PRAKTIKUM CHROMOSOMEN MITOSE MEIOSE -...

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1 PRAKTIKUM CHROMOSOMEN, MITOSE - MEIOSE J. Loidl Februar 2008 Dieses Praktikum soll Ihnen einen Einblick in die lichtmikroskopischen Strukturen des Zellkerns verschaffen. Es werden von einer Reihe von tierischen und pflanzlichen Objekten mikro- skopische Präparate hergestellt und untersucht. Verschiedene Präparations-, Färbe- und Mikro- skopiertechniken werden dabei angewandt. Weiters werden fertige Dauerpräparate zur Unter- suchung ausgegeben. Die Zeichnung der cytologischen Objekte (wo verlangt) soll helfen, die Beobachtung zu schärfen. Gleichzeitig gelten die Zeichnungen als Kriterium zur Bewertung der Mitarbeit. Sie sollen daher sorgfältig ausgeführt und ausführlich beschriftet sein. Mitzubringen sind: Zeichenmaterial, Präparierbesteck (Feine Pinzette, Präpariernadeln, Rasierklinge oder Skalpell, Schere, e.t.c.), Objektträger, Deckgläser, Filterpapierblock, Papier- taschentücher oder Küchenpapier. Programm Einführung in die Mikroskopie (Bildentstehung, Köhlersche Beleuchtung, Ölimmersion, Phasenkontrast, Zeichengerät), Funktionsweise des Fluoreszenzmikroskops 1. Mitotischer Zellzyklus, Chromosomenstruktur und Karyotypen 2. Meiose: Stadien, Synaptonemale Komplexe, Chiasmen, Aberrante Meiosen 3. Riesenchromosomen (Polytänchromosomen) von Drosophila 4. Humancytogenetik 5. Chromosomale Geschlechtsbestimmung

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PRAKTIKUM CHROMOSOMEN, MITOSE - MEIOSE

J. Loidl Februar 2008

Dieses Praktikum soll Ihnen einen Einblick in die lichtmikroskopischen Strukturen des Zellkerns verschaffen. Es werden von einer Reihe von tierischen und pflanzlichen Objekten mikro-skopische Präparate hergestellt und untersucht. Verschiedene Präparations-, Färbe- und Mikro-skopiertechniken werden dabei angewandt. Weiters werden fertige Dauerpräparate zur Unter-suchung ausgegeben. Die Zeichnung der cytologischen Objekte (wo verlangt) soll helfen, die Beobachtung zu schärfen. Gleichzeitig gelten die Zeichnungen als Kriterium zur Bewertung der Mitarbeit. Sie sollen daher sorgfältig ausgeführt und ausführlich beschriftet sein.

Mitzubringen sind: Zeichenmaterial, Präparierbesteck (Feine Pinzette, Präpariernadeln, Rasierklinge oder Skalpell, Schere, e.t.c.), Objektträger, Deckgläser, Filterpapierblock, Papier-taschentücher oder Küchenpapier.

Programm Einführung in die Mikroskopie (Bildentstehung, Köhlersche Beleuchtung, Ölimmersion,

Phasenkontrast, Zeichengerät), Funktionsweise des Fluoreszenzmikroskops 1. Mitotischer Zellzyklus, Chromosomenstruktur und Karyotypen 2. Meiose: Stadien, Synaptonemale Komplexe, Chiasmen, Aberrante Meiosen 3. Riesenchromosomen (Polytänchromosomen) von Drosophila 4. Humancytogenetik 5. Chromosomale Geschlechtsbestimmung

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1. Mitotischer Zellzyklus,

Chromosomenstruktur und Karyotypen Objekte: Allium cepa, Küchenzwiebel: 2n=16 Vicia faba, Pferdebohne: 2n=12 Verschiedene pflanzliche und tierische Objekte als Demonstrationspräparate. 1.1 Mitotischer Zellzyklus bei Allium cepa Vorfixierte Wurzelspitzen werden mit Karmin-Essigsäure gefärbt und Quetschpräparate werden hergestellt (siehe 1.6; 1.8) Anhand der relativen Häufigkeit der verschiedenen Stadien in den Präparaten soll ihre Dauer ermittelt werden. Die Dauer eines kompletten mitotischen Zellzyklus bei A. cepa ist 23.0 h (bei 21°C). Zähle 500 Zellkerne und fertige eine Strichelliste an: Interphase Prophase Metaphase Anaphase Telophase Zeichne jedes dieser Stadien und errechne die Dauer jedes Stadiums! Fertige ein Dauerpräparat an (siehe 1.9)

Die Stadien der Mitose

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1. 2 Karyotyp von Vicia faba Colchizinierte und vorfixierte Wurzelspitzen werden gefärbt und Quetschpräparate werden her-gestellt (siehe 1.7; 1.8) Zeichne eine schöne komplette C-Metaphase unter Verwendung eines Zeichengerätes. Identifiziere anhand der relativen Längen and Centromerpositionen die Chromosomen M und Sa bis Se (vergleiche Abb. 1). Fertige ein Dauerpräparat an (siehe 1.9)

