Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische...

5
Maßnahmenblatt 4.1.2. Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. Natürlich hier. Ein Projekt der: Gefördert durch:

Transcript of Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische...

Page 1: Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms

Maßnahmenblatt 4.1.2.

Praxisleitfaden BlütenMeer 2020.

Natürlich hier.

Ein Projekt der:Gefördert durch:

Page 2: Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms

2

Mahdgutübertragung und Untersaat von Regio-Saatgut und Druschgut sowie Pflanzungen nach Scheibeneggeneinsatz bei Johannistal (Kreis Ostholstein)

AusgangsbedingungenIm Naturraum Nordoldenburg und Fehmarn mit seinen fruchtbaren, von der Weichseleiszeit geprägten Grund-moränenböden liegt an der Ostseeküste in der Gemeinde Gremersdorf das Stiftungsland Johannistal mit einer 106 ha großen extensiv genutzten Ganzjahresweide, die im Jahre 2012 auf zuvor intensiv ackerbaulich genutzten Böden eingerichtet wurde (54,3596°N; 10,8962°E). Zur Aushagerung wurde großflächig Wiesen-Glatthafer als Kultivar eingesät, der viel Biomasse bildet, aber als weideempfindliches Gras allmählich zugunsten anderer Arten zurücktreten soll.

AufwertungspotentialAufgrund der Vornutzung als Acker und der nach Beendi-gung der Ackernutzung erfolgenden Glatthafer-Einsaat waren die Bestände großflächig sehr artenarm, so dass schon in Bezug auf die Erhöhung der Artenzahlen ein ho-hes Aufwertungspotential vorhanden war.

Noch bedeutender ist jedoch, dass die in Ost-West-Richtung verlaufenden Höhenzüge innerhalb der Weidelandschaft Johannistal eine standörtliche Besonderheit für Schleswig-Holstein darstellen: Sie bestehen aus kalkreichen Sanden und weisen Boden-pH-Werte zwischen 6,8 und 7,3 auf. Hinzu kommt eine klimatische Sondersituation, durch die in diesem Bereich mit 600 bis 650 mm deutlich geringere Niederschläge fallen als im übrigen Schleswig-Holstein mit überwiegend 800 bis 1000 mm. Alte Floren wie die von Prahl nennen für die „Hügel zwi-schen Heiligenhafen und der Broek“ eine Reihe heute in Schleswig-Holstein sehr seltener Arten kalk- bzw. basen-reicher Trockenrasenstandorte (z. B. Tauben-Skabiose Sca-biosa columbaria). Diese kommen in Resten im Bereich der Steilküste und auf dem westlich angrenzenden Truppen-übungsplatz Putlos vor.

Entwicklungsziel war es, auf den Flächen in Johannistal durch eine Kombination von Mahd- und Druschgutüber-tragung, Regio-Einsaat und Auspflanzung seltener Arten den Lebensraumtyp artenreiche Flachlandmähwiesen mit dem typischen regionalen Arteninventar wieder herzustel-len und die Flächen damit als Spenderflächen für zukünf-tige Mahdgutübertragungen zu entwickeln. Auf den hier vorhandenen Lehmböden ist dafür eine gute Bodenvorbe-reitung durch Narbenumbruch notwendig.

Als Spenderflächen für Mahdgut wurden Heuwiesen auf dem Truppenübungsplatz Putlos (3,5 ha, Entfernung 6 km), eine Skabiosen-Flockenblumen-Wiese am Hohen Ufer bei Heiligenhafen (0,8 ha, Entfernung 3 km), Abschnitte des alten Ostseedeiches bei Kellenhusen (2,6 ha, Entfernung 22 km), sowie für Druschgut eine Mar-geriten-Wiese bei Darry (0,8 ha, Entfernung 25 km) genutzt. Als Ergänzung wurde eine Regio-Saatmischung

aus Untergräsern (Rotes Straußgras, Gemeines Ruchgras, Gemeines Kammgras, Rot-Schwingel) ausgebracht. Die Beimengung der Untergräser erfolgte, da die Befürchtung bestand, dass sich nach der Bodenbearbeitung Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense), Jakobs-Greiskraut (Senecio jacobaea) und Schmalblättriges Greiskraut (Senecio inae-quidens) auf den Flächen stark ausbreiten könnten. Dem sollte mit einem raschen Narbenschluss der Untergräser begegnet werden. Des Weiteren wurden seltenere Arten, die nur schwer über Mahdgutübertragung zu etablieren sind, wie die Wiesen-Schlüsselblume, als Topfpflanzen angezogen und ausgepflanzt.

