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PRESSEMAPPE Pressemitteilung / Ausstellungstexte / Biografie des Dr. Wuilloud

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Pressemitteilung / Ausstellungstexte / Biografie des Dr. Wuilloud

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Weinmuseum – www.weinmuseum-wallis.ch / Die 1001 Leben des Doktors Wuilloud / 2019

PRESSEMITTEILUNG, Februar 2019

Neue Ausstellung vom 8. März bis zum 30. November 2019 im Weinmuseum, Sierre (VS)

«Die 1001 Leben des Doktors Wuilloud»,

auf den Spuren einer Persönlichkeit und einer Epoche!

Der Doktor Wuilloud zählt zu den zentralen Figuren des Walliser Weinbaus des 20. Jahrhunderts. Ihm

verdanken wir die Einführung im Wallis der Syrah und des Chardonnays. Diese Persönlichkeit, die von

1884 bis 1963 lebte und zahllose Schriftstücke hinterliess, verkörpert ein gesamtes Zeitalter. Eine

reichhaltige Ausstellung mit unzähligen Fotografien, ungewöhnlichen Gegenständen und wertvollen

Dokumenten.

Der Agronom, Önologe und Ampelograf Henry Wuilloud ist weit über unsere Grenzen bekannt. Seine

Dozentenkarriere an der ETHZ, sein Wirken als Winzer und Redaktor, seine Vereinstätigkeit sowie seine

starke Persönlichkeit machten den «Doktor Wuilloud» zu einem wichtigen Akteur des Walliser Weinbaus des

20. Jahrhunderts. Ihm verdanken wir die Einführung zahlreicher Rebsorten, insbesondere der Syrah und des

Chardonnays, sowie von Techniken, die zur Modernisierung der Landwirtschaft beitrugen.

Dieser leidenschaftliche Sammler und unermüdliche Autor interessierte sich für alles, was mit dem Rebberg

und dem Wein zu tun hatte. Nebst etlichen Publikationen enthält sein Archivbestand Notizen, von Hand

beschriebene Hefte, Agenden, Reiseberichte, detaillierte Beobachtungen der Natur und seiner

Anpflanzungen sowie eine unveröffentlichte Fotosammlung.

Ein aussergewöhnlicher Archivbestand

Die Ausstellung, die am 8. März im Weinmuseum eröffnet wird, zeigt zahlreiche unveröffentlichte

Dokumente. Diese erlauben, in die Welt dieses facettenreichen Individuums, dem die Walliser Landwirtschaft

so viel zu verdanken hat, einzutreten. «Dieser aussergewöhnliche Archivbestand erstreckt sich über etwa 50

Jahre. Durch das Prisma dieser für das Wallis so zentralen Figur, verleiht er uns Zugang zur

Entwicklungsgeschichte des Weinbaus, von der Gründung der Genossenschaftskellereien über die

Krisenzeiten und dem Krieg», fasst die Ausstellungskommissarin Fabienne Défayes zusammen. In den

Schubladen des Doktors findet man Spuren von seinen manchmal gespannten Verhältnissen zu seinen

Zeitgenossen und dem Staat und von seinem Lebensstil auf dem Weingut Diolly, sowie zahlreiche

Reiseerinnerungen, insbesondere von seinen Aufenthalten in Ägypten, wo er mit der Umstrukturierung des

Weinbergs beauftragt war.

Diese Ausstellung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Wallis und fünf Forschern, die

sich mit verschiedenen Themen auseinandergesetzt haben: die Historiker Enrica Zanier-Detienne, Delphine

Debons, Kevin Macherel und Nicolas Tornay und der Archivar Denis Reynard.

Ausstellung «Die 1001 Leben des Doktors Wuilloud», 8. März - 30. November 2019, Weinmuseum Sierre. Öffnungszeiten: Mittwoch-Freitag, 14-18 Uhr / Samstag-Sonntag, 11-18 Uhr. Kontakt für Informationen und Fotos: Anne-Dominique Zufferey, Direktorin des Weinmuseums, 078 770 04 66, [email protected] / Fabienne Défayes, Ethnologin und Ausstellungskommissarin, 078 732 10 55, [email protected]

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AUSSTELLUNG «DIE 1001 LEBEN DES DOKTORS WUILLOUD»

Entstehungsgeschichte: Ein ansehnlicher Archivbestand und motivierte

Forscher

Diese Ausstellung ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Wallis, das 2013 die

Dokumente des Doktors Henry Wuilloud in Empfang nehmen durfte und sie 2017 den Forschern

zur Verfügung stellte (siehe Text zur Sektion 5 der Ausstellung über die Rettung eines für das Wallis

wichtigen Archivbestands).

