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Stand: Juni 2018 Prof. Dr. Sebastian Conrad Ordentliches Mitglied der Sozialwissenschaftlichen Klasse Sebastian Conrad gehört zu den Pionieren der Globalgeschichtsschreibung sowohl in Deutsch- land als auch darüber hinaus. Sein Buch „What is Global History?“ (2016) ist international zum Referenzwerk dieses Forschungsfeldes geworden. Seine eigenen empirischen Arbeiten zeichnen sich durch eine genuin transnationale Perspektive aus, die dabei jedoch den Nationalstaat kei- neswegs für irrelevant erklären will. Dies zeigt sich etwa in seiner Dissertation mit dem Titel „Auf der Suche nach der verlorenen Nation. Geschichtsschreibung in Westdeutschland und Japan, 1945–1960“ (1999; engl. 2010), in der er europäische Geschichte dezidiert im internationalen Vergleich und transnationalen Kontext analysiert. Die Originalität dieses Ansatzes besteht in der Verbindung eines genuinen Vergleichs der Historiographie beider Länder unter Berücksichtigung ihrer Ähnlichkeiten und Unterschiede mit einer tiefgehenden Untersuchung des Verständnisses von Raum und Zeit beider Kulturen. Sein zweites Hauptwerk, „Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich“ (2006; engl. 2010), untersucht anhand der Debatten über nationale Arbeit den Nationalismus im Deutschen Kaiserreich. Die Studie wurde international zu einem Modell der neueren Globalgeschichte, da sie Veränderungen des Nationalismus konsequent aus globa- len Konstellationen heraus erklärt; ein Buch zur Geschichte des deutschen Nationalismus, dessen Kapitel in Afrika, China, Polen und Brasilien angesiedelt sind. Sebastian Conrad betrachtet die Globalisierung nicht nur als wichtigste wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre, sondern verbindet seine Analysen mit kulturgeschichtlichen und postkolonialen Perspektiven. Sein Aufsatz „Enlightenment in Global History“, in dem er die Aufklärung nicht lediglich als europäisches, sondern konsequent als globales Phänomen neu liest, ist zu einem der meist zitierten Aufsätze seines Faches geworden. Sebastian Conrad wurde 1966 in Heidelberg geboren. Er studierte Geschichte, Japanologie und Volkswirtschaftslehre in Bonn, Berlin, Osaka und Tokio. 1999 wurde er an der Freien Universität Berlin zum Dr. phil. promoviert; 2005 erfolgte die Habilitation. Von 1994 bis 2003 war er Wissen- schaftlicher Mitarbeiter bzw. Assistent an der FU Berlin und bekleidete dort von 2003 bis 2007 eine Juniorprofessur. Ab 2007 bis 2010 war er Professor für Geschichte am Europäischen Hoch- schulinstitut, Florenz; seit 2010 ist er Professor für Neuere Geschichte am Friedrich-Meinecke- Institut der FU Berlin. 1999 bis 2005 gehörte er der Jungen Akademie an. Darüber hinaus führten ihn Gastprofessuren an die Pariser École des Hautes Études en Sciences Sociales sowie an die Universi- ty of California (Santa Barbara) und an die New School of Social Research (New York). Sebastian Conrad war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und wurde mit dem Ernst-Reuter-Preis sowie dem Philip Morris Forschungspreis ausgezeichnet.

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Stand: Juni 2018

Prof. Dr. Sebastian Conrad Ordentliches Mitglied der Sozialwissenschaftlichen Klasse

Sebastian Conrad gehört zu den Pionieren der Globalgeschichtsschreibung sowohl in Deutsch-land als auch darüber hinaus. Sein Buch „What is Global History?“ (2016) ist international zum Referenzwerk dieses Forschungsfeldes geworden. Seine eigenen empirischen Arbeiten zeichnen sich durch eine genuin transnationale Perspektive aus, die dabei jedoch den Nationalstaat kei-neswegs für irrelevant erklären will. Dies zeigt sich etwa in seiner Dissertation mit dem Titel „Auf der Suche nach der verlorenen Nation. Geschichtsschreibung in Westdeutschland und Japan, 1945–1960“ (1999; engl. 2010), in der er europäische Geschichte dezidiert im internationalen Vergleich und transnationalen Kontext analysiert. Die Originalität dieses Ansatzes besteht in der Verbindung eines genuinen Vergleichs der Historiographie beider Länder unter Berücksichtigung ihrer Ähnlichkeiten und Unterschiede mit einer tiefgehenden Untersuchung des Verständnisses von Raum und Zeit beider Kulturen. Sein zweites Hauptwerk, „Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich“ (2006; engl. 2010), untersucht anhand der Debatten über nationale Arbeit den Nationalismus im Deutschen Kaiserreich. Die Studie wurde international zu einem Modell der neueren Globalgeschichte, da sie Veränderungen des Nationalismus konsequent aus globa-len Konstellationen heraus erklärt; ein Buch zur Geschichte des deutschen Nationalismus, dessen Kapitel in Afrika, China, Polen und Brasilien angesiedelt sind. Sebastian Conrad betrachtet die Globalisierung nicht nur als wichtigste wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre, sondern verbindet seine Analysen mit kulturgeschichtlichen und postkolonialen Perspektiven. Sein Aufsatz „Enlightenment in Global History“, in dem er die Aufklärung nicht lediglich als europäisches, sondern konsequent als globales Phänomen neu liest, ist zu einem der meist zitierten Aufsätze seines Faches geworden. Sebastian Conrad wurde 1966 in Heidelberg geboren. Er studierte Geschichte, Japanologie und Volkswirtschaftslehre in Bonn, Berlin, Osaka und Tokio. 1999 wurde er an der Freien Universität Berlin zum Dr. phil. promoviert; 2005 erfolgte die Habilitation. Von 1994 bis 2003 war er Wissen-schaftlicher Mitarbeiter bzw. Assistent an der FU Berlin und bekleidete dort von 2003 bis 2007 eine Juniorprofessur. Ab 2007 bis 2010 war er Professor für Geschichte am Europäischen Hoch-schulinstitut, Florenz; seit 2010 ist er Professor für Neuere Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der FU Berlin. 1999 bis 2005 gehörte er der Jungen Akademie an. Darüber hinaus führten ihn Gastprofessuren an die Pariser École des Hautes Études en Sciences Sociales sowie an die Universi-ty of California (Santa Barbara) und an die New School of Social Research (New York). Sebastian Conrad war Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin und wurde mit dem Ernst-Reuter-Preis sowie dem Philip Morris Forschungspreis ausgezeichnet.