Prof. Dr. Ludwig Siep Praktische Philosophie der Neuzeit 1. Epocheneinteilung, Thomas v. Aquin

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Prof. Dr. Ludwig Siep Praktische Philosophie der Neuzeit 1. Epocheneinteilung, Thomas v. Aquin. Epocheneinteilung in der Philosophiegeschichte: Antike (ca. 600 v. Chr. bis 500 n. Chr. – Geburt des Thales 624 bis Tod des Boethius 524) B. Mittelalter (ca. 800 bis 1400 – Averroes bis Ockham) - PowerPoint PPT Presentation

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Prof. Dr. Ludwig Siep

Praktische Philosophie der Neuzeit

1. Epocheneinteilung, Thomas v. Aquin

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Epocheneinteilung in der Philosophiegeschichte:

A. Antike (ca. 600 v. Chr. bis 500 n. Chr. – Geburt des Thales 624 bis Tod des Boethius 524)

B. Mittelalter (ca. 800 bis 1400 – Averroes bis Ockham)

C. Renaissance und Neuzeit (ca. 1500 bis heute, seit Macchiavelli´s „Fürst“ 1513 und Hobbes´ De Cive 1642) Aber Überschneidungen: Augustinus 354-430 ist in wesentlichen Hinsichten ein christlich-mittelalterlicher Denker, die spanische Spätscholastik (Vitoria) reicht bis zur Mitte des 16. Jh. etc.

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Einige wichtige Autoren:

Antike: Platon 427- 347 v. Ch.

Aristoteles 384-322 v. Ch.

Cicero 106-43 v. Ch.

Mittelalter Augustinus 354-430 (historisch noch „Spätantike“)

Thomas von Aquin 1225-1274

Marsilius von Padua 1280-1343

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Neuzeit Niccolò Machiavelli 1469-1527

Thomas Hobbes 1588-1679

Baruch Spinoza 1632-1677

John Locke 1632-1704

David Hume 1711-1776

Jean-Jacques Rousseau 1712-1778

Immanuel Kant 1724-1804

J. G. Fichte 1762-1814

G.W.F. Hegel 1770-1831

J. St. Mill 1806-1873

Karl Marx 1818-1883

John Rawls 1921-2003

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“Philosophie“ in der Antike: Erklärung der Welt (Naturphilosophie, nicht unterschieden von Naturwissenschaft): Physik Erklärung der Vernunft (die nicht nur im Menschen, sondern auch im Kosmos und seinen Gesetzen existiert) und der Sprache: LogikMethodische Erforschung der richtigen Verhaltensweisen des Menschen, die ihn glücklich und gut machen: Ethik und Politik

„Philosophie“ im Mittelalter:Versuch, die Ergebnisse der Logik, Physik, Ethik und Politik zur Erhellung und zur Bestätigung der christlichen Lehre zu verwenden. „Philosophie“ in der Neuzeit:Erklärung der Welt und des Menschen nach den Methoden und auf der Grundlage der Ergebnisse von Mathematik und experimentellen Wissenschaften (theoretische Philosophie). Erforschung und Empfehlung der Normen, die Menschen unterschiedlicher Konfession und Religion für sich und gemeinsam befolgen müssen (praktische Philosophie).

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„Praktische Philosophie“ in der Antike:Erforschung der richtigen Verhaltensweisen, Charaktereigenschaften (Tugenden) und Gemeinschaftsregeln für den Einzelnen, die enge Gemeinschaft (Familie, oikos) und die großen Gemeinschaften (Stadt und Staat/Reich, polis und basileia). „Praktische Philosophie“ im Mittelalter:Herleitung der richtigen Charaktereigenschaften und Handlungen aus der christlichen Lehre, der Vernunft und der Erfahrung. Lehre von der guten Herrschaft des Familienoberhaupts und des Landesherren, meist des Königs (republikanische Elemente vor allem in der Stadtherrschaft). „Praktische Philosophie“ in der Neuzeit:Herleitung wissenschaftlicher Regeln des menschlichen Handelns aus der Natur des Menschen und den Gesetzen des Zusammenlebens. Erkenntnis der natürlichen und vernünftigen Rechte des Individuums und Ableitung der Gemeinschaftsformen, die diese Rechte und das Gemeinwohl sichern.

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Die Vorlesung befasst sich mit der frühen Neuzeit, vor allem dem 16. und 17. Jahrhundert (Machiavelli, Hobbes, Spinoza, Grotius, Locke). Sie beginnt mit einer Kontrastierung des mittelalterlichen Denkens (Thomas von Aquin, De regimine principum) mit dem neuzeitlichen.

