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Bauphysik Flachdach: So bleibt es trocken Konstruktion: Dächer im Vergleich Feuchtigkeit: Da kommt die Nässe her Planung: Dem Wasser keine Chance September 2014 Themenmagazin für Zimmermeister plus

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Bauphysik

Flachdach: So bleibt es trocken

Konstruktion: Dächer im Vergleich

Feuchtigkeit: Da kommt die Nässe her

Planung: Dem Wasser keine Chance

September 2014

Themenmagazin für Zimmermeister

plus

2 mikado plus September 2014

Flachdächer Schadensanfälligkeit

Flachdächer, vollgedämmt und unbelüftet

Unter kritischem Blick Nichts geht ohne Holz: Selbst ein Massivhaus besteht aufgrund des

Daches zu rund 50 Prozent aus Holz. Doch Dach ist nicht gleich Dach.

Flachdächer fallen immer wieder durch Schäden auf. Grund: die Feuchte.

▴ Flachdächer zählen fest zur modernen Architektur. Damit sie schadensfrei bleiben, müssen Planung und Ausführung exakt passen

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Flachdächer Schadensanfälligkeit

Flache oder flach geneigte Dächer, un-belüftet, mit aufliegender Abdichtung,

haben in der Vergangenheit häufiger mit gravierenden Schäden auf sich aufmerksam gemacht. Nicht nur komplette Dächer, auch sonstige flache oder flach geneigte Außen-bauteile, wie zum Beispiel Loggien, Dach-terrassen oder Laubengänge bei Staffel-geschossen, waren häufiger schadbefallen und sind es zum Teil auch heute noch. Die Gründe für die zum Schaden führende un-zuträgliche Feuchte sind vielfältig, ebenso wie die Ansichten dazu, das zu verhindern.

Das Risiko ist unterschiedlich

Doch nicht alle Flachdachkonstruktionen weisen physikalisch ein gleich hohes Scha-densrisiko auf. Nahezu ohne Probleme bzw. sehr fehlertolerant sind Massivholz-decken wie beispielsweise Brettstapel- und Brettsperrholzdecken mit außen auf-liegender Dampfbremse, Dämmung und Abdichtung.

Ähnlich tolerant sind Balkendecken, bei denen nur ein geringer Teil des Dämm-stoffes zwischen den Balken liegt, nach-weisfrei bis 20 Prozent des Wärmedurch-lasswiderstandes. Der Rest befindet sich oben unter der Abdichtung.

Auch belüftete Dachkonstruktionen weisen noch eine relativ hohe Fehlertole-ranz auf, wenn der Belüftungsquerschnitt ausreichend bemessen und konzeptionell sowie konstruktiv auch ohne Verrenkungen möglich ist. Größere Lichtkuppeln und andere Dacheinbauten setzen hier eben-so Grenzen wie gefangene Dachflächen bzw. weiter hochgeführte Außenwände, Balkonbrüstungen oder Attiken. Ohne gut funktionierende Zu- und Abluftöffnungen sind allerdings auch belüftete Flachdächer gelegentlich ein Problem. Sehr anfällig sind jedoch Flachdächer mit unbelüfteten Hohl-räumen und deshalb abzulehnen.

Zwischen den Balken vollgedämmte, unbelüftete Flachdächer haben in der Ver-gangenheit häufiger durch Schäden von sich reden gemacht. Diese waren aber weniger systembedingt, vielmehr lagen nahezu regelmäßig gravierende Ausfüh-rungsfehler vor, die letztendlich die unzu-träglich hohe Feuchte und die dann daraus resultierenden Schäden nach sich zogen.

Die früher üblichen hochwertigen star-ren Dampfbremsen ließen eine kurzfristige Rücktrocknung der Ausgangsfeuchte kaum zu. In den Wintermonaten war dann in-folge des Dampfdruckgefälles die Feuch-tigkeit nicht an allen Holzteilen und der Schalung gleichmäßig verteilt, sondern infolge des Dampfdruckgefälles konzen-triert unter der Flachdachabdichtung vor-handen, sodass dann hier eine unzuträg-lich erhöhte Feuchtigkeit und letztendlich Pilzbefall vorlag. Somit herrscht heute die Meinung vor, dass gering sperrende bzw. variable Dampfbremsen diese Fehler, im Regelfall Ausführungsfehler, ausgleichen. Allerdings, richtig und sorgfältig ausge-führt, sind auch vollgedämmte Konstruk-tionen nach wie vor schadensfrei.

Aus konstruktiven (konzeptionellen) und wirtschaftlichen Gründen kann auf derar-tige Konstruktionen nicht verzichtet wer-den, etwa wenn die Decke zum Teil als Flachdach und zum anderen Teil als Wohn-raumtrenndecke dient, wie bei Balkonen, Loggien oder Laubengängen. Daher befasst sich der Artikel mit diesen vollgedämmten, unbelüfteten Konstruktionen.

So kommt die Feuchte ins Flachdach

Als klassische Ursachen gelten derzeit: ▸ Schäden durch Luftundichtigkeiten ▸ gefolgt von erhöhter Holzfeuchte und ▸ Schäden durch Baufeuchte (Estrich, Putz und Niederschläge)

▸ Schäden durch Dachundichtigkeiten ▸ Schäden durch hohe RaumluftfeuchteDiese Rangfolge basiert auf einer Unter-

suchung des AIB, das dazu mehrere Sach-verständige befragt hat. Der Eindruck des Autors ist jedoch, dass für Gutachten oft nur begrenzt Überlegungen dazu ange-stellt werden, woher die Feuchte stammen könnte, um dann durch die Anamnese und das Schadbild die wirkliche Ursache he-rauszuarbeiten. Da das Thema Luftdich-te gerade sehr aktuell ist, wird umgehend nach einer schlecht verklebten Folie oder einem Loch in der Folie gesucht – und das Problem ist damit nach Ansicht des Sach-verständigen gelöst. Hätte man diese Un-tersuchung vor 30 bis 40 Jahren gemacht, würde die Luftdichte als Schadensursache ganz sicher nicht auf Platz 1 rangieren. ▪

Vor 30 bis 40 Jahren hätte die Luftdichte sicher nicht als Schadens- ursache Nummer 1 gegolten.

