Produkt-Piraterie - Vortrag - Tino Wolf

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Eine Übersicht über Produktpiraterie und ihre Folgen.Ein Vortrag von Tino Wolf.

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  • PRODUKTPIRATERIE

    Vortrag - von Tino Wolf

    Gerade im wirtschaftlichen Bereich gewinnt das Thema Produktpiraterie immer mehr an Brisanz. Nach Angaben der EU fallen durch Produktpiraterie, illegale berproduktion, Parallel- und Re-Importe mittlerweile bereits 10% des Welthandels auf Plagiate oder Flschungen. Der den Originalherstellern dadurch entstehende Schaden wird jhrlich weltweit auf 800 Milliarden Dollar geschtzt, davon entfallen etwa 25 Milliarden Dollar auf Deutschland (Zahlen sind natrlich mit Vorsicht zu genieen). Das hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: allein in Deutschland sollen nach Schtzungen des Justizministeriums jhrlich ca. 50.000 Arbeitspltze aufgrund von Produktpiraterie verloren gehen. Betrachtet man die Anzahl der an den Auengrenzen der EU beschlagnahmten geflschten Gegenstnde, verzeichnet die Produktpiraterie jhrliche Zuwachsraten im zweistelligen Bereich. Im Jahr 2004 wurden in der Europischen Union insgesamt 22311 Beschlagnahmeflle gemeldet, ber 103 Millionen geflschte Artikel wurden beschlagnahmt, im Jahr zuvor waren es noch 92 Millionen gewesen. Gegenber 1998 liegt sogar eine Steigerung von nahezu 1000% vor. Fr Deutschland alleine gab es 2005 ber 7217 Beschlagnahmungen. Das entspricht Waren im Gesamtwert von 213 Millionen Euro.2006 und 2007 waren ebenfalls groe Steigerungen zu verzeichnen:

    Einen Fall den evtl. einige noch aus der Zeitung kennen war besonders signifikant um diese Zahlen zu unterstreichen: 2006 trat im Hamburger Hafen ein Fall auf bei dem ber 117 Container mit Plagiaten beschlagnahmt wurden. 1 Million geflschter Turnschuhe, 75.000 geflschte Uhren, 120.000 geflschte Textilien. Verkaufspreis des Ganzen: 383 Millionen Euro. ber mehrere Wochen wurden diese 117 Container aus dem Verkehr gezogen und deren Inhalt geschreddert und zu Turnhallenbodenplatten verarbeitet.

    Das Nachahmen und Flschen von Markenartikeln hat sich inzwischen auf weitere Bereiche ausgedehnt. Whrend sich die Produktpiraten bis vor wenigen Jahren hauptschlich auf die Nachahmung von Waren aus dem Luxusgterbereich konzentrierten, d.h. auf Designerkleidung, Handtaschen, Sonnenbrillen, Uhren und andere modische Accessoires, erstreckt sich die Piraterie heutzutage nicht nur auf den kompletten Konsumgterbereich sondern ebenfalls auf den Investitionsgterbereich. Kopiert werden nun auch die komplexesten Maschinen und hochtechnologische Entwicklungen ber ganze Corporate Identities und Unternehmenskonzepte bis hin zu kompletten Stadtstrukturen.

  • Abbildung: Stihl GmbH

    Stihl-Kettensge und chinesisches Plagiat.

    Die Nachahmung aus chinesischer Herstellung kam fast zeitgleich zum Stihl-Original auf den Markt. Die Firma Stihl geht dabei von einer illegalen Weitergabe der Konstruktionsdaten der Kettensge bereits im frhen Entwicklungsstadium aus.

    Whrend oberflchlich mangelhaft nachgeahmte Produkte, speziell in der Mode und im Konsumgterbereich, beim Betrachter oft Belustigung auslsen, kann eine mangelnde Originaltreue der Nachahmung bei sicherheitsrelevanten Produkten uerst kritisch werden: Geflschte Felgen vor der Zerstrung durch den Zoll und geflschte Bremsbelge die bei Fehlfunktion hohe Sicherheitsrisiken fr den sie benutzenden Autofahrer darstellen knnen.

    Eine Abhandlung ber Produktpiraterie wird sich also neben der Betrachtung der wirtschaftlichen Aspekte auch mit den Auswirkungen auf den Nutzer beschftigen mssen. Dem vorausgehen soll in dieser Arbeit eine Auseinandersetzung mit den zugrundeliegenden Ideen von Originalitt und geistigem Eigentum, sowie den daraus resultierenden Motivationen der Praxen des Kopierens und der Nachahmung. Auch eine Betrachtung der Vernderung der moralischen Einordnung von Nachahmungsmethoden unter historischen wie geographischen Aspekten wird in einem spteren Teil einflieen. Nicht zuletzt soll auch die Frage anschlieen, ob eventuell unsere derzeitige Vorstellung vom Geistigen Eigentum eine diskutable ist und ob unser restirktives Patentrecht in weiten Bereichen nicht eher Entwicklung blockiert als frdert.

  • Um eine begriffliche Basis fr einen tieferen Einstieg in die Thematik zu erzeugen soll nun gleich zu Beginn ein Kapitel ber Produkt und Marke einige allgemein gebruchlichen Kategorisierungen genauer beleuchten und spezifizieren. Verschiedenartigste Beispiele von Fllen der Produktpiraterie werden hier und im spteren Teil des Textes versuchen die Greifbarkeit der Thematik aufrecht zu erhalten.

    2. Produkt? Marke? Was ist das?

    Das Produkt

    Produkte sind Ergebnisse von Arbeit also das Resultat einer Fertigung bzw. einer angebotenen Dienstleistung, wirtschaftlich gesprochen von betrieblichen

    Leistungsprozessen. Die Betriebswirtschaft nennt das auch Wertschpfungsprozesse. Ausgeschlossen davon sind Wirtschaftsgter, die in den Produktionsprozess mit eingehen. Diese werden als Produktionsfaktoren, Vorleistungen oder Material bezeichnet.

    So spricht man von verschiedenen Produktsorten, die gebraucht oder verbraucht werden knnen:

    Sachgter (z.B. Maschinen, Medikamente, Kleidungsstcke)

    Dienstleistungen (z.B. Beratungen, Haarschnitt)

    Orte (z.B. Hotel, Freizeitpark)

  • Tarife

    ferner auch: Personen (z.B. bekannte Werbeikonen)

    und im Bezug auf Piraterie auch besonders wichtig: Ideen (z.B. Konzepte, Unternehmenskonzept beim Franchising, Software, auch Marken und Design-Konzepte, Corporate Identities, Images)

    Fr die Erzeugung von Produkten sind Investitionen ntig. Investitionen in Maschinen, in Forschung und Entwicklung, in Lohnkosten, und dergleichen mehr. Darber hinaus entstehen fr den Vertrieb der Produkte weitere Kosten fr den Hersteller: Transportkosten, Kosten fr das Hndlernetzwerk und die Verwaltung sowie vor allem: Marketingkosten, d.h. Kosten fr die Entwicklung einer Marke und deren Bewerbung.

