Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff - ciando.com · Die Herausgeber Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff...

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Die Herausgeber

Prof. Dr. Dr. Wilfried von EiffDirektor des Ludwig Fresenius Center for Health Care Management and Regulation an derHHL Leipzig Graduate School of Management und Leiter des Centrums für Krankenhaus-Management, Universität Münster.

Prof. Dr. Christoph DodtChefarzt Notfallzentrum Städtisches Klinikum München Bogenhausen, München.

Dr. Matthias BrachmannGeschäftsführer der bcmed GmbH, Düsseldorf/Ulm.

Dipl.-Kfm. Dr. Christopher NiehuesGeschäftsführer des Instituts für Management der Notfallversorgung und Krankenhausbe-rater der HC&S AG – Healthcare Consulting & Services, Münster.

Dr. Thomas FleischmannChefarzt der Klinik für Interdisziplinäre Notfallmedizin des Westküstenklinikums Heide.

Wilfried von Eiff, Christoph Dodt,Matthias Brachmann, Christopher Niehues,

Thomas Fleischmann (Hrsg.)

Management der Notaufnahme

Patientenorientierung undoptimale Ressourcennutzungals strategischer Erfolgsfaktor

Mit Geleitworten von Barbara Hogan und Axel Ekkernkamp

2., überarbeitete und erweiterte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

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2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-023350-8

E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-023869-5epub: ISBN 978-3-17-030086-6mobi: ISBN 978-3-17-030087-3

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Geleitwort zur 1. Auflage

Die Notfallmedizin sowie deren Manage-ment im Rahmen von Notaufnahmengehören zu den komplexesten und an-spruchsvollsten Handlungsfeldern in dermedizinischen Versorgungskette. Notfall-mediziner benötigen ein breites Spektrum anmedizinischer Fachkenntnis, denn die Not-fallmedizin bildet eine maximaldiagnosti-sche und -therapeutische Breite bei gleich-zeitig begrenzter Tiefe des Fachwissens ab.Die Fähigkeit, eine große Anzahl vonKrankheiten schnell zu diagnostizieren undzu therapieren, impliziert gleichzeitig einelimitierte Fachkompetenz in der Tiefen-struktur eines jeden Fachgebiets. Es ist genaudiese Breite der medizinischenQualifikation,die es Notfallmedizinern erlaubt, unterZeitdruck Versorgungsprozesse medizinischganzheitlich zu betrachten. Diese Perspek-tive ist den funktional aufgestellten Fachab-teilungen durch ihre Silostruktur oft ver-sperrt. Wenn gegenwärtig für diemedizinische Versorgung eine konsequentinterdisziplinäre Prozessorientierung einge-fordert wird, dann ist in der Notfallmedizindie Speerspitze dieses Paradigmenwechselszu sehen, weil dieser perspektivisch wo-möglich die Rolle »Medizinorchestrators«zufallen wird. Hiermit gemeint ist Gesamt-koordination, Evaluation und Priorisierungeines Großteils aller nicht-elektiven Versor-gungsprozesse.

Im hier verstandenen Sinne bedeutetInterdisziplinarität die Realisierung einermaximalen Versorgungskompetenz durchaktive Integration der relevanten Fachabtei-lungen, nachdem zuvor eine qualifizierteAufnahmediagnose durchgeführt worden

ist. Insofern fungiert die zentrale Notfall-aufnahme immer auch als generalistischerKompetenzintegrator, die versprengteFachkompetenzen im Sinne einer hohenIntegralqualität der medizinischen Versor-gung zusammenführt. Interdisziplinaritätbedeutet aber auch die EvaluationmöglicherKooperationen mit den niedergelassenenKollegen und dem Rettungsdienst, wie SieBuchteil III »Netzwerke und SchnittstelleNotaufnahme« entnehmen können.

Ein neues wissenschaftliches Feld ist dieInterdisziplinarität zwischen Medizin undÖkonomie. Gerade die Notfallmedizinerspielen eine kritische Rolle im Einsatz derRessourcen. Für das gesamte Krankenhausist die Notaufnahme eine zentrales Market-ing- und Steuerungsinstrument, weil hiernachhaltig auf die Patientenzufriedenheiteingewirkt werden kann. Die Zentrale Not-aufnahme ist gleichsam Quelle strategischerWettbewerbsvorteile, weil sich durch sie dieVersorgungsqualität, Prozesseffizienz undPatientenorientierung nachhaltig steigernlassen.

Deswegen freue ich mich, dass diesesKompendium Themen wie Organisationund Infrastruktur der Zentralen Notauf-nahmen ebenso abdeckt, wie Human Re-sources-, Qualitäts- undRisikomanagement.

Die Professionalisierung von Kranken-hausprozessen kann durch Implementierungvon Strategiekompetenzen aus der Industriewie z. B Lean Management vorangebrachtwerden, was dazu führt, dass eine ZentraleNotaufnahme als Referenzmodell für diekunden- und patientenorientierte Klinikor-ganisation gelten kann. Die Notaufnahme

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avanciert dann von der Patientenannahme-stelle zum Orchestrator transsektoralerVersorgungsketten.

Es ist sehr erfreulich, dass zahlreiche Mit-glieder der DGINA, als einzige Fachgesell-schaft, die diesen Bereich wissenschaftlichabdeckt, zu den Inhalten dieses Buches bei-tragendurften.Die europäischeEntwicklungmit der Anerkennung des Facharztes fürNotfallmedizin in den meisten LändernEuropas reflektiert die Notwendigkeit, fürein »Mehr« an Interdisziplinarität, Prozess-orientierung und Ressourcenökonomie inder Medizinischen Versorgung zu garantie-ren.

Mit diesem Buch wird die Notwendigkeitdes Paradigmenwechsels auch im deutschenGesundheitssystem und insbesondere in derNotfallmedizin aufgezeigt.

Strukturierte Medizin ersetzt den Zufall –Qualität entsteht durch Prozesse. Im Sinneder oben angesprochenen Interdisziplinari-tät treffen in der Notaufnahme viele Profes-

sionen, Fachrichtungen und Perspektivenaufeinander: Architekten, Ökonomen, Ret-tungspersonal, Mediziner, Pflegekräfte undMedizintechnik-Hersteller ziehen gemein-sam an einem Strang, um diese Visitenkarteeines Krankenhauses optimal zu gestalten.Sie alle werden durch die Lektüre diesesBuches erste Antworten auf die schwierigenFragen des richtigen Managements diesesBereiches an der Nahtstelle der sektoralenVersorgungsgrenze erhalten.

Ich davon überzeugt, dass dieses Bucheinen wichtigen Beitrag leisten wird, diehohen Herausforderungen, denen sich Not-aufnahmen ausgesetzt sehen, meistern zukönnen, und sich die Notaufnahmen zu-nehmend als Coorperate Center of Excel-lence klinischer Versorgungsprozesse ent-wickeln werden.

Dr. Barbara HoganPräsidentin der European Society for Emer-gency Medicine (EuSEM)

Geleitwort zur 1. Auflage

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Geleitwort zur 2. Auflage

Kaum ein Thema bewegt Krankenhausma-nager und leitende Ärzte so sehr wie dasBetreiben von Notaufnahmen unter fachli-chen und ökonomischenAspekten. So habenbeispielsweise die Vertreter der Hochschul-medizin für eine deutlich bessere Vergütungder Hochschulambulanzen ihre Forderungnach einem Systemzuschlag für Universi-tätskliniken aufgegeben. Diskutiert wirdzudem bundesweit über Zuständigkeitenzwischen ambulanter Krankenhausmedizinund vertragsärztlicher Versorgung – dieZahl der KV-Ambulanzen in Krankenhäu-sern oder in unmittelbarer Nachbarschaftvon Kliniken ist bislang viel zu gering. Be-klagt wird oft auch die Mentalität derMenschen in Ballungsräumen, die selbst beiBefindlichkeitsstörungen Rettungsstellenoder Notaufnahmen aufsuchen. Dennoch:die Herausforderungen müssen bewältigtwerden – ärztlich, pflegerisch, medizinisch-technisch und administrativ.

Im eigenen Verantwortungsbereich, derBerliner Berufsgenossenschaftlichen Klinik,geht es in der präklinischen Versorgungdarum, neben NEF und dem ITH »Chris-toph Berlin« als Ergänzung ein Stroke-Ein-satz-Mobil STEMO vorzuhalten und damitdie enormen Vorteile der Stroke Unit demPatienten bereits unmittelbar nach Diagno-sestellung zukommen zu lassen. Die Not-aufnahme profitiert angesichts des bereitspräklinisch gefertigten Schädel-CT von ei-nem höheren Informationsgrad und der be-reits eingeleiteten Therapie.

Im Mai 2013 konnte im Unfallkranken-haus Berlin auf einer Fläche von 1.600 m²eine vollständig neue Rettungsstelle mit 37

Behandlungsplätzen, zahlreichen Eingriffs-räumen, einem Schockraum für mindestensvier Parallelbehandlungen auf 156m² Flächeund nach dem ATLS-Standard bestücktenMaterialschränken in Betrieb genommenwerden. Rechtzeitig wurde eine modifizierteIT-unterstützte Manchester-Triage etabliert.TechnischesKernstück istnebendenrundumdie Uhr verfügbaren Großgeräten wie CT,biplaner Angiographie und Herzkatheter-plätzen das Patientendatenmanagementsys-tem PDMS, welches der intensivmedizini-schen Dokumentation entspricht und einelückenlose Datenqualität für alle kritischenBehandlungsphasen ermöglicht. Als Konse-quenzauseineminterprofessionellenDiskursüber die Möglichkeiten der kontinuierlichenQualitätsverbesserung wurde ein eigenes Si-mulationszentrum aufgebaut. Dort werdenärztliche und pflegerische Teams der Not-aufnahme, die auch im Routinebetrieb zu-sammenarbeiten, gemeinsam unter äußerstfordernden Bedingungen geschult.

Verschiedene Fragen sind (noch) nichtgeklärt, etwa die nach der Alltagstauglich-keit des von der Berliner Ärztekammer kre-ierten klinischen Notfallmediziners. Ebensoist zu prüfen, ob es in derNotaufnahme eineseigenen Chefarztes oder eines ÄrztlichenKoordinators bedarf. Auch in der BerlinerKlinik sind die Wartezeiten der Notfallpa-tienten mit mäßiger Dringlichkeit zu lang,die Verweildauer der Patienten zum Herzin-farktausschluss ebenfalls und die Kosten inRelation zur Vergütung zu hoch.

Vogel- und Schweinegrippe, Ebola undMasern, natürlich der Transfer von Patien-ten aus dem Ausland, Notfalleinlieferungen

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aus Pflegeheimen mit MRSA-Besiedlungstellen die Notaufnahmen vor ganz beson-dere Hygiene-Herausforderungen, benötigtwerden eine rasche mikrobiologische Diag-nostik und Isolierungsmöglichkeiten.

Unter diesen und vielen anderenAspektenhabe ich die zweite und enorm erweiterteAuflage des Buchs »Management der Not-aufnahme« gelesen. Umfassender und zu-gleich konkreter hätteman die Beiträge nichtgestalten können, das Herausgeberteam er-gänzt sich gegenseitig, die Beiträge sindabsolut deutlich und hochaktuell. DerUntertitel des Buchs »Patientenorientierungund optimale Ressourcennutzung als strate-gischer Erfolgsfaktor« trifft deshalb auch zu100 Prozent zu.

Nachdem bereits die erste Auflage denSprung zum Standardwerk geschafft hat,folgten jetzt nicht nur Aktualisierungen undAnpassungen rechtlicher Rahmenbedingun-

gen. Es werden zudem Reformen der Pro-zessorganisation in zentralen Notaufnah-men reflektiert, Möglichkeiten zurBeschleunigung diagnostischer Verfahrenaufgezeigt und Innovationen aus Ländernwie den USA, Singapur und Japan vorge-stellt, die bisher in Deutschland noch nichtzum Einsatz kommen.

Das Werk ist perfekt gelungen und sehrgut lesbar, ich wünsche Ihnen Erkenntnis-gewinn und Mehrwert bei einer Lektüre, dieden Abläufen, dem hart arbeitenden Perso-nal und nicht zuletzt den Patienten zugute-kommt.

Prof. Dr. med. Axel EkkernkampÄrztlicher Direktor und GeschäftsführerUnfallkrankenhaus Berlin,ordentlicher Professor für UnfallchirurgieErnst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

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Geleitwort zur 2. Auflage

Inhalt

Geleitwort zur 1. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

Geleitwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Vorwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

I Anforderungen an das Management

1 Die medizinische Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Christoph Dodt

2 Die zentrale Notfallaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Wilfried von Eiff

II Strategie, Finanzierung und Controlling

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33Wilfried von Eiff

2 Investition und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49Wilfried von Eiff

3 Grundlagen des betrieblichen Rechnungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74Wilfried von Eiff und Dennis Haking

4 Erlösarten in der Zentralen Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86Christopher Niehues, Matthias Brachmann, Roland Geppert undRupert Sobotta

5 Fundraising . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110Wilfried von Eiff, Ann Kristin Kwickert und Christopher Niehues

6 Prozess-Controlling und Benchmarking im Notfallmanagement . . . . . . . . . . . . . . 119Wilfried von Eiff

7 Controllingprobleme und fehlende Abbildung der Notfallversorgung imDRG-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128Christopher Niehues und Werner Barbe

8 Die Notaufnahme als Cost- oder Profit-Center? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144Christopher Niehues

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9 Die Zweckmäßigkeit einer zentralen interdisziplinären Notaufnahme ausökonomischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151Wilfried von Eiff, Matthias Brachmann und Christopher Niehues

III Netzwerke und Schnittstelle Notaufnahme

1 Aktuelle Gesetzesänderungen und Blick in die Zukunft: Notaufnahmennach dem Krankenhausstrukturgesetz 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163Christoph Dodt

2 Kooperation mit niedergelassenen Ärzten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167Thomas Fleischmann

3 Die Einrichtung einer Notfallpraxis in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176Timo Schöpke

4 »Naht-Stelle« Zentrale Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192Katja Scholtes und Christopher Niehues

5 Zuweiser- und Marketingfunktion der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200Michael Wünning

IV Organisation und Infrastruktur

1 Anforderungen an die Architektur einer Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211Sabine Petermann

2 Aufnahmeeinheiten in Notaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229Matthias Brachmann, Roland Geppert, Michael Groening undRupert Sobotta

3 Kurzzeitintensiveinheit in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238Christoph Dodt

4 Ausstattung einer Zentralen Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243Andreas Hüfner und Christoph Dodt

5 Prozessgestaltung und Koordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266Andreas Mönnig

6 Triage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279Florian Grossmann und Roland Bingisser

7 Patientenzufriedenheit und Wartezeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287Barbara Hogan, Manoj Singh und Christoph Rasche

8 Materialwirtschaft und Logistik in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296Wilfried von Eiff

9 Prozessoptimierung durch Point-of-Care-Testung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318Matthias Brachmann

Inhalt

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10 POCT-Management in der Notaufnahme: klinischer und ökonomischerErfolgshebel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324Maximilian C. von Eiff und Wilfried von Eiff

11 Lean Management zur Erreichung operativer Exzellenz in der Rettungsstelle 334Verena Stockfisch

V Personal

1 Personalmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345Wilfried von Eiff

2 Einheitliche Leitung der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363Roland Geppert

3 Personalplanung und -entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370Andrea Stewig-Nitschke

4 Anforderungen an das Pflegepersonal in Notaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382Andrea Stewig-Nitschke

5 Anforderungen an das ärztliche Personal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395Thomas Fleischmann

6 Ärztliche Weiter- und Fortbildung in der ZNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404Isabelle Behrendt und Thomas Plappert

7 Physician Assistants in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417Thomas Fleischmann, Karsten Kraatz, Manuel Geuen und Wolf Rommel

8 Notfalltraining in der Klinik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425Angelika Jansen, Uwe Wyckelsma, Günter Lippert, Dennis Haking undWilfried von Eiff

VI Qualitätsmanagement und Risikomanagement

1 Klinisches Risikomanagement: Prozesse, Methoden, Instrumente . . . . . . . . . . . . . 435Wilfried von Eiff

2 Behandlungspfade in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455Georg Altrock

3 Zertifizierung von Notaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467Matthias Brachmann, Angela Lichtner und Christopher Niehues

4 Healing Environment in der Zentralen Notfall-Aufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478Maximilian C. von Eiff

5 Hygienemanagement in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489Wilfried von Eiff und Dennis Haking

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Inhalt

VII Rechtliche Aspekte in der Notaufnahme

1 Haftungsprobleme in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501Karl Otto Bergmann und Thorsten Süß

2 Facharztstandard und rechtliche Besonderheiten der interdisziplinärenZusammenarbeit in der Notaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517Hermann Fenger und Christopher Niehues

3 Regelungen zur Schweigepflicht der Mitarbeiter in der Notaufnahme . . . . . . . . 527Carolin Wever

4 Alkoholisierte Patienten: ein rechtliches, medizinisches undbetriebswirtschaftliches Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536Christopher Niehues

Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550

Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557

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Inhalt

Vorwort der Herausgeber

Die ZNA: Zentraler Anlaufpunkt und Organisationsdrehscheibe im klinischenProzessmanagement

Die Situation der Notfallversorgung inDeutschland hat sich in den letzten Jahrengrundlegend geändert. Der demographischeWandel und Änderungen in den ambulantenNotdienststrukturen führen zu einem star-ken Anstieg der Behandlungen in den Not-aufnahmen der Krankenhäuser. Mit mehrals 20 Millionen Patienten steigt die Bedeu-tung der klinischen Notfallversorgung in-nerhalb der Kliniken. Inzwischen werden inKliniken mehr als 11 Mio. ambulante Not-fallpatienten versorgt. Dies ist deutlichmehr, als der vertragsärztliche Bereit-schaftsdienst leistet, dem eigentlich der Si-cherstellungsauftrag für die ambulanteNotfallbehandlung obliegt. In der Praxissetzt sich das Konzept einer interdisziplinä-ren Notaufnahme als der zentrale Anlauf-punkt für die Patienten durch. Die ZNAetabliert sich zudem als Organisationsdreh-scheibe im klinischen Prozessmanagement.Allerdings stellen die Finanzierung und Per-sonalfragen das Management der Notauf-nahme weiterhin vor besondere Herausfor-derungen.

