Polarisation Version vom 20. Februar 2018 - univie.ac.at · ein Polarimeter aus zwei Polarisatoren,...

17

Transcript of Polarisation Version vom 20. Februar 2018 - univie.ac.at · ein Polarimeter aus zwei Polarisatoren,...

PS5

Polarisation

Version vom 20. März 2019

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeine Grundlagen 11.1 Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Polarimetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2 Brewster Winkel 32.1 Grundlagen - Brewster'sches Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Versuchsaufbau und Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

3 Spannungsoptik 73.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

3.1.1 Theorie der Spannungsoptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103.3 Versuchsaufbau und Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.4 Hinweise zu Auswertung und Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

4 Drehung der Polarisationsebene (Optische Aktivität) 124.1 Grundlagen - Drehung der Polarisationsebene . . . . . . . . . . . . . . . . 124.2 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134.3 Versuchsaufbau und Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134.4 Hinweise zur Fehlerrechnung und zum Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . 15

PS5 1 Allgemeine Grundlagen

1 Allgemeine Grundlagen

1.1 Polarisation

Elektromagnetische Wellen (und somit Licht) sind transversal, d.h. der elektrische Feldvek-tor ~E und der magnetische Feldvektor ~B stehen immer senkrecht zur Ausbreitungsrichtung~k. Sie sind daher polarisierbar. Zeigt ~E immer nur in eine Richtung, ist lineare Polari-sation gegeben; ~k und ~E legen die Polarisationsebene (Schwingungsebene) fest. Schwingtdie elektrische Feldstärke in einem Punkt so, dass die Spitze des Feldvektors auf einerEllipse bzw. einem Kreis (Spezialfall der Ellipse) umläuft, so ist das Licht elliptisch bzw.zirkular polarisiert. Jede elliptisch polarisierte Welle kann man in zwei zueinander senk-recht schwingende linear polarisierten Wellen, die eine Phasendi�erenz aufweisen, zerlegen.Ebenso lässt sich linear polarisiertes Licht in zwei gegenläu�g zirkular polarisierte Wellenmit halber Amplitude zerlegen. Zur Erzeugung und zum Nachweis von linear polarisier-tem Licht nützt man insbesondere folgende physikalische Eigenschaften von Sto�en aus:Doppelbrechung, Dichroismus und Re�exion/Brechung.

1.2 Polarimetrie

Der Polarisationszustand von Licht und insbesondere die Änderung dieses Zustandes beimDurchgang durch Proben wird mit Polarimetern untersucht. Im einfachsten Fall bestehtein Polarimeter aus zwei Polarisatoren, also Komponenten, die in der Lage sind, unpolari-siertes Licht in linear polarisiertes zu verwandeln (siehe Abb. 1).

Abbildung 1: Aufbau eines einfachen Polarimeters (schematisch).

Der erste Polarisator erzeugt aus dem unpolarisierten Licht der Lichtquelle linear polari-siertes Licht, der zweite ermöglicht die Untersuchung der Polarisation nach dem Durchgangdes Lichtes durch eine Probe (daher �Analysator�).

Als Polarisatoren werden meist Prismen aus doppelbrechenden Kristallen oder auch Po-larisations�lter verwendet. In Polarisationsprismen (Nicol'sches Prisma, Glan-Thompson-

- 1 -

PS5 1 Allgemeine Grundlagen

Prisma etc.) wird Licht in zwei Bestandteile zerlegt, die senkrecht zueinander polarisiertsind (ordentlicher und auÿerordentlicher Strahl). Einer dieser Strahlen wird aus demStrahlengang hinaus re�ektiert, sodass nur mehr Licht einer Polarisationsrichtung übrig-bleibt. Polarisations�lter bestehen aus Kunststo�en, in denen die optische Absorptionanisotrop (also richtungsabhängig) ist (Dichroismus). Eine Polarisationsrichtung wirdwesentlich stärker absorbiert als die senkrecht zu ihr stehende, wodurch durchgehendesunpolarisiertes Licht in linear polarisiertes verwandelt wird.

Prinzipiell wird bei Messungen mit dem Polarimeter folgende Methode verwendet: oh-ne Probe werden Polarisator und Analysator gekreuzt, sodass der Betrachter keine bzw.minimale Lichtintensität wahrnimmt (Nullabgleich), dann erst wird die Probe eingefügt.Bestimmte Proben ändern die Polarisation des Lichtes und der Betrachter sieht wiedereine gewisse Intensität. Jetzt wird durch Drehen des Analysators wieder ein Nullabgleichdurchgeführt. Der dazu notwendige Drehwinkel ist gleich dem Winkel, um den die Probedie Polarisation des Lichtes verändert hat. Je nach Experiment wird diese Messmethodeein wenig variiert, das Prinzip bleibt aber gleich.

