Pionier am K2 – Jules Jacot Guillarmod

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PIONIER AM K 2 J U L E S J AC O T G U I L L A R M O D Entdecker und Fotograf im Himalaya · 1902–1905 Charlie Buffet

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1902 versuchte eine internationale Expedition die Erstbesteigung des K2, des damals bekanntenhöchsten Berges der Welt. Jules Jacot Guillarmod dokumentierte mit seinen Fotos die wagemutigenMänner bei ihrem Versuch, sich diesem riesigen, noch unbekannten Berg zu stellen. Durch diegegensätzlichen Auffassungen des englischen Exzentrikers Aleister Crowley und des seriösen Schweizer Arztes Jules Jacot Guillarmod nahm die Expedition einen dramatischen Verlauf.

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P I O N I E R A M K 2J U L E S J A C O T G U I L L A R M O D

Entdecker und Fotograf im Himalaya · 1902–1905

Charlie Buffet

Urs
Leseprobe
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Charlie Buffet

Aus dem Französischen übersetzt

von Ruedi Meier

P ION I E R A M K 2J U L E S J A C O T G U I L L A R M O D

Entdecker und Fotograf im Himalaya · 1902–1905

A S V E R L A G

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© Musée de l’Elysée, Lausanne

© Bibliothèque de la Ville, La Chaux-de-Fonds

www.as-verlag.ch

© AS Verlag & Buchkonzept AG, Zürich

Gestaltung: Urs Bolz, Zürich

Druck und Einband: Kösel GmbH & Co. KG, Altusried-Krugzell

ISBN ----

Wir danken allen Institutionen, die mit ihrer Unterstützung

die Realisierung dieses Buches ermöglicht haben:

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Inhalt

Vorwort von Sam Stourdzé 6

Einführung · Ein Tagebuch 9

1889–1902 · Die Einladung zum Reisen 13

1902 · Das Licht des K2 25

Begegnung mit Aleister Crowley 32

Verschlossene Türen unter einem Achttausender 63

Die Schwefelquelle 94

(Auszüge aus dem Tagebuch von Jules Jacot Guillarmodund den «Bekenntnissen» von Aleister Crowley)

1905 · Die Schatten des Kangchenjunga 103

Epilog · Sympathy for the Devil 137

Chronologische Bezugspunkte 146

Biografie und Bibliografie 150

Dank 152

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EinführungEin Tagebuch

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JULES JACOT GUILLARMOD (–) begann am . Ja-

nuar mit der Führung seinesTagebuches, sechsTage

nach seinem . Geburtstag. In den ersten Wochen gab

es einige Lücken, dann aber kannte das Uhrwerk keine

einzige Panne mehr. Jeden Tag seines Lebens hat Jules

seine Tätigkeiten beschrieben. Seine Sätze waren kurz,

telegrammartig. Oft fehlte ein Subjekt, fast immer eine

Erregung.

Jules Jacot Guillarmods Tagebuch eröffnet uns den

Alltag eines Jünglings des Neuenburger Bürgertums

Ende des . Jahrhunderts. Im Januar folgen sich

verschneite Tage, Jules geht Schlittschuh laufen im ge-

frorenen Grossen Moos, oder er geht «beudjer», das

heisst mit dem Schlitten vereiste Wege befahren. Der

kleine Riekel wird geboren. Jules übersetzt Titus-Livius,

holt sich blaue Flecken amKnie, lernt die ersten Ver-

se des dritten Gesangs der «Odyssee». Er arbeitet viel,

schindet sein Latein, büffelt die Physik, wiederholt seine

Philosophie, kritzelt ganze Seiten voll mit Gleichungen

oder griechischen Themen. Der Frühling kommt, er

spielt Fussball, der kleine Riekel stirbt.

In einem so wenig intimen Tagebuch sind es oft die

Schatten der Ereignisse, die sie erkennbar werden lassen.

Jules hat Rappen ausgegeben für das Schleifen seines

Rasiermessers, also hat er begonnen, sein Kinn zu rasie-

ren (bald wird er Bart oder Schnurrbart tragen, wie es

bei heranwachsenden Jungen der Brauch ist). Im Som-

mer seiner zwanzig Jahre verliert Jules seinen Vater.

