Preising, Tobias (2013): MetropolRegionalPlanung. Chancen und Risiken einer Zusammenführung von...

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1 3 REZENSION Online publiziert: 4. Dezember 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Preising, Tobias (2013): MetropolRegionalPlanung. Chancen und Risiken einer Zusammenführung von Metropolregionen und Raumplanung Detmold – Verlag Dorothea Rohn. 69 Abb., 251 S. Tobias Federwisch Raumforsch Raumordn (2014) 72:73–74 DOI 10.1007/s13147-013-0262-7 Stadtregionen. Dies hat auch etwas damit zu tun, dass bis heute weder das Rollenverständnis der Metropolregionen noch deren Verhältnis zur räumlichen (regulativen und auf Ausgleich bedachten) Planung abschließend geklärt werden konnten. In seiner Dissertation setzt sich Tobias Preising nicht nur mit dem Rollenverständnis der Metropolregionen auseinan- der, sondern fragt vor allem nach dem Verhältnis der zumeist wirtschaftsorientierten Metropolregionen zur räumlichen Planung. Damit wendet er sich wichtigen Forschungsfragen zu, welche zum einen die verschiedenen Handlungslogiken von Metropolregionen und Raumplanung und zum zweiten die Möglichkeiten der institutionellen und thematischen Ein- bindung räumlicher Planung in die Metropolregionen in den Blick nehmen. Zur Beantwortung dieser Fragen betrachtet Tobias Preising die historischen Hintergründe und die theo- retischen Konzepte von Metropolregionen und räumlicher Planung gleichermaßen. Darüber hinaus analysiert er die raumbezogenen Praktiken in den Metropolregionen Rhein- Neckar und Hamburg und leitet hieraus Handlungsempfeh- lungen für eine Zusammenführung von Metropolregionen und Raumplanung ab. Konkret: Im ersten Schritt (Kap. 2) setzt sich Tobias Preising mit dem Konzept der Europäischen Metropol- regionen in Deutschland auseinander und bettet dieses in die europäische Raumentwicklungspolitik sowie die Bun- desraumordnung ein. In diesem Zusammenhang erfolgt eine Betrachtung des primär wirtschaftsgetriebenen Rol- lenverständnisses der Metropolregionen, wobei auch die kritischen Stimmen zum deutschen Metropolisierungspro- zess reflektiert werden. Im zweiten Schritt (Kap. 3) erfolgt eine Einordnung der Metropolregionen in die bestehenden Raumentwicklungstheorien (insbesondere Wachstumspolt- heorie und Theorie der endogenen Entwicklung) und der Raumplanung in die bestehenden Raumplanungstheorien Mit den in den 1990er Jahren einsetzenden neoliberalen Glo- balisierungs-, Metropolen- und Standortdiskursen sind die deutschen Städte und Stadtregionen verstärkt in den Fokus der bundesdeutschen Raumordnung gerückt. Das daraufhin entwickelte Konzept der Metropolregionen hatte zum Ziel, den interregionalen Wettbewerb zu stimulieren, die Leis- tungs- und Konkurrenzfähigkeit Deutschlands zu erhalten sowie zur Beschleunigung des europäischen Integrations- prozesses beizutragen. Obwohl in der Folgezeit zahlreiche Metropolregionen gegründet und wichtige Entwicklungs- impulse (beispielsweise durch die Erprobung regionaler Governance oder die Initiierung regionaler Wettbewerbe) gesetzt werden konnten, mehren sich die kritischen Stim- men hinsichtlich der „Metropolisierung“ von Städten und Dr. T. Federwisch () Liebenwalder Straße 36a, 13347 Berlin, Deutschland E-Mail: [email protected]

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rezension

Online publiziert: 4. Dezember 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Preising, Tobias (2013): MetropolRegionalPlanung. Chancen und Risiken einer Zusammenführung von Metropolregionen und RaumplanungDetmold – Verlag Dorothea Rohn. 69 Abb., 251 S.

