Prinzipien für die Entwöhnung von der mechanischen Beatmung und deren Berücksichtigung in neuen...

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Intensivmed 36: Suppl 1, I/50 – I/54 (1999) © Steinkopff Verlag 1999 R. Stocker C. Haberthür Prinzipien für die Entwöhnung von der mechanischen Beatmung und deren Berücksichtigung in neuen Beatmungsmodi Principles of weaning from mechani- cal ventilation and their considera- tions in modern ventilatory modes Summary Transfer of both ventila- tory work and control of breathing from the ventilator to the patient are the hallmarks of weaning from mechanical ventilation. According to these princi- ples, we investigated four modern ventilatory modes for supported spon- taneous breathing: Pressure Support Ventilation (PSV; ASB, IPS), Biphasic Positive Airway Pressure Ventilation (BIPAP), and Proportional Assist Venti- lation (PAV, PPS) with Automatic Tube Compensation (ATC). Key words Weaning – work of breathing – control of breathing – ventilatory modes – ATC – PAV Zusammenfassung Das Prinzip der Entwöhnung von der mechanischen Beatmung (Weaning) beinhaltet die Übertragung der Atemarbeit und der Atemregulation vom Beatmungsgerät auf den Patienten. Die Beatmungsmodi „pressure support ventilation“ (PSV; ASB, IPS), „biphasic positive airway pressure ventilation“ (BIPAP) und „proportional assist ventilation“ (PAV, PPS) mit „automatic tube compensation“ (ATC) werden hin- sichtlich dieses Prinzips miteinander verglichen. Schlüsselwörter Entwöhnung – Atemarbeit – Atemregulation – Beatmungsmodi – ATC – PAV PD Dr. R. Stocker (Y) Chir. Intensivmedizin Universitätsspital Zürich Rämistr. 100 CH-8091 Zürich Einleitung Im Gegensatz zur Spontanatmung, wo der Patient selber um eine ausreichende Atmung besorgt sein muss, wird dem kontrolliert beatmeten Patienten die Atemarbeit und die Regu- lation der Atmung vom Beatmungsgerät vollständig abge- nommen. Entsprechend wird der Übergang von der kontrol- lierten Beatmung auf die Spontanatmung als Entwöhnung von der mechanischen Beatmung (Weaning) bezeichnet. Dieser Übergang ist gekennzeichnet durch die Übertragung der Atemarbeit und der Atemregulation vom Beatmungsgerät auf den Patienten. Diese Übertragung sollte nach verbreiteter Ansicht schrittweise erfolgen, zumindest wird dies für die Atemarbeit bei Patienten angenommen, welche infolge einer kardiopulmonalen Entgleisung intubiert und beatmet werden mussten. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Reihe von Beatmungsmodi vorgestellt, welche entsprechend dieser Prin- zipien die Entwöhnung von der mechanischen Beatmung erleichtern sollten. Weite Verbreitung haben dabei die Modi „pressure support ventilation“ (PSV), (auch bekannt als IPS oder ASB) und „biphasic positive airway pressure“ (BIPAP) gefunden. Erst kürzlich wurden als neue Modi für das Weaning „proportional assist ventilation“ (PAV) und „automatic tube compensation“ (ATC) vorgestellt. Nachfolgend sollen diese Modi hinsichtlich ihrer Berücksichtigung der prinzipiellen Anforderungen während des Weanings, also hinsichtlich der Atemarbeit und der Atemregulation, besprochen werden. Weaning und Atemarbeit Die Höhe der zu erbringenden Atemarbeit ist im Verlauf des Weanings nicht konstant, sondern ändert sich je nach Beat-

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Intensivmed 36: Suppl 1, I/50 – I/54 (1999)© Steinkopff Verlag 1999

R. StockerC. Haberthür

Prinzipien für die Entwöhnung von der mechanischen Beatmung und deren Berücksichtigung in neuenBeatmungsmodi

Principles of weaning from mechani-cal ventilation and their considera-tions in modern ventilatory modes

Summary Transfer of both ventila-tory work and control of breathingfrom the ventilator to the patient are thehallmarks of weaning from mechanicalventilation. According to these princi-

ples, we investigated four modernventilatory modes for supported spon-taneous breathing: Pressure SupportVentilation (PSV; ASB, IPS), BiphasicPositive Airway Pressure Ventilation(BIPAP), and Proportional Assist Venti-lation (PAV, PPS) with Automatic TubeCompensation (ATC).

