Pragmatik I Deixis Anapher Implikatur Die 4 Grice'schen Maximen

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Pragmatik I

● Deixis● Anapher

● Implikatur● Die 4 Grice'schen Maximen

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Deixis

● Pragmatik befasst sich mit konkreten Sprechsituationen. Sie bezieht Überzeugungen, Wünsche & Absichten von Sprechern mit ein.

● Außerdem analysiert sie, in wie weit Äußerungen vom Kontext abhängen und welche Funktionen sie haben.

● Bsp: Der Referent des Personalpronomens "ich" variiert von konkreter Situation zu Situation (Kontext). Die Referenten können nur bestimmt werden, wenn wir wissen, um welche Situation es geht (deiktisch, gr. zeigen). D.h. die Bedeutung mancher Zeichen ist nur im Kontext bestimmbar.

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Deixis

● Es gibt Ausdrücke, die deiktisch oder nicht-deiktisch verwendet werden können (du):

a. [Peter zu Tomi:] "Kannst du

i das mal aufräumen?"

b. [Peter zu Tom:] "In so einer Situation weißt du nicht mehr, was du tun sollst."

● Auch andere Personalpronomen haben deiktische Funktionen:

→ Sprecherdeixis: ich, wir (der Sprecher variiert) → Hörerdeixis: du, ihr, Sie (der Hörer variiert)

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Deixis

● Mit objektdeiktischen Ausdrücken kann man auf Referenten in einem Raum verweisen, der von Sprecher und Hörer wahrgenommen werden kann. Dazu gehören Demonstrativa (dieser, jener), definite Artikel (der, die, das), betontes er & sie (es kann nicht demonstrativ verwendet werden).

● Außerdem gibt es lokaldeiktische Ausdrücke: hier, da, dort...

● ...und temporaldeiktische: jetzt, einst, einmal, heute, morgen, gestern, etc.

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Deixis

● Beispiel für Sprecher-, Temporal- und Lokaldeixis:

● Beispiel für Lokaldeixis:

Episode aus der Sesamstraße: "Krümel und Lulatsch erklären hier und da" http://www.youtube.com/watch?v=xgMwyr57JXE

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Anapher● Anaphern sind Pronomen, mit denen man auf Dinge referieren kann, die schon zuvor im (linguistischen!) Kontext verwendet wurden. Die vorangehenden Ausdrücke heißen Antezedens.

→ Peteri war einkaufen. Er

i hat Kuchen mitgebracht.

● Wenn der Antezedens nachfolgt, spricht man von Katapher.

→ Auch wenn eri einige Kritiker hat - bei den meisten Leuten

ist Obamai sehr beliebt.

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Aufgabe

● Welche Typen von Deixis finden Sie hier vor?:

1) Gestern ging Peter einkaufen.2) "Dort gibt es einen Eisstand!"3) "Der hat aber ein tolles Auto!"4) "Können Sie das halten?"5) "Bei so viel Dummheit kannst du nur den Kopf schütteln."

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Aufgabe

● Welche Typen von Deixis finden Sie hier vor?

Hörerdeixis: SieObjektdeixis: das , der, sieTemporaldeixis: gestern, alle TemporaLokaldeixis: dort(Textdeixis: so)Ausnahmen: "es" (2): nicht referenziell, "du" (5): nicht deiktisch

1) Gestern gingen sie einkaufen.2) "Dort gibt es einen Eisstand!"3) "Der hat aber ein tolles Auto!"4) "Können Sie das halten?"5) Bei so viel Dummheit kannst du nur den Kopf schütteln.

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Implikatur

● Implikaturen sind Bedeutungsaspekte, die angedeutet werden, aber weder explizit ausgedrückt werden, noch wirklich aus den wörtlichen Komponenten der Aussage gefolgert werden können. Sie sind nie wahrheitskonditional (Grice 1975).

Maria: Kommst du mit in die Mensa?Peter: Ich habe gerade erst zu Hause gefrühstückt.

→ Was will uns Peter sagen?

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Implikatur

Maria: Kommst du mit in die Mensa?Peter: Ich habe gerade erst zu Hause gefrühstückt.

