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62 SOUNDCHECK 12 | 13 WWW.SOUNDCHECK.DE TEST: GITARRE E-Gitarre Die Andy-Timmons-Signature-Gitarre von Ibanez hat eine kleine Schwester bekommen. Die Variation für die Premium-Serie liegt preislich nur bei rund der Hälfte des Standard-Modells. N ein, die AT10P ist kein Billigmodell. Zu- recht rangiert die Gitarre in der Premi- um-Serie. Das zeigt sie mit entspre- chenden Komponenten und guter Verarbeitung. Optisch gleicht sie dem Standard-Modell, bis auf die Beschriftung der Kopfplatte. Die AT10P be- steht wie die AT100 aus Erle – in diesem Fall aus zwei Teilen, wobei man schon sehr genau hin- schauen muss, um das überhaupt festzustellen. Der Hals wurde aus einem Stück Ahorn gefertigt und durch die bereits von anderen Ibanez-Mo- dellen bekannten KTS-Titanstäbe verstärkt. Al- lerdings hat sich Mr. Timmons für seine Axt kei- nen ultraflachen Shredder-Hals gewünscht, für dessen Stabilisierung das KTS-System speziell gedacht ist. Der mit einem Satin-Finish verse- hene und angenehm in der Hand liegende Hals verfügt über ein komfortables C-Profil, das we- niger an wildes 80er-Shredding, sondern eher an die runden Profile von Vintage-Gitarren aus den Fifties und Sixties erinnert. Gleichzeitig ist der Hals keineswegs in die Kategorie „durchgesägter Baseballschläger“ einzuordnen, denn er ist bequem bespielbar, und die hohen Bünde sorgen dafür, dass auch weite Bendings und extremes Vibrato problem- los von der Hand gehen. Damit sollte dieser Hals sowohl Shred-Virtuosen als auch eher klassisch orientierten Gitarristen gefallen. Bei den Komponenten hat man nicht gespart, denn die Pickups sind identisch mit denen der teureren Version: allesamt von DiMarzio, mit einem AT-1, dem Signature-Modell von Andy Tim- mons am Steg, sowie zwei DiMarzio Cruisern am Hals und in der Mitte. Bei letzteren handelt es sich um Humbucker mit keramischen Klingenmag- neten, die zum einen Singlecoil-mäßige Sounds mit etwas mehr Mitten und Power liefern sollen, zum anderen aber auch dank ihrer Doppelspulen in der Lage sind, das gefürchtete Brummen zu vermeiden. Die Bridge stammt, wie bei der AT100, von Wilkinson. Bei der AT10P wird jedoch ein WV6-SB eingebaut, wobei die letzten beiden Buchstaben für steel block stehen. Hier kommt ein nicht lackierter Vibratoblock aus Stahl zum Einsatz, was sich positiv auf Klang und Sustain auswirken soll. Der Hebel wird gesteckt, und die Gängigkeit wird über eine kleine Madenschraube am Block eingestellt, die erreichbar ist, sobald man den Hebel nach unten drückt. Das System ist tadellos eingestellt und erlaubt sanftes Vibrato bei Akkorden und Singlenotes. Extreme Einsätze à la Eddie, Jimi und Jeff werden mit mehr oder weniger starken Verstimmungen ge- straft, wobei es sich ohnehin empfiehlt, Graphit oder ein Gleitmittel am Sattel anzuwenden, um das System ein Stück weit stimmstabiler zu gestalten. Die Verarbeitung gibt keinerlei Anlass zum Meckern. Kleine optische Details wie das ein- schichtige Pickguard gehen vollkommen in Ord- nung, vermitteln sogar einen Hauch von Vin- tage. Schließlich ist hier ein mindestens drei- stelliger Preisunterschied zur AT100 in Betracht zu ziehen. Insgesamt hat Ibanez weder an den Komponenten noch an der Verarbeitungsquali- tät gespart. Also auf zum Amp! Auf dem Weg dahin gilt es, den akustischen Sound auszuloten. Dabei sackt die AT10P weitere Punkte ein, denn sie klingt brillant und luftig, mit schneller Ansprache und tonalem Fundament. Sie ist kein klangliches Fliegengewicht, sondern sehr Premium Preiswert Ibanez AT10P Premium Andy Timmons Signature Herkunft Indonesien Korpus Erle Hals Ahorn, eingeschraubt Halsprofil C-Profil, kräftig Griffbrett Ahorn Griffbrettradius 12“ Halsbreite Sattel: 41 mm; 12. Bund: 51 mm Bünde 22: 2,8 x 1,1 mm Mensur 64,8 cm/25,5“ Pickups 1 x DiMarzio AT-1 (DP224, Bridge), 2 x DiMarzio Cruiser Neck (DP186, Hals und Mitte) Regler Volume, 2 x Tone Schalter Fünfwegschalter Hardware Chrome, Wilkinson WV6-SB Bridge Gewicht 3,2 kg Linkshänder nein TECHNISCHE DATEN © PPVMEDIEN 2013

