Planerische Strategien Schadenvermeidung · Paradigmenwechsel im Urngang mit Naturgefahren. Das...

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A —II Planerische Strategien helfen, Schäden zu vermeiden Naturgefahren sind nicht nur em Risiko, sondern auch eine Chance für eine integrale und nachhaltige Raum- und Siedlungsplanung. Die Bandbreite an Moglichkeiten, Gefahrenkarten umzusetzen, ist gross, und sie umfasst weit mehr als rein technische Massnahmen. Das Zentrum Urban Landscape der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat in Zusammenarbeit mit dem Geografischen Institut der Universität Zurich (GUIZ) und Partnern aus Bund, Kantonen, Gemeinden und Versicherungen den Umgang mit Naturgefahren und die Möglichkeiten einer Erweiterung der bestehenden Praxis am Beispiel des Linthperimeters untersucht. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes liegen nun in Form von Planungshilfen vor. Naturereignisse sind an sich nichts Un gewöhnliches und bringen auch nicht per se Gefahren mit sich. Erst das Zu sammenspiel von Mensch und Natur macht aus gravitativen Naturereignis sen wie Hochwasser, Felsstürzen, Stein schiag, Muren und Rutschungen eine Gefahr. So haben die Zunahme der Un wetterereignisse, em ungebrochener Technikglaube und dieAusdehnung von Siedlungsgebieten in bedrohte Berei che in den letzten Jahrzehnten das Schadenspotenzial erhöht. Zurzeit wer den schweizweit Gefahrenkarten er steilt, weiche die Risiken in den betrof fenen Siedlungsraumen aufzeigen. Sie dienen als Grundlage für organisato rische und technische Massnahmen einerseits, für die planerische Berück sichtigung von Gefahrengebieten an derseits. Zustandig für die Massnah menpianung sind in erster Linie die Gemeinden. Naturgefahren im Siedlungsraum In der Schweiz wird jährlich über eine Milliarde Franken in den techni schen Schutz vor Naturgefahren inves tiert. Dennoch haben in den Ietzten 30 Jahren die Schäden wegen der inten siveren Raumnutzung stark zugenom men. Die Ergebnisse des Forschungs projekts, wie auch eine Analyse des Bundesarntes für Umwelt über die Ursachen des Unwetters im Jahre 2005, das als schadenreichstes Ereignis der letzten 100 Jahre in die Geschichte em gegangen ist, zeigen auf, dass in Zu kunft verstärkt planerische und organi satorische Massnahmen ergriffen wer den müssen. Dabei geht es insbeson dere urn präventive Massnahmen als Teil eines dntegralen Risikornanage ments))1. Die nun vorliegende Studie ((Naturge fahren im Siedlungsraum Planungs hilfen für die Umsetzung von Gefahren karten~ liefert dazu einen wichtigen Bei trag und bekraftigt einen notwendigen Paradigmenwechsel im Urngang mit Naturgefahren. Das übergeordnete Ziel liegt im Aufzeigen von planerischen Strategien zur Gefahrenprävention: Raurn-, siedlungs- und freiraumplaneri sche Ansätze sollen gestärkt, die Dorni nanz technischer Problemlosungen zugunsten der Forderung einer dnte gralen MassnahmenpIanung~ durch brochen werden. Dazu hat das For schungsteam Planungshilfen entwickelt: Zum einen veranschaulicht em Katalog mit Strategien, Testprojekten und Pra xisbeispielen verschiedene Möglichkei ten der Risikominimierung; zur Färde rung einer nachhaltigen Entwicklung Mittels Uberlagerung von Landnutzung und Naturgefahrenbereichen innerhaib des Linth perimeters werden Siedlungsbereiche ausgewiesen, die Gefahrenräume und wertvolle Landschaften meiden. (Grafiken Bilder: ZHAW) (3 Schweizer Gemeinde 110 13

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Planerische Strategien helfen,Schäden zu vermeidenNaturgefahren sind nicht nur em Risiko, sondern auch eine Chance für eine integrale undnachhaltige Raum- und Siedlungsplanung. Die Bandbreite an Moglichkeiten, Gefahrenkartenumzusetzen, ist gross, und sie umfasst weit mehr als rein technische Massnahmen. Das ZentrumUrban Landscape der Zürcher Fachhochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat inZusammenarbeit mit dem Geografischen Institut der Universität Zurich (GUIZ) und Partnern ausBund, Kantonen, Gemeinden und Versicherungen den Umgang mit Naturgefahren und dieMöglichkeiten einer Erweiterung der bestehenden Praxis am Beispiel des Linthperimetersuntersucht. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes liegen nun in Form von Planungshilfen vor.

