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PRAKTIKUM Chemie wässriger Lösungen Analytischer Teil für Studierende der Chemie im 2. Semester Institut für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik der Universität Regensburg Als Manuskript zuerst veröffentlicht 2004 von Dr. Klaus-Peter Rueß, geänderter Nachdruck 2012 (Alle Nachdruckrechte vorbehalten)

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PRAKTIKUM

Chemie wässriger Lösungen Analytischer Teil

für Studierende der Chemie im 2. Semester

Institut für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik der Universität Regensburg

Als Manuskript zuerst veröffentlicht 2004 von Dr. Klaus-Peter Rueß, geänderter Nachdruck 2012

(Alle Nachdruckrechte vorbehalten)

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Das Praktikum Chemie wässriger Lösungen, Analytischer Teil für Studierende der Chemie (Bc) wird in den Praktikums-Räumen CH12.0.21 und CH12.0.08 des Instituts für Analytische Chemie, Chemo- und Biosensorik der Universität Regensburg durchgeführt.

Leitung des Praktikums: Prof. Dr. Frank-Michael Matysik Raum Nr. : 12.1.84 Sekretariat: Frau Guber Raum Nr. : 12.1.85 Tel. 0941-943-4547 Fax 0941-943-4491

Organisatorische Abwicklung und Praktikumsleitung vor Ort: Dr. Thomas Hirsch Raum Nr. : 13.4.12 Tel. 0941-943-5712 E-mail: [email protected]

Technische Hilfe bei der Vorbereitung und Durchführung des Praktikums: Joachim Rewitzer Raum Nr. 12.0.08 Tel. 0941-943-4070

Diese Personen sind während der Praktikumszeiten jederzeit ansprechbar.

Sie sind für die Studierenden zusätzlich zu den jeweiligen Gruppenassistenten bei allen vorhandenen oder auftauchenden Problemen technischer oder auch nicht-technischer Art die ersten Ansprechpartner.

Sie stehen auch vor Beginn und nach Ende des Praktikums für Anfragen im begrenzten Ausmaß zur Verfügung.

Man sollte nicht zögern, bei Problemen dieses Angebot rechtzeitig wahrzunehmen.

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Inhaltsverzeichnis

1. Titrimetrische Bestimmungen ........................................................................... 1

2. Iodometrische Bestimmung des Sauerstoff-Gehaltes in Wasser (Winkler-Titration) ............................................................................................ 4

3. Sulfatbestimmung durch konduktometrische Fällungstitration ....................... 11

4. Photometrische Bestimmung des Eisen-Gehaltes in Tabletten ........................ 13

5. Fluorimetrische Chinin-Bestimmung in Getränken .......................................... 20

6. Bestimmung des Nitrat-Gehaltes in Gemüse durch Photometrie .................... 26

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil - Titrimetrische Bestimmungen 1

1. Titrimetrische Bestimmungen

Vorbereitung

Im Versuch Acidimetrie sollen Titrationen mit Hilfe einer pH-Elektrode verfolgt werden und die pH-Werte als Funktion des zugegebenen Volumens an Titrator in Diagramme eingezeichnet werden. Die so erhaltenen Titrationenskurven sind vollständig zu beschreiben und zu diskutieren. Es werden sowohl ein-protonige Säure-Base-Systeme sowie mehr-protonige Säure-Base-Systeme titriert.

Die einzelnen Abschnitte der Titrationskurve eines mehr-protonigen Säure-Base-Systems sind nur dann der Titrationskurve eines ein-protonigen Säure-Base-Systems ähnlich und lassen sich nur dann mit vereinfachten Beziehungen interpretieren, wenn

• die pKa-Werte der Dissoziationsstufen um mindestens drei Einheiten auseinander liegen;

• die pKa-Werte nicht zu niedrig (z.B. H2SO4) oder zu hoch (z.B. K2HPO4) liegen;

• die Komponenten nicht in hoher Verdünnung vorliegen.

Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind (das ist nur selten der Fall), sind die pH-Sprungbereiche für die einzelnen Dissoziationsstufen so gut ausgeprägt, dass die zugehörigen Äquivalenzpunkte graphisch ermittelt werden können. Wenn die pH-Sprungbereiche nicht deutlich ausgeprägt sind, kann man mathematische Verfahren zu Hilfe nehmen, um die Äquivalenzpunkte zu ermitteln.

In Frage kommt z.B. die Bildung der 1. Ableitung der Titrationskurve. Äquivalenzpunkte sind Wendepunkte, an denen die Steigung der Titrationskurve von positiv auf negativ wechselt. Demnach sollte die Kurve der 1. Ableitung an diesen Punkten ein mehr oder weniger gut ausgeprägtes Maximum zeigen, bzw. die inverse Kurve der 1. Ableitung ein Minimum. Für eine berechnete Titrationskurve kann die 1. Ableitung einfach durch Bildung der Differenzen-Quotienten aus den vorgegebenen pH -Werten und den berechneten Titratorvolumina gebildet und graphisch dargestellt werden. Das gelingt besonders gut, wenn die vorgegebenen pH-Werte recht nahe beieinander liegen (pH-Abstand 0,05). Bei experimentell erhaltenen Titrationskurven liegen die gemessenen pH-Werte meist zu weit auseinander; dann sind die so erhaltenen Kurven der 1. Ableitung kaum brauchbar!

Keines der wichtigen 3-protonigen Säure-Base-Systeme und auch die meisten 2-protonigen Systeme können die anfänglich genannten Bedingungen hinsichtlich der Größe und der Abstände der pKa-Werte der einzelnen Dissoziationsstufen gleichzeitig ideal erfüllen. Jede Titrationskurve eines Puffer-Systems, zeigt einen typischen Anfangs-pH-Wert und einen typischen Verlauf. Dieser Versuch soll dazu dienen, Sie mit dem Aussehen und der Interpretation der Titrationskurven solcher Säure-Base-Systeme vertraut zu machen.

Für die experimentelle Aufnahme der Titrationskurve eines Säure-Base-Systems müssen die pH -Werte bei der schrittweisen Titration schnell, exakt und reproduzierbar zu messen sein.

Der pH -Wert ist wegen seiner Definition über die Protonen-Aktivität eine komplexe Größe, denn diese Aktivität ist von Temperatur und Ionenstärke der Lösung abhängig.

)H(logH +−= ap ),()( ITfHa =+ ∑ ⋅⋅= 25,0 ii zcI

Streng genommen sind auch die Säurekonstanten über das Massenwirkungsgesetz und die Aktivitäten der beteiligten Spezies definiert. Die Säurekonstanten sind damit eigentlich gar keine Konstanten, sondern

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2 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil - Titrimetrische Bestimmungen

genau wie der pH -Wert auf eine komplizierte Weise von Temperatur und Ionenstärke der Lösung abhängig. Die Ionenstärke ist ihrerseits von den Gleichgewichts-Konzentrationen der Spezies abhängig. Sie kann bei hohen Konzentrationen und besonders bei mehrfach geladenen Spezies (Phosphat, Citrat) so groß werden (vgl. obige Formel), dass man ihren Einfluss dann auf keinen Fall außer Acht lassen darf.

Um den Schwierigkeiten mit den Säurekonstanten ohne großen Aufwand zu entkommen hat man zwei Möglichkeiten: Man beschränkt sich auf so niedrige Konzentrationen, dass die Abhängigkeit der Säurekonstanten von der Ionenstärke und damit von den Konzentrationen der Spezies praktisch nicht ins Gewicht fällt. Dann können für die Säurekonstanten tabellierte Werte aus Büchern genommen werden. Man kann annehmen, dass diese Bedingungen hier im Versuch bei den vorgegebenen Proben eingehalten werden. Oder, man verwendet Säurekonstanten, die vorher unter definierten experimentellen Bedingungen ermittelt werden, die den Versuchsbedingungen möglichst ähnlich sind. Solche Säurekonstanten nennt man "konditionelle" Säurekonstanten.

1.1 Titration von Säure-Base-Systemen

Vorgehensweise

Der Verlauf der Titrationskurve soll für alle Proben vollständig aufgezeichnet werden. Alle Kurven sind per Hand oder mit Hilfe der zur Verfügung stehenden Computer zu zeichnen und anschließend vollständig zu interpretieren. Die Erstellung und Diskussion der Kurven ist Bestandteil des Testats, d.h. die Auswertung erfolgt während des Praktikumstages. Es ist ausdrücklich erwünscht, zur Auswertung die Hilfe der Assistenten hinzuzuziehen.

Die Titratorlösung NaOH (c = 0,1 mol·L-1) wird durch vom Assistenten bestimmten Studenten immer für alle Praktikumsteilnehmer des Nachmittags in einem 5 L Messkolben aus einer 0,5 M NaOH-Lösung hergestellt.

Zu Beginn des Versuchs macht man sich nach Anweisung durch den Assistenten mit dem Aufbau, der Kalibrierung und der Pflege der Elektroden des pH-Meters vertraut.

Von allen zu titrierenden Proben können zweimal 20 mL (Vollpipette) eingesetzt werden. Die Titration erfolgt ohne Verdünnung in einem 50 mL-Becherglas. Eine Verdünnung würde zwar die Lage des Äquivalenzpunktes nicht beeinflussen, aber den Verlauf der Titrationskurve besonders am Beginn und am Ende verändern.

Von jeder Probe führt man als erstes eine sogenannte Übersichtstitration durch. Die Übersichtstitration dient zur ungefähren Ermittlung der Lage der pH-Sprung- und der Pufferbereiche. Bei diesen Titrationen kann man mit 1 mL-Volumenschritten arbeiten. Die Werte trägt man von Hand in ein Diagramm ein.

Anschließend erfolgt die „genaue“ Titration. Wieder verwendet man 20 mL in einem 50 mL Becherglas. In Bereichen geringer Änderung des pH-Wertes kann mit 1 mL-Volumenschritten titriert werden, bei starker Veränderung des pH-Wertes ist das Zugabevolumen auf ca. 0,5 mL zu verringern. Es gibt auch Pufferbereiche, in denen die Änderungen des pH -Wertes so groß sind, dass die Volumenschritte kleiner sein sollten. Hat man in der Übersichtstitration bemerkt, dass es nach der ersten Titratorzugabe bereits am Anfang der Titration zu einer deutlichen Änderung des pH-Wertes kommt, darf man jetzt auf keinen Fall gleich mit großen Volumenzugaben beginnen! Wenn ein gut ausgeprägter pH-Sprungbereich vorliegt, sollte die Schrittgröße rechtzeitig (d.h. 1 mL vor und nach dem Äquivalenzpunkt) auf ca. 0,5 mL reduziert werden.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil - Titrimetrische Bestimmungen 3

Ist der pH-Sprungbereich dagegen schlecht ausgeprägt, braucht die Schrittgröße nicht so drastisch auf ca. 0,5 mL reduziert werden.

Als erste Probe ist von jedem Studenten Salzsäure zu titrieren. Dies dient zur Kontrolle der Geräte und der Titratorlösung, zur Einübung von Messung und Auswertung und zur Überprüfung der Säurekonstanten der beteiligten Säuren.

Weitere Proben befinden sich in bereits aufgefüllten nummerierten 50 mL-Messkolben. Das Entnahmevolumen für eine Titration beträgt 20 mL (Vollpipette). Jeder Student titriert drei vom Assistenten zugewiesene Proben. Eine Liste der möglichen Säuren hängt im Praktikumslabor aus.

1.2 Titrimetrische Molmassenbestimmung organischer Säuren

Vorgehensweise

Jeder Student erhält vom Assistenten eine Probe einer unbekannten Reinsubstanz. Von dieser Probe ist die gelöste Menge auf dem Kolben angegeben. Füllen sie diesen 100 mL Messkolben bis zur Eichmarke auf.

Als erstes führt man wieder eine Übersichtstitration durch, um festzustellen, ob ein oder zwei Äquivalenzpunkte erkennbar sind und fällt danach die Entscheidung, welcher Äquivalenzpunkt am besten ausgewertet werden kann. Zur Übersichtstitration pipettiert man 20 mL Probe in ein 50 mL Becherglas und titriert mit NaOH der Konzentration 0,04 mol·L-1. Diese Titratorlösung stellt jede Spange (maximal vier Studenten) aus der 0,1 M NaOH-Lösung her. Durch wiederholte genaue Titration ermittelt man den mittleren Verbrauch und bestimmt durch einfache stöchiometrische Berechnung die molare Masse der unbekannten Substanz. An Hand einer ausliegenden Tabelle kann dann die Substanz identifiziert werden.

Weicht das Ergebnis der Molmassenbestimmung zu weit vom tatsächlichen Wert ab, so liegt es im Ermessen des Assistenten, ob dieser Versuchsteil infolge unsauberen Arbeitens mit einer neuen Probe zu wiederholen ist.

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4 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Winkler-Titration

2. Iodometrische Bestimmung des Sauerstoff-Gehaltes in Wasser (Winkler-Titration)

Vorbereitung

Sauerstoff in Gewässern und im Trinkwasser

Für aerobe Bakterien, die in Gewässern oder in Abwasser vorkommen und "Schmutzstoffe" abbauen können, ist elementarer Sauerstoff als Elektronenakzeptor lebensnotwendig. Der Sauerstoff kann auf zwei Wegen in das Wasser gelangen:

• Austausch mit der Atmosphäre und anschließender Transport in tiefere Wasserschichten durch Diffusion und Konvektion;

• Photosynthetische Produktion der Pflanzen und Algen unter Lichteinwirkung. Die Produktion kann so stark sein, dass örtlich sogar Sauerstoff-Übersättigung auftritt.

In stehenden Gewässern nimmt der Sauerstoffgehalt üblicherweise mit zunehmender Distanz zur Gewässeroberfläche ab. Es kann dazu kommen, dass im Bodenwasser nur ganz wenig oder gar kein Sauerstoff enthalten ist. Das oberflächennahe Wasser sollte jedoch einen Mindestgehalt an Sauerstoff von ca. 5 mg·L-1 haben. Meist findet man dort Werte zwischen 8 und 9 mg·L-1. Diese Werte entsprechen bereits der Sättigungskonzentration von Sauerstoff in Wasser (θ = 20 °C).

