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Prof. Geribert Jakob und das Autorenteam der Forschungsgruppe Medien Begrenzter Journalismus Was beeinflusst die Entfaltung eines Qualitätsjournalismus 2009 © MGS Marketing-Services GmbH

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Begrenzter JournalismusWas beeinflusst die Entfaltung eines Qualitätsjournalismus

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Herausgeber: MainzerMedienDisput (V.i.S.d.P.)zum 14. MMD am 9./10.11.2009„Schweigen, Lügen und Vertuschen – Wenn die Wahrheit nicht mehr öffentlich wird“www.mediendisput.de

c/o MGS Marketing GmbHMittelstraße 556579 Rengsdorf/[email protected]. 02634/9688-0, Fax 02634/9688-19

Gesamtgestaltung und Satz:MGS Marketing GmbH

Druck:Görres Druckerei GmbH, 56070 Koblenz

Autorenteam der Forschungsgruppe Medien:· Christiane Schulzki-Haddouti· Miriam Bunjes· Geribert Jakob

Lektorat:· Lorenz Lorenz-Meyer· Jennifer Warzecha

Schlussredaktion:Michael Grabenströer

Diese Studie wurde aus Etatmitteln des Mainzer-MedienDisputs und zweckgebundenen Zuweisungender Ing DiBa AG und der LMK – Landeszentrale fürMedien und Kommunikation Rheinland-Pfalz gefördert.

©MainzerMedienDisput, November 2009

Impressum

Wir gestalten Medienverantwortung.www.lmk-online.de

Wir engagieren uns für den Medien-StandortRheinland-Pfalz.

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

Begrenzter JournalismusWas beeinflusst die Entfaltung des Qualitätsjournalismus

Analyse zum Zustand und zur Zukunft des Journalismus in Deutschland

Autorenteam der Forschungsgruppe MedienChristiane Schulzki-Haddouti

Miriam BunjesGeribert Jakob

IKuM – Institut für Kommunikation und Medien

November 2009

InhaltsverzeichnisInhaltsverzeichnis Seite 3

Vorwort Seite 4

Die Autoren Seite 5

Zusammenfassung Seite 6

Was ist guter Journalismus? -

Eine Hinführung Seite 7

Faktor Geld Seite 9

Faktor Zeit Seite 14

Faktor Routinen Seite 16

Faktor Organisation Seite 21

Faktor Recht Seite 23

Faktor Bildung Seite 25

Faktor Selbstverständnis Seite 28

Faktor Eigentum Seite 32

Faktor Public Relations und Werbung Seite 34

Faktor Digitalisierung Seite 42

Nachwort Seite 46

Literatur Seite 49

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Vorwort

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Medien, Journalisten, Informationsquellen und Rezipi-enten haben sich in Aktion und Reaktion, Beeinflussungund Beeinflussbarkeit schon immer verändert. In denletzten Jahren erhöhte sich die Entwicklungsgeschwin-digkeit jedoch drastisch. Heute stehen wir daher einemmanifesten Problem gegenüber, einem Problem insbe-sondere der Güte und Unabhängigkeit journalistischerBerichterstattung. Der MainzerMedienDisput 2009nimmt sich deshalb der Frage an, was die Entfaltung desQualitätsjournalismus beeinflusst. Dazu hat er einebegleitende Analyse in Auftrag gegeben, die hiermitvorliegt.

Das Autorenteam möchte sich für die Bereitschaft zuausführlichen Interviews, schnellen und unkomplizier-ten Terminvereinbarungen und Zitatfreigaben herzlichbedanken bei: • Domenika Ahlrichs, Chefredakteurin der Netzeitung• Annette Bolz, freie Wissenschaftsjournalistin und

Dozentin an der Akademie für Publizistik, Hamburg• Regine Bönsch, Ressortleiterin „Elektronik“ der

Wochenzeitung VDI-Nachrichten• Ulrike Kaiser, stellvertretende Bundesvorsitzende des

Deutschen Journalisten-Verbands und Mitbegründe-rin der Initiative Qualität im Journalismus