Auf politischer Ebene hat ein Prozess desVerständnisses für dringliche Änderungs-notwendigkeiten der Notfallversorgungs-strukturen eingesetzt. Dies betrifft Fragender Refinanzierung und Vergütung ebensowie das sektorübergreifende Zusammen-wirken von Vertragsärzten, Rettungsdiens-ten und Krankenhäusern. Auf der Sicher-stellungsebene hat sich die Erkenntnisdurchgesetzt, dass nur durch eine aufSchweregradklassen von Patienten abge-stimmte integrierte Vorhaltestruktur die be-darfsgerechte und wirtschaftliche Versor-

gung der Bevölkerung leistbar ist. Mit demVersorgungsstärkungsgesetz wird erstmalsdem Gemeinsamen Bundesausschuss dieAufgabe übertragen, Anforderungen für dieInfrastruktur und das vorzuhaltende Perso-nal in Notaufnahmen zu entwickeln. Spätersollen entsprechende Vergütungszu- undabschläge folgen. Im Jahr 2016 ist die wirt-schaftliche Situation der Notfallbehandlungin Krankenhäusern noch äußerst prekär:

l Die durchschnittlichen Kosten, die einambulanter Notfallpatient bei Behand-lung in einer Krankenhaus-Notaufnahmeverursacht, liegen bei 126 Euro. Dem-gegenüber stehen im Schnitt Erlöse proFall in Höhe von 32 Euro. Der durch-schnittliche Fehlbetrag pro Notfallpatientin Höhe von 88 Euro führt zu einemGesamtdefizit bei den im Notfalldienstengagierten Krankenhäusern in Höhevon 1 Mrd. Euro je Jahr.

l Die Aufnahmequote, d. h. der Anteil anNotfallpatienten, der über die Notauf-nahme in den vollstationären Bereichüberwiesenwird, beträgt durchschnittlich38% (Median = 51%). Damit hat dieZNA eine wichtige Einweiserfunktion fürden vollstationären Bereich.

Die Komplexität und Dynamik der Notfall-versorgung in den Notaufnahmen, die mit-ten in der Gesellschaft letztlich mit allenBereichen der Gesundheitsversorgung breiteSchnittstellen hat und dazu fast jährlich be-sondere Aufgaben übernehmen muss – wiez. B. Aufgaben im Katastrophenfall mitMassenanfall von Verletzten, bei der Ver-

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sorgung von Flüchtlingen oder bei Epide-mien oder Pandemien –, stellt immer wiederneue Herausforderungen, die auch beson-dere Vorhaltungskosten verursachen. Diespezifische Notwendigkeit, die Notfallver-sorgung finanziell so auszustatten, dass sol-che Aufgaben gut organisiert und bewältigtwerden können, hat politisch noch keineBerücksichtigung gefunden. Auf der Ebeneder Notfallversorgungsbereiche selbst spieltdie Optimierung der Patientenversorgungs-prozesse eine immer größere Rolle. DieNotaufnahme ist eine wichtige Organisa-tionsdrehscheibe im Krankenhausbetrieb,da zwischen 30 und 70% aller Akutpatien-ten über die ZNA aufgenommen werden.Von daher ist ein patientenorientiertes, me-dizinisch effizientes und wirtschaftlichesManagement der Notaufnahme eine we-sentliche Erfolgsvoraussetzung für die nach-haltige Wettbewerbsfähigkeit eines Kran-kenhauses.

Als Erfolgsfaktoren eines bedarfsgerech-ten und wirtschaftlichen Notfallbetriebsgelten die baulich-funktionale Gestaltung,die Ausstattung mit Informationstechnolo-gie, Labordiagnostik am Point-of-Care undleistungsfähige Medizintechnik ebenso wiePortalpraxen sowie qualifiziertes Personal.Erfreulich ist, dass es inzwischen allgemeinanerkannt ist, dass im Bereich der Notfall-medizin besonders gut ausgebildete Ärzteund Pflegekräfte arbeiten müssen, die einerspezifischen Ausbildung bedürfen. ZumZeitpunkt der Herausgabe dieser zweitenAuflage ist sicherlich ein Konsens zur Wei-terbildung von Ärzten in der KlinischenNotfall- und Akutmedizin zwischen den

Fachgesellschaften bei der Bundesärzte-kammer für die Novelle der Musterweiter-bildungsordnung zwischen DGINA undDIVI erarbeitet worden. Außerdem hat dieDGINA ein Curriculum für die Weiterbil-dung Notfallpflege erstellt und öffentlichgemacht.

Die vorliegende erweiterte und überarbei-tete zweite Auflage vermittelt wissenschaftlichfundiert und praxisorientiert, wie interdiszi-plinäre Notaufnahmen organisiert, gesteuert,personalwirtschaftlich geführt und in denAkutbetrieb integriert werden. Aspekte derKrankenhausfinanzierung, des Erlösmanage-ments und des Controlling finden ebenso Be-rücksichtigung wie Konzepte des Qualitäts-und Risikomanagement sowie rechtliche Be-sonderheiten der Arbeit in Notaufnahmen.Auch den durch die Gesundheitsreform 2015/2016 hervorgebrachten Änderungen der Ge-setzeslage mit Relevanz für die Notfallver-sorgung wurde in dieser zweiten AuflageRechnung getragen, wobei eine Reihe vonFragen (wie z. B. die Ausgestaltung der Por-talpraxen) noch ungeklärt sind.

Als Herausgeber bedanken wir uns herz-lich bei denMitautoren, die mit Engagementund qualifizierten Beiträgen zum Qualitäts-niveau dieses Werkes beitrugen. Unser Dankgeht auch an Anita Brutler vom Kohlham-mer Verlag für ihr zielführendes Lektoratund die angenehme Zusammenarbeit.

Wilfried von Eiff, Münster/LeipzigChristoph Dodt, München

Matthias Brachmann, Düsseldorf/UlmChristopher Niehues, MünsterThomas Fleischmann, Heide

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Vorwort der Herausgeber

I Anforderungen an das Management

1 Die medizinische Perspektive

Im Mittelpunkt steht der Mensch – Aufgaben der Prozesssteuerung in einerZentralen Notaufnahme

Christoph Dodt

Die Notaufnahme und die Intensivstationengehören zu den komplexesten Einheiten einesKrankenhauses, weil sie den verschiedenstenEinflüssen unterliegen und täglich mit neu-en, überraschenden, oft lebensbedrohlichenSituationen konfrontiert werden. Im Mittel-punkt allen Bemühens des in diesen Einheitentätigen Personals steht der kranke Mensch.Er kommt mit beträchtlicher Unsicherheit,Angst und Schmerzen in das Krankenhausund sucht Hilfe. Er erwartet kompetente undrasche Klärung seiner Beschwerden undHilfe durch Personal, das ihm ebenso fremdist, wie der Nachbarpatient und die gesam-te einschüchternde, technisierte Umge-bung. Die Offenheit, Freundlichkeit undKompetenz, die einem kranken Menschenin einer Notaufnahmesituation entgegenge-bracht wird, hinterlassen einen tiefen Ein-druck und begründen im weiteren Verlaufein Vertrauensverhältnis, das für die Patien-

ten einen beträchtlichen Wert darstellt undsie mit dem Krankenhaus und seinen Mit-arbeitern verbindet. Die Notaufnahme einesKrankenhauses wird oft als »Visitenkarte«des Hauses bezeichnet, was eine deutlicheUnterschätzung des Eindrucks ist, den eineNotaufnahme vermittelt. Fragen Sie einenMenschen, von wem er zuletzt eine Visiten-karte erhalten hat und vergleichen Sie dieAntwort mit den oft sehr eindrücklichenBerichten, von einem persönlichen Erlebnisin einerNotaufnahme.Undwerwar noch nieals Patient in der Notaufnahme?

Ziel des Managements in der Notaufnah-me muss sein, dass die menschlichen Bedürf-nisse nach Gesundung, Sicherheit und Zuge-wandtheit in optimaler Weise berücksichtigtwerden. Voraussetzung dafür ist gut ausgebil-detes, motiviertes Personal, eine geeignete Aus-stattung, definierte Versorgungsprozesse undeine ökonomisch rationale Bilanzsituation.

1.1 Bauliche Zentralisierung befördert die Eigenständigkeitder klinischen Notfallmedizin

Die Krankenhäuser haben die Wichtigkeitspürbar gut funktionierender Notaufnah-men inzwischen erkannt. Die getrenntenNotaufnahmen der unterschiedlichen Fach-disziplinen werden zusammengelegt. Patien-ten irren nicht mehr auf der Suche nach dergeeigneten Fachdisziplin für ein ungeklärtesSymptom, von einem Pförtner zugewiesen

über das Klinikgelände, um an einer ver-schlossenen Pforte zu stehen, wo sie nachdem Klingeln unfreundlich eingelassen wer-den. Baulich versuchen alle Krankenhäuser,die sich an der Notfallversorgung beteiligen,die räumlichen Strukturen einer Anlaufstellefür alle Notfallpatienten umzusetzen. Siefolgen damit dem Vorbild insbesondere der

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angelsächsischen Länder, die schon langespezielle »Accident and Emergency Depart-ments« eingerichtet haben. Die Vorteile einersolchen Struktur liegen auf der Hand undwerden in dem vorliegenden Buch eingehendbesprochen. Damit entstehen auch inDeutschland Notaufnahmeeinheiten, derenEigengewicht in der Patientenversorgungdeutlich zugenommen hat.

Mit dem baulichen Konzept einer zentra-lisiertenNotaufnahme erfolgt inhaltlich auchdie Abkehr von dem Primat der fachspezifi-schen Versorgung vom ersten Moment desBetretens eines Krankenhauses durch denPatienten. Vor dieser Entwicklung wurde dieNotaufnahme quasi nur als Verschiebebahn-hof in die wahrscheinlich korrekte Fachab-teilung angesehen, eigenständige medizini-sche Aktivität war nicht gewünscht und oftfehlte bei den eingesetzten Ärzten auch diedafür erforderliche Erfahrung. Da eine fun-dierte medizinische Evaluation unter diesenBedingungen nicht stattfinden kann, ist dieRate von unnötigen Aufnahmen zu hochund die korrekte Verlegung in eine Fachab-teilung oft nicht zu erreichen, sodass dieVerlegungskriterien nicht allein den medizi-nischen Erfordernissen folgen. Zudem wer-den bei Krankheiten ohne eindeutig wegwei-sende Symptome notwendige Therapien wiez. B. eine Antibiotikatherapie bei schwerenInfektionen nicht zeitnah durchgeführt.

In modernen Notaufnahmen mit einer kom-petenten notfallmedizinischen Versorgungwerden nach der primären Erfassung undSicherung der Vitalfunktionen als nächstesdas Symptom in eine gut begründete Ver-dachtsdiagnose überführt und lebensbedroh-liche Differenzialdiagnosen ausgeschlossen.Dann erfolgt aufgrund evidenzbasierter Kri-terien eine Risikoabschätzung, die festlegt,ob eine stationäre Versorgung erfolgen mussoder eine ambulante Therapie in Zusam-menarbeit mit den niedergelassen Kollegenerfolgen kann. Patienten mit der Notwendig-keit einer stationären Aufnahme werden sorasch als möglich der optimalen Fachabtei-lung zugeführt, wobei zeitkritische Diagnos-tik vor Ort veranlasst und durchgeführtwird. All dies ist eine hochqualifizierte undhochverantwortliche ärztliche Tätigkeit. DieNotaufnahme ist eng sowohl mit dem kas-senärztlichen als auch mit dem stationärenVersorgungsbereich verknüpft und dieseBrückenposition wird in Zukunft mehr undmehr an Wichtigkeit gewinnen. Es ist klar,dass keine Abteilung im Krankenhaus mehrSchnittstellen hat als die Notaufnahme. Dasmacht die Arbeit in dieser Einheit gleichzeitighochinteressant, manchmal auch mühsam,auf jeden Fall aber wertvoll für das Schicksalder behandelten Patienten.

1.2 Personalentwicklung

So vielfältig die Aufgaben einer Notaufnah-me in der Krankenversorgung sind, so viel-fältig sind auch die Erfordernisse an dasManagement einer solchen Einheit. Da essich bei Zentralen Notaufnahmen um relativneue Einrichtungen handelt, ist ein wesentli-cher Aspekt im Management dieser Einhei-ten die Entwicklung von klaren Zielen und

denWegen zu diesen Zielen. AlleMitarbeitereiner Notaufnahme müssen sich klar sein,dass eine hochqualifizierte, rasche Diagnos-tik und Therapie in der Notaufnahme erfor-derlich ist, um eine optimale Krankenhaus-therapie einzuleiten. Dabei darf der Blick fürdas Wesentliche und für die Gesamtzahlder zum Teil noch ungesehenen Patienten

18

I Anforderungen an das Management

einer Notaufnahme nie außer acht gelassenwerden.

Da die Ansprüche an die medizinischeVersorgung in der Notaufnahme nun deutlichzunehmen, ist eine ständige Fortbildung undPersonalentwicklung unabdingbar. Das istunter der Bedingung des stets vorliegendenSchichtdienstes keine einfache Aufgabe. Des-wegen sind Qualitätsstandards schrittweise zuentwickeln und allgemein öffentlich zugäng-lich zu machen. Wichtig sind in diesem Lern-prozess auch die offene Fehlerkultur und dasBewusstsein, dass das Notaufnahmeteam einestets lernendeGemeinschaft ist. DieNeugierdeunddie Bereitschaft, immerNeues zu sehen, istein Wesensmerkmal aller medizinischer Pro-fessionen, die in der Notaufnahme tätig sind,und diese Eigenschaft ist eine Hauptmotiva-tion, in diesem Bereich zu arbeiten.