- 2 -

PS5 2 Brewster Winkel

2 Brewster Winkel

Begri�e

Polarisation Re�exion, Brewster Winkel, Brechzahl (Brechungsindex)

2.1 Grundlagen - Brewster'sches Gesetz

Bei der Re�exion an einer ebenen Glasplatte gibt es für linear polarisiertes Licht, des-sen Polarisationsebene parallel zur Einfallsebene1 liegt, einen bestimmten Einfallswinkel(Brewster Winkel αB) bei dem die Re�exion verschwindet. In diesem Fall würde die Rich-tung des re�ektierten Strahles senkrecht auf der Richtung des gebrochenen Strahles stehen.Eine Erklärung gibt das sogenannte Oszillatormodell: die Moleküle im dichteren Medium(Glas) oszillieren parallel zum elektrischen Feld des gebrochenen Strahles. Entlang derOszillationsrichtung kann aber keine Energie abgestrahlt (d.h. hier re�ektiert) werden.

Abbildung 2: Re�exion und Brechung

Nach dem Brechungsgesetz (Einfallswinkel α und Brechungswinkel β in Abb. 2) gilt

n1 sinα = n2 sin β, (1)

worin n1 und n2 die Brechungsindizes bzw. -zahlen der beiden Medien sind. Da der Einfalls-winkel gleich dem Ausfallswinkel ist (Re�exionsgesetz) und im Fall α = αB re�ektierterund gebrochener Strahl aufeinander senkrecht stehen sollen (αB + β = 90◦), gilt

n1 sinαB = n2 cosαB (2)

Daraus folgt das Brewster Gesetz:

tanαB =n2

n1

(3)

1Ebene aufgespannt durch die Einfallsrichtung des Lichtstrahls und den Normalenvektor der Fläche

- 3 -

PS5 2 Brewster Winkel

Für linear polarisiertes Licht verschwindet das Re�exionsvermögen, wenn das Licht parallelzur Einfallsebene polarisiert ist und der Einfallswinkel gerade αB beträgt (siehe Abb. 3).Für den Brewster Winkel ist das an der Platte re�ektierte Licht vollständig polarisiert undzwar in der Richtung, die auf die Einfallsebene senkrecht steht. Dieser E�ekt kann benutztwerden, um aus unpolarisiertem Licht linear polarisiertes zu erzeugen.

Abbildung 3: Re�exionsvermögen für linear polarisiertes Licht (Rs ... senkrecht zur Ein-fallsebene polarisiertes Licht, Rp ... parallel zur Einfallsebene polarisiertesLicht), berechnet für den Fall n1 = 1 (Vakuum) und n2 = 2.

2.2 Aufgaben

1. Demonstrieren Sie die Polarisierbarkeit des Lichtes durch Re�exion, indem Sie diean einer planparallelen Platte re�ektierte Lichtintensität messen. Führen Sie dieseMessung sowohl für parallele als auch für senkrechte Polarisation durch. BestimmenSie den Brewster Winkel und berechnen Sie den Brechungsindex der Platte.

2.3 Versuchsaufbau und Durchführung

Lassen Sie linear polarisiertes Licht, dessen Polarisationsebene entweder parallel oder senk-recht zur Einfallsebene liegt, auf eine planparallele Platte fallen (Abb. 4). Als Polarisatordient ein Glan-Thompson-Prisma. Messen Sie die Intensität (= Strahlungs�uÿdichte) des

- 4 -

PS5 2 Brewster Winkel

re�ektierten Lichtes mit Hilfe eines Photowiderstandes und eines Mikroamperemeters. Diegemessene elektrische Stromstärke I ist proportional zur Intensität des Lichtes.

Abbildung 4: Anordnung zur Messung des Brewster Winkels

Bestimmen Sie zuerst den Nullpunkt der Winkelablesung: Amperemeter in den 3-mA-Bereich schalten, Platte aus dem Strahlengang nehmen, den Photowiderstand direkt be-leuchten. Bei maximalem Ausschlag lässt sich der Nullpunkt der Winkelmessung ablesen.

