POLIZEI BERICHT Auge in Auge mit dem...

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POTSDAM 16 Märkische Allgemeine Zeitung Dienstag, 16. Januar 2018 Auge in Auge mit dem Wal In einer Babelsberger Videothek eröffnet Brandenburgs erster Spielplatz mit virtueller Realität Babelsberg. Haie ziehen vorbei im tiefen Blau, Rochen, winzige Fische und ein gewaltiger Wal. Er verharrt. Das große Auge, keine Armlänge entfernt, ist weit geöffnet. Dann setzt der graue Riese mit leisem Rauschen seine Reise fort. Wie ein letzter Gruß saust in weitem Bogen die Schwanzflosse heran. Stille. Bunte Quallen schweben ein. Be- rührt man sie, ist ein leichter Wider- stand zu spüren, bevor sie sich zu- sammenziehen. „The Blu“ ist der Titel des Films, bei dem man in tiefem Wasser zu schweben vermeint; auf dem Kopf eine Haube mit Brille, die den Rund- umblick ins Meer zu öffnen scheint, und Kopfhörern, die feinstes Knis- tern aus der Ferne ebenso übertra- gen wie das anschwellende Brodeln eines rasch nahenden Sardinen- schwarms, dem der dunkle Schatten eines Kraken folgt. Unten überm Grund glimmt ein Laternenfisch. Der Tauchgang ohne Schnorchel und Wasserkontakt ist das Vorführ- modell für neue Gäste im ersten Spielplatz Brandenburgs mit virtu- eller Realität. Drei jeweils zehn Quadratmeter große Kabinen hat Inhaber Andreas Klisch (56) dafür in seine Videothek am Weidendamm einbauen lassen. Die Kappe, das Headset, hängt an Kabeln von der Decke herunter. Zum Spiel gehören zwei Controller genannte Fernbe- dienungen für die Hände, mit denen man sich in einem Spiel von einem Raum in einen anderen beamen kann, während sie in einem anderen als Laserschwert oder Armbrust zur Waffe werden. „Gegen Virtual Reality sind 3-D- Kino und 360-Grad-Filme Pillepal- le“, sagt Klisch. Der entscheidende Unterschied: In seinen Kabinen ist der Spieler nicht nur mitten im Ge- schehen. Er greift auch ein. Als Kommandant der Marine im Kampf gegen eine ganze Flotte. Einge- sperrt in einem unbekannten Haus, aus dem er sich freikämpfen muss. Als Jedi-Ritter in einem Sternen- krieg. Oder auch in einem Spiel für Kinder auf einem Hühnerhof: „Tes- te deine Geschicklichkeit! Fang so viele Eier, wie du kannst!“ In dem Geschehen kann man fechten, parieren, schießen und aus- weichen, man läuft auf und ab, man muss sich ducken, zur Seite sprin- gen oder zum Schutz einen Schild in die Höhe heben, wenn der feindli- che Hieb kommt oder eine Wolke von Pfeilen. Die Wände der Kabinen sind mit grauen Schaumstoffmatten isoliert, damit man sich nicht zu sehr stößt, wenn man im Eifer des Ge- fechts dagegen rennt. Zwei Senso- ren in gegenüberliegenden Ecken platzieren den Spieler exakt in die- ser künstlichen Welt. Klisch war seit Mitte der 1980er mehr als 20 Jahre Booker und Ver- anstaltungsmanager im Linden- park. In den 1990ern war er Mit- gründer des ersten Potsdamer Inter- netcafés im Staudenhof, damals Von Volker Oelschläger mine seien nicht nur Erinnerung an die Vergangenheit, sondern hätten auch Bezug zur Gegenwart. Allein für das erste Halbjahr kön- nen die Vereine zehn hochkarätige Veranstaltungen anbieten. Auch für das zweiten Halbjahr steht schon ein Höhepunkt fest: Zusammen mit der Servicestelle „Tolerantes und Sicheres Potsdam“ wird der Verein Neues Potsdamer Toleranzedikt am 14. November darüber nachden- ken, was das 2008 von der Bürger- schaft Potsdam angenommene To- leranzedikt gebracht hat. Die Ver- anstaltungen passten hervorragend zum Jahresthema, meint Sommer. Den Vereinen und Organisatio- nen, neben der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Ge- schichte zum Beispiel auch der Ver- ein Pro Wissen oder die Stiftung Ge- denkstätte Leistikowstraße Pots- dam, aber auch das Filmmuseum oder die Französisch-Reformierte Gemeinde, ist klar, dass „Demokra- tie“ nicht die allererste Assoziation ist, die einem zur Garnison- und Be- amtenstadt einfällt. Die Veranstal- diese Doppelgesichtigkeit der Lan- deshauptstadt am Haus der Ge- denkstätte Lindenstraße 54 deut- lich: „Der Ort der Diktatur war zu- gleich ein Ort der Demokratiebewe- gung“, sagt er. Diesen „Aufbruch in die Demokratie“ durch die erste