Mehrere unabhängige Wissenschaftler haben an den Forschungsarbeiten teilgenommen und sich mit

einem bestimmten Thema auseinandergesetzt:

Enrica Zanier-Detienne, Historikein: Die Reisen des Dr. Wuilloud

Delphine Debons, Historikerin: Der Dr. Wuilloud und das Verbandsleben sowie der Handelskrieg

zwischen Provins und der Walliser Weinhändlerunion

Kevin Macherel, Historiker: Der Dr. Wuilloud und seine Arbeit als Alpeninspektor am Anfang seiner

beruflichen Laufbahn

Nicolas Tornay, vom Bureau Clio mandatierter Historiker: Der Dr. Wuilloud als Vorsteher der

Dienststelle für Weinbau

Denis Reynard, Archivar beim Kanton Wallis: Biografie des Dr. Wuilloud und Referent des

Archivbestands des Dr. Wuilloud

Jeder von ihnen hat eine sorgfältige Forschungsarbeit durchgeführt und die für die Ausstellung

relevantesten Dokumente selektioniert. Die Ethnologin Fabienne Défayes hatte den Auftrag, die

verschiedenen Themen für die Ausstellung aufzubereiten. Die Ausstellung ist angereichert mit

zahlreichen, vom Dr. Wuilloud gemachten Fotografien aus den Sammlungen der Mediathek Wallis-

Martigny.

Rund um die Ausstellung

Begleitend zur Ausstellung organisiert das Weinmuseum in Sierre folgende Veranstaltungen:

• Führung durch die Ausstellung, mit der Ausstellungskommissarin und Ethnologin Fabienne

Défayes, am 10. März um 11.00 Uhr (auf Französisch).

• Les cépages introduits en Valais par le Dr Henry Wuilloud, mit dem Ampelologen José

Vouillamoz, am 28. März um 19.00 Uhr (auf Französisch).

• Henry Wuilloud, le voyageur enthousiaste, mit der Historikerin Enrica Zanier

Détienne, am 1. Mai um 19.00 Uhr (auf Französisch).

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Ausstellungstexte

von der Ausstellungskommissarin Fabienne Défayes, Ethnologin

1. Das Archiv: Eine Welt zum Entdecken!

Der Agronom, Önologe und Ampelograf Henry Wuilloud (1884-1963) ist weit über unsere Grenzen

bekannt. Seine Agronomen- und Dozentenkarriere an der ETHZ, sein Wirken als Winzer, Journalist

und Autor von Texten über den Weinbau, seine Vereinstätigkeit, sein reichhaltiges professionelles

Engagement wie auch seine starke Persönlichkeit machten den «Doktor Wuilloud» zu einer

wichtigen Persönlichkeit des Walliser Weinbaus des 20. Jahrhunderts.

Dieser leidenschaftliche Sammler und Büchermensch interessierte sich für sämtliche Bereiche rund um

den Rebberg und den Wein. Der Dr. Wuilloud war ebenfalls ein unermüdlicher Autor. Nebst

zahlreichen Publikationen (Bücher, Artikel, Broschüren) enthält sein Archivbestand unzählige Notizen,

von Hand beschriebene Hefte, Agenden, Reiseberichte, detaillierte Beobachtungen der Natur und

seiner Anpflanzungen sowie eine unveröffentlichte Fotosammlung.

2. Eine ausserordentliche berufliche Laufbahn

Nach seiner Matura in Sitten liess sich Henry Wuilloud an der Eidgenössischen Technischen Hochschule

Zürich (ETHZ) zum Agraringenieur ausbilden, bevor er an der Königlichen Schule von Mailand im

Bereich der Agrarwissenschaften den Doktortitel erlangte (erster Walliser Agraringenieur). Während

mehreren Jahrzehnten unterrichtete er Weinbau an der Landwirtschaftsschule Ecône (1910-1922), der

Kantonalen Landwirtschaftsschule von Châteauneuf (ab ihrer Gründung im Jahr 1923) und der ETHZ.

Zwischen 1921 und 1927 war er Vorsteher der kantonalen Dienststelle für Weinbau und kümmerte

sich ab 1923 um die Leitung und allgemeinen Aufsicht des Weinguts Le Grand Brûlé in Leytron.