Er ist bereits Medizinstudent in Lausanne. Er notiert

in seinem Tagebuch, dass ein Adressverzeichnis ausge-

liehenwurde, umdieAnzeigen zu versenden.Amnächs-

ten Tag sagt ihm der Arzt, dass «Papa seinen Niedergang

begonnen habe». Am übernächsten Tag: «Habe meine

schwarzen Kleider gebürstet.»

Jeden Tag, lückenlos, notiert Jules Jacot Guillarmod

die Summe der Details, Wegstrecken, Einkäufe, Begeg-

nungen, Entspannungsmomente, die sein Leben aus-

machen. Alle Tage! Ich habe nur eine einzige Ausnahme

gefunden.Er hat den . Juli übersprungen:Die lan-

ge Zugsreise von Bombay nachKalkuttamuss besonders

ermüdend gewesen sein.

Das Tagebuch einmal lanciert, tickt es ohne Unter-

bruch. Zu Beginn des letzten Jahrzehnts des . Jahr-

hunderts ist Jules Student des Collège latin von Saint-

Blaise bei Neuenburg. Der See gliedert sein Leben,

Gewitternächte,Wellentage. «War schwimmen am Ende

des Hafendamms.» Er geht auf Schifffahrt mit seinem

Freund Hänni, der in Kürze die Welt umschiffen wird,

bis zu den Kanaken.An Bisentagen zeichnen sich die Al-

pen am Horizont ab, jenseits des Sees. Die Jungfrau im

Osten, auf der Abendseite der einsame Mont-Blanc. Ich

stelle mir vor, dass Jules sie anschaut, wie man atmet

(in seinemTagebuch findet sich oft «chiques vues»). Sein

Vater, denselben Vornamen tragend wie er, ist ein ge-

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«wirklich liebenswürdig» und sehr an den Fotos vom

Mont-Blanc interessiert. Er empfängt ihn während

½ Stunden und öffnet ihm die Türen der guten Pa-

riser Alpinistenkreise. Jules benützt alle, geht überall

hin, wo er Informationen sammeln kann für das Pro-

jekt, das zweifelslos in den Gesprächen mit Hänni,

noch in der vollen Begeisterung seiner Weltreise,

auf dem Schiff gekeimt hat. Die Berge Zentralasiens

nehmen Jules Jacot Guillarmods Geist in Besitz. Der

Himalaya ruft ihn.

Jules kauft Federn, Tinte, und besucht alle Biblio-

theken, wo es irgendwelche Berichte zu ergattern,

irgendwelche Karten zu kopieren gibt… Am ersten

Tag sieht er ein, dass er ohne Englischkenntnisse nicht

zum Ziel kommt, somit packt er es an mit einer täg-

lichen Lektion.

Am . Dezember («Schön, Barometer steigt») leiht

er sich einen schwarzen Anzug aus für das Bankett des

Alpenclubs. Eine Veranstaltung «X-Strahlen-Abend»

findet dort statt. Bevor er zu seinem Geburtstag, mit

Weihnachten zusammenfallend, über den Jura zu-

rückkehrt, legt Jules die Verabredungen für die Fort-

setzung seines PariserAufenthaltes fest.DerAlpenclub

fragt ihn an für einen Vortrag über das Mont-Blanc-

Massiv. Joseph Vallot, Gelehrter und Mont-Blanc-

Liebhaber, lädt ihn nach Hause ein. Vallot und Jacot

Guillarmod sind einander ähnlich: Beide sind typische

Gelehrte des . Jahrhunderts, zwei ehrliche Männer,

fähig, die Geschichte eines Gletschers zu «lesen», in-

dem sie die Form seiner Moränen beobachten, die

atmosphärischen oder kosmologischen Phänomene

zu deuten und nebenbei eine botanische oder zoolo-

gische Klammer zu öffnen…

Wie an jedem Jahresende macht Jules Jacot Guill-

armod stolz die Aufzählung seiner Bergtouren. Es sind

über m, über m und über m.

Es ist klar, dass er sich nichtmit mbegnügenwill.