• Dr. Volker Lilienthal, Professor für Praxis des Qua-litätsjournalismus am Institut für Journalistik undKommunikationswissenschaft der Universität Ham-burg

• Dr. Peter Ludes, Professor für Massenkommunikation,School of Humanities and Social Sciences, JacobsUniversity Bremen

• Ulrike Maercks-Franzen, Bundesgeschäftsführerinder Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-union (dju) und Mitbegründerin der Initiative Qua-lität im Journalismus

• Matthias Spielkamp, freier Journalist und Dozentunter anderem bei der ARD.ZDF-Medienakademie

• Dr. Thomas Pleil, Professor für Public Relations an derHochschule Darmstadt in den Studiengängen Online-Journalismus und Wissenschaftsjournalismus

• Hardy Prothmann, freier Journalist sowie Gründerund Betreiber von Heddesheimblog.de

• Marcel Schilling, Redakteur beim Südwestrundfunk,HA Chefredaktion Fernsehen, RP aktuell

• Dr. Peter Zschunke, stellvertretender Chefredakteurvon Associated Press Deutschland

Vorlauf

Als ich im Juni 2009 als Themeninkubator für die 2009erVeranstaltung in der Vorbereitungsgruppe meine Thesenund Argumente vortrug, war das Thema noch „Digitali-sierung“ und damit ein anderes als das zu dem heuteeingeladen wurde. Aber es gab Schnittstellen. Es gabunabhängig voneinander publizierte Artikel, und alleskulminierte schließlich in der Frage, was guter Journa-lismus sei, wie er zu erhalten ist und wie einwirkendeGefahren abgewehrt werden können. So entstand EndeSeptember im Steuerungsausschuss des MainzerMediendisputs die Idee zu einer, nämlich dieser Arbeit.Sie wurde organisatorisch, vertraglich, budgetär, mitqualifiziertem Staffing und einer stringenten Prozess-organisation in der zweiten Oktoberwoche im Institutfür Kommunikation und Medien des FachbereichsMedia der h_da Hochschule Darmstadt aufgesetzt.

Wesen und Inhalt

Für eine umfassende Studie hätte der Vorlauf bis zurVeröffentlichung sicher ein halbes Jahr oder mehr erfor-dert, mehr forschende Autoren und sicher auch weitereRessourcen. Andererseits sind wir als Ad-Hoc-For-schungsgruppe Medien stolz, hiermit eine umfassende,konsolidierende, nach relevanten Faktoren geschichteteund fundierte Analyse vorlegen zu können. Also das,was mit kollektivem Kontext- und Detailwissen, profes-sionellem Vorgehen und bestem Networking zur Einbin-dung kompetenter und einschlägig bekannter Expertenin 14 Tagen möglich ist. Ohne Internet, kollaborativeWerkzeuge, e-Mail, ftp-Services, Blogs, kommerzielleHost- und Contentaggregatoren, VoIP, PDF, elektroni-sche Zeitschriftenserver und vieles Technische mehrwäre diese Arbeit nicht entstanden - zumindest nicht indieser kurzen Zeit.

Methodik

Die Vorgehensweise in der Analyse beruht auf fünf Säulen, die sich wechselseitig stützen.Die Grundlage ist - wie üblich - eine präzise Erfassungund Definition der relevanten Begriffe und Zusammen-hänge. An dieser Stelle wurde schon sehr früh klar, dassetwa der Begriff Qualität und seine unterschiedlichen

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Die Autoren

Christiane Schulzki-Haddouti berichtet als freie IT-und Medien-Journalistin seit 1996 über die gesell-schaftliche Relevanz von Informationstechnologiensowie relevanten Techniktrends. Als Researcher fürsoziotechnische Themen hat sie 2009 gemeinsam mitLorenz Lorenz-Meyer die Innovationsanalyse zu „Ko-operativen Technologien“ veröffentlicht. Eine weitereAnalyse zum Thema „Soziale Innovationen in NeuenMedien“ steht vor der Veröffentlichung. Sie unterrichtetunter anderem Recherche am Institut für Kommunika-tionswissenschaften der Universität Bonn. Sie ist Mit-begründerin des Whistleblower-Netzwerks. Seit 2000ist sie Jurymitglied der Initiative Nachrichtenaufklärung.Sie bloggt unter http://blog.kooptech.de, ihre Websitefindet sich unter http://www.schulzki-haddouti.de.