Beginnen Sie mit der senkrechten Polarisation. Diese stellen Sie ein, indem Sie den Pola-risator VORSICHTIG so drehen, dass die Strichmarkierung mit der seitlichen Markierungam Gehäuse der Lichtquelle zur Deckung kommt. Die Polarisationsrichtung des Prismasist auf der Fassung des Prismas durch zwei weiÿe Striche gekennzeichnet. Drehen Sie dannden Photodetektor um einen Winkel δ und stellen Sie die Platte so in den Strahlengang,dass der re�ektierte Strahl zum Detektor gelangt. Aus dem gemessenen δ ergibt sich derEinfallswinkel α mit einer einfachen geometriscfhen Überlegung (siehe Abb. 4). Messen Siedann für verschiedene Einfallswinkel zwischen 35◦ und 65◦ den Photostrom (ACHTUNG:Höhere Emp�ndlichkeit wählen). Schritte von 5◦ sind für diese Polarisation ausreichend(vgl. dazu Abb. 3).

Dann drehen Sie den Polarisator in die parallele Orientierung (obere Markierung auf demLampengehäuse) und führen die Messung im gleichen Winkelbereich durch. Zur grobenBestimmung des Re�exionsminimums genügen vorerst wieder Schritte zu 5◦, es wird aller-dings zweckmäÿig sein, nahe des Minimums noch einige Zwischenwerte zu messen.

- 5 -

PS5 2 Brewster Winkel

Tragen Sie in zwei Diagrammen I als Funktion des Einfallswinkels auf. Aus der Kurvefür die parallele Polarisation bestimmen Sie den Brewster-Winkel und seinen Fehler (Be-stimmung �nach Augenmaÿ� genügt!). Geben sie den Brewster-Winkel, den zugehörigenBrechungswinkel und den Brechungsindex der Platte inklusive Fehler an.

- 6 -

PS5 3 Spannungsoptik

3 Spannungsoptik

3.1 Grundlagen

Begri�e

Spannungs-Doppelbrechung, Isoklinen, Isochomaten

3.1.1 Theorie der Spannungsoptik

Doppelbrechung tritt in optisch anisotropen Medien auf, d.h. in Medien mit richtungsab-hängigen Eigenschaften. In anisotropen Kristallen legt die kristallographische Hauptach-se eine optische Vorzugsrichtung fest, die optische Achse. Einen Kristall, der nur einesolche Vorzugsrichtung besitzt, nennt man optisch einachsig (uni-axial). Grundsätzlichkönnen sich im Inneren eines optisch einachsigen Kristalls nur linear polarisierte Wellenfortp�anzen, nämlich der ordentliche Strahl (senkrecht zum Hauptschnitt polarisiert)2 undder auÿerordentliche Strahl (parallel zum Hauptschnitt polarisiert. Unpolarisiertes Lichtwird deshalb in zwei Komponenten aufgespalten. Die beiden Strahlen haben verschiedeneFortp�anzungsgeschwindigkeiten, d.h. ihnen entsprechen verschiedene Brechungsindizes.Nur wenn die Ausbreitung des Lichtes parallel zur optischen Achse erfolgt, �ndet keine

Aufspaltung statt.

Elastische Körper werden bei Kompression (oder Dehnung) optisch einachsig, wobei dieRichtung der Kompression aus Symmetriegründen zur optischen Achse wird (Spannungs-Doppelbrechung) Dies wird z.B. in der optischen Spannungsprüfung ausgenützt, wobei eindurch mechanische Belastung inhomogen verspannter oder ein schlecht gekühlter optischerBauteil typische Spannungs�guren (Isochromaten und Isoklinen) bei Betrachtung durchgekreuzten Polarisator und Analysator zeigt.

Der allgemeine Fall einer Verformung, die ein Material optisch anisotrop macht, ist inAbb. 5 gezeigt. Die Probe ruht auf zwei Schneiden und wird von oben mit nur einer Schnei-de nach unten gepresst. Die Spannung innerhalb der Probe ist dann anisotrop und lässtsich mittels zweier Hauptspannungsachsen beschreiben, welche beide zu optischen Achsendes Systems werden. Ein solches Material wird optisch zweiachsig (bi-axial) genannt.

Zum tieferen Verständnis verfolge man den Weg eines monochromatischen Lichtstrahlsdurch eine einfache spannungs-optische Anordnung (Abb. 5). Der Polarisator lässt nur inder Vertikalen schwingendes Licht durch. Den von ihm kommenden Lichtstrahl stellen wirdaher durch einen vertikal stehenden Vektor A dar, dessen Gröÿe mit der Zeit t nach einemSinusgesetz veränderlich zu denken ist: A = A0 sinωt, wobei A0 seine Amplitude und ω

2Ebene gebildet durch optische Achse und Ausbreitungsrichtung.

- 7 -

PS5 3 Spannungsoptik

die Kreisfrequenz der monochromatischen Lichtschwingung ist.