Tobias Federwisch

Raumforsch Raumordn (2014) 72:73–74DOI 10.1007/s13147-013-0262-7

Stadtregionen. Dies hat auch etwas damit zu tun, dass bis heute weder das Rollenverständnis der Metropolregionen noch deren Verhältnis zur räumlichen (regulativen und auf Ausgleich bedachten) Planung abschließend geklärt werden konnten.

In seiner Dissertation setzt sich Tobias Preising nicht nur mit dem Rollenverständnis der Metropolregionen auseinan-der, sondern fragt vor allem nach dem Verhältnis der zumeist wirtschaftsorientierten Metropolregionen zur räumlichen Planung. Damit wendet er sich wichtigen Forschungsfragen zu, welche zum einen die verschiedenen Handlungslogiken von Metropolregionen und Raumplanung und zum zweiten die Möglichkeiten der institutionellen und thematischen Ein-bindung räumlicher Planung in die Metropolregionen in den Blick nehmen. Zur Beantwortung dieser Fragen betrachtet Tobias Preising die historischen Hintergründe und die theo-retischen Konzepte von Metropolregionen und räumlicher Planung gleichermaßen. Darüber hinaus analysiert er die raumbezogenen Praktiken in den Metropolregionen Rhein-Neckar und Hamburg und leitet hieraus Handlungsempfeh-lungen für eine Zusammenführung von Metropolregionen und Raumplanung ab.

Konkret: Im ersten Schritt (Kap. 2) setzt sich Tobias Preising mit dem Konzept der Europäischen Metropol-regionen in Deutschland auseinander und bettet dieses in die europäische Raumentwicklungspolitik sowie die Bun-desraumordnung ein. In diesem Zusammenhang erfolgt eine Betrachtung des primär wirtschaftsgetriebenen Rol-lenverständnisses der Metropolregionen, wobei auch die kritischen Stimmen zum deutschen Metropolisierungspro-zess reflektiert werden. Im zweiten Schritt (Kap. 3) erfolgt eine Einordnung der Metropolregionen in die bestehenden Raumentwicklungstheorien (insbesondere Wachstumspolt-heorie und Theorie der endogenen Entwicklung) und der Raumplanung in die bestehenden Raumplanungstheorien

Mit den in den 1990er Jahren einsetzenden neoliberalen Glo-balisierungs-, Metropolen- und Standortdiskursen sind die deutschen Städte und Stadtregionen verstärkt in den Fokus der bundesdeutschen Raumordnung gerückt. Das daraufhin entwickelte Konzept der Metropolregionen hatte zum Ziel, den interregionalen Wettbewerb zu stimulieren, die Leis-tungs- und Konkurrenzfähigkeit Deutschlands zu erhalten sowie zur Beschleunigung des europäischen Integrations-prozesses beizutragen. Obwohl in der Folgezeit zahlreiche Metropolregionen gegründet und wichtige Entwicklungs-impulse (beispielsweise durch die Erprobung regionaler Governance oder die Initiierung regionaler Wettbewerbe) gesetzt werden konnten, mehren sich die kritischen Stim-men hinsichtlich der „Metropolisierung“ von Städten und

Dr. T. Federwisch ()Liebenwalder Straße 36a,13347 Berlin, DeutschlandE-Mail: [email protected]

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(Dezentrale Konzentration, Punkt-axiale Entwicklung, aus-geglichene Funktionsräume). Damit wird beabsichtigt, den Blick für die verschiedenen Handlungslogiken von Metro-polregionen und Raumplanung zu schärfen.