    Fr eine Betrachtung der Produktpiraterie ist es unerlsslich sich mit den Herstellungs- und Vermarktungsstrukturen des Original-Produkts auseinander zusetzen, da jede Nachahmung eines Original-Produktes auf diesen aufbaut und auch noch im Vertrieb von ihnen profitiert.

    Die Marke

    Die Marke, welche die meisten Produkte kennzeichnet, gibt dem Produkt eine

    eindeutige Herkunft von einem bestimmten Hersteller (evtl. aus einer bestimmten Region) und sichert dem Kunden darber eine bestimmte Qualitt und Authentizitt, also Verlsslichkeit und Einzigartigkeit zu. Speziell letzteres scheint darber hinaus relevant, insofern dass Marken-Produkte in vielen Fllen ber den eigentlichen Gebrauchsgegenstand hinaus auch die Funktion von Statussymbolen erfllen.

    Ein Markenbild vermittelt die Marke in einer fr den Rezipienten als charakteristisch

    wahrnehmbaren und erinnerbaren Form. Die Darstellung soll einzigartig, klar und unverwechselbar sein, denn dieses Zeichen ist der Bedeutungstrger fr den gesamten emotionalen, qualitativen und zielgruppenspezifischen Inhalt der Marke, d.h. fr die gesamte Markenidentitt.

    Vermittelung des Markenzeichens

    Markenzeichen knnen auf verschiedene Weisen visualisiert oder auf andere Weise fr den Rezipienten wahrnehmbar gemacht werden, die mehr oder weniger anfllig fr Flschungen sind: Neben Bildern, Wrtern, Buchstaben, markeneigenen Schriften, dreidimensionalen Gestaltungen, Abbildungen oder Zahlen, knnen Markenkennzeichen auch aus Hrzeichen, olfaktorischen Zeichen, Farben und Farbzusammenstellungen bestehen. Verschiedene Arten der Markierung knnen unterschieden werden:

    1. Wortmarken bestehen aus Fantasie- oder konventionalisierten Wrtern (z.B.

    OMO, Hengstenberg). Auch Werbeslogans gelten als Wortmarke. 2. Zeichenmarken bestehen aus einzelnen Buchstaben, Abkrzungen oder

    Zahlen (z.B. 4711, IBM, Haribo). 3. Bildmarken bestehen aus Symbolen oder Piktogrammen (z.B. Lacoste-

    Krokodil).

  • 4. Sprach-, Klang- oder Geruschmarken machen Marken hrbar (z.B. das

    Jingle der T-Com).

    Wie oben bereits angerissen, lassen sich daraus verschiedene Effekte ableiten, die durch die Verwendung von Marken ausgelst werden sollen:

    Erleichterte Markteinfhrung neuer Produkte - Neue Produkte des Herstellers lassen sich leichter erfolgreich auf dem Markt einfhren, da die Marke und die assoziierten Markeneigenschaften schon bekannt sind

    Erhhte Kundenbindung - Die langfristige Bindung von Kunden an eine

    Marke wird oft ber eine tiefgehende Verknpfung auf emotionaler Ebene bewirkt

    Alleinstellungsmerkmal oder auch nur Abgrenzungsmerkmal gegenber Konkurrenzprodukten; durch Markenschutzrechte ist oft auch eine Blockade analoger Produktentwicklungen der Konkurrenten mglich, die sich einem hnlichen Markenbild bedienen wollen

    Qualitts-Auszeichnung - Markenkennzeichnungen bezeugen die Herkunft eines Produkts, knnen Garant sein fr Qualitt, Verlsslichkeit, Verbindlichkeit, Exklusivitt und Ansehen (Status) Erhhte Gewinnspanne - Die Gewinnspanne fr den Produzenten vergrert sich, da Markenprodukte einen hheren Marktwert erzielen

    Der Markenaufbau und ihr Wert

    Der entscheidende Faktor beim Aufbau einer Marke ist ihr sogenanntes Branding. So wird der Prozess bezeichnet, in dem der Markenname, das dazugehrige visuelle Erscheinungsbild sowie die Gestaltung der Werbung und der PR so aufeinander abgestimmt werden, dass ein unverwechselbares Markenprofil entsteht. In heutigen Marketingstrategien generiert sich der Wert eines Produktes zu groen Teilen ber sein aufgebautes Markenimage und nicht ber seinen direkten materiellen Wert und Nutzen. Fr dieses oft ber lngere Zeit aufgebaute und etablierte Markenprofil ist die Zielgruppe bereit einen gesteigerten Kaufpreis zu entrichten, wenn die Marke Qualitt zusichert oder auch aufgrund des hheren Preises, und der damit geringeren Verbreitung, in der Allgemeinheit oder im eigenen Zielgruppenbereich als ein Statussymbol wahrgenommen wird. Das Markenprodukt zeichnet den Kufer also ebenfalls gegenber seinen Mitmenschen aus, insofern, dass sich die Eigenschaften des Markenprodukts im Kufer wiederspiegeln. Die besonders teure Rolex bezeugt Wohlstand, ein Apple-Laptop lsst das eindeutige Bekenntnis zum design-affinen digital lifestyle erkennbar werden, whrend das Fahren eines Landrover-Off-Road-Fahrzeuges auf die ffentliche Wahrnehmung von Strke und Potenz des Fahrers abfrben kann. Hufig gibt es hier eine hohe Diskrepanz zwischen den eigentlichen Produktionskosten und dem auf Grund des Markenimages hoch angesetzten Verkaufspreis. Genau dieser hohe Verkaufs-Preis macht das Nachahmen von Markenprodukten fr Produktpiraten so interessant und lukrativ.