Darstellung des Karyotyps von Vicia faba (2n = 12) 1. 3 Zwei mutierte Karyotypen von V. faba werden als Dauerpräparate ausgegeben Zeichne beide und überlege und verdeutliche anhand von Skizzen durch welche chromosomale Umbauten sie sich aus dem Standard-Karyotyp herleiten könnten. (Die richtige Auflösung läßt sich ohne Chromosomenmarkierung durch Bänder allerdings nicht leicht finden) 1. 4 Vielfalt der Karyotypen Um eine Vorstellung von der Vielfalt pflanzlicher und tierischer Karyotypen zu geben, werden Dauerpräparate/Demonstrationspräparate vorgeführt; diese sollen gezeichnet werden: B-Chromosomen Akzessorische (B-) Chromosomen treten in variabler Zahl zusätzlich zum Standardkaryotyp auf. Sie sind zu keinem der Standardchromosomen homolog und sind arm an Genen. Muntiacus muntjak (männl.) (2n=7) Haushuhn: Mikrochromosomen Holozentrische Chromosomen des Nematoden Caenorhabditis elegans Holozentrische Chromosomen haben kein lokalisiertes Centromer. Die Mikrotubuli der mitotischen Spindel setzen entlang der ganzen Chromosomen an. Es gibt sie bei manchen Nematoden, Hemipteren und Seggen der Gattung Luzula. Sie sind also unabhängig im Pflanzen und Tierreich entstanden. Der Vorteil holozentrischer Chromosomen ist, daß selbst Fragmente von Chromosomen in der Mitose ordentlich verteilt werden. Probleme bereiten holozentrische Chromosomen während der ersten meiotischen Teilung, weil die Teilungsspindel nicht zu beiden Seiten eines Chiasma ziehen darf (Folge:Fehlsegregation!). Die Evolution hat verschiedene Lösungen zur Vermeidung dieses Problems hervorgebracht. Weitere spezielle Karyotypen werden uns noch im Verlauf des Kurses begegnen.

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1.5 Vorbereitung von Spreitungspräparaten zur Darstellung von Synaptonemalen Komplexen (SCs) Am morgigen Kurstag mit dem Schwerpunkt Meiose sollen SCs untersucht werden. Wegen der langwierigen Präparations- und Färbeschritte wird schon heute mit der Vorbereitung begonnen. Eine Suspension von Spermatozyten der Maus, Mus musculus oder des Hausschweins, Sus scrofa domestica wurde vorbereitet. Hiefür wurden Hodenteile in physiologischer Koch-salzlösung zerkleinert. Diese Suspension wurde mit 10% DMSO (Dimethylsulfoxid) versetzt und bei -80°C aufbewahrt. Sie wird nun zur Herstellung von Präparaten verwendet. (Durchführung siehe 1.2.5) TECHNIKEN: 1.6 Färbung mit Karmin- oder Orcein- Essigsäure In Methanol/Eisessig (3:1) fixierte Wurzelspitzen werden in Eppendorf-Röhrchen mit Karmin-Essigsäure (gesättigte Lösung von Karmin in 45 %-iger Essigsäure) für mindestens 20 min. in ein Wasserbad bei 70°C eingestellt. Die dadurch gefärbten und aufgeweichten Wurzelspitzen werden in ein Schälchen mit 45 %-iger Karmin-Essigsäure überführt. 1.7 Feulgen'sche Nuklealreaktion Farbloses Schiff'sches Reagens (=Fuchsin-schwefelige Säure) reagiert mit den durch milde saure Hydrolyse freigelegten Aldehydgruppen am C1-Atom zweier in der Doppelhelix aufeinander-folgender Desoxyribosen. Dabei entsteht ein purpurrotes Additionsprodukt. Unter definierten Bedingungen verläuft die Reaktion quantitativ und kann daher zur photometrischen Mengen-bestimmung der DNA im Kern herangezogen werden. (In der RNA haben die Nukleoside einen anderen Abstand voneinander, daher kann das Schiff'sche Reagens nicht daran binden.) (Die u.a. auf diese Weise bestimmten DNA-Gehalte einer großen Zahl von Pflanzen finden sich unter: http://www.rbg.kew.org.uk/cval/database1.html) Im Kurs wird eine verkürzte Prozedur angewandt, die die Bedingungen für eine quantitative Färbung nicht erfüllt. Protokoll der Feulgen Färbung: In Methanol/Eisessig (3:1) fixierte Wurzelspitzen werden gewaschen und in 5N HCL bei Zimmertemperatur 30 min hydrolysiert. 5 min Spülung in Aqua dest. Überführen in Schiff'sches Reagens, 60 min Färbung im Dunklen. 5 min Spülung in Aqua dest. Aufbewahren in 70 % Äthanol. 1.8 Präparation Der besonders stark gefärbte vordere Teil der Wurzeln (das Meristem) wird abgetrennt und in einen Tropfen 45 %-ige Karmin-Essigsäure auf einem sauberen Objektträger gelegt. Durch Klopfen mit dem flachen Ende eines Bleistifts wird das Gewebe zerkleinert. Wenn eine Suspension ohne größere Gewebestücke entstanden ist, wird ein sauberes Deckglas (20×20 mm) aufgelegt. Durch Klopfen mit der Präpariernadel wird das Deckglas angedrückt und die Zellen werden in eine Ebene gebracht (seitliches Verrutschen des Deckglases vermeiden !). Unter mehreren Lagen Filterpapier wird das Präparat gequetscht um die Zellen abzuflachen und über-schüssige Flüssigkeit zu entfernen.

Das Präparat kann nunmehr im Mikroskop kontrolliert werden. Ein Austrocknen ist duch Zugabe von Karminessigsäure an den Deckglasrand zu verhindern. Größere Meristeme können zerteilt und zu mehreren Präparaten verarbeitet werden.