Abbildung 5: Spannungs-Doppelbrechung

An jeder Stelle der Probe, also auch dort, wo der Lichtstrahl hindurchgeht, herrsche ein ebe-ner Spannungszustand, der durch Gröÿe und Richtung der beiden (aufeinander senkrechtstehenden) Hauptspannungen σ1, und σ2, de�niert ist. Die Neigung der Hauptrichtungengegen Horizontale und Vertikale sei α.

Für die Veränderung des Lichtes in der belasteten Probe gilt nun das Maxwell-WertheimscheGesetz. Der Lichtvektor A wird in Komponenten nach den beiden Hauptrichtungen zerlegt,und für die Fortp�anzung dieser Komponenten A1 und A2 in der Probe gelten verschiede-ne Brechungsindizes n1 und n2; deren Abweichung gegenüber dem Brechungsindex n0 derunverspannten Probe ist den Hauptspannungen σ1 und σ2 proportional:

n1 = n0 + C1σ1 + C2σ2 n2 = n0 + C1σ2 + C2σ1 (4)

C1 und C2 sind Materialkonstanten. Es tritt also eine Doppelbrechung � die sogenannteSpannungsdoppelbrechung � auf.

Die Geschwindigkeiten v1 und v2 der beiden Lichtkomponenten sind:

v1 =c

n1

v2 =cn2

(5)

wobei c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum bedeutet. Der Unterschied der Laufzeiten t1und t2 der beiden Wellen in der Probe mit der Dicke d berechnet sich zu:

t1 − t2 =d

v1− d

v2=d

c(n1 − n2) (6)

- 8 -

PS5 3 Spannungsoptik

und daraus, indem man mit der Lichtgeschwindigkeit vL in der Luft multipliziert derGangunterschied s, den die beiden Wellen nach Verlassen der Probe gegeneinander haben,zu

s = d(n1 − n2)vLc

(7)

Indem wir s durch die Wellenlänge λL in Luft dividieren, erhalten wir die sogenannte�relative Phasenverschiebung� δ, d.h. den Gangunterschied in Vielfachen der Wellenlänge:

δ =s

λL=d

λ(n1 − n2) (8)

wobei λ die Wellenlänge im Vakuum ist (Man beachte: vLc= λL

λ).

Aus den Gleichungen 4 lässt sich die sogenannte �Doppelbrechung� n1 − n2 als Funktionder Spannungen angeben:

n1 − n2 = (C1 − C2)(σ1 − σ2) = C(σ1 − σ2) (9)

(wobei C1−C2 zu einer einzigen Konstanten C zusammengefasst wurde), womit wir schlieÿ-lich für die relative Phasenverschiebung folgendes erhalten:

δ =C

λ(σ1 − σ2)d (10)

Diese Beziehung heiÿt Hauptgleichung der Spannungsoptik. In der Literatur wird meistnicht die Konstante C, sondern die Spannungsoptische Konstante S angegeben: S = λ/C.Die übliche Einheit ist N/mm.

Die beiden linear polarisierten Wellen A1 und A2 überlagern sich nach dem Austritt ausder Probe und bilden zusammen eine Welle, deren Polarisation von der Phasendi�erenz ab-hängt. Bei dieser Überlagerung (�Superposition�) titt keine Interferenz auf, weil die beidenLichtvektoren senkrecht aufeinander stehen! Die resultierende Welle ist im Allgemeinenelliptisch polarisiert, für bestimmte Werte von δ aber auch zirkular (δ = 1/4) oder linearpolarisiert (δ = 1/2), mit einer um 90◦ gedrehten Polarisationsebene.

Die Wirkung des Analysators auf die Welle kann man sich auch dadurch erklären, dassman sich die Welle weiterhin in die beiden senkrecht polarisierten Wellen zerlegt denkt.Der Analysator steht gekreuzt zum Polarisator und lässt daher nur die horizontalen Kom-ponenten H1 und H2 durch, welche in der gleichen Polarisationsebene schwingen und daherinterferieren können. An Hand des Parallelogramms, das die Zerlegung von A nach A1 undA2 veranschaulicht, stellt man zunächst leicht fest, dass die Amplituden von H1 und H2

gleich sind. Die resultierende Welle ist daher Null, wenn H1 und H2 in Gegenphase sind.Ob vom Analysator Licht durchgelassen wird oder nicht, hängt also von der Phasenver-schiebung δ und damit zufolge der Hauptgleichung von (σ1 − σ2) ab.