Es gibt inzwischen eine Reihe gut struktu-rierter Fortbildungsprogramme für Pflege-personal der Notaufnahme und auch imärztlichen Bereich hat die EuropäischeGesellschaft für Notfallmedizin (EUSEM)unter Beteiligung der Deutschen GesellschaftInterdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin(DGINA) ein Curriculum für die Ausbildungzum Facharzt für Notfallmedizin vorgege-ben, das in die Einarbeitungskonzepte einflie-ßen sollte. Dieses Curriculum ist auch dieGrundlage des Vorschlags der DGINA undder Deutschen Interdisziplinären VereinigungIntensiv- und Notfallmedizin (DIVI), bei derBundesärztekammer eine Zusatzweiterbil-dung »Klinische Notfall- und Akutmedizin«einzuführen. Mit dieser Weiterbildung eröff-net sich erstmals die Perspektive auf einespezifischeWeiterbildung in diesemBerufsfeld.

1.3 Schnittstellen, Qualitätskontrolle,Belegungsmanagement

Die Notaufnahme weist letztlich zu allenBereichen des Krankenhauses und zu vielenBereichen außerhalb des KrankenhausesSchnittstellen auf, die gepflegt und funktions-tüchtig gehalten werden müssen. Die Kom-munikationmuss offen, zügig und von gegen-seitigem Respekt getragen sein. Nur so wer-den die Abläufe zwischen der Notaufnahmeund den anderen Gliedern der Versorgungs-kette reibungslos verlaufen. Schnittstellen-pflege ist ein äußerst wichtiger Aspekt desManagements einer Notaufnahme und einwichtiges Argument für einen festen Personal-stamm unter einer kontinuierlichen Leitung.Wechselnde Ansprechpartner und fehlendeQualitätsstandards sind Sand im Getriebeeiner funktionierenden Notaufnahme. Wort-loses Einverständnis zwischen den einzelnenGliedern der Versorgungskette ist sicherlich

das Optimum eines guten Arbeitsverhält-nisses, aber selbst bei stark positiv emotionalgeprägten Bindungen im menschlichen Zu-sammenleben, wie sie im Krankenhaus eherselten vorkommen, bleiben Missverständ-nisse und Auseinandersetzungen nicht aus.Eine schriftliche Festlegung einer Aufgaben-teilung ist oft erforderlich.Management einerNotaufnahme bedeutet das Erkennen vonSchnittstellenproblemen und das Einleiteneines profunden Verständigungsprozesses.

Viele Schnittstellen erfordern auch einehohe Transparenz der in der Notaufnahmeinitialisierten Prozesse. Eine exakte Doku-mentation ist deswegen unerlässlich undmuss festgelegten Regeln folgen, um Infor-mationsverluste zu vermeiden. Eine exakteDokumentation erlaubt auch die Kontrolleder Qualität der geleisteten Arbeit. Notauf-

19

1 Die medizinische Perspektive

nahmen als eigenständige Einheiten zeigeneine deutlich verbesserte und standardisierteDokumentation als solche, die eine reineZuweiserfunktion haben.

Eine wichtige Funktion einer Notaufnah-me ist die Belegungssteuerung. Die meistenKrankenhäuser generieren über 50% derstationär aufgenommenen Patienten über dieNotaufnahme. Das bedeutet insbesondere in

Zeiten eines hohen Patientenandrangs, dassdie Notaufnahmen zentrale Schaltstellen derBelegungssteuerung sind. Die Organisationdieser Belegungmuss also dieNotaufnahmenzentral einbeziehen. Viele Häuser etablierenin den Notaufnahmen eigene Case- oderAufnahmemanager beziehungsweise soge-nannte Notfallkoordinatoren.

1.4 Ökonomische Aspekte

Die Einrichtung von interdisziplinären Not-aufnahmen ist ein entscheidender Katalysa-tor für das G-DRG-System, da die pauscha-lisierte Vergütung eine schnelle und richtigeKategorisierung der Patienten durch dafürkompetente Ärzte erfordert. Eine Erfassungder korrekten Diagnosen und Nebendiagno-sen bereits in der Notaufnahme ist ein we-sentliches Qualitätskriterium der Arbeit inder Notaufnahme. Sie ist medizinisch undauch ökonomisch höchst sinnvoll.

Problematisch ist allerdings, dass die Not-aufnahmen im DRG-System nicht separatabgebildet werden. Die stationär in das Hausaufgenommenen Patienten werden in diekorrekte Fachabteilung verlegt, der dannauch die DRG zugeordnet wird. Damit istdie Notaufnahme für diese DRG nur einKostenfaktor (»Cost Center«), die aufneh-mende Fachabteilung demnach das »ProfitCenter« (zur Diskussion der Begriffe Cost-undProfit CentercKap. II.8). Diese Praxis istaber irrational, wie z. B. die stationäre Auf-nahme wegen einer Pneumonie zeigt. Beieiner Pneumonie bei einem älterenMenschenist der gesamte diagnostische Aufwand in derNotaufnahme zu erbringen und auch dieTherapie wird festgelegt und eingeleitet. Einestationäre Aufnahme, die aufgrund evidenz-basierter Kriterien vorgenommen wird, istfür die intravenöse Antibiotikagabe, die

Überwachung und Erholung der nicht seltenschwer erkrankten Patienten erforderlich.Oft sind keine weiteren spezifischen Maß-nahmen mehr notwendig. Dennoch wird derweiterbehandelnden und entlassenden Fach-abteilung die gesamte DRG zugerechnet.Sinnvoll wäre eher, die DRG der Notauf-nahme zuzuteilen und im weiteren Behand-lungsverlauf die an der Diagnostik und The-rapie beteiligten Fachabteilungen für dieerbrachte Leistung zu »bezahlen«.

Mir ist in Deutschland kein Krankenhausbekannt, das eine rationale Leistungsver-rechnung bezüglich der Leistungen, die in-nerhalb der Notaufnahme und dann darauffolgend in der Fachabteilung erbracht wur-den, unternommen hat. Es ist auch fraglich,ob eine detaillierte Leistungsverrechnungbezogen auf das Gesamtergebnis eines Kran-kenhauses Sinn macht, weil der Aufwandgroß ist, der ökonomische Nutzen aber ge-ring. Eine solche Berechnung ist aber einewichtige Aufgabe von wissenschaftlich täti-gen Krankenhausökonomen, um in Zukunfteine pauschalisierte innerbetriebliche Leis-tungsverrechnung zu erreichen, die auch eineLeistungssteuerung erlaubt und die Kosten-und Erlössituation einer Notaufnahme kor-rekter abbildet.

Ein weiteres wichtiges Thema für dieBinnenökonomie einer Notaufnahme ist die

20

I Anforderungen an das Management

Erlössituation durch ambulante Patienten.Hier erfolgt die Abrechnung mit den kassen-ärztlichen Vereinigungen, die zunehmendpauschalisiert erfolgt. Dieser Bereich ist inden meisten Notaufnahmen unterfinanziert,weil viele Patienten, die das Krankenhausaufsuchen, die Diagnostiktiefe eines Kran-kenhauses erwarten, selbst wenn sich danneine banale Störung herausstellen sollte.Diese besseren diagnostischen und therapeu-tischen Möglichkeiten eines Krankenhauseswerden nicht nur durch die Patienten, son-dern auch durch die niedergelassenen Kas-senärzten durchaus bewusst genutzt, und esist eine wichtige Aufgabe der Gesundheits-politik, in diesem Bereich einen rationalenKostenausgleich zu schaffen, der eine Wei-terentwicklung der abgestuftenVersorgungs-

systeme in der Notfallversorgung als wichti-ge komplementäre Systeme inhaltlich undökonomisch zulässt.

Aus dem oben Gesagten lässt sich zusam-menfassen, dass die Notaufnahmen oft alsKostenfaktor wahrgenommen werden, ob-wohl sie prinzipiell dazu eingerichtet werden,Prozesse zu optimieren und dies auch zwei-felsohne erreichen. Weder im Rahmen derDRG-Kalkulation noch im Bereich der Ver-gütung der ambulanten Notfallversorgungist die besondere Stellung einer hochqualifi-zierten Notfallmedizin bisher ökonomischadäquat berücksichtigt. Zusätzlich ist dieinterne Leistungsverrechnung nicht in derLage, den Kosten der Notaufnahme entspre-chende Leistungen gegenüberzustellen.

1.5 Fazit

Notaufnahmen sind äußerst komplexe Funk-tionseinheiten imKrankenhaus. IhrManage-ment stellt eine spannende und forderndeAufgabe dar. Eine zielgerichtete Prozess-steuerung ist nur möglich, wenn eine gezieltePersonalentwicklung erfolgt, die Anerken-nung der Notfallpflege und der Notfallmedi-zin als Kernkompetenzen mit eigenem fach-lichen Gewicht ist in Deutschland überfällig.Die Prozesse einer Notaufnahme müssentransparent sein und im medizinischen Be-reich evidenzbasiert. Ohne akribische Doku-

mentation undQualitätskontrolle sowie Pfle-ge von Schnittstellen und eine Belegungs-steuerung ist eine funktionierende Notauf-nahme nicht vorstellbar. Sind dieseVoraussetzungen erfüllt, sorgen die Notauf-nahmen für ein verbessertes medizinischesErgebnis für die Patienten, ein günstigeresökonomisches Ergebnis für das Kranken-haus und eine gute Außenwirkung sowiehohe Zufriedenheit bei Patienten und Ein-weisern.

21

1 Die medizinische Perspektive

2 Die zentrale Notfallaufnahme

Management an der Schnittstelle Medizin und Ökonomie

Wilfried von Eiff

2.1 Zweck der ZNA

Wenn zwischen 30% und 50% aller voll-stationären Patienten zunächst als Notfallaufgenommen worden sind, erhält die Fragenach der strategischen, medizinischen undökonomischen Funktion einer Notfallorga-nisation eine besondere Bedeutung.

Die interdisziplinäre Notfallaufnahme istGatekeeper und Organisationsdrehscheibezwischen dem ambulanten Bereich und dervollstationären Versorgung. Sie ist darüberhinaus der erste Anlaufpunkt für Patien-ten mit unterschiedlichsten Beschwerdesym-ptomen und Krankheitsbildern: ungefähr-liche Schnittverletzungen gehören ebensodazu wie polytraumatisierte Patienten, Men-

schen mit lebensbedrohlichen Erkrankungen(Schlaganfall, akuter Myokardinfarkt, Em-bolien usw.) und Abususpatienten (Alkohol,Medikamente, Drogen usw.). Die ZentraleNotaufnahme (ZNA)

l sorgt in kürzester Zeit für eine qualifizier-te, mit den betroffenen Fachdisziplinenabgestimmte Diagnose,

l leitet die Ersttherapie ein undl entscheidet über den weiteren Behand-

lungsweg des Patienten (Entlassung/Rücküberweisung zum Hausarzt, Beob-achtung in der Aufnahmestation, Über-weisung in die zuständige Fachabteilung).

2.2 Marketingfunktion der ZNA

Wer sich in einer Notfallaufnahme medizi-nisch qualifiziert behandelt und menschlichgut versorgt fühlt, empfiehlt das Kranken-haus begeistert weiter und sucht auch alselektiver Patient dieses Krankenhauses inZukunft aus.

Die ZNA ist einerseits gefordert, Hoch-leistungsmedizin in kürzester Zeit erfolgreichanzuwenden; andererseits ist die ZNA einunter Marketing-Gesichtspunkten wichtigesAushängeschild: Die hier ankommendenPatienten befinden sich in einer psycholo-gisch belastenden, häufig auch existenziellen

Grenzsituation; sie haben Angst, die Unge-wissheit bedrückt sie und sie fühlen Schmer-zen. Patienten und Angehörige, die in einemansprechend gestalteten Raum-Milieu war-ten, deren Wartezeit als kurz beziehungs-weise angemessen empfunden wird, die sichinformiert fühlen über »den nächsten Schrittder Behandlung« und die ein wirksamesSchmerzmanagement erfahren, werden überdiese Erfahrung positiv in ihrem sozialenUmfeld berichten. Patienten in Notfallsitua-tionen kommunizieren nach Entlassung ten-denziell intensiver und mit einer größeren

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Zahl von Menschen als Patienten mit eherunspektakulären Elektiv-Eingriffen. Eineangenehme Atmosphäre in der ZNA prägtdas Erscheinungsbild eines Krankenhausesmassiv. Die Notfallversorgungsqualität einesKrankenhauses trägt damit erheblich zurMarkenbildung bei und zwar im Wesentli-chen durch fünf Dimensionen:

l Hohe interdisziplinär vernetzte medizini-sche Kompetenz im breiten Spektrum derNotfallmedizin (chirurgisch, internis-tisch, neurologisch), strukturell demons-triert durch organisatorische Elementewie ZNA, Stroke Units, Akutversor-gungs-Teams, Hubschrauberlandeplatz,dezentral-vernetzte IT-Struktur inklusivePOCT-Vernetzung, das Vorhalten medi-zinisch-komplementärer Leistungsberei-che wie Nephrologie, Diabetologie,Plastische Chirurgie/Wiederherstellungs-Chirurgie, Handchirurgie etc. sowie dieEinbindung in Akutversorgungsnetzwer-ke (Netzwerk Akuter Myokardinfarkt,Netzwerk Schlaganfall etc.) (cAbb. I-1).

l Milieugestaltung nach dem Konzept der»Heilungsfördernden Umgebung«, umeine angstfreie beziehungsweise Angstreduzierende, von Schmerzen und Krank-heit ablenkende Atmosphäre für Patien-ten und Angehörige zu bieten.

l Baulich-funktionale Ausstattung derZNA, die durch kurze Wege, räumliche/optische Trennung von gehfähigen undliegend antransportierten Patienten sowiedirekte räumliche Anbindung an Hub-schrauberlandeplatz, Radiologie, Funk-tionsbereiche, Unfall-OP, Intensiveinheit,Herzkatheterlabor gekennzeichnet ist.Neben einer dezentral-vernetzten IT-/POCT-Struktur (insbesondere für AkutesKoronarsyndrom → Troponin I/T, CK-MB; D-Dimere → TVT; Glukose Moni-toring; Schwangerschaft → ßhCG; sons-tige Entzündungen → CRP) solltedie Möglichkeit der Telemedizin mitRettungsdiensten, niedergelassenen Ver-

tragsärzten und MVZ sowie kooperie-renden Krankenhäusern (auch Portalkli-niken) geschaffen werden (cAbb. I-2).

l Patientenindividueller Kommunikations-stil (von Eiff 2009, S. 129).

l Dienstleistungen zur Reduzierung/Ver-hinderung von Problemen bezogen aufdas soziale Umfeld (z. B. Notfall-CaseManager zur Betreuung von Angehörigenetc.)

Die enge fachliche Verbindung mit präklini-schen Notärzten, Einrichtung von speziellenKompetenzteams in Zusammenarbeit mitden Fachbereichen, SOPs für bestimmteKrankheitsbilder bzw. Symptome sind dieErfolgshebel eines Kompetenz-ZentrumsNotfallmedizin (cAbb. I-1).

Die ZNA, richtig organisiert und geführt,trägt zur Kostensenkung beziehungsweisezur wirtschaftlichen Auslastung von teurenGeräten und Personen mit Spezialwissen bei:Die baulich-funktionale Struktur bestimmtden Kapazitätsbedarf, die Prozesseffizienz,die Patientenrisiken und die (Vorhalte-)Kos-ten (cAbb. I-2).

l Die Aufnahme-/Kurzliegerstation sorgtdafür, dass folgende Probleme im Be-handlungsprozess vermieden werden:– Fehlzuweisungen zu Fachdisziplinen

aufgrund ungenauer Diagnosestellungals Konsequenz von Zeitdruck (z. B.ca. 25% der Angina Pectoris-Patien-ten mit Verdacht auf akutes Koro-narsyndromhabenextrakardialeDiag-nose)

– Unnötige innerklinische Sekundär-transporte

– Zeitliche Verzögerungen bei Diagnos-tik und Therapie durch Nichtverfüg-barkeit von Technik (MRT, CT usw.)beziehungsweise Konsilärzten

– Fehlender Kapazitätspuffer zur Kurz-zeitüberwachung, dadurch Blockadenvon U-B-Plätzen oder zu frühe Verle-gung auf Station

23

2 Die zentrale Notfallaufnahme

Medizinische Fachbereiche

Medizinische Kompetenzzentren

Sonstige Konsilpartner

Fast Track Intensive Medicine

Rapid Response Team

Poly-trauma-Teams

Kurz- lieger Station

Chest Pain Unit

Triage

SOP (Schlaganfall) SOP (Akuter Myokardinfarkt) SOP (Sepsis) SOP (Embolie, Aortendissektion usw.)