Key words Weaning – work ofbreathing – control of breathing –ventilatory modes – ATC – PAV

Zusammenfassung Das Prinzip derEntwöhnung von der mechanischen

Beatmung (Weaning) beinhaltet dieÜbertragung der Atemarbeit und derAtemregulation vom Beatmungsgerätauf den Patienten. Die Beatmungsmodi„pressure support ventilation“ (PSV;ASB, IPS), „biphasic positive airwaypressure ventilation“ (BIPAP) und„proportional assist ventilation“(PAV, PPS) mit „automatic tubecompensation“ (ATC) werden hin-sichtlich dieses Prinzips miteinanderverglichen.

Schlüsselwörter Entwöhnung –Atemarbeit – Atemregulation –Beatmungsmodi – ATC – PAV

PD Dr. R. Stocker (Y)Chir. IntensivmedizinUniversitätsspital ZürichRämistr. 100CH-8091 Zürich

Einleitung

Im Gegensatz zur Spontanatmung, wo der Patient selber umeine ausreichende Atmung besorgt sein muss, wird demkontrolliert beatmeten Patienten die Atemarbeit und die Regu-lation der Atmung vom Beatmungsgerät vollständig abge-nommen. Entsprechend wird der Übergang von der kontrol-lierten Beatmung auf die Spontanatmung als Entwöhnung vonder mechanischen Beatmung (Weaning) bezeichnet. DieserÜbergang ist gekennzeichnet durch die Übertragung derAtemarbeit und der Atemregulation vom Beatmungsgerät aufden Patienten. Diese Übertragung sollte nach verbreiteterAnsicht schrittweise erfolgen, zumindest wird dies für dieAtemarbeit bei Patienten angenommen, welche infolge einerkardiopulmonalen Entgleisung intubiert und beatmet werdenmussten. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Reihe vonBeatmungsmodi vorgestellt, welche entsprechend dieser Prin-

zipien die Entwöhnung von der mechanischen Beatmungerleichtern sollten. Weite Verbreitung haben dabei die Modi„pressure support ventilation“ (PSV), (auch bekannt als IPSoder ASB) und „biphasic positive airway pressure“ (BIPAP)gefunden. Erst kürzlich wurden als neue Modi für das Weaning„proportional assist ventilation“ (PAV) und „automatic tubecompensation“ (ATC) vorgestellt. Nachfolgend sollen dieseModi hinsichtlich ihrer Berücksichtigung der prinzipiellenAnforderungen während des Weanings, also hinsichtlich derAtemarbeit und der Atemregulation, besprochen werden.

Weaning und Atemarbeit

Die Höhe der zu erbringenden Atemarbeit ist im Verlauf desWeanings nicht konstant, sondern ändert sich je nach Beat-

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mungssituation. Abbildung 1a gibt einen schematischenÜberblick über die einzelnen Teilarbeiten, welche im Verlaufdes Weanings anfallen. Man beachte, dass die durch denTubuswiderstand und nichtideale Ventilatoreigenschaftenbedingte zusätzliche Atemarbeit je nach Atemanstrengung desPatienten bis zum Doppelten der Atemarbeit betragen kann,die der Patient nach erfolgter Extubation erbringen muss.Diese zusätzliche, durch den Tubus und nichtideale Ventila-toreigenschaften bedingte Atemarbeit entfällt zwar nach Extu-bation, jedoch erhöht sich dann die Atemarbeit um den Anteil,welcher gegen den Widerstand der oberen Atemwege zuleisten ist.

Weaning und Atemregulation

Die Atemregulation umfasst die Anpassung der Lungen-atmung an die innere Atmung, also an die metabolischenBedürfnisse des Organismus. Die Atemregulation teilt sich aufin eine chemische Atemregulation, welche über den Gehaltvon O2, CO2 resp. vom pH die alveoläre Atemminutenven-tilation vorgibt. Deren Aufteilung in die TeilkomponentenAtemfrequenz und Atemzugvolumen wird durch die reflek-torische Atemregulation gesteuert. Das Zusammenspiel allerTeilkomponenten während der Entwöhnung von der mecha-nischen Beatmung wurde bisher nicht genauer untersucht. Es scheint jedoch, dass die meisten (wenn auch nicht alle)Patienten bereits sehr früh im Weaning-Verlauf fähig sind, inmehr oder weniger regelmäßigen Abständen das Beatmungs-gerät zu triggern, dass jedoch in der frühen Weaning-Phaseihre Fähigkeit zur Regulation der Atemtiefe (Modulation)noch ungenügend ist.