→ Was will uns Peter sagen?

● Vermutlich: Nein, er kommt nicht mit. Woher wissen wir das? Grice: Gesprächspartner sind normalerweise kooperativ! D.h. Peters Antwort muss irgend etwas mit Marias Frage zu tun haben.

● Es gibt konversationelle und konventionelle Implikaturen.

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Implikatur

● Beispiele für konversationelle Implikaturen:

A geht das Benzin aus. B kommt vorbei und sagt: "Um die Ecke ist eine Tankstelle."

→ Nicht explizit gesagt: A kann an dieser Stelle tanken.

A zu B: "An dieser Universität kommen einige Professoren vorbereitet in ihre Seminare."

→ Nicht explizit gesagt: Es gibt auch einige, die dies nicht tun.

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Implikatur

● konversationelle Implikaturen können annuliert werden:

A zu B: "An dieser Universität kommen einige Professoren vorbereitet in ihre Seminare. Vielleicht sind aber auch alle vorbereitet – das kann ich noch nicht so genau sagen".

→ Hier wird explizit gesagt, was mit der ersten Aussage gemeint ist, so dass keine Zweideutigkeit bestehen kann.

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Implikatur

● Konversationelle Implikaturen sind kontextabhängig. Um sie zu verstehen, muss man nicht-linguistisches Wissen über eine bestimmte Situation besitzen.

● Oft sind diese Art von Implikaturen nicht eindeutig.

● Implikaturen sind bekräftigbar: man kann sie aussprechen ohne eine Information zu wiederholen:

→ "An dieser Universität kommen einige Professoren vorbereitet in ihre Seminare, aber nicht alle."

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Implikatur

● Konventionelle Implikaturen haben mit der Bedeutung bestimmter Wörter zu tun.

● Beispiele für konventionelle Implikaturen:

a. "Sie ist Engländerin – folglich trinkt sie gerne deutschen Wein." → "folglich" erweckt den Eindruck: Das Trinken von deutschem Wein ist eine Kosequenz des Engländerinnentums.

b. "Sie ist arm, aber hübsch."→ "aber" erweckt den Eindruck: Hübschsein und Armut stehen sich normalerweise gegensätzlich gegenüber.

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Implikatur

● Konventionelle Implikaturen sind Bestandteile der konventionellen Bedeutung von bestimmten Ausdrücken (aber, folglich).

● Wird die Aussage "Sie ist arm, aber hübsch" durch den Adressaten verneint ("Nein, das stimmt nicht!") wird entweder verneint, dass sie arm oder dass sie hübsch ist, aber nicht dass zwischen Hübschsein & Armut ein Zusammenhang besteht.

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Implikatur● Grice versteht ein Gespräch als eine Form des kooperativen Handelns. Mehrere Individuen zusammen sollen ein gemeinsames Ziel erreichen.

● Wenn nicht kooperiert wird, kann das so aussehen:

A geht das Benzin aus. B kommt vorbei und sagt: "Um die Ecke ist eine Tankstelle." Die Tankstelle ist allerdings schon längst geschlossen, was B nicht hinzufügt. Er hat A irregeführt, ohne gelogen zu haben.

● A denkt, dass B sich kooperativ verhält und implikatiert, dass A an der Tankstelle tanken könne. Das tut B (in dieser Situation) allerdings nicht.

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Die Grice'schen Maximen● Maxime der Qualität: 1. Sage nichts, was du für falsch hältst! 2. Sage nichts, wofür du keine adäquaten Evidenzen hast!

● Maxime der Quantität:1. Mache deinen Beitrag so informativ wie erforderlich! 2. Mache deinen Beitrag nicht informativer als erforderlich!

● Maxime der Relation: Sei relevant!

● Maxime der Art & Weise:1. Vermeide ungeläufige Ausdrücke! 2. Vermeide Ambiguitäten! 3. Fasse dich kurz! 4. Gehe geordnet vor!

→ durch diese Maximen können konversationelle Implikaturen entstehen, die jedoch vom Hörer entschlüsselt bzw. rekonstruiert werden können. Dies hat meist mit Situationenwissen zu tun.