Labor-Mngt. U-B-Plätze (interdiszipl.)

Bildgebung

• Blutgasanalyse • Met-Hb • Kohlenmonoxid • D-Dimere • Troponin I,T • CK-MB • CK-BB

• Vitalparameter • EKG • Blutdruck nicht invasiv) • Pulsoxymetrie• 12-Kanal-EKG • BGA-Gerät

• Mehrzeilen-CT (256) • Sonographie • Röntgen

Patient ZNA Notarzt

NAW

Kooperation

Rettungs-dienste

Kompetenz- zentrum

Notfallmedizin

Abb. I-1: Struktur eines Kompetenzzentrums »Notfallmedizin«

Personalzone Ver-/Entsorgung Personalzone

U-B-Räume(spezialisiert)•Augen•HNO•MKG•Gyn

Triagezone(Ersteinschät-zung)•EKG•Blutentnahme

LeitstelleAufnahme

Schockraum•Röntgen•CT (256 Zeiler)

Stützpunkt

HKL

U-B-Infektionen

WartezoneLiegend-Patienten

WartezoneGehfähigePatienten

•Aufnahme-/Kurzlieger-station

•CDU

Praxisbehand-lungs-Zone

Selbsteinweiser NAW Hubschrauber

Medikalprodukte/Medikamentedurch dezentraleelektronischeVersorgungs-schränkeLabormanage-ment durch POCT

U-B-Räume(inter-disziplinär)

Eingriffsraum

Abb. I-2: Generische Zuordnung von Funktionsbereichen als Gestaltungselemente einerinterdisziplinären ZNA

24

I Anforderungen an das Management

– Stationäre Aufnahmen in den Nacht-stunden mit erheblichen Störungen derMitpatienten

– Inanspruchnahme von stationären In-tensivbetten statt frühe minimalinva-sive Beatmung.

l Eine Praxisbehandlungszone versorgtdiejenigen Patienten, die (häufig alsSelbsteinweiser) die ZNA aufsuchen, umschnelle Hilfe ohne Wartezeiten zu erhal-ten, aber keinen Notfallstatus haben. Aufmindestens 30% der Fälle trifft dieserStatus zu. Um die Untersuchungs- undBehandlungsplätze nicht mit Bagatellfäl-len zu blockieren, werden diese Patientenmedizinisch versorgt und sofort entlas-sen. Hier bietet sich eine enge Zusam-menarbeit mit Vertragsärzten an (auchals strategische Maßnahme in Rahmendes Einweiser-Managements z. B. durchdie Einrichtung einer KV-Notfallpraxis,cKap. III.3).

l In der Triagezone findet die Ersteinschät-zung statt. Diese kann teilweise durchbesonders ausgebildete und berufserfah-rene Pflegekräfte erfolgen. In den Emer-gency Rooms exzellent organisierter ame-rikanischer Krankenhäuser sind zum Teil»Triage Nurses« anzutreffen, die auf be-stimmte Krankheitsbilder beziehungs-weise bestimmte Symptome spezialisiertsind. So z. B. die sogenannte StrokeNurse. Diese spezialisierte Pflegekraftsteuert den gesamten Notfallprozess vonSchlaganfallpatienten. Für jeden Notfall-patienten steht eine Stroke Box zur Ver-fügung, die alle erforderlichen Medikal-produkte, Medikamente und TPA-Appli-kationen enthält.

Die Schlaganfallpatienten werden auf Basisvon Pathways und Diagnose-Checklistendiagnostiziert und innerhalb von 15–25 Mi-nuten steht fest, wie der Patient weiterzube-handeln ist (cAbb. I-3).

2.3 Organisationsdrehscheibe ZNA: zwischen präklinischerNotfallversorgung und stationärer Behandlung

Die interdisziplinäre Notfallaufnahme sorgtfür schnelle, medizinisch qualifizierte Erst-versorgung, senkt Patientenrisiken und trägtzur Effizienzsteigerung und Kostensenkungim Krankenhaus bei.

Die ZNA ist eine wichtige Koordinations-drehscheibe zwischen Notfall erstversorgen-den Rettungsdiensten und vollstationärerWeiterbehandlung. Insofern gilt es, die Leis-tungserbringer in der Notfallversorgungs-kette zeitlich und inhaltlich so aufeinanderabzustimmen, dass der Patient ohne Zeitver-zugaufhohemmedizinischemNiveau in jederPhase versorgt wird. Wichtiger Erfolgsfaktorfür eine ZNA ist damit die fachlich intensive

und zeitnahe Kommunikation mit den Not-fallärzten in der präklinischen Notfallversor-gung. Je qualifizierter die Notarztwagen-Be-satzung mit Schlaganfall-, Herzinfarkt- oderTraumapatienten umgehen kann, desto früh-zeitiger und präziser können die relevantenInformationen bereits vor Eintreffen des Pa-tienten an die ZNA übermittelt werden.

Erfahrungen aus demAMI-Netzwerk BadNauheim zeigen, dass derZeitraumzwischenärztlichen Erstkontakt nach Infarktereignisund Gefäßöffnung im Katheterlabor (Con-tact-to-Balloon-Time) unter drei Stundenund die Door-to-Balloon-Time unter 90 Mi-nuten liegt, wenn:

25

2 Die zentrale Notfallaufnahme

Abb. I-3: Nach der Triage-Diagnose auf Basis von Clinical Pathways und Diagnose-Checklisten werden jenach Fallerfordernis Stroke Team 1 für Patientenmit SA-Ereignis < 3 Stunden und Stroke Team2 mit SA-Ereignis > 3 Stunden mobilisiert (Foto: von Eiff).

Abb. I-4: NetzwerkHerzinfarkt:DieQualifikationderNotärzte inVerbindungmitklarenInformations-undKompetenzstrukturen ist der Erfolgsfaktor bei der Versorgung des akuten Koronarsyndroms.

26

I Anforderungen an das Management

l die Notärzte das 12-Kanal-EKG bereitswährend des Transports auswerten und

l den Patienten über das »rote Telefon« fürdas Katheterlabor anmelden (cAbb. I-4).

Im Idealfall steuert der ZNA-Verantwort-liche die Weiterqualifikation und den Einsatzder präklinischen Notfallärzte auf den Ret-tungstransportwagen, um sicherzustellen,dass auch die Transportzeit diagnostischund organisationsvorbereitend genutzt wer-den kann.

Eine »Blaupause des Erfolgs« im Sinneeines Standardkonzepts für die Organisationdes Notfallmanagements gibt es nicht. Statt-dessen muss berücksichtigt werden, ob dasNotfallmanagement aus einemMaximalver-sorgungshaus heraus organisiert wird oderein kleineres bis mittleres Krankenhaus (ca.8.000–13.000 Eingriffe pro Jahr) in dieNotfallversorgung eingebunden wird. Wei-terhin spielt eine Rolle, ob die Notfalleinheitein ländliches, medizinisch nur begrenzt er-schlossenes Gebiet zu versorgen hat oder ineinem Ballungsgebiet Teil der Notfallversor-gung ist.

Für kleinere und mittlere Krankenhäusermit begrenzter Anzahl von Fachabteilungenund mit einem Versorgungsbereich ländli-cher Raum stellt die ZNAunter Leitung einesFacharztes für Notfallmedizin eine medizi-nisch adäquate und ökonomisch zielführen-de Organisationsvariante dar. Unter solchenstrukturellen Bedingungen ist das paramedi-zinische Rettungspersonal im Hinblick aufdie präklinische Diagnose des Schlaganfallsund des akuten Koronarsyndroms zu quali-fizieren und es sind SOP sowie Rettungswege(mit qualifizierten Zielkrankenhäusern z. B.bei Schlaganfall) zu definieren.

Dagegen hat die ZNA (oder ein Kompe-tenzzentrum für Notfallmedizin) in einemKrankenhaus mit einer Schwerpunkt- bezie-hungsweise Maximalversorgung andereHerausforderungen derOrganisationsgestal-

tung: hier greift die ZVA in den Patienten-versorgungsprozess sowie in das Manage-ment der Bettenbelegung ein.

Eine besondere Rolle in der Notfallver-sorgung spielen Portalkliniken. Es handeltsich um akut-stationäre Einrichtungen, diedurch telemedizinische Anbindung an einenMaximalversorger oder eine Spezialklinik inder Lage sind, Notfallpatienten qualifiziertzu versorgen sowie im Bedarfsfall in einebesonders qualifiziertes Krankenhaus zuüberführen.

Die Qualität der Notfallversorgung hängtdirekt ab von den professionellen Qualifika-tionen des Personals und den medizintechni-schen Ressourcen. Die zeitnahe, diagnosti-sche Labormedizin hat hier besondere Be-deutung: bis zu 70% beträgt der Anteil derLabormedizin am gesamten Diagnostikpro-zess und seinen Resultaten. Um die Turn-around-Zeit (Probenanforderung bis Verfüg-barkeit des Probenresultats am Entschei-dungsort) zu verkürzen, werden zeit- undtherapiekritische Parameter mehr und mehrüber POCT-Geräte ermittelt. Die Effekte:

l der Patient hat eine verkürzte Wartezeitl der Therapiebeginn startet frühestmög-

lichl verbesserte therapeutische Prognosel die Monitoring-Kapazität in der ZNA

wird entlastetl qualifizierte Entlassungsdiagnose bzw.

qualifizierte Therapieentscheidung ent-lasten Intensivmedizin und IntermediateCare.

Aus Sicht der ZNA ist POCT ein selbstbe-stimmter Prozess der Bestimmung diagnose-relevanter und zeitkritischer Laborparameter(z. B. Troponin I,T; CK-MB; D-Dimere).Feststellbar ist, dass Patientenrisiken, Patien-tenzufriedenheit, medizinisches Resultat undProzesskosten durch POCT in der ZNApositiv beeinflusst werden.

27

2 Die zentrale Notfallaufnahme

Prozesskosten

Risiko-grad

Funktionskosten

Effizienz

med. Qualität

Outcome

Zentrallabor

SOP-Verfügbarkeit

Verfügbarkeit kritische Diagnosegeräte

WELLS-Score

Hamm-SOP POCT für zeitkritische Parameter

• TroponinI,T

• DDimere

• CK-MB

• proBNP

Zentrallabor + POCT

Abb. I-5: POCT zur Diagnosebeschleunigung und Entlastung von Überwachungsplätzen

2.4 Trends und Herausforderungen

Der demografische Wandel bewirkt einehöhere Zahl multimorbider, verunfallter Pa-tienten. Professionelle Notfallmedizin ist ge-fordert.

Eine wichtige Herausforderung für eineZNA besteht darin, den durch den demo-grafischen Wandel bedingten Änderungen inder Struktur von Krankheitsbildern undSchweregraden vonPatientenmit einer quali-fizierten medizinischen Leistung zu begeg-nen: Multimorbide Patienten mit steigendemDurchschnittsalter in Verbindung mit denbesonderen Anforderungen einer Notfallme-dizin lassen es angezeigt erscheinen, neueorganisatorischeVersorgungskonzepte eben-so zu entwickeln, wie es gilt, über die An-passung von Berufsbildstrukturen nachzu-denken.

DieDiskussion über eine Einführung einesFacharztes für Notfallmedizin nach anglo-

amerikanischem Vorbild (Emergency Physi-cian) darf ebenso wenig ein Tabu-Themasein, wie die Einrichtung einer interdiszipli-nären und interprofessionellen ZNA, in derzeitlich befristet vom Stations-/Funktions-dienst freigestellte Fachärzte aus Spezialdis-ziplinen ungestört und konzentriert ihrenDienst verrichten. Auch die Frage nach dergeeigneten präklinischen Notfallorganisa-tion (Rettungswege) in Verbindung mit derSicherstellung des erforderlichen Qualifika-tionsniveaus von Rettungswagen-Besatzun-gen muss durch geregelte Mindeststandardsin der Notfallausbildung eindeutig beant-wortet werden.

Prozessorganisation, Personalqualifika-tion, baulich-funktionale sowie medizintech-nische Ausstattung bestimmen die Effizienzder ZNA. Die Erfolgsfaktoren zur Effizienz-steigerung im Einzelnen:

28

I Anforderungen an das Management

l Organisatorische und diagnostische Inte-gration der präklinischen

l Notfallversorgung in den ZNA-Ablaufl Qualifikation der NAW-Ärztel Qualifikation der ZNA-Ärztel Arbeitsweise innerhalb der ZNA konse-

quent ausgerichtet an

– Scores (Manchester-, Wells-, …)– SOPs (Hamm-, …)

l Berufsbild-Reengineeringl POCT-Diagnostik für zeitkritische Para-

meterl Baulich-funktionaleAusstattung undMe-

dizintechnik

Literatur

von Eiff, W. (2009) Marketing und Markenma-nagement für Krankenhäuser: Beiträge des OP-Managements zurMarkenbildung. In: Ansorg,

J., Diemer, M., Schleppers, A. et. al. (Hrsg.)OP-Management. 2. Auflage. Berlin: MVW2009, S. 121–130.

29

2 Die zentrale Notfallaufnahme

II Strategie, Finanzierung und Controlling

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

Die Zentrale Notaufnahme als Aushängeschild eines Krankenhauses

Wilfried von Eiff

1.1 Problemstellung

Der ZNA kommt einerseits eine wichtigestrategische Funktion als »Einweiser« für diestationären Bereiche zu. Etwa einDrittel allerNotfallpatienten werden direkt nach Erst-versorgung in der ZNA stationär weiterbe-handelt. Andererseits ist eine qualifizierteNotfallversorgung ein wichtiger Imagefak-tor, durch den medizinische Kompetenzdemonstriert wird und patientenfreundlichesVerhalten bewiesen werden kann. Entspre-chend kommt es darauf an:

l die baulich-funktionalen Strukturen aufdie Anforderungen der Arbeitsabläufeabzustimmen sowie

l die Prozessabläufe fallgerecht und patien-tenorientiert zu gestalten.

Zur patientenorientierten Gestaltung derZNA gehört auch die Schaffung eines Mi-lieus, das dazu beiträgt, unnötige Ängste vonPatienten und Angehörigen zu vermeiden;dies z. B. durch baulich-funktionale sowiearchitektonisch-gestaltete Ansätze, die andem Konzept der »heilungsfördernden Um-gebung« orientiert sind.

Insbesondere Notfallpatienten haben einevergleichsweise hohe Bereitschaft zur Kom-munikation nach Entlassung. Daher kommtes darauf an, durch Ambiente, Prozessgestal-tung, medizinische Qualität und mitfühlendeKommunikation eine positive Bereitschaftzur Weiterempfehlung zu erreichen.

1.2 Unternehmensstrategie: strategische Positionierung desKrankenhauses

Ziel der strategischen Positionierung ist es,das Leistungsprofil eines Krankenhausesmarktgerecht zu entwickeln und im Mei-nungsbild vonÖffentlichkeit, Patienten, Kos-tenträgern und Einweisern positiv zu veran-kern.

1.2.1 Wettbewerbs-strukturanalyse

Grundlage der strategischen Positionierungist die Analyse der Nachfrage- und Wettbe-werbssituation auf dem relevanten Markt.Diese Analyse hilft, Typus und Ursachen der

33

Marktdynamik zu erkennen sowie Bedro-hungen und Chancen zu identifizieren. AlsInstrument hat sich die »Regionale Bran-chen-Struktur-Analyse« bewährt, denn nurwer den Markt kennt, Wirkungsmechanis-men durchschaut und relevante Trends instrategische Optionen transformiert, über-lebt erfolgreich (cAbb. II-1).

