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MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄT HALLE-WITTENBERG Institut für Physik Grundpraktikum Praktikum Physik für Pharmazeuten 17. Auflage (2018)

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MARTIN-LUTHER-UNIVERSITÄTHALLE-WITTENBERG

Institut für Physik

Grundpraktikum

Praktikum

Physik

für

Pharmazeuten

17. Auflage (2018)

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‘Vorwort

Das Praktikum „Physik für Pharmazeuten“ ist im Sinne der Approbationsordnung für Apothekereine scheingebende Veranstaltung, deren regelmäßiger und erfolgreicher Besuch für dieTeilnahme am Ersten Abschnitt der Pharmazeutischen Prüfung nachgewiesen werden muss.Nach Einschreibung zum Praktikum sind innerhalb des laufenden Semesters 7 Versucheerfolgreich durchzuführen und eine Abschlussklausur zu schreiben. Die Praktikumsleistung kannan der Martin-Luther-Universität nur einmal wiederholt werden. Dazu ist eine vorherigeKonsultation erforderlich.In den einführenden Kapiteln des Praktikumsheftes finden Sie alle organisatorischen undpraktischen Hinweise zu Praktikumsablauf, Versuchsführung, Protokollierung und Auswertungder Versuche. Im Hauptteil stehen die Versuchsanleitungen mit den physikalischen Grundlagen,die Sie mindestens zum Versuch wissen müssen. Kontrollfragen und Literaturangaben am Endejeder Versuchsanleitung sind als Hilfestellung zur Vorbereitung und Selbstkontrolle gedacht. ImAnhang befinden sich Hinweise zum Messprogramm CASSY und zur Software ORIGIN.Weitere Hinweise finden Sie auch auf den Internetseiten des Praktikums.

Martin-Luther-Universität Halle-WittenbergInstitut für PhysikPhysikalisches Grundpraktikum Information im Netz: http://www.physik.uni-halle.de/praktika/gp

https://studip.uni-halle.de/

Herausgeber: Autoren:Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg A. Christ, K.-H. Felgner, W. Fränzel, K.-Institut für Physik, Grundpraktikum V. Jenderka, A. Klemenz, J. Leschhorn, Tel.: 0345 55-25551, -25550 M. StölzerFax: 0345 55-27300Email: [email protected] Praktikumsleiter: Dr. Mathias Stölzer

17. Auflage Halle, März 2018

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Inhaltsverzeichnis

ALLGEMEINE EINFÜHRUNG

Laborordnung für das Praktikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

Hinweise zum Ablauf des Praktikums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Richtlinien für die Protokollführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

Fehlerrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

MECHANIK

M 2 Dichtebestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

M 4 Oberflächenspannung von Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

M 13 Dehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

M 14 Viskosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

M 19 Ultraschall-Abbildungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

WÄRMELEHRE

W 1 Lineare Ausdehnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

W 6 Spezifische Wärme von Metallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

W 12 Luftfeuchtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

W 17 Spezifische Wärme von Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

W 25 Diffusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

ELEKTRIZITÄTSLEHRE

E 7 Innenwiderstand von Spannungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

E 8 Leitfähigkeit von Elektrolyten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

E 10 Thermospannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

E 34 Elektrolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

E 39 Messwerterfassung mit dem Computer: EKG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

OPTIK UND STRAHLUNG

O 4 Mikroskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

O 10 Polarimeter und Refraktometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

O 16 Radioaktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

O 20 Spektralphotometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

O 22 Röntgenverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

ANHANG

Hinweise zur Bedienung des Messwerterfassungssystems CASSY . . . . . . . . . . . . . 85

Kurzanleitung zur Software ORIGIN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umschlag

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Einführung Laborordnung für das Praktikum

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Laborordnung für das Praktikum

Allgemeines Verhalten

1 Die Praktikanten haben sich in denPraktikumsräumen so zu verhalten, dassPersonen nicht gefährdet sowie Einrichtungen,Geräte und Versuchsaufbauten nicht be-schädigt werden.

2 Die von den betreuenden Assistenten,vom Praktikumspersonal sowie die in denVersuchsanleitungen gegebenen Hinweise zurHandhabung der Geräte und Versuchsanord-nungen sind unbedingt zu beachten.

3 Störungen und Unregelmäßigkeiten beider Durchführung der Versuche, Beschädi-gungen und Funktionsstörungen an Gerätensowie Unfälle sind sofort zu melden. Es istnicht zulässig, Geräte selbst zu reparieren!

4 Für grob fahrlässig verursachte Schädenan Geräten und Arbeitsmaterialien können diePraktikanten zur Verantwortung gezogenwerden.

5 Den Praktikanten steht jeweils nur die amArbeitsplatz befindliche Ausrüstung zurVerfügung. Es ist nicht gestattet, Geräte vonfremden Arbeitsplätzen zu benutzen.

6 Zur Auswertung von Messergebnissenkann jeder freie Computer genutzt werden.Dazu haben sich die Praktikanten mit derVersuchsbezeichnung anzumelden und beiBeendigung der Arbeit wieder abzumelden.

7 Nach Beendigung des Versuches ist derArbeitsplatz aufgeräumt und sauber zu verlas-sen.

8 Essen und Trinken ist in den Praktikums-räumen nicht erlaubt. Rauchen ist im ge-samten Gebäude untersagt.

9 Die Benutzung von Handys ist in denPraktikumsräumen untersagt!

10 Das Praktikum beginnt pünktlich zu derim Stundenplan angegebenen Zeit. Mehr als15 Minuten nach Praktikumsbeginn könnenkeine Versuche mehr begonnen werden.

Arbeiten mit elektrischen Schaltungen

11 Der Auf- und Abbau elektrischer Schal-tungen hat stets im spannungslosen Zustandzu erfolgen (Stromversorgungsgeräte aus,Batterien und Steckernetzteile nicht ange-schlossen). Die Schaltungen sollen übersicht-lich aufgebaut werden.

12 Bei elektrischen Messgeräten ist auf dierichtige Polung, auf die Einstellung desrichtigen Messbereiches und die Verwendungder richtigen Messeingänge zu achten. (Über-lastungsgefahr!)

13 Elektrische Schaltungen müssen vor derInbetriebnahme vom zuständigen Betreuerüberprüft werden!

14 Unter Spannung stehende Anlagenmüssen ständig überwacht werden.

15 Spannungsführende Teile dürfen nichtberührt werden. Gefährliche Spannungen(> 42 V) sind in der Regel durch Schutzvor-richtungen vor Berührung gesichert. Es istuntersagt, solche Schutzvorrichtungen außerBetrieb zu setzen!

16 Bei Unfällen ist die Spannung sofortabzuschalten (Notausschalter: gelb-rote Tast-schalter in jedem Raum). Der Unfall mussunverzüglich gemeldet werden.

Arbeiten mit Chemikalien

17 Bei der Arbeit mit Chemikalien ist aufSauberkeit zu achten. Verwenden Sie Trichterzum Umfüllen und Fließpapierunterlagen beimAbwiegen von Chemikalien!

18 Mit dem Versuchszubehör ausgegebeneArbeitsschutzmittel (z. B. Schutzbrille) müs-sen getragen werden!

19 Bei Unfällen oder bei Verschütten gefähr-licher Substanzen (z. B. Quecksilber) musssofort ein Betreuer verständigt werden! Essind keine eigenständigen Beseitigungsversu-

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Einführung Hinweise zum Ablauf des Praktikums

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che zu unternehmen!

20 Alle Chemikalien befinden sich in Gefä-ßen mit eindeutiger Kennzeichnung desInhaltes. Dies ist besonders zu beachten, wennChemikalien nach der Verwendung in dieAufbewahrungsgefäße zurückgegossenwerden müssen.

21 Nach Beendigung des Versuches sind alleverwendeten Gefäße (außer Vorratsgefäßen)sorgfältig auszuspülen.

Arbeiten mit radioaktiven Präparaten

22 Im Praktikum wird ausschließlich mitumschlossenen Präparaten unterhalb derFreigrenze laut Strahlenschutzverordnunggearbeitet. Die Strahlenbelastung währendeines Versuches ist 100...1000 mal geringerals bei einer Röntgenaufnahme.

23 Vermeiden Sie trotzdem jede unnötigeBestrahlung. Abstand ist der beste Strahlen-schutz! Halten Sie radioaktive Präparate nichtunnötig in der Hand. Halten Sie während der

Messung einen Abstand von 0,5 m zumPräparat ein.

24 Es ist untersagt, die Präparate aus ihrenAcrylglashüllen zu entfernen.

Brandschutz

25 Bunsenbrenner und elektrische Heizgerä-te sind so aufzustellen, dass sich keine benach-barten Gegenstände entzünden können.Offene Flammen und eingeschaltete Heizgerä-te müssen ständig beaufsichtigt werden!

26 Vorsicht beim Umgang mit brennbarenFlüssigkeiten (z. B. Ethanol)! Sie sind vonoffenen Flammen fernzuhalten.

27 Wird ein Brand bemerkt, so ist dies sofortzu melden und es sind nach MöglichkeitLöschmaßnahmen einzuleiten.

28 Jeder Praktikant hat sich über die Lageund Funktionsweise der Handfeuerlöschersowie über die vorhandenen Fluchtwege zuinformieren.

Hinweise zum Ablauf des Praktikums

1 Vorbereitung

Das Versuchsthema ist der Praktikums-Home-page im Internet oder dem Aushang imPraktikum (nur am vorherigen Praktikumstag)zu entnehmen.

Zu Hause werden die physikalischen Grund-lagen zum Versuch studiert (Literaturangabenam Ende jeder Versuchsanleitung) und dasProtokoll vorbereitet (siehe auch „Richtlinienfür die Protokollführung“).

2 Versuchsausgabe

Das benötigte Zubehör wird an der Ausgabegegen Hinterlegung eines Studentenaus-weises pro Versuchsgruppe abgeholt.

3 Kontrolle der Versuchsvorbereitung

Vor Versuchsbeginn kontrolliert der zu-ständige Betreuer die Protokollvorbereitungund führt ein kurzes Antestat durch (multiple-Choice-Test). Bei ungenügender Vorberei-tung (kein Protokoll, keine Kenntnisse und 0Punkte im Antestat) darf der Versuch nichtdurchgeführt werden und muss zu einemspäteren Termin innerhalb der Vorlesungszeitdes laufenden Semesters nachgeholt werden.Hierzu ist ein Termin zu vereinbaren!

4 Versuchsdurchführung

Die Versuche werden in der Regel in Zweier-gruppen durchgeführt, notfalls allein. JederStudent führt ein eigenes Protokoll. Der

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Einführung Hinweise zum Ablauf des Praktikums

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Ablauf gliedert sich wie folgt:

- Selbständiger Aufbau des Versuchs

- Prüfung elektrischer Schaltungen vorInbetriebnahme vom Betreuer

- Durchführung der Messungen und Proto-kollführung (siehe nächstes Kapitel).

- Kontrolle der Messwerte und Kurzunter-schrift des Betreuers.

5 Versuchsauswertung

Die Versuchsauswertung wird, wenn möglich,noch während der Praktikumszeit durch-geführt bzw. begonnen. Sie ist bis zum nächs-ten Praktikumstermin fertigzustellen.Hinweise zur Auswertung geben die „Richt-linien zur Protokollführung“.Es werden Taschenrechner, Lineal, evtl.Kurvenlineal und Millimeterpapier benötigt.Computer können eingesetzt werden undstehen im Praktikum zur Verfügung. Milli-meterpapier und zu manchen Versuchenerforderliche Spezialpapiere können imPraktikum erworben werden.

6 Abschluss des Versuchs

Die Bestätigung der erfolgreichen Versuchs-durchführung erfolgt nach Kontrolle derAuswertung durch die Eintragung von Datumund Langunterschrift des zuständigen Betreu-ers sowie der erreichten Punktzahl in dasProtokoll, in der Regel zum nächsten Praktik-umstermin. Der Betreuer kann einmal eineNachbesserung der Auswertung verlangen.Bei verspäteter Vorlage der Auswertungwerden je Woche 2 Punkte abgezogen.

7 Fehlversuche

Für einen erfolgreichen Abschluss müssen Siealle Praktikumstermine wahrnehmen. ZumNachholen versäumter oder nicht bestandenerVersuche werden jedem Studierenden zweizusätzliche Praktikumstermine garantiert. (ein

„Nachholtermin” für alle am Semesterende,weitere Termine nach Möglichkeit im laufen-den Semester) In jedem Fall müssen Sie denTermin an der Versuchsausgabe vereinbaren,damit sichergestellt ist, dass der Arbeitsplatzfrei und die Betreuung gewährleistet ist! Zueinem Praktikumstermin kann jeweils nur einVersuch durchgeführt werden.

Studenten, die mit mehr als zwei Versuchen inVerzug sind, können das Praktikum im laufen-den Semester nicht mehr erfolgreich beenden.Das Praktikum kann dann im nächsten Jahrwiederholt werden. Bereits erfolgreich abge-schlossene Versuche werden dabei anerkannt.

8 Leistungskontrollen

Zu jedem Versuch wird ein kurzer multiple-choice Test durchgeführt. Nach Abschlussaller Versuche wird eine mc-Klausur ge-schrieben. Voraussetzung zur Zulassung zurKlausur ist, dass alle Versuche durchgeführtwurden und dabei eine Mindestpunktzahl von42 erreicht wurde. Ist die Mindestpunktzahlnicht erreicht, muss das Praktikum wiederholtwerden.Die Klausur kann gemäß Studienordnung §11wiederholt werden.

9 Betrugsversuch

Das Vortäuschen einer Versuchsdurchfüh-rung, die Verwendung fremder Protokolle amArbeitsplatz, Fälschen von Messwerten undÄhnliches führen zur Nichtanerkennung desVersuches, im Wiederholungsfall zum Aus-schluss vom Praktikum.

10 Abschluss des Praktikums

Mit dem Bestehen der Leistungskontrolle(50% richtig) gilt das Praktikum als erfolg-reich absolviert. Der erfolgreiche Abschlussdes Praktikums wird bescheinigt.Gemäß Studienordnung kann das Praktikumeinmal als Ganzes wiederholt werden.

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Einführung Richtlinien für die Protokollführung

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Richtlinien für die Protokollführung

Allgemeines

1 Jeder Student führt während des Versu-ches und unmittelbar ein Protokoll. DasProtokoll enthält - die Versuchsvorbereitung,- das Messprotokoll (alle Messwerte und

Beobachtungen in chronologischer Reihen-folge),

- die Auswertung.

2 Das Protokoll wird handschriftlich mitnicht löschbarem Stift geführt. Bleistift ist nurfür Diagramme und Skizzen zulässig. Fehl-messungen werden mit Angabe des Grundesdurchgestrichen und dürfen nicht unlesbargemacht werden. Fehler sind Teil der Arbeit,das Ausradieren oder Löschen von Messdatenist schlechter wissenschaftlicher Stil!

3 Alle Protokolle des Praktikums sind ineinem gebundenen Heft der Größe A4 oder ineinem Schnellhefter zu führen und zu jederVeranstaltung mitzubringen.

4 Lose Blätter (auch Computerausdrucke)sind mit Name und Datum zu beschriften undin das Protokoll einzufügen.

Vorbereitung zu Hause

5 Jedes Protokoll muss enthalten: - Datum, - Versuchsbezeichnung und Aufgabenstel-

lung (wörtlich), - kurze Beschreibung des Versuches mit

wichtigen Grundlagen, geplanter Durch-führung (z. B. Schaltskizze) und vorgese-hener Auswertung einschließlich der dafürbenötigten Formeln,

- vorbereitete Urlisten (Tabellen) für die Auf-nahme der Messdaten und, soweit sinnvoll,der aus diesen zu berechnenden Daten.

Dieser Teil des Protokolls ist Bestandteil derVersuchsvorbereitung und wird vor Ver-suchsbeginn vom Betreuer kontrolliert.

Protokollführung während des Versuches

6 Es werden alle Versuchsgeräte registriert(Versuchsaufbau).

7 Das Protokoll soll übersichtlich und gutlesbar sein, z.B durch eine klare Gliederungmit Zwischenüberschriften (“Messwerte zuAufgabe 1” oder ähnlich).

8 Alle physikalischen Größen sind voll-ständig mit Zahlenwert und Einheit anzuge-ben. Tabellen müssen eine Überschrift oderLegende besitzen, die Spalten sind mit physi-kalischer Größe und Einheit zu beschriften.

9 Es werden grundsätzlich alle Messdatenvor jeglicher rechnerischer Aufbereitungprotokolliert (Urlisten).

10 Das Messprotokoll ist dann vollständig,wenn nur mit seiner Hilfe auch eine Person,die den Versuch nicht selbst durchgeführt hat,die vollständige Auswertung des Versuchesvornehmen kann!

11 Das Messprotokoll muss vom Betreuermit Datum und Kurzunterschrift abgezeichnetwerden.

Zur Auswertung

12 Alle Rechnungen müssen anhand derFormeln und der Messdaten im Protokollnachvollziehbar sein. Das erreicht man ameinfachsten durch übersichtliche Tabellen.

13 Diagramme werden auf Millimeterpapiermit Lineal bzw. Kurvenlineal gezeichnet odermit dem Computer erstellt. Es sind geeigneteübersichtliche Maßstäbe zu wählen und dieAchsen sind mit Größe und Einheit zu be-schriften. Meist ist eine Legende erforderlich.

14 Zu jedem Versuch gehört eine Fehler-diskussion. Messunsicherheiten (geschätztoder mit statistischen Mitteln berechnet) sindimmer quantitativ anzugeben; bei manchenVersuchen wird eine Fehlerfortflanzungs-rechnung gefordert (siehe nächstes Kapitel).

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Einführung Fehlerrechnung und Statistik

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15 Die Versuchsergebnisse werden in einemverbalen Ergebnissatz zusammengefasst,eingeschätzt (z. B. bezüglich ihrer Mess-genauigkeit) und, wenn möglich, mit Litera-turwerten verglichen.

16 Das komplette Protokoll ist dem verant-wortlichen Betreuer vorzulegen. Durch seineLangunterschrift mit Datum und Punktzahlwird der erfolgreiche Versuchsabschlussbescheinigt.

Fehlerrechnung und Statistik

Jede Messung einer physikalischen Größe istmit mehr oder weniger großen „Messfehlern”behaftet. Misst man eine Größe mehrmals, soweichen die Ergebnisse im Allgemeinensowohl voneinander als auch vom zu be-stimmenden „wahren Wert“ ab. Ziel derAuswertung einer Messung ist das Ermittelndes besten Schätzwertes für den wahren Wert(das Messergebnis) und für die Größe derAbweichung vom wahren Wert (die Messunsi-cherheit). Beide Informationen zusammenbilden das „vollständiges Messergebnis”.

1 Begriffsbestimmungen

Messgröße:Die zu messende physikalische Größe, z.B. Spannung U, Strom I, Masse m

Messwert:Der gemessene Wert einschließlich Ein-heit, z. B. I = 2,0 A; l = 1254 mm

Messergebnis:Das aus mehreren Messwerten berechneteErgebnis, z. B. P = U I = 231 V 2,0 A = 462 W

Messabweichung:Differenz zwischen einem Messwert oderMessergebnis und dem wahren Wert. Derwahre Wert ist eine Idealvorstellung, inder Regel nicht exakt definiert und nichtbekannt. Daher ist auch die Messabwei-chung ist im Allgemeinen unbekannt.

Zufällige (statistische) Messabweichungen:Sie treten unregelmäßig auf; sie schwan-

ken in der Größe und im Vorzeichen.Hervorgerufen werden sie z. B. durchnicht beeinflussbare unsystematischeÄnderungen der Versuchs- und Umge-bungsbedingungen sowie durch Unvoll-kommenheiten beim subjektiven Erfassenvon Messwerten. Durch mehrfachesMessen und Bildung des arithmetischemMittelwertes kann der Einfluss zufälligerMessabweichungen verringert werden.

Systematische Messabweichungen:Sie beeinflussen bei gleichen Versuchs-bedingungen die Messung in der gleichenWeise. Hervorgerufen werden sie z. B.durch Unvollkommenheiten der Mess-geräte, der Maßverkörperungen und derMessverfahren sowie durch systematischeÄnderungen der Versuchsbedingungen.Sie können sich aus einem bekannten undeinem unbekannten Anteil zusammenset-zen. Das Messergebnis ist um bekanntesystematische Messabweichungen zukorrigieren.

(Mess)unsicherheit u:Sie kennzeichnet die Streuung der Werte,die der Messgröße vernünftigerweisezugeordnet werden können. Die Unsi-cherheit u(x) des Messwertes oder Mess-ergebnisses x kann als Schätzung derMessabweichung angesehen werden. Derwahre Wert liegt mit relativ großer Wahr-scheinlichkeit im Intervall x ± u(x). Die Messunsicherheit wird entweder m.H.statistischer Methoden aus den Mess-werten ermittelt (Methode A) oder, wenndies nicht möglich ist, auf der Grundlage

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Einführung Fehlerrechnung und Statistik

6

s

x x

n

ii

n

( )

.

2

1

1

(2)

.x

ssn

(3)

aller vorliegenden Informationen zu denMessgeräten und Messverfahren geschätzt(Methode B).Beispiel (für den Messwert l = 1,254 m):u(l) = 0,005 m (absolute Unsicherheit),u(l)/l = 0,4% (relative Unsicherheit)

Vollständiges MessergebnisMessergebnis mit Messunsicherheit. DieUnsicherheit wird mit 1...2 Stellen ange-geben. Mögliche Schreibweisen sind:l = 1,254 m ± 5 mml = (1,254 ± 0,005) ml = 1,254(5) ml = 1,254 m und u(l)/l = 0,4 %

2 Ermittlung von Messunsicherheiten

Zur Abschätzung der Genauigkeit von Mes-sungen dienen verschiedene Informations-quellen, z.B. die Messwertstatistik (Me-thode A), Herstellerangaben und Zertifikatezu den verwendeten Messgeräten, odereinfache Schätzung.

2.1 Ermittlungsmethode A

Wird eine Messgröße x n mal gemessen, sostreuen die einzelnen Messwerte xi (i = 1 ... n)aufgrund der zufälligen Messabweichungenum einen Erwartungswert μ. Die Verteilungder Messwerte ist meist näherungsweise eineNormalverteilung (Abb.1). Der beste Schätz-wert für μ ist dann der arithmetische Mittel-wert

Ein Maß für die Streuung der Messwerte istdie Standardabweichung σ. Der aus denMesswerten berechnete beste Schätzwert fürσ ist die experimentelle Standardabweichung

Genügen die Messwerte einer Normalver-

teilung mit dem

2

2

( )

21( )

2

x

x e

Mittelwert µ (siehe Abb.1), so beträgt dieWahrscheinlichkeit, einen Messwert imIntervall μ ± σ anzutreffen, etwa 68 %. Für dasIntervall μ ± 2σ beträgt diese Wahrscheinlich-keit etwa 95 %.

Wenn zufällige Messunsicherheiten dominie-ren, d.h. systematische Unsicherheitsanteilevernachlässigt werden können, ist die Unsi-cherheit eines Einzelmesswertes gleich derStandardabweichung: u(x) = s.Der Mittelwert aus n Einzelmesswerten istxgenauer als ein einzelner Messwert. Man kannsich vorstellen, viele Messreihen der Mess-größe x vom selben Umfang n aufzunehmen.Die Mittelwerte aller dieser Messreihenwerden sich etwas voneinander unterscheiden.Sie sind ebenfalls normalverteilt, das Maß fürihre Streuung ist die Standardabweichungdes Mittelwertes:

Ist das Messergebnis ein Mittelwert einerxMessreihe mit ausreichend vielen (n 10)Messwerten xi und können dabei die systema-tischen Unsicherheitsanteile gegenüber denzufälligen vernachlässigt werden, so ist dieMessunsicherheit:

1

1 .n

i

i

x xn

(1)

(x)

x

Abb. 1: Normalverteilung mit dem Mittelwertμ und der Standardabweichung σ

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Einführung Fehlerrechnung und Statistik

7

2

1

( )

.( 1)

n

ii

x

x x

u x sn n

(4)

Weitere Beispiele, wie Messunsicherheitenm.H. statistischer Methoden als Standard-abweichungen berechnet werden, finden sichin Abschnitt 3 (Regression).

2.2 Ermittlungsmethode B

Wenn die Berechnung einer Standardabwei-chung nicht möglich ist (z.B. weil systemati-sche Unsicherheiten immer in gleicher Weisewirken oder weil nur ein Messwert vorhandenist), wird die Messunsicherheit auf der Basisaller vorliegenden Informationen geschätzt.

2.2.1 Herstellerangaben zu MessgerätenIn Bedienungsanleitungen von Messgerätenfindet man Angaben zu maximalen Mess-abweichungen oder garantierten Messgenau-igkeiten (Beispiele: 1,5 % vom Messbereich;0,5 % vom Messwert + 3 Digit). Auf manchenGeräten ist die „Genauigkeitsklasse” angege-ben. Das ist die maximale Messabweichung in% vom Endwert des Messbereichs bzw. vomWert der Maßverkörperung.

2.2.2 Schätzung der MessunsicherheitBei sehr einfachen Messgeräten liegen oftkeine Angaben zur Messgenauigkeit vor.Dann ist die Messunsicherheit zu schätzen. Siesetzt sich zusammen aus der Ungenauigkeitdes Messgerätes selbst und der Ungenauigkeitbeim Ablesen des Wertes.- Ablesen von Skalen (Lineal, Thermome-

ter,...): u(x) 0,5 Skalenteile- Längenmessungen mit einem Messschieber

(Noniusablesung): u(l) = 1 Skalenteil desNonius

- Messung eines Zeitintervalls mit einerHandstoppuhr: u(t) 0,1 s

2.3 Die Unsicherheit von Messergebnissen(„Fehlerfortpflanzung”)

Es sei y = f(x1, x2, ..., xn) ein Messergebnis,das aus den Messwerten x1, x2, ..., xn mit denUnsicherheiten u1, u2, ..., un zu berechnen ist.Wie groß ist dann die Unsicherheit u(y) desMessergebnisses?

Eine kleine Änderung Δxi des Messwertes xi

würde im Messergebnis etwa die Änderung

hervorrufen; bezeichneti ii

yy x

x

i

y

x

dabei die partielle Ableitung der Funktion y =f(x1, x2, ..., xn) nach xi. Wenn man also vor-aussetzt, dass die Unsicherheiten der Mess-werte im Vergleich zu den Messwerten selbstklein sind, ergibt sich durch Addition derAuswirkungen aller Messunsicherheiten aufdas Ergebnis die Maximale Unsicherheit desMessergebnisses:

Diese Gleichung kann für bestimmte, häufigvorkommende Fälle weiter vereinfacht wer-den. Für den Alltag des Mediziners oderPharmazeuten (und auch für das Physik-praktikum) ist die Kenntnis und Anwendungvon Gl. (5) nicht erforderlich. Es reicht aus,die folgenden beiden Spezialfälle zu kennen:

Fall 1: 1 1 2 2y c x c x (6)

(c1, c2 Konstanten). Durch Einsetzen inGleichung (5) ergibt sich:

Werden zwei Messgrößen (evtl. mit Faktorenc1 und c2) addiert oder subtrahiert, so addierensich in jedem Fall die absoluten Unsicherhei-ten (ggf. mit den Faktoren c1 und c2).

Fall 2: 1 2

n my c x x (8)

(c reelle und n, m ganzzahlige Konstanten)Einsetzen in (5) ergibt eine einfache Glei-chung für die relative maximale Unsicher-heit des Ergebnisses:

11 1

( )n

n in ii

y y yu y u u u

x x x

(5)

1 1 2 2u y c u c u (7)

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Einführung Fehlerrechnung und Statistik

8

( )y f x a b x (10)

22

1 1

( ) minn n

i i ii i

y y a bx

(11)

Werden zwei Messgrößen multipliziert oderdividiert (evtl. mit Potenzen n und m), soaddieren sich die relativen, d.h. die prozentua-len Unsicherheiten (ggf. multipliziert mit denBeträgen der Potenzen n und m).

Anwendungsbeispiel: Bei der gleichmäßigbeschleunigte Bewegung ist s = a/2 t2 ; Wegs und Zeit t werden gemessen mit einerrelativen Messunsicherheit von jeweils 1 %,die Beschleunigung a ist zu berechnen. Nach(9) ergibt sich für a eine maximale relativeUnsicherheit von 3 %:

1 2

22 2

( ) ( ) ( )2

1% 2 1% 3%

sa s tt

u a u s u t

a s t

3 Anpassung einer Funktion an eineMessreihe (Regression)

3.1 Lineare Regression

Häufig besteht zwischen verschiedenen Mess-größen x und y ein linearer Zusammenhang

oder es wird ein solcher vermutet.

Beispiel: Bei der thermischen Ausdehnung von Metal-len gilt für die Länge l = l0 + αl0ΔT, α istder lineare thermische Ausdehnungskoeffi-zient, l0 die Länge bei der Temperaturdiffe-renz ΔT=0 (siehe Versuch W1).

Die eigentliche Messaufgabe besteht in derBestimmung der (konstanten) Parameter aund b in Gl. (10). Grundsätzlich könnten aund b durch Messung von zwei Wertepaaren(x, y) bestimmt werden. Meist wird jedocheine ganze Messreihe mit n Wertepaaren(xi, yi) (i = 1 ... n) aufgenommen, um zunächst

den linearen Zusammenhang nachzuweisen,ehe a und b ermittelt werden.Werden die Messwerte grafisch dargestellt, sostreuen die Messpunkte wegen der unver-meidlichen statistischen Messabweichungenum eine ausgleichende Gerade. Die Aufgabebesteht nun darin, die Gerade zu finden, die„am besten“ zu den Messpunkten „passt”(siehe Abb.2). Hierfür gibt es ein auf C. F.GAUß zurückgehendes mathematisches Ver-

fahren, welches man als lineare Regression,Ausgleichsrechnung, Geradenanpassung oderauch (englisch) linear curve fit bezeichnet.Das Verfahren beruht auf der Minimierungder Summe der Abweichungsquadrate

und heißt deshalb auch „Methode der klein-sten Quadrate”.

Mit geeigneter Software (z.B. Excel, Origin,CassyLab) und auch mit manchen Taschen-rechnern kann man diese Methode benutzen,ohne dass man den mathematischen Formalis-mus kennen und verstehen muss. Dabei sinddie n Messwertpaare (xi, yi) einzugeben,danach werden die Parameter a und b derangepassten („besten”) Geraden und je nachSoftware auch die Standardabweichungen derParameter sa und sb berechnet.

1 2

1 2

( ) u uu yn m

y x x (9)

o u

o u

y yb

x x

xo

xu

yu

yo

yi

x

y

0

y = a + b·x

a

Abb. 2: Lineare Regresion. Δyi = yi(a+ b xi)ist die „Abweichung” eines Messpunktes vonder Geraden.

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Einführung Fehlerrechnung und Statistik

9

( ) und ( ) .y u y u y y (12)

Wenn keine geeigneten Rechenhilfsmittel zurVerfügung stehen, nimmt man die Anpassunggrafisch vor: Die Messpunkte werden in einmöglichst großes Diagramm auf Millimeter-papier gezeichnet und die Regressionsgerademit einem durchsichtigen Lineal „nach Au-genmaß“ eingezeichnet. Die Parameter a undb werden als y-Achsenabschnitt bzw. Anstiegwie in Abb. 2 gezeigt abgelesen und ihreUnsicherheiten werden geschätzt.

3.2 Regression mit anderen FunktionenGrundsätzlich kann die GAUßsche Methodeder kleinsten Quadrate(11) nicht nur auf einelineare Funktion (10), sondern auf beliebigeFunktionen mit mehreren Parametern ange-wendet werden. Im Allgemeinen ist diesesProblem jedoch nicht mehr analytisch lösbar,sondern muss mit Hilfe numerischer Metho-den iterativ gelöst werden. Die im Praktikumeingesetzten Computerprogramme Origin undCassyLab bieten diese Möglichkeit. (Stich-worte: non-linear curve fit bzw. Freie An-passung)

Einige nichtlineare Funktionen können “linea-risiert”, d.h. durch Transformation in einelineare Funktion überführt werden (z. B.y = a x

b und y = a ebx durch Logarithmieren).

In solchen Fällen kann die lineare Regressionmit der transformierten Funktion durchgeführtwerden. Dies wird z. B. im Versuch O16

(Radioaktivität) benutzt, um die Halbwerts-dicke von Blei für Gammastrahlung desIsotops Co-60 zu ermitteln.

4 Angabe von Messergebnissen im Prak-tikum

Es ist immer das vollständige Messergebnismit absoluter und relativer Unsicherheit(sofern bekannt) anzugeben:

Dabei ist auf richtiges Runden zu achten:

Die Messunsicherheit, die ja meist auf Schät-zungen und Näherungen beruht, ist auf nur einoder zwei zählende („signifikante”) Ziffern zurunden, wobei in der Regel aufgerundetwerden soll. Das Messergebnis ist mit derselben Genauigkeit (mit der selben AnzahlNachkommastellen) anzugeben wie die Mes-sunsicherheit, wobei mathematisch exaktgerundet werden muss.

Beispiele:

y = (431 ± 5) mm; u(y)/y = 1,2 %

U = (20,00 ± 0,25) V; u(U)/U = 1,3 %

R = 2,15 kΩ ± 0,07 kΩ; u(R)/R = 4 %

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Mechanik M 2 Dichtebestimmung

10

.m

V (1)

.A M MF m g V g (2)

L N N Lm g V g m g V g (3)

* 1 /.

1 /L

L N

m m

(5)

1 /.

1 /L N

N

L

m m

(4)

1 Aufgabenstellung

1.1 Die Dichte von drei Probekörpern istnach der Auftriebsmethode zu bestimmen.

1.2 Die Dichte von Ethanol ist mit Hilfeeines Pyknometers zu bestimmen.

1.3 Die Dichten von Ethanol und NaCl-Lösung sind mit der Dichtewaage nach Mohr-Westphal und mit dem Aräometer zu be-stimmen.

2 Grundlagen

Die Dichte ρ eines homogenen Stoffes ist dasVerhältnis seiner Masse m zu seinem Volu-men V :

In der Pharmazie spielen unterschiedlicheDichten z.B. eine große Rolle bei der Sedi-mentation. Je größer der Unterschied derDichten der Flüssigkeit und der Teilchen,desto schneller werden die Teilchen absinken.Ähnlich sind die Verhältnisse bei Zentrifuga-tionsprozessen, allerdings gestatten die dabeierreichbaren großen Zentrifugalkräfte höhereSedimentationsgeschwindigkeiten als alleinunter Wirkung der Gravitation.Anwendung findet dies in der Arzneiformen-lehre (z.B. Suspensionen) und bei der analyti-schen Zentrifugation

2.0 AnalysenwaageDie Bestimmung der Masse zählt zu dengenauesten Messverfahren der Physik. Mitden Analysenwaagen im Praktikum lassen sichrelative Genauigkeiten bis zu 10-6 erzielen. Beisolchen Präzisionsmessungen muss der Auf-trieb in Luft berücksichtigt werden.Jeder Körper, der sich in einem Medium(Flüssigkeit oder Gas) befindet, erfährt einen

Auftrieb. Die Auftriebskraft FA ist gleich derGewichtskraft des vom Körper verdrängtenMediums (ARCHIMEDESsches Prinzip):

Dabei sind mM und ρM Masse bzw. Dichte desvom Körper verdrängte Mediums, V seinVolumen und g = 9,81 ms-2 die Fallbeschleu-nigung. Bei einer Analysenwaage (Balkenwaage)wirkt der Auftrieb in Luft der Dichte ρL so-wohl auf den zu wiegenden Körper (Masse m,Dichte ρ) als auch auf die Wägestücke (MassemN, Dichte ρN). Im Kräftegleichgewicht ist

bzw. mit V = m/ρ und VN = mN/ρN

Diese Formel für die Korrektur des Luftauf-triebs gilt auch für moderne elektronischeAnalysenwaagen. Hier werden zwar bei derWägung keine Gewichtstücke mehr benutzt,jedoch wird die Anzeige der Waage (ent-spricht mN) mit Hilfe von Normalgewicht-stücken mit der standardisierten Dichte vonρN = 8000 kg/m3 geeicht bzw. justiert.

2.1 Auftriebsmethode Mit Hilfe des Auftriebes lässt sich relativeinfach die Dichte eines Körpers mit unbe-kanntem Volumen V bestimmen. Dazu wirdder Körper mit Hilfe einer Analysenwaage anLuft und in Wasser eingetaucht gewogen.m* bezeichne den Anzeigewert der Waage beiWägung in Luft. Nach (4) ist

Danach wird der Körper völlig unter Wassergetaucht und erneut gewogen, Anzeige m**:

Dichtebestimmung M 2

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Mechanik M 2 Dichtebestimmung

11

Abb.1: Pyknometer

*

*.W L

* *

**

m m

m m

(7)

1 /.

1 /W

L N

* *m m

(6)

2 1 2

* 1 / 1 /

1 / 1 /

L Py L W

L N L N

m m m

(9)

3 1 3* 1 / 1 /

1 / 1 /

L Py L

L N L N

m m m

(10)

Abb.2: Mohr-Westphalsche Waage

1 1* 1 /

1 /

L Py

L N

m m

(8)

3 3

2 2

.m

m

(11)

3 1.