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1.9 Herstellung von Dauerpräparaten Die Präparate werden in flüssigen Stickstoff getaucht bis dieser aufhört zu brodeln. (Als Alternative können die Präparate für einige Minuten auf einen Block Trockeneis oder in einen –80°C Gefrierschrank gelegt werden.) Mit einer Rasierklinge wird sodann das Deckglas vom Präparat abgesprengt. Die Präparate werden nacheinander in Äthanol/Eisessig (3:1) und 2×96 % Äthanol überführt und noch feucht mit einem Tropfen Kunstharz (z.B. Euparal) und einem Deckglas (22×26 mm) eingedeckt. Überschüssiges Kunstharz und Luftblasen werden durch Ausdrücken unter mehreren Schichten Filterpapier entfernt. Die Präparate können jetzt im Mikroskop untersucht werden, müssen aber flach gelagert werden bis sie trocken sind. 1.10 Spreitung von Synaptonemalen Komplexen Es wird eine in 10% DMSO gefrorene Suspension von Meiocyten ausgegeben. Nach dem Auftauen werden die Meiozyten abzentrifugiert (2 min bei 1000 UpM), mit physiologischer Kochsalzlösung (0.9%) gewaschen, nochmals zentrifugiert und das Pellet mit Kochsalzlösung aufgeschwemmt. Einen kleinen Tropfen der vorbereiteten Meiozyten-Suspension läßt man in 5 Tropfen eines Detergens (in unserem Fall eine 0,5 %-ige Lösung des Spülmittels "Lipsol") auf einem sauberen Objektträger verlaufen. Dabei quellen die Spermatocyten und die Auflösung der Membranen im Detergens gibt den Inhalt der Zellkerne frei. Dieser Vorgang kann im Phasen-kontrastmikroskop verfolgt werden. Die SCs in Zygotän- und Pachytänkernen werden ausgebreitet (gespreitet) und das anhaftende Chromatin wird weitgehend abgelöst. Dadurch werden die SCs der Beobachtung gut zugänglich. Beim Erreichen des optimalen Spreitungszustandes wird der Vorgang durch Hinzugabe von ca. 5 Tropfen 4 %-iger Para-formaldehyd-Lösung beendet und das Präparat fixiert. Unter dem Abzug werden die Präparate getrocknet (Vorsicht: Die Präparate geben gasförmiges giftiges Formaldehyd ab !). Weitere Vorgänge: Am nächsten Tag werden die Präparate in destilliertem Wasser gewaschen. Schließlich werden sie mit Silbernitrat (AgNO3) gefärbt.

2. Meiose PROGRAMM 2.1 Synaptonemale Komplexe Synaptonemale Komplexe (SCs) sind Proteinstrukturen, welche die homologen Chromosomen im Pachytän zusammenhalten und damit das Crossing over und die geregelte Segregation der Chromosomen in der ersten meiotischen Teilung ermöglichen. Färbe die am letzten Kurstag hergestellten Präparate von SCs der Maus (Durchführung siehe 2.6). Suche einen gut gespreiteten Pachytän-Kern und zeichne die SCs (nach Möglichkeit mit dem Zeichengerät). Wieviele SCs sind es? Beachte vor allem das XY-Bivalent. Welche Besonderheiten zeigt es? Zeichne verschiedene XY-Konfigurationen nach dem Präparat! Anhand der SCs lassen sich besondere Paarungskonfigurationen (Inversions-, Duplikations/ Deletions-Schleifen) oder partielle Asynapsis bei Strukturheterozygoten vorzüglich nachweisen. Beispiele werden demonstriert.

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2.2 Meiosestadien Es werden fixierte Antheren von Paeonia tenuifolia oder Lilium henryi ausgegeben. Mehrere Kursteilnehmer gemeinsam nehmen etwas vom Material in einem Blockschälchen mit Karmin-Essigsäure (KE) mit auf den Platz. Es werden Quetschpräparate angefertigt. Zerkleinere 1 Anthere/Präparat in einem Tropfen KE auf einem sauberen Objektträger. Entferne gröbere Gewebsteile, lege ein Deckglas auf, drücke es an und sauge überschüssige Flüssigkeit ab. Zeichne die Hauptstadien der Meiose (Lepto-, Zygo- oder Pachytän, Diplotän/ Diakinese oder Metaphase I, ein Stadium der 2. meiotischen Teilung) ! (Tauschen Sie gegebenenfalls Präparate untereinander aus, damit jeder alle Stadien sieht!) Wieviele Bivalente hat Paeonia tenuifolia ? Stelle Dauerpräparate her !