  • Die Kosten fr den Aufbau einer Marke knnen fr Produkt-Piraten ebenso entfallen, wie die Kosten fr die Bewerbung des Produkts. Vor allem bei technologischen Produkten werden zudem die Entwicklungskosten eingespart, die im Entwurf eines neuen Produkts oft einen groen Kostenfaktor darstellen. Darber hinaus wird von Produkt-Piraten nicht selten die Vertriebsstruktur des Originalherstellers genutzt die nachgeahmten Waren werden dann in die Vertriebswege des Original-Herstellers eingeschleust und natrlich auch zum Preis von Original-Produkten verkauft. Um zum verwechseln hnliche Plagiate herstellen zu knnen muss unter hnlichen Bedingungen produziert werden, wie das fr die Produktion des Original-Produktes ntig ist. Zum Herstellen des Gehuses einer Kettensge ist ebenfalls eine Spritzgussmaschine unabdingbar. hnlich aufwendig und komplex ist die Produktion elektronischer Produkte, deren Herstellung ganze Produktionsstraen notwendig macht.

    Ebenso wie die Original-Produkte werden Plagiate meist in Billiglohn-Lndern produziert. Jedoch kann auf Grund der fehlenden Kontrollen durch den Originalhersteller (z.B. Nike sichert nach Billiglohn-Skandalen in vielen seiner Produktionswerke wenigstens minimale Standards) oder durch Gewerkschaften noch niedrigere Lhne gezahlt und unter noch schlechteren Arbeitsbedingungen produziert werden. Arbeits- und Umweltschutzstandards mssen nicht eingehalten werden. Qualitativ schlechtere Materialien knnen in den Plagiaten verbaut werden und im schlimmsten Fall ist eine Nutzung daraufhin nicht mehr mglich oder sogar gefhrlich:

  • SD-Speicherkarten fr digitale Kameras Original und Kopie scheinen was die uere Hlle betrifft ebenbrtig zu sein, jedoch ist das Plagiat auf der rechten Seite Grund der fehlenden Mikroelektronik vollstndig funktionslos

    Michel Serres: Parasitre Strategien wie illegaler Download und Hacken sind natrlich eine

    ziemlich gute Sache. Es wird vielleicht der Moment kommen, da die dritte Welt eine Piratenflagge

    hisst. Und auch das wre eine gute Sache. In meinen Augen ist es niemals ein Verbrechen Wissen

    zu stehlen. Es ist ein guter Diebstahl. (...) Der Pirat des Wissens ist ein guter Pirat. Wenn ich noch

    einmal jung wre, dann wrde ich ein Schiff bauen, das so hiee: Pirat des Wissens. Was in der

    Wissenschaft derzeit schlimm ist, ist dass die Firmen ihr Wissen kaufen und es deshalb geheim

    halten wollen. Und deshalb werden die Piraten morgen die sein, die im Recht sind. Man wird das

    Geheimnis piratieren.

  • (Telepolis-Interview zwischen Michel Serres und F. Hartmann/B. Rieder: Der Pirat des Wissens ist

    ein guter Pirat, 01.03.2001; http://www.heise.de/tp/r4/artikel/3/3602/1.html )

    Die Verhltnisse der Produktpiraterie zum Originalhersteller und produkt, genauso wie die daraus resultierenden gegenseitigen Abhngigkeiten, lassen sich aus einer marktorientierten Sicht gut beschreiben, wenn auch der faktenberladene Umfang der Thematik oft die Greifbarkeit der zu Grunde liegenden Mechanismen verwischt. Schnell verliert sich jede Abhandlung ber Produktpiraterie in Zahlenkolonnen und Vortrgen ber gewerbliche Schutzrechte. Es scheint deshalb von Nutzen auch aus einer anderen Position die wechselseitigen Beziehungen zu beleuchten. Bereits bei dem franzsischen Wissenschaftsphilosophen Michel Serres tauchen Parallelen zwischen der Nutznieung des Plagiats am Original und analogen Verhltnissen zwischen Wirt und Parasit in der Tierwelt auf. Eine Betrachtung des Phnomens Produktpiraterie unter parasitologischen Gesichtspunkten kann somit helfen, die inhrenten Mechanismen der Produktpiraterie deutlicher werden zu lassen: Zwischen Originalhersteller und den Produktpirat besteht, genauso wie fr Wirt und Parasit in ihrem kologischen Lebensraum, eine trophische Abhngigkeit von dem Ihnen gemeinsamen Interaktionsraum, d.h. ein Teilen des selben Marktes und der selben Kunden ist im Gros der Flle unausweichlich. Man vermutet, dass Plagiate nicht selten in den gleichen Vertriebsketten wie die Originale gehandelt und dementsprechend auch in den gleichen Regalen und in den gleichen Kaufhusern an die gleichen Kunden verkauft werden. Damit ein Solches mglich ist, mssen Tarn- und Infiltrationsstrategien fr jeden Produktpiraten zwangslufig zur Knigsdisziplin gehren. Die Tarnung des Produktpiraten selbst oder zumindest die seiner Produkte gegenber den Originalen muss dabei hohen Anforderungen gengen, wenn er unentdeckt und damit geschftsfhig bleiben will: nur eine vom Erscheinungsbild her gut gemachte Kopie kann auf Dauer auf dem selben Markt wie das Original bestehen. Aktuelle Schtzungen scheinen dies zu untermauern: sollten wirklich 10 Prozent des Welthandels mit Plagiaten bestritten werden, so ist es eher unwahrscheinlich, dass diese riesige Menge von Produkten nur in dubiosen Schwarzmrkten am Stadtrand gehandelt werden. Ein Groteil der Plagiate wird stattdessen im normalen Handel erhltlich sein. Dort knnen sie auch gleichzeitig direkt an einer anderen Strke des Wirts, d.h. des Original-Produktes, parasitieren: an dessen aufgebautem Branding und Markenimage. Der selbe Glanz, in dem ein gutes Marketingkonzept ein Original erstrahlen lsst, wird sich auch auf die (gut gemachte) Kopie bertragen und ihren Marktwert erheblich steigern. Zieht man nun weitere Vergleiche zu parasitren Mechansimen, so wird man aber feststellen, dass die Analogie zum Verhltnis Plagiat-Original seine Grenzen hat. Auer beim Raub-Parasitismus kommt es im klassischen parasitologischen Betrachtungsfeld nmlich selten vor, dass ein Parasit einen Wirt so nachhaltig schdigt, dass dieser daran zu Grunde geht. Nach rationalen Gesichtspunkten wre es also auch fr einen Produktpiraten unsinnig das Image des Originalproduktes durch das massenhafte Einschleusen von mangelhaften Kopien so zu schdigen, dass der Originalhersteller zu Grunde geht. Dadurch entzge sich der Produktpirat seine wirtschaftliche Grundlage in Form des Weiterexistierens der Originalmarke. Von einsichtigen Produktpiraten, die das Nachahmen von Originalprodukten eingeschrnkt haben, weil sonst das Fortbestehen des Originalherstellers nicht mehr gewhrleistet wre, ist indes noch nichts bekannt.