Sehr anfällig sind Flachdächer mit unbelüfteten Hohl-räumen und deshalb abzulehnen.

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Feuchtigkeit Ursachenforschung I

Der Autor verfügt in Sachen Luftdichte über mehr als 40 Jahre praktische Er-

fahrung – sowohl auf dem Gebiet der For-schung und Entwicklung als auch in der Praxis als technischer Leiter eines großen Herstellers und als Sachverständiger für Holzhausbau und Bauphysik.

Vermeidbare Schäden durch mangel-hafte Luftdichte sind bei vollgedämmten, unbelüfteten Flachdächern die Ausnahme. Das ist genau genommen auch nachvoll-ziehbar. Ein Loch in der Dampfbremsfo-lie oder eine schlecht oder nicht verklebte Dampfbremsfolie sind für die Luftdichte dann nicht relevant, wenn eine untersei-tige Gipswerkstoffplatte fachgerecht vor-handen ist. Sie ist luftdicht, konform mit der DIN 4108-7 und optisch jederzeit auf Schäden kontrollierbar, was bei den hin-ter den Gipsplatten befindlichen Dampf-bremsfolien nicht der Fall ist. Außerdem gibt es für Gipskartonplatten eine Norm, für andere Gipsplatten eine allgemeine bau-aufsichtliche Zulassung.

Eigentlich müssten alle Materialien, die eine bauaufsichtliche Anforderung erfül-len, entweder einer Norm entsprechen oder über eine bauaufsichtliche Zulassung für den Einsatzzweck verfügen. Für die vari-ablen Dampfbremsfolien gibt es dazu bis heute leider nichts. Aber selbst wenn die Luftdichte bei einem Flachdach ein Loch in der Dampfbremse oder „Luftdichtheits-schicht“ allgemein haben sollte, ist kaum ein nennenswerter Feuchteeintrag durch Konvektion bei vollgedämmten, unbelüf-teten Dächern anzunehmen, auch nicht durch Diffusion.

Würde man diesen Feuchteeintrag nicht mit in die rechnerischen Nachweise ein-rechnen, würden die starren Dampfbremsen in kritischen Situationen besser abschnei-den als die variablen. Der Grund ist simpel. Soll Luft durch ein Bauteil strömen, bedarf es einer Zuluft- und einer Abluftöffnung. Durch eine Flasche kann man nun einmal nicht hindurchpusten, sondern nur durch ein Rohr. Ist das Dach außen durch die

Ursachenforschung

Ist mangelhafte Luftdichtung schuld? Ein Loch in der Dampfbremsfolie und schon ist die Luftdichte

nicht mehr gegeben. Doch das muss nicht das größte Problem sein,

wenn eine luftdichte Gipsplatte den Abschluss nach innen bildet.

▸ Flachdachanschluss an ein bestehendes Hallen-

bad. Die Anschlussfuge zum Schwimmbadbereich ist

völlig offen, dennoch liegt kein Feuchteschaden vor

Vermeidbare Schäden durch mangel- hafte Luftdichte sind bei vollgedämm- ten, unbelüfteten Flach- dächern die Ausnahme.

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Feuchtigkeit Ursachenforschung I

Abdichtung dicht (sonst hätten wir sowieso ein Leck), fehlt es außen an einer Abluft- öffnung. Übrigens, luftdichte Ebenen müs-sen sich nicht innen befinden, sie können auch außen liegen.

Unter Umständen kann es in Einzelfällen im Dachrandbereich der Balkenstirnseiten zu einer „äußeren Abluftöffnung“ kommen. In einem derartigen Fall konzentriert sich der Kondensatausfall aber auch lediglich auf den äußeren Randbereich der Dachflä-che. Das Flachdach eines Hallenbades, mit einem extremen Klima im Inneren, eignet sich für diesen Beitrag als typisches Bei-spiel. Unzweifelhaft lag ein Feuchtescha-den an der oberen OSB-Beplankung vor.

Die erheblichen Fugen und Fehlstellen auf der Innenseite durch unverklebte Fo-lien und unverklebte OSB-Platten, fehlende Andichtung an den Bestandsbau und die Lichtkuppeln haben aber eindeutig nicht zu einer Schädigung durch Kondensatausfall geführt, obwohl das ein Sachverständiger zunächst vermutete. Doch die Anamne-se und das Schadensbild nach dem Rück-bau brachten schließlich Klarheit. Es lag an einem Feuchteeintritt im Zeitraum zwi-schen der Montage der Elemente und der Dachabdichtung. Die Notabdichtung, be-stehend aus drei Lkw-Planen, war im Über-lappungsbereich bzw. Stoßbereich nicht dicht bzw. gesichert, sodass hier Nieder-schlagswasser konzentriert und punktuell in die Elemente gelaufen war. Die zunächst eingeschalteten Gutachter hatten aller-dings, wie meist üblich, zunächst die un-verklebte Dampfbremsfolie und die unver-klebte OSB-Platte als Ursache festgestellt.

Schädliche Leckagen könnten durch mangelhafte Luftdichtung entstehen – zum Beispiel bei Rohrschächten, die unge-schützt in der Dämmebene münden, oder auch durch in das Dach eingebundene Mauerwerkskronen, vor allem, wenn das Mauerwerk aus Steinen mit Hohlräumen besteht, die Oberseite nicht abgedeckt ist und die Folie wie in den Beispielen in der DIN 4108-7 nur seitlich am Mauerwerk angeschlossen wurde. Hier zeigen sich die schadbefallenen Bereiche nur punktuell.