Die Stadien der Meiose

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2. 3 Chiasmen Chiasmen (=Chiasmata) sind die cytologisch sichtbare Folge des Crossing-over. Ihre Analyse gibt daher Aufschluß über Verteilung und Häufigkeit von reziproken intrachromosomalen Re-kombinationsereignissen. Besonders klar zu erkennen (und daher leicht von Überlappungen durch Verdrehung der Bivalente zu unterscheiden) sind Chiasmata bei Heuschrecken. Es werden Dauerpräparate von Feulgen-gefärbten Meiosen von Locusta migratoria (Wanderheuschrecke) ausgegeben. Zeichne eine schöne Diplotän/Diakinese-Zelle. Beachte die voreilende Kondensation des X-Chromosoms (Allozyklie)! Wieviele Bivalente hat Locusta, wieviele Chiasmata treten mindestens/maximal pro Bivalent auf? Eine noch deutlichere Darstellung der Chiasmata erreicht man mit einer speziellen Ag-Färbe-technik, mit welcher die Innenskelette ("cores") der einzelnen Chromatiden stärker als das umliegende Chromatin angefärbt werden. Es werden Dauerpräparate von Ag-gefärbten Meiosen von Chorthippus (Heupferd) in den Demonstrationsmikroskopen eingestellt. Zeichne eine Metaphase I mit dem genauen Verlauf der Chromatid-Achsen. Beachte die Färbung der Centromere ! Die Häufigkeit der Chiasmen ist nicht gleich hoch für alle Chromosomenbereiche; um die Centromere und in Telomernähe sind sie unterrepräsentiert. Dazu kommt oft noch ein genetisch festgelegtes, bevorzugtes Auftreten von Chiasmen in bestimmten Regionen (Lokalisierte Chiasmen !) Ein deutliches Beispiel dafür finden wir bei Allium fistulosum, wo die Mehrheit der Chiasmen in einem proximalen Bereich zu beiden Seiten der Centromere auftreten. Dies wird anhand eines Demonstrationspräparats gezeigt. 2. 4 Multivalente in Polyploiden und Translokationsheterozygoten Wenn mehr als 2 homologe Chromosomen vorliegen, bilden sich im Pachytän Multivalente, welche - wenn es zwischen allen beteiligten Chromosomen zu Chiasmen kommt - bis in die Metaphase I bestehen. Multivalente können auch von Chromosomen mit heterozygot vorliegenden Transloka-tionen gebildet werden. Multiple reziproke Translokationen, die den ganzen Chromosomensatz erfassen, führen zu Chromosomenringen in der Metaphase I, deren Chromosomen in der Ana-phase I alternierend auf die Pole verteilt werden: Komplexheterozygotie. Es werden Dauerpräparate von Meiosen von Rhoeo spathacea (Commelinaceae) mit Komplex-heterozygotie vorgeführt. Suche im Präparat möglichst komplette Chromosomenringe oder Ketten auf. Es handelt sich dabei um jeweils 1 Multivalent ! Aus wievielen Chromosomen besteht es ? 2. 5 Lampenbürstenchromosomen in Amphibien-Oozyten Es werden Präparate von Diplotän-Bivalenten von Triturus-Oozyten gezeigt. Lateral von jedem Chromomer steht ein Schleifenpaar (eine Schleife pro Chromatide) ab. Es handelt sich bei diesen Schleifen um regional und vorübergehend aufgelockertes Chromatin woran RNA-Synthese stattfindet. Das Lampenbürstenstadium dient in erster Linie der Bereitstellung ribosomaler RNA für die Eizelle, da während der raschen Furchungsteilungen keine Zeit für eine genügend hohe Ribosomensynthese gegeben ist. Ein Dauerpräparat ist zu zeichnen.

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TECHNIKEN 2.6 SC-Färbung Die am Vortag vorbereiteten Präparate werden mit AgNO3 gefärbt. (Vorsicht: Silbernitrat ist ätzend; nicht mit Haut und Augen in Kontakt kommen lassen! Macht hartnäckige Flecken auf Kleidung und Arbeitsflächen!) 3-5 Tropfen einer Silbernitrat-Lösung (1g AgNO3 in 2 ml Aqua dest.) werden über das Präparat verteilt. Das Präparat wird mit einem auf die Größe eines Deckglases zugeschnittenen Stück Nylongewebe bedeckt. Es folgt eine Inkubation bei 60°C für ca. 40 min. Dabei befinden sich die Präparate in mit feuchtem Filterpapier ausgelegten Behältern ("Feuchte Kammer") um ein Austrocknen zu verhindern. Nach Erreichen der optimalen Färbung (hellbraun) werden die Nylonstücke abgespült und die Präparate gründlich gewaschen. Die mikroskopische Untersuchung erfolgt ohne Deckglas, d.h. das Immersionsöl wird direkt aufgetropft (kann mit Benzin oder Xylol abgewaschen werden). Nach dem letzten Schritt (Waschung) werden die Präparate getrocknet und können sodann untersucht werden. Prinzip der Ag-Färbung Bei der Silber-Färbung wird Silbernitrat AgNO3 zu metallischem Silber reduziert, welches sich als schwarzer Niederschlag im Präparat absetzt. In wässriger Lösung dissoziiert Silbernitrat: AgNO3 → Ag+ + NO3

- Als Reduktans wirken Hydroxylgruppen. Es gibt 3 Aminosäuren mit Hydroxylgruppen in den Seitenketten: Serin, Threonin und Tyrosin. Von diesen ist die am Tyrosin die aktivste. Tyrosin macht nur ungefähr 3.4% der Aminosäuren in den Proteinen aus. Strukturen die sich besonders gut mit Silber anfärben lassen (NORs, Nucleoli, Kinetochore, SCs), dürften einen relativ höheren Tyrosin-Anteil haben. Das Ag+ Ion holt sich also ein Elektron vom Tyrosin und setzt sich als Ag0 ab. Es geht dann der saure Wasserstoff vom Tyrosin Sauerstoff als Proton H+ ab. Diese könnten nun aber mit den Ag+ Ionen um freie Elektronen in weiteren Tyrosin Molekülen konkurrieren und die Silber Reaktion zum Stillstand bringen. Der Nutzen der Nylon-Netzchen ist nun, daß am Nylon-Polymer Amino-gruppen sitzen. Freie Protonen können aus der Lösung gefischt werden, indem sie mit den Aminogruppen assoziieren: R-NH2 + H+ ↔ R-NH3

+. (Möglicherweise setzt sich die Reaktion auch noch fort, indem der basische neutrale Sauerstoff am freien Tyrosin-Radikal ein weiteres Ag-Ion reduziert, wobei dann ein relativ stabiles phenolisches Kation gebildet wird. Dieses verliert wieder ein Proton und wird zu einer braun gefärbten Substanz.) (Aus: Herickhoff et al., Biotech. Histochem. 67: 171-182 [1992])

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3. Riesenchromosomen von Drosophila

Riesenchromosomen (= Polytänchromosomen) kommen in Geweben mit trophischer Funktion (z.B. Speicheldrüsen, Malphigische Gefäße, Darmepithel) bei Dipteren, Ciliaten und Collembolen vor. Außerdem gibt es sie in den Antipoden- und Suspensorzellen einiger Pflanzen. Riesenchromosomen entstehen durch Polytänisierung, d.h. durch mehrere aufeinanderfolgende Replikationszyklen ohne mitotische Teilung der verdoppelten Elemente. Diese bleiben aneinander in Bündeln hängen. Die Anzahl der Chromatiden pro Chromosom beträgt bei Drosophila etwa 1024. Darüber hinaus sind die homologen Chromosomen somatisch gepaart. D.h, ein Polytänchromosom besteht aus 210 DNA Molekülen. Durch die parallele Zusammenlagerung von dichteren (Chromomeren) und weniger dichten (Interchromomeren) Abschnitten auf den Chromosomen entsteht das Bändermuster der Riesenchromosomen. Die Analyse dieses Musters hatte für die Genkartierung bei Drosophila und damit generell für das Verständnis der Organisation des Erbmaterials große Bedeutung.