Der Sauerstoffgehalt des oberflächennahen Wassers kann stark schwanken, denn der Gehalt ist von der Temperatur und auch von der Lichteinstrahlung abhängig. Diese Einflüsse sorgen für einen Jahreszyklus (Einfluss der Temperatur), der zusätzlich von einem Tag-Nacht-Zyklus (Lichteinfluss) überlagert ist. Richtig beurteilen kann man den Sauerstoffgehalt eines Gewässers also erst, wenn man diese Zyklen und die Tiefenverteilung kennt. Eine einmal gezogene Probe kann einen bloßen Zufallswert ergeben.

In gesunden Fließgewässern liegt der Sauerstoffgehalt höher als in stehenden Gewässern. Er ist auch nicht so stark von Zyklen abhängig, sondern eher von der Fließgeschwindigkeit des Wassers und der Durchwirbelung. Man kann Sauerstoffgehalte zwischen 8 und 14 mg·L-1 finden, was bereits über der Sättigungskonzentration (θ = 18 °C) liegt.

Prozesse, die Sauerstoff verbrauchen, sind in der Reihenfolge ihrer Bedeutung:

• der bakterielle Abbau organischer und anorganischer Verbindungen. Er wird in der Gewässerchemie als sog. "biologischer Sauerstoffbedarf" (BSB-Wert) gemessen;

• die Atmung von Fischen und anderen Lebewesen;

• die direkte, nicht-bakterielle Oxidation von organischen und anorganischen Substanzen. Sie wird in der Gewässerchemie dadurch imitiert und gemessen, dass an Stelle von Sauerstoff andere starke Oxidationsmittel (Kaliumpermanganat und -dichromat) verwendet werden: "Permanganatindex" und "chemischer Sauerstoffbedarf" (CSB-Wert).

Grundwasser ist arm an Sauerstoff; Trinkwasser sollte mindestens 4 – 5 mg·L-1 O2 enthalten. Dieser Sauerstoff soll in den metallischen Trinkwasserleitungen für die Ausbildung einer Oxidschutzschicht sorgen und die Leitungen vor Korrosion schützen.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Winkler-Titration 5

Die Chemie der iodometrischen O2-Bestimmung (Winkler-Titration)

Formulieren bzw. vervollständigen Sie alle Reaktionsgleichungen und stöchiometrischen Gleichungen, die im nächsten Abschnitt erwähnt werden, bei der Dokumentation des Versuchs in Ihrem Laborjournal.

Die Iodometrie ist eine titrimetrische Methode zur quantitativen Bestimmung von

• Reduktionsmitteln, die mit elementarem Iod schnell und quantitativ oxidiert werden können. Um sicher zu stellen, dass die Reaktion vollständig verläuft, können die Reaktionsbedingungen sehr variabel gestaltet werden (z.B. Verwendung von Iod im Überschuss und Rücktitration mit Thiosulfat, Abfangen der entstehenden Protonen). Auf diese Weise können viele wichtige Analytmoleküle mit reduktiven Eigenschaften (z.B. SO2, Sulfit und Arsenit, Schwefelwasserstoff, organische Mercaptoverbindungen, Ascorbinsäure u.a.) bestimmt werden.

• Oxidationsmitteln, die zugefügtes Iodid schnell und quantitativ zu einer äquivalenten Stoffmenge Iod oxidieren können. Das gebildete Iod wird anschließend mit Thiosulfat titriert. Auf diese Weise können viele wichtige Analytmoleküle mit starken oxidativen Eigenschaften (z.B. Hypochlorite, H2O2, Ozon, Nitrit, Periodat, u.a.) bestimmt werden.

Der wichtigste Analyt in der Wasserchemie ist der im Wasser gelöste Sauerstoff. Obwohl Sauerstoff ein relativ starkes Oxidationsmittel ist, kann er nicht wie oben beschrieben nach der Thiosulfat-Variante der Iodometrie bestimmt werden. Der gelöste Sauerstoff ist nicht in der Lage, zugefügtes Iodid vollständig und schnell zu elementarem Iod zu oxidieren. Diesen Befund kann man leicht überprüfen: wenn Kaliumiodid in Wasser (das gelösten Sauerstoff enthält) gelöst wird, bleibt die Lösung farblos; es bildet sich kein Iod. Es war der Chemiker Winkler, der einen Trick gefunden hat, den im Wasser gelösten Sauerstoff trotzdem iodometrisch titrieren zu können. Er fand eine Hilfsreaktion, die der Bildungsreaktion von Iod aus Iodid vorgelagert werden kann. Nach dieser Methode wurde der im Wasser gelöste Sauerstoff jahrelang bestimmt, bis vor 20 Jahren eine elektrochemische Methode zur Sauerstoff-Bestimmung (Clark-Elektrode) entwickelt wurde. Heute gewinnen fluoreszenz-optische Verfahren eine immer größere Bedeutung.

Noch heute aber ist die Winkler-Titration als Referenzmethode sehr wichtig. Sie wird benutzt, um Messergebnisse, die mit anderen Sauerstoff-Bestimmungsmethoden erhalten werden, zu validieren, d.h. auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen. Wie jede Titration hat auch die Winkler-Titration gegenüber anderen nicht nasschemischen Bestimmungsmethoden einen großen Vorteil: sie ist eine Absolutmethode und benötigt keine Kalibrierung. Bei der vorgelagerten Hilfsreaktion wird ein zusätzliches Redoxsystem benutzt, dessen reduzierte Form vom gelösten Sauerstoff schnell und vollständig oxidiert werden kann. Bei dieser reduzierten Form handelt es sich um das vorher in alkalischer Lösung aus Mn2+-Kationen hergestellte schwer lösliche Mangan(II)hydroxid, welches in frisch hergestelltem Zustand ein mittelstarkes Reduktionsmittel ist:

Mn2+ + 2 OH- Mn(OH)2

Seine oxidierte Form ist das Mangan(III)hydroxid.

Wie man an der Gesamt-Redodoxgleichung erkennt, ist die Hilfs-Redox-Reaktion und damit das reale ΔEreal nicht vom pH-Wert abhängig. Die pH-Unabhängigkeit ist für den vollständigen Ablauf der Hilfsreaktion sehr wichtig! Während diese Redoxreaktion (Sauerstoffbindungs-Reaktion) abläuft, muss ein stark basisches Milieu herrschen, damit sich das Mangan(II)hydroxid als Feststoff überhaupt erst bilden kann und dann als Bodenkörper auch beständig bleibt. Das dafür benötigte stark basische Milieu darf aber die Oxidationskraft des Sauerstoffs nicht herabsetzen!

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6 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Winkler-Titration

Auch beide an der Reaktion beteiligten Manganhydroxide haben unter realen Bedingungen keinen Einfluss auf ΔE. Bei diesen beiden Substanzen handelt es sich um Festkörper, die im Konzentrationsglied der Nernst´schen Gleichung keine Auswirkungen haben. Es bleibt noch der Einfluss durch die real vorliegende O2-Konzentration im Wasser zu bedenken. Nimmt man einen (für Gewässer niedrigen) Sauerstoffgehalt von 1 mg·L-1 an, so kann man mit der Nernst-Gleichung berechnen, dass selbst eine so niedrige Sauerstoffkonzentration die Triebkraft der Oxidationsreaktion nicht wesentlich schwächt. Zur Berechnung mit der Nernst-Gleichung muss die O2-Massenkonzentration zunächst in die O2-Stoffmengenkonzentration und dann in den O2-Partialdruck umgerechnet werden:

( ) ( ) ( )( ) L

mmol031,0

Lmol

1031,0

molg

32

Lg

10

OO

OL

mg1O 4

3

2

222 =⋅===→= −

Mc

ββ

( ) ( ) ( )22 OO cTp ⋅= α mit ( )mmol

Lbar8,0O2

298 ⋅=α ( ) bar 105,2O 22

−⋅=p

Die detaillierte Reaktionssequenz für die Fällungs-Redox-Reaktion wurde im Seminar zum Praktikum erläutert.

Diese schnell und vollständig ablaufende Sauerstoffbindungs-Reaktion bietet der analytischen Wasserchemie einen großen Vorteil: man kann Wasserproben entnehmen und den Sauerstoff unmittelbar vor Ort in Form einer äquivalenten Stoffmenge des Mangan(III)hydroxids fixieren. Es besteht dann keine Gefahr, dass sich der Sauerstoffgehalt verändert

• bei Lagerung und Transport der Wasserprobe, z.B. wenn sich das Wasser erwärmt;

• durch in der Probe ablaufende O2-verbrauchende oder bildende Prozesse.

Wenn die Lösung, in der das Mangan(III)hydroxid als Bodensatz enthalten ist, angesäuert wird, geht der Bodensatz in Lösung. Dabei bilden sich neben Mn2+-Kationen auch Mn3+-Kationen. Diese Mn3+-Kationen sind sehr starke Oxidationsmittel! Ihr Redoxstandardpotential ist größer als das von Permanganat! Die Mn3+-Kationen können also zugesetztes Iodid schnell und vollständig zum elementaren Iod oxidieren.

E0 (Mn3+ / Mn2+) = 1,51 V E0 (I2 / 2 I−) = 0,535 V

Kombiniert man die Fällungs-Redox-Reaktion mit der Iod-Bildungreaktion, entfallen alle Komponenten, die an den Hilfsreaktionen beteiligt sind. Man erhält die Reaktionsgleichung für eine hypothetische analytische Redoxreaktion zwischen O2 und Iodid. Aber: diese Reaktion würde ohne die Hilfsreaktionen gar nicht vollständig ablaufen, sondern nur zum Gleichgewicht führen. Zuletzt wird das gebildete Iod mit Thiosulfat titriert. So erhält man am Ende die Reaktionsgleichung, die man der quantitativen Bestimmung des Analytmoleküls O2 mit dem Reagenz Thiosulfat formal – das heißt für die Berechnung – zu Grunde legen muss. Aus dieser formalen Reaktionsgleichung ist die Beziehung zu entwickeln, mit der man den O2-Gehalt des Wassers aus dem Verbrauch an Thiosulfat-Lösung berechnen kann.

Im Protokoll sind die Stoffmengenverhältnisse anzusetzen und nach der der Stoffmenge und der Masse von O2 aufzulösen.

Als Endergebnis ist die Massenkonzentration des Sauerstoffs in der Probenlösung gesucht. Dafür müssen das Probenvolumen VPr und auch die bei der Fällungsreaktion zugegebenen Volumina der Reagenzlösungen VRg (NaOH- und Mn2+-Lösung) berücksichtigt werden.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Winkler-Titration 7

Weil man die Bestimmung in einer Flasche mit bekanntem Volumen durchführt, wird durch das Reagenzvolumen ein entsprechendes Volumen der Probenlösung verdrängt und bei der Bestimmung nicht mit erfasst. Die Gleichung für die Ermittlung der Massenkonzentration des Sauerstoffs ist zu entwickeln.

Durchführung

Bei Gehaltsangaben von Lösungen bedeuten die Zeichen:

≈ ungefährer Gehalt der Lösung; Herstellung mit Oberschalenwaage und Messzylindern.

≅ ziemlich genauer Gehalt der Lösung, aber keine Maßlösung; Herstellung mit Oberschalen-waage, Messzylindern; Messkolben; Dosierung mit Dispensetten.

= genauer Gehalt der Lösung: Maßlösungen (Titratorlösungen) und Standardlösungen; Herstellung mit Analysenwaagen und Messkolben; Dosierung mit Büretten und Pipetten mit höchster Genauigkeit.

Benötigte Reagenzien und Lösungen für vier 4er-Gruppen mit 8 - 10 Bestimmungen pro 4er-Gruppe.

Mangan(II)chlorid-Lösung (Gruppe 1 & 2)

V ≅ 500 mL β (MnCl2·4H2O) ≈ 800 g·L-1

Herstellung aus Mangan(II)chlorid MnCl2·4H2O und entionisiertem Wasser: 400 g des Salzes auf einer Oberschalenwaage in einem 1 L Becherglas einwiegen, durch Zugabe von ca. 500 mL Wasser (Messzylinder) lösen und wenn nötig filtrieren. Die Lösung für die vier 4er-Gruppen auf vier Glasflaschen verteilen.

Fällungsreagenz-Lösung (Gruppe 3 & 4)

V = 500 mL

Bei der Lösung handelt es sich um eine alkalische Iodid-Lösung. Dieser Lösung wird etwas Natriumazid zugesetzt, wenn natürliche Wasserproben untersucht werden sollen. Mit Natriumazid soll die Störsubstanz Nitrit entfernt werden, die in natürlichen Wasserproben vorkommen kann.

Für Natriumazid gilt: T+

R-Sätze: 28 - 32 Natriumazid ist sehr giftig beim Verschlucken (warum?); Entwickelt bei Säurezusatz sehr giftige Gase (welche?) S-Sätze: 28 - 45 Mit viel Wasser waschen; bei Unfall Arzt hinzuziehen; Besondere Maßnahmen bei der Einwaage: Verschütten vermeiden.

Besondere Maßnahmen beim Umgang mit der Lösung und der Dosierung: Verschütten und Verspritzen vermeiden bzw. sofort beseitigen. Beim Aufwischen Handschuhe tragen!

Herstellung im 1-L Becherglas: Unter Eiskühlung 180 g NaOH lösen in ca. 460 mL entionisierten Wasser und abkühlen lassen. Dann 50 g KI darin auflösen. Wenn natürliche Wasserproben untersucht werden sollen: Obige Lösung vereinigen mit einer Lösung von 2 g Natriumazid in ca. 40 mL Wasser. Das ungefähre Endvolumen soll 500 mL betragen. Die Lösung für die vier 4er-Gruppen auf vier Glasflaschen verteilen.

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Phosphorsäure-Lösung (Es kann die käufliche Phosphorsäure mit diesem Gehalt verwendet werden)

V = 1 L β (H3PO4) ≈ 85% ρ ≈ 1,71 g·mL-1

Titrator-Lösung: Natriumthiosulfat (Gruppe 5)

V = 2 L c ( −232OS ) = 0,01 mol·L-1 M(Na2S2O3·5H2O) = 248,2 g·mol-1

Herstellung aus 100 mL einer volumetrischen Stammlösung mit c ( −232OS ) = 0,1 mol·L-1.

Indikator-Stärke-Lösung (Diese Lösung steht zur Verfügung)

Probennahme der Wasserproben

In jeder Platzausrüstung befinden sich drei Glasflaschen (ca. 290 mL) mit eingeschliffenem Glasstopfen. Ihre Volumina müssen genau bestimmt werden. Normalerweise werden für Probennahme und anschließende Titration sog. "Sauerstoff-Flaschen" verwendet, die einen passend geformten Hals und einen abgeschrägten Stopfen haben. Auch ist ihr Volumen niedriger. Hier im Versuch werden kostengünstige, laborübliche Glasflaschen ohne spezielle Stopfen benutzt, deren Hals etwas eng ist. Der enge Hals macht die Befüllung, das große Volumen macht die sachgerechte Reagenzzugabe etwas schwierig. Also umsichtig vorgehen.