Weaning im Modus PSV

Mit dem Modus PSV verbindet sich die Absicht, dass derPatient hinsichtlich seiner Atemarbeit vom Beatmungsgerätentlastet wird und er trotzdem mit seinem eigenen Atemmusteratmen kann. Im Verlauf des Weanings wird die Höhe der inspi-ratorischen Druckunterstützung, mithin der Grad der Ent-lastung, schrittweise reduziert, während die Belastung für denPatienten im gleichen Ausmaß zunimmt. Sobald der Patientdie gesamte Atemarbeit an seinem respiratorischen Systemselber erbringen kann und nur noch eine minimale Druck-unterstützung zur Kompensation des Tubuswiderstands erhält,kann er – eine suffiziente Atmung vorausgesetzt – extubiertwerden. Abbildung 1b zeigt den Verlauf von Atemwegs- undTrachealdruck während einer normalen (links) und währendeiner heftigen (rechts) Atemanstrengung eines Patienten imModus PSV mit einer inspiratorischen Druckunterstützung

von 15 mbar über PEEP von 5 mbar. Der unterschiedlicheVerlauf von Atemwegsdruck (am proximalen Tubusendegemessen) und Trachealdruck (am distalen Tubusende gemes-sen) kommt durch den Druckabfall über dem Tubus (Tubus-widerstand) zustande, welcher mit Erhöhung des Gasflussesüberproportional ansteigt. Berücksichtigt man nur den für denPatienten relevanten Trachealdruck, so ist der Patient mit einerDruckunterstützung von 15 mbar entweder bis auf die zurTriggerung notwendige Atemarbeit vollständig beatmet(links) oder kann erst gegen Ende der Inspiration, dann näm-lich wenn der Trachealdruck über PEEP ansteigt, von derDruckunterstützung profitieren. Während im ersten Fall dieDruckunterstützung auf wenige mbar reduziert werden sollte,um den Patienten zur Übernahme eines Teils der Atemarbeitzu zwingen (Weaning), reichen im zweiten Fall die 15 mbarnicht einmal aus, um den Tubuswiderstand auch nurannähernd zu kompensieren. Die in dieser Abbildung gezeig-ten Atemzüge wurden im Abstand von wenigen Minuten beimgleichen Patienten aufgezeichnet. Dies ist ein Beispiel dafür,dass die angestrebte schrittweise Übertragung der Atemarbeitvom Beatmungsgerät auf den Patienten im Modus PSV ausprinzipiellen Gründen nicht gewährleistet ist und dass zukeinem Zeitpunkt im Weaning-Verlauf der geeignete Zeit-punkt für eine erfolgreiche Extubation vorausgesagt werdenkann. Die Abhängigkeit von einem Triggerkriterium zurErkennung des Beginns der In- und Exspiration im ModusPSV kann Ursache für das Auftreten von Fehltriggerung undDesynchronisation zwischen Beatmungsgerät und Inspira-tionsanstrengung des Patienten sein. Darüber hinaus steht diezwischen den Triggerereignissen uniforme Druckunterstüt-zung im Modus PSV in krassem Widerspruch zu dem nor-malerweise variablen Atemmuster des spontan atmendenPatienten, so dass es zu einer störenden Beeinflussung odersogar zu einer vollständigen Unterdrückung des patienten-seitigen Atemmusters kommen kann. Andererseits garantiertdie nach Triggerung uniforme Druckunterstützung auch in der frühen Weaning-Phase bei noch unvollständigerAtemregulation eine ausreichende Ventilation, solange dieInspirationsanstrengungen in mehr oder weniger regelmässi-gen Abständen erfolgen und zur Überwindung der Trigger-arbeit ausreichend sind.