Naturereignisse sind an sich nichts Ungewöhnliches und bringen auch nichtper se Gefahren mit sich. Erst das Zusammenspiel von Mensch und Naturmacht aus gravitativen Naturereignissen wie Hochwasser, Felsstürzen, Steinschiag, Muren und Rutschungen eineGefahr. So haben die Zunahme der Unwetterereignisse, em ungebrochenerTechnikglaube und dieAusdehnung vonSiedlungsgebieten in bedrohte Bereiche in den letzten Jahrzehnten dasSchadenspotenzial erhöht. Zurzeit werden schweizweit Gefahrenkarten ersteilt, weiche die Risiken in den betroffenen Siedlungsraumen aufzeigen. Siedienen als Grundlage für organisatorische und technische Massnahmeneinerseits, für die planerische Berücksichtigung von Gefahrengebieten anderseits. Zustandig für die Massnahmenpianung sind in erster Linie dieGemeinden.

Naturgefahrenim SiedlungsraumIn der Schweiz wird jährlich übereine Milliarde Franken in den technischen Schutz vor Naturgefahren investiert. Dennoch haben in den Ietzten30 Jahren die Schäden wegen der intensiveren Raumnutzung stark zugenommen. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts, wie auch eine Analyse desBundesarntes für Umwelt über dieUrsachen des Unwetters im Jahre 2005,das als schadenreichstes Ereignis derletzten 100 Jahre in die Geschichte emgegangen ist, zeigen auf, dass in Zukunft verstärkt planerische und organisatorische Massnahmen ergriffen werden müssen. Dabei geht es insbesondere urn präventive Massnahmen alsTeil eines dntegralen Risikornanagements))1.Die nun vorliegende Studie ((Naturgefahren im Siedlungsraum — Planungshilfen für die Umsetzung von Gefahren

karten~ liefert dazu einen wichtigen Beitrag und bekraftigt einen notwendigenParadigmenwechsel im Urngang mitNaturgefahren. Das übergeordnete Zielliegt im Aufzeigen von planerischenStrategien zur Gefahrenprävention:Raurn-, siedlungs- und freiraumplanerische Ansätze sollen gestärkt, die Dorninanz technischer Problemlosungen

zugunsten der Forderung einer dntegralen MassnahmenpIanung~ durchbrochen werden. Dazu hat das Forschungsteam Planungshilfen entwickelt:Zum einen veranschaulicht em Katalogmit Strategien, Testprojekten und Praxisbeispielen verschiedene Möglichkeiten der Risikominimierung; zur Färderung einer nachhaltigen Entwicklung

Mittels Uberlagerung von Landnutzung und Naturgefahrenbereichen innerhaib desLinthperimeters werden Siedlungsbereiche ausgewiesen, die Gefahrenräume undwertvolle Landschaften meiden. (Grafiken Bilder: ZHAW)

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werden neben der Art der Risikominimierung soziale, ökologische, wirtschaftliche und gestalterische Aspekteaufgezeigt. Zum anderen unterstützengezielte Verfahren der Mitwirkung undEntscheidungsfindung den dazugehörigen Umsetzungsprozess.