Als Proben werden von einer 4er-Gruppe untersucht:

1) Normales Leitungswasser: alle Mitglieder einer 4er-Gruppe nehmen jeweils eine möglichst identische Probe;

2) Zwei unterschiedlich lange mit gasförmigem N2 behandelte Leitungswasser-Proben: werden von 2 Mitgliedern einer 4er-Gruppe untersucht;

3) Zwei unterschiedlich lange mit Luft in Kontakt gebrachte Leitungswasser-Proben (mehrfaches Umgießen) werden von 2 Mitgliedern einer 4er-Gruppe untersucht;

4) Alternativ zu 2) und 3) können auch natürliche Wasserproben untersucht werden.

Für alle Probennahmen gilt:

• Die Messung der Wassertemperatur der Probe ist bei der Probennahme erforderlich.

• Die Flaschen müssen mit dem Probenwasser vorgespült werden.

• Die Flaschen werden in das Probenwasser eingetaucht und so vorsichtig gefüllt, dass beim Füllvorgang keine Turbulenzen und Verwirbelungen auftreten. Das Wasser muss also langsam in die Flasche hineinlaufen.

• Die Flaschen werden bis zum Rand gefüllt und dann durch geschicktes Eindrehen des Stopfens so verschlossen, dass überflüssiges Wasser verdrängt wird. In der gut verschlossenen Flasche darf sich am Ende keine Luftblase mehr befinden.

Spezielle Hinweise zur Probennahme von Leitungswasser-Proben:

• Der Sauerstoffgehalt des Leitungswassers ist abhängig von der Art, wie die Wasserprobe genommen wird. Da alle Mitglieder der Gesamtgruppe eine möglichst identische Probe ziehen sollen, wird am besten wie folgt vorgegangen: Vor der Probennahme lässt man zunächst reichlich Wasser, das in der Leitung gestanden hat, abfließen. Dann wird ein Schlauch an die Leitung angeschlossen und das Wasser im langsamen Fluss vom Hahn zum Boden eines Eimers geleitet.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Winkler-Titration 9

Wenn der Eimer gefüllt ist, können die Proben einer 4er-Gruppe aus einer Eimerfüllung genommen werden.

• Aus dem Restwasser wird ein 1 L-Becherglas ohne Verwirbelung gefüllt und unterschiedlich lange (2 min, 4 min) N2 eingeleitet. Mit dem so behandelten Wasser werden zwei Glasflaschen für die Proben 2 vorsichtig befüllt.

• Aus dem Restwasser werden die Proben 3 hergestellt.

Durchführung der Bestimmung für jeden einzelnen Studierenden

• Achten Sie auf die Benutzung der jeweils richtigen Pipetten! Deshalb: Markieren Sie drei 5 mL-Messpipetten für die drei verschiedenen Reagenz-Lösungen. Sie können dann von mehreren Studierenden ohne Zwischenreinigung benutzt werden.

• Bei den Reagenzzugaben können alle Proben einer Gruppe synchron behandelt werden.

• Alle im Folgenden genannten Zugaben sind für Flaschenvolumina von ca. 300 mL gedacht.

• Wenn kleinere Flaschen verwendet werden sollten die Zugabevolumina angepasst werden.

1) Die Flasche wird durch Abnahme des Stopfens geöffnet. Mit der Messpipette (keine Vollpipette!) werden 3 mL der Mangan(II)chlorid-Lösung auf folgende Weise zugegeben: Die Pipettenspitze wird so weit wie möglich unter die Flüssigkeitsoberfläche getaucht. Die Lösung muss aber noch langsam auslaufen können. Wegen der großen Dichte der hoch konzentrierten Mangan(II)chlorid-Lösung sollte die Lösung ohne starke Vermischung zum Boden der Flasche absinken. Das muss an der Schlierenbildung gut erkennbar sein.

2) Wie im 1. Schritt wird mit einer anderen Pipette 3 mL der Fällungsreagenzlösung unter die Oberfläche eintauchend zugegeben. Auch diese Lösung muss wegen ihrer hohen Dichte zum Boden absinken. Dort kommt es zur Bildung des schwer löslichen Mangan(II)hydroxids. Nach der Zugabe wird die Flasche durch Eindrehen des Stopfens luftblasenfrei verschlossen. Dabei fließt das durch die Reagenzzugabe verdrängte Probenwasser aus dem Flaschenhals ab. Es wird bei der Berechnung berücksichtigt. Dann werden die Niederschläge 30 min lang durch Umschütteln der Flaschen (Stopfen festhalten) mit dem Gesamtwasser in Kontakt gehalten, so dass der gelöste Sauerstoff auf den Niederschlag einwirken kann.

3) Nach der Sauerstoff-Fixierung kann die Flasche längere Zeit (maximal 2 Tage) im Dunkeln stehen bleiben. Dabei sinkt der Niederschlag bestehend aus Mangan(III)hydroxid auf den Boden. Die Flasche sollte frühestens nach ca. 45 min geöffnet werden. Bei 300 mL-Flaschen kann die Hälfte des überstehenden Wassers, in dem sich kein Sauerstoff mehr befindet, abgesaugt oder abpipettiert werden. Dabei darf der Niederschlag nicht aufgewirbelt werden, sonst würden Verluste entstehen. Bei kleineren Flaschen kann der Inhalt in der Flasche verbleiben.

4) Bei 300 mL-Flaschen werden 4 mL der Phosphorsäure-Lösung mit einer Messpipette, die bis unmittelbar über dem Niederschlag eintaucht, zugegeben. Die Flasche wird zur Vermeidung von Verlusten mit dem Stopfen verschlossen (Iod ist flüchtig!) und bis zur Auflösung des Niederschlages geschwenkt. Dann ist die Iod-Bildungs-Reaktion abgeschlossen.

5) Die Titration der entstandenen Iod-Lösung erfolgt nach der Umfüllung (Nachspülen nicht vergessen) in einen Weithalserlenmeyerkolben. Man sollte zunächst ohne Indikator und möglichst schnell titrieren bis nur noch eine schwach gelbe Färbung erkennbar ist. Durch gutes Umschwenken während der Titration muss eine Übertitration vermieden werden. Gegen Ende der Titration wird

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10 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Winkler-Titration

mit 5 Tropfen der Indikator-Stärkelösung versetzt und zu Ende titriert. Der Umschlag von violett nach farblos ist leicht zu erkennen.

Die Versuchsdurchführung inklusive aller Reaktionsgleichungen und Beobachtungen ist im Laborjournal zu protokollieren. Jeder Studierende ermittelt die Sauerstoffkonzentration der von ihm bestimmten Proben. Die ermittelten Sauerstoffkonzentrationen für mit Stickstoff, bzw. mit Luft angereichterten Proben sind innerhalb einer Vierergruppe zu vergleichen und im Protokoll zu diskutieren.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Konduktometrie 11

3. Sulfatbestimmung durch konduktometrische Fällungstitration mit BaCl2

Konduktometrische Analysemethoden nutzen die spezifische Leitfähigkeit von Elektrolytlösungen zur Gehaltsbestimmung ionischer Bestandteile. Man unterscheidet je nach Aufgabe und Messanordnung zwischen

• Bestimmungsverfahren: Bestimmung der Elektrolytkonzentration durch Messen ihrer spezifischen Leitfähigkeit. Die Auswertung erfolgt hierbei anhand von Eichkurven.

• Indikationsverfahren: Kontinuierliches Messen der Änderung der spezifischen Leitfähigkeit einer Probelösung während einer Titration. Die Elektrolytkonzentration wird aus dem Äquivalenzpunkt der Titrationskurve bestimmt.

Bei Leitfähigkeitsmessungen bestimmt man den Leitwert L als reziproken Wert des elektrischen Widerstandes:

RL

1= [Ω-1; S]

Bei Elektrolytlösungen ist dies der Leitwert eines definierten Elektrolyt-Volumens, das sich innerhalb einer Messzelle zwischen zwei Metallplatten als Messelektroden befindet. Der Leitwert hängt dabei zum einen von der Eigenschaft der Elektrolytlösung (Ionenart, Konzentration, Dissoziationsgrad) sowie von der Geometrie der Messzelle (Elektrodenfläche A, Elektrodenabstand l) ab. Aus der Geometrie der Messzelle lässt sich die Zellkonstante C bestimmen:

Al

C =

Durch Multiplikation des Leitwertes mit der Zellkonstante erhält man die spezifische Leitfähigkeit κ, die unabhängig von der Geometrie der Messzelle ist:

CR

⋅= 1κ

Bei der konduktometrischen Titration wird meist eine Punkt-für-Punkt-Messung durchgeführt. Die Messzelle taucht dabei in ein Becherglas welches die Probenlösung enthält. Mittels Bürette oder Pipette wird dann tropfenweise Titrationslösung zugegeben. Die Leitfähigkeit wird am Konduktometer abgelesen und zusammen mit dem Titrationsvolumen tabelliert. Das Konduktometer ist vereinfacht dargestellt eine Wheatstone’sche Brücke, welche den geänderten Messwiderstand abgleicht.

Wichtige Voraussetzungen für eine geeignete Konzentrationsbestimmung durch konduktometrische Titration ist die gut messbare Änderung der elektrischen Leitfähigkeit im Verlauf der Titration: Für den Titrationsbereich vom Beginn bis zum Äquivalenzpunkt, sowie für den nachfolgenden Bereich mit Titratorüberschuss sollten zwei Kurvenäste messbar sein, deren Steigungen sich möglichst stark

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12 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Konduktometrie

(idealerweise auch noch im Vorzeichen) unterscheiden. Diese Voraussetzungen werden am ehesten erfüllt, wenn folgende Randbedingungen gegeben sind:

• Hohe Ionenleitfähigkeiten der reagierenden Komponenten, geringe Leitfähigkeit des Reaktionsproduktes (oder umgekehrt);

• Proben- und Maßlösung in nicht zu geringer Konzentration (idealerweise zwischen 0,1 und 1 M Lösungen);

• Geringe Konzentration an Fremdelektrolyten in der Probelösung, die an der Titrationsreaktion nicht teilnehmen.

Leitfähigkeitsmessungen werden stark durch die Temperatur beeinflusst. Als Faustregel gilt: Eine Temperaturerhöhung um 1 °C bewirkt eine Zunahme der spezifischen Leitfähigkeit um etwa 2%. Bei modernen Messgeräten wird daher eine automatische Temperaturkompensation vorgenommen und das Ergebnis auf eine Referenztemperatur (25 °C) umgerechnet.

Vorgehensweise

Von jedem Studenten werden 100 mL des zu untersuchenden Wassers in ein 150-mL-Becherglas überführt und die Leitfähigkeitsmesszelle installiert. Es wird mit 0,100 M BaCl2-Lösung titriert. Alle 100 μL (Zugabe mittels Eppendorfpipette) wird die spezifische Leitfähigkeit gemessen und zusammen mit dem entsprechenden Titrationsvolumen graphisch dargestellt. Es wird solange titriert, bis zwei lineare Kurvenäste extrapolierbar sind. Der Schnittpunkt beider Äste liefert den Äquivalenzpunkt der Titration. Die Titration ist zweimal zu wiederholen. Tragen Sie alle Titrationen in ein Diagramm ein, bestimmen Sie die Ausgleichsgeraden und berechnen Sie hieraus den Sulfatgehalt der Probe in mg Sulfat/Liter.

Anmekung: Nach beginnender Sulfatfällung, die sich durch Trübung der Lösung bemerkbar macht, darf nur noch sehr langsam titriert werden; nur dann ergeben sich zuverlässige Messwerte!

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Photometrie 13

N N

o-Phenanthrolin (Phen)pKa = 4,9

4. Quantitative photometrische Bestimmung des Eisen-Gehaltes in Tabletten

Bedingungen für analytisch nutzbare Komplexbildungsreaktionen

Die direkte photometrische Bestimmung der Konzentration von Schwermetallkationen unter Ausnutzung des Lambert-Beer´schen Gesetzes ist selten möglich, weil die ε-Werte der Kationen für eine ausreichend empfindliche Bestimmung zu niedrig sind (ε < 5 L·mol-1·cm-1). Außerdem könnten andere gefärbte Kationen (Cu2+, Ni2+, Co2+) die Bestimmung stören.

Das Problem der niedrigen ε-Werte kann wie folgt gelöst werden: Die Schwermetallkationen werden durch vollständige Komplexbildung in gefärbte, stabile Chelat-Komplexe überführt, deren ε-Werte viel größer sind, als die ε-Werte der Kationen selbst. Für den Fe2+-Phenanthrolin-Komplex [Fe(Phen)3]2+ wurde z.B. gefunden: ε ≈ 1·104 L·mol-1·cm-1.

Eine Überschlagsrechnung zeigt, dass mit diesem ε-Wert empfindliche photometrische Bestimmungen von Fe(II)-Kationen (d = 1 cm und 0,1 < A < 1) möglich sind.

Weitere spezielle Anforderungen an Komplexbildungsreaktionen, die für quantitative photometrische Bestimmungen genutzt werden sollen, sind:

• Die Komplexbildung muss schnell ablaufen und eine bekannte Stöchiometrie haben. Diese Anforderung ist bei Komplexbildungsreaktionen meist (nicht immer) erfüllt.

• Die Komplexbildungsreaktion muss für die Analyt-Kationen spezifisch sein. Andere Kationen dürfen mit dem verwendeten Liganden keine gefärbten Komplexe bilden. Diese Bedingung kann für viele Analyt-Kationen durch Synthese von speziellen Ligandmolekülen erfüllt werden. Die Ligandmoleküle selbst dürfen aber nicht in dem Wellenlängen-Bereich absorbieren, in dem der Komplex absorbiert. Diese Forderung ist leicht zu erfüllen, denn die meisten Ligandmoleküle sind nicht farbig und absorbieren im langwelligen UV, also bei niedrigeren Wellenlängen als die farbigen Komplexe.

