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Betriebsbedingte Kündigung und AGG

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Themen-Übersicht

I. § 2 IV AGG und das KündigungsschutzrechtII. Betriebsbedingte Kündigung / SozialauswahlIII. Sozialplan und AGGIV. Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGBV. Resümee

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§ 2 IV AGG UND DAS KÜNDIGUNGSSCHUTZRECHT

Abschnitt I

§ 2 IV AGG und das Kündigungsschutzrecht

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Ansätze:

• Bereichsausnahme AGG – ArbG Lörrach 23.01.2007, 1 Ca 426/06

(2. Instanz Vergleich), ArbG Paderborn 12.09.2007, 3 Ca 439/07

• § 2 IV AGG nicht anwendbar– ArbG Osnabrück 05.02.2007, 3 Ca 677/06

(durch 2. + 3. Instanz aufgehoben)• Richtlinienkonforme Auslegung– BAG 06.11.2008, 2 AZR 523/07

§ 2 IV AGG und das Kündigungsschutzrecht

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Kernaussagen BAG 06.11.2008

1. § 2 IV AGG ist ohne innere Widersprüche und gemeinschaftsrechtskonform auszulegen.

2. § 2 IV AGG soll sicherstellen, dass das AGG kein „zweites Kündigungsschutzrecht“ wird / Kohärenz zwischen AGG und KSchG.

3. Ob und inwieweit daneben die Rechte aus §§ 13, 14, 15 und 16 AGG bestehen, bleibt offen.

§ 2 IV AGG und das Kündigungsschutzrecht

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BETRIEBSBEDINGTE KÜNDIGUNG / SOZIALAUSWAHL

Abschnitt II

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

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1. Betriebsbedingte Kündigung

• Betriebliche Erfordernisse• Freie Unternehmerentscheidung – Konzept

(in den Mißbrauchsgrenzen)• Dringlichkeit (keine Weiterbeschäfti-

gungsmöglichkeit in Betrieb oder Unternehmen)

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

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2. Soziale Auswahl/Einbeziehung• Austauschbarkeit (qualifikationsmäßige und

arbeitsvertragliche), betriebsbezogene Betrachtung

• Ausklammerung der Unkündbaren (BAG 05.06.2008, 2 AZR 907/06)

• Ausklammerung der unerlässlichen Leistungsträger

• Sicherung der ausgewogenen Personalstruktur (s.u.)

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3. Soziale Auswahl/ Kriterien• Schwerbehinderung• Unterhaltspflichten• Betriebszugehörigkeit• Lebensalter

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

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4. Soziale Auswahl/ Überprüfung• Begrenzte gerichtliche Überprüfbarkeit nur in

Bezug auf die 4 Sozialkriterien bei § 1 IV KSchG, BAG 05.06.2008, 2 AZR 907/06

• In Bezug auf die gesamte Sozialauswahl (einschließlich Gruppenbildung) + (widerlegliche) Vermutung der Betriebsbedingtheit bei § 1 V KSchG, BAG 23.10.2008, 2 AZR 163/07; BAG 12.03.2009, 2 AZR 418/07

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

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5. Lebensalter als SozialkriteriumBAG 06.11.2008, 2 AZR 523/07;BAG 12.03.2009, 2 AZR 418/07• Bevorzugung älterer Arbeitnehmer unter

dem Schutzgesichtspunkt zulässig • Geringere Schutzbedürftigkeit bei

Rentennähe (Absicherung)• Typisierende Betrachtung• Übergewicht des Kriteriums Lebensalter

gegenüber den anderen Kriterien wäre unzulässig!

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6. Punktetabellen, 1. Beispiel

Zulässig nach BAG 06.11.2008, 2 AZR 523/07

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

Kriterien Punkte

1. Lebensalter Für jedes vollendete Jahr nach dem 18. Lebensjahr

1,0 P.je Lebensjahr

2. Dauer der Betriebszugehörigkeit

Für jedes Beschäftigungsjahr 1,5 P.

3. Unterhaltspflichten Ehegatte / eingetragener Lebenspartnerje Kind (nachweisbar)

5,0 P.

7,0 P.

4. Schwerbehinderteoder Gleichgestellte

11,0 P.9,0 P.

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6. Punktetabellen, 2. Beispiel

Zulässig nach BAG 02.03.2009, 2 AZR 418/07

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

Kriterien Punkte

1. Lebensalter Je Lebensjahr 1,0 P.max. 50 P.

2. Dauer der Betriebszugehörigkeit

Für jedes Beschäftigungsjahr 2,0 P.