Stadtverordnetenversammlung will die Stiftung am 21. Februar feiern. Der Potsdamer Historiker Thomas Wernicke wird durch das Haus füh- ren und von dessen Geschichte er- zählen, die sich erst nach 1989 wie- der zurück zur Demokratie beweg- te. Wernicke selbst ist Zeitzeuge der neuen Potsdamer Demokratiebe- wegung vor der Wende. „Es ist nicht nur ein Haus des Schreckens“, sagt die Leiterin der Gedenkstätte, Uta Gerlant, über das Haus, das im 20. Jahrhundert zu- nächst den Nazis, danach der sowje- tischen Besatzungsmacht, schließ- lich der SED als Untersuchungs- zentrale und Gefängnis diente. Für diesen Schrecken stehe es zwar heute. „Es hat aber auch eine starke demokratische Geschichte, die wir nicht vergessen sollten.“ Potsdam war 1809 die erste Stadt in Preußen, in der die neue Steinsche Städteord- nung von 1808 wirksam wurde. Umgesetzt wurde sie in jenem Haus in der Lindenstraße. Diesen demo- kratischen Geist habe es in Potsdam immer gegeben, sagt Gerlant. „Wenn auch in der Minderheit.“ Den Auftakt der Reihe machen der Verein Neues Potsdamer Tole- ranzedikt und der Verein Prowissen am 24. Januar um 18 Uhr mit einer besonderen Ausgabe der Debatten- reihe: „Das tolerante Sofa“. Ausge- hend von einem Kubus in der Wis- senschaftsetage über das Engage- ment junger Rapper für die Demo- kratie im Senegal wird Historiker Jakob Warnecke auch aus eigenem Erleben über die junge Potsdamer Hausbesetzerszene ab 1990 spre- chen. Anschließend lässt er sich mit jungen Leuten auf dem „toleranten Sofa“ nieder. Diese werden berich- ten, was sie als junge Menschen heute politisch in Potsdam bewegt. Darauf sollen dann Vertreter hiesi- ger Parteien antworten. Mehr Info: www.potsdam.de/1025jahre Die demokratische Seite der Garnisonstadt Zehn Vereine haben aus eigener Initiative und mit eigenen Mitteln eine Reihe mit „Wegmarken der Potsdamer Demokratie“ gestemmt Potsdam. Die erste Stadtverordne- tenversammlung 1809 in der Lin- denstraße, der Freiheitskämpfer Max Dortu, der 1848 den Ruf nach bürgerlicher Freiheit aufgriff, das Frauenwahlrecht 1918 und seine Auswirkungen auf Potsdam: Die Geschichte der Landeshauptstadt ist voll von solchen Wegmarken der Demokratie. Elf Potsdamer Vereine haben sich spontan zusammenge- funden, um diesen Wegmarken in Vorträgen, Diskussionsveranstal- tungen und Führungen nachzuspü- ren. Die Reihe „Wegmarken Pots- damer Demokratie“ ist Teil des Jah- resthemas „1025 Jahre Potsdam“. „Was herausgekommen ist, kann sich sehen lassen“, sagt Sigrid Som- mer, die Leiterin des Bereichs Mar- keting der Stadt Potsdam. Das Pro- gramm hätten die Vereine spontan und mit eigenen Mitteln gestemmt. „Diese Art des Miteinanders hat mich einfach begeistert“, so Som- mer. Es sei selbst eine Form gelebter Demokratie. Die gefundenen Ter- Von Rüdiger Braun POLIZEI BERICHT Mann ertrinkt in der Neuen Fahrt Innenstadt. Zeugen alarmierten gestern Mittag die Polizei per Not- ruf, dass ein Mann an der Neuen Fahrt ins Wasser gesprungen sei. Nach Sekunden war er nicht mehr zu sehen. Der Schiffsverkehr wurde in dem Bereich und auf angrenzen- den Gewässern eingestellt: Taucher der Feuerwehr kamen zum Einsatz. Ein Hubschrauber überflog den Be- reich mehrmals, um die vermisste Person zu finden. Der Mann wurde später leblos geborgen. Seine Re- animation blieb erfolglos. Die Er- mittlungen dauern noch an. Schlägerei in der Innenstadt Innenstadt. Eine körperliche Aus- einandersetzung dreier Personen gab es am Sonntagabend im Be- reich einer Haltestelle an der Fried- rich-Ebert-Straße, wie eine Zeugin mitteilte. Polizisten trafen auf zwei leicht verletzte, alkoholisierte Män- ner (17 und 23 Jahre). Beide hatten sich nach einem Streit geschlagen. Der 23-Jährige kam nach medizini- scher Behandlung in Polizeige- wahrsam, der 17-Jährige wurde nach Hause gebracht. Mann bei Drogenfahrt ertappt Groß Glienicke. Einen 41-Jährigen fassten Polizisten gestern Morgen in der Helmut-Just-Straße in Groß Glienicke bei einer Verkehrskont- rolle. Der Mann war mit einem VW Golf, an dem Kennzeichen aus Berlin angebracht waren, unter- wegs. Diese Kennzeichen gehörten allerdings zu einem VW Polo, wie sich bei der Überprüfung