2 1

* *

* * W L L

m m

m m

(12)

(ρW - Dichte des Wassers).Aus den Gleichungen (5) und (6) folgt:

2.2 Pyknometer

Ein Pyknometer ist ein Gefäß, mit dem einFlüssigkeitsvolumen sehr genau reproduzier-bar ist, da der durch die Krümmung derOberfläche verursachte Volumenfehler wegendes geringen Kapillarquerschnittes sehr kleinist (Abb.1). So kann man damit über eineMessung der Masse sehr einfach und genaudie Dichte von Flüssigkeiten bestimmen.Dabei erfolgt erst eine Messung mit Luft, umdie Leermasse m1 des Pyknometers zu erhal-ten:

Danach wird die Masse des Pyknometers mitdestilliertem Wasser der Masse m2 und dannseine Masse mit der Messflüssigkeit derMasse m3 bestimmt (m* ist jeweils Anzeigeder Waage):

Wegen des konstanten Pyknometervolumensist außerdem

Mit Hilfe der Gleichungen (8) bis (11) lässtsich ρ berechnen:

2.3 Mohr-Westphalsche WaageDie Mohr-Westphalsche Waage ist eineungleicharmige Hebelwaage. Der rechteHebelarm ist durch Kerben in 10 gleiche Teilegeteilt. Am Ende des Hebelarmes befindet sichein Senkkörper mit sehr genau definiertemVolumen. Wird der Senkkörper in eine Flüs-sigkeit getaucht, erfährt er einen Auftrieb, derdurch die Gewichtskraft entsprechend aufge-legter Reiter kompensiert werden kann. Zuroriginal Mohr-Westphalschen Waage (Abb. 2)gehören große, mittlere und kleine Reiter,deren Gewichtskräfte sich wie 100 : 10 : 1verhalten. Die relative Dichte ergibt sich ausder Position der Reiter in den Kerben 1 bis 10.Die moderneren, im Praktikum eingesetztenDichtewaagen verwenden einen in 100 Teileeingeteilten Waagebalken, zwei Reiter imVerhältnis 100 : 1 und ein zusätzliches Anhän-gegewicht. Die Dichte kann direkt an derStellung der Reiter abgelesen werden.

2.4 AräometerMit Hilfe eines Aräometers (Abb. 3) kannebenfalls die Dichte einer Flüssigkeit bestimmt

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Mechanik M 2 Dichtebestimmung

12

1~ ,

MV (13)

Abb.3: Aräometer

werden. Schwimmt das Aräometer in derMessflüssigkeit, ist die Gewichtskraft desAräometers FG gleich der Auftriebskraft FA.Nach (2) folgt für die Dichte der Messflüssig-keit

wobei VM das eingetauchte Volumen desAräometers ist. Die Skala, die sich am Aräo-meter befindet, zeigt unmittelbar die denEintauchtiefen entsprechende Dichte an.

3 Versuchsaufbau

3.1 Geräte zu Aufgabe 1:1 Analysenwaage mit Dichtebestimmungsein-

richtung (Tauchkorb, Brücke, Becherglas)3 Probekörper1 Pinzette1 Spritzflasche mit H2O dest.

3.2 Geräte zu Aufgabe 2:1 Analysenwaage1 Pyknometer1 Pipette1 Spritzflasche mit H2O dest. 1 Flasche mit Ethanol

3.3 Geräte zu Aufgabe 3:1 Dichtewaage mit Senkkörper1 Senkglas (ca. 130 ml)2 Standzylinder (100 cm3)2 Aräometer2 Flaschen mit Ethanol und NaCl-Lösung1 Thermometer

4 Versuchsdurchführung

Sehen Sie sich die Auszüge aus den Geräte-beschreibungen der Analysenwaage mit Dich-tebestimmungs-Set und der Dichtewaage an,die am Arbeitsplatz ausliegen!

4.1 Zur Bestimmung der Dichte festerKörper nach der Auftriebsmethode werden diebeiliegenden Probekörper zunächst in Luftgewogen (Bestimmung von m*). Danach wirddas Becherglas mit Wasser auf die Brückegestellt, der Tauchkorb vorsichtig eingehängtund die Waage auf Null abgeglichen (mitTariertaste). Jetzt stellt man den Probekörpermit der Pinzette auf den Tauchkorb, so dassder Körper völlig im Wasser eintaucht. DasAblesen der Waage ergibt m**. Dies ist für alleProbekörper durchzuführen.

Hinweise zur Messgenauigkeit:Die Reproduzierbarkeit der Messungen mitdem etwas wackeligem Gestell zur Dichte-bestimmung ist nicht so gut wie mit dernormal ausgestatteten Waage (TechnischeDaten). Bei der Wägung in Wasser könnendurch Luftbläschen und Spritzer größereFehler entstehen. Achten Sie darauf! FührenSie alle Wägungen mindestens 2...3 mal durchund schätzen Sie die Messunsicherheit.Eine systematische Fehlerquelle ist auch derAnstieg des Wasserspiegels beim Eintauchendes Probekörpers. Dadurch entsteht eingeringer zusätzlicher Auftrieb an den Halte-rungen des Tauchkorbes.

4.2 Zur Ermittlung der Flüssigkeitsdichtemüssen der Tauchkorb und die Brücke mitdem Becherglas entfernt werden. Bestimmen Sie die Leermasse des Pykno-meters m*

1, die Masse des Pyknometers mitdestilliertem Wasser m*

2 und die Masse desPyknometers mit der Messflüssigkeit m*

3 .

4.3 Messung Dichtewaage und Aräometer:Zunächst wird die Nullpunktseinstellung derDichtewaage kontrolliert und ggf. nach-justiert. Verfahren Sie hierzu entsprechend derausliegenden Bedienungsanleitung.

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Mechanik M 2 Dichtebestimmung

13

Für die Bestimmung der Dichte der beidenFlüssigkeiten muss der Senkkörper vollständigin diese eingetaucht sein. Vermeiden SieLuftbläschen sowie die Berührung der Gefäß-wand! Die Waage wird durch Verschieben derReiter abgeglichen. Dabei bleibt für Dichten <1 g/cm3 das Anhängegewicht eingehängt, fürDichten > 1 g/cm3 wird es ausgehängt.Die Temperaturen der Messflüssigkeit sind zumessen.Bei der Dichtebestimmung mit dem Aräo-meter werden die Messflüssigkeiten in dieentsprechenden Standzylinder, in denen sichdie Aräometer befinden, gegossen und dieDichten abgelesen.

Die Messflüssigkeiten sind im Anschluss indie richtigen Behälter zurückzufüllen!

5 Auswertung

5.1 Die Dichte der Probekörper ist nach derGleichung (7) zu berechnen. Das Ergebnis istmit Tabellenwerten zu vergleichen. Umwelches Material könnte es sich bei denProbekörpern handeln?Die Dichte des Wassers W für die Raum-temperatur wird einer Tabelle entnommen.Die Dichte von Luft beträgt bei 20°C etwaL = 0.0012 g/cm3.

5.2 Die Dichte der Flüssigkeit ist nachGleichung (12) zu berechnen und mit dem

Ergebnis der anderen Methoden sowie mitdem Tabellenwert zu vergleichen.

5.3 Die Dichten, die nach den zwei Metho-den ermittelt wurden, sind zu vergleichen.

Die Messunsicherheiten der verschiedenenMethoden zur Bestimmung der Dichte sind zuvergleichen.

6 Literatur

Kamke/Walcher: Physik für Mediziner. B.G.Teubner, Stuttgart 1994

Beier, W.; Pliquett, F.: Physik. J.A.Barth,Leipzig 1987

Wolfgang Hellenthal: Physik für Medizinerund Biologen. WVG, Stuttgart, 2002

7 Kontrollfragen

7.1 Welche Methoden zur Bestimmung derDichte von festen Körpern und Flüssigkeitenkennen Sie?

7.2 Welchen Einfluss hat der Auftrieb inLuft auf Wägungen?

7.3 Erläutern Sie die Messmethode mit demPyknometer! Worauf ist dabei besonders zuachten?

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Mechanik M 4 Oberflächenspannung von Flüssigkeiten

14

Abb.1: Kohäsionskräfte und Oberflächen-energie von Flüssigkeitsmolekülen.

W A . (1)

1 Aufgabenstellung

1.1 Die Oberflächenspannung von ver-schiedenen Flüssigkeiten ist mit Hilfe derAbreißmethode zu bestimmen.

1.2 Die Oberflächenspannung ist mit Hilfeder Steighöhe in Kapillaren zu bestimmen.

2 Grundlagen

2.1 Oberflächenspannung:Jedes einzelne Molekül einer Flüssigkeit wirktinnerhalb eines gewissen kugelförmigenBereiches anziehend auf seine Nachbarmole-küle (Kohäsion). Ein Molekül im Inneren derFlüssigkeit übt nach allen Seiten gleicheanziehende Kräfte aus und wird von denumgebenden Molekülen ebenfalls gleichmäßigangezogen, so dass die Resultierende dieserKohäsionskräfte gleich Null ist. Befindet sichdas Molekül an der Oberfläche der Flüssig-keit, so werden die Kräfte nicht vollständigdurch die Wechselwirkungskräfte mit demangrenzenden Medium (Adhäsion) kompen-siert (Abb.1). Es ergibt sich eine resultierendeKraft in das Innere der Flüssigkeit. Möchteman jetzt ein Molekül aus dem Inneren an dieOberfläche bringen, muss man die nach innenwirkenden Kräfte überwinden. Ein Molekül ander Oberfläche besitzt deshalb eine höherepotentielle Energie. Die Energie der Gesamt-heit aller in der Oberfläche sitzenden Molekü-le ist der Größe der Oberfläche proportionalund kann als Oberflächenenergie bezeichnetwerden. Will man die Oberfläche um ΔAvergrößern, muss man der Flüssigkeit Energiezuführen, also Arbeit ΔW verrichten:

Dabei ist σ die Oberflächenspannung, einevon der Temperatur abhängige Materialgröße.

Die SI-Einheit ist N/m. In der Natur ist jedesSystem bestrebt, den Zustand kleinster poten-tieller Energie zu erreichen. Die Oberflächeeines Flüssigkeitsvolumens wird daher immereinen möglichst kleinen Wert annehmen.Die Oberflächenspannung wirkt sich auf dieTropfenbildung an einer Pipette aus. EinTropfen reißt ab, wenn seine Gewichtskraftdie ihn haltende Kraft überschreitet. Letztereist proportional zur Oberflächenspannung derFlüssigkeit, so dass z.B. eine mittels Pipettedurch Tropfenzählung zu dosierende Sub-stanzmenge für verschiedene Flüssigkeitenzunächst mit anderen Verfahren kalibriertwerden muss. Die Messung der Oberflächenspannung miteinem Stalagmometer nutzt eben diesenEffekt: Es wird die Anzahl der Tropfen ineinem Volumen gezählt; sie ist proportionalzur Oberflächenspannung. Weitere Beispiele für den Einfluss der Ober-flächenspannung sind die Randkrümmung vonFlüssigkeiten in Gefäßen, die Kapillarwirkung,die Wirkung von Waschmitteln und daswasserabweisende Gefieder von Schwimm-vögeln.

2.2 Kapillarität:An einer Grenzfläche zwischen zwei Medienüben auch die verschiedenartigen Moleküle

Oberflächenspannung von Flüssigkeiten M 4

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Mechanik M 4 Oberflächenspannung von Flüssigkeiten

15

A r h 2 2 . (5)

W F h . (6)

F

r4. (7)

W A r h1 2 . (2)

W m g h r h g h2

2 . (3)

hr g

2

. (4)

Anziehungskräfte aufeinander aus. Im Gegen-satz zur Kohäsion bezeichnet man die Anzie-hungskraft zwischen den Molekülen ver-schiedener Stoffe als Adhäsion.Die Oberfläche eines Festkörpers wird voneiner Flüssigkeit benetzt, wenn die Adhäsions-kräfte größer sind als die Kohäsionskräfteinnerhalb der Flüssigkeit. Die Flüssigkeitversucht dann, sich möglichst weit auf derOberfläche auszubreiten. Taucht man eineKapillare mit dem Innendurchmesser 2r ineine benetzende Flüssigkeit (z.B. Glas inWasser), so steigt diese in der Kapillare nachoben (Kapillaraszension im Gegensatz zurKapillardepression bei nicht benetzendenFlüssigkeiten). Das ist folgendermaßen zuerklären:Die Benetzung der Kapillarinnenwand führt zueiner Vergrößerung der freien Flüssigkeits-oberfläche und damit der Oberflächenenergie.Durch das Aufsteigen der Flüssigkeit imInneren der Kapillare wird die Größe derfreien Oberfläche wieder verringert, dafürerhöht sich aber die potentielle Energie. DerGleichgewichtszustand ist der Zustand mini-maler Energie. Die Höhe der Flüssigkeitssäuleim Gleichgewicht kann man deshalb mitfolgender Überlegung berechnen:Steigt die Flüssigkeit um den kleinen BetragΔh, so verringert sich die freie Oberfläche umden Betrag 2πrΔh und damit nach (1) dieOberflächenenergie um

Dabei vergrößert sich die potentielle Energiedurch das Anheben der Flüssigkeit in derKapillare um

(Δm ist der Massenzuwachs und ρ die Dichteder Flüssigkeit in der Kapillare, g = 9,81 m/s2

die Fallbeschleunigung.)Im Energieminimum ist ΔW = ΔW2 ΔW1 = 0,daraus ergibt sich die Steighöhe h zu

Gl. (4) kann auch mit Hilfe des Gleichgewich-

tes aus dem Druck durch die gekrümmteOberfläche und dem Schweredruck derFlüssigkeitssäule hergeleitet werden (sieheLiteraturangaben).

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:Federkraftmesser 50 mNGlasgefäß für SeifenlösungGlasgefäß für andere FlüssigkeitenMessring, mittlerer Radius (14,85 ± 0,05) mmhöhenverstellbarer Tisch2 Kapillaren (Ø ca. 0,6...1,2 mm)Gefäße mit Seifenlösung, Ethanol, ...

3.1 Zur Messung der Oberflächenspannungnach der Abreißmethode wird ein Messringmit dem Durchmesser 2r verwendet, derzunächst völlig in die Flüssigkeit eingetauchtund damit vollständig benetzt wird. Beimlangsamen Herausziehen aus der Flüssigkeitbildet sich am Ring ein zylindrischer Flüssig-keitsfilm mit dem Durchmesser 2r und derHöhe Δh. Da sich der Film sowohl an derInnen- als auch an der Außenfläche desRinges bildet, ergibt sich die Vergrößerungder Flüssigkeitsoberfläche zu:

Die dafür erforderliche Arbeit ist:

Setzt man Gleichung (5) und (6) in (1) ein,erhält man:

Die Kraft F wird mit einem Federkraftmessergemessen.

3.2 Die verwendeten Glaskapillaren dürfennach erstmaliger Verwendung nicht austrock-nen. Deshalb werden sie in destilliertemWasser gelagert. Der Innendurchmesser istauf den Kapillaren angegeben mit einer Ge-nauigkeit von 0,02 mm oder ist der Auslageam Arbeitsplatz zu entnehmen.

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Mechanik M 13 Dehnung

16

4 Versuchsdurchführung

4.1 Um Verunreinigungen auszuschließen,sollten Messring und Glasgefäß zu Beginnunter heißem Wasser gründlich abgespültwerden.Der trockene Messring (evtl. Tropfen abtup-fen) wird an den Federkraftmesser angehängt.Der Federkraftmesser ist durch Verschiebendes Außenmantels auf Null (oder, falls nichtmöglich, auf einen ganzen Wert, z. B. 10 mN)zu stellen. Das mit der zu untersuchendenFlüssigkeit gefüllte Glasgefäß wird auf denhöhenverstellbaren Tisch gestellt. DurchAnheben der Tischfläche lässt man den Mess-ring vollständig in die Flüssigkeit eintauchen.Zur Messung wird der Tisch langsam undohne Erschütterung abgesenkt und dabei dieAnzeige des Federkraftmessers beobachtet.Beim Abreißen der Verbindung zwischenFlüssigkeit und der Unterkante des Mess-ringes wird die Kraft F abgelesen. Die Mes-sung ist für jede Flüssigkeit 10 mal durch-zuführen. Beim Wechsel der Flüssigkeit sindGefäß und Bügel gründlich abzuspülen.

4.2 Die Kapillaren werden sorgfältig unterfließendem Wasser gespült und dann voll-ständig entleert (schräg halten und das Wassermit feuchtem Papierhandtuch aussaugen).Wenn sie verschmutzt sind, so dass kleineTröpfchen darin zurückbleiben, können sie inder Ausgabe getauscht werden.Zur Messung taucht man die Kapillare in dieMessflüssigkeit. Die Höhe der senkrechtenFlüssigkeitssäule über der äußeren Flüssig-keitsoberfläche wird mit einem Lineal be-stimmt. Die Messung ist mit beiden Kapillarenund mit jeder Flüssigkeit je fünf mal durch-zuführen.

Die Messflüssigkeiten (außer Wasser) sindnach Versuchsende wieder in die Vorrats-behälter zurück zu füllen!

5 Auswertung

5.1 Aus den zehn Messwerten für die Kraftist jeweils der Mittelwert zu bilden und nachGleichung (7) die Oberflächenspannung σ unddie zugehörige Messunsicherheit zu berech-nen. Der mittlere Radius des Messringesbeträgt r = ( 14,85 ± 0.05 ) mm.

5.2 Aus den Mittelwerten der gemessenenSteighöhen ist mit Hilfe von Gl. (4) jeweils dieOberflächenspannung zu berechnen. DieDichte von Wasser und Seifenlösung beträgt1,00 g/cm3, die von Ethanol 0,79 g/cm3.

Für beide Teilversuche ist eine Fehlerrechnungdurchzuführen. Vergleichen Sie alle Ergeb-nisse und Messunsicherheiten miteinander!

6 Literatur

Eichler, Kronfeld, Sahm: Das Neue Physika-lische Praktikum, Springer, Berlin etc. 2006

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG Stuttgart 2012

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten, W. deGruyter, Berlin 2008

Fercher, A.F.: Medizinische Physik, Springer,Wien 1992

7 Kontrollfragen

7.1 Welche Form nimmt ein Wassertropfenan, wenn keinerlei äußere Kräfte auf ihnwirken? Warum? Worauf beruht die „norma-le“ Tropfenform?

7.2 Wovon hängt die Steighöhe einer Flüs-sigkeit in einer Kapillare ab?

7.3 Was ist Benetzung, wovon hängt sie ab?

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Mechanik M 13 Dehnung

17

Abb.2: Spannungs-Dehnungs-Diagramm(schematisch)

1 Verhalten nach Hookeschem Gesetz2 Metall im Bereich (a) elastischer und (b)

plastischer Verformung3 Blutgefäß. (c) Verhalten nach Hooke-

schem Gesetz, (d) Verfestigung

Abb.1: Dehnung (Zug) und Scherung

FA

. (1)

l

l0

. (2)

1 Aufgabenstellung

Es ist der Elastizitätsmodul E von zweiMetallen und von Polyamid (Perlon) durchDehnungsmessungen zu bestimmen.

2 Physikalische Grundlagen

Eine wichtige Eigenschaft von Festkörpern istdie Elastizität. Ein Körper ist elastisch, wenner nach einer durch äußere Kräfte hervor-gerufenen Gestaltsänderung seine ursprüng-liche Gestalt wieder annimmt, sobald dieseKräfte wegfallen.Die elastischen Formänderungen könnendurch Dehnung, Stauchung, Biegung oderDrillung (Torsion) auftreten.Unter (mechanischer) Spannung versteht mandas Verhältnis aus Kraft und der Querschnitts-fläche, an der die Kraft angreift:

Bei Normalspannungen σ steht die Kraft Fsenkrecht auf der Fläche A (Abb.1 links), beiTangentialspannungen τ verläuft sie parallelzur Fläche (Abb.1 rechts). Normalspannungenkönnen als Zug- oder Druckspannungenwirksam werden, Tangentialspannungen alsScher- oder Torsionsspannungen.

Die relative Längenänderung Δl/l0 bei Wir-kung einer Zugspannung (vergl. Abb.1) nenntman Dehnung:

Das elastische Verhalten bei Zug- und Druck-belastungen wird im Spannungs-Dehnungs-Diagramm (Abb.2) dargestellt.

Innerhalb des Proportionalitätsbereiches giltdas HOOKEsche Gesetz:

Die elastische Verformung ist der verformen-den mechanischen Spannung proportional.

Feste Körper haben eine Elastizitätsgrenze.Bei Überschreiten dieser Grenze kommt es jenach Material zu unterschiedlichen Abwei-chungen vom HOOKEschen Gesetz. BeiMetallen tritt meist eine irreversible Verfor-mung auf (Plastizität). Bei biologischenMaterialien und bei Polymeren ist bei hohenSpannungen aufgrund des makromolekularenAufbaus oft eine Verfestigung zu beobachten.

Dehnung M 13

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Mechanik M 13 Dehnung

18

1

E. (3)

Das Überschreiten der Zerreißgrenze führtzum Materialbruch.Die meisten Polymere und viele Biomateria-lien (z. B. Muskelfasern) zeigen kein reineselastisches sondern sogenanntes viskoelasti-sches Verhalten. Im Materialinneren tretengeschwindigkeitsabhängige Reibungskräfteauf (vergl. Versuch M14: Viskosität). DieDehnung hängt nicht nur von der Spannungsondern auch von der Zeit ab, wobei diemaximale Dehnung bei Wirkung einer kon-stanten Spannung asymptotisch erreicht wird.

Der Elastizitätsmodul E ist eine Material-größe. Im Bereich der Gültigkeit des HOO-KEschen Gesetzes stellt sein Kehrwert denProportionalitätsfaktor zwischen der relativenDehnung Δl/l0 eines Stabes und der anliegen-den mechanischen Spannung F/A dar.Mit (1) und (2) ergibt sich eine allgemeineForm des HOOKEschen Gesetzes zu:

Mit der Längenausdehnung verbunden ist eineVerringerung des Querschnitts, die mit Hilfeder elastischen Materialkonstanten POISSON-sche Querkontraktionszahl beschriebenwerden kann.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Wandhalterung mit Messuhr- Inbusschlüssel für die Messuhr- 2 Metalldrähte und Perlonfaden mit Haken

und Messmarke- Bandmaß- Mikrometerschraube- Massestücke- mit Schaumstoff gefüllter Eimer

Der zu vermessende Draht bzw. Faden kannin die obere Aufhängung der Apparatureingehängt werden. Auf ihm ist eine Mess-marke befestigt, diese wird unter den Fühlerder Messuhr geklemmt. Dazu ist der Fühlervorsichtig von Hand anzuheben. Sollte der

Messbereich der Messuhr (0 bis 10 mm) nichtausreichen, so kann sie mittels einer Klemm-schraube in der Höhe verstellt werden. Am unteren Ende des Drahtes ist ein Hakenzum Einhängen der Massestücke angebracht.

4 Versuchsdurchführung

Der zu vermessende Metalldraht wird einge-hängt und mit einem Massestück von 500 gvorbelastet. Es ist darauf zu achten, dass derMessbereich ausreicht, gegebenenfalls mussdie Messuhr in ihrer Höhe verstellt werden.Diese Stellung der Messuhr entspricht Δl = 0.Die Anfangslänge l0 wird mit dem Bandmaßbestimmt (freie Drahtlänge von der Klemm-schraube der oberer Aufhängung bis zurKlemmschraube der Messmarke). Der Durch-messer des Drahtes d wird an 5 verschiedenenStellen mit der Mikrometerschraube bestimmt.Nun wird der Draht mit verschiedenen Mas-sestücken (200g bis 2000g in 200g-Schritten)belastet und die zugehörigen Längenänderun-gen Δl gemessen (Δl bezieht sich hierbeiimmer auf die Stellung der Messuhr im vor-belasteten Zustand l0).Der gesamte Messvorgang ist für beideMatalldrähte durchzuführen.

Die Längenänderung des Perlonfadens istwesentlich größer als die der Metalldrähte, siewird nicht mit der Messuhr gemessen sondernan einem Stahllineal abgelesen, welches unterder Messuhr angebracht ist. Der Perlonfadenwird eingehängt und mit 100 g vorbelastet.Sein Durchmesser wird an 5 verschiedenenStellen mit der Mikrometerschraube und dieLänge l0 mit dem Bandmaß bestimmt.

Es kann vorkommen, dass der Perlonfadenreißt! Stellen Sie deshalb den Eimer mitSchaumstoff-Füllung unter die Apparatur,ehe Sie weitere Massestücke anhängen!

Die Position der Messmarke a ist am Stahl-lineal abzulesen. Dieser Wert entspricht Δl=0.Danach wird der Faden schrittweise belastet(400 g bis 2000 g in 400 g-Schritten) und

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Mechanik M 14 Viskosität

19

(nach 5 min) die Position a bestimmt. Unmittelbar nach dem Anhängen der Mas-sestücke kann man beobachten, dass dieLänge nicht sofort konstant ist, sondern,immer langsamer werdend, noch etwas an-wächst (Viskoelastizität). Zwischen jederÄnderung der Gewichte und dem Ablesen vona ist deshalb eine Wartezeit von 5 min ein-zuhalten.

5 Auswertung

Aus den Mittelwerten der Drahtdurchmessersind die Querschnittsflächen zu berechnen.Im Fall des Perlonfadens sind aus den gemes-senen Werten für a die Längenänderungen Δlzu berechnen.Für jeden Messschritt werden die anliegendeZugspannung σ nach (1) und die Dehnung nach (2) berechnet. Die Kraft in Gleichung (1)ist die Gewichtskraft der Massestücke(g = 9,81 m/s2).Für jedes Material wird die Zugspannung σals Funktion der Dehnung des grafischdargestellt und der Elastizitätsmodul E alsKurvenanstieg aus dem Diagramm ermittelt.Mit Hilfe der ausliegenden Tabelle ist aus denermittelten Werten auf das Material der

Metalldrähte zu schließen.Schätzen Sie alle Messunsicherheiten (z.B. fürLängenmessung; Kraftbestimmung usw.) unddiskutieren Sie ihren Einfluss auf das Mess-ergebnis. Wenn die lineare Regression mitOrigin durchgeführt wurde, ist auch diestatistisch Unsicherheit des Elastizitätsmodulsanzugeben.

6 Literatur

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG Stuttgart 2012

Kamke/Walcher: Physik für Mediziner. B.G.Teubner, Stuttgart 1994

7 Kontrollfragen

7.1 Was bedeutet elastisches Material-verhalten?

7.2 Was besagt das HOOKEsche Gesetz?Welche Abweichungen vom HOOKEschenGesetz können auftreten?

7.3 Wo spielen Dehnungen im menschlichenOrganismus eine Rolle?

1 Aufgabenstellung

Es ist die Viskosität η von Rhizinusöl alsFunktion der Temperatur mit einem HÖPP-LER-Viskosimeter (Kugelfallmethode) zubestimmen.

2 Grundlagen

Reale Flüssigkeiten und Gase sind durchWechselwirkungskräfte zwischen den Molekü-

len innerhalb des Stoffes (Kohäsion) und zuMolekülen anderer Stoffe an Grenzflächenwie z.B. festen Wandungen (Adhäsion) ge-kennzeichnet. Bei idealen Flüssigkeiten undGasen werden solche Kräfte vernachlässigt.Die Kohäsionskräfte bewirken Reibungskräftezwischen den Molekülen einer Flüssigkeit. AlsMaß für diese innere Reibung wird die Visko-sität η („eta”) mit Hilfe des Gedankenexperi-ments in Abb.1 definiert:In einer Flüssigkeit wirke auf die Fläche A imAbstand d von der festen Wand eine kon-

Viskosität M 14

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Mechanik M 14 Viskosität

20

Abb.2: Laminare Strömung durch ein Rohr

F F FG R A . (4)

3

2

4.

3AF r g (5)

3

1

4.

3GF m g r g (6)

6RF rv (7)

3 3

1 2

4 46

3 3r g rv r g (8)

stante Scherkraft F. Dann bewegt sich A miteiner von der Reibung abhängigen Geschwin-digkeit v, in der Flüssigkeit stellt sich einlineares Geschwindigkeitsprofil ein. Mandefiniert

Strömt eine benetzende reale Flüssigkeitdurch ein zylindrisches Rohr, so stellt sich imFalle einer laminaren stationären Strömung einparabolisches Strömungsprofil ein. DurchAdhäsionskräfte haftet die Flüssigkeit amRand und strömt in der Mitte am schnellsten.Zur Modellierung stellt man sich die Strö-mung als ineinander gleitende Zylinder vor,zwischen denen die innere Reibung wirkt.

Für ein langes dünnes Rohr wird das proZeiteinheit hindurchfließende Volumen (derVolumenstrom) bei einer gegebenen Druck-differenz Δp zwischen den Enden des Rohresdurch das Gesetz von Hagen und Poisseuillebeschrieben:

(l: Länge, r: Radius des Rohres). Die unge-wöhnlich starke Abhängigkeit vom Radiusergibt sich durch die inhomogene Geschwin-digkeitsverteilung, siehe Abb.2.

In Analogie zum OHMschen Gesetz in derElektrik scheibt man Gleichung (2) auch

wobei R = 8ηl/(πr4) Strömungswiderstandgenannt wird. Für Volumenstrom I undDruckdifferenz Δp gelten die KIRCHHOFF-schen Regeln ebenso wie für den elektrischenStrom I und die Spannung U.

Eine Flüssigkeit, bei der die Viskosität nichtvon der Strömung selbst sondern nur von derTemperatur abhängt, nennt man eineNEWTONsche Flüssigkeit. Beispiele für nicht-newtonsche Flüssigkeiten sind Wandfarbe(leicht streichbar, nicht tropfend) und Blut.

Messung der Viskosität:Sinkt ein kugelförmiger Körper (Radius r,Dichte ρ1) in einer viskosen Flüssigkeit (Dich-te ρ2), so wirken die Gewichtskraft FG, dieAuftriebskraft FA und die Reibungskraft FR

und es gilt im stationären Zustand:

Nach ARCHIMEDES ist der Auftrieb gleichdem Gewicht des von der Kugel verdrängtenFlüssigkeitsvolumens:

Für die Gewichtskraft FG gilt:

Da die Reibungskraft FR entsprechend demGesetz von STOKES

proportional zur Geschwindigkeit v der Kugelist, stellt sich nach kurzer beschleunigterBewegung ein stationärer Zustand mit kon-stanter Fallgeschwindigkeit ein (wenn FR = FG

FA erreicht ist). Aus Gl. (4) folgt:

und:

.F A

v d (1)

Abb.1: Zur Definition der Viskosität

4

8

r pVt l

(2)

,pV I

t R

(3)

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Mechanik M 14 Viskosität

21

2

9

2

1 2

r

sgt. (11)

K t1 2

. (12)

3

1 2

46 .

3rv r g (9)

2

9

2

1 2

r

vg . (10)

Aus der Fallgeschwindigkeit v einer Kugel ineiner unendlich ausgedehnten ruhendenNEWTONschen Flüssigkeit kann demnach dieViskosität η der Flüssigkeit bestimmt werden.Die Umstellung von Gleichung (9) nach ηliefert:

Ersetzt man die Geschwindigkeit v durch denFallweg s und die Fallzeit t [v = s/t], so erhältman:

Alle unveränderlichen Größen können in einerKonstanten K vereinigt werden, so dass folgt:

In einem HÖPPLER-Viskosimeter fällt dieKugel nicht in einer unendlich ausgedehntenFlüssigkeit, sondern in einer Röhre, derenDurchmesser wenig größer als der Kugel-durchmesser ist. Um eine definierte Abroll-bewegung zu erzielen, wird die Röhre um 10°gegen die Normale geneigt. Beides beeinflusstdie Kugelkonstante K, so dass bei industriellgefertigten Viskosimetern experimentellbestimmte Kugelkonstanten angegebenwerden.

Die Viskosität von Flüssigkeiten nimmt mitzunehmender Temperatur sehr stark ab;näherungeweise gilt

(13) a ebT

(a, b Konstanten, T in K). Die Ursache hierfürist die thermische Bewegung der Teilchen.Wenn sich die Moleküle der Flüssigkeitstärker bewegen, können sie sehr viel leichteraneinander vorbeigleiten.Im Gegensatz zu Flüssigkeiten steigt in Gasendie Viskosität mit zunehmender Temperatur

sogar an, es gilt . ~ T

3 Versuchsaufbau

3.0 GeräteHÖPPLER-Viskosimeter2 StoppuhrenThermostat

3.1 Das HÖPPLER-Viskosimeter ist einPräzisionsmessinstrument. Es besteht auseinem drehbar gelagerten geneigten zylindri-schen Fallrohr, das mit der zu untersuchendenFlüssigkeit gefüllt ist. Das Fallrohr wird voneinem Wasserbad umgeben, dessen Tempera-tur durch einen Thermostaten geregelt wird.Am Fallrohr befinden sich ringförmige Mess-marken, der Abstand zwischen der oberstenund der untersten beträgt 100 mm.Das Instrument kann in die Messlage (Ther-mometer oben) oder in die Rücklauflage ge-schwenkt werden und rastet dabei am In-strumentenfuß jeweils definiert in 10°-Positionein. Im Praktikum kann mit ausreichenderGenauigkeit in beiden Richtungen gemessenwerden. Das Fallrohr ist am oberen Ende durch einenHohlstopfen verschlossen, der etwas Luftenthält. Dadurch wird ein zu hoher Druckdurch die Ausdehnung der Messflüssigkeit beiErwärmung vermieden. Bei Änderung derTemperatur und bei Versuchsende soll sichder Stopfen immer oben befinden (Messlage),damit die Luftblase im Stopfen bleibt.Das Viskosimeter wird mit einem Satz von 6Kugeln für verschiedene Viskositätsbereichegeliefert. Im Versuch wird Kugel Nr. 4 ver-wendet. Jedes Viskosimeter hat eine eigenePrüfbescheinigung mit etwas unterschiedli-chen Kugelkonstanten!

4 Versuchsdurchführung

Studieren Sie die am Arbeitsplatz ausliegen-den Kurzanleitungen zum Thermostaten undzum Viskosimeter. Schalten Sie zu Beginn aufkeinen Fall die Thermostatheizung ein, dasWasserbad benötigt viel Zeit um wiederabzukühlen!Die Viskosität soll im Temperaturbereich von

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Mechanik M 14 Viskosität

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Raumtemperatur bis 50°C bestimmt werden(etwa ein Messpunkt aller 5 K).Das Viskosimeter ist m. H. der Libelle hori-zontal auszurichten. Vor der ersten Messungmuss die Kugel einmal die Messstreckedurchlaufen, um die Messflüssigkeit zu durch-mischen.Die Messung der Fallzeiten zwischen deroberen und der unteren Ringmarke wird vonbeiden Studenten durchgeführt. Damit sie sichgegenseitig nicht beeinflussen, startet (stoppt)der erste Student seine Uhr, wenn die Kugelmit ihrer unteren Fläche die obere (untere)Ringebene berührt. Der zweite Studentbeginnt die Messung, wenn die obere Flächeder Kugel die obere Ringebene verlässt.Die Messungen sind bei jeder Temperatur viermal durchzuführen, dabei sind alle 8 Mess-werte (von beiden Studenten) zu protokollie-ren. Falls das Fallen der Kugel durch eine sehrgroße Luftblase behindert wird, ist der zu-ständige Assistent zu verständigen. Sie dürfendas Viskosimeter nicht selbst öffnen!

Man beginnt zweckmäßigerweise bei Raum-temperatur. Der Thermostat ist einzuschalten,die Solltemperatur wird auf einen Wert unterRaumtemperatur gestellt, damit der Thermo-stat nur umwälzt. Falls erforderlich, muss vorder Messung ein Temperaturausgleich zwi-schen Thermostat und Viskosimeter abgewar-tet werden (etwa 10 min). Danach wird die Temperatur schrittweise (inSchritten von etwa 5 K) bis auf 50°C erhöhtund die Fallzeiten werden bestimmt. Nachjedem Erreichen der Solltemperatur amThermostaten muss mindestens noch weitere5 Minuten abgewartet werden ehe mit derMessung begonnen wird, damit auch dieFlüssigkeit im Messzylinder die Temperaturdes umgebenden Wasserbades annimmt.Während dieser Wartezeit soll die Kugeleinmal (ohne Zeitmessung) die Fallstreckedurchlaufen.

5 Auswertung

Berechnen Sie die Mittelwerte und die statisti-schen Unsicherheiten der gemessenen Fall-zeiten, sowie aus den mittleren Fallzeitenjeweils die Viskosität η nach Gleichung (12).Stellen Sie η als Funktion der Temperaturgrafisch dar.

Die Dichte der Kugel ρ1 und der Wert derKonstanten K sind der am Messplatz aus-liegenden Prüfbescheinigung zu entnehmen(Kugel Nr 4).Dichte von Rhizinusöl: ρ2 = 0,96 g cm -3

Weisen Sie nach, dass die Viskosität ent-sprechend Gl. (13) von der absoluten Tempe-ratur T abhängt. Stellen Sie hierzu ln(η) alsFunktion von 1/T (in Kelvin) grafisch dar unddiskutieren Sie die so erhaltene Kurve.

6 Literatur

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner, WVG, Stuttgart, 2012

Wolfgang Hellenthal: Physik für Medizinerund Biologen. WVG, Stuttgart, 2002

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a., 2008

7 Kontrollfragen

7.1 Wodurch unterscheiden sich reale undideale Flüssigkeiten?

7.2 Was ist innere Reibung, wie kann mansie messen?

7.3 Wie beeinflusst innere Reibung dieStrömung in einem Rohr?

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Mechanik M 19 Ultraschall-Abbildungsverfahren

23

cf

(1)

cE

L

1

1 1 2( )( )(2)

y y x

0 e . (3)

1 Aufgabenstellung

1.1 Bestimmung der Schallgeschwindigkeitund der Wellenlänge von Longitudinalwellenin Polyethylen (PE), Berechnung des Elastizi-tätsmoduls von Polyethylen.