Miriam Bunjes arbeitet seit 2007 als freie Journalistinfür verschiedene Printmedien. Davor war sie Redakteu-rin der tageszeitung nrw. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind

gesellschaftliche Entwicklungen, daher zieht sie auchals freie Autorin ausrecherchierte Geschichten denschnellen vor. Sie lehrt an der Technischen UniversitätDortmund Recherche für die Initiative Nachrichtenauf-klärung und ist dort seit 2007 Jurymitglied.

Geribert E. Jakob ist seit 1986 Hochschullehrer undnahm nach verschiedenen Stationen 2002 die Professurfür Medieninformation und Media Asset Managementan der h_da Hochschule Darmstadt an. Er lehrt journa-listische und Medienrecherche, Medieninformations-architektur, Redaktions-, Redaktionsprozess- und Wis-sensmanagement sowie Media Asset Management. Seit2004 schrieb er zahlreiche Fachartikel, -beiträge undVorträge, die sich mit Aspekten der vorliegenden Analysebeschäftigten. Er unterstützt die Initiative Nachrichten-aufklärung und ist dort Jurymitglied. Die Adresse seinesWirkungsbereichs ist http://www.media.h-da.de.

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Interpretationen allein für eine Untersuchung gutenJournalismus’ nicht ausreichen.Die systematische Auswertung relevanter Studien,(Fach-)Artikel und -Bücher unterstützte die Grund-lagenbildung, aber auch die Faktoren-Identifizierungund -strukturierung. Hier war die Verfügbarkeit vongroßem Wert: dass Contentaggregatoren sowie Con-tentserver bis hin zur Volltextrecherche auf Artikel-ebene von Fachpublikationen verfügbar sind, wie sie inwissenschaftlichen Bibliotheken im deutschen For-schungsnetz und auch per VPN von zu Hause im Ange-bot stehen.Die Problemstrukturierung in geclusterte Faktoren, wiein der Zusammenfassung aufgelistet, wies den Weg indie Detailuntersuchungen. Methoden der Vollständig-keits- und Konsistenzprüfung waren hier ebenso wert-voll, wie die systematische Identifizierung relevanterExperten mit deren Interviewaussagen im Wechsel-stromverfahren die identifizierten Faktoren validiertwerden konnten. Die Auswahl kontextkompetenter Journalisten undFachleute war eine Herausforderung, die das Teamdurch seine umfangreiche Vernetzung im journalisti-schen Umfeld mit vertretbarem Aufwand lösen konnte. Die Auswertung der daraus folgenden Interviews

schließlich brachte den aktuellen Rand des Problemszum Vorschein, der so kronzeugenhaft zu belegen war.

Mitarbeit

Ich möchte Christiane Schulzki-Haddouti (Bonn) für dieInterviews, die Quellenauswertung und die Erstellungdes Großteils der Texte danken. Ebenso danke ichMiriam Bunjes (Dortmund) für die ergänzende Quel-lenauswertung und die Zulieferung von Text- und Analyseteilen. Mein Kollege Lorenz Lorenz-Meyer undJennifer Warzecha, eine unserer angehenden Diplom-Journalistinnen, zeichnen sich mit mir für das Lektoratzuständig. Ich danke auch diesen beiden für ihre Unter-stützung. Letztlich gilt mein Dank Michael Grabenströervon der Frankfurter Rundschau, der die Schlussredak-tion mitverantwortet hat.