• Ligand und Komplex müssen im Testmedium gut löslich sein. Für das Testmedium Wasser ist diese Forderung nicht immer leicht zu erfüllen. Viele organische Ligandmoleküle und Komplexe sind in Wasser nicht gut löslich (z.B. Nickeldiacetyldioxim). Auch hier können die synthetischen Möglichkeiten der organischen Chemie Abhilfe bringen: in die Ligandmoleküle können dann zusätzliche hydrophile Gruppen eingebaut werden, die deren Wasserlöslichkeit erhöhen.

• Die Komplexbildungsreaktion muss (fast) vollständig verlaufen. Es soll am Ende nur die am höchsten komplexierte Form vorliegen. Diese Voraussetzung gilt z.B. für den Komplex [Fe(Phen)3]2+. Im Gleichgewicht liegen (fast) keine freien Fe(II)-Kationen vor, wenn eine ausreichend hohe Ligandkonzentration cL eingesetzt wird oder wenn sogar ein deutlicher stöchiometrischer Ligand-Überschuss eingesetzt wird. Im Gleichgewicht liegt von den drei möglichen Komplex-Spezies (fast) nur die am höchsten komplexierte Spezies M(Phen)3 vor. Die Komplexbildung wird dann als vollständig angesehen, wenn im Gleichgewicht das Verhältnis der Konzentrationen von der am höchsten komplexierten Spezies zum nicht komplexierten Metall(kation) größer ist als 1000. Zur Überprüfung, ob diese Bedingung erfüllt ist, wird zur Berechnung die Gleichgewichts-Konzentration

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14 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie

des Liganden benötigt. Da diese Konzentration nicht bekannt ist, muss für eine erste Abschätzung die bekannte, am Anfang eingesetzte Ligandkonzentration benutzt werden. Das führt zu guten Ergebnissen, wenn bei diesen Komplexbildungsreaktionen der Ligand im großen Überschuss eingesetzt wird, um das Gleichgewicht völlig auf die Seite der vollständigen Komplexbildung zu verschieben!

• Die Komplexbildungsreaktion muss bei einem optimal angepassten pH-Wert und in einem geeigneten Puffersystem ablaufen.

Benötigte Reagenzien und Lösungen

1) Eisen-Standardlösung (Gruppe 1)

Volumen: 1 L; Ungefähre Fe-Soll-Konzentration: βSt(Fe) ≈ 40 mg·L-1; M(Fe) = 55,84 g·mol-1

Herstellung aus Ammonium-Eisen(II)-sulfat (sog. Mohr´sches Salz) M(FeSO4·(NH4)2·6H2O) = 392,14 g·mol-1 und Schwefelsäure-Lösung 2a). Mohr´sches Salz im Wägeschiffchen einwiegen. Mit der tatsächlichen Einwaage die genauen Fe-Test-Konzentrationen in den sechs Standard-Probenlösungen berechnen. Einwaage quantitativ in einen 1 L-Messkolben überführen und mit 0,02 mol·L-1 Schwefelsäure-Lösung 2a) auf das Endvolumen 1 L auffüllen.

Mit der Fe-Standardlösung füllt jede 4er-Gruppe zwei 25 mL-Dosierbürette(n). Saubere Bechergläser, Trichter usw. benutzen.

2) Schwefelsäure-Lösungen 2a) und 2b) (Gruppe 2)

2a) Volumen: 2 L; c(H2SO4) = 0,02 mol·L-1;

2b) Volumen: 0,5 L; c(H2SO4) = 1,5 mol·L-1; M(H2SO4) = 98,1 g·mol-1

Sachgerechte Herstellung aus konz. Schwefelsäure ρ = 1,84 g·mL-1, Etikettangabe 96% (was ist damit gemeint?) und bidest. Wasser.

3) Natriumacetat-Lösung (NaAc) (Gruppe 3)

Volumen: 0,8 L; c(NaAc) = 0,225 mol·L-1; M(NaAc·3H2O) = 136,1 g·mol-1

Herstellung aus Natriumacetat Trihydrat p.a. (Eisengehalt: < 0,0005%) und bidest Wasser. Einwaage berechnen und auf Oberschalenwaage in einem Becherglas einwiegen. Benötigtes Volumen bidest. Wasser (Messzylinder) zugeben und bis zur Auflösung rühren.

Mit der Lösung wird die Vorratsflasche der entsprechenden Dispensette gefüllt.

4) Essigsäure-Acetat-Puffer mit Hydroxylammoniumchlorid (0,5 g·L-1) (Gruppe 4 & 5)

Benötigt wird ein Acetat-Puffer (ca. 3 L) mit folgenden Eigenschaften: Gesamt-Acetat-Stoffmengenkonzentration c(Ac) = 1 mol·L-1; Soll-pH-Wert 3,6 – 3,8.

Herstellung des Puffers aus zwei Stammlösungen:

1. 500 mL Lösung Natriumacetat-Trihydrat: c(NaAc) = 1 mol·L-1; M(NaAc·3H2O) = 136,1 g·mol-1

Natriumacetat auf einer Oberschalenwaage in ein Becherglas einwiegen, in ca. 400 mL entionisiertem Wasser auflösen, in einen 500 mL-Messkolben überführen und auffüllen.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Photometrie 15

2. 3 L Essigsäurelösung (HAc): c(HAc) = 1 mol·L-1; Herstellung aus Eisessig: M(HAc) = 60,05 g·mol-1, Dichte ρ(HAc) = 1,05 g·mL-1. Das berechnete Volumen des Eisessigs (Messzylinder) im Messkolben mit ention. Wasser verdünnen, 1 g Hydroxylammoniumchlorid zufügen und auf das Endvolumen auffüllen.

Berechnen Sie, welche Volumina der Stammlösungen benötigt werden, um den gewünschten Puffer herzustellen.

Der pH-Wert des hergestellten Puffers wird am pH-Meter überprüft. Er sollte nicht viel niedriger sein als 3,8 und wird gegebenenfalls mit starker Säure (Base) eingestellt.

5) o-Phenanthrolin-Lösung:

Volumen: 0,5 L; β(Phen) ≈ 3 g·L-1; c(Phen) ≈ 15 mmol·L-1; M(Phen) = 198,23 g·mol-1

Herstellung aus o-Phenathrolin-Monohydrat. Da sich die Verbindung nur langsam löst, wurden die Lösungen vorbereitet. Mit der Lösung wird die Vorratsflasche der entsprechenden Dispensette gefüllt.

Proben-Vorbereitung für die Mitglieder einer Laborspange:

Für eine Gruppe wird 1 Tablette eingewogen. Aus ihr wird eine gemeinsame Tabletten-Stammlösung hergestellt. Aus dieser Stammlösung werden vier individuelle Tabletten-Probenlösungen (mit dem gleichem Probenverdünnungsfaktor!) hergestellt.

1) Herstellung einer gemeinsamen Tabletten-Stammlösung für eine Gruppe.

Eine Tablette einwiegen und alle Etikettangaben für die spätere Auswertung notieren. Die Tablette wird in einem 100 mL-Becherglas mit 25 mL (Messzylinder) 1,5 mol·L-1-H2SO4-Lsg. (Lösung 2b) versetzt und auf einer Heizplatte bis zum Kochen erhitzt (Glasstab einsetzen, Becherglas mit Uhrglas abdecken). Für Brausetabletten wegen der Spritz- und Schäumgefahr zunächst 25 mL bidest. Wasser verwenden. Wenn das Aufschäumen vorbei ist, 25 mL der 1,5 mol·L-1-H2SO4-Lsg. (Lösung 2b) zusetzen. Dann im nächsten Schritt nicht mehr verdünnen!

Mit ca. 25 mL bidest. Wasser verdünnen und die Lösung verlustfrei (Glasstab benutzen) in einen 100 mL Messkolben überführen. Mehrmals mit kleinen Portionen bidest. Wasser so nachspülen, dass die quantitative Überführung der Probe gewährleistet ist. Mit bidest. Wasser auf das festgelegte Endvolumen VSt = 100 mL auffüllen und gut mischen. Die Lösung kann trüb sein.

Wenn die so hergestellte Tabletten-Stammlösung noch trübe ist, kann sie durch einen (trockenen!) Faltenfilter filtriert werden. Trocken muss der Faltenfilter sein, weil nach der Auffüllung auf 100 mL keine unbekannte Verdünnung der Stamm-Lösung eintreten darf!

2) Verdünnung der Tabletten-Stammlösung (Festlegung Probenverdünnungsfaktor):

Jedes Mitglied einer 4er-Gruppe muss eine eigene Proben-Verdünnung durchführen, weil hier eine große potentielle Fehlerquelle liegt. Ein eventueller Pipettierfehler vervielfacht sich bei der Auswertung durch Multiplikation mit dem Probenverdünnungsfaktor.

Der Proben-Verdünnungsfaktor ist vom Eisengehalt der Tablette abhängig! Die Verdünnung muss so gewählt werden, dass in der herzustellenden Probenlösung ungefähr die Fe-Konzentration vorliegt, die auch in der Fe-Standardlösung herrscht: βSt(Fe) ≈ 40 mg·L-1.

Berücksichtigen Sie bei der Festlegung der Proben-Verdünnung auch:

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16 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie

• Bei der Verdünnung dürfen nur Vollpipetten und Messkolben benutzt werden!

• Nach der Verdünnung muss ein so großes Probenvolumen vorhanden sein, dass für den Test mehrere Einzelproben eingesetzt werden können (vgl. nächster Schritt). Es wird mit bidest. Wasser auf das Endvolumen VPr aufgefüllt. Gut mischen!

3) Wahl der Probenvolumina, die alle Mitglieder einer Laborspange für den Test einsetzen!

Von jeder Tabletten-Probenlösung werden im Test drei verschiedene Proben-Volumina (7a, 7b, 7c) eingesetzt, wie in der nachfolgenden Arbeits-Tabelle beschrieben. Die einzusetzenden Probenvolumina schätzt man so ab, dass die im Testvolumen herrschenden Fe-Konzentrationen innerhalb des Konzentrationsbereiches der Standardproben liegen!

Beim hier beschriebenen Testablauf kommen als Proben-Volumina in Frage:

- Maximal: 5 mL → dann im 2. Schritt der Arbeitstabelle kein Wasser zusetzen;

- Minimal: 1 mL → dann im 2. Schritt der Arbeitstabelle mit 4 mL Wasser (oder H2SO4) ergänzen;

- Immer gilt: → im 2. Schritt der Arbeitstabelle mit Gemischen aus Wasser und Lsg. 2 so auf 5 mL ergänzen, dass danach eine Protonenkonzentration von ca. 0,04 mol·L-1 vorliegt.

Durchführung der Bestimmung für jeden einzelnen Studierenden!

In der Arbeits-Tabelle auf der nächsten Seite ist der Ablauf des Tests beschrieben. In den nicht nummerierten Zeilen ist erläutert, warum die Zugaben erfolgen und was dadurch im Testsystem verändert wird. Durch die Zugaben müssen zwei Ziele erreicht werden:

1. In den Standard- und Analysen-Proben müssen am Ende Bedingungen (Volumen, pH-Wert, Konzentrationen) vorliegen, die innerhalb des Toleranzrahmens der Methode identisch sind. Das Volumen ist durch das gemeinsame Testvolumen festgelegt.

2. Die eingesetzten Volumina der Analysen-Proben müssen so sein, dass die im Testvolumen herrschenden Fe-Konzentrationen innerhalb des Konzentrationsbereiches der Standardproben liegen! Das wurde bereits bei der Probenvorbereitung überlegt!

Im Schritt 3 wird die ziemlich saure Probenlösung durch Zugabe von Natriumacetat als Pufferanion auf einen Soll-pH-Wert von ca. 3,8 abgepuffert. Wenn dadurch der angestrebte pH-Wert nicht ganz erreicht wird, so ist das tolerabel, weil eine eventuelle Abweichung durch Zugabe des großen Puffervolumens im Schritt 4 ausgeglichen wird.

In diesem Schritt erfolgt auch die Reduktion von potentiell vorhandenen Fe(III)- zu Fe(II)-Kationen, die für die Komplexbildungs-Reaktion benötigt werden.

Fe(III)-Kationen sind entweder von vornherein in der Probe vorhanden oder sie werden bei der Probenvorbereitung durch Oxidation von Fe(II)-Kationen gebildet. Als Oxidationsmittel fungiert der im Wasser gelöste Sauerstoff. Die Reduktion erfolgt mit Hilfe des Hydroxylammoniumkations! (Reaktionsgleichung?)

Im Schritt 5 erfolgt die Komplexbildungs-Reaktion die zur Farbentwicklung führt.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Photometrie 17

Die Blindprobe darf keine Färbung zeigen. Wenn das doch der Fall ist und wenn die Färbung ähnlich stark ist wie der niedrigste Messwert, dann haben Sie oder die Gruppe ein Problem. Es kann sich dann um einen individuellen oder um einen systematischen Fehler handeln:

Wenn die Färbung der Blindprobe auch bei anderen Teilnehmern eintritt, liegt ein systematischer Fehler vor, z.B. eine der Reagenz-Lösungen war mit Eisen verunreinigt. In diesem schlimmsten der denkbaren Fälle, müssen alle Reagenz-Lösungen neu hergestellt werden und alle Bestimmungen neu durchgeführt werden.

Wenn die Färbung der Blindprobe bei anderen Teilnehmern nicht eintritt, liegt ein individueller Fehler vor, z.B. der Messkolben der Blindlösung war mit Eisen verunreinigt. Dieser Fall ist beherrschbar, wenn man statt einer einzigen, mehrere Blindproben angesetzt hat. Die gefärbte Blindprobe wird dann als Ausreißer behandelt und verworfen. Wenn man nur eine Blindprobe hat, muss eine neue Blindprobe hergestellt werden. Wenn aber Zweifel auch hinsichtlich der anderen Proben bestehen (z.B. dadurch, dass bereits mit bloßem Auge eine falsche Reihenfolge der Färbungen der Standard-Proben feststellbar ist), muss die gesamte Messreihe wiederholt werden.

Am Ende werden alle Messkolben mit bidest. Wasser bis zur Markierung auf das Test-Endvolumen 50 mL aufgefüllt. Man lässt die Proben mindestens 15 min stehen. Der gebildete Komplex ist recht stabil, so dass bis zur Messung auch eine längere Zeit verstreichen darf.

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18 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie

Arbeitstabelle

Lösung Nr.

Schritt Nr.