heraus- stellte. Ein sofortiger Speicheltest bestätigte darüber hinaus die Ein- nahme von Amphetaminen. Daher wurde eine Blutprobe entnommen. Radler missachtet rote Ampel Innenstadt. Einen Unfall zwischen einem Radfahrer und einem Pkw gab es Montagmittag in der Berli- ner Straße/Ecke Nuthestraße. Nach ersten Erkenntnissen miss- achtete der 33-jährige Radler die rote Ampel und fuhr in den Kreu- zungsbereich ein, ohne auf den Querverkehr zu achten. Dort kam es dann zum Zusammenstoß mit einem Pkw. Der Radfahrer stürzte und verletzte sich leicht. Er kam zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhaus. Kameras und Laptops entwendet Waldstadt. Die Mitarbeiterin einer Kindertagesstätte in der Sonnen- taustraße in Waldstadt meldete gestern der Polizei einen Einbruch während des Wochenendes. Unbe- kannte waren gewaltsam ins Ge- bäude eingedrungen. Sie brachen Schreibtische auf. Mehrere Digital- kameras, Laptops und Ladekabel wurden entwendet. Am Tatort konnten Spuren gesichert werden. ter betonen aber, dass es parallel zur Geschichte von Obrigkeit und Re- pression in Potsdam immer auch de- mokratische Bewegungen gab. „Es war eine Fülle von Wegmarken da“, sagt etwa die Geschäftsführerin von Pro Wissen, Simone Leinkauf. „Unsere Schwierigkeit bestand eher in der Auswahl der Perlen.“ Tobias Büloff, wissenschaftlicher Mitarbeiter für Erinnerungskultur und Gedenken in Potsdam, macht Die Gedenkstätte Lindenstraße steht einerseits für Schrecken und Unterdrü- ckung, aber auch für das erste Stadtparlament. FOTO: FRIEDRICH BUNGERT einer Einrichtung des Lindenpark e. V. Seit mehr als 15 Jahren lehrt er unter anderem an der Fachhoch- schule Potsdam Medientheorie und Medienpraxis. Seit zehn Jahren betreibt Klisch die Videothek am Weidendamm 4, gleich gegenüber dem Babelsberg- Center, nur wenige Gehminuten von der Medienstadt Babelsberg entfernt. Im Angebot hat er neben den Spielen auch Kunst- und Bil- dungsprogramme. Google Earth VR lädt zur Weltreise ein, zum Spazier- gang durch Florenz oder zum Flug durch den Grand Canyon. Travel VR ist eine Weltreise, die nach dem An- flug auf die Erde zur Wanderung durch die Wüste Gobi werden kann. Everest VR erweist sich als schwin- delerregender Aufstieg auf den höchsten Berg der Welt. Auf eine Reise ins Körperinnere führt das Medical Holodeck, In Mind VR ist eine Reise ins Hirn. Mit Google Blocks schließlich lassen sich dreidi- mensionale Objekte erschaffen, mit Tilt Brush wird der Spieler zum Künstler, der mit dreidimensionalen Pinselstrichen Sterne, Licht und Feuer malt. Nächstes Projekt der virtuellen Werkstatt ist ein Rennsimulator, ein Auto mit Lenkrad und Schaltung. Schließlich plant Klisch Wettbewer- be mit vergleichbaren Geschäften in anderen Bundesländern. Gesprä- che führe er bereits mit einem Part- ner in Augsburg, der mit zehn VR- Kabinen deutlich größer ist. Andreas Klisch mit Headset und Controllern in seinem Babelsberger Spielestudio. FOTO: BERND GARTENSCHLÄGER Begegnung mit dem Pottwal in „The Blu“. FOTOS: PROMO In „Waltz of the Wizard“ geht es mit der Armbrust gegen magische Kräfte. Virtuelle Welten in der Medienstadt Babelsberg Mit der „Virtual Reality Lounge“ am Weiden- damm öffnet erstmals ein VR-Studio für das Laienpublikum. In der Medienstadt Babelsberg ist die professionelle Beschäftigung mit vir- tueller Realität schon seit Längerem Thema. So arbeitet die Ent- wicklungsabteilung der Ufa zusammen mit dem Fraunhofer Heinrich- Hertz-Institut am be- gehbaren Film, bei dem der Teilnehmer selbst zum Teil der Inszenie- rung wird. Auch die Filmuniversität forscht zum Film in VR. Musiker des Filmor- chesters experimentie- ren mit Sounds, die auf das Empfinden von Zeit und Raum in künstlicher Realität abgestimmt sind. In der Karl-Liebknecht- Straße arbeitet eine Fir- ma namens Immovie- wer, die über 3-D-Auf- nahmen die virtuelle Besichtigung von Woh- nungen ermöglicht. Das Spiel dazu gibt es bei Klisch, wo ein Möbel- haus Experimente mit virtueller Wohnungsein- richtung anbietet. Schon 2016 gründete sich ein IT-Netzwerk- Verein „Virtual Reality Berlin-Brandenburg“, der die neue Technolo- gie in der Region voran- bringen will.