  • Wenn sich wie eben gezeigt, in gewissen Grenzen der Produktpirat in bertragener Weise also nach parasitren Mechanismen verhlt, so kann dies auch fr den Wirt in Betrachtung gezogen werden: er schtzt sich und seine Produkte durch gewerbliche Schutzrechte vor Parasitismus bzw. Plagiarismus. Woher rhrt nun aber die Idee, dass hier zwingendermaen ein andauernder Konflikt bestehen muss? Dass Wirt und Parasit, Entwickler und Nachahmender in einem Verdrngungswettbewerb stehen? Dass hier, in parasitr-theoretischen Begriffen, kein Mutualismus und keine Symbiose, also keine gegenseitige Zusammenarbeit zu Gunsten aller mglich ist? Im Anschluss an die parasitologische Exkursion deshalb ein Abriss ber die Entstehungsgeschichte des geistigen Eigentums und der gewerblichen Schutzrechte.

    2.1 Geistiges Eigentum (und Gewerbliche Schutzrechte)

    Markenschutzrechte sollen die Marke vor illegaler Kopie schtzen. Der kritische Punkt hierbei ist: es gibt keine internationalen Schutzrechte. Auch wenn die WTO versucht durch entsprechende Abkommen die regional unterschiedlichen Standards zu vereinheitlichen (vgl. TRIPS, bereinkommen ber handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, ein Beitritt zur WTO verpflichtet immer auch zur bernahme der Regelungen zum Markenschutz) besitzen die Regelungen ber gewerbliche Schutzrechte in den verschiedenen Regionen oder groen Wirtschaftsblcken der Welt immer noch groe Unterschiedlichkeiten und Unvertrglichkeiten oder sind gar nicht vorhanden. Ein weiteres Problem, zumindest aus der westlichen Perspektive der Exportnationen von Geistigem Eigentum, sind vorhandene Schutzrechte (wie z.B. in China), die aber nicht durchgesetzt werden. Die empfundene Relevanz und gefhlte Schutzbedrftigkeit von Geistigem Eigentum sind in den unterschiedlichen Bereichen des Globus teilweise grundlegend verschieden. Dies ist auf historische Grnde und unterschiedliche Weltanschauungen, sowie auf ein damit zusammenhngendes verschiedenes Verhltnis zu Kopie und geistigem Eigentum zurckzufhren

    (Wer groe Meister kopiert, erweist ihnen Ehre. Konfuzius China-Mentalitt),

    GEISTIGES EIGENTUM

    Was ist das, die Idee vom Geistigen Eigentum? Eigentum des Geistes? Oder wohl eher Eigentum an Geistigem? Woher kommt die Vorstellung man knnte eine Idee fr sich alleine beanspruchen? Diesen Fragen soll im folgenden kurz nachgegangen werden.

    Laut lexikalischer Definition, leitet sich das Geistige Eigentum von den sogenannten Naturrechten ab, d.h. von den Grundrechten die jeder Mensch bereits vor dem Aufstellen jeglicher Gesetzgebungen von Natur aus innehat. Trotzdem ist die Geschichte des Geistigen Eigentums als verbrieftem Recht, noch relativ jung. In anderen Teilen der Welt sogar noch nicht einmal ein paar Jahrzehnte alt.

  • Geistiges Eigentum ist auch ein zentraler Begriff im Zusammenhang mit Produkt- und Markenpiraterie. Denn er ist nach Definition der Weltorganisation fr geistiges Eigentum (WIPO) die bergeordnete Bezeichnung fr Schutzrechte an kommerziell genutzten Schpfungen des Geistes. Im Deutschen findet man zudem auch den Begriff Immaterialgterrechte, der sich in groen Teilen mit dem Begriff des Geistigen Eigentums deckt. Als geistiges Eigentum kann man zum Beispiel folgende Schpfungen vor Verwertung durch Konkurrenten sichern lassen:

    Erfindungen literarische und knstlerische Werke Symbole Namen Bilder Designs

    Die Sicherung der Immaterialgterrechte an den genannten schpferischen Werken erfolgt durch das Anmelden derselben bei Patentmtern und analogen Institutionen, die sich den Schutz des geistigen Eigentums auf die Fahnen geschrieben haben.

    ber Nutzungs-Lizenzen und den Verkauf von Patenten, den Urheberrechten und den Rechten an anderen gewerblichen Schutzrechten kann geistiges Eigentum zu einer Ware werden. Und der Markt fr Innovationen, Wissen und Konzepte ist gro:

    Geistiges Eigentum kann dabei in zwei Bereiche unterteilt werden: Das geistige Eigentum im gewerblichen Bereich bezeichnet geschtzte Gebrauchsmuster-, Patent- und Geschmacksmusterrechte sowie Marken. Diese Rechte werden zusammenfassend als gewerbliche Schutzrechte bezeichnet. Durch das Urheberrecht (Copyright) werden literarische und knstlerische Werke wie Gedichte, Filme, Musikstcke, Malereien, Fotografien und Skulpturen

    geschtzt. Hierzu gehren aber auch verwandte Rechte, die beispielsweise darstellenden Knstlern ihre Auftritte oder Rundfunksprechern ihr Radioprogramm als geistiges Eigentum sichern. vgl. Raubkopien von urheberrechtlich geschtzter Musik und das digitale Anbieten, als eine Verletzung der Urheberrechte

    Geschichte des Geistigen Eigentums (engl. Intellectual property):

    Die Geschichte des Geistigen Eigentums ist eng mit dem Vorhandensein und der Zugnglichkeit von Reproduktionsmglichkeiten verbunden. In der Antike sowie im Mittelalter gab es nur ansatzweise ein Recht am geistigen Eigentum. Auch die Idee von Geistigem Eigentum wie wir es heute kennen war so noch nicht vorhanden. Es

  • gab nur zeitlich und rumlich begrenzte Nutzungsrechte, beispielsweise an Rezepten oder an Zunftgeheimnissen (wahrscheinl. Bchsenmacher+Waffenschmiede,...). Die Nachahmung aller mglichen Dinge und Prozesse war sonst allen erlaubt. Vor

    der Erfindung des Buchdruckes durften Bcher abgeschrieben werden. Die Bearbeitung eines Stoffes durch viele verschiedene Knstler und Autoren war der Normalfall, ebenso die bernahme oder Vernderung von Liedern und Musikstcken durch andere Musiker.