Weaning im Modus BIPAP

Ganz ähnlich wie bei PSV wird im Modus BIPAP während derInspiration ebenfalls der Atemwegsdruck, ausgehend vomPEEP-Niveau, auf ein inspiratorisches Druckniveau ange-hoben. Der Drucksprung zu Beginn der Inspiration erfolgtgerätegesteuert, kann aber optional auch mit den Inspirations-bemühungen des Patienten synchronisiert werden. Die Zeit-dauer, während der das unter (PEEP) resp. das obere Druck-

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I/52 Intensivmedizin und Notfallmedizin, Band 36, Supplement 1 (1999)© Steinkopff Verlag 1999

Abb. 1 a. Schematischer Über-blick über die im Verlauf desweanings anfallenden Atem-arbeiten; b. Verlauf von Atem-wegs- und Trachealdruckwährend einer normalen (links)und einer heftigen (rechts) Atem-anstrengung eines Patienten imPSV-Modus; c. Verlauf vonAtemwegs- und Trachealdruckbei einer geringen (links) undeiner heftigen (rechts) Atem-anstrengung eines Patienten imBIPAP-Modus; d. Verlauf vonAtemwegs- und Trachealdruckbei einer geringen (links) undeiner heftigen Atemanstrengungeines Patienten im ATC/PAV-Modus.

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niveau gehalten werden, muss am Beatmungsgerät vorein-gestellt werden. Im Unterschied zum Modus PSV erfolgt diegeräteseitige Ansteuerung der Druckventile (je ein Ventil fürdas obere und untere Druckniveau) so, dass der Patient aufbeiden Druckniveaus spontan (jedoch ohne zusätzliche Unter-stützung) ein- und ausatmen kann (dynamische Ventil-ansteuerung). Damit soll eine Mindestbeatmung sichergestelltund gleichzeitig dem Patienten eine nicht behinderte Spontan-atmung ermöglicht werden. Wie beim Modus PSV ist dergeregelte Druck der Atemwegsdruck am proximalen Tubus-ende. Abbildung 1c zeigt den Verlauf von Atemwegs- undTrachealdruck bei geringen (links) und bei heftigen (rechts)Inspirationsanstrengungen des Patienten. Wiederum kann derunterschiedliche Verlauf der beiden Druckkurven mit demflussabhängigen und demnach bei Spontanatmung variablenWiderstand des Tubus erklärt werden. Aus Abbildung 1c gehteindeutig hervor, dass auch mit BIPAP die Übertragung derAtemarbeit vom Beatmungsgerät auf den Patienten ausprinzipiellen Gründen nicht gewährleistet ist und dass dem-nach zu keinem Zeitpunkt im Weaning-Verlauf der geeigneteZeitpunkt für eine erfolgreiche Extubation vorausgesagtwerden kann. Das Nebeneinander von gerätegesteuertenDrucksprüngen und den spontanen Atemanstrengungen desPatienten ist ein Paradebeispiel für eine weitgehend vollstän-dige Desynchronisation zwischen Patient und Beatmungs-gerät, sie wird bei BIPAP geradezu aus Prinzip ermöglicht.Schon allein aus diesem Grund und als Folge der uniformenDrucksprünge muss es im Modus BIPAP zu einer störendenEinflussnahme auf das Atemmuster des Patienten kommen.

Weaning mit ATC/PAV

Im Unterschied zu herkömmlichen Modi für die druckunter-stützte Spontanatmung wird der Patient bei PAV nicht miteinem konstanten Druck unterstützt, vielmehr erfolgt dieDruckunterstützung in Relation zur Atemanstrengung desPatienten. Diese wird bei PAV anhand des vom Patienten gene-rierten Gasflusses und/oder anhand des daraus resultierendenAtemzugvolumens erfasst. Die Druckunterstützung wird dem-nach in Relation zum Gasfluss in mbar·l/s (Entlastung gegenresistive Widerstände) resp. in Relation zum Atemzugvolumenin mbar/l (Entlastung gegen elastische Widerstände) vorein-gestellt. Infolgedessen erhält der Patient bei einer schwachenInspirationsanstrengung mit dementsprechend niedrigeremFluss und Zugvolumen eine geringe Druckunterstützung, bei heftiger Inspirationsanstrengung mit dementsprechendhöherem Fluss und Zugvolumen eine entsprechend hoheDruckunterstützung. Mithin ist also im Modus PAV die abso-lute Höhe der Druckunterstützung variabel und proportionalzur Atemanstrengung des Patienten. Sind die aktuelle Com-pliance und Resistance bekannt, so kann der Patient im Modus

