema jedoch nicht wieder in den Medien aufgetaucht und augenblicklich wird deutlich, dass er sich zunächst das ’Animals’-Album von Pink Floyd vorgenommen hat, dessen 5.1-Veröffentlichung im Laufe des Jahres 2019 erwartet werden kann. Somit müssen wir wohl auch noch etwas länger auf eine HD-Version des einzigartigen Alan Parker Spielfilms warten.

Ein kleiner Hinweis zum Schluss: Es gibt zwar in einigen Ländern eine Blu-ray mit dem Spielfilm ’Pink Floyd –The Wall’ , dabei handelt es sich aber nicht um eine neue, hochauflösende Abtastung, sondern um eine digital hochgerechnete Version der DVD. Ein Kauf macht also keinen Sinn, jeder Blu-ray-Player kann dies mit der herkömmlichen DVD im eigenen Heim kostenlos erledigen.Martin Geyer – Stand: Dezember 2018

Zum Vergleich:Links: Pink Floyd The Wall Live At ‘Nassau Coliseum‘, NY, USA, 1980Rechts: Pink Floyd The Wall Live At ‘Earls Court‘, London 1981Unten: Clip ‘Pink Floyd TheWall Live‘ aus der ‘ImmersionBox The Wall‘ von 2012