Zunächst eine vereinfachende Metapher für das antik-mittelalterliche Denken (der platonisch-aristotelisch-thomasischen Tradition, nicht der atomistischen): Die Welt als Organismus

Für die frühe Neuzeit: Die Welt als „Masse in Bewegung“ und als Mechanismus

Für die Unterscheidung legitimer von illegitimen Staaten gibt Aristoteles ein einfaches Kriterium: Regiert der oder die Herrschenden nur im eigenen Interesse und nicht auch für die Regierten bzw. das Gemeinwohl, ist die Herrschaft illegitim. Legitim also, wenn Gemeinwohl-orientiert.Aristoteles kombiniert nun diese Unterscheidung mit einer quantitativen, an der Zahl der Regierenden orientierten: einer, mehrere, die gesamte (aktive) Bürgerschaft. Daraus bekommt er seine berühmten sechs Staatsformen.

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Drei davon legitim, drei illegitim:

a) legitim: Monarchie (einer, gemeinwohlorientiert) Aristokratien (mehrere, gemeinwohlorientiert)

Politie, Demokratie im positiven Sinne (die gesamte Bürgerschaft, der Demos)

b) illegitim: Tyrannis (einer, im eigenen Interesse) Oligarchie (mehrere, wenige, oligoi; im eigenen Interesse) Demokratie im negativen Sinne, Ochlokratie (die Masse

der Bevölkerung, die Armen, die Nichtfreien; im eigenen Interesse, gegen die Freien, die Tugendhaften etc.)

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Thomas v. AquinGeb. 1224 (Roccasecca, Süditalien) 1242 Eintritt in den DominikanerordenStudium an den Universitäten Neapel und Köln (bei Albertus Magnus)1252-1259 Professor an der Universität zu Paris 1259-1269 Professor am päpstlichen Hof in Rom1269-72 wieder in Paris (Streit zwischen Bonaventura und Siger von Brabant)1272-1274 Leitung des Generalstudiums des Dominikanerordens in Neapel1274 Tod auf dem Weg zum Konzil in Lyon

(Werkausgabe 1871 in 34 Bänden, Beginn der Neuscholastik, Thomas der „offizielle“ Philosoph der katholischen Kirche).

Wichtigste Texte zur politischen Philosophie:Summa Theologiae, Prima Secundae, Qu. 90 ff.De Regimine Principum (an den König Hugo II. von Zypern 1265)

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Thomas v. Aquin, Über die Herrschaft des Fürsten (De regimine principum) 1265Normative Theorie guter Herrschaft. Finale (teleologische) Betrachtungsweise

1.Alle Tiere streben nach dem Glück, die meisten instinktgeleitet.

2. Dem Menschen fehlen natürliche Stärken (Mängelwesen), er sucht sein Ziel mithilfe der Vernunft.

3. Der Mensch ist auf gegenseitige Hilfe angewiesen und kann sich mit Vernunft und Sprache verständigen.

4. Er sucht mit der Vernunft sein individuelles Glück, für das Gemeinwohl braucht er eine Leitung.

5. Ziel der sozialen Leitung ist die Einheit und Harmonie (unitas, pax) der Bürger sowie deren Tugend (das wahre Glück und die Vollendung seiner Vernunftnatur).

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6. Dies setzt Einigkeit der Herrschaft voraus. Daher ist ein einziger Herrscher (Monarch) besser als mehrere.

7. Der Monarch muss aber ein guter Mensch sein, sondern wird Alleinherrschaft Tyrannis, Herrschaft eines Schlechten zu seinem eigenen Vorteil statt für das Gemeinwohl.

8. Monarchie ist die beste, Tyrannis die schlechteste Herrschaft. Monarchie fördert Freundschaft, Tyrannis schürt Misstrauen und Zwietracht.

9. Monarchie soll aber nicht aus Angst vor Tyrannis vermieden werden, sondern der Umschlag verhindert werden: durch Auswahl eines guten Königs und durch Verfassung bzw. Vertrag.

10. Widerstand gegen den Tyrannen bei Bruch des Vertrages darf nicht „privat“ ausgeübt werden. Tyrannenmord ist nur erlaubt gegen Usurpatoren (Staatsstreich). Gerechter Widerstand setzt den Beschluss eines gemeinsamen Gremiums (Senat) oder eines legitimen Oberherrn (Kaiser, Papst) voraus.

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11. Letztes Mittel ist Anrufung Gottes, der den Sinn des Herrschers lenkt und das Schicksal bestimmt. Interpret des göttlichen Urteils und Oberhaupt der Könige ist der Stellvertreter Christi auf Erden (Papst).

In seinem Hauptwerk, der „Summa Theologiae“, empfiehlt Thomas aber aus pragmatischen Gründen eine Theorie der „gemischten Regierung“.

Vgl. U. Matz, Thomas v. Aquin, In: Klassiker des politischen Denkens. Hrsg. v. H. Maier, H. Denzer, H. Rausch. München 1962, S. 114-146 Tyrannenmord ist nicht erlaubt. Gerechter Widerstand setzt den Beschluss eines gemeinsamen Gremiums (Senat) oder eines legitimen Oberherrn (Kaiser, Papst) voraus.