Rechtliche SituationNaturschutzrecht: Das Einsaatgrünland wies hinsichtlich seiner Artenzusammensetzung noch keinen Biotopstatus auf. Die Spenderfläche Putlos liegt im FFH-Gebiet, die Mahd der Fläche entspricht jedoch der normalen Nutzung als Heuwiese und ist zulässig.

Agrarrecht: Es handelt sich um eine bewirtschaftete Grün-landfläche mit Ackerstatus, auf der eine Narbenerneue-rung durchgeführt werden darf.

Sonstiges: Da eine Spenderfläche in einem militärischen Übungsgebiet liegt, ist die Nutzung der Spenderfläche und Betretungsgenehmigung der Militärverwaltung erforder-lich. Eine andere Fläche liegt auf einem Hochwasser-schutzdeich, für den eine Befahrensgenehmigung für die Erntefahrzeuge notwendig ist.

MaßnahmenAufwertungen im Rahmen des Projektes erfolgten in 25 Teilmaßnahmen in den Jahren 2016 bis 2019 auf einer Ge-samtfläche von 16,4 ha (Maßnahmenkombinationen auf gleicher Fläche berücksichtigt).

• Vorbereitung durch Mahd des Bestandes mit Schlegel-mulcher und Bodenbearbeitung mit Kurzscheibenegge

• Mahdgutübertragungen von den Spenderflächen Putlos (Frontmähwerk und Ladewagen mit Dosierwalze), Deich Klosterseeniederung (Hangmahd mit Brielmeier) und Heiligenhafen (Kleinflächige Mahd mit Balkenmäher)

• Untersaat unmittelbar vor Mahdgutübertragung mit Druschgut der Spenderflächen Margeritenwiese bei Darry und Klappertopf Treßsee

• Zusätzlich Auspflanzung ausgewählter Arten (Betonica officinalis, Origanum vulgare, Primula veris, Scabiosa co-lumbaria, Thymus pulegioides u.a.) in bestimmten Berei-chen

Auf einer zusammenhängenden Fläche von 4,7 ha wurden im Jahre 2016 die Glatthaferbestände zunächst mit dem Schlegelmulcher zerkleinert. Anschließend erfolgte eine Bodenbearbeitung mit einer Kurzscheibenegge. Diese ar-beitete den mit dem Mulcher zerkleinerten Aufwuchs auch oberflächlich in den Boden ein. Eine Mahd mit Abtransport des Mahdgutes schied aus Kostengründen aus. Aufgrund von sehr trockener Witterung nach der Bodenbearbeitung

Maßnahmenblatt 4.1.2 zum Praxisleitfaden BlütenMeer 2020

Page 3: Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms

3

kam es zu keiner Regeneration des Glatthaferbestandes, so dass die Ausgangssituation sehr günstig war.

Nach der Bodenvorbereitung erfolgte als Untersaat die Ausbringung einer Mischung aus von Druschgut von den Spenderflächen Darry [vor allem Fettwiesen-Margerite (Leucanthemum ircutianum)], Treßsee [vor allem Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor)] und Putlos (diverse Arten, aus dem Vorjahr).

Am Ostrand der Weidefläche (als Saum entlang des Zau-nes) erfolgte im Herbst 2016 die Auspflanzung von vorge-zogenen Stauden der Arten Wilder Dost (Origanum vulga-re), Wirbeldost (Clinopodium vulgare) und Feld-Beifuß (Ar-temisia campestris). Eine zweite Pflanzung erfolgte im Be-reich der Mahdgutübertragungsfläche. Diese bestand hauptsächlich aus Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris) mit geringen Anteilen der drei für den Saum genannten Arten.

Abb. 4: Bodenvorbereitung für die Mahdgutübertragung mit der Scheibenegge (Foto B. Rickert).

Abb. 5: Artenreiches Mahdgut vom benachbarten Truppenübungs-platz Putlos wurde gleichmäßig auf die Übertragungsfläche in Johannistal ausgebracht (Foto B. Rickert).

Abb. 1: Artenreiche Heuwiese als Spenderfläche mit Skabiosen- Flockenblume, Kleiner Pimpinelle, Rauem Löwenzahn und Rund-blättriger Glockenblume in Blüte, Truppenübungsplatz Putlos (Foto B. Rickert).

Abb. 2: Margeritenwiese bei Darry als Spenderfläche für Druschgut (Foto B. Rickert).

Abb. 3: Einartige Glatthafer-Einsaat als Ackergras in Johannistal vor Maßnahmenumsetzung (Foto B. Rickert).