Zahlreiche Unstimmigkeiten mit seinen Vorgesetzten, insbesondere mit dem Staatsrat Maurice

Troillet, brachten ihn vom Staatsdienst ab.

Gegen 1910 übernahm der Dr. Wuilloud das Familienweingut Diolly oberhalb von Sitten. Er baute es

aus und bewirtschaftete es bis zu seinem Tod, wobei er im Bereich des Rebsortenanbaus zahlreiche

Experimente durchführte und in Vergessenheit geratene oder neue Rebsorten anpflanzte.

• Unterwegs auf den Alpweiden

Im 19. Jahrhundert machte die Käseindustrie in den Alpen einen Wandel durch. Der Staat

Wallis wünschte, die Milchproduktion zu verbessern und erteilte 1878 Inspektoren den

Auftrag, eine Bestandesaufnahme über den Zustand und die Verwaltung der Alpeinrichtungen

des Kantons vorzunehmen.

Der Dr. Wuilloud besetzte dieses Amt am Anfang seiner Karriere, von 1907 bis

1912. Damals gehörte er zu den wenigen diplomierten Agronomen des

Kantons. Er war ein sorgfältiger Beobachter, sehr darum bemüht, die Walliser

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Alpeinrichtungen zu modernisieren. Hygiene, ordentliche Infrastrukturen und ausgebildete

Käsemeister standen für ihn im Mittelpunkt.

Diese Inspektionsrundgänge erlaubten dem Dr. Wuilloud, die Berge zu bereisen und deren

Bewohnern zu begegnen. Häufig erinnern seine Notizen an Reiseberichte und enthalten

zahlreiche Anekdoten.

• Als Vorsteher der Dienststelle für Weinbau

1914 wurde der Dr. Wuilloud zum Vorsteher der kantonalen Dienststelle für Weinbau ernannt.

In diesem Rahmen schrieb er für die Schaffung des Weinguts des Kantons Wallis Le Grand-

Brûlé in Leytron verantwortlich. Zwischen 1918 und 1922 wurden 23,925 m2 Ödland fruchtbar

gemacht.

Zur Bekämpfung der Reblaus, die den Walliser Rebberg seit 1916 bedrohte, sollten dort

amerikanische Unterlagsreben produziert werden. Der Wiederaufbau des Weinbergs hatte

absoluten Vorrang.

1922 wurde der Dr. Wuilloud zum Rücktritt aufgefordert. Zu Unrecht machte ihn der Staatsrat

für die Walliser Reblauskrise verantwortlich. Eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem

Staatsratspräsidenten, Joseph Kuntschen, und dem Dr. Wuilloud schien diesen Konflikt

ausgelöst zu haben. Letzterer trat am 1. November zurück.

• 36 Rebsorten und viele mehr!

Im Mai 1923 wurde der Dr. Wuilloud Direktor des Weinguts Le Grand-Brûlé. Neben den

amerikanischen Unterlagsreben wurden dort erlesene Rebsorten angebaut, Wein produziert

und eine grosse ampelografische Sammlung der im Wallis angebauten Rebsorten angelegt.

Grundsätzlich wurden die Rebsorten separat gekeltert. Doch der Dr. Wuilloud entwickelte

einen Wein, den er als erstklassig bezeichnete: den « 36 Plants », eine Mischung aus den

besten dort verfügbaren Rebsorten.

Insbesondere verdankt ihm das Wallis die Einführung des Chardonnays (gegen 1918) und der

Syrah (1921). Mit mehr oder weniger Erfolg versuchte er, zahlreiche weitere Rebsorten

anzupflanzen: Chenin blanc, Aligoté, Merlot, Müller Thurgau, Pinot blanc…

3. Ein vernetzter Mensch

Der Dr. Wuilloud war nicht nur Vorstandsmitglied der Walliser Agrargenossenschaft, langjähriger

Redaktor der Zeitung "Valais agricole", Generalsekretär der Walliser Weinhändlerunion (1930-1950)

und Sekretär und Vizepräsident der Walliser Handelskammer, sondern auch Suppleant des Walliser

Grossrats von 1948 bis 1952. Er setzte sich für die Promotion der Walliser Weine ein,

indem er sich aktiv an verschiedenen Ereignissen beteiligte (Comptoir suisse von

Lausanne, Landesausstellung, Landwirtschaftsmessen) und in Radiogesprächen von

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den Reben und vom Wein berichtete. 1957 war er Mitbegründer des Ordre de la Channe

(Weinbruderschaft für die Promotion des Walliser Weins) und amtierte bis 1963 als Vorsitzender.