Geribert E. Jakob, Professor für Medieninformation an der h_da Hochschule Darmstadt

Hochheim a. M., im Oktober 2009

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Zusammenfassung

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Presse und Rundfunk in Deutschland unterliegen viel-fältigen Veränderungen sowie sich verschlechterndenRahmen- und Arbeitsbedingungen. Die Analyse machtzehn mehrfach miteinander verknüpfte Faktoren sicht-bar, die sich essenziell auf die Güte und die mittel- undlangfristigen Rahmenbedingungen der journalistischenArbeit und ihrer Ergebnisse auswirken. Deutlich wirddabei, dass sich die allermeisten dieser Faktoren in denletzten Jahren negativ entwickelt haben:

• Geld: Die knapper werdenden finanziellen Ressour-cen führen in den Redaktionen zu einem Abbau desPersonals und bei freien Journalisten über wenigerAufträge und Honorardumping zu einem niedrigeremEinkommen.

• Zeit: Es steht aufgrund des erhöhten finanziellenDrucks immer weniger Zeit für Recherche und Qua-litätssicherungsmaßnahmen zur Verfügung.

• Routinen: Die Selektionskriterien von Journalistenkönnen zu einer systematischen Vernachlässigungvon Themen führen, die für die Bevölkerung relevantsind. Die Recherche als Routine wird zunehmendabgebaut.

• Organisation: Redaktionen wurden in den letztenJahren aufgrund des erhöhten finanziellen Drucksumorganisiert. Eine erste Studie zeigt, dass dieAnnahme, dass diese Umorganisationen mit Qua-litätsverbesserungen einhergehen, in Frage gestelltwerden muss.

• Recht: Zahlreiche Gesetze haben in den letzten Jah-ren das Redaktionsgeheimnis und den Informanten-schutz geschwächt. Juristische Auseinandersetzun-gen um Unterlassungsklagen häufen sich. DasAkteneinsichtsrecht wird noch zu wenig in der Praxisgenutzt bzw. die Nutzung wird von Behörden oftmalsblockiert. Änderungen im Urheberrecht führten zueiner Schwächung der Urheber zugunsten von Sen-dern und Verlagen.

• Bildung: Die soziale Herkunft der Journalisten vor-nehmlich aus der Mittelschicht führt zu einem Main-stream-Journalismus. Das Ausbildungssystem begeg-net derzeit der Herausbildung elitärer Zirkel nicht, umeinen anwaltschaftlichen Journalismus zu vermitteln.

• Selbstverständnis: Die Ko-Orientierung der medialenElite führt zu einer von den gesellschaftlichenBedürfnissen abgehobenen Berichterstattung - undzur Vernachlässigung relevanter Themen oder The-menzugänge. Der erhöhte finanzielle Druck lässt

Journalisten ihr Selbstverständnis zunehmend in denHintergrund stellen.

• Eigentum: Im Bereich der Lokalzeitungen ist derMarkt gefestigt; Wettbewerb findet nur noch punk-tuell statt. Eigentümerwechsel und Kostenreduzie-rung bleiben als letzte Maßnahmen, um dem finan-ziellen Druck zu begegnen. Außerdem ist zu beobach-ten, dass Publikationen und Sendungen in medien-politischen Streitfragen für die eigenen Verlags- oderBetreiberinteressen eingespannt werden.

• Public Relations: Der Anteil der PR-beeinflusstenBeiträge im redaktionellen Teil nimmt deutlich zu.Journalistische Inhalte werden immer häufiger alsUmfeld für Werbekunden betrachtet. Die Grenzenzwischen Redaktion und Anzeigen verwischenzunehmend. Berufsständische und sonstige journa-listische Interessenvertretungen und Verbünde kön-nen sich aber nicht auf eine einheitliche Linie in derDefinition ethischer Grundsätze einigen.

• Digitalisierung: Die Beteiligungsbarrieren für Laiensinken, die Medien verlieren ihre Gatekeeper-Funk-tionen. Junge Nutzer und Intensiv-Leser wenden sichverstärkt den Online-Medien zu. Dabei ignorieren siezunehmend das Inhalte-Bundling von Anbietern. Esentstehen deterritorialisierte Kommunikationsräume.