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TEST: GITARRE

E-Gitarre

Die Andy-Timmons-Signature-Gitarre von Ibanez hat eine kleine

Schwester bekommen. Die Variation für die Premium-Serie liegt preislich

nur bei rund der Hälfte des Standard-Modells.

N ein, die AT10P ist kein Billigmodell. Zu-recht rangiert die Gitarre in der Premi-um-Serie. Das zeigt sie mit entspre-

chenden Komponenten und guter Verarbeitung. Optisch gleicht sie dem Standard-Modell, bis auf die Beschriftung der Kopfplatte. Die AT10P be-steht wie die AT100 aus Erle – in diesem Fall aus zwei Teilen, wobei man schon sehr genau hin-schauen muss, um das überhaupt festzustellen. Der Hals wurde aus einem Stück Ahorn gefertigt und durch die bereits von anderen Ibanez-Mo-dellen bekannten KTS-Titanstäbe verstärkt. Al-lerdings hat sich Mr. Timmons für seine Axt kei-nen ultraflachen Shredder-Hals gewünscht, für dessen Stabilisierung das KTS-System speziell gedacht ist. Der mit einem Satin-Finish verse-

hene und angenehm in der Hand liegende Hals verfügt über ein komfortables C-Profil, das we-niger an wildes 80er-Shredding, sondern eher an die runden Profile von Vintage-Gitarren aus den Fifties und Sixties erinnert.

Gleichzeitig ist der Hals keineswegs in die Kategorie „durchgesägter Baseballschläger“ einzuordnen, denn er ist bequem bespielbar, und die hohen Bünde sorgen dafür, dass auch weite Bendings und extremes Vibrato problem-los von der Hand gehen. Damit sollte dieser Hals sowohl Shred-Virtuosen als auch eher klassisch orientierten Gitarristen gefallen.

Bei den Komponenten hat man nicht gespart, denn die Pickups sind identisch mit denen der teureren Version: allesamt von DiMarzio, mit einem AT-1, dem Signature-Modell von Andy Tim-mons am Steg, sowie zwei DiMarzio Cruisern am Hals und in der Mitte. Bei letzteren handelt es sich um Humbucker mit keramischen Klingenmag-neten, die zum einen Singlecoil-mäßige Sounds mit etwas mehr Mitten und Power liefern sollen, zum anderen aber auch dank ihrer Doppelspulen in der Lage sind, das gefürchtete Brummen zu vermeiden. Die Bridge stammt, wie bei der AT100, von Wilkinson. Bei der AT10P wird jedoch ein WV6-SB eingebaut, wobei die letzten beiden Buchstaben für steel block stehen. Hier kommt ein nicht lackierter Vibratoblock aus Stahl zum Einsatz, was sich positiv auf Klang und Sustain auswirken soll. Der Hebel wird gesteckt, und die Gängigkeit wird über eine kleine Madenschraube am Block eingestellt, die erreichbar ist, sobald man den Hebel nach unten drückt.

Das System ist tadellos eingestellt und erlaubt sanftes Vibrato bei Akkorden und Singlenotes. Extreme Einsätze à la Eddie, Jimi und Jeff werden mit mehr oder weniger starken Verstimmungen ge-straft, wobei es sich ohnehin empfiehlt, Graphit

oder ein Gleitmittel am Sattel anzuwenden, um das System ein Stück weit stimmstabiler zu gestalten.

Die Verarbeitung gibt keinerlei Anlass zum Meckern. Kleine optische Details wie das ein-schichtige Pickguard gehen vollkommen in Ord-nung, vermitteln sogar einen Hauch von Vin-tage. Schließlich ist hier ein mindestens drei-stelliger Preisunterschied zur AT100 in Betracht zu ziehen. Insgesamt hat Ibanez weder an den Komponenten noch an der Verarbeitungsquali-tät gespart. Also auf zum Amp!