Ebenfalls verfasste er zahlreiche Artikel für Fachpublikationen (Agrarwissenschaften, Weinbau,

Önologie, Ampelografie, Gastronomie). In diesem Sinne beeinflusste der Dr. Wuilloud die Geschichte

des Walliser Weinbaus des 20. Jahrhunderts weitgehend.

• Erziehung, der Weg der Modernisierung

Der 1913 ernannte Staatsrat Maurice Troillet war besonders darauf bedacht, den Walliser

Agrarsektor zu modernisieren. Seit 1891 liessen sich die zukünftigen Jungbauer von den

Domherren des Grossen Sankt-Bernhards in der ersten Walliser Landwirtschaftsschule Ecône

ausbilden. Maurice Troillet ersetzte nach und nach die für die Ausbildung verantwortlichen

Domherren durch Agraringenieure, die im Wallis jedoch selten waren.

Ab 1910 unterrichtete der Dr. Wuilloud Weinbau und Vinifikation an der Landwirtschaftsschule

Ecône und ab 1923 an der Landwirtschaftsschule Châteauneuf, die damals gegründet wurde.

Zwischen 1924 und 1954 war er ebenfalls Agronomiedozent an der Eidgenössischen

Technischen Hochschule Zürich.

Er verstand es, sein Wissen verständlich wiederzugeben und hielt gerne Vorträge vor

verschiedenen Publika. Er publizierte zahlreiche Texte zu den Themen Rebsorten, Reben und

Wein im Wallis, arbeitete für etliche Agrar- und Weinzeitschriften und moderierte mehrere

Radiogespräche.

• Krisenzeiten und Handelskrieg

Während der 1920er Jahre steckte der Walliser Weinsektor in einer tiefen Krise,

«Absatzflaute» genannt. Man musste Kräfte bündeln und Lösungen finden. Unter der

Federführung von Maurice Troillet wurde zwischen 1926 und 1927 die Walliser

Weinbaugesellschaft gegründet. Henry Wuilloud wurde zu deren Sekretär. Gleichzeitig waren

die Walliser Weinhändler ebenfalls dabei, sich zu organisieren. Zur Festlegung der Preise, des

Erntezeitpunkts usw., konnte nun jeder seinen Standpunkt geltend machen.

Ab 1928 lancierten Maurice Troillet und die Walliser Weinbaugesellschaft ein neues Projekt:

die Genossenschaftskellereien (Provins). Obwohl der Dr. Wuilloud diese Idee zunächst

begrüsste, änderte er plötzlich seine Meinung. Als 1930 die Genossenschaftskellereien

gegründet wurden, unterstütze er die Weinhändler, die eine Wettbewerbsverzerrung

befürchteten. Henry Wuilloud wurde zum Sekretär der Walliser Weinhändlerunion – ein Amt,

das er bis 1951 besetzte.

Mehrere Jahrzehnte lang führten die Weinhändler und die Genossenschafts-kellereien

gegeneinander einen verbitterten Handelskrieg.

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• Polemik

Der Dr. Wuilloud besetzte unzählige Ämter. 1923 nahm ihn der Walliser

Milchproduzentenverband als Sekretär in den Dienst. Ab 1926 verschlechterte sich sein

Verhältnis zum Verband, den er vermutlich 1927 verliess. Der Verband baute einen Fall gegen

den Sekretär auf, der seinen Aufgaben nicht nachgekommen war… jedoch den Lohn

eingesteckt hatte.

Dieser Streit weist darauf hin, dass der Dr. Wuilloud zwar ein wichtiger Akteur der Geschichte

des Walliser Weinbaus war, zugleich aber eine umstrittene Persönlichkeit.

4. Reisen, beobachten, vermitteln

Zwischen 1920 und 1961 unternahm der Dr. Wuilloud mehr als 70 Reisen, hauptsächlich in Europa, wie

auch in Nordafrika. Diese dauerten zwischen 2 Tagen und mehreren Wochen. Häufig war er allein

unterwegs, manchmal mit Freunden oder spezifischen Gruppen, beispielsweise mit der Schweizer

Agraringenieurgesellschaft, im Rahmen organisierter Touren.

Sorgfältig bereitete der Dr. Wuilloud seine Reisen vor und dokumentierte sie. Beinahe all seine

Besichtigungen wurden zum Gegenstand von Artikeln, die in den Walliser Medien oder in Broschüren

veröffentlicht wurden. Diese Ausflüge erlaubten dem Ingenieur, sein Wissens- und Beziehungsnetz

immer weiter auszubauen.