Test-volumen 50 mL 0 1 2 3 4 5 6

Tabletten-Lösungen

7a, 7b

UnbekannteProben 7c, 7d

x mL, y mL, z mL x mL, y mL, z mL1) V (Fe-Standlsg.) / mL ßSt(Fe) = 40 mg·L-1 c(H+) = 0,04 mol·L-1

0 0,5 1 1,5 2 3 4,5

c(H+) = 0,075 M c(H+) = 0,075 M

2) + V(H2SO4) / mL (Lsg 2a)

5 4,5 4 3,5 3 2 0,5 Mit Wasser auf 5 mL ergänzen

Mit Wasser auf 5 mL ergänzen

Ergibt für alle Proben ein Volumen von 5 mL und c(H+) ≈ 0,04 mol·L-1 mit pH ≈ 1,4 –1,7 Dieser pH-Wert muss durch Zugabe von Acetat auf einen Wert von ca. 3,8 gebracht werden.

3) + V(NaAc-Lsg) *) Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 1 mL *)

*) c = 0,225 mol·L-1 und V von Lsg. 3) ist so gewählt, dass in der resultierenden Lösung ungefähr vorliegt: c(H+) ≈ 0,04 mol·L-1 und c(Ac) ≈ 0,045 mol·L-1. Dies ergibt nach Berechnung pH ≈ 3,8

4) + V(Ac-Puffer) *) Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 10 mL

*) c ≈ 1 mol·L-1; pH = 3,8; ergibt im Testvolumen Pufferkonzentration von c ≈ 0,2 mol·L-1 pH = 3,8

5) + V(Phen-Lsg.) *) Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 2 mL

*) ß = 3 g·L-1; ergibt im Testvolumen Phen-Konzentration von ß ≈ 120 mg·L-1 (c ≈ 0,6 mmol·L-1)

6) + bidest. Wasser auf 50 mL auffüllen

Alle Proben mindestens 15 min stehen lassen und dann die Absorbanzen aller Proben bei 510 nm messen.

Test-volumen 50 mL

Standard-

bzw. Lsg-Nr.

0 1 2 3 4 5 6

Tabletten-Lösungen

7a, 7b

UnbekannteProben 7c, 7d

0 0,4 3,6 Ergibt ßTest(Fe) / mg·L-1

cTest(Fe) / mmol·L-1 ca. 0,007

0,8 1,2 1,6 2,4

~0,06

Müssen im Messbereich

liegen!

Müssen im Messbereich

liegen!

7) Absorbanz-Messung aller Proben bei 510 nm gegen die Blindprobe. Wenn man so vorgeht werden die korrigierten Absorbanzwerte durch die Art der Messung bereits im Gerät ermittelt.

Alle Mitglieder einer Laborspange führen ihre Messungen am gleichen Gerät durch.

Vollpipetten

Lösungen aus der Dosierbürette dosieren!

Sorgfältig mit Messpipetten dosieren.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Photometrie 19

Je nach verwendetem Gerät geht man unterschiedlich vor:

Bei Zweistrahlgeräten, die mit Küvetten arbeiten, wird eine Küvette mit der Blindprobe gefüllt (⅔-Füllung ist ausreichend) und in den Referenzstrahlengang gebracht. Die zweite Küvette wird dann jeweils mit den zu messenden Proben gefüllt, in den Messstrahlengang gebracht und die Absorbanzwerte notiert.

Bei Einstrahlgeräten, die mit Küvetten arbeiten, dient die Blindprobe zur Nullstellung des Gerätes. Dann werden die Messproben gemessen und die Absorbanzwerte notiert. Neuere Einstrahlgeräte können den Absorbanzwert der Blindprobe speichern und liefern für die Messproben dann gleich den korrigierten Absorbanzwert.

Für ganz moderne Einstrahlgeräte gibt es als (teure) Zusatzausrüstung eine Lichtleiterfaseroptik, die es möglich macht, ganz auf Küvetten zu verzichten. Die Absorbanzen der Proben können dann sogar außerhalb des Gerätes gemessen werden, indem der Messkopf des Lichtleiters in die Probe eingetaucht wird.

Auswertung:

Graphische Auswertung für die individuellen Proben Nr. 7a, 7b, 7c, 7d.

Unmittelbar nach der Messung sind die gegen die Blindprobe gemessenen, korrigierten Absorbanzwerte der Standard-Proben graphisch auszuwerten.

Dafür trägt jeder seine Absorbanz-Messwerte auf der Ordinate gegen die jeweilige Fe-Konzentration im Test (ßTest(Fe) / mg·L-1) auf der Abzisse auf.

Unter Berücksichtigung aller Messwerte wird eine Ausgleichsgerade nach Augenmaß gezogen. Vorher überlegen: muss die Ausgleichsgerade durch den Nullpunkt gehen? Die Absorbanz-Messwerte der drei Analysen Proben 7a – 7c liefern mit Hilfe der Ausgleichsgeraden die zugehörigen Fe-Konzentrationen in den Küvetten-Testlösungen ßTest(Fe).

Die Messwerte und die ermittelten Fe2+-Testkonzentration für die Proben 7a, 7b, 7c und 7d müssen deutlich erkennbar eingetragen und von den Standardwerten unterscheidbar gekennzeichnet sein.

Angaben zur Probe und ihrer Vorbereitung (Verdünnungsfaktoren!).

Am Ende erfolgt die Berechnung der Fe-Masse in der Stammlösung und in der Tablette.

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20 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie

5. Fluorimetrische Chinin-Bestimmung in Getränken. (Tonic-Wasser / Bitter Lemon)

Informationen über Chinin

Chinin (engl. Quinine) wurde erstmalig 1820 aus der Rinde subtropischer Bäume isoliert. Chinin ist ein Alkaloid vom "Chinolin-Typ". Chinolin (engl. Quinoline) ist der Name für das eine von zwei heterocyclischen Ringsystemen, die in der Strukturformel zu erkennen sind. Im Gegensatz zum aromatischen Chinolinsystem ist das zweite N-heterocyclische Ringsystem ein überbrücktes, aliphatisches Ringsystem. Es trägt den Namen: Chinuclidin.

Chinin besitzt zwei basische N-Atome, die protoniert werden könnten. Das entsprechende zweifach protonierte Ammmoniumsalz ist eine 2-protonige Säure mit den pKa-Werten von pKa1 ≈ 4,1 bzw. pKa2 ≈ 8,5. Salze des Chinins – z.B. das in diesem Versuch verwendete „Chininsulfat“ – haben einen bitteren Geschmack. Deshalb werden diese Salze als Bitterungszusatzstoffe für CO2-haltige Erfrischungsgetränke (Tonicwasser, Bitter-Lemon) verwendet.

Da man sich mit dem Alkaloid Chinin auch vergiften kann, ist sein Gebrauch als Lebensmittelzusatzstoff nur bis zu einem bestimmten Grenzwert erlaubt. Ermitteln Sie den erlaubten Grenzwert für Chinin aus der Literatur: G.A. Burdock, Encyclopedia of Food and Color Additives, CRC 1997, 86/VN8103 B951-3. Sie benötigen diesen Grenzwert auch zur Herstellung der Chinin-Ausgangslösung.

Fluorimetrische Bestimmung von Chinin

Wenn Moleküle mit kurzwelligem, monochromatischem Licht (z.B. UV-Strahlung) bestrahlt werden, können sie bei geeigneter Molekülstruktur die eingestrahlte Energie absorbieren und dadurch in einen angeregten Zustand übergehen. Einige dieser Moleküle besitzen je nach Molekülstruktur eine Besonderheit: Diese Moleküle können einen Teil der bei der Anregung absorbierten UV-Energie nach kurzer Zeitverzögerung als längerwellige Strahlung – z.B. als Strahlung im Bereich des sichtbaren Lichtes – wieder ausstrahlen (emittieren). Die emittierte sichtbare Strahlung ist aus verschiedenen Wellenlängen (Frequenzen) zusammengesetzt (Emissionsspektrum). Diese Erscheinung bezeichnet man als „Lumineszens“ und unterscheidet dann noch zwischen „Fluoreszens“ und „Phosphoreszens“, je nachdem ob die Strahlungsemission nur kurz (bis zu 10-4 s) oder länger (bis 102 s) nach Abschalten der Anregung andauert. Moleküle, die diese Eigenschaften besitzen, bezeichnet man als Luminophore oder Fluorophore bzw. Phosphore. Nicht viele analytisch wichtige Moleküle sind Luminophore, viele können aber mit Hilfe gezielter chemischer Synthesen dazu gemacht werden.

Eine der wenigen fluoreszierenden Substanzen, die als Lebensmittelzusatzstoff oder als pharmazeutischer Wirkstoff verwendet wird, ist das Chinin. Weil die Fluoreszenzintensität der emittierten Strahlung sehr empfindlich gemessen werden kann, kann man Chinin sehr gut quantitativ fluorimetrisch bestimmen. Allerdings muss man Rahmenbedingungen beachten.

Wenn eine basische Chinin-Lösung mit Licht der Wellenlänge 366 nm (Anregungs-Wellenlänge) bestrahlt wird, zeigt Chinin nur schwache Fluoreszenz. Chinin in stark saurer H2SO4-Lösung fluoresziert dagegen intensiv blau. In stark saurer HCl-Lösung aber beobachtet man wieder nur schwache Fluoreszens. Aus den Beobachtungen kann man schließen:

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie 21

• die völlig deprotonierte Form des Chinins (freie Base) ist kein guter Fluorophor;

• das Di-Kation des Chinins ist ein starker Fluorophor, wenn als Säure H2SO4 benutzt wird;

• die Fluoreszenz des Chinins wird durch das Anion der Salzsäure (Chlorid) stark geschwächt.

Eine solche Schwächung der Fluoreszenz durch Begleitstoffe nennt man „Löschung“ (engl. Quenching). Chlorid ist ein solcher sog. „Löscher“ (engl. Quencher) und darf in Lösungen, in denen Chinin bestimmt werden soll, nicht vorhanden sein.

Für die Fluoreszenz-Intensität IF gilt das Gesetz von Parker. Es besagt, dass zwischen IF und der zu bestimmenden Stoffmengenkonzentration c des fluoreszierenden Moleküls ein linearer Zusammenhang besteht:

cdkII fF ⋅⋅⋅⋅Φ⋅= ε0

In der Proportionalitätskonstanten sind mehrere Parameter enthalten, nämlich:

I0 Intensität des eingestrahlten („Anregungs“-) Lichtes.

Φf Quantenausbeute der fluoreszierenden Spezies (liegt zwischen 0 und 1).

k Eine geometrische Konstante, die von der Messgeometrie abhängt.

ε Absorptions(Extinktions-)koeffizient der fluoreszierenden Spezies.

d Durchstrahlte Länge des Mediums.

Die Konzentration c kann also durch Messung von IF bestimmt werden, wenn alle anderen Parameter konstant gehalten werden. Man beachte: Im Gegensatz zur Photometrie ist das Messsignal IF von der Intensität der Lichtquelle I0 abhängig.

Bei der Überprüfung des Gesetzes von Parker hat man festgestellt: Wenn die Konzentration c stark erhöht wird, geht der oben formulierte lineare Zusammenhang zwischen der Fluoreszenzintensität IF und c verloren! Der lineare Zusammenhang besteht nur bei niedrigen Konzentrationen des Fluorophors. Bei höheren Konzentrationen flacht die zunächst lineare Kalibrationskurve immer mehr ab und fällt dann sogar ab. Eindeutige Aussagen zu unbekannten Konzentration können aber nur im linearen Bereich der Kalibrationskurve getroffen werden. Um ganz sicher zu stellen, dass man sich im linearen Bereich befindet, muss also eine aus mehreren Konzentrations-Messpunkten bestehende Kalibrationskurve erstellt werden.

Die Nachweisgrenzen emissionsspektroskopischer Methoden liegen immer viel niedriger als die von absorptionsspektroskopischen Methoden. Mit fluorimetrischen Bestimmungen können deshalb noch niedrigere Konzentrationen bestimmt werden, als mit absorptionsspektroskopischen Methoden. Allerdings sind fluorimetrische Bestimmungen empfindlich gegenüber Fremdstoffen, z.B. gegenüber Chlorid als Quencher. Solche Störsubstanzen können bei der Fluorimetrie einen wesentlich größeren Einfluss haben als bei der Absorptionsspektroskopie. Deshalb wird in diesem Versuch das im Getränk vorhandene Chinin vor der fluorimetrischen Bestimmung aus dem Getränk (aus der Matrix) durch Extraktion isoliert.

Zur Messung der Fluoreszenzintensität dienen sog. Fluorimeter. Das Anregungslicht erhält man aus Lichtquellen wie z. B. einer Wolfram-, Deuterium-, Xenon- oder einer Quecksilber-Lampe oder aus einem Laser. Es wird in einem ersten Monochromator auf die gewünschte Anregungswellenlänge λ1 eingestellt und danach auf die Probe, die sich in einer Küvette oder in einer Mikrotiterplatte befindet, gelenkt.

Das von der Probe emittierte Fluoreszenzlicht wird in der Regel unter einem Winkel von 90° zur Anregungsstrahlung auf einen Photodetektor gelenkt und seine Intensität gemessen.

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22 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie

Da die Fluoreszenz in alle Richtungen des Raumes abgestrahlt wird, gelangt nur ein Bruchteil (deshalb der Faktor k in obiger Gleichung) zum Detektor. Der Detektor muss daher eine hohe Empfindlichkeit besitzen. Vor dem Detektor liegt üblicherweise ein zweiter Monochromator, der nur eine bestimmte Wellenlänge λ2 der emittierten Strahlung, nicht aber das gestreute Anregungslicht der Wellenlänge λ1 durch lässt.

Fluorimetrische Analysen lassen sich schnell und einfach durchführen. Allerdings ist es vorher meist nötig, den fluoreszierenden Analyten zu erzeugen oder zu isolieren.

Wegen des hohen Nachweisvermögens der Fluorimetrie dienen fluorimetrische Methoden unter anderem zur Reinheitsprüfung von Wasser, Bestimmung von optischen Aufhellern in Waschmitteln und Textilien, Bestimmung von Ionen im Wasser durch Überführung in fluoreszierende Metall-Komplexe (Al3+ mit Morin; Mg2+ mit Oxin, usw.), vor allem aber für Fluoreszenz-Immuntests. Das augenfälligste Beispiel war und ist die Sequenzierung von Genomen (z. B. des Menschen), die mit Hilfe einer Kombination aus Laserfluorimetrie und Kapillarelektrophorese erfolgt. Im günstigsten Fall sind mittels Fluorimetrie sogar einzelne Moleküle nachweisbar: single molecule detection.