1.3 Bestimmung der Anzahl und Lage vonBohrlöchern in einem PE-Körper, Anfertigungeiner Lageskizze.

2 Grundlagen

Steht ein mechanischer Schwinger in Kontaktzu einem anderen Medium, so findet durch dieKopplung zu diesem eine Energieübertragungstatt, die sich als mechanische bzw. elastischeWelle (Schallwelle) ausbreitet. Die in demMedium entstehenden periodischen Druck-bzw. Dichteänderungen breiten sich mit einerPhasengeschwindigkeit (der Schallgeschwin-digkeit) c aus. Die Wellenlänge λ im Mediumwird nach

durch die Frequenz f der Schallquelle und dievon Stoffeigenschaften abhängige Ausbrei-tungsgeschwindigkeit c bestimmt. Die mecha-nischen Wellen treten in gasförmigen undflüssigen Stoffen infolge fehlender Scherelasti-zität stets als Longitudinalwellen auf, währendin festen Körpern außer Longitudinalwellenauch Transversalwellen sowie Verkopplungenzwischen beiden (z.B. Oberflächenwellen,Rayleighwellen) auftreten können. In unendlich ausgedehnten, homogenen,isotropen Festkörpern ergibt sich die Schall-geschwindigkeit cL für Longitudinalwellen ausden mechanischen Eigenschaften des Aus-breitungsmediums nach:

(E: Elastizitätsmodul, ν: POISSONscher Quer-kontraktionskoeffizient; ρ: Massendichte).

Durch inelastische Prozesse wird die Schall-welle im Medium gedämpft (absorbiert). Fürdie Abhängigkeit der Schwingungsamplitudey von der Ausbreitungsrichtung x gilt dasSchwächungsgesetz

Dabei ist y0 die Amplitude bei x = 0 und μ derSchwächungskoeffizient (auch Absorptions-koeffizient). Die Dämpfung kann in dermedizinischen Ultraschalldiagnostik zurUnterscheidung verschiedener Gewebeartendienen.

In der Akustik werden Frequenzen unterhalbdes menschlichen Hörbereichs (ca. 16 Hz -16 kHz) als Infraschall und oberhalb diesesBereiches als Ultraschall bezeichnet.

Ultraschallwellen werden mit Hilfe des in-versen piezoelektrischen Effektes erzeugt.Eine Scheibe aus piezoelektrischer Keramik -der Ultraschallwandler oder Transducer - wirdelektrisch zu Schwingungen angeregt. Sieschwingt mit ihrer Resonanzfrequenz fr undverursacht so eine sich im umgebenden Medi-um ausbreitende Schallwelle.Bei den Impuls-Echo-Verfahren A-Bild, B-Bild und TM (die Bezeichnungen kommenvon den engl. Begriffen Amplitude, Brightnessund Time Motion) wird der Ultraschallwand-ler durch einen elektrischen Spannungsimpulszu einer kurzzeitigen mechanischen Dicken-schwingung und zum Aussenden eines Ul-traschallimpulses angeregt (inverser piezo-elektrischer Effekt). Aus dem angekoppeltenMedium auf denselben Wandler auftreffendeUltraschallwellen bewirken geringe Deforma-tionen des Wandlers, die in dem piezoelektri-schen Material in elektrische Spannungenumgewandelt werden (direkter piezoelektri-scher Effekt).Ein und derselbe Wandler kann deshalb

Ultraschall-Abbildungsverfahren M 19

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Mechanik M 19 Ultraschall-Abbildungsverfahren

24

Abb.1: Reflexion von Ultraschall an einerGrenzfläche zwischen zwei Stoffen unter-schiedlicher Schallimpedanz

Z c . (4)

RI

I

Z Z

Z ZR

0

1 2

1 2

2

(5)

I I ID R 0 . (6)

Abb.2: Entstehung von A- und B-Bild

cl

t

2(7)

sowohl als Sender als auch als Empfängergenutzt werden.

Unter akustischer Impedanz (Schallkenn-impedanz, akustischer Widerstand) Z verstehtman das Produkt aus den MaterialkennzahlenMassendichte ρ und Schallgeschwindigkeit c:

Änderungen oder Sprünge der akustischenImpedanz (z.B. an Organgrenzflächen beimedizinischen Ultraschalluntersuchungen)längs der Ausbreitungsrichtung führen zueiner teilweisen Reflexion der Schallwelle unddamit gleichzeitig zu einer Schwächung inAusbreitungsrichtung (siehe Abb. 1). Für densenkrechten Einfall einer Schallwelle auf eineFläche gilt:

(R = Reflexionsgrad; I0, IR = einfallende undreflektierte Intensität; Z1, Z2 = akustischeImpedanzen).Der durch die Fläche hindurchgehende AnteilID berechnet sich nach

Beim A-Bild-Verfahren wird die Amplitudeder vom Schallwandler gesendeten sowie derempfangenen und verstärkten akustischenImpulse auf dem Monitor in Abhängigkeit vonder Zeit dargestellt. Die Echos von Struktur-grenzen im Medium, an denen sich die akusti-

sche Impedanz ändert, erscheinen im Bild alsZacken (Abb.2). Der zeitliche Abstand zwi-schen Sendeimpuls und Empfangsecho ent-spricht der doppelten Laufzeit t des akusti-schen Impulses zwischen Wandler und reflek-tierender Struktur. Bei bekannter Schall-geschwindigkeit c kann damit nach

die Entfernung l zwischen beiden gemessenwerden.

Beim B-Bild- oder Schnittbildverfahren wirddie Amplitude des eindimensionalen A-Bild-Verfahrens in Grauwerte (Brightness) einerzweidimensionalen Hell-Dunkel-Darstellungumgesetzt. Durch Bewegung des Schallwand-lers (siehe Abb.2) erhält man ein Schnittbild.Moderne Schallwandler für B-Bild-Gerätesind sogenannte Multielementwandler. Siebestehen aus einer Zeile von vielen einzelnenWandlerelementen. Eine Bewegung desSchallkopfes ist nicht mehr erforderlich, siewird ersetzt durch die elektronische Ans-teuerung der einzelnen Wandlerelemente.

Zum Ausgleich der Dämpfung wird in bild-gebenden Ultraschallgeräten das reflektierteSignal laufzeitabhängig verstärkt. Damit sollim Idealfall erreicht werden, dass die Stärkeder Reflexe unabhängig von der Tiefe derreflektierenden Struktur ist.Die Qualität des Ultraschallbildes wird durchdas Auflösungsvermögen charakterisiert.

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Mechanik M 19 Ultraschall-Abbildungsverfahren

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Abb.3: Zum lateralen Auflösungsvermögen[nach: Krestl, Bildgebende Systeme für diemedizinische Diagnostik]

Darunter versteht man den Kehrwert deskleinstmöglichen Abstandes zweier reflektie-render Strukturen, die bei der Wiedergabegerade noch als getrennte Punkte dargestelltwerden können. Man unterscheidet das axiale(in Ausbreitungsrichtung) und das lateraleAuflösungsvermögen (quer zur Ausbreitungs-richtung), siehe Abb.3.Während das axiale Auflösungsvermögen vorallem durch die Dauer des Schallimpulsesbestimmt wird, hängt das laterale Auflösungs-vermögen stark von der Schallfeldgeometrieab. So sind die Querabmessungen des Schall-feldes in einer bestimmten Entfernung vomWandler minimal (Fokussierung), danach wirdder Schallstrahl mit zunehmendem Abstandbreiter und die Auflösung schlechter. DieImpulsdauer, der Querschnitt des Schallfeldesund der Abstand des Fokusbereiches vomWandler werden mit wachsender Frequenzgeringer. Daher werden mit höherer Ul-traschallfrequenz sowohl die axiale als auchdie laterale Auflösung besser. Jedoch wächstmit zunehmender Frequenz auch die Dämp-fung der Ultraschallwellen, und damit wirdder abbildbare Bereich (die Eindringtiefe)kleiner.Die Interpretation eines Ultraschall-B-Bildeswird durch verschiedene Effekte erschwert:- Schallschatten entstehen hinter stark reflek-

tierenden Strukturen. Objekte hinter derStruktur bleiben unsichtbar.

- Mehrfachbilder können durch Mehrfach-reflexion des Schalls zwischen einer starkreflektierenden Struktur und der Oberflächeauftreten.

- Abbildungsfehler (Lagefehler) entstehendurch Brechung der Schallwellen an Struk-

turen mit unterschiedlicher Schallgeschwin-digkeit.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Ultraschallgerät - Computer- 2 Schallköpfe (1 MHz; 2 MHz)- PE-Körper mit Fehlstellen- Messschieber

3.1 Das Ultraschallgerät ermöglicht ein A-Bild sowie (durch manuelle Bewegung desSchallkopfes) ein einfaches B-Bild. Dar-stellung und Auswertung der Messungenerfolgen mit Hilfe des Computers. Zum Messen von Zeiten bzw. Abständen undAmplituden im A-Bild dienen drei farbigeMarker, die mit der Maus verschoben werdenkönnen.Regler an der Frontplatte des Ultraschall-gerätes dienen der Einstellung der Leistungder ausgesandten Ultraschallpulse (TRANS-

MITTER), der Verstärkung des empfangenenEchosignals (RECEIVER) sowie der laufzeit-abhängigen Verstärkung (TGC = Time GainControl). Weitere Hinweise zur Bedienung und Funk-tionsweise sind der am Platz ausliegendenBedienungsanleitung zu entnehmen.

4 Versuchsdurchführung

Der verwendete Schallkopf ist an der BuchsePROBE / REFLECTION anzuschließen, Kipp-schalter auf REFLEC. Die Ankopplung derSchallwandler an den PE-Körper erfolgt mitWasser. (Es ist nur ein dünner Wasserfilmerforderlich!)

4.1 Für die Bestimmung der Schallgeschwin-digkeit sind mit einem Messschieber die Dickel des PE-Körpers (Noniusablesung!) und aufder Zeitskala bei aufgesetztem Schallkopf dieZeit t bis zum Maximum des Rückwandechoszu bestimmen.

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Mechanik M 19 Ultraschall-Abbildungsverfahren

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4.3 Der PE-Körper ist mit beiden Schall-köpfen auf Fehlstellen zu untersuchen.Um die Messungen zu erleichtern, wird zuerstdie Schallgeschwindigkeit berechnet (siehe5.1) und im Menüpunkt 'Einstellungen' einge-geben. Danach wird die x-Achse (durch Klickauf den Button 'Tiefe') von Laufzeit aufAbstand umgestellt. Kontrollieren Sie, ob dieTiefe des Rückwandechos gleich der gemesse-nen Dicke des PE-Körpers ist!

Ein Schallkopf wird über die seitlichen Flä-chen des PE-Körpers geführt. Am Gerät sinddabei die Einstellungen für TGC, Leistungund Verstärkung nach folgenden Gesichts-punkten zu variieren:

- Das gewünschte Echo darf nicht vomInitialecho überdeckt werden.

- Die mit zunehmender Eindringtiefe verbun-dene Schwächung muss ausgeglichenwerden.

- Das Echosignal darf nicht übersteuert sein,damit eine genaue Lokalisation auf demSchirm möglich ist.

Wenn Reflexe von Bohrlöchern gefunden undalle Einstellungen optimiert sind, schalten Sieum in den B-Bild-Modus. Mit dem B-Bildgewinnt man schnell einen Überblick über dieLage der Löcher. Stellen Sie die ungefähre Größe des Körperssowie Anfangs- und Endwert der Farbskalerichtig ein, drücken Sie den Start/Stop-Buttonund führen Sie den Schallkopf langsam undgleichmäßig über den PE-Körper. Die Mes-sung muss mit dem Start/Stop-Button been-det werden. Eventuell müssen Sie für eingutes Bild ein wenig üben und alle Einstel-lungen weiter verbessern.Das B-Bild kann ausgedruckt werden.

Bitte drucken Sie für jede Frequenz undpro Student nur einmal!

Die genaue Messung der Lage der Bohrlöchermuss im A-Bild erfolgen. Für alle Löcher sinddie Abstände von der Oberfläche zu be-

stimmen. Die zweite Koordinate jedes Locheswird ermittelt, indem man die Messung nachDrehen des PE-Körpers um 90o wiederholt.Mit Hilfe des höherfrequenten Schallkopfes(besseres Auflösungsvermögen) ist nach-zuprüfen, ob die gefundenen Fehlstellenmöglicherweise zusätzlich strukturiert sind.

5 Auswertung

5.1 Die Schallgeschwindigkeit ist nachGleichung (7) zu berechnen. Die Berechnungder Wellenlänge λ erfolgt für beide Wandlerüber die Gleichung (1). Der Elastizitätsmodulist nach Gleichung (2) zu errechnen.(ν = 0,45; ρ = 0,932 g cm-3)

5.2 Es ist auf Millimeterpapier im Maßstab1 : 1 ein Schnitt des PE-Körpers mit Ein-zeichnung der Fehlstellen (Bohrungen) dar-zustellen.Das B-Bild ist auf Artefakte (Schallschatten,Mehrfachbilder) zu untersuchen.

6 Literatur

Kamke/Walcher: Physik für Mediziner. B.G.Teubner, Stuttgart 1994

Eichler, Kronfeld, Sahm: Das Neue Physika-lische Praktikum, Springer, Berlin u.a., 2006

Millner, R.: Wissensspeicher Ultraschall-technik, Leipzig: Fachbuchverlag 1987

7 Kontrollfragen

7.1 Welche physikalische Größe ist auf derSkale des Ultraschallgerätes dargestellt?

7.2 Warum ist eine Ankopplung von Ultra-schallwandlern mittels Wasser oder Gelnotwendig?

7.3 Welche Wellenlänge hat eine Ultraschall-welle in Polyethylen bei einer Frequenz vona) 1 MHz b) 2 MHz ?

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Wärmelehre W 1 Lineare Ausdehnung

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l l T T

l l T T

1 0 1 0

2 0 2 0

1

1

(2)

l lT T

T T2 1

2 0

1 0

1

1

( )

( ). (3)

l l T T0 0 0 ( ) (1)

l l T T2 1 2 11 , (4)

l l T 1 . (5)

1 Aufgabenstellung

Der lineare Ausdehnungskoeffizient zweierunbekannter Materialien ist zu bestimmen.

2 Grundlagen

In Festkörpern und Flüssigkeiten führen dieTeilchen (Atome bzw. Moleküle) temperatur-abhängige Schwingungen aus. Wegen derunsymmetrischen Potentialkurve der zwi-schenatomaren Bindung werden die mittlerenAtomabstände mit zunehmender Schwin-gungsamplitude größer. Das äußert sich ineiner Volumenausdehnung, in festen Körpernauch in einer Längenausdehnung. Diese ist inhomogenen und isotropen Festkörpern (Me-tall, Polymere, Glas) in alle Richtungen gleichgroß.Bei der Erwärmung bzw. Abkühlung einesStabes ändert sich seine Länge mit der Tem-peratur T. Ist l0 die Länge des Stabes bei derTemperatur T0 = 0C, so ist die Längen-änderung Δl0 = l - l0

Dabei ist α der lineare Ausdehnungskoeffi-zient (SI-Einheit: 1/K), eine Materialgröße,die für das verwendete Metallrohr im Bereichvon 0C bis 100C nur geringfügig von derTemperatur abhängt. Ist l1 die Länge bei derTemperatur T1 und l2 die Länge bei derTemperatur T2, so ergibt sich:

und damit

Da α sehr klein ist, kann näherungsweise für

(3) gesetzt werden:

bzw. mit Δl = l2 - l1

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- Messuhr- Bandmaß- Halterung mit zwei eingespannten Rohren- Umwälzthermostat

3.1 Die Rohre sind einseitig eingespannt. ImAbstand l1 von der Einspannung drückt jedesRohr gegen den Stift einer Messuhr, so dassdie Längenänderung Δl mit einer Genauigkeitvon 1/100 mm gemessen werden kann. DieTemperaturveränderungen werden mit Hilfeeines Thermostaten erzeugt, der temperiertesWasser durch die Rohre pumpt.

4 Versuchsdurchführung

Studieren Sie die am Arbeitsplatz ausliegendeKurzanleitung zum Thermostaten. SchaltenSie zu Beginn auf keinen Fall die Thermostat-heizung ein, das Wasserbad benötigt viel Zeitum wieder abzukühlen!

Der Thermostat wird ohne Heizung (vor-gewählte Temperatur unterhalb der Raum-temperatur) in Betrieb genommen, damit dieRohre die Temperatur annehmen, die dasThermometer am Thermostaten anzeigt. DieseTemperatur wird abgelesen und die Messuhrauf Null gestellt.Die Längen l1 zwischen der Einspannung undder Stirnseite der Rohre ist mit dem Bandmaßzu messen.

Lineare Ausdehnung W 1

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Wärmelehre W 6 Spezifische Wärmekapazität von Metallen

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Danach ist am Thermostat eine Temperatureinzustellen, die um ca. 10 K höher liegt alsdie Ausgangstemperatur. Etwa 5 min nachErreichen der Solltemperatur werden dieTemperatur T und die dazugehörigen Län-genänderungen Δl abgelesen.Die Temperatur wird in Schritten von ca.10 K weiter erhöht; dabei sind jeweils dieTemperatur und die Längenänderungen ingleicher Weise zu messen, bis eine Tempera-tur von ca. 80C erreicht ist.

Während der gesamten Messungen müssenErschütterungen vermieden werden!

5 Auswertung

Entsprechend der Gleichung (5) ist die Län-genänderung Δl in Abhängigkeit von derTemperatur T grafisch darzustellen. DerAnstieg der Kurve ist durch lineare Regressi-on zu ermitteln. Aus dem Anstieg ist derlineare Ausdehnungskoeffizient α zu be-rechnen.

Es ist eine Fehlerrechnung durchzuführen.Anhand des Ausdehnungskoeffizienten ist dasvermutete Material der Rohre zu bestimmen.

6 Literatur

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG, Stuttgart, 2012

Harten, H.-U. Physik für Mediziner. Springer-Verlag, 2011.

7 Kontrollfragen

7.1 Welche physikalischen Phänomenewerden zur Temperaturmessung genutzt?

7.2 Weshalb ist die Wärmekapazität einesThermometers für die Temperaturmessungvon Bedeutung?

7.3 Um wieviel wird ein 1 m langer Metall-stab bei Erwärmung um 10 K etwa länger?

1 Aufgabenstellung

Die spezifische Wärmekapazität von dreiverschiedenen Metallen ist zu bestimmen.

2 Grundlagen

Die Aufnahme oder Abgabe einer bestimmtenWärmemenge Q ist mit der Temperatur-änderungen eines Körpers verbunden, sofernnicht chemische Reaktionen oder Änderungendes Aggregatzustandes erfolgen. Dabei kannder Wärmetransport von einem Körper zumanderen über Wärmeleitung (Konduktion),Wärmeströmung (Konvektion) und Wärme-

strahlung erfolgen. Betrachtet man ein abgeschlossenes System(kein Stoff- und Energieaustausch mit derUmgebung), dann gilt der Energieerhaltungs-satz, d. h. die Summe der Wärmeenergienaller am Wärmeaustausch beteiligten Körperist konstant. Ein Kalorimeter stellt die nä-herungsweise experimentelle Umsetzung einesabgeschlossenen Systems dar.

Die Wärmekapazität C ist definiert als dasVerhältnis zwischen der dem Körper zu-geführten Wärme Q und der dadurch hervor-gerufenen Temperaturerhöhung ΔT. Diespezifische Wärmekapazität c ist die Wärme-kapazität pro Masseneinheit:

Spezifische Wärmekapazität von Metallen W 6

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Wärmelehre W 6 Spezifische Wärmekapazität von Metallen

29

Abb.1: Temperatur-Zeit-Diagramm

2

2 1 2 1

M W K

M M H

W W K

Q Q Q

m c T T

m c T T C T T

(3)

2 1

2

.W W K

M

M H

m c C T Tc

m T T

(4)

Q C T T m c T 2 1 (2)

Um eine Substanz der Temperatur T1 auf eineTemperatur T2 = T1 + ΔT zu erwärmen, mussihr die Wärmemenge

zugeführt werden.Die Messung der spezifischen Wärmekapazi-tät geschieht in einem Mischungskalorimeter.Das Kalorimetergefäß hat die WärmekapazitätCK. Im Kalorimetergefäß befindet sich Wasserder Masse mW und der spezifischen Wärme-kapazität cW. Gefäß und Wasser haben zu-nächst die Temperatur T1. Dann wird einheißes Metallstück der Masse mM mit derTemperatur TH in das Kalorimeter eingeführt.Durch Wärmeaustausch stellt sich nacheiniger Zeit die Mischtemperatur T2 ein.Bei diesem Vorgang gibt der Metallkörper dieWärmemenge QM ab, das Wasser nimmt dieWärmemenge QW und das Kalorimeter dieWärmemenge QK auf. Nach dem Energie-erhaltungssatz gilt:

Für die spezifische Wärmekapazität cM desMetalls ergibt sich daraus:

Ein reales Kalorimeter ist kein vollständigabgeschlossenes System, sondern gibt imVerlaufe des Experiments Wärme an dieUmgebung ab bzw. nimmt Wärme auf. DerFehler, der durch den Wärmeaustausch mitder Umgebung entsteht, kann minimiertwerden, wenn man die Temperaturen T1 undT2 entsprechend Abb.1 grafisch aus einemTemperatur-Zeit-Diagramm bestimmt. Dazu wird der Temperaturverlauf im Kalori-meter während des gesamten Experiments in

Abhängigkeit von der Zeit aufgetragen. In dasDiagramm wird dann eine Senkrechte soeingetragen, dass die entstehenden FlächenABC und CDE etwa gleich groß sind. DieTemperaturen T1 und T2 ergeben sich dann ausden Schnittpunkten der an die gemesseneKurve angelegten Tangenten mit der Senk-rechten (siehe Abb.1). Die Senkrechte repräsentiert einen idealisier-ten adiabatischen Prozess, der in einem sehrkurzen Zeitraum (Δt0) abläuft, so dasswährend dieser Zeit kein Wärmeaustausch mitder Umgebung stattfinden kann.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- Kalorimeter (vakuumisoliert)- Magnetrührer, Rührstäbchen- Digitalthermometer (Auflösung 0,01 K)- 3 Probekörper- Gefäß zur Erwärmung der Probekörper- Laborkocher- Stoppuhr- Laborwaage (Genauigkeit 0,1 g)

3.1 Das Kalorimeter besteht aus einemdoppelwandigen Edelstahlgefäß und einemdurchsichtigen Deckel mit einem passendenLoch zur Aufnahme des Thermometers. Derherausnehmbare innere Teil des Deckelsbesitzt einen Schlitz zum Einhängen desProbekörpers.

.QCc

m m T

(1)

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Wärmelehre W 6 Spezifische Wärmekapazität von Metallen

30

4 Versuchsdurchführung

Zunächst werden die Massen der ProbekörpermM bestimmt. Die Masse des Kalorimeters (mit Rührstäb-chen) wird in leerem Zustand und nach demEinfüllen von etwa 500 ml Wasser bestimmt;die Wassermasse mW ergibt sich als Differenzaus diesen beiden Wägungen. Die Wasser-temperatur sollte möglichst etwas unterRaumtemperatur liegen.Üben Sie einmal, einen Probekörper möglichstschnell und ohne anzustoßen in das Kalori-meter einzuhängen.

Die Probekörper sind in siedendem Wasser zuerwärmen. Es ist darauf zu achten, dass dieKörper vollständig eintauchen und genügendlange (etwa 10 min) im Wasserbad verweilen,damit die Zuordnung der Siedetemperatur beigegebenem Luftdruck zur Körpertemperaturdes erwärmten Probekörpers gerechtfertigtist. Die Probekörper dürfen weder den Randnoch den Boden des Gefäßes berühren.Während des gesamten Experiments muss derRührer gleichmäßig laufen.

Bei der Bestimmung der Temperaturen T1 undT2 für alle drei Probekörper soll der Wärme-austausch zwischen Kalorimeter und Umge-bung entsprechend Abb.1 berücksichtigtwerden. Deshalb ist der Temperaturverlauf imKalorimeter über einen längeren Zeitraum zuregistrieren, indem in Abständen von 30Sekunden die Anzeige des Thermometersprotokolliert wird. Am besten geht man nachfolgendem Plan vor:

t / min

0 Beginn der Temperaturmessung(Vorperiode)

5 Körper 1 in Kalorimeter tauchen

10 Körper 1 herausnehmen

11 Körper 2 in Kalorimeter tauchen

16 Körper 2 herausnehmen

17 Körper 3 in Kalorimeter tauchen

23 Ende der Messung (Nachperiode)

Nach Beendigung der Messreihe wird dieMasse des wassergefüllten Kaloriemeters (imgleichen Zustand wie bei der Wägung zuBeginn) noch einmal bestimmt, um den Ein-fluss des mit den Probekörpern verschlepptenWassers abzuschätzen.Für die Bestimmung der Siedetemperatur TB

wird der Luftdruck am Barometer im Raumabgelesen und aus der Umrechnungstabelle dieSiedetemperatur ermittelt.

5 Auswertung

Der Temperaturverlauf im Kalorimeter wird inAbhängigkeit von der Zeit grafisch dargestellt(vergl. Abb1). Die Bestimmung von T1 und T2

kann für alle drei Probekörper in einemDiagramm vorgenommen werden. Die spezifische Wärmekapazität der Metalleist nach Gleichung (4) zu berechnen. Dabeisind folgende Werte zu verwenden:

spezifische Wärmekapazität des Wassers: cW = 4187 J kg-1 K-1

Wärmekapazität des Gefäßes mit Rührer: CK = (70 ± 8) J K-1

Die Siedetemperatur des Wassers ist anhanddes gemessenen Luftdrucks einer Tabelle zuentnehmen.Mit Hilfe der Messergebnisse (und unterBerücksichtigung von Aussehen und Gewicht)sind die unbekannten Metalle zu bestimmen.

6 Literatur

Bergmann-Schaefer: Lehrbuch der Experi-mentalphysik Bd.1 Mechanik, Akustik, Wär-me. de Gruyter, Berlin u.a., 2008

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG, Stuttgart, 2012

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a. 2008

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Wärmelehre W 12 Luftfeuchtigkeit

31

U TT . (5)

Abb.2: Kupfer-Konstantan-Thermoelement

fm

Va

d . (6)

7 Kontrollfragen

7.1 Erläutern Sie die Begriffe Wärmekapazi-tät, Temperatur, abgeschlossenes thermo-dynamisches System, thermodynamischesGleichgewicht!

7.2 Nennen Sie Temperaturmessverfahren!

7.3 Erläutern Sie den ersten und zweitenHauptsatz der Thermodynamik!

1 Aufgabenstellung

1.1 Ein Kupfer-Konstantan-Thermoelementist zu kalibrieren.

1.2 Die relative Luftfeuchtigkeit ist mit Hilfeeines Taupunkt-Hygrometers zu bestimmen.

1.3 Das RAOULTsche Gesetz (Dampfdruck-erniedrigung in Lösungen) ist qualitativ zubestätigen.

2 Physikalische Grundlagen

2.1 Thermoelement: In einem (isolierten)elektrischen Leiter wird durch einen Tempera-turgradienten eine elektrische Potentialdiffe-renz erzeugt (absoluter SEEBECK-Effekt), diejedoch nicht unmittelbar messbar ist. Verbindet man zwei verschiedene Leiter, z. B.Kupfer und Konstantan wie in Abb.1, zueinem Stromkreis und bringt die beidenKontaktstellen auf verschiedene Temperatu-

ren T0 und T1, so entstehen in den beidenLeitern unterschiedliche innere Potentiale.Zwischen den Punkten A und B tritt dieDifferenz der beiden Potentiale auf, diesogenannte Thermospannung UT. Dies wirdals SEEBECK-Effekt bezeichnet.Die Thermospannung UT ist näherungsweiseproportional zur Temperaturdifferenz ΔT =T1 - T0 :

Der Koeffizient α heißt Thermokraft oderSeebeckkoeffizient und ist von beiden Mate-rialien abhängig.Thermoelemente werden häufig zur Tempera-turmessung verwendet. Sie sind preiswert,schnell (kleine Wärmekapazität) und bietenden Vorteil, dass sich die Thermospannungenunmittelbar als Eingangssignale für Computer,Steuer- und Regelgeräte nutzen lassen.

2.2 Luftfeuchtigkeit nennt man den Gehaltder Luft an Wasserdampf. Die absolute Luftfeuchtigkeit fa ist dieWasserdampfmasse md pro Volumen V derLuft:

Die relative Luftfeuchtigkeit fr ist das Ver-hältnis der vorhandenen Wasserdampfmengezur Sättigungsmenge bzw. das Verhältnis desvorhandenen Dampfdruckes pd zum Sätti-gungsdampfdruck pS bei der vorliegendenTemperatur T :

Luftfeuchtigkeit W 12

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Wärmelehre W 12 Luftfeuchtigkeit

32

fp

pr

d

S

. (7)

fp T

p T

p

p Tr

d

S

S

S

( )

( )

( )

( ).

(9)

p

p

p p

px

n

n nS

S S L

S

,.2

1 2

(8)

Die relative Luftfeuchtigkeit wird meist inProzent angegeben.In einem geschlossenen Gefäß, in dem sichreines Wasser und darüber Luft befinden,verdampft ein Teil des Wassers, bis der Raumoberhalb der Flüssigkeit mit Wasserdampfgesättigt ist. Es bildet sich im thermodyna-mischen Gleichgewicht der Sättigungsdampf-druck pS aus, der nur von der Art der Flüs-sigkeit (hier Wasser) und von der Temperatur(etwa exponentiell) abhängt. Die relativeLuftfeuchtigkeit beträgt in diesem Fall 100 %.Ist die Flüssigkeit im geschlossenen Gefäßeine wässrige Lösung, so ist der Sättigungs-dampfdruck über der Lösung entsprechenddem RAOULTschen Gesetz um Δp verringert.Diese Dampfdruckerniedrigung ist unabhängigvon der Art des gelösten Stoffes, sie hängt nurvon der Anzahl der gelösten Teilchen ab:

Dabei ist x der Molenbruch des gelöstenStoffes (n2: Menge der gelösten Teilchen, n1:Teilchenmenge des Lösungsmittels), pS ist derSättigungsdampfdruck des reinen Lösungs-mittels und pS,L der der Lösung. Bei derBestimmung von x muss die Dissoziation desgelösten Stoffes berücksichtigt werden. DasRaoultsche Gesetz gilt nur für n2 n1, beihöheren Konzentrationen x ist die beobachteteDampfdruckerniedrigung geringer. Infolge desRaoultschen Gesetzes ist die Luftfeuchtigkeitüber einer Lösung kleiner als 100 %.

Ist bei der Temperatur T die Luftfeuchtigkeitim Raum kleiner als 100 %, so kann man100 %ige Luftfeuchtigkeit erreichen, indemman die Temperatur erniedrigt. Ab einerbestimmten Temperatur τ, dem Taupunkt,kondensiert der Wasserdampf und scheidetsich z. B. auf einer Oberfläche ab. Dies dientzur Messung der Luftfeuchtigkeit mit einemTaupunkthygrometer: Anhand der Tempera-

tur τ kann der zugehörige Sättigungsdampf-druck pS(τ) ermittelt werden, der gleich demDampfdruck pd(T) ist. Die relative Luftfeuch-tigkeit fr ergibt sich dann aus

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Taupunkthygrometer (Alu-Grundkörper

mit Peltierkühler, Metallspiegel, Thermo-element und Lichtschranke, Abdeckhaube)

- Steuergerät für Lichtschranke- Stromversorgungsgerät für Peltierkühler- Kupfer-Konstantan-Thermoelement, eine

Lötstelle in Röhrchen mit Gallium- Becherglas, Isoliergefäß, flache Schale- Flasche mit 3 molarer CaCl2-Lösung- Sensor-Cassy mit μV-BOX

- Computer, CassyLab-Software

3.1 Zur Kalibrierung des Kupfer-Konstantan-Thermoelementes dienen zweiFixpunkte: der Schmelzpunkt von Wasser undder von Gallium (TS = 29,76 °C). Die Ther-mospannung wird mittels Sensor-Cassy/μV-Box und Computer gemessen.

Eine Kurzanleitung zur Benutzung der Cassy-Lab Software befindet sich im Anhang.

3.2 Das Taupunkthygrometer (Abb.2)besitzt eine abkühlbare, spiegelnde Metallflä-che (polierter Aluminiumblock), deren Tem-peratur gemessen und deren Bedeckung mitkondensiertem Wasserdampf beobachtetwerden kann. Zur Temperaturerniedrigungdient ein Halbleiterkühlelement (Nutzung desPeltier-Effektes), das mit Hilfe eines Strom-versorgungsgerätes als Konstantstromquellemit 0,1...1 A betrieben wird. Die Temperatur-messung erfolgt mit einem Kupfer-Konstantan-Thermoelement, dessen Mess-stelle sich im Aluminiumblock befindet unddie Vergleichsstelle bei 0°C in einem Eis-Wasser-Gemisch. Die Thermospannung wird

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Wärmelehre W 12 Luftfeuchtigkeit

33

Abb.3: Versuchsaufbau zur Be-stimmung der Luftfeuchte

mit der μV-Box des Sensor-Cassy gemessenund mit Hilfe des Computers registriert.Zur reproduzierbaren Beobachtung derWasserdampf-Kondensation dient eine Reflex-lichtschranke mit Anzeige-LED und Relais-ausgang. Das Relais der Lichtschranke er-möglicht eine einfache Temperaturregelungzum Erreichen des Taupunktes, indem es denKühlerstrom entsprechend der Betauung desSpiegels automatisch ein- und ausschaltet.

3.3 Das Taupunkthygrometer befindet sichzusammen mit einer Schale mit Wasser bzw. 3molarer CaCl2-Lösung unter einer Plastikhau-be.

4 Versuchsdurchführung

4.1 Die Schaltung wird entsprechend Abb. 1aufgebaut. Als Spannungsmesser dient dieμV-Box des Sensor-Cassy. Starten Sie dasProgramm CASSYLab-W12 erst, nachdemdas Messgerät mit Strom versorgt ist. AlleEinstellungen im Programm (Messbereich,Messintervall etc.) sind bereits richtig vor-eingestellt. Mit der Taste F9 oder Mausklick

auf wird die Aufzeichnung einer Mess-reihe gestartet und auch wieder beendet.

Das Isoliergefäß wird mit gestoßenem Eis und(nicht zuviel) Wasser gefüllt, das Becherglasmit heißem Wasser. Die Vergleichs-Lötstelledes verwendeten Thermoelements wird in dasEis-Wasser-Gemisch getaucht. Zur Kalibrie-rung des Kupfer-Konstantan-Thermoelemen-

tes wird eine Messreihe gestartet und dasRöhrchen mit Gallium in das heiße Wassergetaucht. Bei einer Temperatur von T1 =29,76°C schmilzt das Gallium, so dass dieSpannungs-Zeit-Kurve einen Haltepunktaufweist, bis das gesamte Gallium geschmol-zen ist. Bringt man danach das Röhrchen indas Becherglas mit dem Eis-Wasser-Gemisch,so zeigt der Spannungsverlauf bei T1 =29,76°C wieder einen Haltepunkt (evtl. erstnach einer Unterkühlung der Galliumschmel-ze). Aus dem Mittelwert der Haltepunktebeim Schmelzen und beim Erstarren desGalliums wird mit (1) der Seebeck-Koeffizientα des Kupfer-Konstantan-Thermoelementesberechnet.

4.2 Die Versuchsanordnung ist entsprechendAbb.2 aufzubauen. Die Vergleichs-Lötstelledes Thermoelements des Taupunkthygro-meters muss sich im Eis-Wasser-Gemischbefinden. Die Thermospannung wird wieunter 4.1 mit Hilfe des Computers registriert.Der Schaltzustand der Lichtschranke wirddurch eine LED signalisiert. Die Komparator-schwelle wird so eingestellt, dass bei nichtbeschlagenem Spiegel gerade noch Reflexionangezeigt wird (LED leuchtet), bei beschlage-nem Spiegel jedoch die LED erlischt. Die Stromversorgung des Kühlers wird ersteinige Zeit nach dem Start einer Messreihe inCassyLab eingeschaltet, um auch die Thermo-spannung bei Raumtemperatur zu registrieren.Ein geeigneter Kühlerstrom (maximal 1 A) istmittels Stromregler einzustellen. Die LED derLichtschranke leuchtet. Wenn der Taupunkt

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Wärmelehre W 12 Luftfeuchtigkeit

34

n nV n M

M1

H2O

CaCl2 CaCl2

H2O

. (11)

m m

V

n M n M

V

CaCl2 H2O

CaCl2 CaCl2 H2O H2O .

(10)

n n2 3 CaCl2 . (12)

unterschritten wird, erlischt die LED und derKühlerstrom wird durch das Relais unterbro-chen. Die Temperatur im Taupunkthygro-meter steigt wieder; der Belag auf der Spie-gelfläche verdampft, so dass die LED wiederaufleuchtet und der Kühler automatischwieder eingeschaltet wird. Auf diese Weiseergeben sich „Regelschwingungen“ um dieThermospannung, die dem Taupunkt ent-spricht. Die Regelung funktioniert am besten,wenn der Kühlerstrom so eingestellt wird,dass Abkühl- und Aufheizgeschwindigkeitetwa gleich sind. (Warum?) Es werden etwa10 Regelschwingungen aufgezeichnet. NachBeendigung der Messung ist der Kühlerauszuschalten.Die Thermospannung am Taupunkt kanndurch Mittelwertbildung im Programm Cassy-Lab bestimmt werden.