Neugierde, persönliches Interesse, Sinn für Kultur und Kunst sowie berufliche Angelegenheiten galten

als hauptsächliche Reisegründe. Ihre Gegenstände waren der Unterricht, der Ausbau seines Weinguts

und von Drittpersonen geforderte Begutachtungen.

In Wirklichkeit war der Dr. Wuilloud unaufhaltsam vom Wunsch getrieben, Wissen zu vermitteln und

den technischen Fortschritt in den Bereich Weinbau, Baumzucht und Handel zu fördern. Zur Be

• An den Grenzen Europas

Der Dr. Wuilloud begab sich oft ins Ausland, vor allem in Frankreich und Italien, vorzugsweise

in deren Weinbauregionen. Ebenfalls reiste er regelmässig nach Deutschland und

Griechenland.

Die Dokumente, die der Dr. Wuilloud während seiner Reisen sammelte, gewähren Einblick in

seine multiplen Interessen. An Messen und Ausstellungen baute er sein berufliches Netzwerk

aus und entdeckte technologische Neuerungen, dank derer er die Arbeitsqualität in Diolly zu

verbessern wünschte. Einige dieser Veranstaltungen besuchte er jedes Jahr, beispielsweise die

Mailänder Messe.

• Felddaten

Bei Kellerei- und Weingutbesichtigungen interessierte sich der Dr. Wuilloud

vor allem für technische Daten, die er auf das Wallis übertragen konnte.

Bemerkungen und Skizzen begleiteten die gesammelten Felddaten.

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Der Ingenieur bewahrte oft die Etiketten der Weinflaschen auf, die während seiner Reisen

verkostet wurden, begleitet von einer persönlichen Stellungnahme. Die Speisekarten

verschiedener Restaurants vervollständigten das Reisetagebuch dieses Genussmenschen.

• Ägypten am Horizont

Mehrmals besuchte der Dr. Wuilloud Nordafrika. Als Expert reiste er ab 1947 regelmässig nach

Ägypten, sei es für die Neustrukturierung des Weinbaugebiets Gianaclis oder für die ägyptische

Weinbaugenossenschaft.

Nennenswerte Anekdote: Walliser Käse und Wein aus Diolly durften im Koffer des Dr. Wuilloud

nicht fehlen. Auf dem Programm: Raclette! Auf einem Bild erscheint der Dr. Wuilloud als

Raclettemeister vor den Pyramiden. Damit sorgte er gewiss für einen Hauch Exotik!

1951 wurde der Dr. Wuilloud im Rahmen einer Mission der Vereinten Nationen (FAO) nach

Libyen gerufen. Seine Aufgabe bestand darin, kurz vor der Unabhängigkeitserklärung des

Landes, die Zukunft des Weinbaus zu evaluieren.

1956 besuchte der Ingenieur Marokko und 1959 Tunesien, diesmal zum eigenen Vergnügen.

5. Rettungsaktion

Das Walliser Staatsarchiv durfte 2013 die gesamte Privatsammlung des Dr. Wuilloud in Empfang

nehmen. Die behandelten und geordneten Daten besetzen 20 Laufmeter Archivraum, der dem

Publikum und den Forschern zugänglich ist. Es handelt sich um einen beeindruckenden Privatbestand.

Der Dr. Wuilloud bewahrte all seine Notizen auf. Als aktive Person, die ebenso im technischen und

politischen Bereich sowie im Vereinswesen tätig war, durchlief er 50 Jahre Walliser Weinbau und

erlaubte so den Forschern, interessante Zusammenhänge zu erkennen.

• Archivieren, eine Kunst!

Die im Weingut Diolly aufbewahrten Dokumente wurden 2013 ins Staatsarchiv Wallis gebracht

um gesichert zu werden. Diese Arbeit erforderte Geduld, Umsicht und Präzision. Die

Fachkenntnisse des Wissenschaftlers waren äusserst wertvoll und erlaubten, diesen

beträchtlichen Privatbestand konsequent zu sortieren. Jedes Dokument wurde untersucht,

identifiziert und den im Voraus definierten Themen zugeordnet: persönlicher Bestand,

Weingut Diolly, Vereinigungen, Veranstaltungen, berufliche Tätigkeiten und öffentliche

Interventionen, Dokumentation, Politik und Reb- und Weinwirtschaft, Reisen.

