Prof. Dr. Alois Hahn Dr. habil Rüdiger Jacob Vertrauen und Misstrauen: Theoretische Überlegungen
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FB IV/Soziologie 1
Prof. Dr. Alois Hahn
Dr. habil Rüdiger Jacob
Vertrauen und Misstrauen:
Theoretische Überlegungen
und
empirische Forschung

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Moderne Gesellschaften maximieren Unsicherheit!
Eins ist gewiss, nämlich dass nichts mehr gewiss ist!
Risiko: Ein Schaden wird eigenen Handlungen zugerechnet. Risiken kann man eingehen
Gefahr: Ein Schaden wird der Umwelt zugerechnet. Gefahren ist man ausgesetzt
Reaktionsdispositionen:
Vertrauen oder Misstrauen bei Risiken
Hoffnung oder Verzweiflung bei Gefahren

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Generalisierte Reaktionsdispositionen:
Vertrauen und Misstrauen als Mechanismen zur Reduktion von Komplexität: Man rechnet nicht mehr mit allem Möglichen, sondern nur mit bestimmten künftigen Ereignissen und Entwicklungen
Gemeinsamkeit:
Reflexives Abwägen eigener und fremder Handlungsoptionen
Unterschied:
Positive Erwartungshaltung bei Vertrauen. Psychisch günstiger, aber mit Enttäuschungsrisiken verbunden
Negative Erwartungshaltung bei Misstrauen. Psychisch aufwändiger, aber enttäuschungsfrei

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Gemeinsame Basis: Vertrautheit
Vertrautes ist bekannt, überraschungsfrei, berechenbar und formt Erwartungshaltungen
Vergangenheitsorientierung:
Vorerfahrungen, Vorwissen, kollektive, tradierte Deutungsmuster als Grundlage generalisierter Reaktionsdispositionen die sich nach Maßgabe dieser Erfahrungen und Sichtweisen als Vertrauen oder Misstrauen in die Zukunft auswirken

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Vertrauen als soziales Kapital und als Ressource
Messung nicht bei der Untersuchungseinheit selbst (Person oder System), sondern nur in deren Umwelt
Problem beim Verlust dieser Ressource:
Sie ist nicht einfach weg, sondern wird im Regelfall umstandslos zu Misstrauen konvertiert.
Personen oder Systeme, die einmal genossenes Vertrauen verloren haben, stehen künftig unter Generalverdacht, ihre Handlungen werden nicht mehr unvoreingenommen geprüft

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Empirische Anwendung
Evaluation des Testbetriebs zur Einführung der eGK/ePA in der Region Trier
Geldgeber: KV RLP, Gesundheitsministerium des Landes
Projektteam:
Prof. Dr. Hans Braun
Prof. Dr. Alois Hahn
Dr. habil Rüdiger Jacob
Dipl.-Vw. Andreas Heinz
Dipl.-Kffr. Yasemin Mehmet
Prof. Dr. Jost Reinecke

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Gesundheitsmodernisierungsgesetz und §291a SGB V: Verbindliche, flächendeckende Einführung einer eGK in die GKV
Pflichtanwendungen
Lichtbild
Verwaltung der Patientendaten
E-Rezept
Freiwillige Anwendungen
Notfalldaten
Arzneimitteldokumentation
Sektor- und einrichtungsübergreifende elektronische Patientenakte
elektronischer Arztbrief
Patientenfach

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Erhoffter Nutzen:
Qualitätsverbesserungen in der medizinischen Versorgung
Kosteneinsparungen
Bedenken:
Datenschutz: „gläserner Arzt“ und „gläserner Patient“
nicht funktionierende Technik
ungleiche Verteilung von Kosten und Nutzen

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Protagonisten/Befürworter der eGK:
Gesundheitspolitik(er): BMG, Landesministerien
Krankenkassen
wichtigste Gruppe bei der Umsetzung:
niedergelassene Ärzte
Problem: Die Diskussion über die Einführung der eGK und die Testphase fallen in eine Zeit eines sich verschärfenden Verteilungskonflikts, bei dem sich die genannten Gruppen als Gegner gegenüber stehen.
Die Akzeptanz des Vorhabens ist als Reaktion auf diesen Konflikt bei den niedergelassenen Ärzten ausgesprochen schlecht.

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ja w eiß nicht nein
Werden Sie die ePA in Ihrer Praxis anbieten?

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ja w eiß nicht nein
Empfehlen Sie Patienten das Führen der ePA?