Page 4: Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms

4

FlächenentwicklungBereits vor der Maßnahme 2016 kamen 13 Zielarten des Grünlandes im weiteren Sinne auf der Fläche vor. Hierbei wurde der Bestand geprägt vom Gewöhnlichen Glatthafer (Kultivar von Arrhenatherum elatius). Weitere Arten traten nur sehr vereinzelt auf. Die Zahl der Störzeiger schwankt im gesamten Beobachtungzeitraum zwischen 11 und 21, es lässt sich aber kein konkreter Zusammenhang mit den Maßnahmen feststellen. Insgesamt steigt die Gesamtarten-zahl wie auch die Zahl der Zielarten nach den Maßnahmen deutlich an. 2017 wurden zwischen 29 und 41, 2019 zwi-schen 34 und 47 Zielarten auf den unterschiedlichen Maß-nahmenflächen kartiert. Neben der Steigerung der Artenzahl ist insbesondere der Wandel von einem gräser- zu einem kräuterdominierten Bestand auffallend. Darunter auch Ar-ten der Roten Liste Schleswig Holstein wie Gewöhnliche Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa, RL SH 2), Großer Klappertopf (Rhinanthus angustifolius, RL SH 3), Kleiner Klappertopf (Rhinanthus minor, RL SH 2) und große Bestände von Gewöhnlichem Hornklee (Lotus corniculatus, RL-SH V). Die Kartierung von neun 1m²-Kontrollflächen am 06.07.2017 resultierte in Artenzahlen zwischen 14 und 23 pro Quadratmeter, am 07.06.2019 zwischen 14 und 22.

Nutzung und PflegeDie Flächen sind in eine ganzjährige extensive Weideland-schaft integriert. Sollen sie als Spenderflächen genutzt werden, können sie temporär von Mai bis zum Mahdzeit-punkt im Spätsommer ausgezäunt werden und danach wieder in die Beweidung gehen. Um die Klappertopfbe-stände zu erhalten, ist die Mahd nicht vor dem 15.07. eines Jahres durchzuführen. Bei Nutzung als Spenderfläche ist eine Kontrolle auf Schmalblättriges Greiskraut (Senecio in-aequidens), das sich gerade in den Nachbarflächen aus-breitet, sowie Jakobs-Greiskraut und deren Beseitigung notwendig.

FazitDurch die Kombination verschiedener Renaturierungs-maßnahmen wie Mahdgut- und Druschgutübertragung aus verschiedenen Standorten der Umgebung sowie Regio- Einsaat und Pflanzung seltener regionaltypischer Arten ist es gelungen eine artenreiche Flachlandmähwiese wieder herzustellen, die im Jahre 2019 auch erstmals als Spender-fläche für die Druschgutgewinnung genutzt werden konnte.

Abb. 6: Entwicklung der Artenzahlen auf den Maßnahmenflächen 2016 (Ausgangsbestand) ; K = Mahdgut Spenderfläche Klostersee-niederung, H = Mahdgut Spenderfläche Heiligenhafen, P =Mahdgut Spenderfläche Putlos. Abb. 7: Margariten- und Hornkleeblüte im 3. Jahr nach der Mahd-

gutübertragung in Johannistal, Kreis Ostholstein (Foto B. Rickert).

0

10

20

30

40

50

60

70

2016 2017 K 2019 K 2017 H 2019 H 2017 P 2019 P

Zielart Störzeiger Sonstige

Page 5: Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. · 2020. 10. 26. · Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms

5

Herausgeberin:Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein Eschenbrook 4 | 24113 Molfsee [email protected] www.stiftungsland.de

Elektronischer Anhang zum Praxisleitfaden BlütenMeer 2020. Blumenwiesen und Heiden entwickeln. Maßnahmenblatt 4.1.2 Mahdgutübertragung und Untersaat von Regio-Saatgut und Druschgut sowie Pflanzungen nach Scheibeneggeneinsatz bei Johannistal (Kreis Ostholstein)

Autor*innen Maßnahmenblatt: Dr. Doris JansenDr. Björn Rickert Titelfoto:Wildblumenwiese aus Regio-Saatgut im Blühaspekt mit Wie-sen-Margerite, Spitz-Wegerich, Ferkelkraut sowie mit Heide-Nelke aus Regio-Plus-Saatgut drei Jahre nach Umbruch eines Weidelgras-Ackers durch Fräsen auf humos-sandigen Böden am Schafflunder Mühlenstrom bei Schafflund, Kreis Schles-wig-Flensburg (vgl. Praxisbeispiel 4.1.5, Foto: M. Büttner)

Fotos:Björn Rickert

Herstellung:Stand: Oktober 2020 Gestaltung: AlsterWerk MedienService GmbH

Das Projekt „BlütenMeer 2020“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-schutz und nukleare Sicherheit gefördert. Praxisleitfaden und elektronische Maßnahmenblätter geben die Auffassung und Meinung des Zuwendungsempfängers des Bundesprogramms wieder und müssen nicht mit der Auffassung des Zuwen-dungsgebers übereinstimmen.