Von besonderem Interesse sind die vonjedem Marktgestaltungselement ausgehen-den Bedrohungen und Chancen.

a) Rivalitätsbestimmende Faktoren sind z. B.:– Branchendynamik und Paradigmen-

wechsel im Managementverständnis– Vorhaltekosten und optimale Betriebs-

größe– Markenidentität, guter Ruf und Be-

kanntheit einzelner Spieler– Angebotsstruktur der Konkurrenten

(konkurrierend vs. komplementär)– Austrittsbarrieren (z. B. begrenzte Li-

quidationsmöglichkeit im Fall desScheiterns)

– Verhandlungsbereitschaft der Kosten-träger und der Planungsbehörden

– Trägerstruktur und Rechtsformen derregionalen Spieler

– Existenz privater Ketten im relevantenMarkt

– vorhandene Überkapazitäten– Marktwachstumsmöglichkeit– Konzentrations-/Monopolgrad– Umstiegskosten (bei Umstieg in ein

anderes Geschäftsfeld; z. B. Akutkran-kenhaus in Altenheim oder Reha-Kli-nik in Pflegeheim)

– die Bereitschaft zur Ausdehnung ent-lang der Wertkette

b) Die Bedrohung durch neue Marktteilneh-mer hängt u. a. von diesen Faktoren ab:– Lücken immedizinischen Leistungsan-

gebot– Kapitalerfordernisse– Bausubstanz der bestehenden Kliniken– Zugangsmöglichkeiten zu neuen Ver-

sorgungsstrukturen– Komplementarität der Angebotsstruk-

turen im Zielmarkt zum Leistungsan-gebot einer Krankenhauskette (strate-gischer Fit)

Bedrohung durch neueKonkurrenten

Macht der• Gesetzgebung• Planungsinstanzen• Aufsichts- und Prüfinstanzen

Macht derLieferanten

Macht derEinweiser

Macht derPatienten

Macht derÖffentlichkeit und Medien

Bedrohung durch innovativeTechnologien

Macht derKostenträger

Macht derRettungsdienste

Abb. II-1: Die RBSA macht die treibenden Wettbewerbskräfte transparent

34

II Strategie, Finanzierung und Controlling

– zu erwartende »Vergeltungsmaßnah-men« durch Planungsinstanzen, Kos-tenträger, Öffentlichkeit/Medien, Ta-rife und Stärke der Arbeitnehmerver-treter, Mobilisierungsmöglichkeit vonEconomies of Scale, Scope und Ma-nagement Complexity

– dieMacht derKostenträger (z. B. durchverstärktes Einführen des Einkaufsmo-dells undandererManagedCare-Kom-ponenten), ebenso wie die Macht vonEinweisern(abhängigvondenEntschei-dungs-/Versorgungsalternativen), Öf-fentlichkeit/Medien sowie Lieferanten(abhängig von den Möglichkeiten zurEinkaufs- und Logistikoptimierung).

c) Eintrittsbarrieren können z. B. sein:– Zugang zu Einweisern des ambulanten

Bereichs– Zugang zu Managed Care-Einweisern

(z. B. Betriebskrankenkassen)– Zugang zu Belegungsträgern (für

Reha-Leistungen)– Betriebsgrößen vorhandener Einrich-

tungen (z. B. Geburtshilfe)– Belegungs-/Budgetpolitik der Kran-

kenkassen– Strukturpolitik der Planungsbehörden– hoher Markenstatus eines vorhande-

nen Krankenhauses– politische Hemmnisse, Zeitverzöge-

rungen, »Vergeltungsmaßnahmen« (dasBeispiel Euromed in Köln)

– Kapitalerfordernisse (z. B. für Kauf,Neubau)

– Finanzstärke der bisherigen Spieler– Umstiegskosten in ein anderes Kernge-

schäft.

d) Zu den Substitutionsgütern zählen z. B.– medizinische Substitutionsangebote

(operativ vs. konservativ)– stationsersetzende Leistungen– Generika– Chirurgische Einmalinstrumente vs.

mehrfachverwendbare OP-Produkte

– minimalinvasive Diagnose- und The-rapieverfahren

– Schulmedizin vs. Alternative Medizin(z. B. Ayurveda, Homöopathie, TCM)

– die regionale Substitution; z. B.OP undReha auf Mallorca

Es ist zwischen verschiedenen Stufen derSubstitution zu unterscheiden:

1. Stufe ¼ Substitutionen von Kernge-schäftsleistungen

2. Stufe ¼ Substitutionen von innovati-ven Produkten

3. Stufe ¼ Substitutionen von Regional-leistungen

1.2.2 Positionierung

Die strategische Positionierung erfolgt aufBasis von zwei Aspekten (cAbb. II-2):

1. Mit der Festlegung des »Konkurrenzbe-reichs« ist eine Fokussierungsentschei-dung auf das Marktsegment verbunden.Ein breites Markt-/Zielgruppensegmentkann sich entweder auf die typische Ange-botsstruktur eines Akutkrankenhausesausrichten oder innerhalb eines Fachge-biets (z. B. Unfall-/Notfallversorgung) diekomplette Bandbreite an Fällen abdecken(z. B. Trauma-Zentrum).

2. Die Festlegung des »Wettbewerbs-/Strate-gievorteils« bezieht sich auf die Frage, mitwelchen eigenen Fähigkeiten und infra-strukturellen Voraussetzungen eine Vor-teilsposition im relevanten Markt be-gründbar ist. Solche Vorteilspositionenkönnen sich aus »Kostenvorteilen« erge-ben (vergleichsweise geringeVorhaltekos-ten; Prozessoptimierung usw.), aus internvorhandenen/entwickelbaren Leistungs-potenzialen resultieren oder die »Einzig-artigkeit« bei der Behandlung bestimmterKrankheitsbilder betreffen (z. B. Schlag-anfallversorgung, Herzinfarktbehand-lung, Trauma-Zentrum usw.).

35

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

Enges Markt-/Zielsegment

(Nische)

Standardfälle mit Spezialisierung

(z. B. TEP)

Niedrige Kosten Einzigartigkeit/Differenzierung

Standardfälle(z. B. Schwerpunkt Innere Medizin:Kardiologie oder Gastroenterologie)

Breites Markt-/Zielsegment

(Branche)

•Bedeutende Entität (z. B. Prostata-CA, Diabetes)

•Spezialisierte Leistung(Intuitive Surgery dV, Point of Care Testing)

•Traumazentrum (national)(Rekonstruktion, Brandvers., Transplantation)

Traumazentrum• Plastische Chirurgie• ZNA

Wettbewerbs-/Strategievorteil

Kon

kurr

enzb

erei

ch

Abb. II-2: Strategische Positionierungsmöglichkeiten – Kooperationsstrategie

1.2.3 Wertschöpfungskette

Eine klare Positionierung ist für die Bünde-lung von medizinischen und ökonomischenRessourcen und damit für die Sicherstellungvon Qualität und Wirtschaftlichkeit ersteVoraussetzung.

Auf Basis der Positionierung kann imnächsten Schritt die Gestaltung der Wert-schöpfungskette erfolgen. Eine medizinischeWertschöpfungskette beschreibt die Abfolgevon Versorgungsstufen zur fallabschließen-den Behandlung eines Krankheitsbildes (z. B.Hüftgelenk-Fraktur nach Sturz/Unfall) unterder Berücksichtigung der krankheitsindivi-duellen, persönlichen und sozialen Situationeines Patienten. Eine Krankenhaus-Wert-schöpfungskette umfasst alle internen undexternen Ressourcen und Institutionen, dieerforderlich sind, um Patienten eines be-stimmten Krankheitsbildes fallgerecht zuversorgen.

Die Wertkettenbetrachtung rückt dieFrage nach der Arbeitsteilung zwischen me-dizinischen Leistungsanbietern in den Vorder-grund und zielt auf die Gestaltung von Out-sourcing und Kooperationen (cAbb. II-3).

Das Management-Konzept der Wert-schöpfungskette lässt sich als Strukturie-

rungsansatz zur Gestaltung von sektor-übergreifenden Notfallversorgungsstruktu-ren zielführend einsetzen (cKap. 1.2.5Wert-schöpfungskette in der Schlaganfallversor-gung).

Solche Kooperationen betreffen insbeson-dere auch Netzwerke in der Notfallversor-gung (Schlaganfall, Herzinfarkt, Trauma-netzwerk usw.).

1.2.4 Cluster-Strukturen undCampus-Konzepte

Medizinische Versorgungscluster sind Aus-druck der Strategie, an einem Standort bezie-hungsweise in einer Region alle medizini-schen Leistungsangebote unter einheitlicherSteuerung zu bündeln, die notwendig sind,um ein bestimmtes Krankheitsbild sektor-übergreifend und fallabschließend zu versor-gen. Dabei handelt es sich einerseits umKrankheitsbilder, die elektiven Charakterhaben und deren Behandlungsprozess gutstandardisierbar ist (z. B. totale Endoprothe-se). Andererseits ermöglichen diese Versor-gungskonzepte auch neue Wege im Bereichder Notfallmedizin.

36

II Strategie, Finanzierung und Controlling

Vorsorge

Infra-struktur

Wissens-ManagementInformations-ManagementMessen undDokument.Zutritts-ManagementWert-schöpfungs-phasen

Kompetenzzentren, Medizinische Versorgungszentren, Telemedizin, Portalkliniken,innovative Technologie, Healing Environment

OP-Techniken, innovative Medikalprodukte, Prozessoptimierung/Organisation,Good Medical Practice, Guidelines, Patientendatenbanken, BiodatenbankenQualitätsberichte, Critical Incident Reporting, Patienteninformation, Aufklärungund Erziehung, Patient Compliance Programme

Ergebnisqualität, Prozessqualität, Patient Record Management,

Anreizsysteme, Setting-Ansatz, Screening-Programme, Desease Management,Case Management, Hospitalist, Homecare ManagementLife-stylePrävention

MonitoringPrävention

Diagnose TherapieIntervention

GenesungRehabilitation

Gesundheits-Begleitung

NursingHomeManage-ment

• Gesundheits-förderndeUmwelt undLebensstil

• Risikofak-torenbeein-flussung

• Familien-anamnese

• Screening• GezieltePräventions-programmeRisiko-

faktorenGenetische

VeranlagungTodes-

ursachen

• Aufnahme-diagnose

• Anamnese• Tests• Funktions-unter-suchungen

• Spezialisten-konsultation

• Behandlungsplan

• Prozeduren

• Medikation

• Entlassungs-diagnose

• Reha-Plan

• Behandlungsplan

• Früh-rehabilitation

• Therapie-anpassung

• Reha-bilitation

• Nachsorge-plan

• Überwachungund Beein-flussung desPatienten-zustands

• Einwirken aufPatienten-Compliance

• Beobachtungvon Veränder-ungen desLebensstils

W e r t k e t t e n -

V o r t e i lPatienten-

nutzen

•Outcome

•Medizin.Resultat

•Prozess-kosten

Abb. II-3: Die Struktur der Wertschöpfungskette im Gesundheitswesen: Je früher Aktionen inder Wertkette erfolgen, desto effektiver und wirtschaftlicher gestaltet sich dasGesundheitssystem.

Integrierte Versorgung

Diagnose, Therapie und Rehabilitationsowie ambulante Nachsorge werden sektor-übergreifend integriert, einem zentralenFallmanagement unterstellt (Case Manager)und führen zu einer verkürzten Verweil-dauer im System bei gleichzeitiger Senkungder im System anfallenden Behandlungskos-ten.

Diese Form der Versorgung war Grund-idee der Verträge zur integrierten Versorgung(cAbb. II-4). Diagnose, Therapie und Rehawerden integriert und ohne vermeidbareWartezeiten realisiert; Nachsorgeangebotefür den häuslichen Bereich ermöglichen diefrühere Entlassung.

Das integrierte Versorgungsnetz verbin-det medizinische Leistungsanbieter unter-schiedlicher Spezialisierung mit dem Ziel,Krankheitsbilder ohne besonderes Kompli-kationsniveau so zu versorgen, dass einebedarfsgerechte Medizin bei niedrigen ver-

gleichbaren Kosten sichergestellt ist (cAbb.II-5).

Solche Netzkonstruktionen verbindeneinerseits Leistungsanbieter unterschiedli-cher Versorgungsstufen (niedergelassenerVertragsarzt, Krankenhaus, Pflegeheimusw.); andererseits ist das Leistungsangebotsolcher Netze die Grundlage für Versiche-rungsleistungen, die zu besonders günstigenKonditionen eingekauft werden können. DieVersicherungsleistung wird also in Verbin-dung mit der medizinischen Leistung auseiner Hand (in einem Vertragspaket) ange-boten (= Managed Care-Prinzip).

Portalkliniken

Portalkliniken spielen in der Notfallversor-gung eine besondere Rolle: Sie stellen eineprimäre/sekundäre hoch qualifizierte Ge-sundheitsservice-Institution dar, die präziseDiagnosen liefert, um zu entscheiden, ob einPatient weitere, spezialisierte Behandlung

37

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

Reha-bilitation

Diagnose Wartezeit

26–52Wochen

TEP-Eingriff Wartezeit Reha

TEP-Eingriff

Akut-Reha

Verkürzte

Reha1,3 Tage in jeder

Versorgungsstufe

Vertrags-arzt

Akut-Krankenhaus

8–12 Wochen

Gesamt-

Einsparung

4 Tage

Abb. II-4: Verweildauerreduktion, Qualitätsverbesserung und Kostensenkung bei der integriertenVersorgung von Hüftpatienten (TEP)

Abb. II-5: Medizinische Versorgungsnetzwerke mit Managed Care-Charakter: Ärzte helfen, damit derPatient sein persönliches Gesundheitspotenzial ausschöpft.

38

II Strategie, Finanzierung und Controlling

benötigt. Sie sind über eine telemedizinischeIT-Infrastruktur mit Spezialkliniken (z. B.Lungen-/Thoraxchirurgie; Neurologieusw.), qualifizierten Sekundardienstleistern(z. B. Radiologiezentren) und Maximalver-sorgern verbunden. Dies ermöglicht schnelle,präzise Diagnosen, Zweitmeinungskonsileper Telekonferenz und gezielte Akutversor-gung (cAbb. II-6).

Das Campus-Konzept

Ein Campus ist ein lokal konzentrierterVerbund von komplementären medizini-schen Leistungsanbietern mit dem Ziel, fürkomplexe Krankheitsbilder (z. B. Katalog-krankheiten; onkologische Entitäten; Herz-kreislauferkrankungen) eine fallabschließen-de ganzheitliche Versorgung sicherzustellen(cAbb. II-7).

Das Campus-Konzept ermöglicht Speziali-sierung undKomplementäre Differenzierungmit Leistungsangeboten im Akut- und Elek-tivbereich mit dem Ziel einer ganzheitlichenVersorgung (Versorgungslebenszyklus). Dermedizinische Versorgungsansatz eines Cam-pus ist orientiert an der kausalen Verknüp-fung unterschiedlicher Krankheitsbilder:35% aller Herzinfarktpatienten sind gleich-zeitig Diabetiker und 20% aller Herzkreis-laufpatienten erleiden einen Schlaganfall.Diabetiker sind überdurchschnittlich häufigvon Gefäßleiden (Diabetischer Fuß; Ge-fäßstenosen) betroffen. Das Campus-Kon-zept führt Kardiologie, Herz-Thorax-Chir-urgie, Gefäßchirurgie, Diabetesklinik, Rheu-matologie und Neurologie zusammen.

Unter dem Aspekt des Notfallmanage-ments ergeben sich dadurch neue Möglich-keiten der Notfall- beziehungsweise Akut-versorgung.

SpezialisiertesKrankenhausKompetenz-

zentrum

ElektronischePatientenakte

Eingangs-diagnose

PortalklinikAkut-patient

GP

Chro-nischerPatient

MRT Behandlung

Zweite Meinung

RehaEinrich-

tung

Abb. II-6: Die Portal-Klinik – ein zusätzlicher Pförtner der Pflege: Sie hält eine qualifizierte Notfalldia-gnostik sowie Notfallversorgung (teilweise auf Basis eines telemedizinischen Netzwerks) vor(vgl. von Eiff 2009).

39

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

Transplant.Einheit

Lungen-thorax-

ChirurgieDiabetes-

klinik

Rheuma-tologie

StrokeManagement

Herz-Chirurgie

AMI-Netzwerk

Kardio-logie

Reha-bilitation

Neuro

Rheuma

Kardio

Translat.Medizin

Gefäß-Chirurgie Pulmonologie

Onkologie

CampusPracticeCenter

Reha

Sanitätshaus

Forschung

Studien

AmbulantePhysio-therapie

Apotheke

Abb. II-7: Das Campus-Practice-Center: Das Campus-Konzept ermöglicht eine interdisziplinäre, aufkomplementäre Leistungsstrukturen ausgelegte Notfallmedizin (© CAVE/MVE 2009).