NACH DEN FESTTAGEN wird Jules Jacot Guillarmod

immerweniger durch dieKurse der PariserKoryphäen

aufgehalten. Am . Januar gibt er seinen Vortrag im

Alpenclub, nach einem «vorzüglichen Mahl» und

einem schwarzen Kaffee, in einem Saal, wo er sei-

neMont-Blanc-Panoramen aufgehängt hat – « Stun-

den ohne Unterbruch, und Zuhörer ohne mit der

Wimper zu zucken. Nicht zu schlecht gesprochen.»

Auf dem Salève.

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Joseph Vallots Ball findet in seinem Privathaus statt.

Jules erstarrt angesichts der Dekoration einer der Säle,

ein chinesischer Salon, von dem der Gelehrte eine

Replik im Observatorium installiert hat, das er auf

dem Bosses-Grat auf m hat bauen lassen.

Im Februar versucht er dem Prozess Emile Zolas

beizuwohnen, dem eigentlichen Beginn des «Falls

Dreyfus», aber der Andrang ist so gross, dieMenge der

Gaffer so elektrisch, dass es ihm nicht gelingt, in den

Audienzsaal einzutreten.

Jules suchtdieRevueLeTourdumondebeidenAnti-

quaren des Quai de la Seine. Er liebt die überspannten

Berichte dieser barfüssigen Pilger über alles, zurück

aus dem Dschungel Guyanas, die garantiert wahrhaf-

tigen Zeugnisse dieser Namenlosen, welche die Kan-

nibalen der letzten weissen Flecken der Landkarten

geduzt haben. DieWeltreise…Da er nie genug findet,

schliesst sich Jules während Stunden in der National-

bibliothek ein, um alte Nummern dieser Revue zu

verschlingen. Und am Abend, unermüdlich, geht er

ins Théâtre du Châtelet, um die Aufführung aus Jules

Verne zu sehen (aber die «veraltete Inszenierung» der

Reise um die Welt in Tagen enttäuscht ihn).

Seine eigeneWelt,das sinddieRiesenZentralasiens.

Der Traummuss ein Expeditionsprojekt werden. Jules

schreibt an Mathias Zurbriggen, einer der «höchsten

Menschen» der Erde, seit er den Aconcagua mit

beinahe m bestiegen hat: Der kleine Bergführer

bereitet eine Expedition vor zum fernen Karakorum-

Massiv, am westlichsten Ende des Himalayas.

Eine Zeit lang hofft Jules, einen Platz in der Expe-

dition eines gewissen Fitzgerald zu finden, aber da er

mit einer Absage rechnet, versucht er seine eigene

Unternehmung aufzubauen. Sein Freund Hertig, der

Gerichtsarzt, der den Mont-Blanc bestiegen hat, wird

ihn begleiten. Der Prinz Roland Bonaparte, ein sehr

reicher Geograf, empfängt ihn «sehr kärglich» in

seinem Privathaus der Avenue d’Iéna und verspricht

ihm seine Empfehlung.

Ein regelmässiger Kontakt bahnt sich an mit einem

Clubisten, der in Tibet war, Monsieur de Saint-Yves.

Jules besucht ihn in Marseille und kommt begeistert

zurück: «Grosse Freude, meinen zukünftigen Beglei-

ter anzuhören.» Jules hat dessen Reiseplan kopiert

und Einzelheiten der Expedition diskutiert.Himalaya,

wir kommen!

Vor dem Sonnenaufgang auf

dem Salève.

«Mein Auto».

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LINKE SEITE: Zwischenhalt auf

der Schiffsreise von Venedig

nach Bombay.

LINKS: Bombay: Der

«Ausrufer» und sein Diener.

UNTEN: Vorbereitung der

Abreise in Srinagar.

Die Expedition geduldet sich

drei Wochen im «Venedig

des Kaschmir».

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MAN BENÖTIGT DREI WOCHEN VON VENEDIG NACH

DELHI via Bombay. Am . März , im Zug durch

die Ganges-Ebene, entdeckt Jules Jacot Guillarmod

sehr aufgeregt Indien. «Mit Pfannl, jeder auf seiner

Seite,überwachtmanundverständigt sich gegenseitig»,

schreibt er. Im Bahnhof Delhi steigt der letzte Expe-

ditionsteilnehmer zu:Aleister Crowley, englischer Poet,

Jahre.