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Die Grice'schen Maximen

● Maxime der Quantität: Überinformation per se ist nicht schlimm, allerdings kann es sein, dass der Hörer dadurch denkt, dass gewisse Infos für das Thema von Relevanz sind – was aber nicht der Fall ist.

● Maxime der Relation: da sich der thematische Fokus während eines Gesprächs ändern kann, können sich auch die Kriterien für Relevanz ändern.

● Maxime der Qualität: Diese Maxime kann absichtlich verletzt werden durch a) Lügen und b) Ironie. Beispiel: Szene aus The Big Bang Theory; Staffel 1, Folge 2. und Staffel 5, Folge 5 http://www.youtube.com/watch?v=DF7MroTLDfU

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Verletzung der Maximen

● Man kann sich auch explizit von den Maximen als kooperativen Prinzipien lossagen.

Reporter: "Herr Präsident, können Sie etwas über die Ergebnisse der Verhandlungen sagen?"Präsident: "Meine Lippen sind versiegelt."

Keine Kooperation→

● Außerdem kann der Sprecher mit einem Widerstreit verschiedener Maximen konfrontiert werden:

Jenny:"In welcher Stadt hat Paul gearbeitet?"Thomas:"Irgendwo in Spanien."

→ Qualität vs Quantität

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Fazit

● Die Maximen hängen in den meisten Fällen von einander ab.

● Insgesamt läuft alles darauf hinaus, dass bei jedem Sprechakt ein gewisses Maß an Kooperation dabei sein muss, damit er gelingt.

● Sprechakte können bewusst manipuliert werden (Lüge, Ironie) oder die Maximen können in Widerstreit geraten.

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Terminologie● Was ist der Unterschied zwischen Implikatur & Implikation?

● Implikation: (entailment) Teilaussagen eines Satzes stehen in inhaltlicher Beziehung zueinander. Die Wahrheit eines Satzes (A) ist bedingt durch die Wahrheit eines Satzes (B).

a. Peter hat rote Haare → Impl: Peter hat Haare.b. Die Katze liegt auf der Matte → Impl: Die Matte liegt unter der Katze.

Implikationen sind wahrheitskonditional. (Semantik)

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Terminologie

● Was ist der Unterschied zwischen Implikatur & Implikation?

● Implikatur: auch ein "Mitverstehen" einer Aussage. Diese ist allerdings nicht ("automatisch" bzw. logisch) Teil des Gesagten, sondern ergibt sich durch die Konversationsmaximen. (Pragmatik!)

A: "Gehst du zu Peters Party?"B: "Ich muss arbeiten."→ Nein, ich gehe nicht!

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Aufgabe

Welche Implikaturen liegen in folgenden Beispielen vor? Welche Maximen werden anscheinend verletzt?

a) Peter: "Wo ist eigentlich Maria?"Tom: "Ihre Schlüssel liegen nicht im Flur."

b) Maria: "Weißt du, ob Tom die Konzertkarten schon bestellt hat?"Peter: "Bin ich Hellseher?"

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Aufgabe

a) Peter: "Wo ist eigentlich Maria?"Tom: "Ihre Schlüssel liegen nicht im Flur."1: Peter stellt eine Frage, aber Tom antwortet anscheinend nicht darauf. Verletzt er die Maxime der Relevanz/Quantität?2. Implikatur: Nach dem, was ich sehe/sagen kann, ist sie nciht zu Hause, wo genau sie ist, weiß ich aber auch nicht.

b) Maria: "Weißt du, ob Tom die Konzertkarten schon bestellt hat?"Peter: "Bin ich Hellseher?"1: Maria stellt eine Frage, aber Peter antwortet nicht darauf, sondern stellt seinerseits eine Frage, die inhaltlich nichts mit Marias Frage zu tun hat. Verletzt er also die Maximen der Art und Weise/der Relevanz?2. Implikatur: Ich weiß es nicht und ich hatte auch keine Möglichkeit es zu wissen (habe Tom noch nicht gesprochen)