1.2.5 Prozessmanagement inder Notfallversorgung

Die Notfallversorgung ist umso effektiverund wirtschaftlicher, je mehr es gelingt, einereibungslose und zeitnahe Verknüpfung derverschiedenen medizinischen Leistungssek-toren (Ambulante Erstversorgung, Versor-gung auf dem Rettungstransport, stationäreErgänzungsbehandlung, Akutrehabilitationund ambulante Notfallnachversorgung) si-cherzustellen. Dies kann am Beispiel derakuten Notfallversorgung des Schlaganfallsdemonstriert werden.

Jährlich sind etwa 250.000 Menschen inDeutschland von einem erstmaligen oderwiederholten Schlaganfall betroffen. 20 bis30% der Patienten versterben innerhalb derersten vier Wochen. Im Jahr 2003 starben75.114 Menschen an einem Apoplex (Frau-en: 47.724;Männer: 27.386). Damit handeltes sich um die dritthäufigste Todesursache.Die Tendenz dieses Akutkrankheitsbildes istaufgrund des Phänomens der alternden Ge-

sellschaft steigend, da Schlaganfälle vor-nehmlich im höheren Lebensalter vorkom-men: Männer sind bei ihrem ersten Schlag-anfall imDurchschnitt 70 Jahre, Frauen etwa75 Jahre alt. Die WHO spricht bereits vomSchlaganfall als der kommenden »Epidemiedes 21. Jahrhunderts« (Bonita 1998).

Der Schlaganfall bedarf der sofortigennotärztlichen Versorgung, wobei zwei Re-geln komplementäre medizinische und öko-nomische Effekte zeigen:

l Time is Brain: Je schneller der Schlagan-fall nach Auftreten des Infarktereignissesversorgt wird, umso größer ist die Band-breite wirkungsvoller diagnostischer undtherapeutischer Optionen und umsopositiver ist die Prognose bezüglich einerRückkehr in das normale beziehungs-weise ein weitgehend selbstbestimmtesLeben. Ein Drittel der Patienten bleibtdauerhaft pflegebedürftig, was zumindestteilweise durch schnelle fachärztlicheVersorgung hätte vermieden werdenkönnen.

40

II Strategie, Finanzierung und Controlling

l Time is Money: Schnelle Versorgungdurch integrierte Diagnose- und Thera-pieansätze senkt die individuellen Ge-samtkosten dieses Krankheitsbildes.

Wichtig ist es, dass die entscheidenden Ak-teure innerhalb des SA-Wertschöpfungs-Pro-zesses ihre Leistungsbeiträge zeitnah und

leitliniengerecht erbringen und abstimmen(cAbb. II-8 und cAbb. II-9).

Dazu ist es erforderlich,

l die Rettungskräfte (Notärzte, NAW-Be-satzungen) so zu schulen, dass die Schlag-anfallsymptome zielsicher und schnellerkannt werden,

Abb. II-8: Behandlung gemäß OP-/Schlaganfall-Management-Abläufen: Der Rettungsweg ist einwichtiger Erfolgsfaktor im SA-Management.

Haupt-prozess Prävention Notfall-

ManagementIntegrierte klinischeVersorgung Reha-

bilitationNach-sorgeTeil-

prozessLebens-stil

VorbeugungScreening

Akut-Diagnose

Rettungs-transport

Akutdiagnose u.Akut-Therapie

Früh-rehabilitation

Aktivi-täten

• Informationenüber SA

SymptomeHandlungs-optionenKontaktdaten

• Identifikation von Risikogruppen

• Kampagnen für Risikogruppen

• VorbeugendeMaßnahmen

• BemerkenundIdentifizieren derersten SA-Symptome

• Notruf absetzen• Diagnose durch

Notarzt

• PräklinischeVersorgung

• ReibungslosePatientenüber-gabe

• Aufnahme imKrankenhaus

• Diagnose• Soforttherapie

• Frühmobilitation• Physiotherapie• Logopädie• Entlassung mit

Reha-Therapie-empfehlung

• Aufnahme• Therapieplan

aufstellen• Therapie• Entlassung• Teilstationnäre

/ambulanteNachsorge

• EinbindungHausarzt

• IndividuellerVersorgungs-bedarf– medizinisch– sozial– beruflich

• Nachsorge-maßnahmen

• Reintegration

Erfolgs-faktoren

• Informiert,aufmerksam undschnell sein alsersteKontaktperson

• Kooperation mit Rettungsdienst• SA-Netzwerk• Kooperation mit nicht SA-fähigen

Krankenhäusern

• ZentraleNotfallauf-nahme für SA-Patienten

• CT-/MRT-Verfügbarkeit

• Stroke Unit

• Konsequentes72-Std.-Management mitintegrierterFrühreha

• Kooperation u.gemeinsameLeitlinien mitReha

• AHB ohneWartezeit

• KonsequenteEinbindungund Schulungder Nieder-gelassenen

Abb. II-9: Prozess-Modell »Schlaganfall«: Das Notfallmanagement vor und nach Aufnahme ins Kran-kenhaus ist ein wichtiger klinischer und wirtschaftlicher Erfolgsfaktor.

41

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

l den Rettungsweg auf ein Krankenhausmit Schlaganfallkompetenz zu konzent-rieren.

l die Erstdiagnose im Krankenhaus (CT/Perfusions-CT/MRT) sofort nach Einlie-ferung aussagefähig sicherzustellen und

l das therapeutische Team (Neurologie,SA-Schwester, Physiotherapeut, Logopä-de) sofort verfügbar zu haben.

1.2.6 Markenmanagement inKrankenhäusern

Die Marke als Wahrnehmungsmonopol

Produkte, Dienstleistungen oder Institutio-nenhabenMarkencharakter,wenndie damitverbundenenAssoziationenimMeinungsbildvon relevanten Zielgruppen und Öffentlich-keit eine »Monopolstellung« erreicht haben.Eine Marke repräsentiert die Best-in-Class-Standards innerhalb einer Klasse und istdeshalb oft auch identisch mit einer Klassen-bezeichnung: Mayo steht für »Diagnosekli-nik«, John Hopkins steht für Spitzenmedizinin 17 Spezialgebieten, Great Ormond Streetsteht für »Die Kinderklinik«. EineMarke ist:

l einmalig, also nicht kopierbarl unverwechselbar im Erscheinungsbildl unverzichtbar bezüglich ihrer Kompetenzl unaustauschbar, weil sie einen besonde-

ren emotionalen Wertvorteil für einenKunden beinhaltet, der dem Lebensgefühldes Kunden entspricht (z. B. konfessio-nelle Krankenhäuser) und der im Kran-kenhausbereich sich auf Vertrauen in diemedizinische Leistung und individuelle,menschliche Kommunikation sowie psy-chologischen Beistand fokussiert.

Markenwert und Markenfunktion

Eine Marke ist immer mit einem Wertan-gebot verbunden, das von bestimmten

Zielgruppen als vorzugswürdig gegenüberallen anderen zur Auswahl stehenden An-geboten eingestuft wird. Eine Marke be-einflusst die Auswahlentscheidung einesKunden nur dann, wenn sie für denKunden entscheidungsrelevante Informatio-nen mobilisiert. Das Wertangebot einerMarke für den Kunden lässt sich aus dendrei Grundfunktionen einer Marke ablei-ten (cAbb. II-10), die eine wertvolle Hilfeim »Kauf-/Dienstleistungsentscheidungspro-zess« bieten:

l Funktion der Risikoreduktion: EineMarke steht für »vermutete bzw. erwie-sene Qualität« und signalisiert umfas-sende, herausragende Kompetenz aufeinem Fachgebiet. Damit verringert sichdie (subjektiv eingeschätzte) Gefahr ei-ner Fehlentscheidung. Insbesondere imGesundheitsmarkt spielt diese Marken-funktion die zentrale Rolle, weil Patien-ten ein Krankenhaus primär nach dervermuteten medizinischen Qualität aus-suchen.

l Funktion des Identifikationsnutzens: DerKunde identifiziert sich mit der Marke,indem er zeigt, dass die Marke Teil seinesLebensstils ist. Für medizinische Leistun-gen hat diese Markenfunktion begrenztBedeutung, eher für prestigegebende Pro-dukte (Designerware) und Dienstleistun-gen (Exklusiv-Reisen). InsbesondereKrankenhäuser in kirchlicher Träger-schaft bieten für gläubige Patienten einenIdentifikationsnutzen; religiöse Symboleund Rituale sowie die Art der Behand-lung und das Verhaltens des Personalsgeben diesen Patienten Sicherheit undRuhe.

l Funktion der Selektionshilfe: Durch ihrunverwechselbares Erscheinungsbild inVerbindung mit einer Qualitätsvermu-tung stechen Marken vor anderen Ange-boten hervor und erleichtern den Such-und Auswahlprozess.

42

II Strategie, Finanzierung und Controlling

Sympathie Vertrauen

Klassen-Maßstab

Risikoreduktion

Identifikations-nutzen

Selektions-hilfe

Bedeutung der Markenfunktionen für:ein Krankenhausein Automobil

Abb. II-10: Funktionen der Marke: Eine Gebrauchsgütermarke bietet dem Käufer einen Identifika-tionsnutzen. Eine Medizinmarke ist eine Selektionshilfe und hilft, Risiken zu reduzieren.

Markenansätze

Um die Bedeutung von Marken für dieAuswahlentscheidung zu verstehen, ist eserforderlich, sehr genau zwischen

l Konsumgütermarken wie Coca Cola,McDonalds usw.,

l Gebrauchsgütermarken wie Mercedes,Saeco usw.,

l Investitionsgütermarken wie Caterpillar,IBM usw.,

l Dienstleistungsmarken wie FedEx,McKinsey und insbesondere

l Krankenhausmarken wie Johns HopkinsHospital, UCLA Medical Center, MAYOClinic, Great Ormond Street Hospitaloder Charité zu unterscheiden.

Grundsätzlich lassen sich drei Ansätze er-kennen, nach denen Marken konstruiertwerden:

Der Corporate Design basierte Ansatzversteht die Marke als einen charakteristi-

schenNamen und/oder ein Symbol, das dazudient, eine Institution/ein Produkt/einDienst-leistungsangebot sofort und ohne weitereErklärung wiederzuerkennen bzw. von kon-kurrierenden Angeboten zu unterscheiden.Unverwechselbare Logos, Gebäudearchitek-turen und Milieuausstattungen unterstützendie Markenprofilierung.

Der auf Identifikation basierte Ansatzbietet dem Kunden neben einem Qualitäts-versprechen insbesondere eine »emotionaleHeimat«. Konsum- und Gebrauchsgüter ha-ben die Besonderheit, dass Sie für ihren Käu-fer/Benutzer neben dem reinen Genuss-/Ge-brauchsnutzen einen sogenannten »Identi-fikationswert« aufweisen können. Das heißt,der Gebrauch der Marke drückt gleichzeitigein Lebensgefühl aus: Der Käufer definiertüber die Marke einen Teil seiner Persönlich-keit; mit dem Produktgebrauch demonstrierter sein individuelles Lebens- und Selbstwert-gefühl gegenüber seiner sozialen Umgebung.

Der risikobasierte Ansatz zielt darauf ab,Vertrauen in Qualität und Leistungsfähigkeit

43

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

bei den relevanten Zielgruppen zu erreichen.Dieser Ansatz geht davon aus, dass Markenvon innen heraus entstehen und nicht aus-schließlich und vorzugswürdig an Kunden-wünschen orientiert sind. Dieser Ansatz stelltzwei Aspekte in den Fokus der Markenbil-dung: bewiesene herausragende Fachkompe-tenz sowie Sozialqualität undUnternehmens-kultur als Voraussetzungen für positive Me-dienberichte und gesteigerte Bereitschaft zurWeiterempfehlung. Eine Marke entsteht alsonicht durch Marketing, sondern durch be-wiesene Leistung. Dieser Ansatz hat im Ge-sundheitswesen herausragende Bedeutung.

Kompetenz und Assoziation:Meinungsbild und Qualitätsversprechenprägen die Marke

Eine Marke wird repräsentiert durch

l Zeichen, die die Identität eines Produkts,einer Dienstleistung, einer Institution op-tisch darstellen (z. B. Logos, Farbklima,Bekleidung);

l einen Kompetenzanspruch, der als Leis-tungsversprechen an die relevanten Ziel-gruppen kommuniziert wird;

l das tatsächliche Verhalten des Marken-unternehmens, durch das der Kunde indie Lage versetzt wird, die Übereinstim-mung von »Reden« (Leistungsverspre-chen) und »Handeln« (tatsächlich er-brachte Leistung) zu überprüfen;

l Assoziationen, die die relevanten Ziel-gruppen und die Öffentlichkeit mit derMarke verbinden.

Insbesondere Assoziationen, also Bilder, An-mutungen, Vorstellungen, Gefühle und Ge-danken, die automatisch einer Person in denSinn kommen, wenn dieMarke wahrgenom-men wird, bilden das Image einer Markeund festigen langfristig deren Markenprofil(cAbb. II-11). Markenprägende Assoziatio-nen unterliegen im Gesundheitswesen völliganderen Gesetzmäßigkeiten wie sie für Ver-

brauchs- und Gebrauchsgüter oder auchDienstleistungen im Banken-, Hotel- undHandelsbereich typisch sind. Ein Kranken-haus ist auf dem Weg zu einem Markensta-tus, wenn es ein eigenständiges Profil entwi-ckelt, das positive Signale aussendet und dasnegative Basis-Image »des Krankenhauses«überwindet.

Mit dem Begriff Krankenhaus sind ehernegative Assoziationstendenzen verbunden.Das liegt in der Natur der Sache: Kranken-hausleistungen

l sind in der Regel veranlasst durch ge-sundheits- und/oder lebensbedrohlicheGefährdungen von Menschen,

l bergen iatrogene Risiken (Narkose, Kom-plikationen usw.) und

l rufen bei vielen Menschen ein Gefühl desAusgeliefertseins hervor.

Das Krankenhaus als Marke muss also ver-suchen, Assoziationen zu erzeugen, die Ver-trauen in dieQualität und dieMenschlichkeitvon Leistungen aufbauen, ohne dass Erwar-tungshaltungen entstehen, die unrealistischbeziehungsweise unerfüllbar sind. Amerika-nische Krankenhäuser werben zum Teil mitErfolgsgarantie und herausragenden Dienst-leistungsversprechen, was unter ethischenAspekten zweifelhaft ist.

Die Zentrale Notaufnahme als Erfolgs-faktor zur Entwicklung einesMarkenstatus

Der »loyale Kunde« spielt für das Akutkran-kenhaus eine wichtige Rolle: Auch wenn ernicht in das Krankenhaus zurückkommt(was ihm zu wünschen ist), fungiert er alsInformationsmultiplikator, indem er drittenPersonen über seine Erfahrungen berichtet.Insofern geht es weniger darum, dass derPatient selbst bei zukünftigen Krankheits-fällen das gleiche Krankenhaus aufsucht,sondern seine Erfahrungen »positiv wer-tend« an möglichst viele Dritte weitergibt.

44

II Strategie, Finanzierung und Controlling

Das Krankenhaus

Schmerzen 28Sterben 22Spritze 20Krankheit 18Hilfe 12

Assoziations-

verschiebung

Kompetente Ärzte und Pflegekräfte

„Marien-Hospital“

für alle Fälle gerüstetgutes Betriebsklimaattraktiver ArbeitgeberZuwendung und persönliche Betreuungfreundlich

Abb. II-11: Markenbestimmende Assoziation: Ein Krankenhaus mit Markenstatus hat es erreicht, dasseine Assoziationsverschiebung zwischen »dem Krankenhaus« als anonyme Institution unddem eigenen Haus als Leistungs- und Sympathieträger stattfindet (© CKM 2009).