PAV zu einem quantifizierbaren Teil von seiner Atemarbeitentlastet werden: z.B. zu 80 % von seiner resistiven und zu 90 % von seiner elastischen Atemarbeit. Der Grad der Ent-lastung kann im Verlauf des Weanings schrittweise verändertwerden. Unabhängig vom Grad der Entlastung muss derPatient unter PAV immer einen Teil seiner Atemarbeit selberleisten, er wird also mit PAV zur Übernahme eines Teils derAtemarbeit gezwungen. Beispielsweise kann sich der Patientnicht einfach mit einer minimalen, im Modus PSV zur Trig-gerung des Beatmungsgerätes ausreichenden Atemarbeitbegnügen, da mit PAV dann nur diese minimale Atemarbeitmit einem voreinstellbaren Faktor verstärkt würde und dabeidas resultierende Atemzugvolumen entsprechend klein ist. ZurEinatmung eines tiefen Atemzugvolumens muss der Patientunter PAV mehr Arbeit erbringen, er erhält jedoch eine ent-sprechend höhere Druckunterstützung durch das Beatmungs-gerät, womit der Anteil (nicht jedoch die absolute Höhe) dervon ihm geleisteten Atemarbeit pro Atemzug konstant bleibt.Um dies zu ermöglichen, setzten die dem Modus PAVzugrunde liegenden Algorithmen zwingend ein lineares Ver-halten des respiratorischen Systems voraus. Diese Voraus-setzung ist bei Atemvolumina von weniger als 1 bis 1,5 Liternormalerweise auch erfüllt, kann aber bei schweren restrik-tiven Lungenveränderungen (ARDS) schon bei geringerenLungenvolumina nicht mehr gegeben sein. Auf jeden Fall aberist diese Voraussetzung bei intubierten oder tracheotomiertenPatienten infolge des flussabhängigen und daher streng nicht-linearen Druckabfalls über dem Tubus keinesfalls mehr gege-ben. Erst die Kombination mit dem Modus ATC, welcher dennicht-linearen Druckabfall über dem Tubus in In- und Exspi-ration kompensieren kann, garantiert auch beim intubierten/tracheotomierten Patienten das Konzept und damit die Vorteileeiner proportionalen Druckunterstützung. Abbildung 1d zeigtden Verlauf des Atemwegsdrucks sowie des für den Patientenrelevanten Trachealdrucks bei geringen (links) und bei hef-tigen (rechts) Inspirationsanstrengungen unter ATC/PAV. Mitder Kombination von ATC und PAV wird dem intubierten/tracheotomierten Patienten eine vom variablen Tubuswider-stand unbeeinflusste (kein relevantes Absinken des Tracheal-drucks unter PEEP-Niveau) Druckunterstützung geboten, diesich den Bedürfnissen des Patienten anpasst, ohne dessenAtemmuster zu beeinträchtigen. Da das Funktionieren vonATC und PAV kein Triggerkriterium benötigt, sind Fehltrig-gerungen und Desynchronisation prinzipiell ausgeschlossen.Somit wird dem intubierten/tracheotomierten Patienten trotzUnterstützung mit ATC/PAV die größtmögliche Freiheit in der Gestaltung seines Atemmusters ermöglicht. Da die Druck-unterstützung bei PAV (ATC/PAV) proportional zu den Atem-anstrengungen des Patienten erfolgt, muss der Patienten unterPAV (ATC/PAV) zwingend in der Lage sein, die Atemtiefeentsprechend einer ausreichenden und ökonomisch sinnvollenAtmung zu regulieren. Unsere Erfahrungen zeigen, dass in derganz frühen Weaning-Phase insbesondere lungenkranke

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Patienten nach langer mechanischer Beatmung häufig nochkeine genügende Atemregulation zeigen, obwohl sie durchausin der Lage sind, das Beatmungsgerät in einigermaßen regel-mäßigen Abständen zu triggern. Ein wesentlicher Grund dafür

dürfte die Sedation resp. der Sedationsüberhang sein. Die nochungenügende Atemregulation des Patienten verbietet nachunserer Erfahrung den Einsatz von PAV (ATC/PAV) in derganz frühen Weaning-Phase.

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Literatur