    Die Schpfer finanzierten sich nicht durch den massenhaften Verkauf ihrer Werke, sondern durch einmalige Entlohnungen oder waren ohnehin in Klstern eingebunden bzw. durch einen Mzen untersttzt. Das Problem bei der Vervielfltigung durch zum Beispiel Abschreiben eines Buches war eher, dass das Werk zwangslufig dadurch verflscht wurde und dies den Urhebern missfiel. Die Autoren schtzen sich davor durch einen ganz speziellen Kopierschutz: sie Sprachen einen Bcherfluch aus, der

    das Verflschen eines Buches zum Beispiel mit Krankheit bestrafen sollte. (so wnschte Eike von Repgow, der Verfasser des Sachsenspiegels, jedem den Aussatz auf den Hals, der sein Werk verflschte.)

    Der Rang eines Knstlers bema sich mehr nach seinen handwerklichen Fertigkeiten als nach der Originalitt seiner Schpfungen.

    Privilegienwesen und frhe Gesetze

    Bereits im spten Mittelalter (etwa ab dem 14. Jh.) wurden Privilegien von den jeweiligen Herrschern, zum Teil auch von freien Reichsstdten erteilt, die es alleine dem Begnstigten erlaubten, ein bestimmtes Verfahren einzusetzen. Diese wurden durch eine ffentliche Urkunde (litterae patentes, lat. offener Brief) erteilt. Ein Beispiel ist die Reise in die Niederlande von Albrecht Drer zum Schutz seiner Kupferstiche durch Kaiser Karl V.

    Oft bestand der Zweck des Privilegs jedoch weniger im Ausschluss anderer, sondern in der Befreiung von Zunftregeln oder anderen Vorschriften. Als erste gesetzliche Regelung fhrte Venedig bereits 1474 ein Patentgesetz ein, nach dem ein Erfinder durch die Anmeldung bei einer Behrde einen zeitlich begrenzten Schutz gegen Nachahmung erhalten konnte.

    Auch beim Aufkommen des Buchdrucks im 15. Jahrhundert standen zunchst

    Privilegien auf die technische Vervielfltigung, die oft eine erhebliche Investition erforderte, im Vordergrund (Druckerprivilegien). Diese wurden oft nur fr bestimmte Werke erteilt, was dem Souvern gleichzeitig eine Mglichkeit zur Zensur gab. Erst im 16. Jahrhundert kamen parallel hierzu Autorenprivilegien auf, meistens erwarb jedoch der Verleger durch den Kauf des Manuskripts und der Zustimmung des Urhebers zur Erstverffentlichung ein ewiges Nachdruckrecht. Auch das erste Urhebergesetz, die britische Statute of Anne (1710) orientierte sich hauptschlich am Schutz des Verlegers.

  • Naturrecht und geistiges Eigentum

    Im spten 18. Jahrhundert entwickelten naturrechtliche Philosophen (u. a. John Locke, Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte) die Idee des geistigen Eigentums als ein natrliches, angeborenes, und unveruerliches Eigentumsrecht. Dabei wurde erstmals deutlich zwischen dem Sacheigentum an Manuskripten, Bchern, Vorrichtungen und dem Recht an Immaterialgtern, also am Werk, an der Erfindung getrennt. Der naturrechtlichen Position entsprechend sollte das Urheberrecht ewig andauern. Die in der Folge entstandenen Urhebergesetze sahen jedoch eine Schutzfrist fr eine gewisse Zeit nach dem Tod des Autors (post mortem auctoris) vor.

    Internationale Vereinheitlichung

    Die unbefriedigende rechtliche Zersplitterung durch die jeweils nur territoriale Geltung der Gesetze zum Schutz geistiger Eigentumsrechte fhrte zu ersten Vereinheitlichungen durch internationale Abkommen. So wurde 1883 die Pariser Verbandsbereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PV) geschlossen, 1886 folgte die (danach mehrfach revidierte) Berner bereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst ((R)B). Als Dachorganisation wurde 1967 die World Intellectual Property Organization (WIPO) gegrndet, die auf eine starke Internationalisierung der Schutzrechte hinwirkt. (Dagegen: Die WIPO wird von einigen Kritikern als eine der Triebkrfte fr eine Bevorrechtigung von Inhabern immaterieller Monopolrechte angesehen.).

    Das Geistige Eigentum dient heute also als Grundlage fr die verbrieften Schutzrechte:

    Was die Frage des Geistigen Eigentums also erst relevanter machte, war die Mglichkeit einer massenweisen Reproduktion von literarischen oder knstlerischen Werken mit relativ geringem Aufwand. Die Mglichkeit mittels der heutigen Datenverarbeitung und Digitalisierung diese Werke immateriell zu bermitteln, zu speichern, zu katalogisieren und damit noch weit einfacher zu verbreiten und zugnglich zu machen verschrft den Konflikt zwischen der Wahrung von Immaterialgterrechten und der freien Verfgbarkeit von Wissen bis heute. Das durch moderne Vervielfltigungs- und Verteilungstechniken praktisch grenzlos gemachte Wissen musste, wollte man es als wirtschaftlichen Mehrwertfaktor nicht aus der Hand geben und auch ber seine Verbreitung an sich Kontrolle behalten, mit Schutzrechten wieder eingegrenzt und vor beliebiger Verwertung geschtzt werden. Genau an diesem Scheidepunkt befindet sich die Diskussion ber geistiges Eigentum heute: die restriktiven Schutz-Manahmen von Haltern an Urheber- und Patentrechten stehen den Bedrfnissen einer Wissensgesellschaft nach ungehindertem Wissenstransfer und -Reproduktion diametral gegenber. Dementsprechend ist zur Zeit die Entwicklung in zwei entgegengesetzte Richtungen zu beobachten:

    Einerseits wird von Seiten der Wirtschaft versucht das Recht des Einzelnen auf die Verwertung seiner Idee konsequenter zu schtzen und durchsetzen zu lassen. Eines der meist-dokumentierten Beispiele hierfr mag die Verwendung von urheberechtlich geschtztem Material, zum Beispiel aus kostspieligen Hollywood-Produktionen, in selbst produzierten Video-Clips von Nutzern des Video-Portals YouTube.com sein.

  • Die Geltendmachung von Urheberrechten durch groe Produktionsfirmen zwangen YouTube dazu, die entsprechenden Clips vom Server zu nehmen.