Die sortierten Dokumente wurden sorgfältig in Karteien und Schachteln gelegt, um ihre

Erhaltung zu gewährleisten. Heute besetzt der Bestand des Doktors Wuilloud 20 Laufmeter

Archivraum.

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6. «Wie wir es in Diolly machen»

Zwischen 1910 und 1911 übernahm der Dr. Wuilloud das Weingut Diolly oberhalb von Sitten. Im

Bereich des Rebsortenanbaus führte er eigene Experimente durch. Indem er sich für in Vergessenheit

geratene sowie ungeläufige Rebsorten aus Nachbarweinregionen interessierte, war er seiner Zeit

voraus: Die Aufwertung autochthoner Rebsorten erfolgte im Wallis erst in den 1990er Jahren nach der

Einführung der AOC.

Das Weingut Diolly ist kein gewöhnlicher Landsitz. Der Dr. Wuilloud verlieh ihm eine besondere Note:

dem Schreiben gewidmeter Ort, fotografisches Entwicklungslabor aber auch und vor allem Kern seines

Netzwerks, wo er regelmässig Besucher empfing, unter anderem den General Guisan.

Der Dr. Wuilloud konnte sich auf ein solides Arbeitsteam stützen. Einige seiner Mitarbeiter blieben ihm

lange Jahre treu, beispielsweise Jérôme Reynard oder «die Marie von Diolly».

«Weder gesüsst noch filtriert» oder «Wie wir es in Diolly machen»: So hätte in diesem Bereich sein

Motto lauten können.

• Diolly als Versuchslabor

Auf seinen 5,5 Hektaren Rebfläche führte der Dr. Wuilloud Rebsorten-Experimente durch. Er

startete etliche Versuche und sammelte zahlreiche Rebsorten. Indem er sich für in

Vergessenheit geratene sowie ungeläufige Rebsorten aus Nachbarweinregionen interessierte,

war er seiner Zeit voraus.

Als Direktor des Weinguts des Kantons Wallis förderte er die Inwertsetzung und

Diversifizierung erlesener Rebsorten. Dieselbe Idee wandte er in Diolly an, diesmal aber in

vollkommener Freiheit.

Der bekannte Ampelograf, José Vouillamoz, identifizierte unzählige Rebsorten, die vom Dr.

Wuilloud im Wallis eingeführt wurden und den Weinbau beeinflussten: Aligoté, Chenin Blanc,

Merlot, Pinot Blanc, Syrah… Ein spezielles Augenmerk gilt dem aus Diolly stammenden

Diolinoir. In der Sammlung des Ingenieurs befand sich eine ihm unbekannte Rebsorte. Er

nannte sie «Rouge de Diolly». In Wirklichkeit handelte es sich um einen Robin noir. Der

Diolinoir entstand 1955 aus einer Kreuzung aus dem Pinot noir und dem Robin noir.

• Diolly ist nicht das Werk eines einzigen Mannes

Das Weingut Diolly war ein lebendiger und betriebsamer Ort – Gärten, Reben, Obstbäume,

Kellereien… – und natürlich das Heim des Paars Wuilloud. Während seines abenteuerreichen

Lebens stand dem Dr. Wuilloud seine Gefährtin Léontine allzeit zur Seite. War er längere Zeit

abwesend, sei es wegen gesundheitlichen Problemen oder seiner Auslandreisen, vertraute er

ihr das Weingut an.

Die Wuillouds durften sich auf langjährige Mitarbeiter verlassen. Marie Mory, bekannt unter

dem Namen «la Marie de Diolly» wurde 1939 angestellt. Nach dem Tod des

Dr. Wuilloud kelterte sie für seine Erbengemeinschaft den Wein von Diolly. Als

sie 1977 nach Togo reiste, trug sie «ein paar gute Flaschen» mit sich – ganz

nach Art des Dr. Wuilloud!

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Jérôme Reynard galt ebenfalls als zentrale Figur des Weinguts Diolly. Er wurde 1957 angestellt

und arbeitete für den Dr. Wuilloud bis zu dessen Tod im Jahr 1963. Er setzte das Abenteuer

fort und blieb insgesamt 50 Jahre in Diolly. Nebenbei eröffnete er seine eigene Kellerei. Hören

Sie ihm zu: Man könnte meinen, er erzähle von gestern!