Bei jeder neuen Begegnung mit Expeditionskame-

raden hat Jules Jacot Guillarmod seine Eindrücke im

Tagebuch notiert. Er war entzückt von Oscar Ecken-

stein, verblüfft von der Begeisterung des athletischen

Pfannl, der ihn schon frühmorgens auf dem Schiff

in seine Gymnastikstunde mitriss. Das Schmollen

Wesselys hat ihn rasch geärgert, und die hochgradige

Arroganz von Knowles, immer bereit, sich vom For-

malismus zu befreien, den er von den andern erwartet,

schockiert ihn. Diesen -jährigen Jüngling im Frack

nach einem begossenen Abend in Srinagar tauchen zu

sehen, bringt ihn nicht zum Lachen.

Betreffend Aleister Crowley weiss man nichts. In

Rawalpindi, am Tag nach ihrer ersten Begegnung,

schlägt der Engländer zum ersten Mal den Schweizer

im Schach.Dann ruft er denDoktor an sein Bett wegen

eines Malaria-Anfalls. Während fast drei Monaten

schreibt Jules Jacot Guillarmod nichts anderes über

diesen bizarren Gefährten: «Schach mit Crowley, im-

mer verloren.» «Erneuter Malaria-Anfall.»

ALEISTER CROWLEY VERWIRRT. Aleister Crowley ist un-

durchschaubar. Zu jener Zeit praktizierte er bereits

den Okkultismus und arbeitete ernsthaft am Aufbau

seines «Astralleibes», eines Bildes seiner selbst, in das

er übte, sein Bewusstsein zu projizieren in der Hoff-

nung, dies seinen Partnern vernehmbar zu machen.

Die meisten hatten Mühe zu wissen, mit wem sie es zu

tun hatten, aber einige erlagen ihm: einige Männer,

viele Frauen. Crowley ist ein Verführer.

Ende März kommt Aleister Crowley von

Ceylon, wo er mehrere Monate mit dem Studium des

Buddhismus verbracht hatte. Oscar Eckenstein, sein

Mentor und Freund, hat ihn ein Jahr früher in Mexiko

zurückgelassen, nachdem sie zusammen den Popoca-

tepetl und einige andere Vulkane bestiegen hatten.

Crowley hat seine Fixpunkte gelöst. In der Chinatown

von San Francisco hat er sich in die chinesische Denk-

weise vertieft, inHonolulueineAmerikanerinverführt,

auf einem Passagierschiff vor Yokohama den Poeten

Thomas Hardy getroffen… Aber woher kommt er,

dieser Autostopper, der sichHaschisch undOpium zur

Genüge leisten kann?

In Schottland geboren, istAleisterCrowley der Sohn

des «Pfarrers» einer Sekte, die die Rückkehr des Anti-

christen befürchtet. Neben diesem unglückseligen re-

ligiösen Erbe erhält er mit Jahren Anteile der Brau-

erei in Familienbesitz, eine hübsche Summe, die einen

vorsichtigen jungen Mann für den Rest seines Lebens

in Sicherheit bringen würde. Sein Vater, der ihn im

Alter von vier Jahren in den Andachten die Bibel lesen

liess, starb an Krebs, als Crowley kaum elf war. «Das

Problem meines Lebens», schrieb er in seiner «Auto-

hagiographie», war nun, «mich vom Schmutz des

Christentums zu reinigen mit gewollt sündhaften

Taten». Aber nichts darf einfach sein bei Crowley, der

sich bis zu seinem letzten Tag mit Nebel umgeben

möchte: «Ich zögerte, meinen intellektuellen Glauben

ans Christentum aufzugeben.Wenn das Ganze sinnlos

ist, wo ist das Vergnügen, es zu bekämpfen?»

Nach seinesVaters Begräbnis entwickelt sich der jun-

ge Crowley, so schreibt sein Biograf Roger Hutchinson,

von einemgestörtenKind zu einemStörfaktor.Das väter-

liche Bild fehlend, entfaltet er sich imHass seiner streng

gläubigen Mutter, die in ihm schliesslich «das Tier» er-

kennt (er schreibtdies,nachdemerdenSpitznamen«The

Great Beast » angenommen hat, die Zahl des Teufels

in der Apokalypse). Von verschiedenen Internaten

Die Begegnung.