Benötigte Reagenzien und Lösungen

1) Chinin-Ausgangslösung (hergestellt 1 x pro Laborspange)

Die Herstellung erfolgt aus Di-Monohydrogen-Chinin-sulfat-Dihydrat: ( ) OH2SOChH 2-2

42 ⋅+ . Das Salz wird hier

abgekürzt als Ch2S und hat die molare Masse: M(Ch2S) = 783 g·mol-1.

Herstellung der Chinin-Ausgangslösung mit dem Volumen V = 100 mL.

Aus gerätetechnischen Gründen kann hier die Chinin-Massenkonzentration nur halb so groß sein, wie der erlaubte Chinin-Grenzwert für Getränke: ß(Ch) ≈ _________ mg·L-1.

a) Zunächst die für die Ausgangslösung benötigte Einwaage grob abschätzen;

b) Dann das Chinin-Salz auf einer Analysenwaage in einen 100 mL Messkolben genau einwiegen und mit entionisiertem Wasser zum Endvolumen auflösen;

c) Mit der tatsächlichen gemachten Einwaage den genauen Wert der Chinin-Massenkonzentration ß0(Ch) in der Ausgangslösung berechnen;

d) Dann Chininkonzentrationen ßSt(Ch) in den Chinin-Standardlösungen berechnen.

2) Natronlauge-Lösung: c(NaOH) ≈ 2 mol•L-1 pro Laborspange ca. 500 mL; vorhanden.

3) Schwefelsäure-Lösung: c(H2SO4) ≈ 0,5 mol•L-1 pro Laborspange ca. 1 L; vorhanden.

4) Diethylether (Ether) als Extraktionsmittel pro Laborspange ca. 500 mL; vorhanden.

Diethylether ist hochentzündlich und muss deshalb von allen Zündquellen ferngehalten werden. Alle Arbeiten mit Ether müssen deshalb im vorher freigeräumten Abzug durchgeführt werden. Auch im Abzug dürfen keine größeren Ethermengen verschüttet werden, denn es besteht sonst Explosionsgefahr in der Abluftanlage! Entstehungsbrände mit CO2-Löscher bekämpfen. Ggf. Saal räumen. Diethylether wirkt narkotisch bis zum Exitus durch Atemlähmung. Symptome: röchelnde, erschwerte Atmung, Untertemperatur, schwacher, schneller Puls. Diethylether verursacht Reizungen der Schleimhäute und hat entfettende Wirkung.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie 23

Pro Laborspange: Herstellung einer gemeinsamen Chinin-Stammlösung durch Extraktion.

Jeder Einzelne: Aus der gemeinsamen Chinin-Stammlösung werden durch Verdünnung jeweils fünf individuelle Standardlösungen hergestellt.

Bei der Herstellung der gemeinsamen Chinin-Stammlösung für eine Laborspange soll die fachgerechte Ether-Extraktion eingeübt werden. Im Folgenden sind die nummerierten Einzelschritte stichpunktartig ohne experimentelle Details aufgelistet. Eine detaillierte Beschreibung liegt aus bzw. erfolgt durch die Betreuer.

Vor und während eines mehrstufigen Extraktionsverfahrens – besonders wenn es Teil einer quantitativen Analyse ist – muss man sich immer klar darüber sein:

• Wie muss der pH-Wert der wässrigen Phase eingestellt werden?

• In welcher Phase befindet sich der Analyt (Chinin) gerade?

• Bei welchem Teilschritt drohen die größten Fehler, d.h. Verluste des Analyten? Wann also muss man also besonders sorgfältig vorgehen?

1. 25 mL (Vollpipette) Chinin-Ausgangslösung in einen 100 mL Schütteltrichter pipettieren. Die Lösung mit ca. 2 mL (Messpipette) einer 2 mol·L-1 Natronlauge alkalisch machen.

2. Chininlösung im Schütteltrichter mit ca. 25 mL Ether (Messzylinder) extrahieren.

3. Die untere alkalische Wasserphase in ein kleines Becherglas ablassen und aufbewahren!

4. Die obere im Schütteltrichter verbliebene Etherphase ebenfalls nach unten durch Öffnen des Hahnes in ein Ether-Sammelgefäß (100 mL-Becherglas) ablassen. Mit ca. 5 mL frischem Ether nachspülen (Schütteltrichter umschwenken) und den Spülether ebenfalls in das Sammelgefäß ablassen und sorgfältig aufbewahren!

5. Reinigung des Schütteltrichters ist nach diesem ersten Extraktionsvorgang nicht nötig! Aufbewahrte alkalische Wasserphase wieder in den Schütteltrichter einfüllen. Extraktionsvorgang zweimal mit jeweils 15 mL Ether + 5 mL Spülether wiederholen. Alle Etherphasen in dem Ether-Sammelgefäß vereinigen. Das Endvolumen darf nicht mehr als 70 - 80 mL betragen.

6. Gesammelte Etherphasen wieder in den (ungereinigten) Schütteltrichter einfüllen. Sammel-Gefäß und Trichter mit ca. 5 mL Ether nachspülen.

7. Gesammelte Etherphasen mit ca. 5 mL Wasser waschen. Waschwasser verwerfen.

8. Rückextraktion von Chinin aus den gesammelten Etherphasen in eine saure wässrige Phase: Es wird insgesamt 4-mal mit jeweils 10 mL 0,5 mol·L-1 H2SO4 extrahiert. Die unteren sauren wässerigen Phasen werden nach jedem Rückextraktionsvorgang in einen 100 mL-Messkolben abgelassen und dort gesammelt. Am Ende wird mit 0,5 mol·L-1 H2SO4 im Messkolben auf 100 mL Endvolumen aufgefüllt.

Diese Chinin-Stammlösung wird von jedem zur individuellen Herstellung von jeweils fünf Chinin-Standardlösungen benutzt (s. unten).

Berechnen Sie die Massenkonzentration in der Chinin-Stammlösung aus der Einwaage und den bei der Extraktion verwendeten Teil- und Auffüllvolumen. Die Berechnung erfolgt natürlich unter der Annahme, dass die Extraktion vollständig verlaufen ist. Aber ist diese Annahme richtig? Wenn das nicht sicher ist, dann ist auch nicht sicher, ob die berechnete Chinin-Massenkonzentration tatsächlich in der Stammlösung vorliegt! Wie lässt sich dieses Dilemma auflösen?

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24 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie

Das Dilemma lässt sich beseitigen, wenn nicht nur die Stammlösung sondern auch die realen Proben mit einer genau identischen Extraktionsprozedur hergestellt werden. Wenn man so vorgeht, dann wird damit das gesamte Extraktionsverfahren mit in die Kalibrierung einbezogen.

Allerdings bleibt eine Gefahr, die man immer ernst nehmen muss:

Die Extraktionsprozedur kann streng genommen nur dann exakt identisch durchgeführt werden, wenn die realen Proben und die Chinin-Ausgangslösung identische Eigenschaften (identische Matrix) haben. Schon wenn z.B. die Phasentrennung bei einer realen Probe schlechter verläuft, kann das zu einer Abweichung führen.

Aus der Chinin-Stammlösung stellt jeder durch Verdünnung mit 0,5 mol·L-1 H2SO4 fünf individuelle Chinin-Standardlösungen her (Keine Gruppenarbeit!). Ihre Konzentrationen sind ebenfalls zu berechnen. Als sechste Standardlösung fungiert die (unverdünnte) Stammlösung selbst.

Die Verdünnungen dürfen hier ausnahmsweise nicht in Messkolben sondern durch Zugabe der Volumina des Verdünnungsmittels mit geeigneten Pipetten durchgeführt werden. Das entspricht eigentlich nicht der Definition der Gehaltsgröße "Massenkonzentration". Es muss hier nur deshalb erfolgen, weil nicht so viele Messkolben zur Verfügung stehen.

Die Bezeichnung einer Verdünnung spiegelt die sachgerechte Herstellung im Messkolben wieder. Eine 1:10-Verdünnung ist also eine solche, bei der z. B. 1 mL der zu verdünnenden Lösung im Messkolben auf ein Endvolumen von 10 mL gebracht wird. Die Angabe 1:10 gibt das Volumenverhältnis von Ausgangslösung und Endlösung an. Die Angabe stellt eine Rechenvorschrift dar. Das Rechenergebnis ist der Verdünnungsfaktor; er beträgt hier 0,1.

Man sollte diesen Sachverhalt immer vor Augen haben, denn es kann bei Verdünnungen zu Missverständnissen kommen, besonders bei der sog. 1:1-Verdünnung, bei der es sich – obiger Erläuterung entsprechend – um die unverdünnte Lösung handelt!

Vorschlag für eine für diesen Versuch geeignete Verdünnungsreihe:

Bezeichnung 1:10 2:10 4:10 6:10 8:10 1:1

Verdünnungsfaktor 0,1 0,2 0,4 0,6 0,8 1

Die Fluoreszenzintensitäten dieser sechs Standardlösungen werden später gemeinsam mit der noch herzustellenden Probenlösung gemessen.

Herstellung der Probenlösungen durch Extraktion von Chinin aus dem Getränk.

Eine Laborspange verwendet ein selbst mitgebrachtes chininhaltiges Getränk (Achtung: Die Cafeteria führt keine chininhaltigen Getränke) gemeinsam. Jeder muss eine individuelle Probe herstellen.

Die Extraktion verläuft im Prinzip wie oben beschrieben, nur führt jetzt jeder die Extraktion mit einer individuellen realen Probe durch. Alle Extraktionen sind im Abzug durchführen. Schrittweise wie folgt vorgehen:

1. pH-Wert des Getränkes messen. Das Getränk muss vor der Extraktion sehr gut entgast werden (warum?). Für eine 4er-Gruppe werden ca. 100 mL des Getränkes in einer 250 mL-Saugflasche durch Anlegen eines Vakuums entgast. Man kann auch ein Ultraschallbad verwenden.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Fluorimetrie 25

2. Jeder pipettiert 10 mL (Vollpipette) des entgasten Getränkes in einen 100 mL Schütteltrichter. Die Getränkeprobe wird durch Zugabe von ca. 15 mL (Messzylinder) NaOH-Lösung 2 mol·L-1 stark alkalisch gemacht. (Warum wird so viel mehr NaOH-Lösung verwendet im Vergleich zur Chinin-Ausgangslösung?)

3. Die alkalische Getränkeprobe wird – wie für die Chinin-Ausgangslösung beschrieben – extrahiert und gespült (1-mal mit 25 mL und 2-mal mit jeweils 15 mL Ether + jeweils 5 mL Spülether).

4. Die gesammelten, vereinigten Etherphasen wieder in den (ungereinigten) Schütteltrichter umfüllen (nachspülen mit ca. 5 mL Ether) und mit 5 mL Wasser waschen.

5. Rückextraktion des Chinins aus den gesammelten Etherphasen. Es wird insgesamt 4-mal mit jeweils 10 mL 0,5 mol·L-1 H2SO4 extrahiert. Die unteren sauren wässerigen Phasen werden nach jedem Rückextraktionsvorgang in einen 100 mL-Messkolben abgelassen und dort gesammelt. Am Ende wird mit 0,5 mol·L-1 H2SO4 im Messkolben auf 100 mL Endvolumen aufgefüllt.

Die Fluoreszenzintensität dieser einen Probenlösung wird gemeinsam mit den Fluoreszenzintensitäten der vorher hergestellten sechs Standard-Lösungen bestimmt.

Durchführung der Messung

Geräteparameter für das Fluoreszenzspektrometer: Anregungswellenlänge: 352 nm

Wenn die Wellenlänge maximaler Fluoreszenzintensität unbekannt ist, muss sie zunächst durch Aufnahme eines Emissionsspektrums zwischen 400 nm und 550 nm bestimmt werden. Aus einem ausliegenden Spektrum können sie erkennen, dass die Fluoreszenzintensität maximal hoch ist bei 448 nm (Emissionmaximum). Deshalb wird diese Wellenlänge zur Messung der Standard- und der Probenlösungen verwendet.

Auswertung:

Graphische Hand-Auswertung: Die gemessenen Fluoreszenzintensitäten der sechs Standardlösungen auf der Ordinate gegen die jeweilige Konzentration der Chinin-Standardlösung (ß(Ch) / mg·L-1; sachgerechte Skalierung!) auf der Abszisse auftragen.

Unter Berücksichtigung aller Messwerte eine Ausgleichsgerade (Kalibriergerade) nach Augenmaß ziehen. Dabei bedenken: Bei der Messung von Fluoreszensintensitäten muss die Ausgleichsgerade nicht zwangsläufig durch den Nullpunkt gehen! (Warum nicht?)

Der Intensitäts-Messwert für die Getränke-Probe liefert mit Hilfe der Kalibriergeraden die Chinin-Massenkonzentration ß(Ch) in der Probenlösung. Den Wert im Diagramm deutlich markieren!

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26 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung

6. Bestimmung des Nitrat-Gehaltes in Gemüse durch Photometrie.

Die Chemie der photometrischen Nitrit- und Nitratbestimmung

Die Anionen Nitrit und Nitrat sind farblos und absorbieren nicht im sichtbaren Bereich des Spektrums. Deshalb ist die direkte photometrische Bestimmung dieser Anionen unmöglich. Es muss also eine chemische Reaktionsfolge vorgeschaltet werden, bei der im letzten Schritt ein Farbstoff gebildet wird. Für das Nitrit gibt es eine bekannte Farbstoffbildungsreaktion. Sie beruht auf der Fähigkeit des Nitrits mit organischen Aminen Azofarbstoffe zu bilden: In saurer Lösung reagiert Nitrit, bzw. die dann vorliegende korrespondierende schwache salpetrige Säure, mit primären organischen Aminen zu den sog. Diazoniumsalzen. Die Diazoniumsalze reagieren anschließend mit geeigneten organischen aromatischen Verbindungen zu den stark gefärbten Azofarbstoffen (Azokupplung). Die ε-Werte der Azofarbstoffe sind für photometrische Bestimmungen ausreichend groß.

Für eine Nitrat-Bestimmung muss das Nitrat vorher zum Nitrit reduziert werden. Man kann dann sogar in zwei parallel angesetzten Proben Nitrat und Nitrit nebeneinander bestimmen, wenn man in einer der Proben das Reduktionsmittel weglässt. Bei der Nitratbestimmung handelt sich also um eine 3-stufige Bestimmungsreaktion, für die alle bereits bei der Eisen-Bestimmung formulierten Kriterien erfüllt werden müssen:

1. Die Gesamt-Reaktion muss eine bekannte Stöchiometrie haben und schnell verlaufen.

2. Die Reaktion muss für Nitrat und Nitrit spezifisch sein. Die Reagenzien und natürlich auch der gebildete Farbstoff müssen im Testsystem löslich sein.