• «Weder gesüsst noch filtriert»

So lautete das Motto des Dr. Wuilloud! Dazu seine Erklärung: «Filtrierter Wein, getöteter Wein;

Gesüsster Wein, entehrter Wein!» Der Ingenieur war darum bemüht, «die Aromen und subtile

Raffinesse» seines Nektars zu bewahren. Er versicherte, seine Weine seien «natürliche,

ungemischte Produkte» und die Chemie bliebe «vor verschlossener Kellertür».

Der Ingenieur bestimmte über alles – von der Wahl der angebauten Rebsorten bis zum Verkauf

seiner Weine. Nichts wurde dem Zufall überlassen: Nicht einmal die Etikette der abgefüllten

Weine, die er selbst gestaltete.

• Die Kunst zu Empfangen

Das Weingut Diolly genoss hohes Ansehen bis über die Schweizer Grenzen hinaus. Während

seiner Laufbahn baute der Dr. Wuilloud ein starkes Beziehungsnetz auf: Staatsräte, zivile und

militärische Persönlichkeiten… Er pflegte seine Bekanntschaften, indem er sie in Diolly

empfing, sie besuchte oder ihnen regelmässig Briefe schrieb, begleitet von seinen letzten

Publikationen, von Früchten oder Wein.

Der General Guisan und seine Frau Mary zählten zu den Ehrengästen des Weinguts. Während

des 2. Weltkriegs verbrachten sie viel Zeit in Diolly und die beiden Männer wurden Freunde.

Im Haus wies man dem Porträt des Generals einen besonderen Platz zu. Nach seinem Tod liess

der Dr. Wuilloud zu seinen Ehren eine Tafel erstellen: «Er ist gegangen, unser werter General».

Auch die Schriftstellerin Corinna Bille gastierte mit ihren Freunden in Diolly und fasste ihre

Gedanken zusammen: «Wer ist der Dr. Wuilloud? Ob man ihn mag oder nicht, er ist gewiss

eine Persönlichkeit».

• Coquette und die anderen

Diejenigen, die den Dr. Wuilloud gekannt haben, erinnern sich bestimmt daran, wie er

zwischen Diolly und Sion mit seinem Pferd unterwegs war. Zu Freizeitzwecken schuf man auf

dem Weingut einen Reitplatz. Trotzdem galt das Pferd in erster Linie als unentbehrliche

Arbeitshilfe. Es diente dem Gütertransport auf dem Weingut und brachte den Wein und die

Früchte in die Geschäfte von Sion oder zum Bahnhof, wo sie gesamtschweizerisch vertrieben

wurden. Der Dr. Wuilloud weigerte sich, Diolly zu motorisieren. So war diese Arbeitskraft

wertvoll. Eine seiner Stuten, Coquette, wurde während des 2. Weltkriegs mobilisiert. Für die

Erntezeit beantragte der Ingenieur einen «militärischen Urlaub» für dein Tier.

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• Aromen und Schlemmerei

In Diolly pflegte man nicht nur den Wein, sondern auch die Kochkunst! Für den detailliebenden

Dr. Wuilloud ging beides Hand in Hand. Die Broschüre «Comment boire les vins de Diolly» gab

Auskunft über die besten Speise-Wein-Kombinationen. Trank man zu einem Fondue einen

Diolly-Wein, so durfte es nicht irgendein Fondue sein, sondern eines «nach Art von Diolly»!

Der Feinschmecker und seine Lebensgefährtin Léontine, genannt «Dame de Diolly», waren von

den Früchten des Weinguts begeistert. Sie entwickelten Marmeladen- und Kuchenrezepte und

zauberten daraus allerlei Leckereien – zur grössten Freude des Gaumens!

• Literatur, Schreibkunst, Plaudereien…

Worte spielten in Diolly eine zentrale Rolle. Gelesene Worte in Bücher- und

Literatursammlungen. Geschriebene Worte in Gedichts-, Erzähl- und Notizbüchern, je nach Tag

und Laune... Der Dr. Wuilloud liess sich von den Reben und dem Wein inspirieren, aber nicht

nur. Kontemplativ skizzierte er die ihn umgebende Landschaft oder Gesichter, denen er

begegnete.

Worte wurden auch gesprochen, in zahlreichen Konferenzen oder Ansprachen oder auf Radio-

Lausanne im Rahmen der «Causeries radiophoniques». Der Dr. Wuilloud verfasste Texte über

die verschiedensten Themen und las sie seiner Hörerschaft vor: «Über den Schnitt und das

Anpflanzen der Reben», «Reben und Wein in der Bibel», «Reben und Wein in der Kunst»,

«Walliser Gastronomie», «Walliser Früchte».

