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Praktische Schmerztherapie
bei Nierenpatienten
Vortragender: OA Dr. Albert Fürnschlief
Landesklinikum Amstetten/ Innere Medizin
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
... aus internistischer Sicht
... soll Wissen für eine sinnvolle
Analgetikatherapie
für akute und chronische Schmerzzustände
vermitteln
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Viele Nierenpatienten sind von Krankheiten betroffen,
die Schmerzen verursachen:
•Durchblutungsstörungen der Beine (PAVK) mit Belastungs-
und Ruheschmerzen sowie offenen Wunden (Ulcera)
•Degenerative Veränderungen am Bewegungsapparat
wie Gelenksabnützungen (Arthrosen) oder
Osteoporose mit Frakturen
•Tumorschmerzen
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Es gibt eine (begründete) Grundskepsis unter Nierenpatienten
gegenüber Schmerzmitteln (Analgetika)
•Können Schmerzmittel an der Entstehung der Nieren-
erkrankung mitschuld sein?
•Zweifel über richtige Anwendung:
Ob überhaupt?
Welche?
Welche Dosis?
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Nozizeptor-Schmerz:
Reizung von Schmerzrezeptoren durch Mediatoren
•äußere Einwirkung (z. B. Schlag, Verbrennung, Quetschung)
•Entzündungen, z.B. rheumatoide Arthritis, Arthrosen
•Tumore
•Koliken (Galle, Niere)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Somatischer Schmerz
in einen Tiefenschmerz und Oberflächenschmerz unterteilt:
•Tiefenschmerzen stammen aus Knochen, Muskel, Gelenken,
Bindegewebe. Er ist eher dumpf, strahlt häufig aus und ist von
vegetativen Symptomen begleitet (z. B. Übelkeit, Zittern,
Schwitzen).
•Oberflächenschmerzen in der Haut oder Schleimhaut und sind
z. B. auf Hautreizungen durch eine Entzündung oder Verletzung
zurückzuführen. Sie sind gut lokalisierbar.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Viszeraler Schmerz (Tiefenschmerz): aus inneren Organen
•bestimmten Haut- (Dermatomen) oder
Muskulatur-Arealen (Myotom) zugeordnet
- als Headsche Zonen bezeichnet
•Lage ungefähr über dem betroffnenen Organ, z. B. Brustschmerzen
bei Herzinfarkt oder weit auseinander
Gallenblase eine Head'sche Zone in der rechten
Schultergegend.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
①Peripher wirksame Analgetika: wirken an den
Schmerzrezeptoren im Gewebe (Nozizeptoren)
②Zentral wirksame Analgetika: beeinflussen v.a. die Schmerzleitung,
- empfindung und –bewertung im Gehirn und Rückenmark
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Schmerzen werden über Mediatoren im Gewebe, wie z.B.
PROSTACYCLINE erzeugt.
Mediatoren bewirken unter anderem auch eine Entzündungsreaktion
mit Schwellung, Rötung im Gewebe.
Prostacycline entstehen durch das Enzym
CYCLOOXYGENASE (COX 1 und 2).
Periphere Analgetika hemmen die Cycclooxygenase.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
•Sie wirken daher schmerzhemmend,
manche fiebersenkend und entzündungshemmend
•Sie tun das in unterschiedlichem Ausmaß.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Fiebersenkend (antipyretisch) wirken vor allem:
•ASS (z.B. ®Aspirin)
•Paracetamol (z.B. ®Mexalen)
•Metamizol (®Novalgin)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Vor allem enzündungshemmend (antiphlogistisch) wirken die
NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika):
•Mefenaminsäure (z.B. ®Parkemed)
•Ibuprofen, Dexibuprofen (®Seractil)
•Diclofenac (z.B. ®Voltaren, ®Deflamat,...)
•...
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Die Hemmung der Cyclooxygenase verursacht jedoch auch andere
(Neben-) Wirkungen
•Hemmung der Blutplättchen (und damit der Gerinnung)
•Störung der schützenden Magenschleimhautbarriere -> Geschwüre
im oberen Magen- /Darmtrakt mit Blutungen
•Kopfschmerzen, v.a. nach Absetzen (Teufelskreislauf)
•Tw. Verschlechterung oder Auftreten von Asthmasymptomen
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Die Hemmung der Cyclooxygenase verursacht jedoch auch andere
(Neben-) Wirkungen
•und vor allem eine Verschlechterung der Nierendurchblutung
•ein Zurückhalten von Natrium und Wasser im Körper -> Ödeme
•eine Verschlechterung der Blutdrucksituation
•ein tw. erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt,
Schlaganfall)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
• WELCHE AUFGABEN ERBRINGT DIE NIERE?
1. Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen
2. Blutdruckregulation
3. Regulation von Wasser- und Blutsalzhaushalt (Na+, K+)
4. Regulation des Säure- und Basenhaushalts
5. Blutbildung
6. Vitamin D Bildung
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
• WELCHE AUFGABEN ERBRINGT DIE NIERE?
1. Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen
2. Blutdruckregulation
3. Regulation von Wasser- und Blutsalzhaushalt (Na+, K+)
4. Regulation des Säure- und Basenhaushalts
5. Blutbildung
6. Vitamin D Bildung
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Regulation von Wasser- und Blutsalzhaushalt:
•Leidet die Ausscheidungsfunktion, bleibt Wasser vermehrt
Körper zurück, da die Harnproduktion abnimmt.
•Als Folge der ÜBERWÄSSERUNG treten Ödeme an Lidern und Beinen
sowie in der Lunge auf.
Es kommt zu zunehmender Atemnot.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Nierenfunktions
einschränkung
Hypertonie
Nierenschaden
„Teufelskreislauf“ Bluthochdruck
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Dadurch kann es vor allem in KOMBINATION mit anderen Medikamenten
zu Verschlechterungen der Nierenfunktion kommen.
•ACE- Hemmer/ Angiotensin- Rezeptorblocker (eigentlich „nierenschützend“)
•Entwässerung (Diuretika)
•Diabetesmedikamente (v.a. Metformin, z.B. ®Glucophage,® Diabetex)
Auch bildgebende Diagnostik mit Kontrastmittelgabe kann die Niere belasten.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Schmerzmittel als Ursache für Nierenerkrankungen:
1.ANALGETIKANEPHROPATHIE
durch (jahrelangen) unkritischen Schmerzmittelgebrauch
kann die Niere in der Funktion gestört werden
Historisch durch phenacetinhältige Präparate, die in Österreich
nicht mehr am Markt sind („Phenacetinniere“)
Problem: rezeptfreie Präparate oder Medikamente, die häufig
verschrieben werden und daher leicht verfügbar sind.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Schmerzmittel als Ursache für Nierenerkrankungen:
Das Krankheitsbild der Analgetikanephropathie ist heute umstritten
Es konnte zuletzt in Studien kein statistischer Zusammenhang
zwischen der Verwendung phenacetinfreier Schmerzmittel
(bis 3,5 kg Maximalmenge pro Lebenszeit) bei unter 50- jährigen
und dem Auftreten eines Nierenversagens gefunden werden.
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Schmerzmittel als Ursache für Nierenerkrankungen:
2.INTERSTITIELLE NEPHRITIS:
Durch eine individuell bestehende Unverträglichkeit kommt
es dosisunabhängig zu einer Entzündung der Niere mit
zunehmendem Funktionsverlust
z.B. auch im Rahmen von Antibiotikaeinnnahme u.a. möglich
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Schmerzmittel als Ursache für Nierenerkrankungen:
3.AKUTES NIERENVERSAGEN bei vorbestehender Nieren-
funktionseinschränkung anderer Ursache:
Typische Risikofaktoren:
•Medikamentenkombinationen (s.o.)
•Flüssigkeitsmangel (auch Sportler!),
Kreislaufversagen (Schock)
•Kontrastmittelgabe)
•Herzinsuffizienz
•Alter (Betagte und Hochbetagte)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Nierenpatienten sollten besonders vorsichtig im Umgang
mit NSAR sein.
•Eine (regelmäßige) Einnahme bei einer GFR unter 30 ml/min
ist kontraindiziert!
•Vor allem Nierentransplantierte müssen sich eventueller
Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten- vor allem
Immunsupressiva- bewusst sein.
•Ggf. sollte eine Dosisanpassung erfolgen (www.dosing.de)
•Kombinationspräparate v.a. mit Coffein sollten gemieden werden!
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Nierenpatienten sollten deshalb besonders vorsichtig im Umgang
mit peripheren Analgetika sein.
•Bei Dialysepatienten ist der Erhalt der renalen Restfunktion
wichtig!
(Harnproduktion ermöglicht bessere Lebensqualität an der Dialyse
und trägt zur Entgiftungsqualität bei)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Wechselwirkungen zwischen Immunsuppressiva & NSAR
Azathioprin
Imurek®
Ciclosporin
Neoim
mun®,Sandim
mun®
Mycophen
olsäure
Cellcept®,M
yfortic®
Tacrolim
us
Advagraf®,Prograf®
Acetylsalicylsäure Aspirin®
Celecoxib Celebrex®
Dexibuprofen Seractil®
Diclofenac Deflamat®,Voltaren® X X
Ibuprofen Nureflex® X X
Indometacin Indocid®
Lornoxicam Xefo®
Mefenaminsäure Parkemed® X X X
Meloxicam Movalis®
Metamizol Novalgin® X X
Naproxen Miranax®
Paracetamol Mexalen®
Piroxicam Felden®
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Gern verwendet werden von Nierenpatienten:
1.Paracetamol (z.B. ®Mexalen; p-Aminophenolderivat:
antipyretisch und (eher schwach) analgetisch
nicht antiphlogistisch („nicht saures Analgetikum“)
gute Verträglichkeit
oral, rektal (chronischer Gebrauch) und
i.v. (kurzfristiger Einsatz z.B. postOP) sicher
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Peripheren Analgetika:
Gern verwendet werden von Nierenpatienten:
2.Metamizol (®Novalgin; Pyrazolderivat):
besitzt die höchste analgetische/antipyretische Potenz
schwach antiphlogistisch
spasmolytisch
ABER: Gefahr einer Agranulozytose (selten; aber letale Ausgänge möglich)
nur mehr in Ö und D erhältlich
Alternativen suchen!