Aleister Crowley, wie ihn

Jules Jacot Guillarmod erst-

mals fotografiert hat. Der

junge Engländer hat sich die

Malaria zugezogen während

der Durchquerung Indiens,

um zur Expedition zu stos-

sen. Der Arzt behandelt

ihn während des Anmarschs

zum Karakorum.

Begegnung mit Aleister Crowley

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OBEN: «Der schöne Abdullah,

unser Briefträger».

RECHTS: «Die Träger sind

schlecht ausgerüstet, ins-

besondere die zuletzt an-

gekommenen: Strohsandalen,

die sie frischweg flechten,

zerfetzte Hosen, ein weit-

armiges Hemd aus Tuch

und eine Decke.»

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Ins Unbekannte.

Die Expedition fasst Fuss

auf dem Baltoro-Gletscher

am . Juni . Es gibt keine

Dörfer mehr, keine Orts-

namen. Ab jetzt sind die

Lager nummeriert.

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OBEN: Die Trango-Türme.

RECHTS: Der Mitre Peak

(m).

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Chogori.

. Juni , . Uhr mor-

gens: Das erste jemals auf-

genommene Foto des K2,

von den Mitgliedern der Ex-

pedition oft noch Chogori

genannt, seinem Namen in

der Sprache der Balti.

Jules Jacot Guillarmod hat

die gigantische Pyramide am

Vortag erblickt, kurz bevor

sie in den mittäglichen

Wolken verschwunden ist.

«Den K2 zum ersten Mal ge-

sehen», hat er in seinem Tage-

buch notiert. «Imposant, be-

ängstigend und dennoch eine

Freude ihn anzuschauen.»

In der Nacht wurde er mehr-

mals durch die Kälte geweckt

und hat die Platten seines

Fotoapparates gewechselt:

«Ich hoffte, eine Aufnahme

des K2 im Mondschein zu

machen, aber die Wolken ver-

schleierten ihn im grössten

Teil der Nacht; erst am Mor-

gen hat er sich enthüllt und

ich konnte zwei Fotos auf-

nehmen.»

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Basislager.

. Juni , Meter.

« Uhr morgens, – °C.

Geweckt durch Pfannl, der

jodelt, als er die Karawane

erblickt.»

Die Träger bringen frische

Lebensmittel und Holz

für die Küche.

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Erschöpft.

Erschlagen durch den Schock

der Ankunft in der Höhe,

lassen sich die Träger auf

die Holzbündel fallen, die sie

bis ins Basislager transpor-

tiert haben, auf m über

Meer. Rechts: Schlafsäcke

trocknen auf dem Zelt.

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der die Seilbrücke nicht sehr schneidig passiert. An-

kunft bei der Schwefelquelle um ¼Uhr.Crowley war

erst seit einer ½ Stunde dort. Ich fand ihn bereits im

Bad; die Zelte sind bei der Quelle aufgestellt und die

Leute beginnen mit Kochen. Die Quelle wird immer

schöner, und diesen Abend bietet sie einen wirklich

fantastischen Anblick: Die von der untergehenden

Sonne beleuchteten, von Regenschleiern gestreiften

Berge; das wie ein See im Winter dampfende Becken,

etwas kalt mit der Bise, sobald man auch nur eine

Schulter oder eine Fingerspitze herausstreckt; die

wilde Landschaft gibt einen einmaligen Rahmen, die

grosse, fast senkrechte, auf m gipfelnde Platte

über uns; die wenigen Baltis, die von Ferne unserer

Lust zuschauen.

› Die Erinnerung an all das, was sich seit zwei Mo-

naten abgespielt hat, die Tatsache, sich in einem Land

zu befinden, das die Cholera glücklich hinter sich hat,

das Gerede unserer Leute über die von den lokalen Be-

hörden erlassenenVorsichtsmassnahmen: Kurz all dies

erscheint uns so fremd und neu, dass wir in einer ganz

anderen Welt zu leben scheinen, als wir bis jetzt ge-

glaubt haben,undwir überlassen uns voll demReiz des

Abends, die Dauer des Bades verlängernd. Man wäre

noch dort, wenn der Hunger uns nicht aus dem Was-

ser getrieben hätte. Man hüllt sich in eine Decke und

geht sich im Zelt ankleiden.