4.3 Zum Nachweis des Raoultschen Ge-setzes wird neben das Hygrometer eine Schalemit Wasser gestellt, dessen Temperatur gleichder Raumtemperatur ist. Hygrometer undWasserschale werden gemeinsam mit derPlastikhaube abgedeckt. Die Luftfeuchtigkeitunter der Haube wird nun langsam bis aufnahezu 100 % ansteigen. Nach 20…30 minwird die Messung gestartet und der Kühler-strom eingeschaltet (günstig sind hier etwa0,1…0,3 A). Die Thermospannung wirdsolange aufgezeichnet, bis sich der Taupunktnicht mehr ändert (etwa 5 min). Der Versuch wird wiederholt, wobei dieSchale nun mit 3 molarer CaCl2-Lösunggefüllt ist. Die o.g. Wartezeit ist wiedereinzuhalten; die Messkurve wird in das selbeDiagramm geschrieben.Die Thermospannungen am Taupunkt werdendurch Mittelwertbildung im Programm Cassy-Lab bestimmt.

Die CaCl2-Lösung wird nach Versuchsendewieder in die Flasche zurück gefüllt!

5 Auswertung

5.1 Das Messdiagramm UT(t) ist auszudru-cken. Der Seebeck-Koeffizient α des Kupfer-Konstantan-Thermoelementes ist nach Gl. (1)zu berechnen.

5.2 Das Messdiagramm UT(t) ist auszudru-cken. Die Raumtemperatur und der Taupunktsind aus UT zu ermitteln. Die relative Luft-feuchtigkeit fr wird nach (5) berechnet, wobeidie Sättigungsdampfdrücke der beiliegendenTabelle entnommen werden.

5.3 Die Taupunkte und die relativen Luft-feuchtigkeiten über Wasser und 3 molarerCaCl2-Lösung (Dichte: 1,25 g cm-3, Dissozia-tionsgrad 100%) werden wie unter 5.2 er-mittelt. Die durch Dampfdruckerniedrigungnach dem Raoultschen Gesetz zu erwartendeLuftfeuchtigkeit über der CaCl2-Lösung istmit Hilfe Gl. (4) zu berechnen. Die gemesse-nen Luftfeuchtigkeiten sind mit den theore-tisch erwarteten Werten zu vergleichen.

Hilfe zur Berechnung des Molenbruches:mCaCl2 und mH2O sind die Massen, nCaCl2 undnH2O die Stoffmengen und MCaCl2 und MH2O

die Molmassen der CaCl2- und der H2O-Moleküle in V = 1 l Salzlösung. Dann ist dieDichte der Lösung

Daraus ergibt sich die Teilchenmenge desLösungsmittels

Wegen der Dissoziation ist die Menge dergelösten Teilchen

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Wärmelehre W 17 Spezifische Wärmekapazität von Flüssigkeiten

35

cUIt C T T

m T T

K

2 1

2 1

. (6)

Q U I t , (5)

6 Literatur

Bergmann-Schaefer: Lehrbuch der Experi-mentalphysik Bd.1 Mechanik, Akustik, Wär-me. de Gruyter, Berlin u.a., 2008

Kamke/Walcher: Physik für Mediziner. B.G.Teubner, Stuttgart 1994

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG, Stuttgart, 2012

7 Kontrollfragen

7.1 Erklären Sie die Entstehung von Wetter-erscheinungen wie Regen, Nebel, Tau!

7.2 Wie funktioniert ein Thermoelement?

7.3 Bei welcher Temperatur siedet eineSalzlösung (in Wasser)?

1 Aufgabenstellung

Die spezifische Wärmekapazität von Wasserist zu bestimmen.

2 Grundlagen

Siehe Grundlagen zum Versuch W 6 !

Im durchzuführenden Versuch befindet sich ineinem Kalorimeter mit der WärmekapazitätCK Wasser der Masse m und der spezifischenWärmekapazität c. Durch eine elektrischeHeizung im Kalorimeter kann dem Wasserdefiniert Wärme zugeführt werden.Gefäß und Wasser haben zunächst die Tempe-ratur T1. Wird die Heizung eingeschaltet, sowerden Kalorimeter und Wasser bis zurTemperatur T2 erwärmt. Dabei ist die von derHeizung in der Zeit t abgegebene Wärme-menge Q

wobei U die Spannung und I die Stromstärkesind. Die vom Wasser aufgenommene Wärme-menge QW und die vom Kalorimeter aufge-nommene Wärmemenge QK sind nach derEnergieerhaltung gleich Q (siehe Gl.(3) beiW6). Daraus ergibt sich für die spezifische

Wärmekapazität c des Wassers:

3 Versuchsaufbau

3.0 GeräteKalorimeter (vakuumisoliert) mitelektrischer Heizung (ca. 10 Ω)Digitalthermometer (Auflösung 0,01 K)Laborwaage (Genauigkeit 0,1 g)StoppuhrMagnetrührer, MagnetrührstäbchenStromversorgungsgerät (12 V, 2 A)2 Vielfachmessgeräte (analog)SchalterVerbindungskabel

3.1 Das Kalorimeter besteht aus einemdoppelwandigen Edelstahlgefäß und einemdurchsichtigen Deckel mit angestecktemHeizwiderstand. Abb. 2 zeigt das Schaltbildfür den Anschluss der Heizung.

Spezifische Wärmekapazität von Flüssigkeiten W 17

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Wärmelehre W 17 Spezifische Wärmekapazität von Flüssigkeiten

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Abb.2: Schaltbild des Versuchsaufbaus

4 Versuchsdurchführung

Das Kalorimeter wird mit etwa 500 ml Was-ser gefüllt. Die Wassertemperatur sollte etwader Raumtemperatur entsprechen. Die Massedes Wassers m ist mit Hilfe der Waage zubestimmen.Die elektrische Schaltung wird entsprechendAbb. 2 aufgebaut. Die Schaltung ist einemAssistenten vor Inbetriebnahme vorzuführen.

Der Rührer muss während des gesamtenExperiments gleichmäßig laufen.Am Stromversorgungsgerät wird vor Beginnaller Messungen eine Spannung von 10 Veingestellt. Die Heizung muss hierzu zurProbe kurz eingeschaltet werden. Vergewis-sern Sie sich, dass Strom und Spannungkorrekt angezeigt werden, stellen Sie an denMessgeräten die richtigen Messbereiche einund schalten Sie den Strom wieder aus. Zur Bestimmung der Temperaturen T1 und T2

soll der Temperaturverlauf im Kalorimeter ineinem Zeitraum von 30 min fortlaufendregistriert werden. In Abständen von 1 Minuteist hierzu die Anzeige des Thermometersabzulesen:

a) 10 min ohne Heizung (Vorperiode),

b) während einer Heizperiode von 10 minund

c) 10 min nach Abschalten der Heizung(Nachperiode).

Achten Sie darauf, dass während der Heiz-periode die Spannung U und der Strom Ikonstant bleiben und notieren Sie die Werte.

Nach Beendigung des Versuches bitte dasKalorimeter ausleeren!

5 Auswertung

Zur Bestimmung der TemperaturdifferenzΔT = T2 T1 muss ein Temperatur-Zeit-Dia-gramm entsprechend Abb.1 (Versuch W6)gezeichnet werden. Anschließend ist diespezifische Wärmekapazität der Flüssigkeitnach Gleichung (6) zu berechnen.

Die Wärmekapazität des Kalorimeters CK

beträgt (70 ± 8) J K -1..

Berechnen Sie auch die Unsicherheit u(c) derermittelten Wärmekapazität mit Hilfe einerFehlerrechnung und vergleichen Sie IhrErgebnis mit dem Tabellenwert!

Hilfe zur Fehlerrechnung: Noch im Praktikum werden die relativenUnsicherheiten aller Messgrößen U, I, t, mund ΔT ermittelt. Gleichung (6) lässt sichumformen in

Berechnen Sie zunächst die relativen Unsi-cherheiten der Therme A und B entsprechendGl.(9) im Abschnitt 2.3 des Kapitels „Fehler-rechnung und Statistik”. Anschließend be-rechnen Sie u(c) aus den (absoluten) Unsi-cherheiten von A und B entsprechend Gl.(7) indem genannten Kapitel.

6 Literatur

Haas, U.; Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG Stuttgart, 2002

Trautwein, A., Kreibig, U., Oberhausen, E.:Physik für Mediziner. de Gruyter Berlin-NewYork 1987

.KCU I tc A B

m T m

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Wärmelehre W 25 Diffusion

37

J D Acx

d

d. (1)

7 Kontrollfragen

7.1 Erläutern Sie die Begriffe Wärmekapazi-tät, Wärmemenge, Temperatur, adiabatischerProzess, thermodynamisches Gleichgewicht!

7.2 Was besagen die Hauptsätze der Ther-modynamik?

7.3 Was muss bei der Temperaturmessungeines Objektes beachtet werden?

1 Aufgabenstellung

Der Diffusionskoeffizient eines unbekanntenSalzes in Wasser soll bestimmt werden.Hierfür ist

1.1 die elektrische Leitfähigkeit zweier Salz-lösungen in Abhängigkeit von der Konzen-tration zu messen (Erstellung von Kalibrier-kurven),

1.2 die Apparatekonstante der Diffusions-zelle zu bestimmen durch Messung der Diffu-sion eines bekanntes Salzes (KCl),

1.3 der gesuchte Diffusionskoeffizient zubestimmen durch Wiederholung der Messungzu 1.2 mit dem unbekannten Salz.

2 Grundlagen

Diffusion ist eine Form des Massetransports inFestkörpern, Flüssigkeiten und Gasen, derdurch die mikroskopische, ungeordneteBewegung der Teilchen (Brownsche Bewe-gung) hervorgerufen wird und so gerichtetist, dass sich ein lokales räumliches Konzen-trationsgefälle (Konzentrationsgradient)ausgleicht. Sie besitzt große Bedeutung in derzellulären und organismischen Physiologie. Ineinem einphasigen System bei konstanterTemperatur und dem Fehlen äußerer Kräftesorgt die Diffusion für eine gleichmäßigeKonzentration der Komponenten der Phase imgesamten System.

Diffusion durch eine semipermeable Wand(permeabel für das Lösungsmittel, nicht aberfür gelöste Stoffe) führt zur Osmose.Um den eindimensionalen Diffusionsvorgangquantitativ zu beschreiben, wird der Diffu-sionsfluss (auch Teilchenstrom) J definiert alsdie Stoffmenge, die netto pro Zeiteinheit inpositive x-Richtung durch eine senkrecht zudieser Richtung angeordnete Fläche A hin-durchtritt. Die Einheit des Diffusionsflusses istmol/s. Bezieht man den Diffusionsfluss auf dieFläche A, so spricht man von dem spezifischenDiffusionsfluss oder der Diffusionsstromdich-te Φ = J/A.Der Diffusionsfluss ist im isothermen Fallproportional zur betrachteten Querschnittsflä-che A und zum Konzentrationsgradientendc/dx (1. FICKsches Gesetz):

Dabei ist D der Diffusionskoeffizient (Einheit:m2 s-1), eine Materialkennzahl für die Be-weglichkeit der Teilchen in der Phase. Dasnegative Vorzeichen in (1) gibt an, dass derTeilchenfluss in Richtung abnehmenderKonzentration verläuft. Der Diffusionskoeffi-zient ist abhängig von der Temperatur, derKonzentration der Komponente und von derArt und Konzentration anderer Komponenten.Er nimmt mit steigender Temperatur (häufigexponentiell) zu.

Diffusion W 25

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Wärmelehre W 25 Diffusion

38

Abb.1: Messkammer und Konzentrations-profil

ddcx

c c

sI II

. (2)

dd

cx

c

sI

(3)

cJ tVII

. (4)

A

V s (5)

II I( ) .c t c D t (6)

d

d

II

I

c

tc D . (7)

Als einfache Anwendung des 1. FICKschenGesetzes soll die stationäre Diffusion zwi-schen zwei Lösungsräumen untersucht wer-den, die durch eine feinporige Wand derDicke s getrennt sind (Abb.1). Wenn jeder derbeiden Lösungsräume gut durchmischt wird(z.B. durch einen Rührer), kann man in jedemder beiden Räume eine ortsunabhängigeKonzentration annehmen. Das gesamte Kon-zentrationsgefälle erstreckt sich dann über diefeinporige Trennwand, in dieser ist

Da bei der experimentellen Realisierung diebeiden Lösungsräume relativ groß sind unddie Bedingung cI cII während der gesamtenMesszeit erfüllt ist, vereinfacht sich (2) zu

und der Diffusionsfluss J wird entsprechendGl. (1) zeitlich konstant.Die Konzentration cII ergibt sich bei kon-stantem Zustrom von Ionen in denLösungsraum II mit dem Volumen V zu

Fasst man die gerätespezifischen Größen zueiner Apparatekonstanten

zusammen, so ergibt sich aus (4) mit (1), (3)und (5) die Konzentration cII im LösungsraumII als Funktion der Zeit:

Das ist eine lineare Funktion mit dem Anstieg

Misst man cII in Abhängigkeit von der Zeit t,so kann also aus dem Anstieg der Messkurvebei bekannter Apparatekonstante β undKonzentration cI nach (7) der Diffusions-koeffizient D bestimmt werden. Die Apparate-konstante kann ebenso aus der Messung miteiner Substanz mit bekanntem Diffusions-koeffizienten bestimmt werden.

Im 1. FICKschen Gesetz (Gleichung (1)) stehtder Gradient der Stoffmengenkonzentration(Molarität, Einheit mol/l). Da in (6) und (7)die Konzentration auf beiden Seiten derGleichung steht, kann sie dort durch dieMassenkonzentration (Einheit g/l) ersetztwerden. Damit ist es für die Bestimmung desDiffusionskoeffizienten nicht notwendig, dieMolmasse des gelösten Salzes zu kennen. ImWeiteren werden deshalb für alle Konzen-trationsangaben Massenkonzentrationen in g/lverwendet.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- Einzelmesskammer- Doppelmesskammer- 2 Röhrchen (4 ml) für Stammlösungen- Leitfähigkeits-Messsonde mit Stativ- Generator 1 V, 130 Hz

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Wärmelehre W 25 Diffusion

39

Abb.2: Messanordnung zur Bestimmung desLeitwertes der Lösung

G cI

U UU

U U Rz i

i

z i

( ) .

1

(8)

- Anschluss-Box mit Umschalter und Mess-widerstand

- Digitalmultimeter- Doppelmagnetrührer mit 2 Rührstäbchen- Pipette 100 μl, Pipettenspitzen- Mikrospatel, Pinzette- Stoppuhr- Laborwaagen 0,0001 g und 0,1 g- Messzylinder 250 ml

3.1 Die Ionenkonzentration der beidenSalzlösungen (Substanz A: KCl, Substanz B:unbekanntes Salz) wird mit Hilfe Messungelektrischen Leitwertes bestimmt.Die Einzelmesskammer besitzt die gleichenMaße wie ein Teil der Doppelmesskammerund dient zur Kalibrierung der Konzentra-tionsmessung, d. h., zur experimentellenBestimmung des Zusammenhangs zwischenLeitwert und Konzentration.Die poröse Wand der Doppelmesskammerwird durch ein Zellulosenitrat-Filter mit0,2 μm Porengröße gebildet. Abb.2 zeigt die Anordnung zur Messung derLeitwert-Konzentrationsabhängigkeit derLösung. In die Messkammer wird eineLeitfähigkeits-Messsonde, die aus zweiElektroden besteht, eingetaucht.Mit Hilfe eines Voltmeters kann über einenMesswiderstand (R=100Ω; in die Anschluss-box eingebaut) der zwischen den Elektrodenfließende Strom I bestimmt werden. Dieserergibt sich aus der zu messenden Spannung Ui

nach dem Ohmschen Gesetz.

Mit Hilfe eines Umschalters kann mit demselben Voltmeter auch die GeneratorspannungUz bestimmt werden. Aus diesen beidenSpannungsmessungen und dem bekanntenWert des Messwiderstandes lässt sich der zurjeweiligen Konzentration gehörende elektri-sche Leitwert der Lösung G(c) berechnen:

4 Versuchsdurchführung

Bereiten Sie schon vor Beginn des Prakti-kums die Tabellen für die Aufnahme derMesswerte vor und berechnen Sie dieKonzentrationen der Messlösungen in g/lin den einzelnen Schritten!

Für das Versuchsergebnis sind Sauberkeit derArbeitsgeräte und Reinheit der Lösungen vongroßer Bedeutung. Nach jedem Benutzen sinddeshalb die Messkammern zu reinigen!Zum Einwiegen der Substanzen stehen Waa-gen einer Auflösung von 0,1 mg zur Verfü-gung. Am einfachsten ist es, die Substanzendirekt in die (trockenen!) Glasröhrcheneinzuwiegen. Die Wassermenge von 220 mlkann wahlweise mit einer Waage (0,1 gAuflösung) oder mit einem Messzylinderabgemessen werden.Achten Sie darauf, dass die Magnetrührerimmer funktionieren!

4.1 Messung der Kalibrierkurven:Sowohl für die KCl-Lösung als auch für dieLösung des unbekannten Salzes wird derLeitwert in Abhängigkeit von der Salzkonzen-tration im Konzentrationsbereich von(0…0,5) g/l gemessen. Dazu sind von beiden Stoffen jeweils 3 mleiner Stammlösung der Konzentration 220 g/lherzustellen (Salz in ca. 2,5 ml deionisiertemWasser auflösen, dann mit der Pipette auf3 ml auffüllen). Die Einzelmesskammer ist mit 220 ml deioni-siertem Wasser zu füllen. In 5 Schrittenwerden jeweils 100 μl der KCl-Stammlösung

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Wärmelehre W 25 Diffusion

40

zur Messlösung hinzugegeben. Nach demKonzentrationsausgleich sind jeweils Ui undUz zu messen. Diese Prozedur ist mit demunbekannten Salz zu wiederholen.

Es ist empfehlenswert, die Auswertung zudiesem Teilversuch sofort durchzuführen(siehe 5.1), damit die Kalibrierkurven bereitswährend der Durchführung von 4.2 und 4.3zur Verfügung stehen.

4.2 Bestimmung der Apparatekonstante β:Beide Teile der Doppelmesskammer sind mitje 220 ml deionisiertem Wasser zu füllen. ZumZeitpunkt t = 0 wird durch Zugabe von KCl inKammer I eine Konzentration von 10 g/leingestellt. Der Leitwert in Kammer II ist15 min lang alle 3 min zu messen. Die Pausenzwischen den Messungen sollten Sie nutzenum den Leitwert sofort zu berechnen undanhand der Kalibrierkurve die Konzentrationzu bestimmen (siehe 5.2).

4.3 Messung des Diffusionskoeffizienten derSubstanz B:Die Messung erfolgt analog zu Punkt 4.2. Fürdas Salz mit dem unbekannten Diffusions-koeffizienten wird eine Ausgangskonzen-tration in Kammer I von 20 g/l eingestellt.

5 Auswertung

5.1 Aus den gemessenen Spannungen Ui undUz ist der Leitwert der Lösungen nach Gl. (8)zu berechnen. Für beide Salze ist der Leitwertin Abhängigkeit von der Konzentrationgraphisch darzustellen.

5.2 Aus den gemessenen Spannungen Ui undUz ist nach Gl. (8) der Leitwert der Lösung imKammer II zu berechnen. Mit Hilfe der in 5.1erstellten Kalibrierkurven sind aus den Leit-

werten die Konzentrationen zu ermitteln. DieKCl-Konzentration in Kammer II ist in Ab-hängigkeit von der Zeit graphisch darzustel-len. Mittels linearer Regression wird derAnstieg der Kurve bestimmt und aus diesemgemäß Gl. (7) die Apparatekonstante βberechnet.

Der Diffusionskoeffizient von KCl beträgtD0 = 1,996 10-9 m² s-1

5.3 Die Konzentration des unbekanntenSalzes in Kammer II ist wie in 5.2 zu ermittelnund in Abhängigkeit von der Zeit graphischdarzustellen. Mittels linearer Regression wirdder Anstieg der Kurve bestimmt und ausdiesem gemäß Gl. (7) der Diffusionskoeffi-zient D berechnet. Dabei ist die mit KClermittelte Apparatekonstante β aus 5.2einzusetzen.

6 Literatur

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG, Stuttgart, 2012

Adam, G., Läuger, P., Stark, G., Physika-lische Chemie und Biophysik, Springer Berlin,1995

7 Kontrollfragen

7.1 Welcher Zusammenhang besteht zwi-schen der Diffusion und der Wärmeleitung?

7.2 Warum erfolgt die Messung des Leit-wertes der Lösungen mit niederfrequentemWechselstrom?

7.3 Von welchen Größen hängt der Diffu-sionskoeffizient ab?

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Elektrizitätslehre E 7 Innenwiderstand von Spannungsquellen

41

Abb.2: Strom-Spannungs-Kennlinie einerSpannungsquelle mit konstantem Innenwider-stand.

Abb.1: Einfacher Stromkreis mit Ersatz-schaltbild einer Spannungsquelle

0 .i LU I R I R (1)

U I RK L . (2)

0 .K iU U I R (3)

IU

R RL i

0. (4)

1 Aufgabenstellung

1.1 Die Strom-Spannungs-Kennlinienverschiedener Gleichspannungsquellen sindaufzunehmen.

1.2 Die Innenwiderstände dieser Spannungs-quellen sind zu bestimmen.

2 Grundlagen

Die Spannung UK an den Klemmen einerrealen Spannungsquelle ist in der Regel nichtkonstant, sondern von der abhängig von derStärke des Stromes I, den die Quelle liefert.(Daneben gibt es natürlich noch weitereEinflussgrößen wie z.B. Temperatur, Lade-zustand des Akkus oder Beleuchtungsstärkeder Solarzelle.) Die Spannung U0 der unbelasteten Span-nungsquelle (I = 0) nennt man Urspannungoder Leerlaufspannung (früher auch elektro-motorische Kraft, EMK). Jede Spannungs-quelle besitzt durch ihren inneren Aufbaueinen Innenwiderstand, den man in vielenFällen näherungsweise als konstant ansehenkann. Abbildung 1 zeigt das Ersatzschaltbildeiner realen Spannungsquelle: eine Reihen-schaltung der idealen Spannungsquelle U0 mitdem Innenwiderstand Ri.Mit dem Maschensatz ( KIRCHHOFFscheGesetze) folgt für den Stromkreis in Abb.1:

Der Spannungsabfall am Lastwiderstand istgleich der Klemmenspannung:

Damit ergibt sich aus (1):

Für den Strom folgt aus (2) und (3):

Aus Gl. (3) ist zu erkennen, dass die Klem-menspannung linear mit der Strombelastungsinkt. Der Strom wird gemäß Gl. (4) durchden veränderlichen Lastwiderstand RL und dieEigenschaften der Spannungsquelle (U0, Ri)bestimmt. Die grafische Darstellung desZusammenhangs zwischen Klemmenspannungund Strom wird als Strom-Spannungs-Kenn-linie bezeichnet. Abbildung 2 zeigt eine solche Kennlinie füreine Spannungsquelle mit konstantem Innen-widerstand. Aus der Darstellung geht hervor,dass bei I = 0 die Klemmenspannung UK gleichder Urspannung U0 ist. Mit abnehmendemLastwiderstand RL steigt der Strom und dieKlemmenspannung sinkt, bis der Spannungs-abfall über Ri den Wert der Urspannung

Innenwiderstand von Spannungsquellen E 7

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Elektrizitätslehre E 7 Innenwiderstand von Spannungsquellen

42

2

0 .g i Li L

UP P P

R R

(8)

1.

1

L L

iG i L

L

P R

RP R R

R

(9)

P U IL K (5)

2

0

2.L L

i L

UP R

R R

(6)

2

02

.i i

i L

UP R

R R

(7)

erreicht hat. Jetzt ist der Lastwiderstand Nullund der Spannungsabfall am InnenwiderstandRi ist gleich der Urspannung U0. Diesen Fallnennt man Kurzschluss. Im Kurzschlussfallwird UK Null und es fließt der maximal mögli-che Strom, der Kurzschlussstrom IK.Derartige Kennlinien weisen zum BeispielBatterien (Primärelemente) und Akkumulato-ren (Sekundärelemente) auf, da sie einenrelativ konstanten Innenwiderstand besitzen.Die Kennlinie einer Solarzelle ist nichtlinear,da sie keinen konstanten Innenwiderstandbesitzt. (Solarzellen sind spezielle Halbleiter-dioden, deren Physik im Rahmen diesesExperiments nicht näher betrachtet wird.)

Zur Messung der Spannung U0 werden dieKlemmen der Spannungsquelle mit einemVoltmeter verbunden (Abb.1: Voltmeter anStelle des Lastwiderstandes). In diesem Fallwird der Lastwiderstand RL durch den Innen-widerstand des Voltmeters gebildet. Die vomVoltmeter angezeigte Spannung UK kannunter Umständen signifikant kleiner sein alsdie zu messende Urspannung U0! Dies mussvor allem bei schwachen Spannungsquellenmit großen Innenwiderständen (z.B. Biopo-tentiale, EKG-Signal) berücksichtigt werden.Wenn die Größenordnung von Ri bekannt ist,kann man meist ein geeignetes Spannungs-messverfahren bzw. Messgerät auswählen, beidem RL Ri ist. Dann gilt IRi UK bzw. UK

U0, d. h. die Urspannung U0 wird nahezuunverfälscht gemessen. Alternativ kann mandie Leerlaufspannung auch mit Hilfe einerKompensationsschaltung unmittelbar bei I = 0messen (siehe Versuch E10).

Die von einer Spannungsquelle gelieferteelektrische Energie soll der Verbraucher(Widerstand RL) nutzen. Da der Verbraucher-oder Laststrom I aber auch durch die Span-nungsquelle fließt, nimmt diese (über denInnenwiderstand Ri) einen Teil der am ge-samten Umsatz beteiligten Leistung auf. Diean den Verbraucher abgegebene Leistung

kann mit Hilfe der Gleichungen (2) und (4)

umgeformt werden zu:

Analog gilt für die in der Spannungsquelleumgesetzte Leistung:

Die gesamte von der Spannungsquelle gelie-ferte Leistung ist damit:

Für den Wirkungsgrad η, das Verhältnis vonNutzleistung zur Gesamtleistung, folgt:

Nach Gleichung (9) steigt der Wirkungsgradmit wachsendem Verhältnis von RL zu Ri an.Um die Verluste innerhalb der Spannungs-quelle gering zu halten, sollte die BedingungRL Ri eingehalten werden, d.h. es muss inLeerlaufnähe gearbeitet werden. Diese Forde-rung gilt für Batterien und Akkus wegenderen endlicher Kapazität (entnehmbareLadung), die üblicherweise in Ah (Ampere-stunden) angegeben wird und die nicht mit derKapazität eines Kondensators verwechseltwerden sollte.Anders ist die Situation bei Solarzellen, da dieSonne ja ständig Energie nachliefert. Hierbesteht das Ziel darin, der Quelle eine mög-lichst große Leistung zu entnehmen. DerStrom, für den die Leistung PL maximal wird,ergibt sich aus der Bedingung dPL/dI = 0.Aus (5) folgt sich unter der Berücksichtigung,dass UK von I abhängt und mit (2):

Die Nullstelle und somit die maximale Lei-stung ist bei

L K KK L

dP dU dUU I I R

dI dI dI

(10)

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Elektrizitätslehre E 7 Innenwiderstand von Spannungsquellen

43

Abb.3: Versuchsschaltung

Diesen Fall nennt man (Leistungs-)Anpas-sung. Bei linearer Strom-Spannungs-Kennlinie(Ri ist konstant) ergibt sich für den Anpas-sungsfall aus (11) und (3) die einfache Bezie-hung RL = Ri.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:verschiedene Gleichspannungsquellen:

Alkali-Mangan-Batterie, Bleiakku, Solarzellenmodul

verschiedene Lastwiderstände:Schiebewiderstand 140 Ω, Drehwider-stand 5 Ω, 4 Dekadenwiderstände 1/10/100/1000 Ω

2 Digitalmultimeter1 SchalterVerbindungsleitungen

3.1 Schaltungsaufbau:Zur Aufnahme der Strom-Spannungs-Kenn-linie dient die Schaltung nach Abb.3. AlsSpannungsmesser wird ein Messgerät mithohem Eingangswiderstand verwendet, sodass die Spannungsquelle bei geöffnetemSchalter nur mit einem vernachlässigbarkleinem Strom belastet wird.

4 Versuchsdurchführung

Achtung!Bleiakkus liefern sehr hohe Ströme. Durcheinen Kurzschluss können Kabel ver-schmelzen! Falsch angeschlossene Mess-

geräte können beschädigt werden! LassenSie die Schaltung vor dem Anschließen derSpannungsquellen kontrollieren!

Wenn die Urspannung des Akkus 1,95 Vund die der Batterie 1,4 V ist, dürfen sienicht mehr verwendet werden und müssenausgetauscht werden!

Machen Sie sich zunächst mit der Funktions-weise der zu verwendenden Lastwiderständevertraut. Dazu stehen Ihnen die Multimeterzur Verfügung, mit denen Widerstände direktgemessen werden können.Die ungefähren Leerlaufspannungen U0 desBleiakkus und der Batterie stehen aufgedrucktan den Geräten. Damit diese beiden Span-nungsquellen während der Messung nicht zustark entladen werden, muss der Strombegrenzt werden auf 3 A für den Bleiakku und200 mA für die Batterie. Berechnen Sie ausdiesen Werten die erforderlichen Lastwider-stände RL und entscheiden Sie dann, welcheWiderstände Sie für die Batterie und denAkku verwenden wollen. Bauen Sie die Schaltung gemäß Abb.3 auf.Stellen Sie die veränderlichen Widerständevor Beginn der Messung so ein, dass diegenannten Ströme in keinem Fall überschrittenwerden. Für die Kennlinie des Akkus werden minde-stens 10 etwa äquidistante Messpunktezwischen 0 und 3 A gewählt. Die dazugehöri-gen Klemmenspannungen Uk sowie die Ur-spannung U0 (bei I = 0) sind zu messen.Für die Kennlinie der Batterie werden eben-falls mindestens 10 etwa äquidistante Mess-punkte zwischen 0 und 200 mA gewählt. Diedazugehörigen Klemmenspannungen Uk unddie Urspannung U0 sind zu messen.

Das Solarzellenmodul darf (im Gegensatz zuBatterie und Akku) bis zum Kurzschlussbelastet werden. Als Lastwiderstand werdendie vier Dekadenwiderstände (0 … 10000 Ω)verwendet. Das Modul muss während dergesamten Messzeit gleichmäßig beleuchtetwerden, da U0 und Ri von der Beleuchtungs-stärke abhängen! Es ist die gesamte I-U-

.L KR dU dI (11)

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Elektrizitätslehre E 7 Innenwiderstand von Spannungsquellen

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Kennlinie, d. h. von der Leerlaufspannung biszum Kurzschlussstrom, aufzunehmen. Dabeisollen etwa 20, bezüglich der Stromstärkeetwa äquidistante Punkte gemessen werden.Messen Sie zuerst den Kurzschlussstrom undentscheiden Sie dann, bei welchen Strom-stärken die weiteren Messpunkte liegensollen. Neben der Stromstärke I und derKlemmenspannung Uk sind auch die Werte derzugehörigen Lastwiderstände RL zu protokol-lieren.

5 Auswertung

Für alle Gleichspannungsquellen werden dieStrom-Spannungs-Kennlinien wie in Abb.2grafisch dargestellt.Für die beiden galvanischen Spannungsquellensind die Innenwiderstände aus dem Anstiegder Regressionsgeraden in den grafischenDarstellungen zu ermitteln. Die lineare Regression ist wie im KapitelFehlerrechnung und Statistik, Abschnitt 3.1beschrieben durchzuführen. Durch Vergleichvon Gl.(10) und Abb.2 dort mit Gl.(3) undAbb.2 in dieser Versuchsanleitung sieht man,dass der Innenwiderstand Ri gleich dem ne-gativen Anstieg -b der Regressionsgerade ist.Aus dem Schnittpunkt der Geraden mit derOrdinate wird die Urspannung U0 bestimmtund dann aus diesen beiden Werten derKurzschlussstrom berechnet. Vergleichen Siedie so bestimmte Urspannung mit dem gemes-senen Wert! Wie ist die Genauigkeit desberechneten Kurzschlussstromes zu bewerten?Für den Solarzellenmodul werden die Innen-widerstände anhand der Messpunkte nachGleichung (3) und die abgegebene Leistung

PL nach (5) berechnet. Der InnenwiderstandRi, der Lastwiderstand RL sowie die LeistungPL sind in Abhängigkeit vom Strom grafischdarzustellen. Zeichnen Sie alle drei Kurven inein Diagramm (linke y-Achse: Widerstand,rechte y-Achse: Leistung) und diskutieren Siedie Lage des Maximums der Leistungskurve!

6 Literatur

W. Schenk, F. Kremer: Physikalisches Prakti-kum. Springer, 2014

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a. 2008

Kamke, W.; Walcher, W.: Physik für Medizi-ner, B.G. Teubner, Stuttgart 1994

7 Kontrollfragen

7.1 Erklären Sie den Unterschied zwischender Klemmenspannung und der Urspannungeiner Spannungsquelle!

7.2 Erläutern Sie das Ersatzschaltbild einerSpannungsquelle!

7.3 Erläutern Sie die Begriffe Leerlauf,Kurzschluss und Anpassung.

7.4 Sie haben die Aufgabe, mit einem Volt-meter die Urspannung einer Spannungsquellemit dem Innenwiderstand Ri = 500 kΩ zubestimmen. Wie groß muss der Innenwider-stand des Messgerätes mindestens sein, damitder Messwert um nicht mehr als 1% vomwahren Wert abweicht?

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Elektrizitätslehre E 8 Leitfähigkeit von Elektrolyten

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Abb.1: WHEATSTONE-Brückenschaltung

RlA

, (3)

C

C

R

Rx

1

3

4

. (2)

R

R

R

RX

1 3

4

. (1)

1 Aufgabenstellung

1.1 Die Zellenkonstante Κ einer elektrolyti-schen Zelle ist zu bestimmen.

1.2 KCl -Lösungen verschiedener Konzen-tration sind herzustellen und ihre elektrischeLeitfähigkeit σ ist zu bestimmen.

1.3 Die Äquivalentleitfähigkeit Λ der Lösun-gen ist zu berechnen.

2 Grundlagen

2.1 Für eine genaue Widerstandsmessungund für die Bestimmung von kleinen Wider-ständen werden häufig Brückenschaltungenverwendet. Die Grundschaltung jeder Mess-brücke ist die Wheatstone-Brücke (Abb.1). Zwischen den Punkten A und B sowie zwi-schen C und D liegt die Spannung U an. OhneGalvanometer zwischen den Messpunkten Eund F wird das Potential in diesen Punktendurch die Verhältnisse R1 : RX sowie R3 : R4

bestimmt (Spannungsteiler zwischen A und Bsowie zwischen C und D).Besteht zwischen E und F kein Potentialunter-schied, so sagt man, Brücke ist abgeglichen.Über das Galvanometer (ein hochempfindli-ches Amperemeter) wird dann kein Stromfließen. In diesem Fall muss die folgendeBedingung erfüllt sein:

Wenn zwischen E und F ein Potentialunter-schied besteht, so fließt über das Galvano-meter ein Strom. Das Prinzip der Brücken-messung besteht darin, durch Änderung derbekannten Widerstände R1, R3 und R4 denabgeglichenen Zustand der Brücke zu finden.Die Größe des unbekannten Widerstandes RX

lässt sich dann nach (1) berechnen.

Soll eine Messbrücke mit Wechselstrombetrieben werden, so ist eine mögliche Pha-senverschiebung zwischen Strom und Span-nung zu berücksichtigen. Für den Brücken-abgleich müssen in diesem Fall Betrag undPhase der Spannung zwischen E und F abge-glichen werden. Zu diesem Zweck wird dieeinfache Wheatstone-Schaltung durch zusätz-liche Kapazitäten ergänzt, siehe Versuchs-schaltung Abb.2.Da die elektrolytische Zelle neben dem Wider-stand Rx auch eine Kapazität Cx besitzt,müssen für den Abgleich der Brücke zweiBedingungen erfüllt sein: der Amplituden-abgleich (1) und der Phasenabgleich

(1) und (2) gelten gleichzeitig, wenn dieBrücke vollständig abgeglichen ist.Die Brückenschaltung in Abb.2 wird alsWien-Brücke bezeichnet. Sie kann nach Gl.(2) auch zur Messung von Kapazitäten einge-setzt werden.

2.2 Der elektrische Widerstand eines Leitersmit der Länge l und dem Querschnitt A ist

er wird neben den geometrischen Größen lund A durch eine Materialkonstante, denspezifischen elektrischen Widerstand ρ,

Leitfähigkeit von Elektrolyten E 8

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Elektrizitätslehre E 8 Leitfähigkeit von Elektrolyten

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Abb.2: Schaltung zur Leitfähigkeitsmessungin Elektrolyten (Wienbrücke).

GAl

, (4)

GR K

1 1

. (5)

cq

(6)

cz nV

m zM Vq

(7)

KRx

. (8)

bestimmt. Der Kehrwert des elektrischenWiderstandes G = 1/R heißt elektrischerLeitwert, seine SI-Einheit ist das Siemens: [G]= 1/Ω = S. Analog zu (3) schreibt man

σ = 1/ρ heißt spezifische elektrische Leit-fähigkeit und hat die Einheit [σ] = S/m. DieAngabe eines Leitwertes ist insbesondere beielektrisch leitenden Flüssigkeiten üblich.