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Werden Sie die Patientenakte in Ihrer Praxisanbieten?Ja Weiß nicht Nein
Ja Befürworter25%
Weißnicht
Werden Sie IhrenPatienten dasFühren derPatientenakteempfehlen? Nein
Unentschlossene45%
Gegner 32%

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Kommentare
124 Ärzte (= 44%) haben Kommentare zu eGK und ePA abgegeben. Davon waren 3 positiv!
Themen: generelle Ablehnung Kosten Bürokratieaufbau Datenschutzbedenken Bedenken wegen der Technik

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Aus unseren Zuschriften

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Aus unseren Zuschriften

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Kommentare Stoppt den bürokratischen Schwachsinn Ein weiterer Beitrag zur Bürokratisierung, völlig
überflüssig Praxisvernichtungsinstrument Einstampfen Überflüssig wie ein Kropf Vorschlag: den Wahnsinn möglichst bald beenden Ein völlig aufgeblasenes, anfälliges System Intime Patientendaten sind nicht genügend
geschützt

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Kommentare Da Kosteneinsparungen primär den Krankenkassen
zugute kommen, sollten diese auch alle Folgekosten übernehmen
Mit meinem Stundenlohn von 5,68 Euro darf ich die Kosten tragen, Nutzen hat die Krankenkasse
Wie immer Vorteile finanzieller Art für die Krankenkassen
Missbrauch durch die Krankenkassen vorprogrammiert
Es gibt wichtigere Sachen im med. Bereich als die Einführung der unnötigen Gesundheitskarte. … Wir Ärzte schultern schon genügend unnötige Kosten, von denen wir keinen Nutzen haben

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Interessen der Ärzte wurden bei der Einführung der eGK ausreichend berücksichtigt
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stimme sehr zu stimme eher zu stimme ehernicht zu
stimme gar nichtzu

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Foto erschwert Missbrauch
Mehr Bürokratie
Nur für Kassen finanziell attraktiv
eGK ist sinnvoll
Qualitätssteigerung durch eGK
Langfristig Kosteneinsparungen
eGK macht Praxis attraktiver
eGK reduziert Verwaltungsaufwand
Aussagen zur eGK: Zustimmung

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Informationsquellen zu eGK/ePA

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hoch gering
Glaubwürdigkeit der Information

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hoch gering
Nutzwert der Information

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Pro
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zu viel
gerade richtig
zu wenig
Ausführlichkeit

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Bewertung der jeweiligen Institutionen, Noten von 1 bis 7, beste Bewertung: 1 (Angaben
in Prozent)
Beurteilung 1 2 3 4 5 6 7 Ärztliche Fachpresse N=177 14,1 11,9 35,6 6,8 15,8 4,5 11,3 KV RLP/Trier N=217 15,2 12,4 20,7 10,6 19,8 9,2 12,0 CompuGROUP N=91 11,0 4,4 14,3 6,6 13,2 6,6 44,0 Landesärztekammer N=104 5,8 4,8 13,5 7,7 15,4 10,6 42,3 Bundesärztekammer N=86 5,8 4,7 14,0 4,7 14,0 8,1 48,8 Allgemein zugängliche Medien N=132 0,8 3,8 16,7 5,3 16,7 11,4 45,5 MASFG N=92 3,3 3,3 5,4 - 9,8 10,9 67,4 Krankenkassen N=90 1,1 1,1 4,4 1,1 6,7 10,0 75,6

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Bewertung der jeweiligen Institutionen, Mittelwerte
Beurteilung: arithmetisches Mittel Ärztliche Fachpresse N=177 3,6 KV RLP/Trier N=217 3,8 CompuGROUP N=91 5,0 Landesärztekammer N=104 5,2 Bundesärztekammer N=86 5,4 Allgemein zugängliche Medien N=132 5,5 MASFG N=92 6,1 Krankenkassen N=90 6,4

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Kriterien für die Teilnahme an den freiwilligen Funktionen der eGK
Die beiden wichtigsten Faktoren sind:
Zuverlässige und unproblematische Technik: 96%
Kostenneutralität: 92%

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Geschätzte durchschnittliche Investitionskosten für die Einführung
von eGK und ePAarith. Mittel N
PC 1.780 € 116
Software 1.039 € 110
Internetanschluss 217 € 94
Schulungen 625 € 99
Mehrarbeit Mitarbeiter 2.883 € 84
Verdienstausfall 2.555 € 83
Summe 9.099 €
Summe fallzahljustiert 7.623 € 63

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7,7
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40
50
60
bis 2.000 € 2.000 bis 4.000 € 4.000 bis 6.000 € über 6.000 €
Befürworter von eGK und ePA in Abhängigkeit von geschätzten
Investitionskosten ( N = 63)

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11,4
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5
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45
bis 1.000 € über 1.000 €
Befürworter von eGK und ePA in Abhängigkeit von
geschätzten Kosten für PC
( N = 115)