Erhöhte Holzfeuchte und Baufeuchte

Was bezeichnen wir denn nun als erhöhte Feuchte? Nach der VOB durfte bisher die maximale Holzfeuchte u = 20 M.- % be-tragen, für die Produktion von Tafelele-menten 18 M.-%. Nehmen wir einmal an, dass die Deckenbalken mit 18 M.- % ein-gebaut wurden und eventuell noch etwas Einbaufeuchte hinzugekommen ist, sodass etwa 20 M.- % bei Verschluss der Untersei-te der Dachfläche vorhanden waren. Bei üblichen Dachbalkenquerschnitten und Balkenabständen hätten wir ein Gewicht der Balkenlage von etwa 17 kg.

Bei Beheizung und Nutzung wird sich eine Holzfeuchte von im Mittel ca. 10 M.- % einstellen, an der Unterseite der Balken etwa 7 M.-%, an der Oberkante so um die 12 bis 14 M.-%, was Messungen und auch Berechnungen belegen. Also sind 10 M.- % der völlig normalen „Balkenfeuch-tigkeit“ überschüssig und werden im Win-ter nach außen bzw. oben, also zur Un-terseite der Abdichtung bzw. Schalung,

◂ Hallenbad-Anbau mit vorgefertigten Dachelementen: Der Elementstoß war nicht „abgeklebt“ und wurde als Ursache für den Feuchte- schaden diagnostiziert. Der Rückbau offenbarte aber keine Schäden im Bereich des Elementstoßes, sondern einen Feuchteeintrag infolge mangelhafter Notabdichtung

Das Flachdach eines Hallenbades ist innen einem extremen Klima ausgesetzt.

Die Notabdichtung während der Bauzeit war nicht gut genug geschlossen.

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Feuchtigkeit Ursachenforschung I

transportiert. Das wären 10  Prozent von 17 000  g  =  1700  g. Dadurch würde sich die Feuchte in der Schalung, zum Beispiel 24 mm Nadelholz, mit einem atro-Gewicht von etwa 10 kg um 17 Prozent erhöhen.

Würde die Schalung mit einer Feuch-te von u = 18 M.- % eingebaut bzw. hät-te sie eine derartige Feuchte beim Einbau, ergeben sich daraus in der Spitze am Ende des Winters etwa 35 M.-%. Ab 30 M.- % liegt aber freies Wasser in den Zellhohlräu-men vor und ein Pilzwachstum ist damit möglich. Dann kann eine hohe Rücktrock-nung helfen, die Ursache zu beheben. Zwei-felsohne kann dieses unerkannte Problem durch eine „variable Dampfbremse“ abge-mildert bzw. ausgeglichen werden.

Die Schäden der Vergangenheit lie-gen sicher zu einem großen Teil an ei-ner hohen Ausgangsfeuchte der Balken (vagabundierende Feuchte). Dieses Pro-blem könnte durch eine deutliche Ab-senkung der maximal zulässigen Holz-feuchte bei Flachdächern, wie auch in der neuen DIN 68800, auf u = 15 M.- % gemindert werden. Eine maximal zulässige Verarbeitungsfeuchte von u = 12 M.- % würde aber eine deutlich größere Sicher-heit bieten. Diese um weitere 3 Prozent ab-gesenkte Holzfeuchte entspricht bei einem Balkengewicht von 17 kg dann 510 g Was-ser – das Doppelte der propagierten Aus-trocknungsreserve von 250 g.

Ein weiterer Punkt ist die Baufeuchte, die häufig hinzukommt. Und durch die Ge-werketrennung kommt es dazu, dass Bal-ken und Schalung inklusive Abdichtung

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Impressum

ausgeführt werden, der Trockenbauer aber deutlich später erscheint. Wird dann im Winter im Baukörper ein Bauheizer betrie-ben und ist noch eine feuchte Bodenplat-te vorhanden oder ein wasserangereicher-ter Keller, dürfte die Innentemperatur im Mittel schon mal so etwa 18 °C betragen, bei einer Luftfeuchte von RH 80 Prozent.

Bei nur 0 °C Außentemperatur fallen dann unter der Dachabdichtung 12 g Tau-wasser je Tag, 84 g/Woche und 360 g im Monat je m² an. Kommt dann noch die „vagabundierende Feuchte“ dazu, ist der Bauschaden perfekt. Diese häufig anzuneh-mende Ursache findet man allerdings nicht damit, dass man Löcher in der Dampfbrem-se sucht, sondern eher durch Nachdenken und Beachtung der Historie (Anamnese), wobei ein Bautagebuch hilfreich sein kann.

Noch schlimmer ist es, wenn die Däm-mung aus Mineralwolle in die Decke ein-gebaut ist, aber die Dampfbremse und die luftdichte Ebene auf der Innenseite noch nicht. Dann sind es bei 240 mm Mineral-wolle WLZ 0,035 70 g/m² pro Tag, 490 g/m² pro Woche und 2100 g/m² im Monat.

Wurde die Schalung mit einer Feuchte von u = 18 M.- % eingebaut, ist die 20-Pro-zent-Grenze nach drei Tagen überschritten und der Fasersättigungsbereich der Scha-lung bereits nach nur etwa zwei Wochen! Wird in diesem Stadium an der Untersei-te eine starre Dampfbremse eingebaut, die Feuchtigkeit also eingeschlossen, ist der Schaden programmiert. Er wäre aber durch Kontrolle der Holzfeuchte vor Verschluss der Balkenlage vermeidbar gewesen. ▪

Die Holzfeuchte sollte um weitere 3 Prozent auf u = 12 M.- % abgesenkt werden.

Die Schäden der Vergangenheit liegen zu einem großen Teil an einer zu hohen Ausgangsfeuchte.

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Feuchtigkeit Ursachenforschung II

Gehen wir einmal davon aus, dass ein undichtes Dach eigentlich recht leicht

zu erkennen ist. Mit der heute verfügbaren modernen Technik sollte das kein Problem mehr sein. Besonders eignet sich hierfür das Mikrowellenmessverfahren (siehe Ab-bildungen Seite 12). Durch die Feuchtever-teilung kann die Ursache dann einfach und schnell berechnet werden. Bleibt also noch die zu hohe Raumluftfeuchte als Ursache?