Risikoreduktion durchangepasste planerische StrategienHerzstück des Kataloges 1st die Darstellung von Strategien. Unter Strategienwerden Iangfristig orientierte Bündelvon raumplanerischen, biologischen,technischen und organisatorischenMassnahmen verstanden. Sie bauenauf typischen Gefahrensituationen,Topografien und Siedlungsstrukturen desVoralpenraums auf und lassen sich daher auf vergleichbare Situationen ausserhalb des Linthperimeters übertragen. Für em IeichteresVerständnis werden die Strategien durch Testprojekteergänzt, die für konkrete Orte des Untersuchungsgebietes erarbeitet wurden. Zusätzlich werden sie durch Praxisbeispiele mit Vorbildcharakter ergä nzt.Der Bund fordert in derWasserbau- undWaldgesetzgebung sowie in der Empfehiung ~Naturgefahren und Raumplanung~, Gefahrenräume zu meiden. Entsprechend ist der Katalog nach Prioritätund Art der Gefahrenminimierung geordnet:

1. Priorität: Bauten, Siedlungen und Infrastrukturen meiden gefährdete ZonenNeue Gebäude und Anlagen entstehenausschliesslich ausserhalb von Gefahrenräumen. Gleichzeitig verlagern sichbestehende Nutzungen auf IängereSicht in nicht gefährdete Gebiete. Dieser Ansatz erfolgt auf Grundlage einerAnalyse dervorhandenen Landnutzung

ProjektpartnerPartner des Forschungsprojektes:Bundesamt für Umwelt, Bundesamtfür Raumentwicklung, Amt für Waldund Naturgefahren Kanton Schwyz,Naturgefahrenkommission KantonSt. Gallen, Amt für Raumentwicklung und Geoinformationen KantonSt. Gallen, Gemeinden Altendorf SZ,Reichenburg SZ, Schmerikon SG undWeesen SG, Gebäudeversicherungsanstalt Kanton St. Gallen, Schweizerischer Versicherungsverband (Elementarschaden-Pool).Das Projekt wird mitfinanziert durchdie Kommission fürTechnologie undInnovation und das EidgenossischeVolkswirtschaftsdepartement.

in Uberlagerung mit der Gefahrensituation. Dadurch werden gefahrenfreieGebiete ausgeschieden, welche sichlangfristig für intensivere Nutzung, wiezum Beispiel Siedlungen und Infrastrukturen, eignen. Die durch Richtund Zonenpläne gesicherten Gefahrenräurne dagegen stehen für wenigerintensive Nutzungen wie Freizeit, Landwirtschaft und okologische Ausgleichsflächen zur Verfügung. So können beispielsweise ausgestaltete Bach- undFlussräume durch ihr Angebot an zusätzlichem Freiraum die Standortqualitäten angrenzender Siedlungen verbessern.

2. Priorität: Gefahren werden mit gezielten Eingriffen eingedämmtNeben reinen Schutzbauwerken wirdbei dieserArt der Gefahrenrninirnierungeine weite Palette vielseitig verwendbarer Massnahmen angestrebt. Diesereduzieren das Schadenspotenzial undfördern gleichzeitig Aspekte einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung. Retentionsflächen zum Beispiel halten Hochwasser zurück, schützen somit Siedlungen vor Uberschwernrnungen und kön

nen gleichzeitig für Freizeitaktivitätenoder Landwirtschaft genutzt werden.Eine weitere Moglichkeit, urn Gefahreneinzudärnmen, besteht bei flachgründigen Hangrutschungen: An den Ort unddie Gefahrensituation angepasste Gebäudestrukturen sichern die betroffenen Hänge und schützen damit gleichzeitig unterhalb liegende Siedlungen.

3. Priorität: Gefahrenräume werden bewusst bewohnt und genutztBauten, Siedlungen und lnfrastrukturenreagieren in ihrer Disposition und Ausgestaltung auf die Gefährdung. Bedingung für diese Art der Gefahrenminimierung ist elne zentrale und guterschlossene Lage oh ne Gefährdungdurch brutale Naturgefahren2. An die-sen Orten muss sich das bewusste Leben mit der Gefahr nach Abwägungsämtlicher Faktoren als sinnvolle Lösung herauskristallisieren.