Im dritten Schritt (Kap. 4) werden die elf Metropolregio-nen in Deutschland hinsichtlich ihrer Genese, Governance und Aktivität beschrieben und die aktuellen Verknüpfungen der jeweiligen Metropolregionen zur räumlichen Planung überblicksartig aufgezeigt. Auf dieser Basis werden Argu-mente für und gegen eine Zusammenführung von Metro-polregionen und klassischer Raumplanung entwickelt. Im darauffolgenden Schritt (Kap. 5 und 6) erfolgt eine dezi-dierte Analyse der Metropolregionen Rhein-Neckar und Hamburg, die sich nicht nur bezüglich ihrer Geschichte, Ausdehnung, Organisation und Tätigkeitsfelder maßgeblich voneinander unterscheiden. Vielmehr wird in den Regionen auch das Verhältnis zwischen Metropolregionen und räum-licher Planung unterschiedlich interpretiert (gemeinsame Regionalplanung in Rhein-Neckar; lose Kooperation in Hamburg), was unmittelbare Auswirkungen auf das Koope-rationsgeschehen in den jeweiligen Metropolregionen hat.

Ausgehend von den historischen, theoretischen und empirischen Ausführungen werden im fünften Schritt (Kap. 7) die Chancen einer Zusammenführung von Met-ropolregionen und Raumplanung aufgezeigt. Hierzu gehört beispielsweise, dass gemeinsame Strukturen (wie in der Metropolregion Rhein-Neckar) die Zusammenarbeit erleichtern oder ein gemeinsames Agieren eine nicht zu unterschätzende identitätsstiftende Wirkung entfalten kann. Analog dazu macht Tobias Preising auch Aussagen zu den Risiken einer Zusammenführung von Metropolregionen und Raumplanung. In diesem Zusammenhang nennt er bei-spielsweise die Gefahr einer weiteren Verlagerung der Auf-merksamkeit in Richtung der dominierenden Metropole, die mangelnde Praktikabilität räumlicher Planung in großen Metropolregionen oder die Verkomplizierung der Zusam-

menarbeit zwischen den involvierten Akteuren aus den unterschiedlichsten Handlungsebenen.

Den Abschluss der Dissertation bilden Handlungsemp-fehlungen, welche die Chancen und Risiken einer Zusam-menführung der wirtschaftsorientierten Metropolregionen und der ausgleichorientierten Raumplanung widerspiegeln (ebenfalls Kap. 7). So empfiehlt Tobias Preising unter ande-rem, die Rolle der jeweiligen Metropolregion und deren Aufgaben zu klären sowie die planerischen und nicht-plane-rischen Aufgaben in Abgrenzung zu über- und untergeord-neten Planungsebenen genau zu definieren. Darüber hinaus regt er an, dass die mit den hoheitlichen Aufgaben der Regio-nalplanung betrauten Metropolregionen eine eigenständige und demokratisch legitimierte Organisation sowie weithin akzeptierte Verfahren zur Entscheidungsfindung entwickeln sollten. Mit Hilfe dieser (und weiterer) Maßnahmen könnte es durchaus gelingen, die beiden Handlungslogiken der Metropolregionen und räumlichen Planung zusammenzu-führen und die Synergien beider Ansätze auszuschöpfen.

Im Ergebnis leistet die Dissertation von Tobias Preising konzeptionell fundierte und empirisch informierte Ein-sichten in das nicht immer unproblematische Verhältnis von Metropolregionen und räumlicher Planung. Mit seiner reflektierten Betrachtung der historischen Hintergründe und theoretischen Konzepte von Metropolregionen und räumli-cher Planung sowie seiner empirischen Analyse der Metro-polregionen Rhein-Neckar und Hamburg ergänzt er sogar die kritischen Stimmen zum deutschen Metropolisierungs-prozess auf konstruktive Weise. Somit stellt die Arbeit auch einen guten Ausgangspunkt für weitere Überlegungen in der Tradition der sozialwissenschaftlichen Aufklärung dar. Diese erfordern jedoch eine noch stärkere Einbindung der Argumente in die sozialwissenschaftliche Gesellschaftsdia-gnose und Sozialtheorie, an der sich zunehmend auch die geographische Forschung beteiligt.