Elektrolyte sind elektrisch leitende Flüssig-keiten, bei denen der Ladungstransport durchIonen erfolgt.Eine elektrolytische Zelle, die mit einemElektrolyten gefüllt ist, hat den elektrischenWiderstand R. Für den elektrischen LeitwertG der Zelle schreibt man

In dieser Gleichung wurden gegenüber Gl. (4)die Größen A und l zur Zellkonstanten Kzusammengefasst. Ihre Einheit ist Κ =1/m.Die Zellkonstante K wird nur vom Aufbau(Größe und Form) der elektrolytischen Zellebestimmt, während die elektrische Leitfähig-keit σ nur von der Art des gelösten Stoffes,seiner Konzentration und von der Temperaturabhängt. Die Leitfähigkeit von Elektrolyten steigt mitder Temperatur (wegen der thermischenBewegung der Teilchen) und mit der Ionen-konzentration an. In stark verdünnten Salzlö-sungen ist die elektrische Leitfähigkeit zurKonzentration proportional.

Die Äquivalentleitfähigkeit Λ ist

wobei cq die Äquivalentkonzentration (Nor-malität eines Elektrolyten) ist:

Dabei bedeuten: m = Masse, V = Volumen,

M = Molmasse in g/mol, n = m/M = Stoff-menge (Anzahl der Mole), z = Wertigkeit(Ladungszahl). Die SI-Einheit von Λ istS m2/mol, die von cq ist mol/m3, meist wirdjedoch mol/l verwendet.Die Äquivalentleitfähigkeit hängt im All-gemeinen sowohl vom Dissoziationsgrad alsauch von der Konzentration ab. Durch elek-trostatische Wechselwirkung behindern sichdie wandernden Ionen gegenseitig. Dahernimmt die Äquivalentleitfähigkeit mit zuneh-mender Konzentration ab. Bei starker Ver-dünnung ( große Abstände zwischen denIonen) ist die Wechselwirkung vernachlässig-bar, die Äquivalentleitfähigkeit vollständigdissoziierter Elektrolyte wird dann von derKonzentration unabhängig.

Zur Bestimmung der elektrischen Leitfähig-keit σ wird der Widerstand Rx der elektrolyti-schen Zelle gemessen. Aus (5) ergibt sich

Die Zellkonstante Κ kann durch Messungeines Elektrolyten bekannter Leitfähigkeit(hier gesättigte NaCl-Lösung) ermitteltwerden.Die Leitfähigkeit von Elektrolyten mussgrundsätzlich mit Wechselstrom gemessenwerden, damit das Messergebnis nicht durchdie Elektrodenpolarisation verfälscht wird.Die Widerstände Rx der gefüllten elektrolyti-schen Zelle werden deshalb mit Hilfe einerWechselstrombrücke (Abb.2) ermittelt.

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Elektrizitätslehre E 8 Leitfähigkeit von Elektrolyten

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3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- elektrolytische Zelle mit Halterung- Generator 1 kHz- Vielfachmesser- Kurbelwiderstand (0,1 % + 0,05 Ω)- Kapazitätsdekaden- 2 Festwiderstände 100 Ω (0,2 %)- Thermometer- Flasche mit NaCl-Lösung- Flasche mit KCl- 3 Messzylinder 100 ml, 25 ml, 10 ml- Becherglas, Trichter, Spatel, Glasstab

3.1 Als Spannungsquelle dient ein Wechsel-spannungs-Generator mit der festen Frequenz1 kHz und einer Spannung von Ueff = 2 V. Fürdie Widerstände R3 und R4 werden zweigleiche Festwiderstände mit je 100 Ω und fürden Widerstand R1 ein Kurbelwiderstandverwendet. Die Kapazität C1 kann zwischen0,1 nF und 10 µF variiert werden. Zur An-zeige des Brückenstromes dient ein empfindli-cher Vielfachmesser mit veränderlichenMessbereichen.

4 Versuchsdurchführung

Die Brückenschaltung ist nach Abb.2 auf-zubauen.

4.1 Bestimmung der Zellkonstante: Dieelektrolytische Zelle wird mit der gesättigtenNaCl-Lösung gefüllt, die Temperatur T derLösung ist zu messen. Am Vielfachmesserwird zunächst ein unempfindlicher Mess-bereich (z.B. 100 mA) eingestellt; Generatorund Vielfachmesser sind einzuschalten. Nunwerden der Widerstand R1 und die KapazitätC1 abwechselnd verändert, bis der Brücken-strom ein Minimum erreicht, wobei die Mess-bereiche am Vielfachmesser immer empfindli-cher geschaltet werden. Wenn die Brückeabgeglichen ist, sollte der Brückenstromkleiner als 2 μA sein. Der dazugehörigeWiderstand R1 = Rx (folgt aus (1), wennR3 = R4) ist abzulesen und zu protokollieren.

Achtung! Nach jeder Widerstandsmessungmuss am Vielfachmesser wieder ein un-empfindlicher Messbereich eingestelltwerden, damit beim Wechsel der Elek-trolyte keine Überlastung des Messgerätesauftritt.

4.2 Bestimmung der elektrischen Leitfähig-keit von KCl-Lösungen der Konzentration1N; 0,5N; 0,2N; 0,1N; 0,05N und 0,02N:Zunächst werden 100 ml KCl-Lösung mit derÄquivalentkonzentration cq = 1 mol/l (1Noder 1-normale Lösung) hergestellt. DieMolmasse von KCl beträgt 74,55 g/mol. Dieerforderliche Menge KCl ist abzuwiegen undim Messzylinder in etwa 90 ml deionisiertemWasser aufzulösen (Rühren mit Glasstab).Danach wird die Lösung mit deionisiertemWasser auf 100 ml aufgefüllt.Die elektrolytische Zelle ist mit dieser Lösungzu füllen, der dazugehörige Widerstand wirdwie oben beschrieben gemessen. Die Tempe-ratur der Lösung wird gemessen.Anschließend wird die 1N KCl-Lösung zurweiteren Verwendung in einem Becherglasaufbewahrt; die Reste können nach Abschlussdes Versuches entsorgt werden.Je 100 ml KCl-Lösung der Konzentration0,5N; 0,2N; 0,1N; 0,05N und 0,02N werdendurch Verdünnung eines Teils der 1N KCl-Lösung hergestellt. Der Widerstand und dieTemperatur dieser Lösungen in der elek-trolytischen Zelle werden gemessen. An-schließend sind die Lösungen zu verwerfen.Alle gemessenen Werte sind übersichtlichtabellarisch zu erfassen.

Hinweis:Es muss sauber gearbeitet werden. Die elek-trolytische Zelle und die Elektroden sind beijedem Umfüllen sorgfältig zu spülen.Die gesättigte NaCl-Lösung wird nach derMessung in die Vorratsflasche zurückgegos-sen.

5 Auswertung

5.1 Die Zellenkonstante K ist mittels (8) zuberechnen. Die elektrische Leitfähigkeit σ der

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Elektrizitätslehre E 10 Thermospannung

48

Abb.1: Kupfer-Konstantan-Thermoelement

gesättigten NaCl-Lösung ist anhand dergemessenen Temperatur T einer Tabelle zuentnehmen.

5.2 Die elektrischen Leitfähigkeiten σ derKCl-Lösungen werden nach Gl. (8), dieÄquivalentleitfähigkeiten Λ nach (6) be-rechnet.Die Leitfähigkeit und die Äquivalentleitfähig-keit sind in Abhängigkeit von der Äquivalen-konzentration (Normalität) der KCl-Lösunggrafisch darzustellen und zu diskutieren.

6 Literatur

Wedler, G. und Freund, H-J.: Lehrbuch derPhysikalischen Chemie. Wiley-VCH, 2012

Dieter Meschede: Gerthsen Physik, Springer,Berlin u.a. 2010

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a. 2008

7 Kontrollfragen

7.1 Erläutern Sie das Prinzip der Wider-standsmessung mit einer Brückenschaltung!

7.2 Was versteht man unter Amplitude undPhase eines Wechselstromes?

7.3 Wie wird die Äquivalentleitfähigkeitdefiniert, und welche Eigenschaft des gelöstenSalzes wird hierüber charakterisiert?

1 Aufgabenstellung

Der SEEBECK-Koeffizient eines Thermo-elementes ist mit Hilfe einer Kompensations-methode zu bestimmen.

2 Grundlagen

2.1 Thermoelement: In einem (isolierten)elektrischen Leiter wird durch einen Tempera-turgradienten eine elektrische Potentialdiffe-renz erzeugt (absoluter SEEBECK-Effekt), diejedoch nicht unmittelbar messbar ist. Verein-facht gesehen, verhalten sich die Ladungs-träger im Leiter wie die Teilchen eines idealenGases: Ladungsträger von der wärmeren Seitemit höherer kinetischer Energie diffundierenschneller zur kalten Seite als umgekehrt; aufdiese Weise entsteht auf der kalten Seite einÜberschuss an Ladungsträgern, der durch dieentstehende Potentialdifferenz begrenzt wird.Verbindet man zwei verschiedene Leiter zu

einem Stromkreis (Abb.1) und bringt diebeiden Kontaktstellen auf verschiedene Tem-peraturen T0 und T1, so entstehen in denbeiden Leitern unterschiedliche innere Poten-tiale. Zwischen den Punkten A und B tritt dieDifferenz der beiden Potentiale auf, die so-genannte Thermospannung. Dies wird alsSEEBECK-Effekt bezeichnet.

In vielen älteren Lehrbüchern wird dieThermospannung falsch als „Kontaktspan-nung“ erklärt. Dies ist nicht richtig! (siehe

Thermospannung E10

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Elektrizitätslehre E 10 Thermospannung

49

Abb.2: Kompensationsschaltung

U TT . (1)

1 2

10 1

1 2

.

h

h

U I R I R

RU I R U

R R

(2)

Abb.3: Versuchsaufbau

Literaturhinweis) Die Thermospannung UT ist näherungsweiseproportional zur Temperaturdifferenz ΔT =T1 - T0 :

Der Koeffizient α heißt Thermokraft oderSeebeckkoeffizient und ist von beiden Mate-rialien abhängig.Thermoelemente werden häufig zur Tempera-turmessung verwendet. Sie sind preiswert,schnell (kleine Wärmekapazität) und bietenden Vorteil, dass sich die Thermospannungenunmittelbar als Eingangssignale für Computer,Steuer- und Regelgeräte nutzen lassen.

2.2 Kompensationsschaltung: Die Messungder Urspannung einer Spannungsquelle ist nurmöglich, wenn der Quelle dabei kein Stromentnommen wird (siehe Versuch E 7). Strom-lose Spannungsmessungen lassen sich mitHilfe einer Kompensationsschaltung vorneh-men (Abb.2). Hierzu werden neben der zu messendenSpannungsquelle U0 eine Hilfsspannungs-quelle Uh (genau bekannte Spannung, geringerInnenwiderstand), ein Spannungsteiler (be-stehend aus den Teilwiderständen R1 und R2)und ein Galvanometer (hochempfindlichesAmperemeter, Nullinstrument) benötigt.Wird jetzt durch Veränderung des Verhält-nisses zwischen R1 und R2 erreicht, dass derSpannungsabfall über R1 gleich der SpannungU0 ist, so wird der Spannungsquelle U0 keinStrom entnommen.Für die beiden Maschen in der Schaltung inAbb.2 gilt in diesem Fall nach der KIRCH-

HOFFschen Regel:

Mit Hilfe des Galvanometers kann die Kom-pensationsschaltung genau abgeglichen wer-den; U0 wird dann nach (2) berechnet.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- Halterung mit Thermoelement- Heizplatte mit Magnetrührer, Rührstäbchen- Isoliergefäß- kleiner Topf- Digitalthermometer- Stöpselwiderstand (Genauigkeit: 0,1 %)- elektron. Galvanometer (Nullinstrument)- Akkumulator- Digitalmultimeter (Spannungsmesser)- Verbindungsleitungen

3.1 Zur Bestimmung der ThermospannungenUT wird eine Kompensationsschaltung nachAbb.3 verwendet. Die linke Lötstelle desThermoelementes wird mit Hilfe eines Eis-Wasser-Gemisches im Isoliergefäß auf derkonstanten Temperatur T0 = 0C gehalten; dieTemperatur der rechten Lötstelle T1 kanndurch die Erwärmung des Wasserbades (imTopf) verändert werden. Für T1T0 = ΔT 0entsteht eine Thermospannung UT .Die Widerstände R (Gesamtwiderstand) undR1 (ein kleiner Teilwiderstand von R) werden

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Elektrizitätslehre E 10 Thermospannung

50

.hh

UI

R (3)

11 1 .h h

RU R I U

R (4)

durch den Präzisions-Stöpselwiderstandgebildet. Dieser besteht aus einer Reihen-schaltung von vielen Einzelwiderständen(0,1 Ω; 0,2 Ω; 0,5 Ω; 1 Ω; ... ; 50 000 Ω).Durch Einstecken von Metallstöpseln kannman jeden Einzelwiderstand kurzschließenund damit den Gesamtwiderstand R ver-ändern. Außerdem kann mit Hilfe zweierAbgriffstöpsel über einem beliebigen, genaudefinierten Teilwiderstand R1 eine Spannungabgegriffen werden.Der Stöpselwiderstand ist an einen Akku mitder (Hilfs-) Spannung Uh angeschlossen, esfließt ein Strom Ih:

Uh wird mit einem genauen Voltmeter gemes-sen. Der Spannungsabfall U1 am WiderstandR1 zwischen den verstellbaren Abgriffspitzen(Abb.3) beträgt

Mit dieser (Gegen-) Spannung U1 kann dieThermospannung UT kompensiert werden: Esist U1 = UT, wenn der vom Galvanometer Gangezeigte Thermostrom IT gleich Null ist.

4 Versuchsdurchführung

Achtung! Bevor der Akku an den Stöpsel-widerstand angeschlossen wird, muss dieSchaltung vom Betreuer überprüft werden!Beim Auf- und Abbau des Versuches sowiebeim Messen darf das Galvanometer nichtüberlastet werden!

Bauen Sie die Schaltung nach Abb.3 auf. DerGesamtwiderstand R des Stöpselwiderstandesist durch Einstecken von Stöpseln so ein-zurichten, dass der Strom Ih etwa 0,05 mAbeträgt. Dazu ist R mit Hilfe der aufgedruck-ten Akku-Spannung Uh zu berechnen.

Das Isoliergefäß ist mit einer Eis-Wasser-Mischung zu füllen, so dass die linke Lötstelle

eine Temperatur von T0 = 0C annimmt. DerTopf ist mit Wasser von ca. 5°C zu füllen(etwas Eis hinzugeben). Die Spannung Uh ist zu messen; Uh und derGesamtwiderstand R sind zu protokollieren!Der Widerstand R1 zwischen den Abgriff-stöpseln wird so gewählt, dass am Galvano-meter G ein negativer Ausschlag entsteht, d.h.U1 > UT. Erwärmt man dann das Wasserbad langsamunter ständigem Rühren, so steigt T1 unddamit die Thermospannung UT. Wenn IT = 0ist (Nulldurchgang am Galvanometer), istUT = U1. In diesem Moment ist die Tempera-tur T1 abzulesen. Danach wird die Gegen-spannung U1 mit Hilfe von R1 wieder erhöht(Linksausschlag am Galvanometer). Die weitere Erwärmung führt erneut zu IT = 0(also UT = U1), wobei beim Nulldurchgang desZeigers am Galvanometer wieder die Tempe-ratur T1 gemessen wird. Dieses Verfahrenwird bis zur Siedetemperatur fortgesetzt. Zur Einstellung der Gegenspannungen U1

empfiehlt es sich, folgende Widerstandswertefür R1 zu wählen: 5Ω, 10Ω, 15Ω, 20Ω, …

5 Auswertung

Für alle Messpunkte wird die Thermospan-nung UT = U1 nach (4) berechnet und inAbhängigkeit von der Temperatur T1 grafischdargestellt. Aus der grafischen Darstellung ist die Ther-mokraft (der Seebeckkoeffizient) α durchlineare Regression zu ermitteln. VergleichenSie das Ergebnis mit Literaturwerten!

6 Literatur

Bergmann-Schaefer: Lehrbuch der Experi-mentalphysik Bd.2 Elektromagnetismus. deGruyter, Berlin u.a., 2008

http://www.uni-konstanz.de/FuF/Physik/Jaeckle/papers/thermospannung/

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Elektritzitätslehre E 28 Fadenstrahlrohr

51

mv eU

22 (1)

F e v B (2)

mv

re v B

2

. (3)

em

U

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22 2 . (4)

B N IR

RA

0

2

22

3 2

4

.(5)

BN I

R

8

1250 . (6)

7 Kontrollfragen

7.1 Wie entsteht eine Thermospannung?

7.2 Welche Vorteile hat ein Thermoelementverglichen mit anderen Temperaturmess-

verfahren?

7.3 Warum verwendet man zur Messung derThermospannung eine Kompensationsschal-tung?

1 Aufgabenstellung

Die spezifische Ladung e/m des Elektrons istmit Hilfe des Fadenstrahlrohres zu bestimmen.

2 Physikalische Grundlagen

Unter der spezifischen Ladung eines Elektronsversteht man das Verhältnis der Ladung e desElektrons (Elementarladung) zu seiner Massem. Dieses Verhältnis e/m kann aus der Ablen-kung von Elektronenstrahlen im magnetischenFeld bestimmt werden. Da sich die Elementar-ladung mit Hilfe des MILLIKAN-Versuchesmessen lässt, kann somit die Masse desElektrons bestimmt werden.Im Fadenstrahlrohr geht von der Kathodedurch Glühemission ein Elektronenstrahl(Fadenstrahl) aus. Die Elektronen werden ineinem elektrischen Feld zwischen Kathodeund Anode beschleunigt, so dass sie nach demDurchgang durch ein Loch in der Anode dieGeschwindigkeit v haben. Aus dem Energie-erhaltungssatz folgt:

wobei U die an die Anode angelegte Span-nung ist. Ist die Bewegungsrichtung derElektronen senkrecht zur Richtung eineshomogenen Magnetfeldes, das von einemHELMHOLTZ-Spulenpaar erzeugt wird, sowerden die Elektronen durch die LORENZkraft

auf eine Kreisbahn mit dem Radius r abge-lenkt. B ist die magnetische Induktion desFeldes. Die LORENZkraft steht senkrecht zurBewegungsrichtung, so dass zwischen ihr undder Zentrifugalkraft Gleichgewicht besteht:

Aus den Gleichungen (1) und (3) folgt

Unter einem HELMHOLTZ-Spulenpaar verstehtman eine Anordnung von zwei kurzen dün-nen Spulen, deren Abstand etwa gleich ihremRadius ist. Im Inneren ist das Magnetfeldweitgehend homogen. Die Induktion in derMitte zwischen den Spulen beträgt

Dabei bedeuten: μ0 = 4π 10-7 Vs/Am diemagnetische Feldkonstante (Induktionskon-stante), N die Windungszahl der Spulen, I derStrom durch die Spulen, R der mittlere Radiusder Spulen und A der mittlere Abstand zwi-schen den beiden Spulen.Für A = R wird aus (5)

Die Bahn der Elektronen ist im Fadenstrahl-rohr sichtbar, weil die Röhre eine kleine

Fadenstrahlrohr E 28

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Elektritzitätslehre E 28 Fadenstrahlrohr

52

Abb.1: Elektrische Beschaltung des Faden-strahlrohres. 1: Heizung, 2: Wehneltzylinder,3: Kathode, 4: Anode

Menge Neon enthält (ca. 1,3 Pa). Die Elek-tronen stoßen mit den Gasatomen zusammenund regen diese zur Lichtaussendung an.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Fadenstrahlrohr mit Sockel- HELMHOLTZ-Spulenpaar (Windungszahl

N = 124, Drahtstärke d = 1,5 mm, mittlererSpulenradius R 148 mm, mittlerer Ab-stand A 150 mm)

- Röhren-Stromversorgungsgerät- Stromversorgungsgerät für HELMHOLTZ-

Spulen (30 V, 5 A)- 2 Vielfachmessgeräte- Sicherheits-Messleitungen- Messleitungen- Teslameter mit Hallsonde

3.1 Zwischen den beiden HELMHOLTZ-Spulen befindet sich das Fadenstrahlrohr, dasauf ein Gehäuse mit Fassung aufgesteckt ist.Das Elektrodensystem des Fadenstrahlrohres

(siehe Abb.1) besteht aus einer indirektbeheizten Oxidkathode, einem Wehnelt-zylinder zur Abschirmung und Strahlfokussie-rung und einer mit einem Loch versehenenAnode. Über dem Elektrodensystem befindensich in Abständen von jeweils 20 mm Markie-rungen zur genauen Einstellung des Kreis-durchmessers des Elektronenstrahles. Heizspannung (+6…11V), Wehneltspannung(0…-30V) und Anodenspannung (0…+500V)für das Fadenstrahlrohr werden entsprechendAbb.1 dem Röhren-Stromversorgungsgerätentnommen. Die Helmholzspulen werden mit0…5 A Gleichstrom betrieben. Die Hallsondedient zur Messung der Stärke und Homogeni-tät des Magnetfeldes.

4 Versuchsdurchführung

Das Fadenstrahlrohr ist teuer, gehen Sievorsichtig damit um! Die Beschleunigunsspannung (max. 500 V,50 mA) ist berührungsgefährlich! Für alleAnschlüsse an das Röhren-Stromversor-gungsgerät sind daher Sicherheitsleitungenzu verwenden!

4.1 In einem Vorversuch sollen zunächst dieStärke des Magnetfeldes in Abhängigkeit vomStrom und seine Homogenität gemessenwerden.Die beiden Magnetspulen werden in Reihe andas Netzgerät 30V/5A angeschlossen. AchtenSie auf gleiche Stromrichtung in den Spulen!Zur Strommessung wird ein Vielfachmesserverwendet, da dieser genauer ist als dieAnzeige des Netzgerätes.Messen Sie mit Hilfe der Hallsonde dasMagnetfeld in der Mitte zwischen den Helm-holtzspulen in Abhängigkeit vom Strom fürI = 0…5 A (etwa 10 Messpunkte). DerSensorchip muss dabei genau senkrecht zumMagnetfeld gerichtet sein (nach Augenmaß).Klemmen Sie ein Lineal senkrecht in der Mittezwischen den Spulen fest und messen Sie beiI = 3 A das Magnetfeld im Bereich von etwa12 cm unter bis 12 cm über der Mitte der

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Elektritzitätslehre E 28 Fadenstrahlrohr

53

B K I . (7)

Spulenanordnung alle 2 cm.Bestimmen Sie außerdem den Abstand A undden Durchmesser 2R beider Helmholtzspulenan wenigstens drei verschiedenen Stellen.(Gl.(5) gilt für Spulen mit vernachlässigbaremQuerschnitt, es ist also von Mitte bis Mitteder Wicklungen zu messen!).

4.2 Das Fadenstrahlrohr wird zwischen dieMagnetspulen gestellt und entsprechendAbb.1 angeschlossen.

Wenn das ältere Fadenstrahlrohr (mit Sockel ausAluminium, nicht isolierend) verwendet wird, dannmuss aus Sicherheitsgründen zusätzlich der grün-gelbe Erdungsanschluss mit dem Schutzleiteran-schluss am 5A-Stromversorgungsgerät verbundenwerden.

Anodenspannung, Spulenstrom und Heiz-spannung sind so einzurichten, dass einkreisförmiger Elektronenstrahl sichtbar wird,der mit Hilfe der Wehneltspannung fokussiertwird. (Der Heizstrom wird durch eine Siche-rung abgeschaltet, wenn der auf dem Röhren-sockel notierte Schwellwert überschrittenwird.)Für die Beschleunigungsspannungen U =150 V, 200, 300 V und 400 V sind jeweils dieKreisdurchmesser 2r = 40 mm, 60 mm,80 mm und 100 mm einzustellen und derzugehörige Magnetstrom ist zu messen.

5 Auswertung

5.1 Aus Gleichung (4) bzw. (5) folgt

Die Konstante K ist aus den gemessenen

Werten für R und A zu berechnen.Die Magnetflussdichte B ist in Abhängigkeitvom Strom I grafisch darzustellen. BestimmenSie K als Anstieg der Kurve und vergleichenSie diesen Wert mit dem aus der Spulen-geometrie berechneten Wert.Zeichnen Sie die Ortsabhängigkeit des Mag-netfeldes in radialer Richtung, indem Sie dieGröße B(x)/B(x=0) in Prozent grafisch dar-stellen.

5.2 Für alle Messungen ist die Magnetfluss-dichte B aus dem Spulenstrom zu berechnenund e/m nach Gl. (4) zu bestimmen. Als Ergebnis ist der Mittelwert aus allenEinzelmessungen anzugeben. Diskutieren Siesystematische Fehler in der Messanordnungund führen Sie eine Fehlerrechnung durch!

6 Literatur

W. Schenk, F. Kremer: Physikalisches Prakti-kum. Springer 2014

Dieter Meschede: Gerthsen Physik, Springer,Berlin u.a. 2010

7 Kontrollfragen

7.1 Welche Kräfte üben elektrische undmagnetische Felder auf die Elektronen aus?

7.2 Wie berechnet man das Magnetfeld einerRingspule?

7.3 Was passiert, wenn man den Restgas-druck in der Röhre ändert?

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Elektrizitätslehre E 39 Messwerterfassung mit dem Computer (EKG)

54

Abb.1: EKG-Ableitungen nach Einthoven

Abb.2: Bestimmung der Lage der elektrischenHerzachse im EINTHOVEN-Dreieck

1 Aufgabenstellung

1.1 Mit Hilfe des CASSY-Messwerterfas-sungssystems ist ein 3-Kanal-EKG aufzuneh-men. Aus den Messkurven sind die Größe derR-Zacken-Potentiale, die Pulsfrequenz und dieLage der elektrischen Herzachse zu bestim-men.

1.2 Der Einfluss eines großen Kontaktwider-standes auf das EKG-Signal ist zu untersu-chen.

2 Grundlagen

Die rhythmische Kontraktion des Herzmus-kels wird stimuliert durch eine elektrischeErregung der Herzzellen, die am Sinus-Kno-ten beginnt und sich in charakteristischerWeise über das gesamte Herz ausbreitet. DieAktionspotentiale (etwa 70 mV) aller Zellenergeben in Summe ein elektrisches Dipolfelddes Herzens. Dieses Feld breitet sich auch imgesamten Organismus aus, wobei es durch dieelektrische Leitfähigkeit geschwächt wird.Auf der Hautoberfläche können deshalb dieelektrischen Vorgänge bei der Reizausbrei-tung im Herzen gemessen werden. Dabeiwerden eine Reihe Elektroden in normierterArt und Weise an den Armen und Beinensowie auf dem Brustkorb angebracht. Dieelektrischen Spannungen auf der Körperober-fläche liegen im Millivoltbereich und können,entsprechend verstärkt, gemessen und aufeinem Monitor oder mit Hilfe eines Schreibersoder Druckers dargestellt werden.

Bei den drei bipolaren Ableitungen nachEINTHOVEN (Abb.1) werden die folgendenPotentiale gemessen:

Abl. I zwischen linkem und rechtem Arm

Abl. II zw. linkem Bein und rechtem Arm

Abl. III zw. linkem Bein und linkem Arm.

Im so genannten EINTHOVEN-Dreieck (Abb.2)lässt sich aus den drei Potentialen U1, U2 undU3 der Dipolvektor den Herzens (genauer: dieProjektion des Dipolvektors auf die Frontal-ebene) konstruieren. Der Dipolvektor variiertim Rhythmus des Herzschlages, seine Lage imMoment des größten Potentials (R-Zacken-Potential) wird als elektrische Herzachsebezeichnet. Sie stimmt bei normaler Erre-gungsausbreitung etwa mit der anatomischenLängsachse des Herzens überein.

Messwerterfassung mit dem Computer (EKG) E 39

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Elektrizitätslehre E 39 Messwerterfassung mit dem Computer (EKG)

55

f RG 12

. (1)

Neben der Kurvenform im EKG ist die Lageder Herzachse bzw. der zeitliche Verlauf desDipolvektors (Vektor-EKG) von diagnosti-scher Bedeutung.

Messen mit dem Computer:Moderne medizinische Diagnosegeräte (z. B.EKG, EEG, Ultraschall-A-Bild, Audiometer)werden heute oft auf der Basis handelsübli-cher Computer gebaut. Das hat sowohlpraktische Gründe (vielseitige Einsetzbarkeit,einfache Vernetzung mit anderen Geräten, mitder elektronischen Patientenkartei etc.) alsauch ökonomische Gründe. Der Computer(bzw. die Software) übernimmt die Aus-wertung und die graphische Darstellung derMessergebnisse sowie ihre Archivierung.Lediglich die eigentliche Messwerterfassung,Signalverstärkung und die Umwandlung desanalogen Messsignals in digitale Daten (A/D-Wandlung) muss noch mit Hilfe speziellerHardware erfolgen.Die Genauigkeit der Messung wird dabeidurch die sogenannte Auflösung oder Wand-lerbreite des A/D-Wandlers begrenzt. Bei-spielsweise bedeutet eine Auflösung von 12Bit, dass der Wandler 212 = 4096 verschiedenedigitale Werte messen kann. Die kleinste nochmessbare Änderung des Messsignals (1 Digit)beträgt also 1/4096 des Messbereichs. Meistist die Messunsicherheit digitaler Messgerätejedoch deutlich größer als 1 Digit.Ein zeitabhängiges Messsignal (z. B. einEKG-Signal) wird einfach in schneller Folgeimmer wieder gemessen („abgetastet“). DieAnzahl der Messungen pro Sekunde bezeich-net man als Messrate oder Abtastrate R (engl.:sampling rate), die Einheit ist 1 Hz. Beispiel:Bei einem Zeitintervall Δt von 10 ms zwischenzwei Messungen beträgt die Messrate R =1/Δt = 100 Hz. Technisch sind heute Mess-raten >10 GHz möglich.Die Messrate bestimmt die Zeitauflösung derMessung bzw. die maximal messbare Fre-quenz fG (“Grenzfrequenz”); es gilt

Nach dem Fouriertheorem kann jedes beliebi-ge, nichtharmonische (d.h. nicht sinusförmige)periodische Signal als eine Summe harmo-nischer (sinusförmiger) Teilschwingungenaufgefasst werden kann, deren Frequenzenganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz desperiodischen Signals sind. Im EKG-Signalentspricht die Grundfrequenz der Herzfre-quenz. Die Zerlegung eines Signals in seineFrequenzanteile (d.h. in einzelne Sinusschwin-gungen) nennt man Fourier-Analyse, dermathematische Algorithmus dafür heißt FFT(von Fast Fourier Transformation). Im Ergeb-nis erhält man eine grafische Darstellung derSignalamplitude in Abhängigkeit von derFrequenz, das Frequenzspektrum.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:Cassy-EKG/EMG3 Widerstände 10 MΩ; 4,7 MΩ; 100 kΩComputer mit CASSYLab-Software4 KlammerelektrodenElektrodenspray

3.1 Es sind zwei Versionen des EKG-Gerä-tes im Einsatz: Ein Sensor-CASSY mit aufge-steckter EKG/EMG-Box, Steckernetzteil undserieller Verbindung zum PC, sowie eine(kleinere) EKG/EMG-Box mit USB-An-schluss an den PC. Der Widerstand dient zur Simulation einesschlechten elektrischen Kontaktes zwischenHaut und EKG-Elektrode.Das Elektrodenspray wirkt desinfizierend underhöht die elektrische Leitfähigkeit des Haut-kontaktes.

4 Versuchsdurchführung

Starten Sie am Computer das ProgrammCassyLab2 - die vorgefundene Gerätekonfigu-ration wird angezeigt (beim seriellen Cassymuss das Netzteil angeschlossen sein). Akti-vieren Sie die EKG/EMG-Box, indem Sie mitder Maus auf das Bild der Box klicken.

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Elektrizitätslehre E 39 Messwerterfassung mit dem Computer (EKG)

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Machen Sie sich zuerst mit der Bedienung desProgramms vertraut. Benutzen Sie hierzu dieKurzanleitung im Anhang und die Online-Hilfe . Folgende Tätigkeiten müssen Siebeherrschen:

- Einstellung von Messbereich und -Intervall

- Start und Stopp einer Messung

- Vergrößern/Alles anzeigen (Zoom)

- Skalieren des Diagramms

- Einfügen von Text in das Diagramm

- Anzeigen der Messpunkte

- Messen von Differenzen (Spannung, Zeit)

- Speichern und Drucken der Messung

4.1 Zur Ableitung des EKG-Signals nachEINTHOVEN (Abb.1) werden die Metallflächender Elektrodenklammern mit Elektrodenspraybesprüht und an den Innenseiten der Handge-lenke und oberhalb der Knöchel befestigt. DieElektrodenkabel werden wie folgt angeschlos-sen: rot - rechter Arm, gelb - linker Arm, grün- linke Wade, schwarz - rechte Wade.Die Versuchsperson muss in ruhiger, ent-spannter Lage sitzen, die Unterarme auflie-gend, damit die EKG-Potentiale nicht durchandere Muskel-Aktionspotentiale verfälschtwerden.Die Voreinstellungen der Messparameterwerden unverändert beibehalten (Messinter-vall: 10 ms, Messbereiche: ±1 mV). Das EKGwird etwa 10...20 s lang aufgezeichnet unddanach abgespeichert. Falls die Kurven sehrunregelmäßig sind, werden die Ursachenhierfür beseitigt und die Messung wiederholt.Alle Versuchsbedingungen sind zu protokol-lieren!Das EKG soll an jedem Studenten gemessenwerden; die Auswertung führt jeder an seinemEKG durch.

4.2 Die folgenden Messungen sollen mit einergrößeren Abtastrate von 500 Hz durchgeführtwerden (Messintervall: 2 ms). Das EKG-Gerät kann bei schnellen Messungen (Intervall<10 ms) nur einen Kanal aufzeichnen - dahermüssen die EKG-Ableitungen U11 und U13 in

den Einstellungen zuerst deaktiviertwerden, ehe das Intervall geändert werdenkann. Es wird nur Ableitung II gemessen.Zeichnen Sie ein EKG 10 Sekunden lang auf.Führen Sie eine Fourier-Analyse des EKG-Signals durch, indem Sie Einstellungen -

Rechner - FFT - Neu anklicken. Ändern Sie dieSkalierung der Koordinatenachsen des EKGsund des Frequenzspektrums so, dass dieMesskurven den größten Teil des Diagrammseinnehmen und speichern Sie das Messergeb-nis ab.

Tipp: Die Diagramme kann man mit der Mausziehen und so anordnen, dass beide gleich-zeitig zu sehen sind.

Zur Simulation eines schlechten elektrischenKontaktes zwischen EKG-Elektrode und Hautbauen Sie den 10 MΩ-Widerstand in dieZuleitung zum rechten Arm (rot) ein. Zeich-nen Sie unter ansonsten unveränderten Bedin-gungen ein weiteres EKG und dessen Fre-quenzspektrum auf und speichern Sie es ab.Das Resultat der Messung ist von den Kon-taktwiderständen und von den elektromagne-tischen Störfeldern im Raum abhängig. NachRücksprache mit dem Betreuer sind eventuellweitere Messungen erforderlich, wobei dasStörsignal durch einen zusätzlichen Wider-stand von 100 kΩ an der rechten Wade(schwarzer Druckknopf) vergrößert oderdurch Tausch des 10 MΩ Widerstandes gegen4,7 MΩ verringert werden kann.

5 Auswertung

Wenn die Auswertung nicht im Praktikumerfolgen kann, drucken Sie alle benötigtenEKGs und Frequenzspektren nach Rück-sprache mit dem Betreuer aus, damit dievollständige Auswertung zu Hause möglichist. Alternativ können Sie CassyLab2 von derWebsite des Herstellers LD Didactic down-loaden, auf dem eigenen Rechner installierenund die im Praktikum erzeugten Dateiendamit auswerten.

5.1 Die Messung des R-Zacken-Potentials

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Elektrizitätslehre E 39 Messwerterfassung mit dem Computer (EKG)

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der drei Ableitungen und der Pulsfrequenz sollmit CassyLab durchgeführt werden. BenutzenSie hierfür die Zoom-Funktion; hilfreich sindaußerdem die Funktionen „Koordinatenanzeigen“, „Differenz messen“ und „Werteanzeigen“. Für die drei Ableitungen UI, UII und UIII wirddie Höhe von jeweils 5 verschiedenen R-Zacken abgelesen und daraus der Mittelwertberechnet.Die Pulsfrequenz f (in min-1) wird aus dermittleren Zeit zwischen zwei R-Zackenermittelt. Dafür sind aus 10 aufeinander

folgenden Pulsschlägen der Mittelwert undTdie Standardabweichung sT zu berechnen.Welche Bedeutung hat die Standardabwei-chung in diesem Zusammenhang?Für die Bestimmung der Lage der elektrischenHerzachse werden die Ableitungen I und IIverwendet. Erfassen Sie etwa fünf zeitgleicheWertepaare (UI, UII) vom Beginn bis zumEnde einer R-Zacke. Die Wertepaare werdenim EINTHOVEN-Dreieck (Spezialpapier, imPraktikum erhältlich) auf den AbleitungslinienI und II abgetragen, der Schnittpunkt imDreiecksgitter wird markiert. Die so ent-standenen Punkte werden der Reihe nachdurch eine Linie verbunden. Diese Linie zeigtden Verlauf der Frontalprojektion des Di-polvektors. Die Verbindung vom Nullpunktzum maximalen Ausschlag definiert denelektrischen Herzvektor.