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Zentral wirksamen Analgetika:
•Sind Substanzen, die chemisch mit Opium verwandt sind (OPIOIDE)
•Morphin ist die Referenzsubstanz für alle anderen Opiode
•Sie wirken an verschiedenen zentralen (und peripheren) Opioidrezeptoren
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Zentral wirksamen Analgetika:
Man unterscheidet:
•Niedrigpotente: Eine Dosissteigerung über bestimmtes Ausmaß bringt
keine weitere Analgesieerhöhung, sondern nur Zunahme der NW
z.B. Tramadol (Tramal, Adamon,...)
•Hochpotente: z.B. Hydromorphon, Oxycodon,...
Manche hochpotente Opioide wie Buprenorphin zeigen einen
Ceiling- Effekt, dh. die maximal erreichbare Analgesie ist ebenso
eingeschränkt
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Zentral wirksamen Analgetika:
•Sie wirken an verschiedenen Organen und bedingen dadurch
entsprechende (Neben-) Wirkungen
•Bei höherpotenten Opioiden sind Suchtmittelverordnungen nötig.
(Mißbrauchgefahr!)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Zentral wirksamen Analgetika:
•Atmung: atemdepressiv (nicht bei schmerzorientierter Gabe)
hustenreizdämpfend
•Darm: Tätigkeit verlangsamt
•Muskulatur Innerer Organe: tw. entkrampfend
•ZNS: Analgesie, sedierend, angstlösend, ev. Abhängigkeit/ Gereiztheit
ev. Übelkeit
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Zentral wirksamen Analgetika:
•Entgegen weitläufiger Meinung kommt es zu keinem relevanten
Auftreten eines Toleranzverhaltens.
Dosissteigerungen sind eher Ausdruck einer Verschlechterung
der Schmerzursache.
•Das Abhängigkeitspotential hängt stark von der Substanz und
der Verabreichungsart ab (rascher Wirkeintritt und euphorisierende
Wirkung führt zu Abhängigkeit!)
•Ein rasches Absetzen führt zu Entzugssymptomatik
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
ANALGETIKAGRUPPEN:
Zu Zentral wirksamen Analgetika:
•Tramadol: relativ häufig Übelkeit
•Opioide können bei rascher Verschlechterung der Nierenfunktion
kumulieren!
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Eine praktische Handlungsanleitung für Dialysepatienten:
•„ Go low, go slow“:
Mit niedriger Dosis beginnen (oft längere Wirksamkeit; sogar
unretardierte Formen) und langsam steigern.
•Ev. Nachdosierung nach Dialyse
•Keine Kombination von hoch- und niedrigpotenten Opioiden!
Wirkabschwächung!
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
Eine praktische Handlungsanleitung für Dialysepatienten wäre :
1.Stufe:
Paracetamol /Tramadol (2-4 x 50 mg)/
Metamizol Monotherapie
2.Stufe:
Kombination aus Tramadol und Metamizol
3.Stufe:
Höherpotente Opiate:
Buprenorphin (kein relevanter Abbau über Niere)
Hydromorphon (®Hydal), Oxycodon (z.B. ®Oxycontin)
Transdermales Fentanyl (z.B. ®Durogesic)
Praktische Schmerztherapie bei Nierenpatienten
• DANKE FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT
Nierenerkrankungen- die unbekannte Gefahr
• Weltweit werden ca. 9-12% der Erwachsenen als „nierenkrank“ angesehen.
• In Österreich: ca. 350 000 Menschen mit Chronischer Nierenkrankheit
lt. Der Österreichischen Gesellschaft für Nierenkrankheiten (ÖGN).
Nierenerkrankungen- die unbekannte Gefahr
•NIERENAUSSEHEN und -FUNKTION:
Nierenerkrankungen- die unbekannte Gefahr
•Zu Punkt 2 - Blutdruckregulation:
•Die Niere ist das ZENTRALE ORGAN DER BLUTDRUCKREGULATION.
•Eine Funktionseinschränkung geht immer mit einer Störung der
Blutdruckkontrolle einher, fast immer Bluthochdruck.
•Viele wichtige Blutdruckmedikamente wirken hier.
Nierenerkrankungen- die unbekannte Gefahr
•Ca. 50 % der jährlich neu beginnende Dialysepatienten sind Menschen mit
bekanntem, oft langjährigem Diabetes oder Bluthochdruck- Tendenz steigend!