Ist am betrachteten Punkt der Probe σ1 − σ2 = 0, so ist auch δ = 0. H1 und H2 sind inGegenphase und heben sich auf: wir haben Dunkelheit an dieser Stelle. Denken wir unsnun σ1−σ2 anwachsend, bis δ = 1/2 ist, so beträgt die Phasenverschiebung jetzt eine halbe

- 9 -

PS5 3 Spannungsoptik

Wellenlänge; die beiden Schwingungen addieren sich, und wir haben ein Helligkeitsmaxi-mum. Bei weiterem Anwachsen von δ nimmt die Helligkeit wieder ab, bis bei δ = 1 diebeiden Wellen wieder in Gegenphase sind und sich gegenseitig auslöschen. Dieser Vorgangwiederholt sich bei weiterer Steigerung von σ1 − σ2 in gleicher Weise, so dass bei ganzzah-ligem δ immer vollkommene Verdunkelung und dazwischen Aufhellung eintritt. Da dieseAbhängigkeit der Helligkeit von σ1 − σ2 in gleicher Weise für alle Punkte der Probe gilt,erscheinen alle Punkte, wo δ die gleiche ganze Zahl ist, durch dunkle Linien verbunden, dieman Isochromaten nennt, und zwar spricht man, je nachdem ob δ = 0, 1, 2, . . . ist, von derIsochromate 0., 1., 2. Ordnung usw. Die Isochromaten sind, wie aus der Hauptgleichungfolgt, experimentell gefundene Linien gleicher Hauptspannungsdi�erenz σ1−σ2. Die Gröÿeder Hauptspannungsdi�erenz ist der Ordnungszahl proportional.

In dem Experiment, das Sie durchführen werden, wird die Probe nicht anisotrop, wie inAbb. 5, sondern mit einem gleichmäÿigen Druck in Richtung der Längsachse des Proben-körpers belastet. Diese Längsachse wird dadurch zur optischen Achse des Systems (uni-axiales Material). Licht, das senkrecht zur Längsachse einfällt, wird in einen ordentlichenund einen auÿerordentlichen Strahl aufgespalten, welche senkrecht zueinander polarisiertsind. In der Hauptgleichung ist in diesem Fall σ2 = 0 zu setzen. Sonst bleibt die obigeBeschreibung gültig: für δ = 0, 1, 2, . . . erhält man Verdunkelung, dazwischen Aufhellung.

Auÿer den Isochromaten treten im linear polarisierten Licht auf der belasteten Probe nochandere dunkle Linien auf. Fällt nämlich eine der beiden Hauptspannungsrichtungen mitder Polarisationsrichtung zusammen (α = 0◦ oder 90◦), so wird, wenn wir den LichtvektorA wieder nach den Hauptrichtungen zerlegen, die eine Komponente Null. Folglich gehtdann der Lichtstrahl ohne Geschwindigkeitsaufspaltung durch die Probe und wird vomAnalysator vollständig absorbiert. Daher erscheinen alle Punkte der Probe, in denen dieHauptspannungen die gleiche Richtung, und zwar die Polarisationsrichtung besitzen, durchdunkle Linien verbunden, die man als Isoklinen oder Richtungsgleichen bezeichnet.

Besteht der linear polarisierte Lichtstrahl aus weiÿem Licht, so tritt die vorher geschilder-te Wirkung für jede Lichtwelle entsprechend ihrer Wellenlänge ein. In der Hauptgleichungsteht die Wellenlänge λ im Nenner, folglich werden mit steigendem σ1−σ2 die ganzzahligenPhasenverschiebungen δ für die kürzeren Wellenlängen früher erreicht als für die längeren.Ausglöscht wird immer nur derjenige Lichtanteil, für dessen Wellenlänge die Phasenver-schiebung δ ganzzahlig ist. Die Isochromaten erscheinen daher nicht dunkel, sondern in derKomplementärfarbe der ausgelöschten Wellenlänge und sind somit Linien gleicher Farbe,was auch ihr Name besagt. Nur die Isochromate nullter Ordnung erscheint dunkel. DieIsoklinen erscheinen dagegen auch im weiÿen Licht immer dunkel, da hier die Auslöschungunabhängig von der Wellenlänge ist.

3.2 Aufgaben

Messen Sie die Spannungsoptische Konstante und demonstrieren Sie so die Spannungs-Doppelbrechung.

- 10 -

PS5 3 Spannungsoptik

3.3 Versuchsaufbau und Durchführung

Der Versuchsaufbau besteht aus einer hydraulischen Presse, zwei Polarisations�ltern, einermonochromatischen Lichtquelle und mehreren quaderförmigen Proben aus Plexiglas.

