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LOGFILE Nr. 15 / April 2014 Maas & Peither AG GMP-Verlag http://www.gmp-verlag.de © 2014 Maas & Peither AG GMP-Verlag, Schopfheim, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten Seite 1 Product Quality Review von Cornelia Wawretschek Der Product Quality Review (PQR) ist Teil des Qualitätsmanagementsystems. Dieser unternehmensinterne, periodische Review ermöglicht es, auf der Basis vorhandener Daten und ohne zusätzliche Prüfungen Prozessleistung und Produktqualität retrospektiv zu bewerten und damit die Eignung aktueller Prozesse und Spezifikationen zu verifizieren. Auf Basis von Trendanalysen können daraus prospektiv Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert werden, z.B. Änderungen an Produktspezifikationen, an Produktions- oder Prüfverfah- ren. Product Quality Reviews sind für alle innerhalb der EU hergestellten Arznei- mittel und Wirkstoffe erforderlich. Die Anforderungen an einen PQR für den Bereich Wirkstoffe finden sich in Teil II des EU-GMP-Leitfadens. Für den ameri- kanischen Markt wird im CFR Subpart J 211.180(e) ein Annual Product Review (APR zur (mindestens) jährlichen Bewertung des Qualitätsstandards aller Arz- neimittel gefordert. Ergänzend dazu können Anforderungen durch §211.192 „Production Record Review“ abgeleitet werden. Unternehmen, die in USA tätig sind, müssen einen APR erstellen. Üblicherweise wird bei diesen Unter- nehmen bereits zur Vorbereitung einer FDA-Inspektion ein entsprechender APR angefordert. PQR und APR ähneln einander und verfolgen die gleichen Ziele. Beide Doku- mente ermöglichen es, die Konsistenz der Prozesse und Trends zu erkennen und Spezifikationen zu beurteilen. Basierend auf der Auswertung von Daten kann entschieden werden, ob korrektive Maßnahmen erforderlich sind. Weder für den PQR noch für den APR gibt es formelle Vorgaben; auch werden die Verantwortlichkeiten in beiden Fällen nicht direkt beschrieben. Gleichwohl gibt es Unterschiede, auf welche in dieser SOP in den ergänzenden Kommen- taren hingewiesen wird. Für Unternehmen, die sich sowohl auf dem amerikanischen als auch auf dem europäischen Markt betätigen, empfiehlt es sich, einen kombinierten PQR/APR zu erstellen, der sowohl den amerikanischen als auch europäischen Regelwer- ken entspricht. Dies fällt umso leichter, wenn computergestützte Systeme anstelle der analogen Datenerfassung genutzt werden, zumal beim PQR mehr Daten abgefragt werden. Auch an dieser Stelle gelten die Regeln für die Nutzung computergestützter Systeme wie: Erfordernis validierter Systeme Verfügbarkeit der elektronischen Daten Schutz vor Beschädigung und Datenverlust

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Product Quality Review

von Cornelia Wawretschek

Der Product Quality Review (PQR) ist Teil des Qualitätsmanagementsystems.

Dieser unternehmensinterne, periodische Review ermöglicht es, auf der Basis

vorhandener Daten und ohne zusätzliche Prüfungen Prozessleistung und

Produktqualität retrospektiv zu bewerten und damit die Eignung aktueller

Prozesse und Spezifikationen zu verifizieren. Auf Basis von Trendanalysen

können daraus prospektiv Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert werden,

z.B. Änderungen an Produktspezifikationen, an Produktions- oder Prüfverfah-

ren.

Product Quality Reviews sind für alle innerhalb der EU hergestellten Arznei-

mittel und Wirkstoffe erforderlich. Die Anforderungen an einen PQR für den

Bereich Wirkstoffe finden sich in Teil II des EU-GMP-Leitfadens. Für den ameri-

kanischen Markt wird im CFR Subpart J 211.180(e) ein Annual Product Review

(APR zur (mindestens) jährlichen Bewertung des Qualitätsstandards aller Arz-

neimittel gefordert. Ergänzend dazu können Anforderungen durch §211.192

„Production Record Review“ abgeleitet werden. Unternehmen, die in USA

tätig sind, müssen einen APR erstellen. Üblicherweise wird bei diesen Unter-

nehmen bereits zur Vorbereitung einer FDA-Inspektion ein entsprechender

APR angefordert.

PQR und APR ähneln einander und verfolgen die gleichen Ziele. Beide Doku-

mente ermöglichen es, die Konsistenz der Prozesse und Trends zu erkennen

und Spezifikationen zu beurteilen. Basierend auf der Auswertung von Daten

kann entschieden werden, ob korrektive Maßnahmen erforderlich sind. Weder

für den PQR noch für den APR gibt es formelle Vorgaben; auch werden die

Verantwortlichkeiten in beiden Fällen nicht direkt beschrieben. Gleichwohl

gibt es Unterschiede, auf welche in dieser SOP in den ergänzenden Kommen-

taren hingewiesen wird.