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POTSDAM16 Märkische Allgemeine Zeitung Dienstag, 16. Januar 2018

Auge in Auge mit dem WalIn einer Babelsberger Videothek eröffnet Brandenburgs erster Spielplatz mit virtueller Realität

Babelsberg. Haie ziehen vorbei imtiefen Blau, Rochen, winzige Fischeund ein gewaltiger Wal. Er verharrt.Das große Auge, keine Armlängeentfernt, ist weit geöffnet. Dannsetzt der graue Riese mit leisemRauschen seine Reise fort. Wie einletzter Gruß saust in weitem Bogendie Schwanzflosse heran. Stille.Bunte Quallen schweben ein. Be-rührt man sie, ist ein leichter Wider-stand zu spüren, bevor sie sich zu-sammenziehen.

„The Blu“ ist der Titel des Films,bei dem man in tiefem Wasser zuschweben vermeint; auf dem Kopfeine Haube mit Brille, die den Rund-umblick ins Meer zu öffnen scheint,und Kopfhörern, die feinstes Knis-tern aus der Ferne ebenso übertra-gen wie das anschwellende Brodelneines rasch nahenden Sardinen-schwarms, dem der dunkle Schatteneines Kraken folgt. Unten übermGrund glimmt ein Laternenfisch.

Der Tauchgang ohne Schnorchelund Wasserkontakt ist das Vorführ-modell für neue Gäste im erstenSpielplatz Brandenburgs mit virtu-eller Realität. Drei jeweils zehnQuadratmeter große Kabinen hatInhaber Andreas Klisch (56) dafür inseine Videothek am Weidendammeinbauen lassen. Die Kappe, dasHeadset, hängt an Kabeln von derDecke herunter. Zum Spiel gehörenzwei Controller genannte Fernbe-dienungen für die Hände, mit denenman sich in einem Spiel von einemRaum in einen anderen beamenkann, während sie in einem anderenals Laserschwert oder Armbrust zurWaffe werden.