Die differenzielle Transkriptionsaktivität ist anhand des „Puffing“ klar zu ersehen. Jene Chromosomenabschnitte an denen Transkription stattfindet, sind stark aufgelockert und bilden sogenannte Puffs oder Balbianiringe. Verteilung und Größe der Puffs ist in verschiedenen Geweben und Entwicklungsstadien unterschiedlich. Durch Hitzebehandlung von Larven kann man eine Streßantwort induzieren, wobei Hitzeschock-Gene aktiviert werden, was die Ausbildung markanter Puffs bewirkt. (Informationen über Drosophila mit vielen Links unter: http://sdb.bio.purdue.edu/fly/aimain/1aahome.htm) Es sind Präparate von Riesenchromosomen von Drosophila herzustellen und zu zeichnen 3.1 Präparation der Polytänchromosomen aus Speicheldrüsen von Drosophila sp.: Ernte 3 bis 6 dicke, gut bewegliche Larven von der Wand des Zuchtgefäßes, säubere sie in Aqua dest. von Nährbodenresten und überführe sie in 0.8% NaCl-Lösung. Entferne unter dem Präparationsmikroskop auf einem Objektträger in einem Tropfen NaCl-Lösung den Kopf der Larve mit den daranhängenden Speicheldrüsen (paarig, durchsichtig, langgestreckt); der anhaftende Fettkörper (gelblich-weiß) ist zu entfernen. Die Speicheldrüsen werden in einem Tropfen Orcein-Färbelösung 10 min gefärbt. Färbelösung mit Filterpapier vorsichtig absaugen und durch ME-Lösung ersetzen; 5 min Differenzierung. Vorsichtig ein Deckglas auflegen und Zellkerne durch leichtes Klopfen öffnen (optische Kontrolle im Stereomikroskop); wenn die Chromosomen ausgebreitet sind, wird das Präparat unter Filterpapier gequetscht. Durch Umranden des Deckglases mit Silikonlösung kann das Präparat dauerhaft gemacht werden. 3.2 Induktion von Hitzeschock-Puffs: Larven werden 30 min auf 37°C gestellt. Um ein Austrocknen der Larven zu verhindern, werden sie auf 0.8% NaCl-Lösung gegeben (allerdings ohne sie dabei zu ertränken !). Präparation und Orcein-Färbung der Speicheldrüsen wie oben. Ersetzen des Orcein durch Fastgreen-Lösung (5 min) Ersetzen des Fastgreen durch ME Präparation der Chromosomen wie oben. (Orcein färbt die Bänder der Polytänchromosomen rot, Fastgreen färbt die Puffs grün).

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Benötigte Chemikalien und Lösungen: NaCl-Lösung: 0.8% in Aqua dest. Orcein-Färbelösung: 2% Orcein in 85% Milchsäure/Essigsäure/A.dest. 1:1:1 Fastgreen-Färbelösung: 0.1% Fastgreen FCF in 85% Milchsäure/Essigsäure/A.dest. 1:1:1 ME-Lösung: 85% Milchsäure/60% Essigsäure 1:1

4. Humancytogenetik 4.1 Chromosomenpräparation aus Lymphocyten Diese Methode ist das wohl am häufigsten verwendete Verfahren zur Präparation von Chromosomen. Sie wird in der humangenetischen, pränatalen und Krebs Diagnose, sowie bei der Testung von erbschädigenden Agenzien routinemäßig eingesetzt., Wir werden diese Methode aus Zeitgründen nicht zur Gänze im Praktikum durchführen, sie wird jedoch wegen ihrer Bedeutung hier kurz beschrieben. Anhand dieser Beschreibung sollte es jedem der mit zellbiologischen Techniken einigermaßen vertraut ist, möglich sein, selbständig derartige Präparate herzustellen. Kulturansatz: 2 ml Komplettmedium in sterilem 10 ml Polystyrolröhrchen. Komplettmedium (Chromosomenmedium B – Biochrom KG) enthält Nährsalze, foetales Kälberserum, Phytohämagglutinin (universelles Antigen zur Stimulation von Mitosen in Lymphocyten), Heparin (Gerinnungshemmer), Antibiotika. Ca. 7 Tropfen peripheres Blut (mit Gerinnungshemmer) werden zugesetzt und mit dem Medium durch leichtes Schütteln gemischt. (Beim Umgang mit menschlichem Untersuchungsmaterial muß wegen der Infektionsgefahr erhöhte Vorsicht aufgewendet werden. Schutzkleidung!) Kultur 72 Stunden bei 37°C. 1-2 h vor der Präparation 1-2 Tropfen Colzemid (2.5 µg/ml Stammlösung – depolymerisiert Microtubuli; arretiert die Mitose in der Metaphase) zugeben. Zentrifugieren 6 min bei 1000 Upm Überstand vorsichtig abpipettieren Ca. 2 ml 0.56% KCl langsam zugeben und gut durchmischen, 10 – 20 min bei 37°C einwirken lassen (Hypotonischer Schock: Zellmembranen platzen) Zentrifugieren 6 min bei 1000 Upm Überstand vorsichtig abpipettieren 2 ml frisches eiskaltes Fixativ (Methanol : Eisessig, 3:1) langsam zugeben Zentrifugieren 3 min bei 1000 Upm Überstand vorsichtig abpipettieren 2 ml frisches eiskaltes Fixativ (Methanol : Eisessig, 3:1) zugeben und mindestens 20 min in den Kühlschrank stellen Zentrifugieren 3 min bei 1000 Upm Ersten Fixierungsschritt gegebenenfalls wiederholen (Zur Entfernung von Debris) Großteil des Überstands vorsichtig abpipettieren, sodaß eine milchige Suspension von Zellen überbleibt Die Suspension kann für mehrere Monate bei –20°C aufbewahrt werden