3. Es muss erreicht werden, dass die Gesamt-Reaktion möglichst vollständig verläuft. Weil das in diesem Versuch nicht sicher ist, muss eine Kalibriergerade erstellt werden.

Der 1. Schritt der Reaktionsfolge, die Reduktion von Nitrat zu Nitrit, ist schwierig: Man muss ein Reduktionsmittel finden, das Nitrat nur zum Nitrit und nicht weiter zum N2O (Distickstoffmonoxid) reduziert. Das ist schwierig, denn die Redoxpotentiale beider Anionen sind ähnlich groß, d.h. NO2

- ist ein ähnlich starkes Oxidationsmittel wie NO3

-. Für diese Reduktion hat sich als Reduktionsmittel metallisches Cadmium in pulverisierter Form gut bewährt, jedoch ist das Verfahren für ein Praktikum viel zu umständlich. Deshalb wird in diesem Versuch das Reduktionsmittel „Hydrazin“ (H2N-NH2), bzw. sein in Wasser gut lösliches Salz „Hydraziniumsulfat“ eingesetzt. Laut Redoxgleichung sind die Redoxpotentiale von NO2

- und NO3- pH-

abhängig. Es muss also durch Erprobung ein pH-Wert gesucht werden, bei dem NO3- zu NO2

-, letzteres aber nicht weiter reduziert wird. Dieser pH-Wert liegt im schwach basischen.

Reduktionen mit Hydraziniumsalzen sind ziemlich störanfällig. Damit die Reduktion vollständig und reproduzierbar verläuft, muss gewährleistet sein:

- eine Temperatur von ca. 50 °C und eine bestimmte Reaktionszeit;

- der pH-Wert muss schwach basisch sein;

- als Katalysator muss Cu2+ in geringer Konzentration (0,5 mg·L-1) vorhanden sein.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung 27

Die benötigte Cu2+-Katalyse ist ein sehr kritischer Punkt. In Gemüse-Proben besteht nämlich die Gefahr, dass die niedrige Cu2+-Katalysatormenge von unbekannten Gemüse-Inhaltsstoffen unkontrolliert „verbraucht“, z.B. adsorbiert oder komplexiert, wird. Dann steht der Cu2+-Katalysator für die Reduktion nicht mehr zur Verfügung. Für Cu2+-Kationen sehr „schädliche“ Gemüse-Inhaltsstoffe sind in Zwiebeln, Radieschen, Rettich und anderen geruchsintensiven Gemüsen enthalten. Es sind schwefelhaltige, organische Substanzen, die mit Cu2+-Kationen innigen Kontakt eingehen (denken Sie an das extrem schwerlösliche CuS). Auch viele Obst- und Gemüse-Farbstoffe vom Anthocyantyp sind für Cu2+-Kationen sehr „schädlich“, weil sie als Liganden für Cu-Komplexe wirken können.

Im 2. Schritt der Reaktion wird aus dem NO2- in saurer Lösung (HNO2) ein Diazoniumkation durch

Diazotierung von p-Aminobenzolsulfonsäureamid (Sulfanilsäureamid) gebildet. Da nach der Reduktion die Lösung schwach alkalisch ist, muss vorher neutralisiert werden. Für die Diazotierung wird dann ein ziemlich niedriger pH-Wert benötigt. Seine Einstellung muss durch die richtige Zusammensetzung des Azoreagenzes gewährleistet werden: → im Azoreagenz muss ausreichend starke Säure vorhanden sein.

ON

OH NH3+

SNH2

OO N

+SNH2

OON 2 H2O

Ammoniumsalz von

4-Amino-benzolsulfonsäureamid

Diazoniumsalz von

4-Amino-benzolsulfonsäureamid

+ +

Im 3. Schritt der Reaktion erfolgt die Bildung eines wasserlöslichen Azofarbstoffes durch Azokupplung des Diazoniumkations mit einer geeigneten aromatischen Verbindung. Geeignet für diese Azokupplung ist die organische Verbindung dann,

- wenn sie und der entstehende Azofarbstoff wasserlöslich sind;

- wenn der Azofarbstoff einen hohen molaren Absorptionskoeffizienten hat;

- wenn die Reaktion (elektrophile aromatische Substitutionsreaktion) schnell erfolgt.

Diese drei Bedingungen werden von einem Derivat des Naphthylamins mit dem Namen N-(1-Naphthyl)-ethylendiamin erfüllt.

NH H

NH2

N+

SNH2

OON+

NH

N

NH2

N SNH2

OO

Naphthylamin-Derivat AzofarbstoffDiazoniumkation

Benötigte Reagenzien und Lösungen

Die Nitrat-Bestimmung ist aus mehreren Gründen sehr empfindlich.

1. Verwendung von normalem ention. Wasser kann zum Versagen der Farbreaktion führen, wenn das Wasser org. Verunreinigungen enthält, die die Cu-Katalyse behindern. Nur bidest. Wasser verwenden!

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28 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung

2. Die Bestimmung ist empfindlich und kann NO3--Konzentrationen bis zu 0,02 mg·L-1 erfassen.

Nitratkonzentrationen im Leitungswasser liegen bei 20 - 40 mg·L-1. Das heißt: noch eine 1:1000 Verdünnung von Leitungswasser kann zu einer Färbung führen. Konsequenz: es dürfen keine Reste von Leitungswasser in Glasgefäßen vorhanden sein. Glasgeräte müssen vor Gebrauch gut gereinigt und mit bidest. Wasser gespült werden.

1a) Nitrat-Standardlösung (Gruppe 1)

VSt = 1 L ß(NO3-) ≈ 5 mg·L-1 M(NO3

-) = 62,0 g·mol-1 M(NaNO3) = 85,01 g·mol-1

Benötigte Einwaage Natriumnitrat berechnen und auf der Analysenwaage einwiegen. Einwaage quantitativ in einen 1 L-Messkolben überführen und mit bidest. Wasser auf das Endvolumen auffüllen. Da die Einwaage niedrig ist, muss sehr sorgfältig gearbeitet werden. Mit der Nitrat-Standard-Lösung werden die 25 mL-Dosierbüretten gefüllt.

2) NaOH-Lösung (Gruppe 2)

V = 0,5 L c(NaOH) = 1,0 mol·L-1 M(NaOH) = 40,0 g·mol-1

Sachgerechte Herstellung aus festem NaOH p.a. (Oberschalenwaage) und bidest. Wasser im 500 mL-Messkolben. Lösung in der Vorratsflasche der Dispensette aufbewahren.

3) Kupfersulfat-Lösung (Gruppe 2)

V = 0,5 L ß(CuSO4·5H2O) ≈ 27 mg·L-1 M(CuSO4·5H2O) = 250 g·mol-1 M(Cu) = 63,5 g·mol-1

Herstellung aus Kupfersulfat-pentahydrat (Einwaage Analysenwaage)und bidest. Wasser. Lösung in der Vorratsflasche der Dispensette aufbewahren.

4) Hydraziniumsulfat-Lösung (Gruppe 3)

Giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung; Sensibilisierung bei Hautkontakt; Kann Krebs erzeugen; Bei Unfall Artzt hinzuziehen; Exposition vermeiden.

Besondere Maßnahmen bei der Einwaage: im Abzug; Handschuhe tragen; Staub vermeiden. Besondere Maßnahmen beim Umgang mit der Lösung und der Dosierung: Verschütten und Verspritzen vermeiden bzw. sofort beseitigen. Beim Aufwischen Handschuhe tragen!

V = 0,5 L ß(Hy) ≈ 1,2 g·L-1 M(Hy) = 130,12 g·mol-1

Das Salz Hydraziniumsulfat p.a. wird auf einer Oberschalenwaage im Abzug in ein 100 mL-Becherglas eingewogen, bidest. Wasser zugegeben und bis zur Auflösung gerührt. Dann in den Messkolben überführen und mit bidest. Wasser auffüllen. Lösung in der Vorratsflasche der Dispensette aufbewahren.

5) HCl-Lösung (Gruppe 3)

V = 0,5 L c(HCl) = 1,0 mol·L-1 M(HCl) = 36,45 g·mol-1

Sachgerechte Herstellung aus konzentrierter HCl p.a. (Herstellerangaben: ca. 36%; ρ ~ 1,19 g·mL-1; vgl. Etikett-Angaben) und bidest. Wasser im 0,5 L-Messkolben. Lösung in der Vorratsflasche der Dispensette aufbewahren.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung 29

6) Azoreagenz-Lösung (Gruppe 4 & 5) V = 2 × 0,5 L

In der Azoreagenzlösung sind alle Reagenzien vorhanden, die benötigt werden

- für die Ausbildung des richtigen pH-Wertes im Testvolumen,

- für die Bildung des Diazoniumkations aus Nitrit und dem organischen Amin

- und für die nachfolgende Azokupplung.

Reagenz-Lösung mit nitratfreien Gerätschaften und bidest. Wasser wie folgt herstellen: 5 g Sulfanilsäureamid (Sulfanilamid) und 0,5 g N-(1-Naphthyl)-ethylendiamin Dihydrochlorid Monomethylat auf einer Oberschalenwaage abwiegen, vollständig in ein 1 L-Becherglas überführen und durch Zugabe von ca. 250 mL bidest Wasser und 105 mL (Messzylinder) konz. HCl p.a. (ca. 36%; ρ ~ 1,19 g·mL-1; vgl. Etikett-Angaben) (ca. 1,2 mol) unter Rühren lösen. 136,1 g Natriumacetat-Trihydrat (1 mol) in ein Becherglas einwiegen und portionsweise unter Rühren zu der Reagenzlösung in das 1 L Becherglas geben und auflösen.

Die Azo-Reagenz-Lösung darf nur schwach rosa sein. Ihr Volumen sollte jetzt ca. 400 mL betragen. Die Lösung wird in einen 500 mL-Messkolben überführt, mit bidest. Wasser auf das Endvolumen aufgefüllt und zur Füllung der Reagenz-Dispensette benutzt.

Probenvorbereitung: Herstellung der Gemüse-Stamm- und Probenlösungen.

Gemüseart und Nitratgehalt - Vorprobe zur Bestimmung des Nitratgehaltes im Gemüse - Vorüberlegungen zur Herstellung von Stamm- und Probenlösung

Nitrat kann aus vielen Proben relativ einfach isoliert werden. Meist genügt eine Extraktion mit Wasser, denn es gibt keine schwer löslichen Nitratsalze. Die Extraktion mit Wasser ist aber nur dann vollständig, wenn das Material vorher fein zerkleinert (homogenisiert) wird.

Pro Laborspange wird das gleiche Gemüse verwendet. Die Vorprobe mit dem Gemüse wird gemeinsam pro Laborspange durchgeführt, danach stellt jeder seine eigene Gemüse-Stamm- und Probenlösungen her.

Potentiell nitratreiche Gemüse sind: Rettich, Radieschen, Spinat, Rote Beete und Blatt-(Feld)Salate. Der zulässige Grenzwert für den Nitrat-Massenanteil ist relativ hoch. Er liegt je nach Gemüsesorte, Saison und Anbauart bei 2 – 4 g·kg-1 (0,2 % - 0,4 %).

Von den nitratreichen Gemüsen haben sich in den vergangenen Jahren gefärbte Blattsalate (z.B. Eichenblattsalat, Lollo rosso) und Rettichsorten als ungeeignet erwiesen (Einführung!). Am besten geeignet waren nitratreiche Kopfsalate, denn ist die Probenverdünnung hoch; demnach ist dann die Konzentration der Störstoffe niedrig!

Nitratarme Gemüse sind z.B.: Kohl, Kohlrabi, Gurke, Tomate, Paprika, Möhre. Sie sollten für diesen Versuch nicht gewählt werden, denn bei ihnen muss die Probenverdünnung niedrig gehalten werden und demnach ist dann die Konzentration der Störstoffe hoch!

Vorprobe mit Nitrat-Teststäbchen: ungefährer Nitratgehalt im Gemüse.

Eine repräsentative Probe nehmen: 5 g Gemüse in Reibschale mit etwas Seesand und insgesamt 50 mL bidest. Wasser zum Brei verreiben und die Suspension in einem kleinen Becherglas sammeln. Mit einem Teststäbchen die ungefähre Nitratkonzentration im Gemüsebrei abschätzen. Ungefähren Massenanteil des Nitrats im Gemüse berechnen: ________ mg(NO3

-) je kg(Gemüse). Ergebnis der Berechnung protokollieren.

Herstellung der Probenlösung an Hand der folgenden Hinweise planen.

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30 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung

Vorüberlegungen zur Herstellung der Stamm- und der Probenlösung.

Die auf den nächsten Seiten folgende Beschreibung zur Herstellung der Stamm- und Probenlösung bezieht sich auf ein Gemüse mit dem hohen Nitratgehalt von 2 g·kg-1.

Wenn die Vorprobe ergibt, dass das gewählte Gemüse einen niedrigeren Nitratgehalt hat, können bei allen Schritten Veränderungen vorgenommen werden. Es bleibt Ihnen überlassen, wo Sie das für sinnvoll erachten. Auf jeden Fall muss folgendes Ziel erreicht werden: Die NO3

--Konzentration in der Probenlösung muss ähnlich groß sein wie die NO3

--Konzentration in der Standardlösung. Sie muss im Bereich 1 - 10 mg·L-1, am besten bei ca. 5 mg·L-1 liegen.

Für Veränderungen kommen in Frage:

- Veränderung der Masse des eingesetzten Gemüses (maximal ca. 50 g);

- Veränderung des Volumens bei der Herstellung der Gemüse-Stammlösung;

- Veränderung des Probenverdünnungsfaktors bei der Herstellung der Probenlösung;

- Veränderung der eingesetzten Probenvolumina im photometrischen Test.

Herstellung der Stamm- und Probenlösung mit dem Assistenten besprechen.

1) Probennahme und Extraktion des Nitrats mit Wasser: → Stammlösung

Wenn der Nitratgehalt des Gemüses bei ca. 2 g·kg-1 – also recht hoch – liegt, werden zur Herstellung der Stammlösung ca. 20 g Gemüse eingesetzt. Dabei muss eine für das gesamte Gemüse repräsentative Probe genommen werden. → bei Salat: Außen-, Mittel- und Innenblätter sowie Strunkanteile verwenden.