Für Unternehmen, die sich sowohl auf dem amerikanischen als auch auf dem

europäischen Markt betätigen, empfiehlt es sich, einen kombinierten PQR/APR

zu erstellen, der sowohl den amerikanischen als auch europäischen Regelwer-

ken entspricht. Dies fällt umso leichter, wenn computergestützte Systeme

anstelle der analogen Datenerfassung genutzt werden, zumal beim PQR mehr

Daten abgefragt werden. Auch an dieser Stelle gelten die Regeln für die

Nutzung computergestützter Systeme wie:

Erfordernis validierter Systeme

Verfügbarkeit der elektronischen Daten

Schutz vor Beschädigung und Datenverlust

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Nachvollziehbarkeit im Falle von Änderungen (Audit Trail)

Berechtigungs- und Sicherheitsmerkmale bei Anwendung der elektroni-

schen Unterschrift

Regeln für Migration und Archivierung für elektronische Daten

Das Kapitel 1.10 des EU-GMP-Leitfadens fordert die Erstellung eines PQRs

lediglich für bereits zugelassene Arzneimittel. Die AMWHV hingegen sieht für

alle Arzneimittel die Erstellung von PQRs vor – und damit auch für klinische

Prüfmuster. Bei Letzteren wird allerdings die Bewertung erschwert, da geringe

Chargenzahlen eine statistische Auswertung und das Erfassen von Trends

selten ermöglichen. Deswegen bemerkt Aide-Mémoire 07120901 der ZLG

„Überwachung von Herstellern und Importeuren von klinischen Prüfpräpara-

ten“, dass nur in sehr wenigen Fällen ein PQR auch für Prüfpräparate sinnvoll

sein – aber dann auch vom Inspektor gefordert werden kann: nämlich in Fäl-

len, in denen wiederholt nach gleicher Rezeptur und gleichem Verfahren

Prüfmuster hergestellt werden.

Auch im Auftrag vergebene Tätigkeiten (Outsourced Activities) sowie im

Kundenauftrag durchgeführte Arbeiten (z.B. Lohnherstellung) sind betroffen.

Da sowohl Zulassungsinhaber als auch Hersteller zum PQR verpflichtet sind,

müssen die jeweiligen Verantwortlichkeiten in diesen Fällen vertraglich gere-

gelt sein.

Nachfolgend finden Sie einen Auszug aus der 14 Seiten umfassenden SOP 108-

01 Product Quality Review inkl. Formblatt: PQR-Template_Module.

Diese SOP legt fest,

für welche Produkte ein PQR zu erstellen ist,

welche Daten in die Betrachtung einbezogen werden,

wie die Daten gesammelt, ausgewertet und bewertet werden,

welche Datenquellen genutzt werden können,

wer für Planung, Erstellung, Datensammlung, Bewertung und Genehmi-

gung verantwortlich ist,

welche formalen Anforderungen an den PQR gestellt werden.

Arbeitsablauf und Verantwortlichkeiten

Gesamtverantwortung und Organisation

Für Arzneimittel, bei denen Maas & Peither Pharma GmbH Inhaberin der

Marktzulassung ist, trägt deren Sachkundige Person gemäß AMG §14 die

Verantwortung dafür, dass PQRs erstellt und ausgewertet werden. Das gilt

auch für Fälle, in denen Herstellung oder Prüfung ganz oder teilweise im

Auftrag vergeben werden.

Für Arzneimittel, die im Auftrag für einen anderen Zulassungsinhaber gefer-

tigt werden, trägt die Sachkundige Person der Maas & Peither Pharma GmbH

die Verantwortung dafür, dass alle anfallenden Daten gemäß dieser SOP

gesammelt, ausgewertet und entsprechend dem Verantwortungsabgren-

zungsvertrag dem Zulassungsinhaber übermittelt werden. Die termingerechte

und inhaltlich korrekte Erstellung, das Zusammenfügen von Daten und Aus-

wertungen erfolgt federführend durch die Qualitätssicherung, welche auch

die interdisziplinäre Bewertung des PQRs durchführt.

Das Sammeln der Daten und Auswertungen erfolgt unter Mitwirkung der

entsprechenden fachlichen Bereiche Qualitätskontrolle, Herstellung und Zulas-

sung.

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Für im Auftrag vergebene Tätigkeiten (Outsourced Activities), sowie im Kun-

denauftrag durchgeführte Arbeiten (Lohnherstellung) gilt, dass Regelungen

zur PQR-Erstellung in den entsprechenden Quality Agreements aufgenommen

werden müssen. Dazu gehören Angaben zu Verantwortlichkeiten für die

Zusammenstellung der Daten, den Informationsaustausch und das Genehmi-

gungsverfahren sowie die Terminvorgaben für die Fertigstellung des Berichtes.

Dies gilt auch, wenn partielle Tätigkeiten durchgeführt werden. Hierfür wer-

den die entsprechenden PQR-Module erstellt und diese anschließend in den

PQR eingepflegt.