5.2 Vergleichen Sie die EKGs und die zu-gehörigen Frequenzspektren mit und ohneKontaktwiderstand:Zoomen Sie so weit in die EKG-Kurve, dassnur etwa ein Pulsschlag auf dem gesamtenBildschirm dargestellt wird. Betrachten Siedas gesamte Frequenzspektrum (0...250 Hz).Beschreiben Sie die Veränderungen im EKG,die durch den Kontaktwiderstand hervor-gerufen werden.

Wahrscheinlich ist das EKG von einer höher-frequenten Störspannung überlagert. Be-stimmen Sie die Frequenz dieser Störspan-nung aus der Periodendauer im EKG-Signal(wenn eine Periode erkennbar ist) und durchdirektes Ablesen im Frequenzspektrum. Waskönnte die Quelle dieser Störspannung sein?

Zusätzliche Experimentiermöglichkeiten:S Zeichnen Sie EKGs mit verschiedenen

Messintervallen (5 ms, 10 ms, 20 ms,50 ms) auf. Welchen Einfluss hat dasMessintervall (bzw. die Messrate) auf dasMessergebnis?

S Messen Sie die Größe und des Muskel-Aktionspotentials am Unterarm. Folgen Siedazu der Anleitung in der Online-Hilfe zuCASSYLab (EMG-Versuchsbeispiel).

6 Literaturangaben

Kamke, W.; Walcher, W.: Physik für Medizi-ner, B.G. Teubner, Stuttgart 1994

Harten, U.: Physik für Mediziner. SpringerVerlag 2011

http://neurop.ruhr-uni-bochum.de/Praktikum/

7 Kontrollfragen

7.1 Was verstehen Sie unter dem elektri-schen Herzvektor und wie kann man ihnmessen?

7.2 Was verstehen Sie unter Messrate undAuflösung bei digitalen Messungen?

7.3 Welche Messrate ist bei der Computer-gestützten Messung eines EKGs mindestenserforderlich?

7.4 Warum werden beim EKG besondershochohmige Spannungsmessgeräte eingesetzt?

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Optik und Strahlung O 4 Mikroskop

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Abb.1: Strahlengang des Mikroskops

1 Aufgabenstellung

1.1 Einstellung des Mikroskops und derKÖHLERschen Beleuchtungseinrichtung.

1.2 Kalibrierung eines Okularmikrometersdurch Bestimmung des Abbildungsmaßstabesfür mehrere Objektive.

1.3 Justierung der Phasenkontrasteinrich-tung.

1.4 Beobachtung biologischer Präparate mitverschiedenen Verfahren und Ausmessungvon Strukturen.

2 Grundlagen

2.1 Aufbau des Mikroskops:Das optische System eines Lichtmikroskopsbesteht aus dem Objektiv und Okular. Um dasPrinzip der Bildentstehung besser erkennen zukönnen, werden die Linsensysteme (es werdenzur Bildfehlerkorrektur jeweils mehrereLinsen benötigt) zu je einer dünnen Konvex-linse zusammengefasst.Ein Gegenstand G zwischen einfacher und

doppelter Brennweite des Objektives wird alsumgekehrtes, vergrößertes und reelles Zwi-schenbild B außerhalb der doppelten Brenn-weite des Objektives abgebildet, Abb.1. DasOkular wird als Lupe eingesetzt. Das reelleZwischenbild, das sich innerhalb der einfachenBrennweite des Okulars befindet, wird da-durch dem akkommodierten Auge als di-vergentes Strahlenbündel angeboten.Eine rückwärtige Verlängerung der Strahlenzeigt, in welcher Größe und Entfernung dasAuge etwa das virtuelle Bild erkennt. Eineeinfache Bildkonstruktion nach der geometri-schen Optik kann jeweils mit Hilfe zweierausgezeichneter Strahlen (Parallelstrahl,Brennpunktstrahl, Mittelpunktstrahl; sieheAbb.1) eines Bildpunktes gefunden werden.

Für ein Mikroskopieren mit entspanntem(d. h. nicht akkommodiertem) Auge soll dasvirtuelle Bild in großer Entfernung (“im Un-endlichen”) entstehen. Abweichend von Abb.1fällt dann das reelle Zwischenbild in dieBrennebene des Okulars; der Sehwinkel β'bleibt gleich.In modernen Mikroskopen mit “Unendlichop-tik” (ICS, infinity corrected system) bildet das

Mikroskop O 4

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Optik und Strahlung O 4 Mikroskop

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Abb.2: Wellenoptische Erklärung der Ab-bildung am Mikroskop

V

tan

tan.

(1)

V V VOb Ok . (2)

BG

VOb (3)

dn A

sin. (4)

Objektiv allein den Gegenstand nicht in derZwischenbildebene sondern im Unendlichenab, d. h. der Gegenstand befindet sich in derBrennebene des Objektivs. Erst durch einezusätzliche Tubuslinse (zwischen Objektivund Okular) entsteht das reelle Zwischenbildin der Brennebene des Okulars. Das ermög-licht u. A. den problemlosen Einbau vonZubehör (z. B. für Fluoreszenz- und Polarisa-tionsmikroskopie), da die Tubuslänge variabelist.

Als Vergrößerung V bezeichnet man dasVerhältnis der scheinbaren Größe einesObjektes mit optischem Instrument zurscheinbaren Größe ohne Instrument in derdeutlichen Sehweite (auch Bezugssehweite,25 cm Entfernung vom Auge). Sie ergibt sichaus den Sehwinkeln β' und β mit und ohneoptisches Instrument zu:

Beim Mikroskop setzt sich die Gesamtver-größerung aus der Objektivvergrößerung VOb

und Okularvergrößerung VOk zusammen:

Will man die Größe eines Objektes im Mikro-skop messen, dann bringt man an die Stelledes reellen Zwischenbildes einen Maßstab(„Okularmessplatte” oder „Okularmikrome-ter“). Dieser ist dann gemeinsam mit dem Bildscharf zu sehen und dient als Größenver-gleich. Für exakte Messungen muss also derAbbildungsmaßstab des Objektives, d.h. dasVerhältnis von Bildgröße B zu Gegenstands-größe G

genau bekannt sein. Er steht in der Regel aufdem Objektiv, jedoch kann sich der tatsäch-liche Wert vom aufgedruckten aufgrund vonFertigungstoleranzen etwas unterscheiden.Der Abbildungsmaßstab wird bestimmt, indemman ein Objekt definierter Größe („Objektmi-krometer”) mit dem Okularmikrometer

vergleicht.

2.2 Auflösungsvermögen:Die Bildentstehung im Mikroskop kannvollständig nur mit Hilfe der Wellennatur desLichtes verstanden werden. Das einfallendeLicht wird an den Strukturen des Objekts Ggebeugt (Abb.2). Das Objektiv O vereinigtgebeugte und ungebeugte Wellen in derBildebene B, wo durch Interferenz das reelleZwischenbild entsteht. Zur Verdeutlichungbetrachtet man als Modellobjekt G einBeugungsgitter, bei dem nur ein charakteristi-scher Abstand (die Gitterkonstante) auftritt.Ein heller (bzw. dunkler) Punkt entsteht imreellen Zwischenbild B nur, wenn durchInterferenz des ungebeugten Anteils mit dengebeugten Strahlen eine Verstärkung (bzw.Auslöschung) eintritt.

Nach der Theorie des Auflösungsvermögensvon ABBE wird ein Bilddetail nur dann aufge-löst wird, wenn neben dem ungebeugten Lichtwenigstens das Beugungsmaximum ersterOrdnung in das Objektiv fällt und zur Bildent-stehung beiträgt. Daraus ergibt sich derkleinste Abstand d zweier Objektpunkte, dienoch getrennt abgebildet werden können:

Dabei ist λ die Wellenlänge des Lichtes undA = n sin α die numerische Apertur des

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Abb.3: KÖHLERsches Beleuchtungsverfahren

dAmin .

2(5)

Objektives (mit dem halben Öffnungswinkel αdes Objektives und dem Brechungsindex n desMediums zwischen Objekt und Objektiv). EinObjektdetail wird um so objektähnlicherabgebildet, je mehr Beugungsmaxima im Bildinterferieren. Den Kehrwert von d bezeichnetman als Auflösungsvermögen. Die numerischeApertur ist neben der Vergrößerung auf demObjektiv angegeben.Die Wellenlänge λ ist durch den sichtbarenBereich des Spektrums bestimmt (Mittelwert550 nm). Eine Steigerung des Auflösungsver-mögens kann durch Verwendung von Öl-immersionssystemen erzielt werden. Dabeiwird das Medium Luft (n 1) zwischenObjekt und Objektiv durch ein Immersionsöl(n 1,5) ersetzt; dafür sind spezielle Objektiveerforderlich. Außerdem ergibt sich eineSteigerung des Auflösungsvermögens, wenndas Objekt nicht mit parallelem Licht (wie beider Herleitung von Gl. (4) vorausgesetzt),sondern aus verschiedenen Richtungen be-leuchtet wird. Wenn die Beleuchtungsapertur(Sinus des halben Öffnungswinkels des Be-leuchtungskegels) gleich der numerischenApertur des Objektivs ist, ergibt sich einGrenzwert von

Dieser Wert gilt auch für die Mikroskopie vonselbstleuchtenden Objekten (Fluoreszenzmi-kroskopie) und im Dunkelfeld.

2.3 Förderliche Vergrößerung: Ein Auge mit

normaler Sehschärfe kann zwei Punkte nochgetrennt wahrnehmen, wenn sie unter einemWinkel von zwei Bogenminuten erscheinen.In der deutlichen Sehweite von 25 cm ent-spricht das einem Abstand von 0,15 mm. Wirddie Vergrößerung des Mikroskops so ge-wählt, dass die kleinsten trennbaren Objekt-abstände d (durch das Auflösungsvermögendes Mikroskops gegeben) im virtuellen Bildunter einem Winkel von zwei Bogenminutenerscheinen, dann bezeichnet man diese Ver-größerung als förderliche Vergrößerung VM .Als Faustregel gilt: VM = (500…1000)A .Vergrößerungen über diesen Betrag hinausbezeichnet man als „leere Vergrößerung“,denn man erhält keine neuen Informationenvon dem Objekt.

2.4 Köhlersche Beleuchtung:Beim Beleuchtungsverfahren nach KÖHLER

wird der Lichtkegel der Beleuchtung demÖffnungskegel des Objektivs angepasst.Dadurch wird das Auflösungsvermögens desObjektives vollständig ausgenutzt und über-flüssiges Licht, das als Streulicht den Kontrastvermindert, wird vermieden.Abb.3 zeigt den prinzipiellen Aufbau derBeleuchtungsanordnung. Sie besteht ausLichtquelle, Kollektorlinse und Leuchtfeld-blende, die sich in der Mikroskopierleuchtebefinden, sowie Aperturblende und Konden-sorlinse, die unterhalb des Mikroskoptischesangebracht sind.Der Kollektor bildet die Lichtquelle (Glüh-wendel) in die Ebene der Aperturblende ab.

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Abb.4: Amplitudengitter (oben) und Phasengitter (unten)

Der Kondensor bildet die Leuchtfeldblende,die sich unmittelbar neben dem Kollektorbefindet, in die Objektebene ab. Die Apertur-blende liegt in der vorderen Brennebene desKondensors. Dadurch werden alle von einemPunkt der Lichtquelle ausgehenden Strahlenzu Parallelstrahlen. Je kleiner die Apertur-blende eingestellt wird, um so kleiner ist derÖffnungswinkel des Strahlenbündels (dieBeleuchtungsapertur).Durch diese Anordnung können sowohl dieGröße des ausgeleuchteten Feldes (mit derLeuchtfeldblende) als auch die Größe derBeleuchtungsapertur (mit der Aperturblende)unabhängig voneinander verändert werden.Die Aperturblende verändert außerdem dieBildhelligkeit.

2.5 Verfahren zur Kontraststeigerung:Viele biologische Präparate, vor allem Gewe-beschnitte, zeigen im einfachen Durchlicht-mikroskop wenig Kontrast, so dass man trotzausreichender Vergrößerung und Auflösungkaum etwas erkennen kann. Oft werdenPräparate deshalb mit verschiedenen Metho-den eingefärbt. Dies ist jedoch zeitaufwendig,außerdem lassen sich lebende Präparate kaumfärben und das Objekt wird durch die Färbungselbst verändert. Mit speziellen optischenVorrichtungen am Mikroskop lässt sich derKontrast ebenfalls steigern; es können sogarStrukturen sichtbar gemacht werden, die im„normalen“ (Hellfeld-)Mikroskop unsichtbarsind. Für Medizin und Biologie von Bedeu-tung sind die Dunkelfeldmikroskopie, diePhasenkontrastmikroskopie, die Polarisations-mikroskopie und die Fluoreszenzmikroskopie.Alle außer dem letzten Verfahren können imPraktikum erprobt werden.

2.5.1 Dunkelfeld: Das bisher beschriebeneMikroskopierverfahren heißt Hellfeld, da dasGesichtsfeld ohne Präparat hell ausgeleuchtetist. Sorgt man durch eine Zentralblende in derMitte der Aperturblende (Abb.3) dafür, dasskein Licht auf direktem Wege in den Strahlen-gang des Mikroskops gelangen kann, so bleibtdas Gesichtsfeld ohne Präparat dunkel. Das

Licht trifft nur aus solchen Winkeln auf dasPräparat, die größer sind als die Objektivaper-tur. Zur Abbildung trägt dann nur das amObjekt gebeugte Licht bei.In diesem „Dunkelfeldkontrast“ erscheinenvöllig lichtdurchlässige und völlig lichtun-durchlässige Bereiche des Objektes in gleicherWeise dunkel, die Kanten von Objektstruktu-ren leuchten dagegen hell auf. Besonders gutzu erkennen sind kleinste Partikel, die dasLicht nach allen Seiten streuen.

2.5.2 Phasenkontrast: Mikroskopische Präpa-rate unterscheidet man in Amplitudenobjekteund Phasenobjekte. Amplitudenobjektebesitzen unterschiedliche Lichtdurchlässig-keiten, was zu einem Hell-Dunkel-Kontrastführt. Phasenobjekte dagegen besitzen überall(etwa) gleiche Lichtdurchlässigkeit, aberverschiedene Brechzahlen. Im durchgehendenLicht treten Gang- bzw. Phasenunterschiedeauf (siehe (6) und (7)), die das Auge nichtwahrzunehmen kann. Typische Phasenobjektesind ungefärbte Gewebeschnitte.Zur wellenoptischenen Beschreibung derBildentstehung im Mikroskop betrachtet manBeugungsgitter als einfache Modellobjekte.Bei einem Amplitudengitter (siehe Abb.4)haben die Gitteröffnungen und -stege unter-schiedliche Lichtdurchlässigkeiten, so dass dasim Zwischenbild Helligkeitsunterschiedevorliegen, die das Auge wahrnimmt. BeimPhasengitter haben die Gitterelemente gleicheLichtdurchlässigkeiten, aber verschiedeneBrechzahlen. Obwohl auch beim Phasengitterdurch Interferenz ein reelles Zwischenbildentsteht, treten dabei aber keine Helligkeits-unterschiede auf, d.h. es gibt keinen Bild-kontrast. Die mathematisch exakte wellenoptische

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Beschreibung der Bildentstehung zeigt, dassbei einem Amplitudengitter das gebeugteLicht im reellen Zwischenbild gegenüber demungebeugten um 180° (λ/2) phasenverschobenist, bei einem Phasengitter dagegen um 90°(λ/4). Beim Phasenkontrastverfahren nachZERNIKE (Nobelpreis 1953) wird durch einenTrick die Phasendifferenz zwischen gebeug-tem und ungebeugtem Licht um 90° ver-größert - dadurch wird aus dem Phasenkon-trast ein Amplitudenkontrast, d.h. Phasen-objekte werden sichtbar.An die Stelle der Aperturblende (siehe Abb.3)wird eine Ringblende in den Strahlenganggebracht, hierdurch wird das Präparat miteinem Strahlenbündel in Form eines Kegel-mantels beleuchtet. Die ungebeugten Strahlendurchlaufen in der hinteren Brennebene desObjektives eine Ringfläche. An dieser Stellebefindet sich im Objektiv ein λ/4-Phasenring,der die Phase der ungebeugten Strahlengegenüber dem überwiegendem Anteil dergebeugten Strahlen um -90° verschiebt.Eine weitere Kontraststeigerung erzielt mandurch eine Schwächung des ungebeugtenLichtes durch den leicht grau getönten Pha-senring. (Nur deshalb kann man ihn sehen;siehe Abschnitt 4.3.)

2.5.3 Polarisationskontrast:Schickt man natürliches Licht durch einPolarisationsfilter (den Polarisator P), soerhält man linear polarisiertes Licht (sieheVersuch O 10).Lässt man dieses Licht auf ein zweites Polari-sationsfilter (den Analysator A) fallen, so wirdes nur dann ungehindert hindurch gelassen,wenn die Durchlassrichtung des Analysatorsparallel zu der des Polarisators ist. Ist dieDurchlassrichtung des Analysators dagegenum 90° gedreht („gekreuzte Stellung“ von Pund A), so wird das Licht vollständig ausge-löscht.Für den qualitativen Polarisationskontrast istein Mikroskop mit einem Polarisator in derBeleuchtungseinrichtung und eine Analysatoroberhalb des Objektivs ausgerüstet. Beidebefinden sich in gekreuzter Stellung, so dass

das Gesichtsfeld ohne Präparat dunkel bleibt.Wenn aber Strukturen im Präparat die Polari-sationsrichtung des Lichtes verändern, dannwird dieses Licht im Analysator nicht mehrausgelöscht, und die Strukturen erscheinenhell oder in charakteristischen Interferenz-farben.

Ein „Polarisationsmikroskop“ besitzt darüber hinausEinrichtungen zum Messen von Winkeln und einendrehbaren Probentisch; dieses ist in der Medizin,Pharmazie und Biologie meist nicht notwendig undwird hier nicht besprochen.

Die Polarisationsrichtung kann durch zweiphysikalische Effekte beeinflusst werden:(i) Optischer Aktivität ist die Eigenschaftbestimmter asymmetrisch aufgebaute Kristalleoder organischer Stoffe mit asymmetrischemKohlenstoffatom (z.B. Zucker), beim Durch-gang von linear polarisiertem Licht dessenSchwingungsrichtung zu drehen. Siehe hierzuVersuch O10.(ii) Doppelbrechung ist eine Eigenschaftoptisch anisotroper Stoffe. Diese besitzen fürverschiedene Schwingungsrichtungen desLichtes unterschiedliche Brechzahlen. Da-durch werden unpolarisierte Lichtstrahlen inzwei zueinander senkrecht linear polarisierteTeilbündel aufgespalten. Ursachen für die Doppelbrechung sind asym-metrische Kristallgitter (z.B. bei Kalkspat),mechanische Spannung („Spannungsdoppel-brechung“) oder ein submikroskopisch aniso-troper Aufbau („Formdoppelbrechung“).Letzteres tritt häufig bei biologischen Mate-rialien auf, die eine geschichtete- oder Faser-struktur besitzen(z.B. Muskelfasern, Nerven-fasern, Kollagenfasern).Abb.5 zeigt die Schwingungsrichtungen desLichtes, wenn eine dünne doppelbrechendePlatte der Dicke d zwischen gekreuzte Polari-satoren (P und A) gebracht wird. Hinter demPolarisator P hat das Licht die Schwingungs-richtung L. Beim Durchgang durch die Plattewird es in zwei Strahlen aufgespalten, diesenkrecht zueinander polarisiert sind (Schwin-gungsrichtungen L1 und L2). Aufgrund der fürbeide Strahlen unterschiedlichen Brechzahlen

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d n n1 2(6)

2 2 1 2 d

n n . (7)

Abb.5: Durch P linear polarisiertes Licht Lwird an einer doppelbrechenden Platte in L1

und L2 zerlegt. Durch den gekreuzten Ana-lysator A gelangen die Anteile L1' und L2'.

n1 und n2 besteht zwischen ihnen nach Austrittaus der Platte ein Gangunterschied

bzw. eine Phasendifferenz von

Die Phasenverschiebung hängt also von derDicke der Platte und von der Wellenlänge λdes Lichtes ab.

Die beiden Teilstrahlen können zunächst nichtmiteinander interferieren, da sie senkrechtzueinander polarisiert sind. (Beide Teilstrahlenzusammen nennt man auch zirkular bzw.elliptisch polarisiert.)Der Analysator lässt von den beiden Strahlenjeweils die Anteile L1' und L2' hindurch. Dadiese jetzt in gleicher Richtung polarisiertsind, interferieren sie miteinander.Das Resultat hängt vom Gangunterschied δab. Für δ = λ, 2λ, 3λ, ... verstärken sich beideAnteile und für δ = 1/2 λ, 3/2 λ, 5/2 λ, ... löschensie sich aus. Im Spektrum des einfallendenweißen Lichtes werden sich folglich bestimm-te Farben auslöschen und andere verstärken.Gemäß der Physiologie des Auges entstehencharakteristische Mischfarben. Bei sehrkleinen Gangunterschieden δ λ entstehenkeine Interferenzfarben.

Schwach doppelbrechende Strukturen wiez.B. Kollagenfasern führen also im Polarisa-tionskontrast zu einer Aufhellung und könnendadurch identifiziert werden. Stark doppel-brechende Strukturen wie manche Kristalleoder Knochen erscheinen farbig.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Mikroskop „Axiostar“ mit Phasenkontrast-

einrichtung, Okularmikrometer und Analy-sator eingebaut

- Hilfsmikroskop- Polarisationsfilter- Objektmikrometer- Objektträger- Deckgläser- Präparate: Blutausstrich, Schnitt einer

Maus oder Kaninchenzunge, Hautschnitt,Sehne, Knochenschnitt, Diatomeen

3.1 Beim Mikroskop Axiostar befindet sichdie Lampe hinter einer Streuscheibe im Mik-roskopfuß, sie muss nicht justiert werden. Am Kondensor befindet sich ein Blendenre-volver mit den Ringblenden Ph1, Ph2 und Ph3für den Phasenkontrast sowie den StellungenH für Hellfeld und DF für Dunkelfeld. Die mitPh gekennzeichneten Objektive sind fürPhasenkontrast geeignet.Im Tubus des Mikroskops ist der Analysatorfür den Polarisationskontrast fest eingebautDas Polarisator wird bei Bedarf in die Vertie-fung über der Leuchtfeldblende gelegt.

3.2 Das Objektmikrometer für die Bestim-mung des Abbildungsmaßstabes ist 1 mmgroß mit 0,01 mm Teilung, das Okularmikro-meter 10 mm mit 0,1 mm Teilung.

3.3 Diatomeen sind einzellige Kieselalgen, diein mehr als 12.000 Arten praktisch überallvorkommen. Sie weisen in ihrer Schalenkon-struktion winzige Feinststrukturen von hoherRegelmäßigkeit auf und dienen deshalb alsTestobjekte für das Auflösungsvermögen vonMikroskopobjektiven.

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4 Versuchsdurchführung

Hinweis:Um Schäden an den Objekten und Objektivenzu vermeiden, führt man das Objektiv unterseitlicher Sicht dicht über das Präparat.Anschließend erfolgt die Scharfstellungdurch Vergrößerung des Abstandes.

4.1 Alle Einstellung werden zuerst mit demObjektiv 10× durchgeführt. Der Kondensor istzunächst ganz nach oben zu stellen, derRevolver muss sich in der Stellung H (Hell-feld) befinden und die Aperturblende (Hebelam Kondensorrevolver) soll etwa halb geöff-net sein.

1. Fokussieren des Okularmikrometers:Stellen Sie mit dem Beleuchtungsstärkereglerdie Helligkeit geeignet ein. Falls ein Präparatauf dem Objekttisch liegt, defokussieren Siees, so dass es nicht zu sehen ist. Stellen Siedurch Verdrehen der Augenlinse das Okular-mikrometer scharf; versuchen Sie dabeientspannt in die Ferne zu blicken. Das zweiteOkular ist etwa so einzustellen wie das erste.(Wenn keine Okularmessplatte verwendetwird entfällt dieser Schritt, statt dessen sinddie Augenlinsen etwa in Mittelstellung zubringen.)

2. Legen Sie ein kontrastreiches Präparat (ambesten den Blutausstrich) auf den Objekttisch.Blicken Sie mit einem Auge in das Okular mitder Messplatte und fokussieren Sie auf dasObjekt. Blicken Sie nun mit dem anderenAuge in das andere Okular und stellen Sie,falls erforderlich, die Bildschärfe durch Ver-drehen der Augenlinse nach.

3. Schließen Sie die Leuchtfeldblende so weit,dass sie im Sehfeld (zunächst unscharf)erscheint. Stellen sie dann den Kondensor soein, dass die Leuchtfeldblende scharf in derBildebene abgebildet wird. Mit Hilfe derbeiden Stellschrauben am Kondensor wird dasBild der Leuchtfeldblende zentriert.Danach öffnen Sie die Leuchtfeldblende soweit, dass sie gerade aus dem Bildfeld ver-

schwindet.

4. Entfernen Sie ein Okular. Im Tubus siehtman nun das Bild der Aperturblende in derhinteren Brennebene des Objektivs. (Dasergibt sich aus Abb.3: Strahlen, die von einemPunkt der Aperturblende ausgehen, sind imObjekt parallel und werden folglich in derhinteren Brennebene des Objektivs vereinigt.)Schließen Sie nun die Aperturblende so weit,bis ihr Rand gerade sichtbar wird. Jetzt ist dieBeleuchtungsapertur gleich der Objektivaper-tur. Eine weitere Verringerung der Beleuchtungs-apertur kann - objektabhängig - erforderlichsein, um einen ausreichenden Kontrast zuerzielen. Ein zu großer Durchmesser derAperturblende führt zu überschüssigem Licht,das nicht zur Abbildung beiträgt, jedoch alsStreulicht den Kontrast vermindert. Ein zukleiner Durchmesser vermindert das Auflö-sungsvermögen. In den meisten Fällen erzieltman einen Kompromiss zwischen maximalemAuflösungsvermögen und maximalem Kon-trast durch folgende Faustregel:Die Beleuchtungsapertur soll etwa 2/3 derObjektivapertur betragen.

Die Einstellung der Beleuchtung nach demKÖHLERschen Prinzip ist damit für diesesObjektiv gewährleistet. Die Zentrierung des Kondensors und dieEinstellung von Leuchtfeld- und Apertur-blende müssen nach jedem Objektivwechselwiederholt werden. Meist reicht es auch aus,den Kondensor nur für das stärkste Objektivzu zentrieren, für alle anderen Objektivestimmt die Zentrierung dann ungefähr.Die Bildhelligkeit sollte grundsätzlich nichtmit Hilfe der Aperturblende sondern mit demRegler (über dem Schalter) oder mit Hilfe vonGraufiltern eingestellt werden.

4.2 Zur Bestimmung der Abbildungsmaßstä-be der Objektive wird das Objektmikrometerauf den Objekttisch gelegt und das Mikroskopdarauf scharf gestellt. Bei richtiger Einstellungist keine Parallaxe (Verschiebung zwischenOkular- und Objektmikrometer bei Änderung

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des Blickwinkels) mehr zu sehen.Beim Vergleich der beiden Skalen wird einemöglichst große Gegenstandsgröße G auf derObjektmikrometerskale gewählt; die da-zugehörige Bildgröße B ist auf der Okularmi-krometerskale abzulesen. Diese Messungensind für alle vier vorhandenen Objektivedurchzuführen.

4.3 Ein Phasenkontrastobjektiv wird in denStrahlengang eingeschwenkt; das Okularmi-krometer durch das Hilfsmikroskop ersetztund dieses auf das Phasenplättchen scharfeingestellt. Das Hilfsmikroskop verändert denStrahlengang im Mikroskop so, dass man indie hintere Brennebene des Objektivs sieht.Am Blendenrevolver ist die zum Objektivpassende Ringblende (Ph1 bzw. Ph2) auszu-wählen, die Aperturblende muss dabei vollgeöffnet sein. Kontrollieren Sie, ob beimEinrasten des Blendenrevolvers das Phasen-plättchen die Ringblende vollständig über-deckt. Gegebenenfalls ist die Blende nachRücksprache mit dem Betreuer zu justieren(Justierschlüssel erforderlich). Diese Kontrolle ist für alle drei Phasenkon-trastobjektive durchzuführen. Setzt mandanach wieder das Okular anstelle des Hilfs-mikroskops ein, ist das Phasenkontrastmikro-skop arbeitsfähig.

4.4 Bei der mikroskopischen Untersuchungvon Präparaten beginnt man grundsätzlich mitder schwächsten Vergrößerung. Ist ein Objektgefunden und fokussiert, werden bis zurerforderlichen Vergrößerung schrittweisestärkere Objektive eingesetzt.

Um die verschiedenen Kontrastierungsverfah-ren kennenzulernen, werden folgende Unter-suchungen vorgeschlagen (der Betreuer legtfest, welche durchzuführen sind):

Vergessen Sie dabei nicht, alle Beobach-tungen zu protokollieren!

1. Der Blutausstrich ist im Hellfeld zu be-trachten. In der stärksten Vergrößerung wer-den die Durchmesser von 10 Erythrozyten be-stimmt. Dabei sollten einzelne, flach liegende

Erythrozyten ausgewählt werden. Es werden die Bildgrößen in Skalenteilen(Skt.) gemessen. Später werden daraus mitHilfe des Abbildungsmaßstabes die Objekt-größen berechnet.

2. Im Diatomeen-Präparat sind an mindestenszwei Objekten die Größen der Feinstrukturenunter Verwendung des Objektivs mit derstärksten Vergrößerung zu messen bzw. zuschätzen. Suchen Sie die kleinsten nocherkennbaren Strukturen und schätzen Sie ausderen Größe das Auflösungsvermögen desObjektivs. Beobachten (und protokollieren)Sie, wie sich die Änderung der Beleuchtungs-apertur auf Kontrast und Auflösungsver-mögen auswirkt. Betrachten Sie das Präparatauch im Dunkelfeld. (siehe Hinweis unter 5.)

3. Am Phasenkontrast-Präparat (junge Mausoder Kaninchen-Geschmacksknospen, ge-kennzeichnet mit PHAKO) ist mit und ohnePhasenkontrast zu untersuchen, welcheStrukturdetails erkennbar sind. (z.B. be-stimmte Organe, Zellen, Zellkerne)

4. Der gefärbte Schnitt einer Sehne ist imHellfeld und mit Polarisationskontrast zubetrachten. Dazu wird das Polarisationsfilterauf die Leuchtfeldblende gelegt und so ge-dreht, dass das Gesichtsfeld ohne Präparat beimaximaler Beleuchtungsstärke dunkel ist. DieAperturblende muss dazu etwas geschlossenwerden. Die Doppelbrechung im Sehnenge-webe wird durch Kollagen hervorgerufen.

5. Der gefärbte Knochenschnitt ist im Hell-feld, Dunkelfeld und Polarisationskontrast zuuntersuchen. Für Dunkelfeldkontrast ist maximale Beleuch-tung erforderlich, die Aperturblende mussvollständig geöffnet sein. Falls das Gesichts-feld (mit Präparat) ungleichmäßig und/oderfarbig ausgeleuchtet erscheint, muss derKondensor etwas verstellt werden. (Dierichtige Zentrierung des Kondensors undEinstellung der Leuchtfeldblende entspr. 4.1wird immer vorausgesetzt.)

6. Ein Haar wird mit einem Tropfen Wasser

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Optik und Strahlung O 10 Polarimeter und Refraktometer

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auf einen Objektträger gelegt und mit einemDeckglas abgedeckt. (Ein Deckglas derStandarddicke 0,17 mm ist erforderlich beientsprechend korrigierten Objektiven, die mit/0.17 gekennzeichnet sind.)Der Durchmesser des Haares ist an 10 ver-schiedenen Stellen zu bestimmen.

5 Auswertung

5.2 Die Abbildungsmaßstäbe der Objektivewerden nach Gl. (3) berechnet und mit denAngaben auf den Objektiven verglichen.

5.4 Aus den 10 Einzelmessungen der Ery-throzyten und des Haares sind Mittelwert undStandardabweichung und daraus m.H. desAbbildungsmaßstabes nach Gl. (3) die Größenin μm zu berechnen. Welche Bedeutung hathier die Standardabweichung?Aus der numerischen Apertur des verwende-ten Objektivs ist nach (4) und nach (5) dastheoretische Auflösungsvermögen zu be-rechnen und mit dem am Diatomeen-Präparatabgeschätzten Wert zu vergleichen.

6 Literaturangaben

Gerlach, D.: Das.Lichtmikroskop, GeorgThieme Verlag, 1985

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a. 2008

7 Kontrollfragen

7.1 Wodurch werden die Vergrößerung unddas Auflösungsvermögen eines Mikroskopsbestimmt?

7.2 Was versteht man unter einer förderli-chen Vergrößerung, und wie groß ist sie beieinem Objektiv mit Ölimmersion (nsin α =1,3 ; λ=500nm)?

7.3 Wozu dienen Leuchtfeld- und Apertur-blende?

7.4 Welche Kontrastierungsverfahren gibt esund wofür setzt man sie ein?

1 Aufgabenstellung

1.1 Die Konzentration einer wässrigenZuckerlösung (Saccharose) ist mit demPolarimeter zu bestimmen.

1.2.1 Die Brechzahl von Glycerol-Wasser-Gemischen ist in Abhängigkeit von der Kon-zentration mit dem Refraktometer zu be-stimmen.

1.2.2 Von einem vorgegebenen Glycerol-Wasser-Gemisch ist die Konzentration zuermitteln.

2 Grundlagen

Lichtwellen sind elektromagnetische Wellen.Jeder Lichtstrahl besteht dabei aus einerVielzahl einzelner Wellenzüge. Ein solcherWellenzug besteht aus einem elektrischem undeinem damit verkoppelten magnetischemWechselfeld, deren Lage jeweils transversal(senkrecht) zur Ausbreitungsrichtung ist.Elektrische und magnetische Feldstärkeschließen einen Winkel von 90° ein (Abb.1).Besteht ein Lichtstrahl aus natürlichem (un-polarisiertem) Licht, können die elektrischenund magnetischen Felder in beliebige, dabeiaber immer zur Ausbreitungsrichtung trans-

Polarimeter und Refraktometer O 10

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Optik und Strahlung O 10 Polarimeter und Refraktometer

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Abb.1: Lage des elektrischen und magneti-schen Feldstärkevektors für einen Wellenzug

nc

c 0 . (2)

k l c . (1)

versale Richtungen schwingen. Licht heißtlinear polarisiert, wenn alle elektrischen Feldernur noch in einer transversalen Richtungschwingen. Die zugehörigen magnetischenFelder liegen dann senkrecht dazu auch nurnoch in einer Richtung.Die Richtung der elektrischen Feldstärkevek-toren heißt Schwingungsrichtung oder Polari-sationsrichtung des Lichtes.

2.1 Aus normalem, unpolarisiertem Lichterzeugt man linear polarisiertes Licht durchReflexion an einem durchsichtigen Stoff unterdem BREWSTERschen Winkel, durch Doppel-brechung (NICOLsches Prisma, siehe Litera-turangaben) oder mit Hilfe von Polarisations-filtern auf der Basis dichroitischer Folien.Unter Dichroismus versteht man die Eigen-schaft mancher doppelbrechender Stoffe,einen der beiden senkrecht zueinander linearpolarisierten Teilstrahlen zusätzlich stark zuabsorbieren, während der andere fast un-geschwächt hindurchgeht. Dichroismus lässtsich künstlich erzeugen in Polymerfilmen,deren Makromoleküle parallel ausgerichtetsind (Formdoppelbrechung, siehe VersuchO4). Damit lassen sich preiswerte Polarisa-tionsfilter herstellen, die einen Polarisations-grad von über 99% aufweisen.

Optisch aktive Substanzen sind Stoffe, diebeim Durchgang von linear polarisiertemLicht dessen Schwingungsrichtung drehen.Diese optische Aktivität kann hervorgerufen

werden durch asymmetrische Molekülstruktu-ren (z.B. bei asymmetrischen Kohlenstoff-atomen) oder durch die schraubenförmigeAnordnung von Gitterbausteinen. MancheSubstanzen, von denen zueinander spiegel-bildliche Isomere existieren (chirale Verbin-dungen), gibt es in einer rechtsdrehenden (+)und einer linksdrehenden () Variante. Bei-spiele sind die verschiedenen Zucker undMilchsäure.Bei Lösungen von optisch aktiven Substanzenhängt der Drehwinkel von der Art des Stoffes,von der Dicke der durchstrahlten Schicht(Länge l des Polarimeterrohrs), von derKonzentration c und von der Wellenlänge λab. Diese Wellenlängenabhängigkeit nenntman Rotationsdispersion. Blaues Licht wirdstärker gedreht als rotes.Für den Drehwinkel φ gilt:

Die Materialgröße k heißt spezifische Dre-hung oder spezifisches Drehvermögen, siehängt von der Wellenlänge ab.

2.2 Die Brechzahl n eines Stoffes ist definiertals das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit imVakuum c0 zur Lichtgeschwindigkeit c imStoff:

Sie ist abhängig vom Material und von derWellenlänge λ des Lichtes (Dispersion). Ineiner Lösung ist die Brechzahl von der Kon-zentration (d. h. vom Mischungsverhältnis)abhängig. Die Messung der Brechzahl eignetsich deshalb in manchen Fällen für genaue undeinfach durchführbare Konzentrationsmessun-gen. Anwendungen sind z. B. die Bestimmungdes Gesamteiweißgehaltes im Blutserum inder Medizin oder die Bestimmung des Zu-ckergehaltes im Traubensaft in der Winzerei.