In der CKM-Studie »Magnet-Krankenhaus«rangierte die medizinische Qualität zwar alswichtigstes Beurteilungskriterium für dieLeistungsfähigkeit eines Krankenhauses,gleichzeitig wurde aber deutlich, dass diewenigsten Patienten in der Lage sind, diesewirklich fachlich zu beurteilen. Die Beurtei-lung der Gesamt-Qualität (inklusive der me-dizinischen Leistungsfähigkeit) eines Kran-kenhauses erfolgt aufgrund der Art undWeise, in der mit ihnen kommuniziert undumgegangen worden ist. Das heißt, nebender medizinischen Qualität und der Service-Qualität spielt insbesondere die Kontaktqua-lität (also die Fähigkeit des Krankenhaus-personals, Patienten und Angehörigen dasGefühl von Geborgenheit, Verständnis,Hilfsbereitschaft, individuellem Eingehenauf die persönlichen Belange usw. zu ver-mitteln) die wichtigste Rolle für die Marken-bildung.

Befragt man Patienten vier bis sechs Wo-chen nach der Entlassung aus dem Kranken-haus nach den wichtigsten (also Image undRuf bildenden) Erlebnissen, Empfindungenund Assoziationen, so steht der Faktor Kon-

taktqualität an erster Stelle der Beurteilungs-skala. Die faktische medizinische Leistung(die medizinische Ergebnisqualität) spielt beider Beurteilung der Leistungsfähigkeit desKrankenhauses eine deutlich nachgeordneteRolle: Ehemalige Patienten sprechen mitdritten Personen primär über die Art undWeise der Kommunikation.

Und damit schließt sich der Kreis derMarkenbildung für ein Krankenhaus: Erleb-te Kontaktqualität führt zu Weiterempfeh-lung und diese bewirkt im Meinungsbild derÖffentlichkeit das Phänomen der »vermute-ten medizinischen Qualität«. Diese vermu-tete Qualität veranlasst potenzielle Patienten(und Einweiser) dazu, sich das Krankenhausdes Vertrauens auszusuchen. Denn die Wahleines Krankenhauses wird im Wesentlichendurch das Vertrauen in die medizinischeLeistungsfähigkeit bestimmt (cAbb. II-12).

Mit anderen Worten: Markenstatus setzteineMarkenkultur voraus. Eine Markenkul-tur äußert sich im Führungsstil, im Kommu-nikationsverhalten sowie in der Art derZusammenarbeit ebenso wie in der gelebten»Kunden- und Service-Orientierung«.

45

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

Abb. II-12: DerMarkenbildungs-Kreislauf: Markenstatus entsteht durch erlebte Kontakt-/Sozialqualität,die zu aktiver Weiterempfehlung führt, und bewirkt eine medizinische Qualitätsvermutung(© CKM 2009).

Alle reden von klassischen Dimensionen derQualität im Krankenhaus (nach Donabedi-an): Ergebnis-, Prozess- und Strukturquali-tät. Aber die wichtigste Qualitätsdimensionist die Sozialqualität (vgl. von Eiff 2000,S. 21ff.): Sie ist einerseits Voraussetzung,damit die klassischenQualitäts-Dimensionenerst mit Leben erfüllt werden und bewirktandererseits direkt Kundenzufriedenheitbeziehungsweise Kundenbegeisterung. EinNotaufnahme hat Markenstatus, wenn dievermutete medizinische Qualität bei poten-ziellen Patienten, Einweisern und Kranken-kassen herausragend im Sinne von unbestrit-ten ist. Die erlebte Kommunikationsqualitätbeeinflusst die Bereitschaft zur Weiteremp-fehlung am nachhaltigsten und trägt signifi-kant/dominant zur Rufbildung bei.

Außerdem entwickelt sich eine Markedurch Weiterempfehlung von Patienten undAngehörigen, kontinuierliche Berichterstat-tung über herausragende Medizin- und Ser-viceleistungen in den Medien, innovativekundennahe Dienstleistungen und neueWege als Beitrag zur Lösung von gesell-schaftlichen Problemen (cAbb. II-13).

Gesundheitssysteme sind kompliziert undimplizieren den Wunsch nach qualifizierterTransparenz über leistungsfähige und weni-ger leistungsfähige Krankenhäuser. Die In-formationsflut nimmt gerade im Gesund-heitswesen explosionsartig zu und führt zueinem klassischen informationslogistischenDilemma: Ein Zuviel an Information bewirkteinen Mangel an Informiertheit!

Um die Vielfalt der Informationen beibegrenzter Zeit und limitierter Aufnahmefä-higkeit verarbeiten zu können, entwickelnMenschen zwei Selektionsfilter:

1. Aus Unsicherheit über den wirklichenInformationswert einer Botschaft selek-tieren sie aus der Vielzahl der Sender (¼Krankenhäuser) diejenigen heraus, denensie »vertrauen« und die »Sympathie«ausstrahlen.

2. Aus Sympathie werden Vorurteile gebil-det, die diesen Selektionsprozess (i. S.eines HALO-Effekts) fokussieren.

An dieser Stelle setzt erfolgreiches Marken-Management an: Kontinuität imAuftritt und

46

II Strategie, Finanzierung und Controlling

Aktionen

Bereitschaft zurWeiterempfehlung

ErlebteService-qualität

Empfundenemedizinische

Qualität

Vertrauen+

Erwartung

VermuteteSozial-qualität

Struktur-qualität

Sozial-qualität

Medien-Berichte

Leistung

Vermutetemedizinische

QualitätInformationen

Prozess-qualität

Ergebnis-qualität

ErlebteKommuni-kations-qualität

Markenstatus

Abb. II-13: Krankenhaus alsMarke: Die Krankenhaus-Marke entsteht von innen heraus auf zweiWegen:Setzen eines Profils im Sinne eines Leistungsversprechens, das bei relevanten Zielgruppeneine Qualitätserwartung aufbaut; Erfüllung des Kompetenzanspruchs in den arbeitstägli-chen Leistungsprozessen.

eine unverwechselbare Persönlichkeit basie-ren auf einer konstruktiven Unternehmens-

kultur und bewirken Vertrauen sowie Sym-pathie bei den relevanten Zielgruppen.

1.3 Fazit

Die Notfallversorgungsfähigkeit eines Kran-kenhauses trägt erheblich zur Markenbil-dung bei, und zwar im Wesentlichen durchvier Dimensionen:

l Hohe medizinische Kompetenz im breitenSpektrumderNotfallmedizin (chirurgisch,internistisch, neurologisch), strukturelldemonstriert durch organisatorische Ele-mente wie ZNA,Akutversorgungs-Teams,Stroke Unit, Hubschrauberlandeplatz,dezentral-vernetzte IT-Struktur, dasVorhalten medizinisch-komplementärerLeistungsbereiche wie Nephrologie, Dia-betologie, Plastische Chirurgie/Wieder-herstellungs-Chirurgie, Handchirurgieetc. sowie die Einbindung in Akutver-

sorgungsnetzwerke (Netzwerk AkuterMyokardinfarkt, Netzwerk Schlaganfalletc.)

l Patientenindividueller Kommunikations-stil

l Dienstleistungen zur Reduzierung/Ver-hinderung von Problemen auf das sozialeUmfeld

l Bieten einer angstfreien Atmosphäredurch Milieugestaltung nach dem Kon-zept der »heilungsfördernden Umge-bung«

Insofern kommt es darauf an, alle Maßnah-men der Patientenversorgung, Milieu- undOrganisationsgestaltung rund um dieZNA systematisch im Marketing-Mix des

47

1 Unternehmensstrategie und Markenmanagement

Distribution Vision

Mission

Werte

Leistungs-programm

Personal undVerhalten

Prozesse undProzeduren

Ausstattungund Milieu

Preisekonditionieren

Kommunikation

Markt undWettbewerb

=Markt-

perspektive

Beziehungund Qualität

=Patienten-/Kunden-

perspektive

Abb. II-14: Die strategiegerechte Orchestrierung der Marketing-Instrumente zur nachhaltigenErreichung einer angestrebten Marktposition

Krankenhauses zu berücksichtigen. DerMarketing-Mix orientiert Organisation und

Führung von ZNAs an den Strategien desKrankenhauses (cAbb. II-14).

Literatur

Bonita, R.(1998) The Coming Epidemic. Lancet332(Suppl. 4).

von Eiff, C.A. (2009)Mergers andAcquisitions imGesundheitswesen als strategische Perspektive.Eine wirtschaftliche und rechtliche Betrach-tung bei M+A-Transaktionen im Kranken-haus. Master-Arbeit an der Donau-UniversitätKrems.

von Eiff,W. (2000) Führung und Motivation inKrankenhäusern. Perspektiven und Empfeh-

lungen für Personalmanagement und Organi-sation. Stuttgart: Kohlhammer.

von Eiff,W. (2006) TheHospital as a Brand. GoodReputation as strategically competitive asset.Tidsskrift for Dansk Sundhedsvaesen 5: 196–199.

von Eiff,W., Stachel, K. (2006) ProfessionellesPersonalmanagement. Wegscheid: Wikom.

48

II Strategie, Finanzierung und Controlling

2 Investition und Finanzierung

Eine Einführung

Wilfried von Eiff

2.1 Problemstellung

Seit sich die Erkenntnis durchsetzt, dassZentrale InterdisziplinäreNotaufnahmen so-wohl aus medizinischer wie auch aus öko-nomischer Sicht vorteilhaft sind, streben vieleKrankenhäuser die Einrichtung einer Zent-ralen Notaufnahme (ZNA) an. In Abhängig-keit von Größe und medizinischem Ange-bots-Portfolio des Krankenhauses sowie dergegebenen baulich-funktionalen Strukturenist für Neu- und Umbaumaßnahmen einerZNA in der Regel ein ein- bis zweistelligerMillionenbetrag aufzubringen. Gleichzeitig

steht die Notfallbehandlung im Spannungs-feld zwischen dem ambulanten und statio-nären Sektor und die Erlöse der ambulantenNotfallbehandlung sind nicht kostende-ckend. Die komplizierten Rahmenbedingun-gen der Krankenhausfinanzierung und derdamit verbundene Investitionsstau stellen fürviele Krankenhäuser eine große Herausfor-derung dar. Der vorliegende Beitrag bieteteine Einführung in die Grundsätze der Fi-nanzierung und des Investitionsmanage-ments.

2.2 Sektorale Finanzierung

Das System derVersorgungmit Gesundheits-leistungen ist in Deutschland grundsätzlichsektoral organisiert (cAbb. II-15).

Ambulante (vertragsärztliche Versor-gung), Akutversorgungssektor (Kranken-häuser), Rehabilitationssektor (stationäreund ambulante Einrichtungen zur Erbrin-gung medizinischer Rehabilitationsleistun-gen) sowie Pflege- und Betreuungsleistungenwerden auf unterschiedliche Art finanziert,sind durch verschiedene Formen bzgl. Pla-nungshoheit und Sicherstellungsauftrag ge-

kennzeichnet und unterscheiden sich erheb-lich im Hinblick auf Trägerstruktur undMarktmechanismen (cAbb. II-16).

Investition und Finanzierung hängen engzusammen und bestimmen über die Zu-kunftsfähigkeit eines Unternehmens. Investi-tion in Gebäude, Medizintechnik, Personal-qualifikation und Organisation bestimmendas unternehmerische Erfolgspotenzial. DieArt der Finanzierung bestimmt Rentabilitätund Liquidität und legt den Handlungsspiel-raum für Management-Entscheidungen fest.

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Gesundheits- fördernde Lebensführung

Vorsorge und Screening

Notfall- versorgung

Reha- bilitation Nachsorge

Ambulante Versorgung Rehabilitation

akut-/vollstationäre Versorgung Pflege

Betreuung

Pflege

Medizinische Versorgungskette:

Prozessorientierte, sektorübergreifende und am Lebenszyklus „Gesundheit, Krankheit, Regeneration/Betreuung“ orientierte Struktur des Gesundheitssystems.

Sektorale Struktur des Gesundheitssystems:

Trennung von Finanzierung, Refinanzierungsbasis sowie Planungs- und Sicherstellungsauftrag.

Diagnose und Therapie

Abb. II-15: Die medizinische bzw. gesundheitspolitische Versorgungsstruktur kann unter verschiedenenAspekten betrachtet werden.

Ambulante Versorgung

Stationäre Versorgung

Rehabilitation Pflege und Betreuung

Gesetz SGB V EBM 2012 Euro-EBM

SGB V KHEntgG

SGB IX § 40 SGB V § 111 SGB V

SGB XI

Planung/ Sicherstellung

Kassenärztliche Vereinigung

Land Rentenver-sicherungsträger GKV

Kommunen Private Träger Freigem. Träger

Versorger Niedergelassene Ärzte

Entlassungsmanagement § 39 SGB V Pflegeeinrichtungen/ ambulante Dienste

Krankenhäuser Reha-Einrichtungen

Notfallversorgung

Verzahnung ambulante und stationäre Versorgung

Finanzierung Monistisch Ambulantes Budget

Dualistisch Stationäres Budget Flexible Budgetierung

Monistisch GKV/RV Monistisch Pflegeversicherung / Privat

Refinanzier-ungsbasis

Leistung Fallpauschalen Investitions-zuschläge Kapitalmarkt

Individuelle Tagespauschalen Kapitalmarkt

Individuelle Pauschalen Selbstzahlung

Abb. II-16: Merkmale der sektoralen Finanzierung

50

II Strategie, Finanzierung und Controlling

2.2.1 Das System derKrankenhaus-finanzierung

Die Krankenhausfinanzierung wird inDeutschland durch das Krankenhausfinan-zierungsgesetz (KHG) mit dem Ziel einerbedarfsgerechten und wirtschaftlichen Ver-sorgung geregelt. Grundsätzlich unterliegtdie Krankenhausplanung ebenso wie dieRettungsdienstplanung der Zuständigkeitder einzelnen Bundesländer, wobei dieseAufgaben teilweise unterschiedlichen Minis-terien zugeordnet sind. Das System derKrankenhausfinanzierung unterliegt einerBesonderheit gegenüber anderen Branchenund Bereichen des Gesundheitssystems: ImKrankenhaus erfolgt eine Trennung der Fi-nanzierung der Investitions- und der Be-triebskosten. Daher wird auch von dualerFinanzierung gesprochen. In diesem Systemwerden die Investitionskosten von im Kran-kenhausplan aufgenommenen Krankenhäu-sern (unabhängig von der Trägerschaft)durch öffentliche Fördermittel aus demHaushalt des zuständigen Bundeslandesund die laufenden Betriebskosten durch dieMittel der Krankenkassen bzw. andererSozialversicherungsträger finanziert. Auf-grund der immer knapperen Haushaltslageder Länder gehen die öffentlichen Investi-tionsförderungen immer weiter zurück.Gegenwärtig beläuft sich der Investitionsstauin denKrankenhäusern je nachQuelle auf biszu 55 Mrd. Euro. Neben der häufig optischund funktionell überalterten Infrastrukturder Krankenhäuser gehen mit dem Investi-tionsstau auch unmittelbar höhere Betriebs-kosten einher, da zum Beispiel die Wärme-isolierung und Heizungsanlagen nicht demheutigen Standard entsprechen. Auch wenndas System der USA nicht direkt mit unseremSystem verglichen werden kann, sollen den-noch zwei interessante Aspekte genannt wer-den. So verfügen amerikanische Not-for-profit-hospitals alleine über mehr als 100

Mrd. US-Dollar, die am Kapitalmarkt ange-legt sind, um durch die Renditen neue An-schaffungen zu finanzieren, und das Durch-schnittsalter der Gebäude liegt bei unter 10Jahren (Song et al. 2008, S. 234 ff.).

Im Folgenden soll die genaue Funktions-weise der dualen Krankenhausfinanzierungerklärt werden. Dabei wird lediglich auf dieallgemeinen Grundlagen eingegangen, ohnedie Sonderregelugen der einzelnen Bundes-länder zu berücksichtigen. Lediglich die neueund bislang einzigartige Form der Baupau-schale in Nordrhein-Westfalen (NRW) wirderläutert.