Prozesse leitenund koordinierenInterviews in 20 Schweizer Gemeindenhaben aufgezeigt, dass bei der Umsetzung von Gefahrenkarten der Hand-

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Retentionsräume verhindern Hochwasser und somit Schäden an Siedlungen undKulturlandschaften. Das Testprojekt zeigt eine Siedlung am See, der als Retentionsfläche mit schwankendem Wasserspiegel ausgestaltet ist.

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Iungsbedarf oftmals unterschätzt wird.Die <Praxishilfe Gouvernanz~ liefert Erkenntnisse über die bestehende Praxisund die angewandten Verfahren, die ofteng an Instrumente der kommunalenRaumplanung geknüpft sind. Sie zieltdarauf, die Kommunikation im Akteursdreieck Gemeindebehörden, private Büros und kantonale Stellen zu stärken,aber auch interessierte und betroffeneKreise innerhalb der Gemeinde mit emzubeziehen. Neben etablierten Verfahren besteht auch die Möglichkeit, ~erweiterte Verfahren~ wie beispielsweiseWorkshops anzuwenden. Diese gilt esvertieft auszuloten. Elementar ist, dassZiele, Kompetenzen und Prozedurenvorgängig geklärt und klar kommuniziert werden. Es liegt an den Gemeinden, diesbezuglich die Initiative zu ergreifen, eine Unterstützung durch kantonale Amter und private Planungsbüros istjedoch unentbehrlich.Die mogliche Ausgestaltung eines ((erweiterten Verfahrens>> wird in der erarbeiteten Planungshilfe ~Massnahmenkonzept~ dargestelit. Dieses unterstützt den Prozess der Uberprüfungräumlicher Nutzungen hinsichtlich ihrer Konflikte mit Naturgefahren. Es istzu beachten, dass schon zu Beginn des

Massnahmenkonzeptes em funktionaler Planungsperimeter festgelegt wird.Naturgefahren stoppen nicht an Gemeinde- oder Kantonsgrenzen. Füreine integrale Massnahmenplanungsind gemeindeübergreifende Ansätzedaher von zentraler Bedeutung. Eineauf lange Sicht erfolgreiche Umsetzung der Strategien wird insbesonderedurch die Einbettung und Koordinationmit der Regional- und Ortsplanung erreicht.

Den SchrittwagenDie Analysen des Forschungsprojektsbestätigen, dass die Naturgefahren inden letzten Jahrzehnten in der Raumplanung nicht genügend berücksichtigtwurden. Insbesondere im Bereich planerischer Massnahmen ist em Defizitfestzustellen. Es bestehen jedoch dieChance und das Potenziaf, die Gefahrenprävention mit anderenThemen derRaumentwicklung zu koordinieren undsomit unseren Lebensraum positiv zuentwickeln und zu gestalten.Um die involvierten Akteure zu unterstützen, ist geplant, die Ergebnisse derForschungsarbeit mittels unterschiedlicher Medien zu verbreiten. Zurzeit wird

eine Publikation erstellt und einWeiterbildungskurs aufgebaut, der im Herbst2010 das erste Mal durchgeführt werdensoIl.

Anke Domscky, ZHAW; Peter Jenni,ZHAW;Andreas Jud, ZHAW, Urs Geiser,GIUZ; Claude Schwank, GIUZ; RobertoLoat, Bundesamt für Umwelt

1 Im integralen Risikomanagement werdendie Massnahmen und Handlungen im Risikokreislauf aufeinander abgestimmt. Essind dies die Vorbeugung gegen em Ereignis (Prävention undVorsorge), die Bewältigung der Probleme während eines Ereignisses (Intervention und provisorische Instandstellung) und die Regeneration nacheinem Ereignis (definitive Instandstellungund Wiederaufbau). Quelle: Bundesamtfür Umwelt

2 AIs brutale Prozesse werden Naturgefahren bezeichnet, die meist plötzlich eintreten und rasch ablaufen, somit eine kurzeVorwarnzeitaufweisen (zum Beispiel Lawinen, Murgänge, Sturzprozesse)

Information: www.archbau.zhaw.ch (Institut& Zentren > Zentrum Urban Landscape> Forschung > Naturgefahren im Siedlungsraum)Kontakt: peter.jenni zhaw.ch

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