Beim Übergang des Lichtes von einem optischdünneren Medium mit der Brechzahl n1 zueinem optisch dichteren Medium mit derBrechzahl n2 (n2 > n1) werden die Licht

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Optik und Strahlung O 10 Polarimeter und Refraktometer

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Abb.2: Strahlengang der Brechung für n2>n1 . links: allgemeiner Fall, rechts:streifender Lichteinfall

n n1 2 sin sin . (3)

sin .Gr

n

n 1

2

(4)

Abb.3: Strahlengang am Abbe-Refraktometer

strahlen zum Einfallslot hin gebrochen(Abb.2). Bezeichnet man den Einfallswinkelmit α und den Brechungswinkel mit β, solautet das Brechungsgesetz:

Für den größtmöglichen Einfallswinkelα = 90° (streifender Lichteinfall) ergibt sichein maximaler Brechungswinkel βGr. Den Strahlengang in Abb.2 kann man auchumkehren: vom optisch dichteren Medium(n2) zum optisch dünneren Medium (n1),Einfallswinkel β, Ausfallswinkel α. Für β > βGr

wird kein Licht in das optisch dünnere Medi-um gebrochen, denn das Brechungsgesetz (3)kann nicht erfüllt werden. Statt dessen wirddas Licht an der Grenzfläche vollständigreflektiert. βGr heißt deshalb Grenzwinkel derTotalreflexion. Aus dem Brechungsgesetz ergibt sich:

Bei bekannter Brechzahl n2 (Messprisma desRefraktometers) kann somit durch die Mes-sung des Grenzwinkels βGr die Brechzahl n1

des anderen Mediums (der Messflüssigkeit)bestimmt werden.

Zur Messung des Grenzwinkels beleuchtetman die Grenzfläche durch eine Mattscheibemit rauer Oberfläche (siehe Abb.3). DieLichtstrahlen treffen dann unter allen mögli-chen Einfallswinkeln zwischen 0 und 90 aufdie Grenzfläche. Somit können alle Bre-chungswinkel zwischen 0 und βGr auftreten.Wenn man durch ein Fernrohr unter demWinkel βGr auf die Grenzfläche blickt, siehtman eine Hell-Dunkel-Grenze; diese lässt sichleicht ausmessen.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Polarimeter mit Natrium-Spektralleuchte- Polarimeterrohr (Länge 200 mm)- Flasche mit Zuckerlösung- Refraktometer nach ABBE

- 2 Büretten mit Glycerol 83 Vol.% und aquadest.

- diverse Glasgeräte- Fläschchen mit Glycerol-Wasser-Gemisch

unbekannter Konzentration

3.1 Das Polarimeter besteht aus einer mono-chromatischen Lichtquelle (Na-D-Licht,λ = 589,3 nm), einem Polarimeterrohr, einemPolarisator und einem drehbaren Analysatormit Winkelmesseinrichtung. Stehen die Schwingungsrichtungen (Durch-lassrichtungen) von Polarisator und Analysa-tor senkrecht zueinander (gekreuzt), so ist dasGesichtsfeld im Polarimeter dunkel.Bringt man dann zwischen Polarisator undAnalysator das Polarimeterrohr mit derLösung des optisch aktiven Stoffes (Zuckerlö-sung), so wird das Gesichtsfeld aufgehellt, dadie Schwingungsrichtung des linear polarisier-ten Lichtes um den Winkel φ gedreht wurde.Dreht man den Analysator um diesen Winkelφ nach, so ist das Gesichtsfeld wieder dunkel.Auf diese Weise lässt sich der Drehwinkel φmessen.Da die Einstellung des Gesichtsfeldes aufmaximale Dunkelheit oder Helligkeit ohneVergleich sehr ungenau ist, benutzt man imPolarimeter ein dreigeteiltes Gesichtsfeld

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Optik und Strahlung O 10 Polarimeter und Refraktometer

69

Abb.4: Dreigeteiltes Gesichtsfeld im Polari-meter

m 0 . (5)

(siehe Abb.4). Dazu besteht der Polarisatoraus zwei um 10 gegeneinander versetztenPolarisationsfolien (Halbschattenpolarimeter).Während des Messvorganges wird der Dreh-winkel des Analysators so eingestellt, dasssich die drei Teile des Gesichtsfelds nichtunterscheiden (gleiche Resthelligkeit) und dieTrennlinien nahezu verschwinden. Bei einergeringen Drehung in eine Richtung muss dermittlere Teil heller und bei geringer Drehungin die entgegengesetzte Richtung dunkler alsdie äußeren Teile werden.Zur genauen Ablesung des Winkels für denUmschlagpunkt ist die Winkelmesseinrichtungam Analysator mit einem Nonius ausgestattet,mit dessen Hilfe der Winkel auf 0,05 genauabgelesen werden kann.

3.2 Mit dem vorliegenden Refraktometernach ABBE wird die Brechzahl nD (bei Na-D-Licht, 589 nm) unter Verwendung von natür-lichem (weißem) Licht bestimmt. Die beiFlüssigkeiten recht starke Dispersion wirddabei durch ein AMICI-Prismenpaar kompen-siert, welches für Na-D-Licht geradsichtig ist.Andere Refraktometer arbeiten mit mono-chromatischem Licht (früher Natriumdampf-lampe, heute spezielle LEDs). Das Gerätbesteht im wesentlichen aus

- einem Beleuchtungsprisma mit einer rauenOberfläche,

- einem Messprisma, dessen Brechzahl n2

größer sein muss als die Brechzahl n1 derMessflüssigkeit,

- einem schwenkbaren Fernrohr mit Winkel-messeinrichtung, wobei auf der gemäßGleichung (4) kalibrierten Skale Brechzah-

len abgelesen werden können,

- einer Einrichtung zur Kompensation bzw.zum Messen der Dispersion.

Der Grenzwinkel der Totalreflexion βGr er-scheint im Fernrohr als Grenzlinie zwischendem hellen und dem dunklen Bereich desSehfeldes.Eine einfache Prüfung der Justierung derRefraktometers kann mit destilliertem Wassererfolgen, dessen Brechzahl ist nD = 1,3330 bei20°C bzw. nD = 1,3325 bei 25°C.

4 Versuchsdurchführung

4.1 Zu Beginn wird die Na-Spektralleuchteeingeschaltet; nach ca. 5 min erreicht dieLampe ihre maximale Helligkeit.Durch Verdrehen des Okularringes wird dasGesichtsfeld scharfgestellt. Die Nullstellungdes Polarimeters wird bestimmt, indem manohne Polarimeterrohr die Einstellung desGesichtsfeldes wie in 3.1 beschrieben vor-nimmt (Umschlagpunkt einstellen) und dendazugehörigen Winkel φ0 abliest. Die Mes-sung ist 5 mal zu wiederholen.Das Polarimeterrohr soll möglichst blasenfreimit Zuckerlösung gefüllt werden. Dazu hältman das Rohr senkrecht und füllt es voll-ständig. Das Glasfenster (ohne Schraubkappe)wird seitlich über die Öffnung geschoben undüberflüssige Lösung mit Zellstoff entfernt.Danach wird das Rohr (nicht zu fest) zu-geschraubt und in das Polarimeter eingelegt.Eine verbleibende kleine Blase kann in dieVerdickung des Polarimeterrohres gebrachtwerden. Nach dem erneuten Scharfstellen des Ge-sichtsfeldes wird der Analysator nachgedrehtund wieder der Umschlagpunkt eingestellt.Der zugehörige Winkel φm ist abzulesen. Auchdiese Messungen werden 5 mal durchgeführt.Der Drehwinkel φ ergibt sich dann als Diffe-renz der Mittelwerte von φm und φ0:

Nach den Messungen wird die verwendeteZuckerlösung in die Flasche zurückgefüllt und

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Optik und Strahlung O 10 Polarimeter und Refraktometer

70

das Polarimeterrohr mit Wasser ausgespült;das Rohr ist offen zu lassen.

4.2 Das Refraktometer wird so hingestellt,dass sich die beiden Prismen auf der rechtenSeite befinden. Die Lichteintrittsöffnung derSkalenbeleuchtung (links oben) muss aufge-klappt sein.Die Prismen werden auseinander geklappt,das Beleuchtungsprisma mit der rauen Ober-fläche (unten) wird etwa waagerecht einge-richtet. Nun bringt man einen Tropfen derMessflüssigkeit auf das Beleuchtungsprisma,danach wird das Beleuchtungsprisma auf dasMessprisma geklappt und der Riegel ge-schlossen (ohne Kraftaufwand!). Durch Verdrehen der Okulare wird die Skaleim Ablesemikroskop (links) und das Faden-kreuz im Fernrohr (rechts) scharfgestellt.Wenn nötig, kann die Skalenbeleuchtungdurch Einstellen der spiegelnden Klappe (linksoben) verbessert werden. Durch Ausrichtendes Beleuchtungsspiegels erhält man einhelleres Bild im Fernrohr (rechts). Nun wird die Grenzlinie zwischen Hell- undDunkelfeld im Fernrohr aufgesucht. Ein evtl.vorhandener Farbsaum wird durch Verstellender AMICI-Prismen (kleiner Rändelknopfrechts) beseitigt. Die Hell-Dunkel-Gernzewird mit Hilfe des großen Rändelknopfes(links) auf die Mitte des Fadenkreuzes einge-stellt und die dazugehörige Brechzahl wirdabgelesen.

Zuerst ist die Justierung des Refraktometersmit destilliertem Wasser zu überprüfen. Wenndie ermittelte Brechzahl um mehr als einenSkalenteil vom Sollwert abweicht, dann bittenSie den zuständigen Betreuer, das Gerät neuzu justieren.

Es werden die Brechzahlen für folgendeFlüssigkeiten gemessen:

- aqua dest.,

- Glycerol 83 Vol.%,

- 5 Glycerol-Wasser-Gemische: 4:1, 4:2, 4:4, 4:8, 4:16 und

- ein Glycerol-Wasser-Gemisch unbekannterKonzentration.

Für das Gemisch 4:1 nimmt man 4 ml Glyce-rol 83 vol% und 1 ml aqua dest., die weiterenGemische werden durch Verdünnung mitWasser hergestellt.Jede Brechzahl ist 5 mal zu messen (jeweilsNeueinstellung mit großem Rändelknopf). BeiWechsel der Messflüssigkeit und am Endesind die Prismen sorgfältig zu reinigen.

4.3 Die Brechzahl des Glycerol-WasserGemisches unbekannter Zusammensetzung istebenfalls fünf mal zu messen.

5 Auswertung

5.1 Die Konzentration c (in g/l) der Zucker-lösung wird nach den Gleichungen (1) und (5)berechnet.Das spezifisches Drehvermögen von Sac-charose (C12H22O11) beträgt bei λ = 589,3 nmk = 66,456 grad ml dm-1 g-1. Die Länge desPolarimeterrohres ist (200 ± 0,2) mm. Es ist eine Fehlerrechnung durchzuführen. DieMessunsicherheit des Drehwinkels ergibt sichaus der Summe der statistischen Unsicherhei-ten von Nullstellung und Drehwinkel.

5.2 Aus den Mischungsverhältnissen werdendie Volumenkonzentrationen (reines Glycerolin Wasser) berechnet. Anschließend sind dieBrechzahlen in Abhängigkeit von der Volu-menkonzentration grafisch darzustellen.

Mit Hilfe des Diagramms wird die Konzen-tration des unbekannten Glycerol-Wasser-Gemisches bestimmt. Die Konzentration ist inVol.% Glycerol anzugeben.

6 Literatur

Grimsehl, E.: Lehrbuch der Physik. Bd 3,B.G. Teubner, Leipzig 1978

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a., 2008

Kamke, D.; Walcher, W.: Physik für Medizi-ner, B.G. Teubner, Stuttgart, 1994

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Optik und Strahlung O 16 Radioaktivität

71

d dN N t (2)

0( ) e tN t N (3)

d .dNAt

(1)

7 Kontrollfragen

7.1 Was ist Licht?

7.2 Wie kann linear polarisiertes Lichterzeugt werden?

7.3 Was ist Brechung, wann tritt Totalrefle-xion auf?

7.4 Welche störenden Effekte kann Dispersi-on im Refraktometer hervorrufen?

1 Aufgabenstellung

1.1 Die Abhängigkeit der Strahlungsintensi-tät vom Abstand zur Strahlenquelle ist zuermitteln.

1.2 Der Schwächungskoeffizient und dieHalbwertsdicke von Blei für die Gamma-strahlung von Co-60 sind zu bestimmen.

2 Physikalische Grundlagen

Unter Radioaktivität versteht man die Eigen-schaft bestimmter Atomkerne, sich infolgeungünstiger Proton-Neutron-Verhältnissespontan in andere Atomkerne oder Atomker-ne anderen Energieinhalts unter Emissioncharakteristischer radioaktiver Strahlungumzuwandeln. Sie kommt natürlich vor, kannaber auch künstlich erzeugt werden (durchBeschuss stabiler Atomkerne). Abhängig vonder Art der Umwandlung entsteht dabei: α-Strahlung (Heliumkerne, bestehend aus 2Protonen und zwei Neutronen),β-Strahlung (Elektronen),β+-Strahlung (Positronen),γ-Strahlung (elektromagnetische Wellen miteiner Quantenenergie über 100 keV),Neutronen und (selten) Protonen.γ-Strahlung entsteht als Folge von Kernre-aktionen, bei denen der Kern in einen ange-regten Zustand gelangt ist. Aus diesem kehrter durch Aussendung von γ-Strahlung wiederin den Grundzustand zurück. Auf der Messung radioaktiver Strahlungberuhen viele diagnostische Verfahren der

Nuklearmedizin. Z. B. können durch Aktivi-tätsmessungen nach Gabe von RadiopharmakaStoffwechselprozesse ohne Eingriff in denKörper untersucht werden (zeitlicher Verlauf,Anreicherung in Organen usw.). BildgebendeVerfahren, die auf der Messung von γ-Strah-lung basieren (Szintigraphie, Positronenemis-sionstomographie), ergänzen die bekanntenRöntgen- und NMR-Methoden.Der therapeutische Einsatz radioaktiverStrahlung dient meist der Bestrahlung vonTumoren.

2.1 In einem radioaktiven Präparat ist dieZahl der sich pro Zeiteinheit umwandelndenAtomkerne proportional zur Zahl der vorhan-denen Kerne. Die (mittlere) Anzahl derKernumwandlungen pro Sekunde nennt manAktivität A:

Die Einheit heißt Becquerel (1 Bq = 1 s-1). Daalle Atomkerne mit der gleichen Wahrschein-lichkeit zerfallen folgt, dass während desfolgenden Zeitintervalls dt die Zahl der radio-aktiven Kerne um

(λ - Zerfallskonstante) abnehmen wird. Für dieAnzahl N gilt daher das Zerfallsgesetz

mit N0 der Zahl der radioaktiven Atomkernezur Zeit t = 0.

Wenn ein γ-Quant (oder auch ein α- oder β-

Radioaktivität O 16

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Optik und Strahlung O 16 Radioaktivität

72

I I x

0 e . (5)

I I IP L , (4)

d1 2

2/

ln.

(7)

S Ph C P . (6)

Teilchen) von einem Strahlungsdetektor wiedem Geiger-Müller-Zählrohr registriert wird,löst es in diesem einen Stromimpuls aus; dieImpulse werden gezählt. Die pro Zeiteinheitregistrierte Impulsanzahl N heißt Impulsrate I,sie ist proportional zur Strahlungsintensität.Außerdem hängt sie von den Eigenschaftendes Zählrohres und unter Umständen auchvon der Energie der Strahlung ab.Die von einem radioaktiven Präparat erzeugteImpulsrate ergibt sich aus der Differenz derImpulsraten, die mit und ohne Präparatgemessen werden:

wobei IP die Messrate und IL den Leerwert(Nulleffektrate) bezeichnet. Der Nulleffektwird durch kosmische und Umgebungs-strahlung sowie durch Detektorstörimpulsebewirkt.

2.2 Beim Durchgang durch Materie wird dieIntensität der Gamma-Strahlung (gemessenals Impulsrate I) in Abhängigkeit von derDicke x des durchstrahlten Stoffes verringert(Schwächungsgesetz):

I0 ist die Intensität der einfallenden und I dieIntensität der austretenden Strahlung. μ heißtSchwächungskoeffizient und hängt vom Stoffund von der Energie der Gamma-Quanten ab.Für die Schwächung sind neben der elasti-schen Streuung (μS) drei Absorptionseffektewesentlich: Der Photoeffekt (μPh), die une-lastische Streuung (Comptoneffekt, μC) undder Paarbildung (μP):

Der Einfluss dieser einzelnen Effekte auf denSchwächungskoeffizienten ist energieabhän-gig, wobei die elastische Streuung und derPhotoeffekt bei niedrigen und der Paarbil-dungseffekt bei den höchsten Energien domi-nieren.Unter der Halbwertsdicke d1/2 eines Stoffesversteht man die Schichtdicke, nach der dieIntensität der Strahlung auf die Hälfte abge-sunken ist. Aus der Gleichung (5) folgt damit

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte:- Radioaktives Präparat Co-60 (γ-Strahler

1,17 MeV und 1,33 MeV; A = 74 kBq 2010;t1/2 = 5,27 a)

- Geiger-Müller-Zählrohr- Digitalzähler- verschieden dicke Absorberplatten aus Blei

3.1 Co-60 ist ein γ-Strahler, der früher in derMedizin für die Telekobalttherapie verwendetwurde. Co-60 entsteht durch Neutronen-Einfang aus Co-59 und hat eine Halbwertszeitvon 5,27 Jahren. Das radioaktive Präparatbefindet sich in einer Bohrung in einemAcrylglasblock, der auf einem beweglichenSchlitten befestigt ist. Zur Messung der Strahlungsintensität (Im-pulsrate) dient ein selbstlöschendes Geiger-Müller-Zählrohr. Das Zählrohr besitzt ein ca.15 µm dünnes Glimmerfenster, wodurch esaußer für γ- auch für β-Strahlung empfindlichist. Die Impulse werden von einem elektro-nischen Zähler registriert, der gleichzeitig dieBetriebsspannung für das Zählrohr liefert. Präparat und Zählrohr sind auf Schlittenmontiert, die auf einer Schiene mit cm-Skalein definiertem Abstand zueinander angeordnetwerden können. Der Abstand r zwischenPräparat und Zählrohrmitte ist 10 mm größerals der zwischen den Schlitten. Um z.B. r = 40mm einzustellen, muss der Abstand zwischenden Schlitten 3 cm betragen. Absorberplatten verschiedener Dicke könnenauf einen weiteren Schlitten gestellt werden,der zwischen Präparat und Zählrohr auf dieSchiene gesetzt wird.

4 Versuchsdurchführung

Die Co-60 - Quelle ist ein umschlossenesPräparat mit einer Aktivität unterhalb derFreigrenze laut Strahlenschutzverordnung.

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Optik und Strahlung O 16 Radioaktivität

73

ln ln

lg lg lg .

I I x

I I x

0

0

oder

e

Die Strahlenbelastung (effektive Dosis) beider Durchführung des Versuches liegt in derGrößenordnung von 1 µSv, das entspricht0,1% der Dosis bei einer medizinischenRöntgenaufnahme.

4.1 Für das Zählrohr ist eine Betriebsspan-nung von 480 V einzustellen. Die Messzeitbeträgt 60 s. Alle Messungen werden jeweilsfünf mal durchgeführt.Zu Beginn ist der Nulleffekt IL durch Messungohne radioaktives Präparat zu bestimmen.Zur Ermittlung der Abhängigkeit der Impuls-rate vom Abstand r wird das Präparat in denAbständen 40; 50; 70; 100; 140; 190 und 250mm zum Zählrohr positioniert und die zu-gehörigen Impulsraten werden bestimmt.

4.2 Zur Bestimmung des Schwächungs-koeffizienten μ für Blei wird das Präparat ineinem Abstand von 70 mm vom Zählrohrpositioniert und zwischen ihnen die Absor-berhalterung eingesetzt. Bleiplatten ver-schiedener Dicken x werden in den Strahlen-gang gebracht und die dazugehörigen Impuls-raten gemessen. Die Messungen sind für x =1; 2; 5; 10; 20; 30 mm je fünfmal durch-zuführen. Die Messung für x = 0 wurde bereitsin 4.1 durchgeführt.

5 Auswertung

Aus den jeweils fünf Einzelmessungen in 4.1und 4.2 wird der Mittelwert gebildet. AlleWerte für die Impulsraten werden durchAbzug des Nulleffektes korrigiert.

5.1 Zur Bestimmung des Abstandsgesetzes I= I(r) werden die Impulsraten in Abhängig-keit vom Abstand r doppelt logarithmischdargestellt. Aus dem Anstieg ist der Exponentdes Abstandsgesetzes zu bestimmen. Verglei-chen Sie diesen mit dem theoretischen Wert!

5.2 Zur Bestimmung des Schwächungs-koeffizienten μ für Blei werden die Impuls-raten in Abhängigkeit von den Absorberdi-cken x graphisch dargestellt. Es ist einehalblogarithmische Darstellung zu wählen(Zählrate logarithmisch als Ordinate, Dickelinear als Abszisse). Alternativ kann ln(I)berechnet und linear (d. h. auf normalemMillimeterpapier) dargestellt werden.Aus (5) erhält man durch Logarithmieren:

Der Schwächungskoeffizient μ ergibt sichfolglich aus dem Anstieg der Kurve. Die Halbwertsdicke von Blei ist nach Gl. (7)zu berechnen.

6 Literaturangaben

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG, Stuttgart, 2012

Beier, W., Pliquett, F., Physik, Leipzig 1987

Fercher, A.F.: Medizinische Physik. SpringerVerlag 1992

7 Kontrollfragen

7.1 Was ist der Unterschied zwischenRöntgen- und γ-Strahlung?

7.2 Was versteht man unter den Begriffen„Halbwertsdicke“ und „Halbwertszeit“?

7.3 Nach welchem Gesetz nimmt die Strah-lungsintensität mit der Entfernung ab?

7.4 Welcher Zusammenhang besteht zwi-schen der Härte und der Durchdringungs-fähigkeit der γ-Strahlung?

Strahlenschutz

Entsprechend der Strahlenschutzver-ordnung ist jede Bestrahlung, auch un-terhalb der zulässigen Grenzwerte, zuminimieren. Abstand ist der beste Strah-lenschutz! Deshalb: Halten Sie das Präpa-rat nicht unnötig in der Hand. Halten Siebeim Experimentieren einen Abstand vonetwa 0,5 m zum Präparat ein.

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Optik und Strahlung O 20 Spektralphotometer

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I I e d 0

, (2)

I I e n c d 0

. (4)

TII

0

. (1)

EI

Ic dn n ln 0 . (5)

EI

Ic d lg .0 (6)

ET

lg .1

(7)

n c . (3)1 Aufgabenstellung

Bringen Sie bitte zum Versuch ein frischesgrünes Blatt mit.

1.1 Das Spektrum der Leuchtstofflampen imRaum soll untersucht werden, die darinauftretenden Hg-Spektrallinien sind zu identi-fizieren. Selbst mitgebrachte LED-Lampen,Laserpointer etc. können untersucht werden.

1.2 Ein alkoholischer Chlorophyllextrakt istherzustellen, seine Extinktion im Spektral-bereich 400…800 nm bei verschiedenen Kon-zentrationen ist zu messen. Aus den Mess-kurven sind die Konzentrationen von Chloro-phyll a und Chlorophyll b sowie das Verhält-nis beider Konzentrationen zu ermitteln.

2 Grundlagen

2.1 Beim Durchgang durch Materie wirdLicht durch Absorption und durch Streuung(Brechung und Reflexion an kleinen Teilchen)geschwächt. An Grenzflächen wird das Lichtpartiell reflektiert. Alle drei Prozesse sindabhängig von der Wellenlänge.Das Verhältnis der durch eine Probe hindurch-gehenden Lichtintensität I zu einfallenderIntensität I0 wird als Transmissionsgrad oderkurz Transmission T bezeichnet:

Die Abnahme der Intensität in Abhängigkeitvon der durchstrahlten Materialdicke d wirdmathematisch beschrieben durch

wobei μ als Schwächungskoeffizient bezeich-net wird; siehe auch Versuch O16, Gl.(5).Wird in einer Lösung das Licht vom gelöstenStoff absorbiert, so ist μ proportional zudessen Konzentration c:

εn heißt (natürlicher) Extinktionskoeffizientund hängt von der Substanz und von derWellenlänge ab. Aus (2) und (3) ergibt sich das LAMBERT-BEERsche Gesetz

Als natürliche Extinktion En bezeichnet man

Die Konzentration einer Lösung ist propor-tional zur Extinktion und lässt sich somitbequem durch Messung der Extinktion be-stimmen.

In der Praxis verwendet man nicht den natürli-chen, sondern mit dem dekadischen Logarith-mus; das Wort dekadisch lässt man dabeimeist weg. Die Beziehung für die (deka-dische) Extinktion E lautet:

Der (dekadische) Extinktionskoeffizient ist ε = εn / ln 10 = 0,4343 εn .Durch Vergleich von (1) und (6) findet mandie wichtige Gleichung

Wir betrachten nun den Fall, dass das Lichterst durch eine Lösung des Stoffes 1 unddanach durch eine Lösung des Stoffes 2geschwächt werde. Die eingestrahlte Intensi-tät sei I0, die Intensität nach der 1. Lösung I1

und nach der 2. Lösung I2. Dann ist nach (1)die Transmission der 1. Lösung T1 = I1/I0, dieder 2. Lösung T2 = I2/I1 und die Trans-mission der gesamten Anordnung

Spektralphotometer O 20

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Optik und Strahlung O 20 Spektralphotometer

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lg lg lg

.

1 1 1

1 2 1 2

1 2

T T T T

E E Eges

(9)

b sin . (10)

TI

IT Tges 2

01 2 . (8)

Für die Extinktionen gilt nach (7):

Diese Betrachtung gilt auch, wenn sich diebeiden Stoffe gemeinsam in einer Lösungbefinden (sofern sie sich nicht gegenseitigbeeinflussen). Zusammengefasst gilt deshalbfolgender Satz:

Wird Licht durch mehrere verschiedeneProzesse geschwächt, so multiplizieren sichdie Transmissionen und addieren sich dieExtinktionen der Einzelprozesse.

Im wissenschaftlichen Alltag wird die Extink-tion (englisch: absorbance) oft fälschlichAbsorption genannt. Dies sollte man imInteresse einer eindeutigen Sprache vermei-den. Der Begriff Absorption ist nicht so genaudefiniert und bezeichnet manchmal den Teilder Extinktion ohne Streuung und manchmaldie Größe 1 T (Absorptionsgrad).

2.2 Ein Spektralphotometer ist ein Gerät,welches die Lichtintensität, die Transmissionoder die Extinktion in Abhängigkeit von derWellenlänge misst. Ein (optisches) Spektro-meter misst das Lichtspektrum, d. h. dieLichtintensität in Abhängigkeit von derWellenlänge. Beide Begriffe werden auchsynonym verwendet, jedoch steht beim Spek-tralphotometer die genaue Messung von I, Tbzw. E (für Konzentrationsmessungen immedizinisch-chemischen Labor) im Vorder-grund, beim Spektrometer dagegen mehr diegenaue Messung der Wellenlänge λ. Es gibt zwei Anwendungsfälle: Die Untersu-chung der spektralen Zusammensetzung desLichtes einer Quelle (Emissionsspektrum) unddie Untersuchung der Absorption von Lichtdurch einen Stoff (Absorptionsspektrum). Imzweiten Fall benötigt man zusätzlich eineLichtquelle mit kontinuierlichem Spektrum

(z.B. eine Glühlampe); die zu untersuchendeSubstanz befindet sich in einer Küvette zwi-schen Lichtquelle und Spektrometer.Die spektrale Zerlegung des Lichts geschiehtin modernen Geräten durch ein Beugungs-gitter. Die Beugung kann mit Hilfe desHUYGENS-FRESNELschen Prinzips beschriebenwerden, wonach jeder Punkt einer Wellen-front als Ausgangspunkt einer Elementarwelle(Kugelwelle) aufgefasst wird. Die sichtbareWellenerscheinung entsteht dann durchÜberlagerung (Interferenz) dieser Elementar-wellen. Trifft eine ebene Lichtwelle aufTransmissionsgitter (Abb.1), so kann sichdanach die ebene Wellenfront nicht mehrvollständig formieren, weil diejenigen Elemen-tarwellen fehlen, die auf die lichtundurch-lässigen Bereiche getroffen sind. Es entstehenBeugungserscheinungen.Wir betrachten entsprechend Abb.1 das umeinen bestimmten Winkel φ gebeugte Licht.Der Abstand zwischen zwei Öffnungen imGitter - die Gitterkonstante - sei b. Dann istder Gangunterschied zwischen den Elementar-wellen zweier benachbarter Spalte

In der Überlagerung der Elementarwellentreten bei Beobachtung aus großer EntfernungIntensitätsmaxima (konstruktive Interferenz)in den Richtungen φ auf, für die der Gang-unterschied ein ganzzahliges Vielfaches einerWellenlänge ist: δ = k λ (k = 0, 1, 2, ...).

Abb.1: Berechnung des Gangunterschiedesgebeugter Lichtstrahlen an einem Gitter

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Optik und Strahlung O 20 Spektralphotometer

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400 500 600 7000,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

Chlorophyll b

Ext

inkt

ion

Wellenlänge / nm

Chlorophyll a

Abb.2: Extinktion von Chlorophyll a undChlorophyll b

E c d c d

E c d c d

a a b b

a a b b

649 649 649

665 665 665

, ,

, ,

(12)sin .k

b (11)

Intensitätsminima (destruktive Interferenz)entstehen in den Richtungen, in denen derGangunterschied δ = (2k + 1) λ/2 beträgt.Die Zahl k heißt Beugungsordnung. Dasungebeugt durch das Gitter gehende Lichtbezeichnet man auch als nullte Beugungs-ordnung (k = 0). Für die Beugungsmaximafolgt somit aus (10):

Die Lage der Beugungsmaxima (der Winkel φbzw. der Ort auf einem Beobachtungsschirm)hängt von der Wellenlänge λ ab. Rotes Lichtwird stärker gebeugt als blaues, so dassweißes Licht in seine Spektralfarben zerlegtwerden kann. Bei bekannter Ordnung k kannmit (11) die Wellenlänge λ des Lichtes durchMessung der Beugungswinkel φ bestimmtwerden. In vielen praktischen Fällen, so auchbei dem verwendeten Spektrometer, ist k = 1.

2.3 Die photometrische Bestimmung desChlorophyllgehaltes in Biomasse ist eineStandardmethode in der Biologie. Dafür istunter anderem die vollständige und schonendeExtraktion des Chlorophylls erforderlich, wasim Rahmen des Physikpraktikums nichtmöglich ist. Hier liegt der Schwerpunkt aufder spektroskopischen Methode. Es soll dieKonzentration in einem selbst hergestelltenChlorophyll-Rohextrakt gemessen werden.Dieser enthält hauptsächlich Chlorophyll a(Chl.a) und Chlorophyll b (Chl.b), deren

Extinktionsspektren bekannt sind (Abb.2).In Ethanol liegt das Extinktionsmaximum vonChl.a bei 665 nm und das von Chl.b bei 649nm. Die Extinktion der Rohextraktlösung istentsprechend Gl. (9) die Summe aus denAnteilen beider Chlorophylle. Misst man dieExtinktion in den beiden Maxima, so kann mitHilfe der Gleichungen

und den vier Extinktionskoeffizienten fürChl.a und Chl.b bei 649 nm und 665 nm dieKonzentration von Chl.a und Chl.b berechnetwerden.

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- Spektrometer Red Tide USB650 mit ange-

bauter Lichtquelle und KüvettenhalterWellenlängengenauigkeit: ± 1 nmoptische Linienbreite (FWHM): 2 nm

- schwarzer Lichtblocker- Acrylglas-Prisma zur Beleuchtung durch

externe Lichtquellen von oben- 2 Küvetten (d = 10 mm)- Computer mit Software SpectraSuite- Reibeschale, Pistill, Quarzsand- Ethanol 99% mit 1% MEK vergällt- kleines Becherglas- 4 Probenröhrchen 4 ml- Filterpapier- Pasteurpipetten- Mikroliterpipette 750 μl

3.1 Abb.3 zeigt den optischen Aufbau desSpektrometers. Die nicht mit abgebildeteLichtquelle-Küvettenhalter-Einheit ist mit demSpektrometer fest verbunden. Das Licht wirddurch eine Glühlampe und eine blaue LEDerzeugt und gelangt nach Durchstrahlung derKüvette in den Eintrittsspalt 1 des Spektro-meters. Dieser befindet sich in der Brennebenedes Kollimatorspiegels 2, der ein parallelesLichtbündel auf das Reflexionsgitter 3 schickt.

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Optik und Strahlung O 20 Spektralphotometer

77

Ein weiterer Hohlspiegel 4 bildet die Beugungsbilder des Eintrittsspaltes auf den CCD-Sensor 5 ab.

3.2 Bedienung der Software SpectraSuite:Nach Programmstart ist die laufende Messung(Scan) sofort aktiv. Die obere Toolbar enthältfolgende wichtige Steuerelemente:„Integrationszeit” regelt die Empfindlichkeitdes CCD-Sensors. Sie wird so eingestellt,dass bei Beleuchtung die Maxima im Spek-trum gerade noch nicht abgeschnitten werden.Bei kleiner Integrationszeit ist die Messungsehr schnell (bis 100 Scans pro Sekunde), zurVerringerung des Rauschens sollte daher derMittelwert aus 10...20 Scans angezeigt wer-den. Zusätzlich kann das Spektrum übermehrere Messpunkte geglättet werden (dasGlättungsintervall wird als „Boxcar” bezeich-net). Wenn scharfe Spektrallinien beobachtetwerden sollen, ist die Glättung auszuschalten(Boxcarbreite = 0). „Lamp Enable” schaltetdie Lichtquelle ein.Das gemessene Spektrum ist zunächst nichtnormiert. Die angezeigte Größe S(λ) wirdaußer von der Intensität des Lichtes auchnoch von den wellenlängenabhängigen Eigen-schaften aller Gerätekomponenten (Lampen-spektrum, Reflexionsvermögen des Gittersund der Spiegel, Filter-Absorption, Reflexionund Absorption durch die Küvette, Sensor-kennlinie) bestimmt. Der CCD-Sensor misstauch ohne Licht ein von Null verschiedenes

Signal (Dunkelspektrum).Die Toolbar im Spektrumgraph enthält nebenmehreren Buttons zum Zoomen und Ver-

schieben die Buttons zum Speichern

des Dunkelspektrums D(λ) und des Referenz-

spektrums R(λ). Die Buttons

zeigen folgende Spektren an:

- unkorrigierter Scan S(λ)

- Dunkelspektrum subtrahiert: S(λ) D(λ)

- Extinktion (Absorbance) E = lg(1/T)

- Transmission (13)( ) ( )

( ) ( )

S DT

R D

Links-Klick in das Diagramm zeigt einenCursor zum genauen Ablesen der Wellenlänge

an. Der Button verwandelt das aktuelle

Spektrum in ein „Overlay” (statische Kurve)und startet eine neue Messkurve. Auf dieseWeise erhält man mehrere Spektren in einem

Graph. speichert nur die aktuelle Mess-

kurve, druckt alle Kurven aus. Will man

die Daten exportieren oder mit nach Hausenehmen, so bedient man sich der beiden

Copy-Buttons . Der erste kopiert die

Daten aller Kurven zum Einfügen in Origin,Excel oder eine Textdatei, der zweite kopiertdie Grafik in die Zwischenablage. Von dortkann man sie z.B. im Programm IrfanVieweinfügen und speichern oder drucken.

4 Versuchsdurchführung

Starten Sie das Programm SpectraSuite undmachen Sie sich mit der Bedienung vertraut,indem Sie einfach alles ausprobieren.

4.1 Untersuchung von Lichtquellen:Der unkorrigierte Scan (S) ist anzuzeigen, dieinterne Lichtquelle muss ausgeschaltet sein,ebenso die Kurvenglättung (Boxcarbreite 0).Der angezeigte Spektralbereich ist auf denBereich des sichtbaren Lichtes (400...750 nm)einzugrenzen. Stecken Sie das Acrylglas-Prisma so in denKüvettenhalter, dass das von oben kommendeLicht durch Totalreflexion an der schrägen

Abb.3: Aufbau des Spektrometers. 1 Ein-trittsspalt und Filter, 2 Kollimatorspiegel, 3Gitter, 4 Abbildungsspiegel, 5 CCD-Sensor

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Optik und Strahlung O 20 Spektralphotometer

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Fläche in den Eintrittsspalt des Spektrometersgelangt. Wenn das Spektrometer unter einerLeuchtstofflampe steht, muss jetzt das Lam-penspektrum zu sehen sein. Stellen Sie In-tegrationszeit und Mittelwertbildung geeignetein.Das Spektrum enthält jetzt noch einen sensor-abhängigen Untergrund, der auch etwas vonder Integrationszeit abhängt. Daher sollte diefolgende Untergrundkorrektur immer nacheiner größeren Veränderung der Integrations-zeit durchgeführt werden:Ersetzen Sie das Acrylglas-Prisma durch denLichtblocker, speichern Sie ein Dunkelspek-trum, stellen Sie die Anzeige auf Scan minusDunkelspektrum und setzen Sie wieder dasAcrylglas-Prisma bzw. die Küvette ein.