Führen Sie zum ersten Verständnis mit einer der am Platz liegenden Proben einen qualita-

tiven Versuch durch. Spannen Sie die Probe so in die Presse ein, dass ein möglichst groÿerDruck erzeugt werden kann. Bauen Sie danach eine einfache Polarimeter-Anordung auf,indem Sie die beiden Polarisations�lter vor und hinter der Probe plazieren (aus Ihrer Sicht,von vorne betrachtet). Hinter den Polarisator stellen Sie eine weiÿe Lichtquelle (Schreib-tischlampe). Überlegen Sie, in welcher Stellung Polarisator und Analysator (in Bezug aufdie Spannungsrichtung) günstiger Weise stehen sollen, damit keine Isoklinen entstehen;der Pressdruck wirkt im Mittel nur entlang der Probenachse, somit ist die optische Achseparallel zur Probenachse: σ1 = Pressdruck und σ2 = 03. Stellen Sie dabei auch fest, wiedie Spannungsverteilung in der Probe unter Last aussieht (durch die Herstellung und vor-hergehende Benutzung gibt es erhebliche Restspannungen und infolge Unebenheiten derPress�ächen können Belastungsinhomogenitäten auftreten).

Zur Bestimmung der Konstanten C und S wählen sie eine Ihnen geeignet erscheinendeStelle auf der Probe und stellen Sie Polarisator und Analysator in der im Vorversuchermittelten Stellung ein (ohne Pressdruck). Ermitteln Sie mit Hilfe einer monochromati-

schen Lichtquelle (Wellenlänge auf der Lampe angegeben) für die Isochromate 0., 1., 2.,usw. Ordnung jeweils die angelegte Spannung, indem Sie laufend den Druck erhöhen.

Achtung: die rote Marke am Manometer nicht überschreiten! andernfalls ertönt ein eherschrilles Warnsignal).

3.4 Hinweise zu Auswertung und Protokoll

Tipps zur Auswertung

1) Das Manometer der Presse zeigt den erzeugten Druck an. Da die Abmessungen derKolben�äche am Gerät angegeben sind, können Sie die Kraft auf den Kolben berechnen,welche gleich der Kraft auf der Probe ist. Der Druck σ1 auf die Probe ist gleich diese Kraftdividiert durch die Querschnitts�äche der Probe.2) Beachten Sie, dass in Ihrem speziellen Fall die Hauptgleichung auch so geschriebenwerden kann: S = σ1 d/δ; daraus erhalten Sie sehr einfach S.

Geben Sie S (in der Einheit N/mm), sowie C für alle im Experiment beobachtbaren Iso-chromaten an. Bilden Sie für das Endergebnis den Mittelwert über alle Werte von S undschätzen Sie den Fehler von S aus der Streuung der Werte um den Mittelwert; eine statis-tische Fehlerrechnung erscheint angesichts der kleinen Anzahl von Werten eher fragwürdig.

3Bedenken Sie, was in den Allgemeinen Grundlagen zur Stellung des Polarisators und Analysator zuein-

ander gesagt wurde.

- 11 -

PS5 4 Drehung der Polarisationsebene (Optische Aktivität)

4 Drehung der Polarisationsebene (Optische Aktivität)

Begri�e

Optische Aktivität, Rotationsdispersion, Faraday E�ekt in der Optik

4.1 Grundlagen - Drehung der Polarisationsebene

Quarz und Zuckerlösungen haben die Eigenschaft, die Schwingungsebene von linear pola-risiertem Licht zu drehen. Diese Drehung kann im Uhrzeigersinn (Blickrichtung gegen daseinfallende Licht) - rechtsdrehend, oder gegen den Uhrzeigersinn - linksdrehend, erfolgen.Die Drehung ist abhängig von der Wellenlänge des Lichtes (Rotationsdispersion): kleineWellenlänge ergibt groÿe Drehung (analog zur normalen Dispersion der Brechung).

Die Drehung der Polarisationsebene in der Zuckerlösung lässt sich beschreiben als Aufspal-tung einer linear polarisiert eintretenden Welle in zwei entgegengesetzt zirkular polarisierteWellen mit gleicher Frequenz und halber Amplitude, aber verschiedener Phasengeschwin-digkeit. Da sich also eine zirkular polarisierte Welle schneller fortbewegt als die andere,wird nach dem Austritt die Ebene der resultierenden linear polarisierten Welle gedrehtsein (zirkulare Doppelbrechung) So schraubt sich bildlich die linear polarisierte Welle aufeiner Schrauben�äche durch die drehende Substanz hindurch.