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09.04.1884Naissance à Sion Geburt in Sitten

Etudes à l’Académie royale bavaroise d’agriculture, Weihenstephan (Allemagne)

1902 1903

Studium an der Königlichen Bayerischen Landwirtschaftsakademie, Weihenstephan (Deutschland)

Diplôme d’ingénieur agronome à l’Ecole polytechnique fédérale de Zürich

1907 Abschluss als Agraringenieur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich

Doctorat en Sciences agricoles à l’Ecole royale de Milan

1908 Doktorat in Agrarwissenschaften an der Königlichen Schule von Mailand

Inspecteur des alpages pour l’Etat du Valais 1907 1913

Alpeninspektor für den Kanton Wallis

Reprise du domaine de Diolly 1910 Übernahme des Weinguts Diolly

Maître de viticulture et de vinification à l’Ecole d’Agriculture d’Ecône

1910 1922

Lehrer für Weinbau und Vinifikation an der Landwirtschaftsschule Ecône

Professeur de botanique au Collège de Sion pour l’année 1912-1913 et directeur

du Musée d’histoire naturelle du Valais

1912 1919

Botanikunterricht am Kollegium Sitten während des Schuljahrs 1912-1913 und Direktor

des Naturhistorischen Museums Wallis

Chef du Service cantonal de la viticulture 1914 1922

Vorsteher der kantonalen Dienststelle für Weinbau

Directeur de l’enseignement à l’Ecole d’Agriculture d’Ecône

1917 Erziehungsdirektor an der Landwirtschaftsschule Ecône

Gestion de l’implantation du domaine de l’Etat du Valais à Leytron ; parallèlement à son activité de chef de Service.

1918 1922

Parallel zu seinem Amt als Dienstchef, Schaffung des Weinguts des Kantons Wallis in Leytron

Mariage avec Léontine Isabelle Marie de Courten, née le 28.12.1896 à Sion

09.04.1921

Ehe mit Léontine Isabelle Marie de Courten, geboren am 28.12.1896 in Sitten

Professeur à l’Ecole cantonale d’Agriculture de Châteauneuf

1923 Lehrer an der Landwirtschaftsschule Châteauneuf

Secrétaire de la Fédération valaisanne des producteurs de lait

1923 1927

Sekretär des Walliser Milchproduzentenverbands

Direction du Domaine du Grand-Brûlé 1923 1930

Leitung des Weinguts Le Grand-Brûlé

Professeur de viticulture à l’Ecole polytechnique fédérale de Zurich

1924 1954

Dozent für Rebbau an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich

Président du Consortage pour l’assainissement de la plaine du Rhône Riddes-Martigny

1925 Präsident der Geteilschaft zur Trockenlegung der Rhoneebene zwischen Riddes und Martigny

Conseiller municipal de la ville de Sion 1925 1928

Mitglied des Stadtrats von Sitten

Membre fondateur de la Société valaisanne de viticulture

1927 Gründungsmitglied der Walliser Weinbaugesellschaft

Secrétaire de l’Union des négociants en vin du Valais

1930 1950

Sekretär der Walliser Weinhändlerunion

Président de la Société d’agriculture et de viticulture de Sion

1932 Präsident der Landwirtschafts- und Weinbaugesellschaft Sitten

Premier voyage en Egypte - mandat pour restructurer un vignoble de 6000 hectares

1947 Erste Reise nach Ägypten - Auftrag zur Neustrukturierung eines Weinbergs von 6000 Hektaren

Député-suppléant au Grand Conseil 1948 1952

Suppleant des Walliser Grossrats

Participe à l’assemblée constitutive de l’OPAV en tant que délégué de l’Association agricole du Valais. Il est nommé président de la commission viti-vinicole.

1952 1963

Nimmt als Vertreter der Walliser Landwirtschaftsgesellschaft an der Gründungsversammlung der OPAV teil.

Er wurde zum Vorsitzenden der Weinkommission gewählt.

Membre de l’Association de la presse valaisanne 1952 1963

Mitglied des Walliser Pressevereins

Co-fondateur et premier procureur de l’Ordre de la Channe

1957 1963

Mitbegründer und erster Prokurator des Ordre de la Channe

Président de l’Association agricole du Valais et de la Société d’agriculture de Sion

1962 Präsident der Walliser und Sittener Landwirtschaftsgesellschaft

19.08.1963Décès à Diolly Décès à Diolly

Le Dr Henry WuilloudSa vie