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AB HIER FÜREN WIR DIE METHODE IN DIESEM PRAKTIKUM DURCH: Fettfreie Objektträger in Aqua dest. bei 0°C einkühlen 2 Tropfen der Suspension aus ca 20 cm Höhe auf einen schräg gestellten gekühlten, nassen Objektträger auftropfen lassen Präparat stehend trocknen lassen Präparat im Phasenkontrast beurteilen Für weitere Präparate optimale Konzentration der Suspension und Auftropfhöhe bestimmen Eine einfache Färbung solcher Chromosomen erfolgt mit dem hämatologischen Farbstoff GIEMSA (Vertrieb durch die Firmen Gurr und Merck). Stelle die Präparate für 5 – 20 min in eine Kuvette mit frisch angesetzter Giemsa-Lösung (2% v/v) in Sörensen's Phosphatpuffer, (pH 6.8). Sörensen's Phosphatpuffer pH 6.8 ist M/15 KH2PO5 und M/15 Na2HPO4 im Verhältnis 1:1 gemischt.) 4.2 Erstellen von menschlichen Karyotypen Es ist dies eine in der klinischen Cytogenetik gebräuchliche Methode, Chromosomenab-errationen festzustellen. Verschiedene Verfahren zur Chromosomenbänderung erlauben die Identifizierung aller 22 Autosomenpaare und der Geschlechtschromosomen und die Feststellung etwaiger Chromosomenmutationen (Translokation, Deletion, Inversion, Duplikation). Daher werden für Untersuchungen, die über die Diagnose von Aneuploidien hinausgehen, gebänderte Chromosomen bevorzugt. Es werden Dauerpräparate mit G-gebänderten menschlichen Metaphasen ausgegeben. Zähle die Chromosomen und bestimme das Geschlecht durch die Identifizierung der Geschlechtschromosomen nach dem Bandmuster im untenstehenden Karyotyp. (Zählen funktioniert am besten anhand einer Skizze in der die Chromosomen als einfache Striche dargestellt sind.) Zeichne die Chromosomen 1 (achte auf Heterochromatin-Polymorphismen) und die Geschlechtschromosomen. Der Tutor überprüft die Richtigkeit durch den Vergleich des mikroskopischen Bildes mit der Zeichnung. [Alternativ: Es werden Fotos von G-gebänderten und R-gebänderten menschlichen Metaphasen ausgegeben. Schneide die Chromosomen aus und klebe sie nach dem Muster der untenstehenden Vorlage auf.]

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G-Bänderung

http://www.umanitoba.ca/afs/plant_science/

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Gebänderte menschliche Chromosomen

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5. Chromosomale Geschlechtsbestimmung PROGRAMM 5.1 Bestimmung des Kerngeschlechts (Sex-Test) Anwendung: Bestimmung des genetischen Geschlechts bei unklarem oder intersexuellem Genitalbefund. Nachweis bzw. Ausschluß numerischer Abweichungen der Geschlechtschro-mosomen (z.B. Klinefelter- oder Turner-Syndrom). In den im Kurs hergestellten, codierten Präparaten von Epithelzellen der Mundschleimhaut (siehe 5.3) wird nach X-Körperchen (Barr-Bodies) gesucht. Sie repräsentieren das kondensierte, inaktive X-Chromosom und sind in einem gewissen (geringen) Prozentsatz der Interphasekerne von normalen Frauen erkennbar. Die maximale Zahl der X-Körperchen pro Kern ist die Zahl der X-Chromosomen minus 1. Es werden 200 Kerne ausgezählt. Gib den Prozentsatz der Kerne mit Barr-Body an und halte fest, ob das vorliegende Präparat (Codenummer angeben!) von einem männlichen oder weiblichen Individuum stammt! 5.2 Chromosomale Geschlechtsbestimmung Organismen mit chromosomaler Geschlechtsbestimmung zeigen meist einen mehr oder weniger stark ausgeprägten Dimorphismus der Geschlechtschromosomen. Jenes Geschlecht, welches zwei identische Geschlechtschromosomen aufweist, bezeichnet man als homogametisch, weil es bezüglich der Geschlechtschromosomen nur gleichartige Gameten bildet. Das Geschlecht mit zwei verschiedenen oder einer ungeraden Zahl von Geschlechtschromosomen ist das hetero-gametische. Die bekanntesten chromosomalen Geschlechtsbestimmungs-Systeme sind: XX(weibl.)/XY(männl.) (z.B. die meisten Säuger, Silene) XX(weibl.)/X0(männl.) (viele Heuschrecken) ZW(weibl.)/ZZ(männl.) (Vögel, Schmetterlinge) Die Geschlechtschromosomen des Menschen haben wir unter Punkt 4 kennengelernt, mit denen der Heuschrecken haben wir uns wir uns im Meiose-Kurs befaßt. Von Silene dioica werden Demonstrationspräparate gezeigt. Finde heraus, um welches Stadium es sich handelt, wieviele Chromosomen Silene hat, welches die Geschlechtschromosomen sind und von welchem Geschlecht das vorliegende Individuum ist ! Codierte Dauerpräparate von Chromosomen verschiedener Vögel werden gezeigt. Stelle fest, ob eine chromosomale Heterozygotie vorliegt, und damit, welches Geschlecht sich hinter den jeweiligen Codenummern verbirgt ! 5.3 Methode: Präparation von Zellkernen aus Abstrichen der Mundschleimhaut Mit einem sauberen, fettfreien Objektträger wird an der Innenseite der Wangen ein Schleimhaut-abstrich genommen (wird vorgeführt). Jeder Objektträger wird mit einer Zufallszahl versehen und zusammen mit dem äußeren Geschlecht auf einer Liste vermerkt. Der Abstrich wird sofort