„Gegen Virtual Reality sind 3-D-Kino und 360-Grad-Filme Pillepal-le“, sagt Klisch. Der entscheidendeUnterschied: In seinen Kabinen istder Spieler nicht nur mitten im Ge-schehen. Er greift auch ein. AlsKommandant der Marine im Kampfgegen eine ganze Flotte. Einge-sperrt in einem unbekannten Haus,aus dem er sich freikämpfen muss.Als Jedi-Ritter in einem Sternen-krieg. Oder auch in einem Spiel fürKinder auf einem Hühnerhof: „Tes-te deine Geschicklichkeit! Fang soviele Eier, wie du kannst!“

In dem Geschehen kann manfechten, parieren, schießen und aus-weichen, man läuft auf und ab, manmuss sich ducken, zur Seite sprin-gen oder zum Schutz einen Schild indie Höhe heben, wenn der feindli-che Hieb kommt oder eine Wolkevon Pfeilen. Die Wände der Kabinensind mit grauen Schaumstoffmattenisoliert, damit man sich nicht zu sehrstößt, wenn man im Eifer des Ge-fechts dagegen rennt. Zwei Senso-ren in gegenüberliegenden Eckenplatzieren den Spieler exakt in die-ser künstlichen Welt.

Klisch war seit Mitte der 1980ermehr als 20 Jahre Booker und Ver-anstaltungsmanager im Linden-park. In den 1990ern war er Mit-gründer des ersten Potsdamer Inter-netcafés im Staudenhof, damals

Von Volker Oelschläger

mine seien nicht nur Erinnerung andie Vergangenheit, sondern hättenauch Bezug zur Gegenwart.

Allein für das erste Halbjahr kön-nen die Vereine zehn hochkarätigeVeranstaltungen anbieten. Auch fürdas zweiten Halbjahr steht schonein Höhepunkt fest: Zusammen mitder Servicestelle „Tolerantes undSicheres Potsdam“ wird der VereinNeues Potsdamer Toleranzedikt am14. November darüber nachden-ken, was das 2008 von der Bürger-schaft Potsdam angenommene To-leranzedikt gebracht hat. Die Ver-anstaltungen passten hervorragendzum Jahresthema, meint Sommer.

Den Vereinen und Organisatio-nen, neben der BrandenburgischenGesellschaft für Kultur und Ge-schichte zum Beispiel auch der Ver-ein Pro Wissen oder die Stiftung Ge-denkstätte Leistikowstraße Pots-dam, aber auch das Filmmuseumoder die Französisch-ReformierteGemeinde, ist klar, dass „Demokra-tie“ nicht die allererste Assoziationist, die einem zur Garnison- und Be-amtenstadt einfällt. Die Veranstal-

diese Doppelgesichtigkeit der Lan-deshauptstadt am Haus der Ge-denkstätte Lindenstraße 54 deut-lich: „Der Ort der Diktatur war zu-gleich ein Ort der Demokratiebewe-gung“, sagt er. Diesen „Aufbruch indie Demokratie“ durch die ersteStadtverordnetenversammlung willdie Stiftung am 21. Februar feiern.Der Potsdamer Historiker ThomasWernicke wird durch das Haus füh-ren und von dessen Geschichte er-zählen, die sich erst nach 1989 wie-der zurück zur Demokratie beweg-te. Wernicke selbst ist Zeitzeuge derneuen Potsdamer Demokratiebe-wegung vor der Wende.

„Es ist nicht nur ein Haus desSchreckens“, sagt die Leiterin derGedenkstätte, Uta Gerlant, über dasHaus, das im 20. Jahrhundert zu-nächst den Nazis, danach der sowje-tischen Besatzungsmacht, schließ-lich der SED als Untersuchungs-zentrale und Gefängnis diente. Fürdiesen Schrecken stehe es zwarheute. „Es hat aber auch eine starkedemokratische Geschichte, die wirnicht vergessen sollten.“ Potsdam

war 1809 die erste Stadt in Preußen,in der die neue Steinsche Städteord-nung von 1808 wirksam wurde.Umgesetzt wurde sie in jenem Hausin der Lindenstraße. Diesen demo-kratischen Geist habe es in Potsdamimmer gegeben, sagt Gerlant.„Wenn auch in der Minderheit.“