Nach Zerkleinerung mit dem Messer wird die Gemüseprobe mit einem optimalen Volumen bidest. Wasser im Mixer zu einem homogen Brei verarbeitet → Homogenisierung.

Nach der Homogenisierung wird der Brei mit bidest. Wasser in ein Becherglas gespült.

Es wird so viel Wasser verwendet, dass sich die Partikel in der Suspension möglichst gut absetzen (sedimentieren) und ein klarer Überstand entsteht. Die möglichst gut sedimentierte Suspension soll über einen Büchner-Trichter filtriert werden. In den Büchner-Trichter passenden Rundfilter einlegen und anfeuchten. Den möglichst klaren Überstand der Suspension bei leichtem Unterdruck aufgeben. So viel wie möglich vom Bodensatz (Sediment) abgießen. Dann über Celite filtrieren, nachspülen und in 1 L Messkolben überführen.

Man kann jetzt auch ohne Überprüfung sicher sein, dass nach diesen Auswaschvorgängen das gesamte Nitrat vollständig im Filtrat vorliegt. Das Volumen der gesammelten Filtrate darf jetzt nicht mehr als 1 L betragen.

Das einigermaßen klare, aber noch deutlich gefärbte Filtrat wird verlustfrei in einen 1 L-Messkolben umgefüllt und bis zur Markierung mit bidest. Wasser aufgefüllt. Um Bakterienwachstum zu verhindern werden einige Tropfen CHCl3 zugesetzt und gut geschüttelt. Zur längeren Lagerung der Stammlösung kann ein ausreichendes Volumen (100 mL) dieser Gemüse-Stammlösung eingefroren werden.

Die Nitrat-Konzentration in der Gemüse-Stammlösung liegt jetzt ungefähr bei ßSt(NO3-) ≈ 10 - 15 mg·L-1.

Die endgültige Reinigung und die für die photometrische Bestimmung nötige Entfärbung der Stammlösung erfolgt im nächsten Schritt im Zusammenhang mit der Probenverdünnung. Um den Erfolg der Extraktion und um das Ergebnis der Vorprobe zu überprüfen sollte in der Gemüse-Stammlösung die

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung 31

Nitratkonzentration mit Teststäbchen gemessen werden. Die ungefähre Konzentration wird benötigt, um den Proben-Verdünnungsfaktor für die photometrische Bestimmung festzulegen.

2) Entfärbung und Klärung der Stammlösung durch adsorptive Fällung mit Aluminiumhydroxid bei gleichzeitiger Probenverdünnung für die photometrische Nitratbestimmung:

Wenn man sich bei der photometrischen Bestimmung an die in der folgenden Arbeitstabelle vorgesehenen Probenvolumina (2 mL, 3 mL und 5 mL) der Probenlösungen halten will, dann sollte die Nitratkonzentration in der Probenlösung ungefähr so groß sein, wie die in der Standardlösung; sie sollte also ungefähr bei 5 mg·L-1 liegen.

Für ßGSt(NO3-) ≈ 10 - 15 mg·L-1 ist ein Probenverdünnungsfaktor von 1/2 passend. Damit wird eine

Nitratkonzentration von ßPr(NO3-) ≈ 4 mg·L-1 in der Probenlösung erreicht.

Für photometrische Messungen dürfen Probenlösungen nicht trüb sein (→ Lichtstreuung). Sie sollten auch ungefärbt sein, denn das kann eine photometrische Bestimmung verfälschen. Bei diesem Test wird z.B. bei einer Wellenlänge von 540 nm gemessen. Die für das Auge grüne, durch Chlorophyll verursachte Eigenfärbung der Lösungen führt zur Absorption bei Wellenlängen oberhalb 600 nm, jedoch kann man nicht sicher sein, ob auch andere Farbstoffe, die bei 540 nm absorbieren vorhanden sind und nur überdeckt werden.

Da lösliche Färbungen durch Filtrationsverfahren nicht entfernen werden können, muss man ein Adsoptionsverfahren anwenden. Adsorptionsverfahren sind aber nie ohne Probleme, denn es besteht immer die Gefahr, dass auch eine unbekannte Menge des Analyten adsorbiert wird. Beim Nitrat handelt es sich zum Glück um ein Anion, das kaum adsorbiert wird, so dass in der Nitratanalytik Adsorptionsverfahren ohne Bedenken möglich sind. Geeignet ist z.B. die Adsorption durch frisch gefälltes Aluminiumhydroxid Al(OH)3. Bei dieser Fällungsreaktion werden auch kolloide Schwebstoffe in der Lösung ausgeflockt (sie könnten die Katalysator Cu2+-Kationen binden) und mit dem Niederschlag entfernt.

Die adsorptive Reinigung und Entfärbung der Stammlösung kann man arbeitssparend mit der Probenverdünnung verbinden. Dazu führt jeder folgende Arbeitsvorschrift durch:

20 mL (Vollpipette) Stammlösung in einem Becherglas mit 1 mL Aluminiumsulfat-Lösung versetzen. (12 g Al2(SO4)3∙18 H2O in 100 mL Wasser lösen). Das Gemisch tropfenweise mit alkalischer Soda-Lösung (5 g NaOH und 5 g Na2CO3 in 30 mL Wasser lösen) versetzen, bis der pH-Wert auf ca. 7 angestiegen ist (Kontrolle am pH-Meter). Es fällt Al(OH)3 aus und entfaltet seine adsorptive Wirkung.

Den Niederschlag durch einen Faltenfilter abfiltrieren und das klare Filtrat in einem Messkolben geeigneter Größe (bei 200 mL wäre die Probenverdünnung 1/10) sammeln. Den Niederschlag sorgfältig mit bidest. Wasser auswaschen. Nicht vergessen: Den Proben-Verdünnungsfaktor notieren!

3) Festlegung der Proben und der Probenvolumina.

Gemüse-Proben 6a und 6b:

Wenn ßPr(NO3-) > 5 mg·L-1, kann man die in der Arbeitstabelle vorgesehen Probenvolumina (2 mL, 3 mL und

5 mL) verringern z.B. auf 1 mL, 2 mL und 4 mL.

Wenn ßPr(NO3-) < 5 mg·L-1, kann man größere Probenvolumina (bis zu 20 mL) benutzen, denn laut

Arbeitstabelle werden alle Proben vor der 1. Temperierung durch Zugabe von Wasser auf ein Volumen von 25 mL gebracht. Das bedeutet, dass man auch Proben mit Nitratkonzentration von minimal ca. 0,2 mg·L-1 einsetzen kann.

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32 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung

Individuelle Proben 6c und 6d:

Die Nitratkonzentration in den zur Verfügung gestellten individuellen Proben liegt im Bereich 15 – 25 mg·L-1. Machen Sie eine geeignete Probenverdünnung; wählen Sie ein geeignetes Probenvolumen.

Durchführung der photometrischen Bestimmung.

In der Arbeitstabelle auf der folgenden Seite ist der schrittweise Ablauf des Verfahrens beschrieben. Durch Art und Volumen der einzelnen Zugaben muss erreicht werden, dass in allen Standard- und Analysen-Proben Bedingungen (Volumen, pH-Wert, Konzentrationen) vorliegen, die innerhalb des Toleranzrahmens der Methode identisch sind.

Erläuterungen zu den einzelnen Schritten des Verfahrens:

1) Einfüllen der Standard- bzw. Probenlösungen: Bei den in der Tabelle angegebenen Probenvolumina wird davon ausgegangen, dass die Nitratkonzentration in der Probenlösung bei ca. 5 mg·L-1 liegt.

2) Es wird der für die Reduktion des Nitrats zum Nitrit benötigte schwach basische pH-Wert eingestellt. Wo liegt dieser pH-Wert ungefähr?

3) Es wird die für die Reduktion des Nitrats zum Nitrit benötigte (sehr kleine) Cu2+-Stoffmenge zugegeben. Wie klein ist diese Cu2+-Stoffmenge?

4) Das Reduktionsmittel für die Reduktion des Nitrats zum Nitrit wird zugesetzt. Formulieren Sie die Redoxgleichung.

5) Nach der Reduktion wird der pH-Wert wieder ungefähr auf den Anfangs-pH-Wert gebracht.

6) Einstellung des niedrigen pH-Wertes, der für die Diazotierung nötig ist. Start der Diazotierung und der nachfolgenden Azokupplung mit Farbstoffentwicklung

7) Am Ende werden alle Messkolben mit bidest. Wasser bis zur Markierung auf das Test-Endvolumen von 50 mL aufgefüllt und die Färbungen begutachtet. Dabei gilt das Hauptaugenmerk der Blindprobe und der stufenweisen Farbvertiefung bei den Standardproben. Die Blindproben dürften natürlich nicht gefärbt sein. Wenn das doch der Fall ist, müssen die bei der Eisen-Bestimmung erwähnten Verfahren greifen. Wenn die Färbung der Blindprobe auch bei anderen Teilnehmern eintritt, liegt ein systematischer Fehler nahe, z.B. eine der Reagenz-Lösungen war mit Nitrat verunreinigt. Wenn die Färbung der Blindprobe bei anderen Teilnehmern nicht eintritt, liegt ein individueller Fehler nahe, z.B. der für die Blindlösung benutzte Messkolben war mit Nitrat verunreinigt. Dieser Fall ist beherrschbar, wenn man statt einer einzigen, mehrere Blindproben angesetzt hat. Die gefärbte Blindprobe kann dann als Ausreißer behandelt und verworfen werden. Wenn man nur eine Blindprobe hat, muss eine neue Blindprobe hergestellt werden. Wenn aber Zweifel auch hinsichtlich der anderen Proben entstehen (z.B. dadurch, dass bereits mit bloßem Auge eine falsche Reihenfolge der Färbungen der Standard-Proben feststellbar ist), muss die gesamte Messreihe wiederholt werden.

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Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung 33

Arbeitstabelle: Test-Volumen 50 mL

Schritt Nr. Lösung Nr. → 01) 1 2 3 4 5 Probenlösungen 6a, 6b2) 6c, 6d

1) V(NO3--Standard) /mL

ßSt(NO3-) ≈ 5 mg·L-1

0 1 2 3 4 6 2 mL 3 mL 5 mL ?

Alle Proben mit bidest. Wasser auf ein ungefähres Volumen von 25 mL bringen.

Messkolben mit Stopfen verschließen, beschweren; im Wasserbad bei 50°C 15 min temperieren.

Messkolben aus dem Bad nehmen und sofort weiter verarbeiten (nicht stehen lassen!).

2) V(NaOH-Lsg.2) / mL Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 1 mL

Alle Proben durch Umschwenken gut vermischen!

3) V(CuSO4-Lsg. 3) / mL Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 1 mL

Alle Proben durch Umschwenken gut vermischen!

4) V (Hy-Lsg. 4) / mL Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 1 mL

Alle Proben durch Umschwenken gut vermischen!

Danach alle Messkolben mit Stopfen verschließen und im Wasserbad wieder 15 min lang bei

ca. 50°C halten. Dann aus dem Bad entnehmen und abkühlen.

5) + V(HCl-Lsg. 5) / mL Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 1 mL

Alle Proben durch Umschwenken gut vermischen!

6) + V(Azoreag. 6) / mL Zu allen Proben aus der Dispensette zugeben: 2 mL

Alle Proben durch Umschwenken gut vermischen!

Diazotierung beim richtigen pH-Wert und folgende Azokupplung werden gleichzeitig gestartet.

7) + bidest. Wasser Alle Proben mit bidest. Wasser auf das Endvolumen auffüllen, schütteln, 15 min

stehen lassen und dann die Absorbanzen aller Proben bei 540 nm gegen den

Blindwert messen.

Test-Vol 50 mL

Standard- Proben-Nr 0 1 2 3 4 5 6a, 6b

2) 6c, 6d

ßTest (NO3) / mg·L-1 0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,6 Probenlösungen

8) Absorbanz-Messungen bei 540 nm

1) Es wäre sicherer, wenn man diese Proben doppelt ansetzt. 2) Proben Nr. 6a, 6b: Gemüse-Proben; Proben Nr. 6c, 6d: individuelle Proben.

Lösungen aus der Dosierbürette dosieren! Vollpipetten

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34 Praktikum Chemie wässriger Lösungen, analytischer Teil – Nitratbestimmung

Auswertung:

Graphische Auswertung für die Gemüse und individuelle Proben Nr. 6a, 6b, 6c und 6d.

Unmittelbar nach der Messung sind die gegen die Blindprobe gemessenen Absorbanzwerte der Standard-Proben graphisch per Hand auszuwerten. Dafür trägt jeder seine Absorbanz-Messwerte (Ordinate) gegen die jeweilige NO3

--Testkonzentration (Abzisse) auf. Unter Berücksichtigung aller Messwerte wird eine Ausgleichsgerade nach Augenmaß gezogen. Die Ausgleichsgerade muss durch den Nullpunkt gehen.

Die Absorbanz-Messwerte der Proben 6a, 6b, 6c und 6d liefern mit Hilfe der Ausgleichsgeraden die zugehörigen NO3

--Testkonzentration ßTest(NO3-) in der Küvettenlösung.

Die Messwerte und die ermittelten NO3--Testkonzentration für die Proben 6a, 6b und auch für die Proben

6c, 6d (individuelle Probe) müssen deutlich erkennbar eingetragen und von den Standardwerten unterscheidbar gekennzeichnet sein.

Zur Berechnung der Nitratkonzentrationen muss der jeweilige Testverdünnungsfaktor und der Probenverdünnungsfaktor berücksichtigt werden. Die berechnete Nitratkonzentration in der individuellen Probe muss innerhalb eines Bereichs von 5% mit dem bekannten Wert übereinstimmen.

Das Ergebnisprotokoll muss enthalten:

- Berechnetes Ergebnis der Vorprobe: Massenanteil Nitrat im Gemüse.

- Gemüse-Einwaage; Volumen der Stammlösung und die aus dem Ergebnis der Vorprobe berechnete und eventuell mit Teststäbchen gemessene NO3

--Konzentration;

- Probenverdünnungsfaktoren für photometrische Bestimmung: Proben Nr. 6;

- Volumina der Probenlösungen und Testverdünnungsfaktoren: Proben Nr. 6;

- Berechnete Nitratkonzentrationen im Gemüse.