Langfristige Investitionen, wie bspw. dieErweiterung eines Krankenhauses, und dieWiederbeschaffung von mittel- und langfris-tigen Anlagengütern in den meisten Bundes-ländern werden im Wege der Einzelförde-rung auf Antrag abgewickelt (§ 9 Abs. 1 und2 KHG), wobei eine Aufnahme in das Inves-titionsprogramm des zuständigen Ministe-riums Grundvoraussetzung ist (§ 8 Abs. 1 S.1 KHG). Eine Ausnahme bildet das LandNordrhein-Westfalen (NRW). Hier wurdeim Dezember 2007 das neue Krankenhaus-gestaltungsgesetz (KHGGNRW) eingeführt,das den Ersatz der Einzelförderung durcheinen jährlichen Pauschalbetrag vorsieht. Fürdie Wiederbeschaffung kurzfristiger Investi-tionsgüter und für kleinere bauliche Maß-nahmen wird in der Regel von den Länderneine Pauschalförderung an die im Kranken-hausplan aufgenommenen Krankenhäusergezahlt (§ 9 Abs. 3 S. 1 KHG). Kosten derInstandhaltung und die Beschaffung vonVerbrauchsgütern werden dagegen nichtvon den Bundesländern finanziert und sinddem Prinzip der dualen Finanzierung bei derKalkulation der Betriebskosten zu berück-sichtigen. Detaillierte Angaben zu der Ab-grenzung, welche Kosten durch öffentlicheMittel förderfähig sind, sind in der Abgren-zungsverordnung (AbgrV) geregelt.

Die Kosten der laufenden Krankenhaus-nutzung, die sog. Betriebskosten, sind vonden Krankenkassen zu finanzieren. Mit der

51

2 Investition und Finanzierung

Verabschiedung des GKV-Gesundheitsre-formgesetzes 2000 soll die Vergütung inForm von Tagespflegesätzen durch ein leis-tungsorientiertes und pauschalierendes Ent-geltsystem für alle voll- und teilstationärenLeistungen geschehen. In diesem Fall habensich die Selbstverwaltungspartner, also dieDeutsche Krankenhausgesellschaft, die Spit-zenverbände der Krankenkassen und derVerband der privaten Krankenversicherung,für ein Vergütungssystem auf der Grundlageder Diagnosis Related Groups (DRGs) ent-schieden. Dabei handelt es sich um einökonomisch motiviertes, primär am Organ-system orientiertes Patientenklassifikations-system. Ein DRG-basiertes Entgelt ist als»Preis« für eine Leistung zu interpretieren. Esstellt sich jedoch untermarktwirtschaftlichenAspekten die Frage, warum dieser Preisnicht, wie in jeder anderen Branche üblich,auch einen Anteil für die Investitionskostendes Unternehmers enthalten sollte.

Die Finanzierung im Bereich der Notauf-nahme gestaltet sich noch komplizierter, dadiese an der Schnittstelle zwischen der am-bulanten und stationären Versorgung ange-siedelt ist. Durch die strikte sektorale Tren-nung und der einhergehenden getrenntenFinanzierung befindet sich die ambulanteVersorgung in Krankenhäusern in einemständigen Konfliktfeld. Für die Finanzie-rung der Betriebskosten sind im Fall derambulanten Versorgung im Allgemeinendie Kassenärztlichen Vereinigungen zustän-dig. Da es aber im Bereich der Nieder-gelassenen keine Trennung zwischen Inves-titions- und Betriebskosten gibt, wird Kran-kenhäusern ein sog. Investitionskostenab-schlag (§ 120 Abs. 3 SGB V) in Höhevon 10% abgezogen, wenn Sie gegenüberder Kassenärztlichen Vereinigung abrech-nen. In Abbildung II-17 ist die Struktur derKrankenhausfinanzierung vereinfacht dar-gestellt.

Abb. II-17: Das Fehlsteuerungsproblem der Dualen Finanzierung: die Trennung von Investitions- undBetriebskostenverantwortung und unübersichtliche Steuerleistungen (vgl. von Eiff, C. A.2013)

52

II Strategie, Finanzierung und Controlling

2.2.2 Das Modell BaupauschaleNRW und künftigeInvestitionspauschalen

Das Land NRW hat als erstes Bundeslanddas Verfahren der Einzelförderung für großeInvestitionsvorhaben faktisch abgeschafftund eine Baupauschale eingeführt. PrimäresZiel ist eine größere und flexiblere Planungs-möglichkeit für die Krankenhausträger. Die-se neue Form der Investitionsförderung führtzu neuen Chancen und Risiken aus Sichtder Kliniken (von Eiff et al. 2008, S. 1308).Zur Veranschaulichung der alten Regelungin NRW wird zunächst das alte Schema derKrankenhausförderung von NRW gezeigt,das gegenwärtig zumindest in ähnlicherWeise noch in den anderen Bundesländernpraktiziert wird.

Nach Bewilligung der Einzelförderungdurch das Land erhielten die Krankenhäuserin NRWeinen Festbetrag über die geprüften,voraussichtlich anfallenden Kosten. Wurde

der bewilligte Betrag unterschritten, mussteder Differenzbetrag von den Kliniken zu-rückgezahlt werden. Unter bestimmten Vor-aussetzungen hat das Land anfallendeMehr-kosten übernommen, im Zweifel musstenaber die Kliniken dafür aufkommen. Parallelzur Einzelförderung wird den Krankenhäu-sern eine Pauschalförderung zur Wiederbe-schaffung der kurzfristigen Anlagegüter ge-währt. Der Betrag richtet sich in NRW nachAnzahl der Planbetten und Behandlungs-plätze eines Krankenhauses. Im Rahmender Zweckbindung kann ein Krankenhausgrundsätzlich mit dieser Jahrespauschale freiwirtschaften. Es dürfen jedoch keine Pau-schalfördermittel für Zwecke verwendetwerden, die der Einzelförderung unterliegen.

Für die Krankenhäuser bedeutete die alteRegelung ein hohesMaß anUngewissheit. Eswar nicht absehbar, wann die Anträge aufEinzelförderung genehmigt wurden. DurchEinführung des am 11. Dezember 2007verkündeten Krankenhausgestaltungsgeset-zes (KHGG NRW) trat das KHG NRW

§ 25 Abs. 1 Nr. 2 KHG NRW:

Kosten der Erhaltung oder Wiederherstellung von Anlagegütern (nicht Instandhaltung)

§ 23 KHG NRW:

Anlauf- und Umstellungskosten (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 KHG) sind nur förderungsfähig, wenn sie mit einer Investition § 21 KHG NRW in Zusammenhang stehen

§ 21 Abs. 1 Nr. 3 KHG NRW:

Ergänzung von Anlagegütern, die über die übliche Anpassung (§ 9 Abs. 4 KHG) wesentlich hinausgeht

§ 25 Abs. 1 Nr. 2 KHG NRW:

Sonstige förderungsfähige Investitionen gem. § 21 KHG NRW, soweit die Kosten (netto) der Vorhaben bei Krankenhäusern der:

1. Anforderungsstufe 58.170 EUR 2. Anforderungsstufe 42.280 EUR 3. Anforderungsstufe 56.360 EUR 4. Anforderungsstufe 74.140 EUR nicht übersteigen.

§ 21 Abs. 1 Nr. 2 KHG NRW:

Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit Nutzungsdauer > 15 Jahren

§ 25 Abs. 1 Nr. 1 KHG NRW:

Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter mit Nutzungsdauer > 3 und 15 Jahren

§ 21 Abs. 1 Nr. 1 KHG NRW:

Neubau, Umbau und Erweiterungsbau von Krankenhäusern inkl. Erstausstattung

Pauschalförderunggem. § 25 KHG NRW

Einzelförderunggem. §§ 21 und 23 KHG NRW

Investitionsförderung durch das Land NRWbis zum 27. Dezember 2007 mit KHG NRW

Abb. II-18: Darstellung der alten Regelung zur Investitionsförderung in NRW

53

2 Investition und Finanzierung

§ 27 KHGG NRW:

Anlauf- und Umstellungskosten (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 KHG) sind nur förderungsfähig, wenn sie mit einer Investition § 18 Abs. 1 Nr. 1 KHGG NRW in Zusammenhang stehen

§ 18 Abs. 1 Nr. 2 KHGG NRW

Wiederbeschaffung kurzfristiger Anlagegüter mit einer Nutzungsdauer > 3 und 15 Jahren

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 KHGG NRW:

Neubau, Umbau und Erweiterungsbau von Krankenhäusern inkl. Erstausstattung

sowie die Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer Nutzungsdauer > 15 Jahren

Pauschalförderunggem. § 18 KHGG NRW

Baupauschalegem. §§ 18 und 27 KHGG NRW

Investitionsförderung durch das Land NRWmit KHGG NRW

Abb. II-19: Darstellung der neuen Regelung zur Investitionsförderung in NRW

zum 29. Dezember 2007 außer Kraft. DieNeugestaltung des Gesetzes führt zu einergrundlegenden Veränderung der Investi-tionsförderung im Bereich der Einzelförde-rung, da diese durch eine Baupauschaleersetzt wird. Krankenhäuser erhalten nun inAbhängigkeit von der Krankenhausleistung(Case Mix) jedes Jahr eine Investitionspau-schale für Baumaßnahmen. Für einen be-stimmten Zeitraum besteht eine Übergangs-regelung, die gewährleisten soll, dass nichtdiejenigen Kliniken benachteiligt werden, dieals nächstes im Rahmen der Einzelförderunggefördert worden wären.

Die konkreten Folgen der Einführung derBaupauschale in NRW sind noch nichtabschätzbar. Während einerseits die höhereFlexibilität bei der Planung von Investitio-nen positiv beurteilt wird, sind zum anderendie Risiken für die Krankenhausträger zuberücksichtigen. So entfällt auf der einenSeite das komplizierte und wenig transpa-rente Antragsverfahren auf Einzelförderung,zum anderen entstehen für die Kliniken

zusätzliche Kosten, da die Verwendung derMittel von Wirtschaftsprüfern geprüft wer-den muss. Ein weiteres großes Problem ist,dass die Höhe der Krankenhausförderungvon der Haushaltslage der Bundesländerabhängig ist. Aus diesem Grund kann einKrankenhaus auch bei konstanter Leis-tungserbringung nicht mit einer konstantenBaupauschale rechnen. Kliniken müsstenanstehende Bauvorhaben zu einem gewissenAnteil über Kredite finanzieren. Da es keineGarantie für die Höhe der Baupauschalegibt, werden die Banken im Rahmen desRatings für dieses Risiko einen Zinszuschlagverlangen. Werden Investitionsvorhaben zueinem großen Teil über Kredite finanziert,die anschließend durch die Baupauschalegetilgt werden, ist das Krankenhaus fürlange Zeit eingeschränkt. Es ist zu beden-ken, dass im Falle der Kreditaufnahme einTeil der Fördermittel für Zinszahlungenverwendet werden. Dies bedeutet faktischeine Reduzierung des tatsächlichen Förder-volumens.

54

II Strategie, Finanzierung und Controlling

2.3 Investitionen

2.3.1 Merkmale vonInvestitionen

Das Management von Investitionen ge-hört zur Kerngeschäftsaufgabe der Füh-rung (Unternehmensführung, Abteilungs-führung). Investitionen sind Auszahlungenzum Erwerb von Ressourcen, die Nutzungs-potenziale beinhalten, deren Mobilisierungdie zukünftige Markt-, Wettbewerbs- undVermögensposition bestimmen. Investitio-nen sollen das langfristige Überleben sowiedie Ertragskraft des Unternehmens sichern(¼ Infrastruktureffekt). DemCharakter nachunterscheidet man zwischen Erhaltungsin-vestitionen zur Aufrechterhaltung der infra-strukturellen Substanz (Gebäude, Technik,Personal, Organisation), Innovationsin-vestitionen zur Schaffung von strategischenErfolgsfaktoren, Wachstumsinvestitionenzwecks Vergrößerung des relevanten Mark-tes (i.W. durch M+A-Transaktionen, Netz-werke und Kooperationen), strategische In-vestitionen zum langfristigen Aufbau vonErfolgspotenzialen und Finanzinvestitionenzur Generierung von Rückflüssen aus Fi-nanzanlagen oder aus kerngeschäftsfremdenAktivitäten (Diversifikation). Eine Kombina-tion einzelner Investitionsarten ist möglich.

Nach dem Objekt unterscheidet man In-vestitionen in Forschung und Entwicklung(Translationale Medizin zum schnellenTransfer von Forschungsresultaten in dieKlinik), bauliche Funktionalität und Milieu-gestaltung, Technologien (Haustechnik, Me-dizintechnik), Organisationsoptimierung,Personen, Anreizsysteme sowie Leistungsein-heiten (Übernahme Dritter) und Netze bzw.Kooperationsbeziehungen (z. B. strategischeAllianzen).

2.3.2 Entscheidungsprozessund Investitionen

Jedes Investitionsvorhaben ist aufgrund desKapitaleinsatzes des Pay-off-Risikos sowieder begrenzten Reversibilität der Entschei-dung strategisch zu koppeln und im Wegeeines strukturierten Entscheidungsprozes-ses sachlich fundiert zu bewerten. Durchstrategische Kopplung einer Investitionwird sichergestellt, dass eine Identität zwi-schen strategischer Planung, Finanzpla-nung und gültigem Geschäftsmodell besteht(cAbb. II-20).

Über den strukturierten Investitionspla-nungsprozess (cAbb. II-21) wird erreicht,dass zu jedem Zeitpunkt eines Entschei-dungsprozesses nachvollziehbar ist, wie diebisher erreichten Ergebnisse zustande ka-men. Der Investitionsentscheidungsprozessist am klassischen Planungs- und Entschei-dungsprozess-Modell (von Eiff) orientiert.

Die Bewertung von Investitionsalternati-ven stellt im Bereich medizinisch geprägterProzesse besondere Anforderungen. Insbe-sondere sind Investitionen unter ethischenHandlungsmaximen

l Risikobedrohungen für den Patienten unddas Personal

l Prozesskosten des Medizinbetriebsl medizinischer Qualitätl Patienten-Outcome undl Wirtschaftlichkeitsaspekten

zu betrachten.Als Bewertungsverfahren hat sich in meh-

reren Modellversuchen mit sog. »handha-bungskritischen Medizin-Produkten« dasKonzept der »Risikogewichteten Prozess-

55

2 Investition und Finanzierung

Abb. II-20: Strategische Planung beeinflusst alle Bereiche des Klinikmanagements

Analyse« (von Eiff 2007, S. 437–739) be-währt.

Die klassischen betriebswirtschaftlichenVerfahren der Investitionsrechnung habenfür die Beurteilung der Vorzugswürdigkeitvon Investitionsobjekten für den Medizinbe-trieb nur eine begrenzte Aussagefähigkeit.Ursächlich dafür ist die eingeschränkte Be-deutung der Kriterien »Kosten«, »Gewinn«und »Rentabilität«. Im Zielsystem eines Me-dizinbetriebs sind rein ökonomische Größennur insoweit von Bedeutung, als diese ineinem Maß erfüllt sein müssen, um langfris-tig einen angemessenenGewinn zu erreichen,der Investitionen in Qualitätsverbesserungender medizinischen Behandlung ermöglicht.Das betriebswirtschaftliche Entscheidungs-kalkül der angemessenen Gewinnerzielungwird durch die zwingend zu erfüllendenNebenbedingungen: ethische Maxime, me-dizinische Qualität und Risikovermeidungfür Patient und Personal dominiert.

Die wichtigste Rolle im Investitions-Ent-scheidungsprozess spielt die Entscheidungs-

dimension »Risiko«. Ziel des Medizinbe-triebs und ethische Vorgabe zugleich ist dieMaxime, dem Patienten diejenige Behand-lung zu geben, die er fallangemessen benötigtunddiemitdengeringstenRisikenverbundenist. Die für diese Behandlung entstehendenKosten sind dann eine Folgegröße, die nurwertanalytisch (Verbilligung ohne Funktio-nalitätseinbuße) hinterfragt werden darf.Würde man Investitionsentscheidungen imMedizinbetrieb ausschließlich von KostenundRenditen bzw. von derHöhe eines (gede-ckelten) Budgets abhängig machen, so wäredie mit diesen Finanzmitteln mögliche medi-zinischeLeistungnichtmehr angemessenundwürde das Risiko des Patienten, ein adversesEreignis zu erleiden und zu Schaden kom-men, erhöht. In dieser Situation des »Magi-schen Dreiecks« (cAbb. II-22) ist die Bestim-mung eines Investitionsoptimums nichtmöglich. Es geht letztlich darum, einenmedi-zinökonomischen Konsens zu finden, vondem alle Beteiligten der Überzeugung sind,dass alle drei Entscheidungsdimensionen

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II Strategie, Finanzierung und Controlling