Nehmen wir einmal folgendes Flach-dach an: ▸ Abdichtung 6 mm Bitumen ▸ 24 mm Schalung ▸ 240 mm Mineralwolle WLG 0,035 ▸ Dampfbremse, starrer sd-Wert 10,0 mBei Ansatz der Normklimabedin-

gungen, 20 °C und eine Luftfeuch-te von RH = 50  Prozent, fallen, nach Glaser gerechnet, im gesamten Winter 9 g/m² Tauwasser aus. Bei einer Luftfeuchte von RH = 70 Prozent 16 g/m². Diese zusätz-lichen 7 g Kondensat würden im gesam-ten Winter die Holzfeuchte der Schalung

um nur etwa 1,5 M.- % erhöhen. Wohl kaum die Ursache eines Tauwasserscha-dens. Selbst bei einer (praxisfernen) ange-nommenen Luftfeuchte von durchgängig RH = 90 Prozent wären es nur maximal zusätzliche 23 g/m² im kompletten Winter.

Der Feuchteschutz und die Holzschutznorm

Es versteht sich: Überhöhte Holzfeuchte führt zu Pilzbefall und somit zu Bauschä-den. Holzzerstörende Pilze wachsen, wenn ihnen freies, ungebundenes Wasser zur Ver-fügung steht. Solange das Wasser in der Holzsubstanz, also in den Zellwandungen eingelagert ist, steht es dem Pilz nicht zur Verfügung.

Erst wenn freies, ungebundenes Wasser in den Zellhohlräumen vorhanden ist, fin-det Pilzwachstum statt. Das ist bei europä-ischem Nadelholz ab einer Holzfeuchte von u ~= 30 M % der Fall. Deshalb sprechen wir bei 30 M.- % vom Fasersättigungspunkt. Da

Schäden

Die Rolle der Raumluftfeuchte Dass ein Dach undicht ist, lässt sich leicht feststellen.

Doch woher kommt die Feuchtigkeit – aus der Raumluft?

Eine wichtige Rolle spielt in jedem Fall die Dampfbremse.

◂ Flächig feuchte- bzw. schimmelbefallene Schalung deutet meist auf Bau- feuchte hin, nur am Randbereich der Balken eher auf zu feucht eingebaute Balken

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Feuchtigkeit Ursachenforschung II

Die Zustände auf der Baustelle sind al-lerdings in der Norm nur ungenügend ge-regelt. Immer wieder wird hier auf die Aus-trocknungsreserve ≥ 250 g abgestellt, die in der Regel zwangsläufig die Verwendung sogenannter variabler Dampfbremsen nach sich zieht.

Häufig falsche Interpretation der Norm

Hier wird allerdings die Norm häufig falsch interpretiert, wenn behauptet wird, dass diese 250 g stets gefordert sind. Diese Re-serve ist nur bei dem Nachweis nach DIN 4108-3, dem Glaserverfahren, zu berück-sichtigen.

Zitat der DIN 68800-2, Absatz 5.2.4: „Für beidseitig geschlossene Bauteile der Gebäudehülle ist bei den Berechnungen mit dem Verfahren nach DIN 4108-3 (Glaserverfahren) zur Berücksichtigung eines konvektiven Feuchteeintrages und von Anfangsfeuchten eine zusätzliche rechne-rische Trocknungsreserve ≥ 250 g / (m²a)bei Dächern und ≥ 100 g / (m²a) bei Wän-den und Decken nachzuweisen.

Wasser im Holz auch ungleichmäßig ver-teilt sein kann, zum Beispiel auch im Be-reich der Flachdachschalung, wo der Tau-punkt in der Grenzschicht zur Abdichtung liegt, andererseits die Feuchte durch die Ka-pillarität des Holzes auch über den Quer-schnitt verteilt ist, beträgt der Grenzwert der Holzfeuchte zur Sicherheit 20 M.- % statt 30 M.- % und bei Holzwerkstoffplat-ten, da diese ein höheres Raumgewicht ha-ben, 18 M.-%.

Norm zielt für Dächer auf drei Arten von Feuchtebelastung ab

Für Dächer zielt die Norm auf drei Ar-ten einer möglichen Feuchtebelastung ab, und zwar: ▸ die Nutzungsfeuchte (betreffend den Innenraum)

▸ die Feuchte aus angrenzenden Stoffen oder Bauteilen und

▸ das TauwasserWährend die ersten beiden Punkte un-

ser Thema in der Regel nicht tangieren, ist das Tauwasserrisiko hier wohl der domi-nierende Aspekt.

▾ Diagramme 1 bis 4: Mit Simulations- programmen lassen sich Klimadatensätze unter Berücksichtigung der verschattungsgebenden Kanten und des Standorts generieren

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Feuchtigkeit Ursachenforschung II

Beim Nachweis mit numerischen Simu-lationsverfahren nach DIN EN 15026 ist der konvektive Feuchteeintrag entsprechend der geplanten Luftdurchlässigkeit mit dem q50-Wert nach DIN 4108-7 in Rechnung zu stellen.“

Ob es nun angemessen ist, die Berech-nungen nach Glaser, die durch die Klima-verhältnisse ohnehin mit hohen Reserven beaufschlagt sind, mit diesen geforderten 250 g zu bestrafen, ist sehr fragwürdig.

Auch plausible Gründe für die Reduzie-rung bei Außenwänden auf ≥ 100 g/(m²a) ist nicht wirklich zu verstehen, da durch die einzelnen Fugen an Fenstern und Tü-ren sowie den hier vorhandenen umfang-reichen Installationen gerade bei den Wän-den doch wohl die größere Leckluftmenge zu verzeichnen ist.