› Im Nachbardorf hat es keine Cholera gegeben,

undmeine Baltis gehen dort Nahrungsmittel holen für

sich und für uns – Poulet, Schaf, Mehl, Eier, Holz – je-

doch versuchenwir unser Schwefelwasser zumKochen

zu verwenden: Zuerst kocht man es ab, lässt es dann

erkalten und die vielen darin enthaltenen Kalksalze

absetzen. Eine Eule lässt ihren düsteren Schrei hören

und fügt das ihre bei. Im Kerzenlicht gelesen, Kakao

mit Sacharin schlürfend, woran man sich schliesslich

gewöhnt. Geschrieben. Rasch eingeschlafen. »

«Bekenntnisse» von Aleister Crowley

Während der Expedition führt Aleister Crowley sein

Tagebuch, teilweise chiffriert. Diese Zeilen schrieb er im

Jahr für seine Autobiografie (also nachdem er das

Buch gelesen hat, worin Jacot Guillarmod die Ereignisse

des Sommers im Einzelnen beschreibt).

«Eine weitere Seilbrücke brachte uns auf das rechte

Ufer der Braldu, wo uns eine Erscheinung verblüffen-

der Schönheit erwartete. Die äusserst enge Schlucht,

durch die wir dem Braldu über viele Meilen gefolgt

sind, hat sich plötzlich erweitert. Wir befanden uns in

einembreitenund lieblichenTal,vonBergenumgeben,

die, riesig wie sie waren, durch die relative Mittelmäs-

sigkeit ihrer Strukturen zuzugeben schienen, dass sie

zweitrangigwaren.Wie imübrigenBaltistan fehltedem

ganzenTal dasGrüne,mitAusnahme der Pflanzungen.

Das Erste, das unseren Blick anzog, war das, was hätte

«Crowley im Bad».

Jules Jacot Guillarmod hat

dieses Foto im August

aufgenommen, auf dem

Rückweg. Aleister Crowley ist

stark abgemagert nach zwei

in der Höhe verbrachten

Monaten, sein Gesicht ist von

Sonnenbränden gezeichnet.

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Monsun.

OBEN: Der Anmarsch

erfolgt in vollem Monsun.

RECHTS UND RECHTE

SEITE OBEN:

Die Lager werden num-

meriert, seit die Expe-

dition auf dem Yalung-

Gletscher Fuss gefasst hat:

– Pause der Sherpas in

den Geröllfeldern ober-

halb des Lagers I;

– «Affenkopf» beim

Lager II;

– Unterschlupf der

Sherpas im Lager III;

– Lager III ;

– Lager IV.

RECHTE SEITE UNTEN:

das Lager V am Ort des

jetzigen Basislagers des

Kangchenjunga.

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OBEN: Ein Gipfel im

Nebeltreiben, oberhalb des

Semo La.

RECHTE SEITE: Lager VI,

auf mHöhe. «Am un-

komfortabelsten, aber auch

am grossartigsten Ort, rittlings

auf einem schmalen Schnee-

grat, den man abflachen muss-

sen, durch die Migräne

niedergeschlagen. Dies ist

wahrscheinlich das einzige

Foto von , wo man

Crowley bemerken kann:

rechts neben demMann

mit der weissen «Maske»

sitzend, trägt er helle Kleider

und Hut.

te um die Zelte aufzustellen,

die auf beide Seiten mit einer

egalen und grausigen Leichtig-

keit abrutschen können,

bleiben wir zwei Tage, um aus-

zuruhen und eine Lebens-

mittelkolonne abzuwarten.»

Jules Jacot Guillarmod bleibt

in seinem Zelt eingeschlos-

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Dschungel.

OBEN: September .

Retour nach Darjeeling über

die Berge von Sikkim.

RECHTS: Baumartiger Farn.

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