Die in den Faktoren jeweils aufzufindenden Details ver-dichten sich auf folgende drei gleich gewichtige Kern-probleme, nämlich: • der Erhaltung unabhängiger Berichterstattung bei

Gefährdung durch subtile Einschränkungen der Be-richterstattungsfreiheit,

• der Erhaltung der Güte journalistischer Arbeitsergeb-nisse bei Gefährdung durch Verknappung essenziellnotwendiger Ressourcen sowie

• der Erhaltung der gesellschaftlichen Funktion journa-listischer Tätigkeit, die durch erodierende Nachrich-tenmärkte, interne wie externe Einflussnahme undverändertes Rezipientenverhalten insbesondere inder jüngeren Generation gefährdet ist.

Ein Lichtblick für die Zukunft des Journalismus inDeutschland, vielleicht sogar in Europa, sind daher auf-zeigbare und wirksame Lösungsansätze, die sich gleich-wohl meist auf Detailebene abspielen, jedoch in Hin-blick auf die Gesellschaft als Ganzes weiterentwickeltwerden sollten.

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1 Was ist guter Journalismus? - Eine Hinführung

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„Wenn Journalisten eine berufliche Aufgabe haben (hät-ten sie sie nicht, brauchten wir uns über die Qualitätihrer Arbeit, über ihre Ausbildung oder über ihre Arbeits-bedingungen keine Gedanken zu machen), dann bestehtsie offenbar darin, alles Aktuelle, heute Wichtige öffent-lich zu machen, damit die Individuen an den Errungen-schaften ihrer Kultur teilhaben und die Gesellschaft sichselbst regulieren kann.“ Horst Pöttker (2009)

Auf vielen Kanälen gleichzeitig senden, Synergien nutzen, Personalkosten sparen - und es soll nicht aufKosten der Qualität gehen. Das wird von Verlegerseiteversprochen, wenn zum Beispiel DuMont die „BerlinerZeitung“ und die „Frankfurter Rundschau“ im Wettbe-werb positioniert oder beim Qualitätsblatt „Süddeut-sche Zeitung“ mutmaßlich zehn Milliarden Euro einge-spart werden sollen. Doch ab wann geht die Qualitätverloren und was ist überhaupt guter Journalismus? Der Dortmunder Journalistikprofessor Horst Pöttkergeht bei der Beantwortung dieser Fragen von der Kern-aufgabe von Journalisten aus, die von einer zu starkökonomisch orientierten Sichtweise oft vergessen wirdund auch den Journalisten aus den Augen gerät: Sie sol-len Öffentlichkeit herstellen (Pöttker 2000: 380 f). Undzwar für alle Tatbestände und Probleme, die in einerGesellschaft auftreten. Und in einer Art und Weise, wiealle sie verstehen können. Es geht nicht zwangläufigdarum, Dinge zu veröffentlichen, die besonders publi-kumstauglich sind oder scheinen. Insbesondere heute,wo das Publikum durch die Möglichkeiten des SocialWeb und vor allem die Mediaanalysen und die Verbrei-tungszahlen der Nutzungsforscher stärker denn je überMedieninhalte und ihre Gestaltung bestimmt, gerätauch dies leicht aus dem Fokus: „Es [gehört] zum auf-klärerischen Journalismus (...), der Gesellschaft auchWahrheiten nahe zubringen, die sie nicht oder nochnicht hören will.“ (Lilienthal 2009b: 10) Psychologie undRezeptionsforschung sind sich jedenfalls einig, dassMenschen mit Vorliebe das wahrnehmen und behalten,was in ihr Weltbild passt (vgl. Festinger 1987). EinGrund für angepassten Journalismus sollte das nichtsein. Eine Grenze des Öffentlichkeitsgebots sieht Pött-ker lediglich in rechtlichen Rahmenbedingungen wiedem Persönlichkeitsschutz, weist aber darauf hin, dassdiese konkurrienden Gründe besonders stark sein müssen, um ein Thema nicht an die Öffentlichkeit zubringen - vorausgesetzt es stimmt die Qualität.