    Andererseits versucht besonders im virtuellen Bereich eine breite Bewegung ihre Ansprche auf freie Verfgbarkeit, Verwertbarkeit und Modifizierung jeglichen Wissens geltend zu machen. Dies manifestiert sich beispielsweise auch in der groen Verbreitung sogenannter Creative Commons Lizenzen, Werke sollen einer

    grtmglichen Masse von Menschen zugnglich gemacht werden (z.B. wikipedia, oder Open Source Software, d.h. Software bei der der Quellcode nicht verschlsselt ist, jeder kann sich an der Weiterentwicklung der Programme beteiligen. Diese Programme sind darber hinaus oft gratis verfgbar). Die Creative Commons Lizenz soll bestimmte Werke also all denen zugnglich machen, die eine hnliche Idee von der Freiheit, der schrankenlosen Austauschbarkeit und der Gemeinverfgbarkeit von Geistigem Eigentum haben, kommerzielle Nutzung nur fr den Vorteil einiger weniger kann hingegen ausgeschlossen werden.

    Erst durch die Schutzrechte und durch die Verankerung des Wertes Geistiges Eigentum in der Gesellschaft wurde das Nachahmen von Vorbildern und Originalen zur Produktpiraterie. Zu einem wirtschaftlich so relevanten Thema wurde es nur in dem

    2.2 Gewerblicher Rechtsschutz und Markenschutz:

    Um die eigene Marke vor Flschern zu schtzen, ist es fr Unternehmen ratsam, die Marke mglichst frh von einer staatlichen Stelle schtzen zu lassen. Die Anmeldung von Markenschutzrechten ist fr Markenhersteller unbedingt ntig, da nur durch den bergang der Marke in geistiges Eigentum auf rechtlichem Weg gegen Flschungen vorgegangen werden kann. Schutzrechte knnen in Deutschland auf drei Ebenen angemeldet werden, die sich durch den territorialen Umfang des Schutzgebietes unterscheiden:

    1. Deutschland: Eintragung ins Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA). Gebrauchsmuster, Patent, Geschmacksmuster, ...

    2. EU: Anmeldung und Eintragung einer sog. Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt fr den Binnenmarkt in Alicante (Spanien).

    3. International: Eintragung bei der Weltorganisation fr geistiges Eigentum (WIPO siehe Internetseite) in Genf und Verffentlichung im internationalen Markenregister: "Gazette des Marques Internationales".

  • 3. Produkt- und Markenpiraterie

    Gemeinsame Kennzeichen von Produkt- und Markenpiraterie sind die gewerbliche

    und rechtswidrige Verletzung von Rechten an Geistigem Eigentum wie Marken-, Patent- und Urheberrechten sowie die meist in greren Mengen und mit Gewinnabsicht betriebene Produktion von Flschungen. Nach Angaben des Aktionskreises der deutschen Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. (APM) lassen sich die beiden Begriffe folgendermaen voneinander abgrenzen:

    Produktpiraterie: Verletzung von Erfindungs-, Design- und

    Verfahrensrechten Markenpiraterie: Flschung von Markenzeichen, Markennamen,

    Markenlogos, geschftlichen Bezeichnungen und Verpackungen

    Die Begriffe Marken- und Produktpiraterie werden in der Regel synonym verwendet, manchmal findet man auch die englische Bezeichnung Counterfeiting.

    3.1 Verschiedene Spezifizierungen sind zu unterscheiden:

    Sklavische Flschung

    Dieser Begriff bezeichnet Produktnachahmungen, die sowohl das Markenrecht als

    auch das jeweils angemeldete gewerbliche Schutzrecht des Originalherstellers verletzen. Das Ziel der sklavischen Flschung ist, ein Produkt mglichst originalgetreu zu kopieren. Zustzlich werden bei solchen Flschungen Markenname und Verpackung bernommen, wodurch eine Unterscheidung vom Original nur noch fr Fachleute mglich ist (Medikamente). ; Spezialfall: Factory Overrun

    Klassische Flschung

    Bei der Herstellung einer klassischen Flschung werden wie bei der sklavischen Flschung sowohl das Marken- als auch die jeweilig angemeldeten gewerblichen Schutzrechte verletzt. Der Unterschied liegt in der Qualitt: Fr die Produktion einer klassischen Flschung werden minderwertige Inhaltsstoffe verwendet, wobei Verpackung und Markenname vom Original bernommen werden. Diese Art der Flschung ist deshalb gefhrlich, weil verwendete Chemikalien der Gesundheit schaden oder untaugliche Ersatz- oder Elektroteile zu Unfllen und Brnden fhren knnen.

  • Zu dieser Gruppe gehren auch Plagiate, die sich von klassischen Flschungen insofern unterscheiden, dass sie einen Markennamen tragen, der geringfgig vom Original abweicht und auf diese Weise bewusst eine Verwechslung mit der bekannten Marke hervorruft (z.B. Seimens > Siemens). Entstehung des Begriffs Plagiat: Der rmische Epigrammatiker Martialis (ca. 40-102 n.Chr.) kritisierte den ffentlichen Vortrag einiger seiner Gedichte durch Fidentius (im 1. Jhdt. Nach Chr.), der diese als die seinigen ausgab, als Diebstahl und Raub am Menschen. Die Frchte des menschlichen Geistes waren seiner Meinung nach wie Kinder ihres Schpfers. Die Flscher nannte er daher Plagiarius, was in etwa mit Menschen- oder Seelenruber bersetzt werden kann. Im 18.Jhdt wurde daraus im deutschen Sprachgebrauch der Plagiator (Quelle: Marken- und Produktpiraterie in China: Problem, Kosten und Folgen fr auslndische Unternehmen, Philipp Podhorsky, Wirtschafts-Diplomarbeit 2006)

    Inzwischen gibt es auch schon den Begriff des vorauseilendes Plagiats: nachgeahmte Produkte sind schon erhltlich bevor das Originalprodukt auf den Markt gekommen ist (LG Chocolate Mit der visuellen Anspielung auf den Trade Dress (Aufmachung) der geflschten

    Marke, werden teilweise auch Produkte angeboten, die sich nicht im Produktangebot des Originalanbieters finden, aber durch die Aufmachung fr die Konsumenten sofort als typisch fr diesen angesehen werden HARRY POTTER BAND 8, wurde in CHINA schon verffentlicht bevor er von der Autorin J.K. Rowling berhaupt geschrieben wurde, findige chinesische Literaturstudenten hatten das Buch einfach kurzerhand auf Chinesisch selbst geschrieben und nur die typische Harry-Potter-Aufmachung verwendet. Der Verleger zahlte ihnen fr diese Kopie mehrere tausend Dollar, in den chinesischen Buchlden fand der Band reienden Absatz)

    Raubkopien/ Schwarzkopien

    Raubkopien sind illegale, nicht lizenzierte, Kopien von urheberrechtlich geschtztem Material, wie Software, Musik oder Filme. Schwarzkopien werden erst zu einem Fall der Produktpiraterie wenn man sie wieder dem Verkauf zufhrt, davor handelt es sich um Diebstahl. (das ist recht wichtig, wenn man sich die jngste Klagewelle gegen die Nutzer von Tauschbrsen im Internet anschaut, nur die Weiterverbreitung ist strafbar im Sinne der Verletzung des Urheberrechts, das Herunterladen von Musik-Dateien fllt dagegen nur unter Diebstahl)

    Der Begriff der Piraterie selbst taucht nachweislich zum ersten Mal im Vorwort von Daniel Defoe`s The True-born Englishman auf, in dem er sich auf die Piraten und Mnner der Paragraphen bezieht, die Kopien seines Gedichtes auf der Strae verteilt hatten.