Den Auftakt der Reihe machender Verein Neues Potsdamer Tole-ranzedikt und der Verein Prowissenam 24. Januar um 18 Uhr mit einerbesonderen Ausgabe der Debatten-reihe: „Das tolerante Sofa“. Ausge-hend von einem Kubus in der Wis-senschaftsetage über das Engage-ment junger Rapper für die Demo-kratie im Senegal wird HistorikerJakob Warnecke auch aus eigenemErleben über die junge PotsdamerHausbesetzerszene ab 1990 spre-chen. Anschließend lässt er sich mitjungen Leuten auf dem „tolerantenSofa“ nieder. Diese werden berich-ten, was sie als junge Menschenheute politisch in Potsdam bewegt.Darauf sollen dann Vertreter hiesi-ger Parteien antworten. Mehr Info:www.potsdam.de/1025jahre

Die demokratische Seite der GarnisonstadtZehn Vereine haben aus eigener Initiative und mit eigenen Mitteln eine Reihe mit „Wegmarken der Potsdamer Demokratie“ gestemmt

Potsdam. Die erste Stadtverordne-tenversammlung 1809 in der Lin-denstraße, der FreiheitskämpferMax Dortu, der 1848 den Ruf nachbürgerlicher Freiheit aufgriff, dasFrauenwahlrecht 1918 und seineAuswirkungen auf Potsdam: DieGeschichte der Landeshauptstadtist voll von solchen Wegmarken derDemokratie. Elf Potsdamer Vereinehaben sich spontan zusammenge-funden, um diesen Wegmarken inVorträgen, Diskussionsveranstal-tungen und Führungen nachzuspü-ren. Die Reihe „Wegmarken Pots-damer Demokratie“ ist Teil des Jah-resthemas „1025 Jahre Potsdam“.

„Was herausgekommen ist, kannsich sehen lassen“, sagt Sigrid Som-mer, die Leiterin des Bereichs Mar-keting der Stadt Potsdam. Das Pro-gramm hätten die Vereine spontanund mit eigenen Mitteln gestemmt.„Diese Art des Miteinanders hatmich einfach begeistert“, so Som-mer. Es sei selbst eine Form gelebterDemokratie. Die gefundenen Ter-

Von Rüdiger Braun

POLIZEIBERICHT

Mann ertrinktin der Neuen FahrtInnenstadt. Zeugen alarmierten gestern Mittag die Polizei per Not-ruf, dass ein Mann an der Neuen Fahrt ins Wasser gesprungen sei. Nach Sekunden war er nicht mehr zu sehen. Der Schiffsverkehr wurde in dem Bereich und auf angrenzen-den Gewässern eingestellt: Taucher der Feuerwehr kamen zum Einsatz. Ein Hubschrauber überflog den Be-reich mehrmals, um die vermisste Person zu finden. Der Mann wurde später leblos geborgen. Seine Re-animation blieb erfolglos. Die Er-mittlungen dauern noch an.

Schlägerei inder InnenstadtInnenstadt. Eine körperliche Aus-einandersetzung dreier Personen gab es am Sonntagabend im Be-reich einer Haltestelle an der Fried-rich-Ebert-Straße, wie eine Zeugin mitteilte. Polizisten trafen auf zwei leicht verletzte, alkoholisierte Män-ner (17 und 23 Jahre). Beide hatten sich nach einem Streit geschlagen. Der 23-Jährige kam nach medizini-scher Behandlung in Polizeige-wahrsam, der 17-Jährige wurde nach Hause gebracht.

Mann bei Drogenfahrt ertappt Groß Glienicke. Einen 41-Jährigen fassten Polizisten gestern Morgen in der Helmut-Just-Straße in Groß Glienicke bei einer Verkehrskont-rolle. Der Mann war mit einem VW Golf, an dem Kennzeichen aus Berlin angebracht waren, unter-wegs. Diese Kennzeichen gehörten allerdings zu einem VW Polo, wie sich bei der Überprüfung heraus-stellte. Ein sofortiger Speicheltest bestätigte darüber hinaus die Ein-nahme von Amphetaminen. Daher wurde eine Blutprobe entnommen.

Radler missachtetrote AmpelInnenstadt. Einen Unfall zwischen einem Radfahrer und einem Pkw gab es Montagmittag in der Berli-ner Straße/Ecke Nuthestraße. Nach ersten Erkenntnissen miss-achtete der 33-jährige Radler die rote Ampel und fuhr in den Kreu-zungsbereich ein, ohne auf den Querverkehr zu achten. Dort kam es dann zum Zusammenstoß mit einem Pkw. Der Radfahrer stürzte und verletzte sich leicht. Er kam zur ambulanten Behandlung in ein Krankenhaus.