Der gemessene Drehwinkel α einer Zuckerlösung ist proportional zur Weglänge l (Längeder Küvette, in der die Flüssigkeit enthalten ist) und zur Konzentration C. Es gilt:

α = [α] · C · l (11)

wobei unter der Konzentration der Quotient aus der Masse der gelösten Substanz in gund dem Volumen des Lösungsmittels in ml zu verstehen ist. Verwendet man Wasser alsLösungsmittel, dann de�niert man C zweckmäÿiger Weise als Quotient der Massen derSubstanz und des Wassers, weil 1 ml Wasser die Masse von 1 g besitzt. Die materials-pezi�sche Gröÿe [α] in Gleichung 11 heiÿt spezi�scher Drehwinkel oder kurz spezi�sche

Drehung der Substanz. Die Länge l wird konventioneller Weise in dm angegeben und derDrehwinkel in Grad (◦); die Einheit von [α] ist daher ◦/dm = Grad pro Dezimeter.

Im uni-axialen Quarz tritt dieser E�ekt ebenfalls auf, wird aber durch die lineare Dop-pelbrechung (Aufspaltung in zwei linear polarisierte Lichtstrahlen) überlagert. Um diezirkulare Doppelbrechung zu beobachten, muss sich der Lichtstrahl parallel zur optischenAchse ausbreiten. Die Quarzkristalle sind daher so zu orientieren, dass die optische Achsesenkrecht zur Probenober�äche steht. Bei optisch-aktiven Festkörpern de�niert man diespezi�sche Drehung analog zu Gl. 11, indem man C = 1 setzt und die Länge in mm angibt.

Manche optisch inaktive Substanzen können unter dem Ein�uss eines parallel zur Strahl-richtung orientierten Magnetfeldes optische Aktivität aufweisen (Faraday-E�ekt).

- 12 -

PS5 4 Drehung der Polarisationsebene (Optische Aktivität)

4.2 Aufgaben

• Bestimmen Sie zur Demonstration der optischen Aktivität den Drehsinn von Quarz-stücken.

• Bestimmen Sie aus der Drehung der Polarisationsebene von Licht in einer Zucker-Lösung die spezi�sche Drehung von Zucker.

4.3 Versuchsaufbau und Durchführung

Die Messung des Drehsinnes von Quarzplatten wird mit dem Halbschattenpolarimeter von

Lippich (Abb. 6) durchgeführt. Dieses besteht aus drei hintereinander angeordneten Ni-colschen Prismen: dem feststehenden Polarisator, dem mit einem Teilkreis versehenen undum die Polarisationsachse drehbaren Analysator und einem Hilfsprisma. Letzteres be�ndetsich zwischen dem Polarisator und dem Analysator. Die �Schwingungsebene� des Hilfspris-mas ist um einen kleinen Winkel gegen jene des Polarisators gedreht, so dass nach demAnalysator die beiden Gesichtsfeldhälften von linear polarisiertem Licht unterschiedlicherSchwingungsebene ausgeleuchtet werden. Diese Vorrichtung ermöglicht eine genauere Ein-stellung des Winkels minimaler Helligkeit: bei der Messung geht man stets von gleicher

minimaler Helligkeit der beiden Gesichtshälften aus (bei geringer Helligkeit reagiert dasAuge des Menschen emp�ndlicher - Dunkelsehen).

Abbildung 6: Polarimeter nach Lippich.

Für Ihre Messungen an Quarz ist die Halbschatten-Einrichtung aber nicht wichtig, denn Siesollen nicht den Drehwinkel, sondern nur den Drehsinn von 3 Quarzstücken bestimmen.Dazu verwenden Sie weiÿes Licht (Glühbirne). Die einzelnen Wellenlängen, aus denensich das weiÿe Licht zusammensetzt, werden verschieden stark von der Drehung betro�en(Rotationsdispersion). In jeder Stellung des Analysators wird eine Wellenlänge ausgelöschtund das Licht erscheint in der Komplementärfarbe. Dreht man den Analysator in eineRichtung weiter, so sieht man eine Abfolge von Farben. Jene Richtung, in die man denAnalysator drehen muss, um die Farbfolge grün - blau - rot - gelb zu erhalten, istzugleich die Drehrichtung der zu untersuchenden optisch aktiven Substanz. Den Grund fürdiese Farbfolge können Sie leicht �nden, wenn Sie bedenken, dass die Rotationsdispersiondie gleiche Wellenlängen-Abhängigkeit zeigt wie die Dispersion der Brechung.

- 13 -

PS5 4 Drehung der Polarisationsebene (Optische Aktivität)

Für die Messungen an der Zuckerlösung wird das Polarimeter nach Laurent verwendet. DasFunktionsprinzip dieses Gerätes ist in Abb. 7 gezeigt. Die Lichtquelle L (Natriumdampf-lampe, λ ≈ 590 nm) ist im Gerät eingebaut und das Polarimeter ist mit einem Schachtausgestattet, in den die Küvetten K mit den zu untersuchenden Flüssigkeiten passen.