Dynamische Berechnungen bringen Klarheit und sind daher Pflicht

Es ist unbestritten, dass feuchtevariable Dampfbremsen bei hohen Luftinfiltrati-onswerten von 3,0 bzw. 5,0 m³/hm² zu ge-ringeren Materialfeuchten bzw. einer hö-heren Rücktrocknung im Sommer führen als starre Dampfbremsen mit sd-Werten von 50 m und höher.

Im Zeitalter von Effizienz-, Passiv- und Plusenergiehäusern sprechen wir aber von q50-Werten von 0,5 bzw. 1,0 m³/hm².

Warum geht man eigentlich von einer gleichmäßig über die luftdichte Ebene ver-teilten Luftinfiltration aus? Ein flach ge-neigtes Dach besitzt viel weniger Durch-dringungen als eine Außenwand. Wäre es nicht an der Zeit, hier systembedingte Dif-ferenzierungen vorzunehmen?

Auch brauchen wir Lösungen für ver-schattete Dachflächen, und dies für alle am Markt befindlichen Dampfbremsen und weitere luftdichte Ebenen! Realistischer-weise muss man davon ausgehen, dass es selbst bei einer angenommenen baurecht-lichen Zusicherung der Verschattungs-freiheit schwierig ist, diese baupraktisch zu gewährleisten. Kann ich dem Eigentü-mer untersagen, später Solarthermie- oder PV-Module aufzuständern? Sind nur noch transparente Balkonbrüstungen zulässig? Sind nordorientierte Balkone bei Gebäu-den mit Staffelgeschossen unzulässig? Dür-fen Balkonbeläge zukünftig nicht mehr in der Ausführungsplanung geändert werden?

Hier hilft die individuelle Betrachtung der Gegebenheiten durch numerische Si-mulationsverfahren. Wer arbeitet heu-te noch mit pauschalen Zuschlägen bei der Berücksichtigung der linearen Wär-medurchgangskoeffizienten bzw. verwen-det Standardkennwerte bei der Abbildung der Anlagentechnik im Rahmen des ener-getischen Nachweises? Selbst eine Heizlast-berechnung nach DIN EN 12831 führt nur

▾ Diagramm 5 und 6: Gewählter Aufbau mit einem

300 mm Dachbalkenfeld ohne Überdämmung der Holz-

werkstoffplatte. Bild links mit feuchtevariabler Dampf-

bremse, Bild rechts mit PE-Folie. Bei allen Berechnungen

wurde eine Durchströmung der Gebäudehülle von

q50 = 1,0 m³/hm² berücksichtigt

Was

serg

ehal

t [kg

/m²]

Was

serg

ehal

t [M

.-%

]

1.1.2015 1.1.2017 1.1.20201.1.2016 1.1.20191.1.2018 1.1.202114.73100

15.32104

15.02102

15.61106

15.91108

OSB/4 PUR110

Was

serg

ehal

t [kg

/m²]

Was

serg

ehal

t [M

.-%

]

1.1.2015 1.1.2017 1.1.20201.1.2016 1.1.20191.1.2018 1.1.202114.5899

15.46105

15.02102

15.91108

16.35111

16.79114

17.23OSB/4 PUR

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Feuchtigkeit Ursachenforschung II

unter Berücksichtigung des n50-Zielwertes und der detaillierten raumweisen Betrach-tung der linearen Wärmedurchgangsko-effizienten zu wirtschaftlichen Lösungen.

Verschattung oder Dachbelag können zu Problemen führen

Liegt eine Verschattung vor, so verhält es sich ähnlich wie bei einer Bekiesung oder einer Dachbegrünung. Das Rücktrock-nungspotenzial reduziert sich aufgrund der

geringeren Erwärmung der Oberfläche. Un-ser Beispielhaus soll in einem solaropti-mierten Baugebiet in Hannover errichtet werden. Mit Simulationsprogrammen las-sen sich Klimadatensätze unter Berücksich-tigung der verschattungsgebenden Kanten und des Standorts generieren (siehe Dia-gramme 1 bis 4, Seite 8).

Zugrunde gelegt wurde folgender Auf-bau (von innen nach außen): ▸ 12,5 mm GKB ▸ 25 mm Sparschalung/Luftschicht

▴ Diagramm 7 und 8: Ergebnisse für den gewählten Aufbau mit einem 240 mm Dachbalken-feld und einer 60 mm Über- dämmung WLS 040 der Holz- werkstoffplatte. Links mit feuchtevariabler Dampfbremse, rechts mit PE-Folie

▾ Diagramm 9: Eine 80 mm dicke Überdämmung WLG 030 führt zu einer gebrauchs- tauglichen Konstruktion für beide betrachteten Dampfbremsen. Abbildung mit feuchtevariabler Dampfbremse

1.1.2015 1.1.2017 1.1.20201.1.2016 1.1.20191.1.2018 1.1.202111.7880

13.2590

12.5285

13.9995

14.73100

105

Was

serg

ehal

t [kg

/m²]

Was

serg

ehal

t [M

.-%

]

OSB/4 PUR

13.8494

14.4398

14.1496

14.73

15.02

100

102

Was

serg

ehal

t [kg

/m²]

Was

serg

ehal

t [M

.-%

]

1.1.2015 1.1.2017 1.1.20201.1.2016 1.1.20191.1.2018 1.1.2021

OSB/4 PUR

OSB/4 PUR

1.1.2015 1.1.2017 1.1.20201.1.2016 1.1.20191.1.2018 1.1.202111.7880

13.2590

12.5285

13.9995

14.73100

105

Was

serg

ehal

t [kg

/m²]

Was

serg

ehal

t [M

.-%

]

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Feuchtigkeit Ursachenforschung II