Kriterien für die Qualität wurden in der Medienwissen-schaft mehrfach entwickelt und weiterentwickelt. Inden wissenschaftlichen Auseinandersetzungen der ver-schiedenen Autoren (zentral Ruß-Mohl 1992, Schatz/Schulz 1992, Rager 1994, Hagen 1995, Pöttker 2000,Arnold 2009) werden mehrere Qualitätsdimensioneneines journalistischen Produkts aufgezeigt, zum Teil inErgänzung: • Aktualität - vor allem im Sinne von Gegenwarts-

bezug, • Relevanz auch im Sinne einer vollständigen Darstel-

lung aller Sichtweisen eines Themas, • Vielfalt in dem Sinne, dass möglichst viele Vorver-

ständnisse und Interessen angesprochen werden, • Ausgewogenheit und Unabhängigkeit von Interes-

sensgruppen, • Richtigkeit im Sinne von intersubjektiver Nachprüf-

barkeit, • Transparenz der Quellen und unter Umständen: • Schwierigkeiten der Wahrheitsfindung, • Verständlichkeit und • Unterhaltsamkeit.

Arnold (2009) beschreibt zusammenfassend Qualitäts-journalismus als „mutigen Journalismus“, der „schwieri-ge Themen“ aufgreife und sie „entsprechend deutlichkommentiere“ und fügt eine weitere Qualitätsdimen-sion hinzu: • Engagement.

Hieraus ein einheitliches Messinstrument für alle Me-dien zu entwickeln, ist aufgrund der unterschiedlichenMedienformate schwer: Meldet ein Nachrichtensendereine aktuelle Entwicklung schnell, ohne zweite Quelle,macht dies aber transparent, indem er die Nachricht alsnicht abgesichert präsentiert, hat er nicht unbedingtschlechten Journalismus abgeliefert. Trotz der schwieri-gen Operationalisierung zeigen die wissenschaftlichenQualitätsdimensionen grundlegende Anforderungen -und bieten Ansatzpunkte, um Probleme aufzuzeigen.Denn die Qualitätsansprüche erfordern bestimmteGrundbedingungen: Einen kritischen Geist, Unabhän-gigkeit als Arbeitsbedingung, gutes Handwerkszeug,Zeit, es anzuwenden sowie eine berufsethische Ver-pflichtung des Journalisten.Die Qualitätsdebatte erfreut sich an vielen Stellengroßer Beliebtheit, ohne sich diesen Kernfragen gutenJournalismus’ zu zuwenden, kritisiert Volker Lilienthal