Abbildung 7: Polarimeter nach Laurent. Polarisator P, Analysator A, Laurent-Platte LP.

Der Unterschied zum Polarimeter nach Lippich ist, dass das Hilfsprisma durch eine Quarz-Platte (Laurent-Platte) in der Mitte des Lichtstrahles ersetzt ist, welche die Polarisationdes Lichtes um einige Grad dreht. Das Gesichtsfeld ist in 3 Felder unterteilt: die beidenäuÿeren Felder sind stets gleich hell, das mittlere ist i.A. heller oder dunkler.

Setzen Sie eine rund zehnprozentige Zuckerlösung (C = 0.1)) an. Verwenden Sie dazu wei-ÿen Rübenzucker (Techniker/in oder Betreuer/in fragen). Füllen Sie dazu in einen kleinenMessbecher aus Plastik (sollte auf dem Arbeitsplatz vorhanden sein) rund 20 ml = 20g Wasser (genauen Wert notieren) und geben Sie dann die entsprechende Menge Zuckerhinzu (auch hier genauen Wert notieren). Füllen Sie die Lösung in die Küvette und haltenSie sich dabei an die Anweisungen, die auf dem Arbeitsplatz liegen! Vorsicht: das Glas-fenster sitzt nur locker auf der Küvette! Kleine Luftblasen können Sie in der Erweiterungder Küvette am oberen Ende �fangen�. Die Länge l der Küvette beträgt 20 cm = 2 dm.

Abbildung 8: Skizze des verwendeten Polarimeters der Fa. Krüss (1 Ein-Aus-Schalter,2 Wählrad, 3 Ableselinse, 4 Beobachtungsfernrohr, 5 Skala und Nonius, 6Probenraum, 7 Polarisator, 8 Milchglasscheibe, 9 Lampe).

- 14 -

PS5 Literatur

Abb. 8 zeigt das im Praktikum verwendete Gerät (Fa. Krüss). Bei der Messung gehen Sieso vor: stellen Sie das Polarimeter ohne Probe auf minimale Helligkeit des Gesichtsfeldesein, d.h. alle drei Bereiche sollten �gleich dunkel� sein und die Grenzen zwischen ihnenverschwinden, wie in Abb. 9 links gezeigt. Stellen Sie das Fernrohr scharf ein!

Abbildung 9: Blick durch das Polarimeter. Links: abgeglichen. Mitte und rechts: nichtabgeglichen.

Lesen Sie auf der Winkelskala mit Nonius ab. Dann legen Sie die Küvette in den Pro-benschacht. Das Polarimeter ist dann nicht mehr abgeglichen (Abb. 9, rechts). Stellen dasPolarimeter erneut ein (Abb. 9 links), und lesen den Winkel ab. Hinweis: die Drehungder Polarisationsebene beträgt weniger als 20◦ - drehen Sie nicht planlos am Analysator!

Die Di�erenz der beiden Werte ergibt den Drehwinkel α. Mit Hilfe von Gleichung 11können Sie nun die spezi�sche Drehung berechnen. Für C nehmen Sie selbstverständlichden genauen Wert, den Sie verwendet haben (kann von 0.1 ein wenig abweichen!). GebenSie im Protokoll auch den Drehsinn (die Drehrichtung) der Zuckerlösung an! BedenkenSie dazu: mit dem Wählrad am Polarimeter drehen Sie die Hauptskala, nicht den Nonius!Wenn z.B. der Nonius �nach rechts� gewandert ist, dann hat sich die Hauptskala in dieGegenrichtung gedreht (= Drehsinn der Probe).

4.4 Hinweise zur Fehlerrechnung und zum Protokoll

Schätzen Sie die Fehler der einzelnen Messungen ab: Fehler von C ergibt sich aus derGenauigkeit der verwendeten Waage, für die Länge können Sie folgende Annahme tre�en:l = (2.00 ± 0.02) dm. Zur Genauigkeit der Winkelmessung: der Nonius hat 20 Teilstriche(wie bei Schublehre), daher Ablesegenauigkeit = 0.05◦. Bedenken Sie: der Drehwinkel er-gibt sich aus 2 Ablesungen! Vergleichen Sie Ihr Resultat mit dem Literaturwert [1] (imBücherregal des Praktikums zu �nden).

Literatur

[1] Bergmann-Schaefer, Lehrbuch der Experimentalphysik, Bd. 3: Optik, Walter de Gruy-ter Verlag, 9. Au�age (1993), p. 538.

- 15 -