Das Leuchtstofflampen-Spektrum ist zu doku-mentieren (ausdrucken, speichern, exportierenin Origin, Excel oder IrfanView nach eigenemErmessen). Die Auswertung (Bestimmung derWellenlängen der Spektrallinien, siehe 5.1)kann sofort durchgeführt werden.

4.2 Messung der Chlorophyllkonzentration

Hinweise zum Umgang mit den Küvetten:- Die Oberflächen im optischen Strahlengang

müssen klar sein; zerkratzte Küvetten bitteentsorgen, in der Ausgabe gibt es neue

- Küvetten nur oben und seitlich anfassen,nicht an den optischen Flächen

- nasse Außenflächen vorsichtig trocknen- Küvetten nur bis zur Hälfte füllen (1 ml)- Küvette so in die Halterung stecken, dass

der Pfeil zur Lichtquelle zeigt

Zur Herstellung des Chlorophyll-Rohextrakteswerden etwa 0,3 g Blattmasse in der Rei-beschale mit etwas Quarzsand und einigen mlEthanol zerrieben. Dabei werden die Zellenaufgebrochen und das Clorophyll geht inLösung. Fügen Sie anschließend weiteresEthanol hinzu, insgesamt etwa 10 ml. FaltenSie ein Rundfilter zu einer Tüte und filtrierenSie den Extrakt damit in das Becherglas. Schalten Sie die Lichtquelle des Spektro-meters ein. Sie soll bis zum Versuchsendenicht ausgeschaltet werden, da ihre Licht-

intensität erst nach einigen Minuten Ein-schaltdauer stabil ist. Stellen Sie die Integra-tionszeit so ein, dass der Scan (S) bei leeremKüvettenhalter den Anzeigebereich vollausschöpft, die Maxima aber nicht abge-schnitten werden. Weitere Einstellungen:Mittelwert über 20 Scans, Boxcarbreite 3,Zoom x-Achse 400...800 nm.Speichern Sie ein Dunkelspektrum (mit demLichtblocker). Bringen Sie eine mit reinem Lösungsmittel(Ethanol) gefüllte Küvette in den Probenraumund speichern Sie ein Referenzspektrum. Ab jetzt können die Messgrößen Transmission(T) und Extinktion (A) verwendet werden.Die nach (13) berechnete Transmissionbeträgt im gesamten Spektrum genau 100 %,die Extinktion ist überall Null.Füllen Sie 1 ml der Lösung in eine Küvetteund prüfen Sie die Transmission im Minimumbei 665 nm. Falls T < 5 % ist, verdünnen Siedie Lösung im Becherglas schrittweise mitjeweils einigen ml Ethanol und überprüfen Terneut. (Wenn die Transmission zu gering ist,wird die Messung sehr ungenau.)Zeichnen Sie ein Extinktionsspektrum aufund wiederholen Sie diese Messung mit dendrei Verdünnungen 75 %, 50 % und 25 %.Alle vier Spektren sollen im selben Diagrammangezeigt werden (aktuelle Messung in Over-lay umwandeln und neue Messung durch-führen).Die Verdünnungen der Ausgangslösung mitEthanol (3:1, 2:2 und 1:3) werden mit Hilfeder auf 750 μl eingestellte Pipette hergestelltund in den Probenröhrchen aufbewahrt. DieKüvette ist nach jedem Schritt mit wenigEthanol zu spülen und zu trocknen.

Nachdem der Betreuer die Messergebnisseakzeptiert hat, können die Clorophyllösungenim Ausguss entsorgt werden. Alle benutztenGefäße sind mit wenig Ethanol zu spülen undabzutupfen!

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Optik und Strahlung O 22 Röntgenverfahren

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c E E

c E E

a

b

1353 5 20

22 43 7 07

665 649

649 665

, ,

, ,

mg / l

mg / l(14)

5 Auswertung

5.1 Bestimmen Sie die Wellenlängen derwenigen scharfen Spektrallinien Spektrum derLeuchtstofflampe. Das geht am einfachstenmit dem Messcursor im Programm Spectra-Suite. Identifizieren Sie die Hg-Linien durchVergleich mit den Werten in der ausliegendenTabelle.Diskutieren Sie das Spektrum: Wie ist seineForm zu erklären? Warum werden Farben imLicht von Leuchtstofflampen nicht so gutwidergegeben wie im Sonnenlicht?

5.2 Stellen Sie die Wellenlängen der vierdeutlich erkennbaren Maxima in den Spektrenfest und ordnen Sie diese den beiden Farb-stoffen Chl.a und Chl.b zu.Die Extinktion in allen vier Maxima ist inAbhängigkeit von der Verdünnung grafischdarzustellen und an Hand von Gleichung (6)zu diskutieren.

Löst man das Gleichungssystem (12) nach denKonzentrationen ca und cb auf, so erhält man

(Zahlenangaben nach R. J. Ritchie 2006).Bestimmen Sie für alle Verdünnungen aus den

Spektren die Extinktion bei den Wellenlängen649 nm und 665 nm. Berechnen Sie mit Gl.(14) die Konzentrationen von Chlorophyll aund Chlorophyll b sowie das Verhältnis beiderKonzentrationen.

6 Literatur

Wolfgang Hellenthal: Physik für Medizinerund Biologen. WVG, Stuttgart, 2002

Trautwein, Kreibig, Hüttermann: Physik fürMediziner, Biologen, Pharmazeuten. W. deGruyter, Berlin u.a., 2008

R. J. Ritchie, Photosynth. Res. (2006) 89 pp27-41

7 Kontrollfragen

7.1 Wie ist die spektrale Zerlegung des Lichtsan einem Gitter zu erklären?

7.2 Wie kann man mit einem Photometer dieKonzentration eines gelösten Stoffes in einerLösung unabhängig von weiteren gelöstenStoffen bestimmen?

7.3 Wie groß ist die Transmission bei einerExtinktion von E = 0, E = 1 und E = 2?

1 Aufgabenstellung

1.1 Messung von Röntgenemissionsspektreneiner Molybdän-Anode mit Hilfe eines LiF-Kristalls und Bestimmung der maximalenQuantenenergie der Röntgenstrahlung inAbhängigkeit von der Anodenspannung.

1.2 Bestimmung der Ionendosisleistung derRöntgenröhre.

1.3 Durchleuchtung und Interpretat ionbiologischer Objekte.

2 Physikalische Grundlagen

Bei der diagnostischen Anwendung von Rönt-genstrahlen stehen fotografische Verfahren beider Anfertigung von Röntgenaufnahmen nochim Vordergrund. Abgebildet wird das unter-schiedliche Absorptionsvermögen verschiede-ner Gewebe. Diese Unterschiede könnendurch die Applikation von Kontrastmittelnverstärkt werden. Eine Kontrasterhöhung beigeringen Differenzen in der Absorption erhältman mit computertomografischen Verfahren.

Röntgenverfahren O 22

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Optik und Strahlung O 22 Röntgenverfahren

80

E e Um

v Em

ve

Ph

e 2 21

222 (1)

E h f hc

Ph

. (2)

E e U h f hc

Ph max maxmin

, . (3)

K

K

hcE E

hcE E

L K

M K

(4)

In der Forschung kommt der Röntgenstruk-turanalyse hervorragende Bedeutung zu. Mitihrer Hilfe konnte die Tertiärstruktur vonEiweißen und Nukleinsäuren mit einer hohenräumlichen Auflösung (< 0,3 nm) bestimmtwerden.

2.1 Als Röntgenstrahlen werden Photoneneiner Wellenlänge zwischen 0,01 nm und10 nm bezeichnet. Sie entstehen beim Be-schuss einer Anode mit Elektronen, derenEnergie 10 keV überschreitet. Beim Aufprallentstehen neben ca. 98% Wärme zwei Artenvon Röntgenstrahlung:Bremsstrahlung: Die auftreffenden Elektronenwerden im Kernfeld des Anodenmaterialsabgebremst. Die Differenz zwischen denkinetischen Energien des Elektrons vor undnach der Wechselwirkung wird in Röntgen-strahlung der Frequenz f umgesetzt (Gl. 2).Mit E der kinetischen Energie der Elektronenbeim Aufprall auf die Anode nach der Be-schleunigung im elektrischen Feld ergibt sichfolgende Energiebilanz:

mit:e = 1,602 10-19 C: ElementarladungU: Anodenspannungme: Elektronenmassev1: Geschwindigkeit des Elektrons vor dem

Aufprallv2: Geschwindigkeit des Elektrons nach dem

AufprallEph: Photonenenergie (Energie eines Röntgen-

strahlungsquants).

Die Energie eines Strahlungsquants ist

h = 6,625 10-34 Ws2: PLANCKsche Konstantec = 2,998 108 ms-1: Vakuumlichtgeschwin-

digkeitf: Frequenzλ: Wellenlänge

Die Energie wird in diesem Zusammenhang

meist in eV (Elektronenvolt) angegeben. 1 eVist die kinetische Energie, die eine Elementar-ladung e bei der Beschleunigung durch eineSpannung von 1 V erhält. Die Energie inJoule erhält man folglich, indem man denWert in eV mit e multipliziert.

Die Bremsstrahlung hat ein kontinuierlichesSpektrum mit kurzwelliger Kante (sieheAbb.1). Letztere kommt dadurch zustande,dass die Elektronen beim Aufprall höchstensihre gesamte kinetische Energie in Röntgen-strahlung umsetzen können (vollständigeAbbremsung, v2 = 0). Die Röntgenstrahlunghat dann eine maximale Energie, die Wellen-länge wird minimal:

Charakteristische Strahlung: Beim Aufprallkönnen Anodenatome ionisiert werden. Wenndadurch eine Leerstelle auf der dem Kern amnächsten liegenden K-Schale entsteht, so wirddiese durch Elektronen der L- bzw. M-Schalesofort wieder besetzt und die Energiedifferenzin Form von Röntgenstrahlung abgegeben.Die Photonen (Energiequanten), die währenddieser Elektronensprünge frei werden, be-zeichnet man als Kα- bzw. Kβ-Photonen. IhreWellenlängen berechnen sich aus:

EL - EK : Differenz der Elektronenenergiender L- und K-Schale,

EM - EK : Differenz der Elektronenenergiender M- und K-Schale.

Da diese Energiedifferenz charakteristisch fürjedes Material ist, wird die Strahlung „charak-teristische Strahlung“ genannt. Sie hat einLinienspektrum, welches die Bremsstrahlungüberlagert (siehe Abb.1).

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Optik und Strahlung O 22 Röntgenverfahren

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Abb.1: Typisches Röntgenspektrum beste-hend aus Bremsstrahlung und charakteristi-schen Linien des Anodenmaterials

Abb.2: BRAGG-Reflexion

Ehc

dPh 2

1sin

.

(6)

2 d k sin (5)

JQ

m

. (7)

Röntgenbeugung:Die Wellenlänge von Röntgenstrahlen kannmit Hilfe der Beugung an einem Kristallgitterbei bekanntem Netzebenenabstand bestimmtwerden (Röntgen-Spektralanalyse). Umge-kehrt werden mit Röntgenstrahlung bekannterWellenlänge Atomabstände in Kristallgitterngemessen. (BRAGG-Verfahren).Gemäß dem Huygensschen Prinzip kann jedesAtom des von der Röntgenstrahlung getroffe-nen Kristalls als Ausgangspunkt einer Elemen-tarwelle betrachtet werden. Die Kristallatomelassen sich in einer Vielzahl von hintereinan-der liegenden, zur Oberfläche (Spaltfläche)des Kristalls parallelen Ebenen, zusammenfas-sen. Man nennt diese Ebenen Netzebenen. Imeinfachsten Fall lässt sich die Beugung (Dif-fraktion) von Röntgenstrahlen auf die Reflexi-on an Netzebenen eines Kristallgitters zurück-führen. Jede Netzebene wirkt auf die ein-fallende Röntgenstrahlung wie ein partiellerSpiegel, d. h. ein (sehr kleiner) Teil des aufdie Ebene treffenden Röntgenstrahlenbündelswird reflektiert.

Abb.2 zeigt die grundlegenden Vorgänge beidiesem als BRAGG-Reflexion bezeichnetenVorgang: Die an den Netzebenen A und Breflektierten Strahlen 1 und 2 interferierenmiteinander. Konstruktive Interferenz (einsog. „Reflex“) tritt nur auf, wenn der Gang-unterschied der beiden Wellen gleich einemganzen Vielfachen der Wellenlänge ist:

mit k = 1, 2, … Dabei ist k die Beugungsordnung und d derNetzebenenabstand (d = 0,201 nm für denLiF-Kristall). Für die erste Beugungsordnung(k = 1) ergibt sich mit Gl. (2):

Durch Drehen des Kristalls wird der Einfalls-winkel der Röntgenstrahlung und damit auchder Phasenunterschied der interferierendenStrahlen verändert, so dass die Bedingung derkonstruktiven Interferenz (5) für jeweilsandere Wellenlängen des Primärstrahls erfülltwird (vergl. Abb.2). Gleichzeitig mit derRotation des Kristalls muss der Strahlungs-empfänger (Zählrohr) unter dem doppeltenBragg-Winkel β mitgeführt werden, so dassimmer die Reflexionsbedingung Zählrohrwin-kel = 2×Kristallwinkel erfüllt ist. Damit kanndas Spektrum einer Röntgenquelle bestimmtwerden.

2.2 Als Dosimetrie bezeichnet man dieMessung der Wirkung, die ionisierendeStrahlung (Röntgen und radioaktive Strah-lung) beim Durchgang durch Materie her-vorruft. Diese Wirkung kann entweder überdie Menge der in der Materie erzeugten Ionenoder über die von der Materie absorbierteEnergie gemessen werden.Die Ionendosis J ist definiert als Quotientaus der in einem Volumenelement erzeugtenLadung der Ionen eines Vorzeichens ΔQ undder Masse des durchstrahlten Volumen-elementes Δm:

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Optik und Strahlung O 22 Röntgenverfahren

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Erklärung zur Strahlensicherheit:

Das Röntgengerät ist so aufgebaut, dassRöntgenstrahlung nur bei geschlossenenTüren von Röhren- und Experimentier-raum erzeugt wird. Dabei werden dieGrenzwerte der gemäß der Röntgenver-ordnung außerhalb des Gehäuses zulässi-gen Strahlung mit mehrfacher Sicherheitunterschritten.Das Röntgengerät ist gemäß der "Ver-ordnung über den Schutz vor Schädendurch Röntgenstrahlen" (Röntgenverord-nung-RöV) vom 8.1.1987 bauartlichzugelassen (Zulassungskennzeichen NW807/97 Rö).Abb.3: Messung der Ionendosisleistung mit

einer Ionisationskammer

H w D (9)

jQ

m t

I

mC

(10)

H J

h j

32 5

32 5

,

, .

Sv

As kgoder

Sv

As kg

-1

-1

(11)

DEm

, (8)

Die Einheit der Ionendosis ist As/kg oderC/kg (die alte Einheit 1 Röntgen = 2,58 104

C/kg darf nicht mehr verwendet werden).

Die Energiedosis D ist der Quotient aus derim Volumenelement absorbierten Energie undder Masse des durchstrahlten Volumen-elementes Δm:

ihre Einheit ist das Gray (1 Gy = 1 J/kg).Die biologische Wirkung ionisierender Strah-lung wird durch die Äquivalentdosis

angegeben (biologisch bewertete Energiedo-sis). Die Einheit ist das Sievert (1 Sv =1 J/kg). w heißt Strahlungswichtungsfaktor;w = 1 für Röntgen-, Gamma- und Betastrah-lung und w = 20 für Alphastrahlung.Die wirksame Intensität der Röntgenstrahlungist die Dosis pro Zeit, die als Ionendosislei-stung j (Einheit A/kg), Energiedosisleistung d(Einheit Gy/s) bzw. Äquivalentdosisleistung h(Einheit Sv/s) bezeichnet wird. Die Ionendosisleistung wird in einem mit Luftgefüllten Kondensator (“Ionisationskammer”)entsprechend Abb.3 gemessen. An den Kon-densator wird eine Spannung angelegt, die sogroß ist (etwa 100...300 V), dass alle er-zeugten Ionen zu den Kondensatorplattengelangen. Dann ergibt sich die Ionendosislei-stung

aus der Stromstärke IC und der durchstrahlten

Luftmasse m. Mit Hilfe der bekannten mitt-leren Ionisationsenergie der Luftmolekülekann die Ionendosis in die Äquivalentdosisumgerechnet werden; es gilt (für Luft ):

3 Versuchsaufbau

3.0 Geräte- Röntgengerät mit Goniometer incl. LiF-

Kristall (d = 0,201 nm), Zählrohr und Im-pulsratenmesser

- PC mit Programm “Röntgengerät”- Plattenkondensator mit Röntgenblende für

Ionendosismessung- Spannungsquelle 0...450 V, Ri = 5 MΩ- Strom-Messverstärker- Vielfachmesser- Verbindungsleitungen- Biologische Objekte zur Durchleuchtung

3.1 Das Röntgengerät (siehe Abb.4) besitztein strahlenabschirmendes Gehäuse, das ausdrei getrennten Kammern besteht. Die größte(rechte) Kammer ist der Experimentierraum,der das Goniometer (für Röntgenbeugungs-

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Optik und Strahlung O 22 Röntgenverfahren

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Abb.4: Röntgengerät mit Goniometer.

a Netzanschlussfeld (Seite), b Bedienfeld, c Anschlussfeld, d Röhrenraum mit Mo-Röhre, e Experimentierraum mit Goniometer, f Leuchtschirm, g Leerkanal, h Verriegelungstaster

untersuchungen) oder den Plattenkondensatoroder die zu durchleuchtenden Präparate ent-hält. In der mittleren Kammer befindet sichdie Röntgenröhre. Die linke Kammer enthältdie mikroprozessorgesteuerte Elektronik mitden Bedien- und Anzeigelementen.Die Schiebetüren und Sichtfenster des Gerätesbestehen aus Bleiglas (Vorsicht, kratz-empfindlich!).

3.2 Die Hochspannungsquelle besitzt einensehr großen Innenwiderstand (Ri = 5 MΩ)und ist deshalb berührungsungefährlich. ZurStrommessung dient der Messverstärker miteinem Vielfachmesser als Anzeigegerät.

4 Versuchsdurchführung

Die in die Kristallhalter fest eingebautenKristalle sind sehr empfindlich. Bitte berührenSie diese nicht!

4.1 Zur Aufnahme der Röntgenspektren inBRAGG-Anordnung sind folgende Betriebs-parameter einzustellen:

Anodenstrom: I = 1,0 mAHochspannung: U = 20…35 kVMesszeit: Δt = 5 sSchrittweite: Δβ = 0,1°Anfangswinkel: βmin = 4,0°Endwinkel: βmax = 12,0°

Starten Sie das Computerprogramm „Rönt-gengerät“. Die Spektren werden im automatischen Scan-Modus mit 2:1-Kopplung von Zählrohr- undKristallbewegung (“COUPLED”) aufgenom-men und auf dem Computerbildschirm dar-gestellt. Man beginnt am besten mit der maximalenBeschleunigungsspannung von 35 kV. DurchDrücken des Knopfes “SCAN” wird dieAufzeichnung eines Spektrums gestartet.Weitere Spektren sind jeweils bei einer Hoch-spannung von 30 kV, 25 kV und 20 kVaufzunehmen. Alle Spektren werden in dieselbe Grafik geschrieben.

4.2 Für die Messung der Ionendosisleistungwird das Röntgengerät mit eingebautem

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Optik und Strahlung O 22 Röntgenverfahren

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00

0

,T p

m VT p

(12)

Plattenkondensator benutzt. VervollständigenSie die Schaltung gemäß Abb.3! Das Koaxial-kabel von der unteren Kondensatorplatte istmit den Eingang I des Messverstärkers zuverbinden. Der Masseanschluss des Ver-stärkers wird mit dem Minuspol und die obereKondensatorplatte mit dem Pluspol derSpannungsquelle verbunden. Es wird derMessbereich 109A verwendet (1 V amVerstärkerausgang entspricht I = 1 nA) undeine Spannung U 200 V.Messen Sie den Ionenstrom IC bei der maxi-malen Beschleunigungsspannung von 35 kVund den Anodenströmen 1,0 mA; 0,8 mA;0,6 mA; 0,4 mA und 0,2 mA.Notieren Sie den Luftdruck p und die Tem-peratur T im Röntgengerät.

4.3 Zur Durchleuchtung von Objekten istdas dafür vorbereitete Röntgengerät zubenutzen. Die maximal mögliche Energie wirdeingestellt (U = 35 kV, I = 1 mA), der Raummuss abgedunkelt werden.Interpretieren Sie den Schatten der Objekteauf dem Leuchtschirm. Untersuchen Sie dieVeränderung des Bildes bei Veränderung desPräparateortes. Sie können auch eigeneObjekte (z.B. Taschenrechner, Kugelschrei-ber) durchleuchten. Vergessen Sie nicht, alleBeobachtungen zu protokollieren!Nach Beendigung der Untersuchungen mussder Leuchtschirm mit dem zugehörigenDeckel wieder abgedeckt werden.

5 Auswertung

5.1 Die Wellenlängen und die Quanten-energien der charakteristischen Linien Kβ undKα der Molybdänanode sind nach Gleichung(5) bzw. (6) zu bestimmen, dabei gilt k = 1.Die Quantenenergien sind in keV anzugeben.Für jede verwendete Anodenspannung U wirddie maximale Quantenenergie (in keV) nach(6) aus dem zur jeweiligen kurzwelligen Kantegehörenden Winkel β berechnet. In einerTabelle sind diese Energien mit der denElektronen im elektrischen Feld zugeführtenEnergie E = eU zu vergleichen.

Im Rahmen der Fehlerbetrachtung ist dasWellenlängen-Auflösungsvermögen desRöntgengerätes abzuschätzen.

5.2 Die Ionendosisleistung j ist nach (10) ausdem Ionenstrom IC und der Masse m desdurchstrahlten Luftvolumens V zu berechnenund in Abhängigkeit vom Anodenstromgrafisch darzustellen.Die Luftmasse ergibt sich aus

mit V = 125 cm3, ρ0 = 1,293 kg/m3, T0 = 273 K und p0 = 1013 hPa.

Die maximale Äquivalentdosisleistung h imRöntgengerät (bei I = 1 mA) ist mit Hilfe vonGl. (11) zu berechnen und in der Einheit Sv/hanzugeben. Vergleichen Sie Ihr Messergebnismit der Dosis der natürlichen Strahlung undmit der tödlichen Dosis!

5.3 Die Beobachtungen bei der Durch-leuchtung von Objekten sind zu protokollie-ren.

6 Literatur

Fercher, A. F.: Medizinische Physik, Springer,1992

Haas, U.: Physik für Pharmazeuten undMediziner. WVG, Stuttgart, 2012

7 Kontrollfragen

7.1 Wie ist das Spektrum einer Röntgenröh-re zu erklären, welchen Einfluss haben dieBetriebsparameter U und I ?

7.2 Wie wird die biologische Wirkungionisierender Strahlung gemessen?

7.3 Auf welche Weise schädigen Röntgen-strahlen (wie auch Gammastrahlen) denOrganismus und wie kann man sich dagegenschützen?

7.4 Wie kann man Röntgenstrahlung nach-weisen?

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Anhang Hinweise zur Bedienung von CASSY

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Hinweise zur Bedienung des computergesteuerten Mess-werterfassungssystems CASSY

Allgemeines

Cassy-S, ein für die Lehre in Schulen und Universitäten konzipiertes universelles Messwert-Erfassungssystem, besteht aus verschiedenen Geräten mit serieller oder USB-Schnittstelle sowieder Windows-Software CASSY Lab 2. Im Praktikum kommen zum Einsatz:

• Sensor-Cassy ist ein zweikanaliges Messgerät für Strom und Spannung mit einer Auflösungvon 12 bit (1:4096) und einer maximalen Messrate von 100 kHz (105 Messwerte proSekunde). Mit Hilfe von Zubehör (aufzusteckende „Sensorboxen“ und verschiedeneSensoren) können damit fast alle denkbaren physikalischen Größen gemessen werden.

• Pocket-Cassy (nur mit Computer verwendbar) und Mobile-Cassy (ohne Computer einsetzbar)besitzen die gleiche Funktionalität, jedoch nur einen Messkanal, messen nur 104 bzw. 5 Wertepro Sekunde und benötigen kein Netzteil (Stromversorgung über USB).

• Power-Cassy ist ein Leistungs-Funktionsgenerator, also eine computersteuerbare Strom- oderSpannungsquelle, die bei einer Abtastrate von 100 kHz maximal 10V / 1A liefert.

• Cassy-Display ist ein großformatiges Anzeigegerät. Es zeigt in Verbindung mit Sensor-Cassy(ohne Computer) gleichzeitig zwei Messwerte mit Einheit an.

Die Software CASSY Lab 2 steuert die Messung, stellt die Messergebnisse grafisch dar undbietet viele Möglichkeiten zur mathematischen Auswertung. Die Bedienung ist relativ einfachund erfordert nur wenige Grundkenntnisse. Die Software ist beim Hersteller unter http://www.ld-didactic.de frei verfügbar und kann daher auch zuhause zur Auswertung vom Messungen ausdem Praktikum verwendet werden.

Quick Start: Einschalten und Konfigurieren des Systems

Stellen Sie sicher, dass alle benötigten Cassy-Module zusammengesteckt, mit dem PC verbundenund mit Strom versorgt sind. Starten Sie nun das Programm “CASSY Lab 2". Das FensterCASSYs wird präsentiert und zeigt die vorgefundene Gerätekonfiguration.

Um eine Messung durchzuführen, muss der entsprechen-

de Eingang oder Ausgang angeklickt werden. Es er-scheint das Fenster Einstellungen (siehe nächste Seite).Im oberen Teil dieses Fensters bietet eine BaumstrukturZugriff auf alle Bereiche der Software: Unter CASSYs

sind alle Einstellungen zu den verwendeten Messgerätenzu finden, unter Rechner können aus den Messgrößenneue physikalische Größen berechnet werden, unterDarstellungen können die Messwerttabellen und Dia-gramme angepasst werden sowie neue Diagrammeangelegt werden.Im unteren Teil des Fensters stehen die Einstellungen desin der Baumstruktur markierten Knotens (hier wird z.B.der Messbereich einer Messgröße eingestellt) und dieMessparameter.

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Anhang Hinweise zur Bedienung von CASSY

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Vor Aufnahme einer Messreihe sollte man hier denrichtigen Messbereich einstellen und sinnvolleMessparameter auswählen: Aufnahme: automatisch bedeutet, dass derComputer mehrere Messpunkte nacheinanderaufzeichnet. Neue Messreihe anhängen bewirkt,dass in einer Grafik mehrere Messreihen (Mess-kurven) dargestellt werden können. Die wichtigsteGröße, die hier auf einen sinnvollen Wert einge-stellt werden muss, ist das Mess-Intervall. Bei10 μs entstehen pro Sekunde 100.000 Messwerte!Aus Intervall und Messzeit ergibt sich die Anzahlder Einzelmessungen. Wenn bei Messzeit keinWert eingetragen ist, wird die Messreihe so langefortgesetzt, bis sie manuell gestoppt wird.Die Aufnahme einer Messreihe kann nun mit F9

oder durch Klick auf den Start/Stopp-Buttonbegonnen werden.

Grundlegende Bedienelemente

Buttonleiste mit Buttons für die Anzeigeinstrumente aller gemessenen und berechnetenGrößen

Anzeigeinstrument. Rechts-Klick: Messgröße und Messbereich einstellen

Umschalten zwischen mehreren Darstellungen. Durch Ziehen mit der Maus freieAnordnung auf dem Bildschirm.

Messwerte-Tabelle kann editiert werden. Rechts-Klick: Messwerte und Messreihenlöschen

Im Diagramm werden Punkte und Kurvenbereiche mit der Maus markiert. Rechts-Klick:Diagramm-Menü

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Anhang Hinweise zur Bedienung von CASSY

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Skala der Diagrammachsen mit Maus verschieben, mit Rechts-Klick ändern

Umschalten zwischen verschiedenen y-Achsen

Trennlinie verschieben

F4 Neue Messung (aktuelle Messung löschen)

F3 Gespeicherte Messung (mit allen Einstellungen und Auswertungen) laden

F2 Aktuelle Messung (mit allen Einstellungen und Auswertungen) speichern

Diagramm oder Tabelle ausdrucken

F9 Eine Messreihe starten oder beenden (Einzelmessung bei manueller Aufnahme)

F5 Cassy-Module anzeigen (wie bei Programmstart)

F5 (2× drücken) Einstellungen bzw. Messparameter anzeigen

F6 Inhalt der Statuszeile (z. B. das Ergebnis einer Rechnung) groß darstellen

F7 Alle Anzeigeinstrumente ein/aus schalten

Das Anzeigeinstrument UA1 ein/aus schalten, Rechts-Klick: Einstellungen

Tipps und Tricks zu CASSY Lab 2

• Die Messparameter lassen sich am schnellsten durch Rechts-Klick auf den Start/Stopp-Button anzeigen, die Einstellung des Messbereiches durch Rechts-Klick auf dasentsprechende Messinstrument

• Mit Alt+T fügen Sie Text in das Diagramm ein, dabei ist immer das Ergebnis der letztenAuswertung voreingestellt. Machen Sie viel von dieser Möglichkeit Gebrauch!

• Skalierung der Achsen: Rechts-Klick auf eine Achse.

• Die Zoom-Funktion wird mit Alt+Z aufgerufen, Alt+A zeigt wieder alles an.

• Unter Einstellungen - Rechner - Formel kann eine neue physikalische Größe erzeugt werden,die aus Messgrößen berechnet oder manuell in die Wertetabelle eingetragen werden kann.Auf diese Weise kann z. B. aus Strom I(t) und Spannung U(t) der Widerstand R(t) alsFunktion der Zeit berechnet werden.

• Weitere Diagramme zur Darstellung gemessener und berechneter Größen werden unterEinstellungen - Darstellungen angelegt. Beispiel: Erzeugen Sie eine neue Darstellung mitdem Namen “Kennlinie”, dem gemessenen Strom auf der x-Achse und dem berechnetenWiderstand auf der y-Achse

• Die Auswertefunktionen (z. B. Mittelwertbildung, Regressionsanalyse, Integration) sindausführlich in der Hilfe zum Programm dokumentiert. Jede mathematische Auswertungbezieht sich immer auf einen Kurvenbereich, der mit der Maus markiert werden muss.

• Das Programm ist frei verfügbar (s.o.), Sie können Ihre Messergebnisse aus dem Praktikum(*.labx Dateien) auch am eigenen PC zuhause oder im Computerpool auswerten. Messwertekönnen als *.txt Dateien exportiert werden (Datei speichern und Dateityp Textexportauswählen) und mit anderen Programmen (Origin, Excel, ...) importiert werden.

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Kurzanleitung zur Software ORIGIN

Für die Auswertung von Messergebnissen und die Anfertigung grafischer Darstellungen steht inallen Physikpraktika die professionelle Visualisierungs- und Datenanalysesoftware Origin 2016 -2018 zur Verfügung. Die Uni Halle besitzt eine Campuslizenz dieser Software, die sich auch vonzuhause aus (mit VPN) nutzen lässt. Den Link zum Download und eine Installationsanleitungfinden Sie auf der Seite des IT-Servicezentrums der Uni origin.itz.uni-halle.de, Hilfe zum VPNunter itz.uni-halle.de/dienstleistungen/virtual_private_netwok.Der Umgang mit Software ist nicht Gegenstand der Physikausbildung. Origin ist lediglich einAngebot an Sie. Sie können alle Auswertungen und Grafiken auch von Hand in Tabellen bzw.auf Millimeterpapier anfertigen oder beliebige andere Software (z.B. Microsoft Excel,LibreOffice Calc) verwenden.

1. Grundsätzliches

• Alle Daten, Rechnungen und Grafiken werden zusammen in einer Projektdatei gespeichert.Ein leeres Projekt (bei Programmstart) enthält nur die Arbeitsmappe Book1 mit einer x- undeiner y-Spalte zur Eingabe der Daten. Weitere Spalten erzeugt man mittels Rechtsklick in den

leeren Bereich oder mit ., weitere Arbeitsmappen mit Datei - Neu... oder .

• Die Sprache kann im Hilfe Menü kann auf Deutsch oder Englisch eingestellt werden.

• Eine Grafik erhält man am schnellsten, indem man eine oder mehrere y-Spalten markiert (in

den Spaltenkopf klicken) und Zeichnen wählt oder auf einen der Buttons klickt.

• Alle Objekte (z.B. Spaltennamen, Beschriftungen von Achsen, Skalierung von Achsen,Aussehen einer Kurve, Legende) kann man bearbeiten, indem man darauf doppelklickt.

2. Arbeitsmappen

• Die Dateneingabe funktioniert wie in Excel. Weitere Spalten erhält man mit .

• In den Spaltenkopf sollte man immer Langname und Einheiten eingetragen - sie werdenautomatisch in die Achsen-Beschriftung und in die Legende einer Grafik übernommen.

• Spalten als X oder Y setzen: Spalte markieren, Rechtsklick und Setzen als auswählen.

• Rechnen mit Spalten: Formel in das Feld F(x)= eintragen oder Rechtsklick in markierte Spalteund Spaltenwerte errechnen... wählen.

Syntax: Spalte A Spalte B col(A) col(B)

a b / (c + d) a * b / (c + d)

x2 x^2

x sqrt(x)

ex exp(x)

π pi

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3. Grafiken

• Grafik-Fenster enthalten ein oder mehrere Koordinatensysteme, in Origin Layer genannt.

• Verschönern einer Grafik: Doppelklick auf die zu ändernden Dinge (siehe oben).

• Hinzufügen einer weiteren Kurve zu einem bereits existierenden Layer:

Weg1: in der Arbeitsmappe die zu zeichnenden Spalten auswählen und am rechten Rand mitder Maus in die Grafik ziehen

Weg 2: Doppelklick auf das “Layersymbol” links oben im Graph öffnet den DialogLayerinhalt. Dort links die Daten auswählen und den Button klicken.

• Hinzufügen eines weiteren Koordinatensystems oder einer zweiten Achse zu einer bestehen-

den Grafik: Grafik - Neuer Layer (Achsen) wählen oder einen der Buttons drücken.

• Eine Legende hinzufügen oder die bestehende Legende aktualisieren: Grafik - Legende

wählen oder drücken.

• Beliebigen Text in eine Grafik schreiben: drücken und in die Grafik klicken. Text

formatieren mit Format-Buttonleiste (z.B. hoch, tief, griechisch mit )

• Werte aus einer Grafik ablesen mit den Werkzeugen Bildschirmkoordinaten und

Datenkoordinaten .

• Glatte (runde) Kurven durch die Messpunkte zeichnen: Kurve doppelklicken; denDiagrammtyp “Linie + Symbol” wählen; Linie - Verbindung - Spline oder B-Spline

einstellen. Lineare Regression: Analysis - Anpassen - Linearer Fit wählen. Bei mehrerenKurven vorher im Menü Daten die richtige Kurve auswählen. Soll nur ein Teil der Kurve

angepasst werden, dann vorher mit den Werkzeugen Daten-Selektor und Punkte

maskieren den Bereich einschränken. Mit Linearer Fit: Grundpraktikum-Standard

wird die Regression sofort ausgeführt, alle Parameter sind bereits für die meistenAnwendungsfälle im Praktikum sinnvoll eingestellt.

4. Ausdruck von Grafiken und Arbeitsmappen

• Prüfen Sie Ihre Grafiken vor dem Ausdruck genau, vermeiden Sie mehrfache Korrektur-drucke! Im Praktikum werden mehrere 10.000 Seiten pro Jahr gedruckt - das kostet Geld undbelastet die Umwelt. Arbeitsmappen mit sehr vielen Daten (mehrere Seiten) sollen imPraktikum nicht gedruckt werden. Solche mit nur drei Zahlen können Sie abschreiben!

• Mehrere Grafiken und/oder Arbeitsmappen und Text auf einem A4-Blatt anordnen:

Datei - Neu... Layout wählen oder klicken; Rechtsklick auf die Layoutseite um Grafikenoder Arbeitsmappen hinzuzufügen.

• druckt eine Grafik, Arbeitsmappe oder ein Layout unmittelbar auf ein A4-Blatt.

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Einige Naturkonstanten

Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c = 2,997 924 58 108 m/s 300 000 km/s

Gravitationskonstante γ = 6,674 1(3) 1011 N m2 kg2

Fallbeschleunigung im Grundpraktikum g = 9,812 03(2) m/s2

Elementarladung e0 = 1,602 176 62(1) 1019 C

Elektronenruhemasse me = 9,109 383 6(1) 1031 kg

Atomare Masseneinheit u = 1,660 539 04(2) 1027 kg

elektrische Feldkonstante ε0 = 8,854 187 817 1012 A s V1 m1

(Dielektrizitätskonstante des Vakuums)

magnetische Feldkonstante μ0 = 4 π 107 V s A1 m1

(Permeabilität des Vakuums) 1,256 637 ... 106 V s A1 m1

Planck-Konstante h = 6,626 070 04(8) 1034 J s

(Planckschen Wirkungsquantum) = 4,135 667 66(3) 1015 eV s

Avogadro-Konstante NA = 6,022 140 86(8) 1023 mol1

Boltzmann-Konstante k = 1,380 648 5(8) 1023 J/K

molare Gaskonstante R = 8,314 460(5) J mol1 K1

Faraday-Konstante F = 9,648 533 29(6) 104 C/mol

Quelle und weitere Daten: http://physics.nist.gov/cuu/