Stichtag und Umfang der Bewertung

Generell wird für jedes Produkt ein eigener PQR erstellt, welcher alle Produkt-

chargen berücksichtigt, die innerhalb eines Jahres hergestellt wurden, ein-

schließlich nicht freigegebener, zurückgerufener oder umverpackter Chargen.

Die bei Maas & Peither Pharma GmbH hergestellten Produkte werden für den

Review auf zwei Stichtage aufgeteilt:

1. Stichtag: 1. April (d.h. Chargen, die vom 1. April des Vorjahres bis zum 30.

März des laufenden Jahres gefertigt wurden)

2. Stichtag: 1. Oktober (d.h. Chargen, die vom 1. Oktober des Vorjahres bis

zum 30. September des laufenden Jahres gefertigt wurden)

Eine Zuordnung der Produkte zu einem der Stichtage erfolgt anhand des

Herstellungsdatums der ersten Handelscharge (bei Lohnherstellung in Abspra-

che mit dem Auftraggeber). Die Bewertung erfolgt zeitlich lückenlos, d.h. ein

Produkt wird immer zum selben Stichtag bewertet.

Kommentar:

Um den Arbeitsaufwand für die PQRs etwas gleichmäßiger über das Jahr zu

verteilen, hat die virtuelle Firma Maas & Peither Pharma GmbH zwei Stichtage

für PQRs festgelegt. Es sind selbstverständlich auch mehrere Stichtage (bei

großen Firmen ggf. monatlich) möglich, oder aber sämtliche PQRs werden zu

einem einzigen Stichtag erstellt.

Alternativ ist es auch möglich, sämtliche Produkte in einer Jahresplanung zu

erfassen und für jeweils zwölf aufeinanderfolgende Monate die PQR-Termine

einschließlich sämtlicher Bewertungszeiträume und Bewertungszeitpunkte

festzulegen.

Üblicherweise werden sowohl beim PQR als auch beim APR Bewertungszeit-

räume betrachtet, die sich über ein Jahr erstrecken. Dabei muss es sich nicht

notwendigerweise um ein Kalenderjahr von Januar bis Dezember handeln. So

können andere Zeiträume gewählt werden, die der Unternehmensorganisati-

on besser angepasst sind. Bei Produkten mit hoher Fertigungsfrequenz kann es

sinnvoll sein, die Bewertungen über kürzere Zeiträume durchzuführen, um

rechtzeitig Trends feststellen zu können. Sofern die Möglichkeit besteht, die

relevanten Daten zentral elektronisch zu verarbeiten, wäre eine permanente

Auswertung sinnvoller als der jährliche Review.

Sollten bis zum Stichtag von einem Produkt weniger als 6 (sechs) Chargen

hergestellt worden sein, wird der PQR in Form einer Kurzbewertung durchge-

führt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Beurteilung von Abweichungen,

Änderungen, ggf. Rückrufen, Zulassungskonformität sowie Vergleich mit dem

vorhergehenden PQR. Der Bewertungszeitraum für die statistische Auswer-

tung wird in diesem Falle ausgeweitet. Eine vollständige statistische Bewer-

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tung erfolgt dann in einem nachfolgenden PQR, sobald mindestens 6 (sechs)

Chargen vorliegen.

Kommentar:

Diese Maßnahme stellt sicher, dass Produkte auch erfasst und bei der Bewer-

tung berücksichtigt werden, wenn nur wenige Chargen im Jahr hergestellt

werden.

Für Produkte, die sich hinsichtlich Rezeptur und Herstellprozess nur geringfü-

gig unterscheiden, kann ein gemeinsamer PQR erstellt werden. Das gilt bei-

spielsweise für unterschiedliche Dosierungen desselben Arzneimittels, wenn

sie bereits im Rahmen der Prozessvalidierung gemeinsam betrachtet wurden.

Ob die gemeinsame Auswertung mehrerer Produkte in einem einzigen PQR

aussagekräftig ist, ist risikobasiert zu begründen. Die Entscheidung fällt die

Sachkundige Person.

Kommentar:

Kapitel 1.10 des EU-GMP-Leitfadens erwähnt, dass es durchaus akzeptabel ist,

bei der Betrachtung bestimmte Produktgruppen zusammenzufassen, wenn

dies aus wissenschaftlicher Sicht vertretbar ist: zum Beispiel für jeden Produkt-

typ (z.B. feste Arzneiformen, sterile Arzneiformen) einen PQR zu erstellen.

Denkbar ist es auch, bestimmte, ähnliche Herstellungsschritte gemeinsam zu

betrachten und zu bewerten.

Eine Zusammenfassung in Gruppen ist beim APR nicht möglich.

Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen PQR und APR besteht in der

Anzahl von Chargen, die zu bewerten sind. Während im PQR erwartet wird,

dass alle Chargen betrachtet werden, ist beim APR die Durchsicht einer reprä-

sentativen Auswahl ausreichend. Unter „repräsentativ“ ist allerdings zu ver-

stehen, dass sowohl freigegebene als auch gesperrte Chargen berücksichtigt

werden.

Autorin:

Cornelia Wawretschek GxP Services Berlin Email: [email protected]