Pressemitteilung 230315

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PRESSECOMMUNIQUÉ – 23. MÄRZ 2015 – KATHOULESCH KIERCH ZU LËTZEBUERG ZUSAMMEN?LEBEN GESTALTEN Die katholische Kirche äußert sich zum Rahmendokument des Faches „Leben und Gesell? schaft“ Das Bildungsministerium hat am Montag das Rahmendokument des neuen Schulfachs „Leben und Gesellschaft” vorgestellt, das sowohl die „Formation morale et sociale“ als auch den ReligionsunterB richt ersetzen soll. Die katholische Kirche hat diesen Text aufmerksam zur Kenntnis genommen. Es geht um die Zukunft und den Zusammenhalt unserer pluralistischen Gesellschaft, und in diesem Kontext um die Rolle der Schulen in der Heranbildung erwachsener Bürgerinnen und Bürger: ZuB sammenleben kann nur gelingen, wenn wir alle, wie es im Dokument steht, Vielfalt als einen grundB legenden Wert im Rahmen eines größeren gesellschaftlichen Projektes anerkennen. Zu diesem geB hören Gerechtigkeit, Recht, Friede, Recht auf Arbeit, Familie, Bewahrung der Schöpfung usw. und der sicherlich kritische, aber auch unabdingbare Bezug zur Geschichte und Kultur. Es ist daher gut, dass das Dokument des Ministeriums auf das Erbe der jüdischen und christlichen Religionen sowie des philosophischen Humanismus verweist. Dazu gehört unseres Erachtens auch das Verhältnis zum Islam in der europäischen Geschichte. Schließlich sind wir der Ansicht, dass die Aufgabe der Schule komplementär zur Erziehungsaufgabe der Familien zu sehen ist. Das Dokument geht nicht auf inhaltliche Schwerpunkte ein. Wir sind zuversichtlich, dass die vom Ministerium eingesetzten Arbeitsgruppen ihre Arbeit in einem Klima von Respekt und Vertrauen aufnehmen werden und die weltanschauliche Neutralität der öffentlichen Schule mit Bezug auf die Ausarbeitung des Faches nicht schon im Vorfeld in Zweifel gezogen werden soll. Im vorliegenden Dokument kommen die fundamentalen Werte wie Toleranz, Respekt und sozialer Zusammenhalt, sowie der Bezug zu den Menschenrechten und letztlich die Notwendigkeit, die GeB sellschaft autonom zu gestalten, wiederholt zur Sprache. Sie gehören zur argumentativen GrundlaB ge des neuen Faches. Wir erinnern daran, dass sie auch Gegenstand des bestehenden EthikB und Religionsunterrichts sind. Wir begrüßen des Weiteren den schülerzentrierten und lebensweltlichen Ansatz des künftigen FaB ches, die Förderung sozialer Kompetenzen und der Gemeinschaftsfähigkeit sowie die AuseinanderB setzung mit moralischBethischen Fragestellungen auf dem Hintergrund der philosophischen und religiösen DenkB und Lebenswelten. Dabei scheint es uns wichtig, dass auch genügend Wissen aus den Bereichen der Philosophie, Geschichte, Humanwissenschaften und Religionen vermittelt wird. So kann ein wichtiger, interdisziplinärer Beitrag zur Identitätsbildung, Orientierung und ganzheitliB chen Erziehung von Kindern und Jugendlichen zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern geleistet werden. Das Dokument widmet sich auch der Haltung der Lehrenden. Wir unterstreichen die NotwendigB keit, dass die Lehrerinnen und Lehrer ihre eigene Haltung nicht zur Norm erheben, sondern ihre Aufgabe erfüllen, den Schülern helfen, ihre unterschiedlichen Meinungen argumentativ zu belegen und sie im Rahmen der Menschenrechte und der verfassungsrechtlichen Grundlagen in Beziehung zueinander zu setzen. Wir sehen auch, dass dieser Unterricht eine Herausforderung an den LehrenB den darstellt, sich seiner eigenen Einstellung, ihrer argumentativen Grundlagen, ihrer Defizite und ihrer Geschichte kritisch bewusst zu werden. Wahre Neutralität des Staates schließt eine Haltung aus, die sich gegen die Religionen richtet. BeB sonders wenn es um die Auseinandersetzung mit großen LebensB und Gesellschaftsfragen geht, bleiben Religionen mit ihren Schriften, Gründerfiguren, Kulturen, Symbole, Traditionen und ihrer Wirkungsgeschichte für viele Menschen in unserem Land und in der Welt eine wichtige Referenz. Deshalb brauchen auch junge Menschen, die die Schule in ihrer Selbstbestimmung fördern will, eine Einführung in die lebendigen DenkB und Lebenswelten der Religionen, die sowohl ihre lebensförB dernden als auch ihre gefährlichen Potenziale darstellt.