  • 3.2 Die Kopiermethoden und Organisationsstrukturen

    Die Gre der Produktionssttten, das technische Know-how, das erforderlich ist, um komplexe elektronische Gerte, Prozessoren, Maschinen oder Automobile nachzubauen, sowie die internationalen Vertriebsstrukturen sprechen dafr, dass international organisierte Flscherringe fr einen Teil der Piraterie verantwortlich sein sind. So ergaben Untersuchungen, dass in den Produktionssttten teilweise uerst kapitalintensive Maschinen, wie beispielsweise Metallstanzen, Plastikfertigungsstraen und Chipfertigungsmaschinen zum Einsatz kommen. Die Kopiermethoden:

    - Reverse Engineering (Rckbau, Einzelteile werden dann als Vorlage genommen und nachproduziert, diese dann wieder zusammengesetzt) Analyse und Nachbau

    - Klassische Ideenklau Klau von Konzepten direkt in den Entwicklungsabteilungen der Originalhersteller

    - Factory Overrun (Band weiterlaufen lassen) Aber auch das organisierte Verbrechen mischt im Piratriewarensektor krftig mit. Einer franzsischen Studie zufolge, bestand in 26% der Piraterieflle ein Zusammenhang zu anderen Straftaten, wie Drogen- Waffen- sowie Menschenhandel und Geldwsche.

    3.3 Die Vertriebswege der Piraterieware

    Zwar gibt es bisher wenig gesicherte Zahlen zu dieser Frage, aber nach Angaben der EU-Zollbehrden gelangt die Flscherware in 34% der Flle ber Privatpersonen

    und in 64% ber die gewerbliche Einfuhr in die EU. Gemessen an der Beschlagnahmungsanzahl ist der private Anteil also relativ hoch. Dabei handelt es sich fast ausschlielich um Touristen die geflschte Ware aus den Urlaubslndern mit nach Hause bringen. Allerdings ist der absolute Anteil der gewerblich eingefhrten Piraterieprodukten wesentlich hher als es die Beschlagnahmungsstatistiken nahelegen, da bei gewerblichen Beschlagnahmungen die Produktmengen pro Fall wesentlich grer sind. (Siehe Fall vom Hamburger Zoll)

  • Wie kommt die Ware in die EU?? Zahlen von 2004

    Betrachten wir die Verkehrswege genauer, so wird schnell klar, dass der grte Teil der Waren mit 69% ber den Seeweg zu uns gelangt. ( zwei Drittel aller geflschten Zigaretten fr den europ. Markt kommen ber den Hamburger Hafen nach Europa) Weitere 15% gelangen u.a. ber die Ostblockstaaten auf dem Landweg in die EU. Mit dem Flugzeug sind es 12% und nur etwa 1% per Post. Dabei wird die Piratenware typischer Weise nie direkt vom Produktions- ins Abnehmerland gebracht, sondern wird ber Umwege transportiert um die Herkunft zu verschleiern. So wurden beispielsweise 2005 auffllig viele Pirateriewaren ber die Schweiz in die EU gebracht um den Eindruck unverdchtiger Ware zu erzeugen. Zudem werden die Vertriebsrouten oft gewechselt und Hafen mit bekanntermaen lckenhaften Kontrollen gewhlt. (genannt: Singapur, Dubai, Kota Kinabalu, Sarawak oder Malta) Weiter erschwert wird die Verfolgung durch geflschte Papiere oder versteckte Piraterieware hinter oder unter legaler Ware. Besonders beliebt bei Markenpiraten ist der getrennte Transport von geflschter Ware und deren zugehrigen Etiketten. Diese werden dann erst kurz vor dem Verkauf am Zielort aufgebracht. Dadurch wird das Risiko der Beschlagnahmung der unbeschrifteten Ware ausgeschlossen und die mglicherweise gefundenen und beschlagnahmten Etiketten stellen einen sehr geringen Warenwert da. Beliebt sowohl als Empfnger als auch Versender sind auch sogenannte Schein- oder Briefkastenfirmen. Oft kennt nur der letzte Spediteur in der Handelskette den tatschlichen Adressaten. Doch der Vertrieb zum Endverbraucher erfolgt schon lange nicht mehr nur ber dunkle Kanle wie Floh- und Jahrmrkte oder ber Fake-Hndler in dsteren Bahnhofsvierteln. Lngst gelangt ein Groteil der geflschten Produkte ber dieselben Vertriebswege wie die Originale zum Kunden. Dabei werden die Waren bereits im Produktionsland, in Zwischenlagern oder auf den Transportwegen in die Vertriebsstrukturen der Originalprodukte und gelangen so als vermeintliche Originalware in den Gro- und Einzelhandel. Hufig enthlt ein und dieselbe Lieferung sowohl echte, als auch falsche Ware!! Wie die geflschte Ware unter die Originalprodukte eingeschleust wird, ist unterschiedlich. Teils wird schon innerhalb der Produktionssttten durch bestochene Mitarbeiter geflschte Ware als echte ausgeliefert oder es werden interne Informationen ber die Vertriebsstrukturen weiter gegeben. Auch das Internet spielt beim Vertrieb eine wichtige Rolle. Nach Schtzungen der Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz knnte sogar schon jede zweite beschlagnahmte Piraterieware auf eine Internetbestellung zurckgehen. Die Verkaufsplattformen dort sind sehr effektiv, mit geringem finanziellem und logistischem Aufwand verbunden und zudem noch sehr anonym. Auch bestehende Plattformen, wie Ebay und Ricardo sind beraus reizvoll. So betrgt der Anteil von Pirateriesoftware bei einigen Internet-Auktionshusern schon bis zu 60%. Der Anteil der angebotenen Designerbekleidung liegt sogar bei 60- 70 %. Und rund 20 bis 40 Prozent der Parfumeriewaren sein nicht original.