Auf dem Weg dahin gilt es, den akustischen Sound auszuloten. Dabei sackt die AT10P weitere Punkte ein, denn sie klingt brillant und luftig, mit schneller Ansprache und tonalem Fundament. Sie ist kein klangliches Fliegengewicht, sondern sehr

Premium Preiswert

Ibanez AT10P Premium Andy Timmons Signature

• Herkunft Indonesien• Korpus Erle• Hals Ahorn, eingeschraubt• Halsprofil C-Profil, kräftig• Griffbrett Ahorn• Griffbrettradius 12“• Halsbreite Sattel: 41 mm; 12. Bund: 51 mm• Bünde 22: 2,8 x 1,1 mm• Mensur 64,8 cm/25,5“• Pickups 1 x DiMarzio AT-1 (DP224, Bridge), 2 x DiMarzio Cruiser Neck (DP186, Hals und Mitte)• Regler Volume, 2 x Tone• Schalter Fünfwegschalter• Hardware Chrome, Wilkinson WV6-SB Bridge• Gewicht 3,2 kg• Linkshänder nein

TECHNISCHE DATEN

E-Gitarre

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TEST: GITARRE

präzise und kraftvoll, mit dennoch schwe-bendem, glasigem Grundcharakter und hervor-ragenden Schwingungseigenschaften.

Dieser Eindruck bestätigt sich am Amp. Wer angesichts der Pickup-Bestückung befürch-tet, dass es hier nur um Zerrsounds geht, der sollte sich noch mal mit Mr. Timmons’ musika-lischem Schaffen befassen. Andy nutzt neben seinen typisch warmen und singenden Solo-sounds nämlich auch jede Menge toller Clean-Sounds: egal, ob als Session-Gitarrist, als Livemusiker für Simon Phillips, Olivia Newton-John oder auf seinen Soloalben.

So entstehen speziell in den Zwischen-positionen wunderbar schwebende, glasige Cleansounds, die sich ideal für alles von Pop über Fusion und Funk bis zur Hardrock-Balla-de eignen. Auch Soli mit derlei Sounds sind kein Problem. Einfach den Hals-Pickup oder den Kollegen in der Mitte bemühen, und es wird warm, prägnant und höchst dynamisch. Mit Verzerrung entsteht schnell der vokale Sound von Alben wie Resolution, den auch

Andys Helden wie Joe Satriani oder Steve Luka-ther praktizieren. Der AT-1 verfügt über kräftige Bässe und Mitten und ist eine hervorragende Wahl für das Instrument an sich, denn damit sind auch sehr harte und fette Sounds möglich. Will man während eines Songs von einem fast an eine Akustikgitarre erinnernden Clean-Sound auf fetten Overdrive oder singende Solosounds wechseln? Kein Problem: Mit ein bisschen Arbeit an den Volume- und Tone-Potis (das hintere Po-ti regelt den Steg-Pickup, das mittlere die ande-ren beiden) ist eine große Palette verschiedener Sounds abrufbar.

Dabei liefert das Instrument jede Menge Substanz, so dass die Ergebnisse lediglich anständig übertragen werden müssen. Der Grundsound stimmt einfach: Druck, schnelle Ansprache und Sustain werden durch die Di-Marzios noch betont, spieltechnische Details und Dynamik werden sauber an den Amp ge-sendet. Klare Sache: Schließlich ist Timmons in diesem Metier ein Meister, und so war es zu erwarten, dass die Pickups seines Signature-Modell nicht alles gnadenlos glattbügeln, son-dern seine große Dynamikpalette umsetzen können.

Bei der AT100 wurde nicht an der falschen Stelle gespart. Der Preisunterschied geht nicht zulasten der Verarbeitung und der verwendeten Bauteile. Die DiMarzio Pickups bieten einen Tick mehr Druck und Kraft als die meisten Vintage-Singlecoils – ideal für klassischen Rock. Für Gi-tarristen, die mit extrem flachen oder breiten Hälsen nicht zurecht kommen, aber trotzdem schnell spielen wollen, ist die AT10P ein heißer Tip. Die Bespielbarkeit ist ein Traum. � Eric Vandenberg

Ibanez AT10P

Vertrieb Meinl, www.ibanez.de

Preis (UVP) 1.195 N

Sehr gute Bespielbarkeit Sehr gute Verarbeitung Pickups identisch mit Standard-Serie Facettenreicher Sound

AUF EINEN BLICK

Voll in seinem Element:Andy Timmons on Stage

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