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PRESSECOMMUNIQUÉ-–-23.-MÄRZ-2015-–-KATHOULESCH-KIERCH-ZU-LËTZEBUERG-

ZUSAMMEN?LEBEN-GESTALTEN-

Die-katholische-Kirche-äußert-sich-zum-Rahmendokument-des-Faches-„Leben-und-Gesell?schaft“-

Das$Bildungsministerium$hat$am$Montag$das$Rahmendokument$des$neuen$Schulfachs$„Leben$und$Gesellschaft”$vorgestellt,$das$sowohl$die$„Formation$morale$et$sociale“$als$auch$den$ReligionsunterBricht$ersetzen$soll.$Die$katholische$Kirche$hat$diesen$Text$aufmerksam$zur$Kenntnis$genommen.$$

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Das$Dokument$geht$nicht$auf$inhaltliche$Schwerpunkte$ein.$Wir$sind$zuversichtlich,$dass$die$vom$Ministerium$eingesetzten$Arbeitsgruppen$ihre$Arbeit$in$einem$Klima$von$Respekt$und$Vertrauen$aufnehmen$werden$und$die$weltanschauliche$Neutralität$der$öffentlichen$Schule$mit$Bezug$auf$die$Ausarbeitung$des$Faches$nicht$schon$im$Vorfeld$in$Zweifel$gezogen$werden$soll.$$$$

Im$vorliegenden$Dokument$kommen$die$fundamentalen$Werte$wie$Toleranz,$Respekt$und$sozialer$Zusammenhalt,$sowie$der$Bezug$zu$den$Menschenrechten$und$letztlich$die$Notwendigkeit,$die$GeBsellschaft$autonom$zu$gestalten,$wiederholt$zur$Sprache.$Sie$gehören$zur$argumentativen$GrundlaBge$des$neuen$Faches.$Wir$erinnern$daran,$dass$sie$auch$Gegenstand$des$bestehenden$EthikB$und$Religionsunterrichts$sind.$$

Wir$begrüßen$des$Weiteren$den$schülerzentrierten$und$lebensweltlichen$Ansatz$des$künftigen$FaBches,$die$Förderung$sozialer$Kompetenzen$und$der$Gemeinschaftsfähigkeit$sowie$die$AuseinanderBsetzung$mit$moralischBethischen$Fragestellungen$auf$dem$Hintergrund$der$philosophischen$und$religiösen$DenkB$und$Lebenswelten.$Dabei$scheint$es$uns$wichtig,$dass$auch$genügend$Wissen$aus$den$Bereichen$der$Philosophie,$Geschichte,$Humanwissenschaften$und$Religionen$vermittelt$wird.$So$kann$ein$wichtiger,$interdisziplinärer$Beitrag$zur$Identitätsbildung,$Orientierung$und$ganzheitliBchen$Erziehung$von$Kindern$und$Jugendlichen$zu$mündigen$Bürgerinnen$und$Bürgern$geleistet$werden.$

Das$Dokument$widmet$sich$auch$der$Haltung$der$Lehrenden.$Wir$unterstreichen$die$NotwendigBkeit,$dass$die$Lehrerinnen$und$Lehrer$ihre$eigene$Haltung$nicht$zur$Norm$erheben,$sondern$ihre$Aufgabe$erfüllen,$den$Schülern$helfen,$ihre$unterschiedlichen$Meinungen$argumentativ$zu$belegen$und$sie$im$Rahmen$der$Menschenrechte$und$der$verfassungsrechtlichen$Grundlagen$in$Beziehung$zueinander$zu$setzen.$Wir$sehen$auch,$dass$dieser$Unterricht$eine$Herausforderung$an$den$LehrenBden$darstellt,$sich$seiner$eigenen$Einstellung,$ihrer$argumentativen$Grundlagen,$ihrer$Defizite$und$ihrer$Geschichte$kritisch$bewusst$zu$werden.$

Wahre$Neutralität$des$Staates$schließt$eine$Haltung$aus,$die$sich$gegen$die$Religionen$richtet.$BeBsonders$wenn$es$um$die$Auseinandersetzung$mit$großen$LebensB$und$Gesellschaftsfragen$geht,$bleiben$Religionen$mit$ihren$Schriften,$Gründerfiguren,$Kulturen,$Symbole,$Traditionen$und$ihrer$Wirkungsgeschichte$für$viele$Menschen$in$unserem$Land$und$in$der$Welt$eine$wichtige$Referenz.$Deshalb$brauchen$auch$junge$Menschen,$die$die$Schule$in$ihrer$Selbstbestimmung$fördern$will,$eine$Einführung$in$die$lebendigen$DenkB$und$Lebenswelten$der$Religionen,$die$sowohl$ihre$lebensförBdernden$als$auch$ihre$gefährlichen$Potenziale$darstellt.$$