  • Eine Untersuchung der Universitt Mainz ergab, das der Anteil der geflschten Parfums der Marke Davidoff Cool Water bei Ebay-Testkufen chemischen Analysen nach, sogar bei 84,4% lag.

    3.4 Folgen der Produktpiraterie

    Folgen fr die Industrie

    Der jhrlich durch Produktpiraterie angerichtete Schaden wird von der Internationalen Handelskammer auf rund 600 Milliarden US-Dollar beziffert. Da es sich nur um Schtzungen handelt drfte die Dunkelziffer um ein Vielfaches hher liegen. Zunehmend werden die Hersteller konfrontiert mit:

    Umsatzeinbuen durch billigere Konkurrenzprodukte, die zu Einbuen im

    eigenen Warenabsatz fhren. Darber hinaus leidet der Ruf und das Ansehen der Originalhersteller unter der schlechten Qualitt der Flschungen.

    Dies fhrt in der Folge zum Verlust von Marktanteilen da verrgerte

    Konsumenten den Anbieter wechseln knnten und so dauerhaft verloren gehen.

    Der Entwertung der Marken gerade im Luxusgterbereich durch

    massenweises Auftreten und daraus resultierender Verwsserung der Marke.

    Gewhrleistungs- und Produkthaftungsansprche

    Da viele Kunden sich dem Erwerb von Flschungen nicht bewusst sind treten sie in Reklamationsfall an die Originalhersteller heran.

    Haftung wegen unterlassener Pirateriebekmpfung

    Nicht zu unterschtzen sind die Schadensersatzansprche der geschdigten Kunden durch Piraterieware gegenber den Herstellern und er Vertriebskette.

    Beispiel Pharmaindustrie und geflschte Medikamente

    Folgen fr den Verbraucher

    Die Gefahren fr Leben und Gesundheit sind vielfltig.

    Geflschte Arzneimittel sind oftmals nicht nur wirkungslos sondern sogar Gesundheitsschdlich.

    Nachgemachte Ersatzteile fr die Fahrzeug und Flugzeugindustrie fhren

    nicht selten zu eklatanten Sicherheitsrisiken durch Fehlfunktionen und waren auch nachweislich schon Ursache fr Unflle und sogar Flugzeugabstrze. Beispiel Bremsanlage und Dichtring beim Flugzeug

  • Auch im Bereich der Kosmetika-, Textil-, und Spielzeugindustrie setzen

    sich Kufer von Flschungen groen Risiken aus. Durch Beispielsweise Giftstoffe in Cremes, oder mit gefhrlichen Chemikalien gebleichte und gefrbte Textilien oder Kinderspielzeug aus gesundheitsschdlichen Kunststoffen.

    Der hufigste Schaden den der Verbraucher erleidet ist jedoch ein wirtschaftlicher, nmlich des Verlustes des eingesetzten Kapitals, da er fr

    sein Geld keinen gleichwertigen Gegenwert erhlt.

    Die Folgen fr das Gemeinwesen

    Steuerausflle durch umgangene Steuerabgaben bei der Einfuhr.

    Die Herstellung in Schwarzarbeit umgeht die Einkommenssteuer.

    Fehlende Sozialversicherungseinnahmen

    Die Schattenwirtschaft der Produktpiraten fhrt in der Konsequenz auch zu einer verstrkten Arbeitslosigkeit in den Einfuhrlndern und belastet die Sicherungssysteme der Volkswirtschaften.

    Fehlender Umweltschutz

    Missachtung des Arbeitsschutzes

    Schlechtes Investitionsklima in Piraterielndern

    Verstrkte Abschreckung der Unternehmen von Joint Ventures oder Investitionen durch vermehrt zu Ideenklau.

    3.5 GEGENMANAMHEN gegen Produktpiraterie:

    Man unterscheidet juristische, wirtschaftliche und technische Schutzmanahmen.

    Auf Basis der gewerblichen Schutzrechte kann man folgende juristische Manahmen gegen Produktpiraterie (d.h. gegen die Schutzrechtsverletzungen) ergreifen:

    - Zivilrechtliche Durchsetzung - strafrechtliche Verfolgung - Beschlagnahmung durch den Zoll

  • Wirtschaftliche und organisatorische Manahmen:

    1. Produktentwicklung:

    - Differenzierung (preisgnstige Zweitprodukte, z.B. Hardcover-Bcher gibt es auch in der Softcover-Variante, Produktkopien wird so preislich eine Konkurrenz geboten)

    - Beschleunigung der Innovationszyklen (z.B. Maschinenbau), Produktflscher knnen mit dem Innovationstempo nicht mitziehen

    - Personalpolitik, Mitarbeiterbindung Loyalitt aufbauen, eigene Mitarbeiter halten und Know-How-Abwanderung zur Konkurrenz verhindern, gute Bezahlung verhindert Weitergabe von sensitiven Firmengeheimnissen,...

    - Geheimnisschutz: durch Informationstechnologie, eingeschrnkte Zugnge, Mitarbeiterschulung, Abwgung bei der Patentierung (Verffentlichung zeitnah zur Markteinfhrung, Patentanmeldungen in Deutschland aus Angst vor Produktpiraten jngst zurckgegangen)

    - Manahmen gegen Reverse Engineering

    2. Produktherstellung

    - Eigene Durchfhrung der Produktion (kein Outsourcing und damit keine Weitergabe von Produktionsdetails notwendig)

    - Kontrolle von Lohnherstellern (grere Gefahr des Factory Overruns in Billiglohnlndern, Marken-Ettiketen getrennt produzieren/rationieren)

    - berwachung der Zulieferer

    3. Produktvermarktung

    - Gestaltung eines attraktiven Verkaufsumfeldes (fachkundige Beratung, guter Service im Ladengeschft, freundliche Ansprechpartner)

    - Kundenbindungssysteme (Zusatzleistungen, Payback-Card, Service,...)

    - Kontrolle des Vertriebs durch: Selektive Vertriebssysteme (autorisierte Audihndler z.B.), Direktvertrieb (von der Fabrik/Herstellung), Franchising, Arzneimittel (nur ber Apotheken vertreibbar)

    - Kontrolle der Logistik - Schutz von Verpackungs- und Werbematerial (kein berschssiges

    Verpackungsmaterial herumstehen lassen)

    4. Kombination und zeitliche Staffelung der Mittel

    z.B. Coca-Cola (Schutz der Formel, Zusatzangebote, neue Geschftsfelder,...)