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für 30 min. in Carnoy's Fixativ (Methanol/Chloroform/Eisessig 6:3:2) eingestellt. Anschließend werden die Präparate an der Luft getrocknet und an die Kursteilnehmer verteilt um folgende Schritte durchzuführen: Stelle das Präparat 20 min. in 5N HC1 Spüle 3 min. in Leitungswasser Färbe das Präparat mit einer 0.1%-igen wässrigen Lösung von Toluidinblau (2-4 min) Trockne das Präparat an der Luft und decke es in Euparal ein. Damit ist das Präparat fertig für die Auswertung. Die Verwendung von Codes soll die Auflösung erschweren, aber auch - im unwahrscheinlichen Fall eines pathologischen Befundes - die Anonymität der betreffenden Person gewährleisten. Eine andere Quelle für Kerne sind Zellen aus Haarwurzeln. Man gewinnt diese auf folgende Weise: Einige Haare werden ausgerissen und deren Wurzeln sofort für ca. 2 min. in 25%-ige Essigsäure getaucht. Anschließend werden die noch feuchten Haarenden pinselartig über einen trockenen, fettfreien Objektträger gezogen, wobei die Zellen abgestreift werden. Nach dem Trocknen können die Präparate wie oben gefärbt werden.

WENN ZEIT BLEIBT: Differentielle Darstellung von Chromosomen (Bänderung)

C-Bänder werden in Chromosomenpräparaten durch Behandlung mit Säure und schwacher Lauge und anschließender Färbung mit Giemsa induziert. Ähnlich wie bei der G-Bänderung handelt es sich um einen differentiellen Verlust färbbaren Materials in manchen Chromo-somenbereichen. Allerdings bleiben nach der C-Bänderung jene Bereiche, welche hoch repetititive DNA enthalten, als stärker färbbare (heterochromatische) Bereiche übrig. Heterochromatin ist hinsichtlich seiner Menge und chromosomaler Lokalisation sehr variabel; es tritt zusätzlich zum konstanten Euchromatin auf. Dennoch ist seine Verteilung im Karyotyp gewissen Regeln unterworfen und das Heterochromatin-Muster ist meist artcharak-teristisch, sodaß es für cytosystematische Untersuchungen herangezogen werden kann. C-gebänderte Metaphasen verschiedener Pflanzenarten werden vorgeführt. Beachte, daß das Bänderungsmuster von Homologen nicht notwendigerweise identisch ist ! Fertige eine Zeichnung einer gebänderten Metaphase an! Immunfärbung Antikörper die vom Immunsystem zur Erkennung körperfremder Substanzen produziert werden, werden seit langem zum Nachweis von Antigenen, die auf Membranen immobilisiert wurden (Immunoblots) eingesetzt. Ebenso kann man Antigene in cytologischen Präparaten nachweisen (Immuncytogenetik). Dabei binden Antikörper an die Epitope im Präparat. Diese gebundenen (primären) Antikörper sind ihrerseits das Target für weitere (sekundäre) Antikörper an die ein Fluoreszenzmarker oder ein anderes cytologisch nachweisbares Molekül gebunden ist (Indirekter Immunnachweis). Die primären Antikörper werden durch die Immunisierung von Tieren (mei-stens Ratten, Kaninchen oder Ziegen) mit Zellextrakten gewonnen, in denen die interessierende Fraktion/Struktur angereichert ist. Auch bei sogenannten Autoimmunerkrankungen werden Anti-körper gebildet, die gegen eine Vielzahl körpereigener Substanzen gerichtet sind. Solche Seren enthalten oft Antikörper gegen chromosomale Proteine.

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Indirekter Nachweis von SC-Proteinen in gespreiteten Meiocyten der Maus Wir verwenden ein Antiserum eines Kaninchens, welches gegen isolierte Synaptonemale Komplexe aus Ratten immunisiert wurde. Das spezifische Antigen ist ein Protein in den Axialelementen, welches konserviert ist, sodaß von dem Antikörper die SCs einer Reihe von Säugern erkannt werden. Durchführung: SC-Präparate aus einem der vorangegangenen Kurstage werden in 1× PBS 10 min gewaschen. (Sämtliche Waschungs- und Inkubationsschritte erfolgen nach diesem Protokoll bei Zimmertemperatur). Überschüssige Flüssigkeit wird abgeschüttelt; dabei dürfen die Präparate jedoch nicht austrocknen (wie auch zu keinem späteren Zeitpunkt während des Färbevorganges). Die Präparate werden mit einem kleinen Tropfen ca. (30 µl) von 1:600 verdünntem primärem Antiserum unter einem Deckglas (22 mm×40 mm) bedeckt und bei Zimmertemperatur 3 h in einer Feuchten Kammer inkubiert. Danach werden die Deckgläser mit 1× PBS abgespült und die Präparate 10 min in 1 × PBS gewaschen. Die überschüssige Flüssigkeit wird wieder entfernt und auf die Präparate kommt jetzt ein Tropfen einer Lösung mit sekundärem Antikörper (Ratte Anti-Kaninchen Immunoglobulin, FITC-gekoppelt, 1:50 in 1× PBS verdünnt). Die Präparate werden in der Feuchten Kammer 2 h inkubiert, anschließend 10 min mit 1× PBS gewaschen und noch feucht in Glycerin - Anti-Fading Puffer mit 0.2 µg/ml DAPI (zur Gegenfärbung) eingedeckt. Die Präparate sind damit fertig für die Fluoreszenzmikroskopie. (1× PBS wird aus 10× PBS Stammlösung [80 g NaCl, 2 g KCl, 11.5 g Na2HPO4