▸ Dampfbremse feuchtevariabel 0,3 m ≤ sd ≤ 5,0 m, alternativ PE-Folie sd = 50 m

▸ 300 mm Balken mit Mineral- wolle WLS 035 22 mm OSB-Holzwerkstoffplatte

▸ 2-lagige Dachbahn bituminösBerücksichtigt wurde bei allen Be-

rechnungen eine Durchströmung der Ge-bäudehülle von q50 = 1,0 m³/hm² (siehe Diagramme 5 und 6, Seite 9). Kritische Bau-teilebene ist die obere Schalung. Bei einer Verschattung wie in unserem Fall schwingt sich der Wassergehalt nicht ein und die Ma-terialfeuchte der Holzwerkstoffplatte nä-hert sich nach sieben Jahren dem Grenz-wert von 18 M-%. Eine Optimierung ist die Überdämmung der Schalung. Dadurch verschiebt man diese in eine wärmere und damit weniger kritische Bauteilebene. Bei Wandkonstruktionen mit Wärmedämmver-bundsystemen praktiziert man das seit Jah-ren. Die Ergebnisse für den gewählten Auf-bau mit einem 240 mm Dachbalkenfeld und einer 60 mm Überdämmung WLS 040 der Holzwerkstoffplatte sind zu sehen in den Diagrammen 7 und 8, Seite 10 oben.

Unter dem Kollektor des betrachteten Objekts ergibt sich bei einer Überdämmung von 6 cm eine Situation, die sowohl bei einer feuchtevariablen Dampfbremse als auch bei einer starren Dampfbremse zu einem ähnlichen Verlauf des Wassergehalts der oberen OSB-Platte führt.

Nur geringe Verschattung: Vorteile bei feuchtevariabler Dampfbremse

Bei einem kleinen Teilbereich einer ver-schatteten Dachfläche wird niemand die unbestrittenen Vorteile einer feuchtevari-ablen Dampfbremse für den ungestörten Bereich infrage stellen, sondern diese voll-flächig einsetzen. Eine Lösung ist hier eine Überdämmung in den verschatteten Be-reichen mit druckfesten Dämmstoffen und deren Eignung für den Einsatz über der Ab-dichtungsbahn. Auf dieser werden dann die Beschwerungswannen oder -rahmen der Module abgestellt.

Die Oberfläche der Balkonabdichtung in unserem Beispiel ist selbst bei einer idea-len Südausrichtung durch die geschlossene Brüstung verschattet. Hinzu kommt, dass

sich über der Abdichtung in der Regel ein Gehbelag als Holzbelag oder im ungüns-tigsten Fall aus hellgrauen Betonplatten im Kiesbett befindet. Auch in diesem Fall schwingt sich der Wassergehalt der oberen Holzwerkstoffplatte nicht ein.

Selbst unter Berücksichtigung eines q50-Wertes von 1,0 m³/hm² nähert sich die Materialfeuchte der Holzwerkstoffplat-te nach sieben Jahren dem Grenzwert von 18 M-% an. Sowohl die feuchtevariable als auch die starre Dampfbremse weisen hier eine annähernd gleiche Entwicklung des Wassergehalts der Holzwerkstoffplatte auf.

Überdämmung der Holzwerkstoff-platte in Betracht ziehen

Auch hier bietet es sich an, eine Über-dämmung der Holzwerkstoffplatte einzu-planen. Im Rahmen der Verschärfung der EnEV 2016 für den Neubau als auch im energieeffizienten Bauen ist eine gesplittete Dämmung zwischen der tragenden Balken-konstruktion und einer Ebene zwischen Schalung und Dachbahn auch im Hin- blick auf übliche Konstruktionshöhen sinnvoll.

In unserem Fall führt eine 80  mm dicke Überdämmung WLG 030 zu einer gebrauchstauglichen Konstruktion für beide betrachteten Dampfbremsen (siehe Diagramme 9 und 10, Seiten 10 und 11).

▾ Diagramm 10: Eine 80 mm dicke Überdämmung WLG 030 führt zu einer gebrauchstauglichen

Konstruktion für beide betrachteten Dampfbremsen.

Abbildung mit PE-Folie

OSB/4 PUR

1.1.2015 1.1.2017 1.1.20201.1.2016 1.1.20191.1.2018 1.1.202112.8187

13.793

13.2590

14.1496

14.58

15.02

99

102

Was

serg

ehal

t [kg

/m²]

Was

serg

ehal

t [M

.-%

]

Durch eine Überdämmung verschiebt man die Feuchte in eine wärmere und weniger kritische Bauteilebene.

12 mikado plus September 2014

Feuchtigkeit Ursachenforschung II

Aufgrund der Kiesschicht unter dem Bal-konbelag und deren Abbildung gemäß dem Leitfaden zur Berücksichtigung von be-kiesten Dächern des Fraunhofer IBP ergibt sich für den Balkon eine andere Lösung als für die durch den Kollektor verschat-tete Dachfläche.

Hier eine „realitätsnahe Abbildung“ zu berücksichtigen, ist nicht so einfach, denn unter unserem Kollektor könnte ja auch eine Kunststoffwanne mit Kiesbeschwe-rung liegen. Dann hätten wir nicht nur eine Feuchtequelle im Kies aufgrund der Regen-wasseraufnahme, sondern auch noch eine zusätzliche Dampfbremse durch die Kunst-stoffwanne. Allerdings wäre ja die Regen-wasseraufnahme der Kiesschicht geringer, da diese durch den Regenschirm-Kollektor abgedeckt ist.

Bei einer reduzierten Infiltration lässt sich die Überdämmung mindern

Unter der Annahme einer reduzierten In-filtration lässt sich die Dicke der notwen-digen Überdämmung wesentlich mindern bzw. es kann gegebenenfalls auf sie ver-zichtet werden. Im Bild auf Seite 10 rechts unten ist eine Decke unter dem Balkon am ersten Tag nach der Rohbaumontage

abgebildet. Bei der Luftdichtheitsmessung mit Leckage-Ortung wird man Mühe haben, eine Fehlstelle zu finden. Für Sachverstän-dige oder beratende Ingenieure gehört es zu den Berufsaufgaben, hier eine Bewer-tung vorzunehmen. Hier einen reduzierten q50-Wert von 0,5 m³/hm² im Nachweis zu berücksichtigen, ist legitim (siehe Foto Sei-te 10, rechts unten).