Kameras und Laptops entwendetWaldstadt. Die Mitarbeiterin einer Kindertagesstätte in der Sonnen-taustraße in Waldstadt meldete gestern der Polizei einen Einbruch während des Wochenendes. Unbe-kannte waren gewaltsam ins Ge-bäude eingedrungen. Sie brachen Schreibtische auf. Mehrere Digital-kameras, Laptops und Ladekabel wurden entwendet. Am Tatort konnten Spuren gesichert werden.

ter betonen aber, dass es parallel zurGeschichte von Obrigkeit und Re-pression in Potsdam immer auch de-mokratische Bewegungen gab. „Eswar eine Fülle von Wegmarken da“,sagt etwa die Geschäftsführerin von

Pro Wissen, Simone Leinkauf.„Unsere Schwierigkeit bestandeher in der Auswahl der Perlen.“

Tobias Büloff, wissenschaftlicherMitarbeiter für Erinnerungskulturund Gedenken in Potsdam, macht

Die Gedenkstätte Lindenstraße steht einerseits für Schrecken und Unterdrü-ckung, aber auch für das erste Stadtparlament. FOTO: FRIEDRICH BUNGERT

einer Einrichtung des Lindenparke. V. Seit mehr als 15 Jahren lehrt erunter anderem an der Fachhoch-schule Potsdam Medientheorie undMedienpraxis.

Seit zehn Jahren betreibt Klischdie Videothek am Weidendamm 4,gleich gegenüber dem Babelsberg-Center, nur wenige Gehminutenvon der Medienstadt Babelsbergentfernt. Im Angebot hat er nebenden Spielen auch Kunst- und Bil-dungsprogramme. Google Earth VRlädt zur Weltreise ein, zum Spazier-gang durch Florenz oder zum Flugdurch den Grand Canyon. Travel VRist eine Weltreise, die nach dem An-flug auf die Erde zur Wanderungdurch die Wüste Gobi werden kann.Everest VR erweist sich als schwin-

delerregender Aufstieg auf denhöchsten Berg der Welt. Auf eineReise ins Körperinnere führt dasMedical Holodeck, In Mind VR isteine Reise ins Hirn. Mit GoogleBlocks schließlich lassen sich dreidi-mensionale Objekte erschaffen, mitTilt Brush wird der Spieler zumKünstler, der mit dreidimensionalenPinselstrichen Sterne, Licht undFeuer malt.

Nächstes Projekt der virtuellenWerkstatt ist ein Rennsimulator, einAuto mit Lenkrad und Schaltung.Schließlich plant Klisch Wettbewer-be mit vergleichbaren Geschäftenin anderen Bundesländern. Gesprä-che führe er bereits mit einem Part-ner in Augsburg, der mit zehn VR-Kabinen deutlich größer ist.

Andreas Klisch mit Headset und Controllern in seinem Babelsberger Spielestudio. FOTO: BERND GARTENSCHLÄGER

Begegnung mit dem Pottwal in „The Blu“. FOTOS: PROMO In „Waltz of the Wizard“ geht es mit der Armbrust gegen magische Kräfte.

Virtuelle Welten in der Medienstadt Babelsberg

Mit der „Virtual Reality Lounge“ am Weiden-damm öffnet erstmals ein VR-Studio für das Laienpublikum. In der Medienstadt Babelsberg ist die professionelle Beschäftigung mit vir-tueller Realität schon seit Längerem Thema.

So arbeitet die Ent-wicklungsabteilung der Ufa zusammen mit dem Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut am be-gehbaren Film, bei dem

der Teilnehmer selbst zum Teil der Inszenie-rung wird. Auch die Filmuniversität forscht zum Film in VR.

Musiker des Filmor-chesters experimentie-ren mit Sounds, die auf das Empfinden von Zeit und Raum in künstlicher Realität abgestimmt sind.

In der Karl-Liebknecht-Straße arbeitet eine Fir-ma namens Immovie-

wer, die über 3-D-Auf-nahmen die virtuelle Besichtigung von Woh-nungen ermöglicht. Das Spiel dazu gibt es bei Klisch, wo ein Möbel-haus Experimente mit virtueller Wohnungsein-richtung anbietet.

Schon 2016 gründete sich ein IT-Netzwerk-Verein „Virtual Reality Berlin-Brandenburg“, der die neue Technolo-gie in der Region voran-bringen will.