.7H2O, 2 g KH2PO4 in 1 l A. dest.] hergestellt.) Differentielle Färbung von Schwesterchromatiden Dient zum Nachweis von Schwesterchromatid-Austauschen (SCE's=Sister Chromatid Exchanges). Diese haben neben ihrem Wert als cytologischer Nachweis der Uninemie von Chromatiden auch Bedeutung für die Diagnose von Krankheiten, mit denen eine Erhöhung der SCE-Rate einhergeht. Auch gibt es Mutagene, die eine solche Erhöhung gegenüber der spontanen Rate verursachen (Arbeitsplatzbelastung, Raucher !). Die differentielle Färbung der Schwesterchromatiden entsteht durch den Einbau von Bromdesoxyuridin (BrdUrd) anstelle von Thymidin (Thd) während zweier aufeinanderfolgender Replikationsrunden. Dadurch wird in die DNA der einen Schwesterchromatide BrdUrd in beide DNA-Halbstränge eingebaut, während die andere Schwesterchromatide (infolge der semikonservativen Replikation !) einen BrdUrd und einen Thd-besetzten DNA-Halbstrang besitzt. Die doppelt BrdUrd-markierte DNA ist anfälliger gegen Degradation durch UV. Daher färben sich nach UV-Behandlung BrdUrd/BrdUrd-Chromatiden schwächer als BrdUrd/Thd-Chromatiden.

Es werden Dauerpräparate von menschlichen Chromosomen mit differentiell gefärbten Chromatiden ausgegeben. Ermittle die Rate von spontanen SCE's pro Zelle und pro Chromosom durch Auszählung in 5 Metaphasen.

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PRÄPARATELISTE Selbst herzustellende Präparate

Allium cepa Mitosestadien (KE) Vicia faba colchizinierte Mitosen (Feulgen) Maus Synaptonemale Komplexe (AgSC, Immunfärbung) Paeonia tenuifolia Meiosestadien (KE) Drosophila Riesenchromosomen (Fastgreen/Orcein) Mundschleimhautabstrich (Chromosomaler Sex-Test) (Methylenblau)

Dauerpräparate (Nimmt jeder zur Betrachtung mit zu seinem Mikroskop)

Muntiacus muntjak (Indischer Muntjak) Männchen . Stark reduzierte Chromosomenzahl. Ungerade Chromosomenzahl durch Robertson´sche Translokation des X-Chromosoms auf ein Autosom (M: 2n=7) Zeichnung!

Vicia faba (Fabaceae) Mutierte Karyotypen ("ACB" oder "EF"). Durch chemische Mutagenese in haploiden Gewebekulturen erzeugt und durch Colchizin-Behandlung diploidisiert und homozygotisiert. Zeichne einen mutierten Karyotyp und beschreibe Abweichungen vom Vicia faba Standardkaryotyp!

Chorthippus iucundus (Orthoptera) Silber-gefärbte Chromosomenachsen Diakinese/Metaphase der Meiose. Zeichne den Verlauf der Achsen in einem Bivalent mit 2 oder mehr Chiasmen!

Rhoeo sp. (hauptsächlich R. spathacea 2n=12) Chromosomenmultivalent (Ring!) in der Meiose durch multiple Translokationen. Zeichnung!

Triturus sp. Diplotän Lampenbürstenchromosomen. Zeichne ausschnittweise! Verschiedene Pflanzen (Allium sp. 2n=16, Anemone sp., Crepis capillaris 2n=6, Scilla sp. 2n=12, Vicia faba

2n=12) C-gebändert. Beachte unterschiedliche Heterochromatinmuster und Chromozentren in der Interphase. Vergleiche und zeichne eine C-gebänderte Metaphase!

Menschliche Chromosomen. G-gebänderte Mitosen. Männlich und weiblich. Zeichne laut Anleitung! Demonstrationspräparate (Werden von jedem im Demonstrationsmikroskop betrachtet) Vicia faba: Färbung der NORs mit Silber (AgNOR) Silene dioica, Silene alba pflanzliche Geschlechtschromosomen Allium fistulosum SCs mit Kinetochoren Allium ursinum SCs, perizentrische Inversion Allium fistulosum Diakinese, proximal lokalisierte Chiasmen Diverse Vögel (Pute, Taube, Wachtel) männlich und weiblich. Geschlechtschromosomen, Mikrochromosomen Backup-Präparate (Für den Fall, daß die eigene Präparation mißlingt) Drosophila melanogaster Polytänchromosomen aus Speicheldrüsen Allium cepa Mitosen uncolchiziniert Vicia faba Mitosen colchiziniert Lilium henryi 2n=24 Meiosestadien Barr-Body aus Mundschleimhaut Die Präparate sollen gründlich studiert werden, bevor eine sorgfältig ausgewählte Stelle gezeichnet wird. Gute Präparate sollten untereinander ausgetauscht werden. Vor der Rückgabe der Dauerpräparate bitte das Öl abwischen! Bitte behandlen Sie die Dauerpräparate pfleglich. Zum Teil handelt es sich um praktisch unersetzbare Einzelstücke.