Auch die Beanspruchung durch den Nutzer muss eingeplant werden

Es gibt neben der Luftinfiltration, den zu-sätzlichen Feuchtequellen, der Geschos-sigkeit, dem Klimastandort, den internen Feuchtelasten usw. eine nicht zu ver-nachlässigende Beanspruchung: den Nut-zer. Für diesen muss die Konstruktion ge- plant werden.

Wer beabsichtigt, sich mal einen Auto-anhänger zu kaufen, zahlt beim Auto auch den Mehrpreis für die Anhängerkupplung. Wer sich großflächig auf dem Dach PV-Module wünscht, muss diese nicht nur be-züglich des Feuchteschutzes, sondern auch unter Berücksichtigung der zusätzlichen Lasten planen. Der Unternehmer muss im Gegenzug die Mehrkosten vergütet bekom-men, nur so wird es funktionieren. ▪

▾ Auszug der Darstellung der Feuchteverteilung bei einem Flachdach

Messfeld 1

0,0

10,0

10,0

40,0

20,0

30,0

40,019,2

20,0 30,0

0,0[cm]

19,1

20,5

22,4

17,8

17,9

17,7

23

17,8

19,6

37,5

69,4

74,1

41,1

49,6

17,8

18,4

57,4

42,1

17,6

13,9

6054,0148,0242,0336,0430,0524,0618,0712,086,090,1

15,6

19,4

16,4

21,4

Wer sich großflächig PV-Module auf dem Dach wünscht, muss diese bezüglich Feuchteschutz und zusätzlicher Lasten einplanen.

www.mikado-online.de 13

Sicherheit Vorgaben-Verschärfung

Es ist häufig schwer zu verstehen, warum man Dinge, die sich bewährt

haben, ändern soll. Die DIN 68800-2 sieht bei den nachweisfreien Konstruktionen un-ter A23 auch noch die Variante der Dä-cher mit einer Dampfbremse von sd 50 bis 100 m vor, hier begrenzt auf Loggien und Dachterrassen mit einer Größe bis 10 m². Damit sollen praktikable und wirtschaft-liche Lösungen für Balkone und Terras-sen über Wohnräumen geschaffen werden. Diese von einzelnen Experten als „Lex- Fertigbau“ bezeichnete Variante hat durch-aus ihre Berechtigung, auch für größe-re Flächen!

Die für diesen Artikel durchgeführten Berechnungen nach DIN EN 15026 bele-gen in vielen Bereichen die Gleichwertig-keit mit den diffusionsoffenen variablen Dampfbremsen.

Ein nordorientierter Balkon, durch Brüs-tungen und/oder Dach komplett verschat-tet, dazu wohnzimmerartig möbliert und mit hellen Betonplatten belegt, funktioniert

einfach nicht mit einer einfachen vari-ablen Dampfbremse. Von dem Problem, dass gemäß DIN 68800-2 die variablen Dampfbremsfolien eine Zulassung haben müssen, die es bisher nicht gab und auch kurzfristig nicht zu erwarten ist, erst gar nicht zu reden.

Dass diese Ausnahme auf vorgefertigte Elemente abstellt, kommt zwar sicher den industriellen Herstellern entgegen, ist aber gerechtfertigt. Nur bei werkseitig vorgefer-tigten Elementen aus einer überwachten Produktion mit trockenem Holz und un-terseitig weitgehend luft- und dampfdicht ausgeführter Abdeckung kann das Haupt-risiko einer zu hohen Ausgangsfeuchte und einer zu hohen Baufeuchte durch die Ge-werketrennung zumindest weitgehend aus-geschlossen werden.

Nach Ansicht des Autors ist gegen die-se Konstruktion nichts einzuwenden, wenn Folgendes beachtet wird: ▸ Holzfeuchte < u = 15 M.-%, möglichst ≤ 12 M.-%

Konstruktionen

Öfter mal was Neues Bei der Holzfeuchte ist dafür zu plädieren, sich nicht mit

den Vorgaben der DIN-Norm zu begnügen. Zusätzliche Sicherheit bringt

außerdem die Vorfertigung der Elemente.

▴ Bei diesem Flachdach war die obere Schalung partiell nach

ca. zehn Jahren völlig morsch, in weiten Bereichen aber noch

komplett intakt. Ursache war der schattenspendende Baum

14 mikado plus September 2014

Sicherheit Vorgaben-Verschärfung

▸ Überprüfung und Dokumentation der Feuchte von Balken und Schalungen un-mittelbar vor dem unteren dampf- und luftdichten Verschluss der DachelementeMit dieser Ansicht steht der Autor nicht

allein da, sie wird auch vom Vorsitzenden des Normenausschusses, Herrn Borimir Ra-dovic, geteilt, war aber im Normenaus-schuss wohl nicht durchsetzbar.

Zu guter Letzt

Die heute dominierenden variablen bzw. feuchteadaptiven Dampfbremsen als All-heilmittel für unbelüftete, voll gedämmte Flachdachkonstruktionen sind auch kri-tisch zu betrachten. Sie können Fehler zum Zeitpunkt der Errichtung durch einen zu großen Feuchteeintrag nur zum Teil kom-pensieren.

Das baurechtliche Hauptproblem ist der Umstand, dass die DIN 68800-2 unter 7.5

festlegt, dass die feuchtevariablen Dampf-bremsen einen bauaufsichtlichen Verwend-barkeitsnachweis besitzen müssen. Bisher ist aber noch keine derartige Folie in Sicht, die über einen solchen Nachweis verfügt. Das wird noch eine Weile dauern.