3. Unterhaltspflichten Je KindJe sonstige Person

10,0 P.5,0 P.

4. Schwerbehinderteoder Gleichgestellte

Ab Behinderungsgrad von 50% 10,0 P.

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7. Altersgruppen/ Personalstruktur

BAG 06.11.2008 , 2 AZR 523/07;BAG 12.03.2009, 2 AZR 418/07• Ungleichbehandlung wegen des Alters nach

§ 10 AGG gerechtfertigt, wenn plausibles System und gleichmäßige Schritte (10 Jahre)

• Legitimes Ziel: altersgemischte Belegschaft• Zusatzargument: Minderung der

Kündigungsbelastung Jüngerer

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8. Interessenausgleich mit Namensliste

BAG 06.11.2008, 2 AZR 523/07;BAG 12.03.2009, 2 AZR 418/07• Fehler in der Sozialauswahl betrifft nicht die

anderen Vermutungen (Betriebsbedingtheit der Kündigung/ anderer Arbeitsplatz),

• Fehler in der Sozialauswahl muss grob sein, • Grob = Auswahl lässt jede Ausgewogenheit

vermissen

Betriebsbedingte Kündigung / Sozialauswahl

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SOZIALPLAN UND AGGAbschnitt III

Sozialplan und AGG

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1. Altersstaffeln

BAG 26.05.2009, 1 AZR 198/08

• Gestaffelte Abfindungen nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit zulässig, weil sie sich nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG legitimieren lassen.

• Diese Norm selbst ist gemeinschaftsrechts-konform

Sozialplan und AGG

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2. Kappungsgrenzen

BAG 02.10.2007, 1 AZN 793/07

• Kappungsgrenzen bedingen keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht oder nationales Recht, weil gar keine Ungleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern vorliegt

Sozialplan und AGG

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3. RentennäheBAG 26.05.2009, 1 AZR 198/08;BAG 20.01.2009, 1 AZR 740/07;BAG 11.11.2008, 1 AZR 475/07;BAG 30.09.2008, 1 AZR 684/07

• Die Minderung/Streichung von Abfindungen im Falle der Rentennähe ist zulässig, weil die wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer in diesen Fällen typischerweise geringer sind

Sozialplan und AGG

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KÜNDIGUNGSFRISTEN NACH§ 622 II 2 BGB

Abschnitt IV

Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGB

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1. NichtanwendbarkeitLAG Berlin/Brandenbg 24.07.2007, 7 Sa 561/07LAG Schleswig-Holstein 28.05.2008, 3 Sa 31/08

• Wegen des Vorrangs des Gemeinschaftsrecht und unter Bezug auf die Mangold-Entscheidung des EuGH nicht anwendbar.

Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGB

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2. Anwendbarkeit

ArbG Lörrach 23.01.2007, 1 Ca 426/06ArbG Paderborn 12.09.2007, 3 Ca 439/07

• Im Hinblick auf den Wortlaut des § 2 IV AGG, der auf das Kündigungs(schutz)recht abstellt, ist § 622 II 2 BGB ohne Einschränkungen anwendbar.

Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGB

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3. Anwendbarkeit wegen Gesetzesbindung

LAG Düsseldorf 21.11.2007, 12 Sa 1311/07 (Vorlagebeschluss)

LAG Rheinland-Pfalz 31.07.2008, 10 Sa 295/08

• Die Regelung ist möglicherweise europarechtswidrig, das einzelne Gericht ist aber nicht zur Nichtanwendung befugt.

Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGB

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4. Gemeinschaftsrechtlicher Hintergrund

• Streit um das Verbot der Altersdiskriminierung als „Grundsatz des Gemeinschaftsrecht“= als Primärrecht

• EuGH-Entscheidungen:– Fall „Mangold“, EuGH C-144/04– Fall „Palacios“, EuGH C-411/05– Fall „Bartsch“, EuGH C-427/06– Fall „Age Concern“, EuGH C-388/07

Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGB

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RESÜMEEAbschnitt V

Kündigungsfristen nach § 622 II 2 BGB

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Resümee

• Einheitlichere Rechtsprechung der Senate des BAG zeichnet sich ab

• Offene Frage: wie wird die Rechtsprechung des EuGH sich entwickeln?

Resümee