Das nächste Problem besteht darin, dass eine Vielzahl der vollgedämmten, unbe-lüfteten Dächer, wie unsere Berechnungen zeigen, mit den variablen Dampfbremsen eben nicht funktionieren, jedenfalls nicht mit jeder dieser Folien und nicht unter allen Bedingungen. Die bisher am Markt befind-lichen Folien zeigen starke Schwankungen der Spreizung zwischen dem unteren und dem oberen sd-Wert.

Es ist wichtig, dass auch die Folie ein-gesetzt wird, mit welcher der zwingend erforderliche Nachweis geführt wurde! Ganz entscheidend ist die Einhaltung der in der Berechnung angesetzten Randbe-dingungen. Sofern ohne Belag und mit

▴ Ein nordorientierter Balkon. Die Betonplatten sind bereits abgenommen. Ein punktueller Einbruch der Schalung ist erkennbar und wird nach dem Öffnen der Abdichtung noch deutlicher, darunter starker Pilzbefall. Die Anamnese brachte Klarheit. An der Stelle stand ein schatten- spendender Gartentisch

▸ Eine unfertige Pultdachfläche wird sich im Winter schnell

auffeuchten. Noch schneller geht es bei einem Flachdach mit

Abdichtung und Dämmung, aber ohne unterseitige Bekleidung

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Sicherheit Vorgaben-Verschärfung

dunkler Abdichtung gerechnet wurde, ger-ne auch noch südorientiert, muss die Frage gestattet sein, ob ein derartiges Dach noch gebrauchstauglich ist.

Abgesehen von der Notwendigkeit, die Verschattungsfreiheit baurechtlich sicher-zustellen, muss sie natürlich auch pri-vatrechtlich sichergestellt sein. Selbst bei einem offenen Loggia-Geländer muss das Anbringen einer Sichtblende unterbleiben.

Eine großzügig verschattende Möblie-rung muss ebenso im Sommer vermieden werden, zudem auf dem Dach Solaran- lagen und Parabolspiegel etc. Und was ist mit dem Gehbelag? Eventuell wurde mit Holzrost gerechnet, aber später Betonwerk-steinplatten auf Splitt aufgelegt.

Kurzum, wenn das alles ausgeschlossen werden soll bzw. muss, wäre es im Vertrag zu fixieren. Welcher Bauherr aber wird das Dach bzw. die Loggia dann noch als ge-brauchstauglich ansehen? Wohl keine gu-ten Argumente für den Holzbau.

Wenn schon eine derartige Konstruktion gewählt wird, dann aber mit realistischen, rechnerischen Ansätzen, also verschattet, ungünstiger Belag, helle Farbe, die kor-rekte variable Dampfbremse etc. Ein ent-sprechender Nachweis nach DIN 15026 ist Pflicht!

Wenn aber das Gebäudekonzept zum Beispiel bei einer aus dem Wohnbereich herauslaufenden Flachdachdecke keine abgeänderte Konstruktion ermöglicht, hat die vollgedämmte, unbelüftete Konstruk-tion mit einer Dampfbremse mit einem sd-Wert von 50 bis 100 m sehr wohl immer noch ihre Berechtigung, ggf. mit zusätz-licher Überdämmung, sofern konstruktiv möglich.

Wegen der geringen Fehlertoleranz unbelüfteter Flachdächer sollte dabei al-lerdings auf Folgendes unbedingt ge- achtet werden: ▸ Trockenes Holz!Wenngleich die DIN 68800-2 hier u = 15 M.- % nennt, um 12 M.- % sind besser und bieten deutlich mehr Sicherheit.

▸ Sachgerechter Bauablauf!Am besten werkseitig komplett vor-gefertigt, unterseitig weitgehend luft- und zumindest dampfbremsend ge-schlossene fertige Elemente. Ansonsten

ist die Konstruktion unverzüglich nach Aufbringen der Dachabdichtung zu komplettieren.

▸ Die Dachabdichtung ist in jedem Fall unmittelbar auszuführen, die Ein-wirkung von nennenswerten Nieder-schlägen während der Montage zu vermeiden. Eventuell erforderliche Notabdichtungen sind sorgfältig und gewissenhaft unmittelbar auszuführen.

▸ Dokumentation der Holzfeuchte.Sowohl vor der Herstellung der Ele-mente wie vor abschließender Fertig-stellung am Objekt, ganz besonders bei nicht vorgefertigten Dächern, muss die Feuchte vor dem unterseitigen Ver-schluss gemessen und protokolliert werden. Liegen Feuchtewerte deutlich oberhalb 15 M.- % vor, ist eine sachge-rechte Abtrocknung vor Fertigstellung zwingend nötig.

▸ Die Luftdichte der Konstruktion ist weitgehend sicherzustellen. Sofern die raumseitige Gipskartonplatte die Funk-tion der luftdichten Ebene übernimmt, ist diese auch ohne Messung visuell kontrollierbar. Allerdings müssen in dieser Ebene durchdringende Schäch-te, Rohrleitungen und auch Leerrohre unbedingt – wie auch bei belüfteten Flachdächern – sorgfältig abgedichtet werden. ▪

Die Autoren

Ernst-Ullrich Köhnke hat als Sachverständiger jahr-zehntelange Erfahrung im Holzbau. Er ist Inhaber eines Ingenieurbüros für Holzbau, Fertigbau und Bauphysik. Von ihm stammen Text und Fotos für diese Ausgabe von mikadoplus. Ing.-Büro E.U. Köhnke GmbH D-49843 Uelsen www.eu-koehnke.de

Jan Balkowski ist Beratender Ingenieur. Er leitet mit seiner Frau zusammen das Ingenieurbüro Trinity Consulting. Von ihm stammen als Co-Autor Teile des Textes. Das Büro hat die hygrothermischen Simula-tionen erstellt. Ingenieurbüro Trinity Consulting D-31311 Uetze www.trinityconsulting.de

Weitgehend sicher- zustellen ist die Luftdichte der Konstruktion.

Die Holzfeuchte muss gemessen und protokolliert werden.

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