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

(Lilienthal 2009). All dies „während sich der Medien-konsument fragt, ob Qualitätsjournalismus nicht einPleonasmus sei und Qualität eigentlich das, was er legi-timerweise von jeglichem Journalismus erwarten dürfe“.Daher haben die deutschen JournalistengewerkschaftenDJV und DJU 2007 und 2006 Chartas zur Qualitäts-sicherung verabschiedet, die den Verlagen, Sendern undMedienprodukten grundlegende Bedingungen zur Qua-litätssicherung vor Augen führen. Denn sie sehen dieQualität in Gefahr: durch fehlende Zeit zum Recher-chieren, steigenden Arbeitsdruck, durch die Multi-medialität, den Druck von PR und Anzeigenkunden unddie mangelnde Bereitschaft der Arbeitgeber zur gutenAus- und Fortbildung. Die „Initiative Qualität“ im Deutschen Journalisten-Ver-band hat eine Checkliste zusammengestellt, an der jederJournalist den Status Quo seines Arbeitsplatzes erhebenkann: „Wird in der Redaktion über journalistischeGrundsätze diskutiert?“ (...) und der Grundsatz, „Sorgfaltvor Schnelligkeit“ akzeptiert? Wie steht es um die jour-nalistische Aus- und Fortbildung? Wird Recherchedurch redaktionelle Struktur gefördert und darf auchergebnisoffen recherchiert werden? (Deutscher Journa-listen-Verband 2006). Die Ziele der Verbände DJV undDJU ähneln sich dabei stark - schließlich sehen sie ihreKollegen mit den gleichen Problemen konfrontiert. Qua-lität kann es nur geben, - so die Sichtweise der Journa-listenorganisationen - wenn der Journalismus sich ethi-schen Grundsätzen wie dem Pressekodex verpflichtetfühlt, wenn transparente Standards und Ziele in denRedaktionen erarbeitet und kritisch reflektiert werdenund die Kompetenz der Journalisten gefördert wird. Dasjournalistische Handwerk muss beherrscht werden, aberauch in den gegebenen Strukturen umgesetzt werdenkönnen. Kritik sollte von außen (z.B. aus der Medienwis-senschaft) und innen kommen und zu Verbesserungenführen, wenn der ökonomische Druck nicht auf Kostender Unabhängigkeit geht und die Redaktionskultur perse Unabhängigkeit als Wert sieht. In der DJV-Chartawird hierzu berechtigterweise auch abgefragt: „Stelltsich das Medienunternehmen in Konfliktfällen mitFunktionsträgern aus Politik, Wirtschaft, Kultur undSport verlässlich und berechenbar vor seine Mitarbeite-rinnen und Mitarbeiter?“ (DJU 2007, DJV 2006).Ein weiteres Feld auf dem sich journalistische Qualitätin zunehmendem Maße zu beweisen hat, ist die Cross-medialität. Geribert Jakob nennt ein Umdenken voneinem Medium zu einer Marke (Brand), die unverwech-selbare journalistische - im Sinne der kontrollierendenVierten Gewalt - Inhalte auf verschiedenen Kanälenkommuniziert, als Kernanforderung für qualitativ hoch-

wertigen Journalismus (Jakob 2009). Diesen Anforde-rungen ist Journalismus angesichts gegenwärtigerSparmaßnahmen und wegen der damit verbundenennotwendigen Investitionsmaßnahmen sicherlich nichtgewachsen. Gefragt sind daher neue Ideen zu den Auf-gaben der verschiedenen Medien bzw. Kommunika-tionskanäle. Die Zeitung als „Generalschlüssel“ zum Verständnis derWirklichkeit zu betrachten und dazu Internetformate zuerstellen, die schnelle Nachrichten abbilden, schlägtbeispielsweise SZ-Innenpolitik-Chef Heribert Prantl vor(Lilienthal 2009). Die größte Schwierigkeit des Qua-litätsjournalismus, wenn man ihn denn getrennt voneinem anderen Journalismus sehen will, bleibt die Res-sourcenknappheit oder der Wille, in ihn zu investieren.So zeigt Georg Daschmanns Analyse der Qualität vonFernsehnachrichten unter Einbezug der zentralen For-schungsergebnisse die eindeutige Relevanz und dieQualitätsunterschiede zwischen dem öffentlich-recht-lichen Rundfunk, der sich im öffentlichen Auftrag umQualitätsjournalismus bemühen soll, und dem Privat-funk. Allerdings: Die Einschaltquoten des Qualitätsfern-sehens zeigen nicht den unbedingten Wunsch desPublikums nach mehr Qualität. Dennoch und geradedeswegen, argumentiert Lilienthal, sei es die „Aufgabevon gutem Journalismus gegen die Abnutzungserschei-nungen zu kämpfen und das Publikum durch neue For-men für inhaltliche Qualität zu gewinnen“ (Lilienthal2009: 20).Die Frage nach der Qualität wird je nach Perspektiveunterschiedlich beantwortet. Medienunternehmen ver-wiesen hier lange Zeit auf Reichweitenzahlen, Ein-schaltquoten und Auflagenzahlen. Doch Messzahlenallein sagen zu wenig über journalistische Qualität aus.Die „Initiative Qualität“ hat sich zu Beginn ebenfallsintensiv mit dieser Frage beschäftigt und kam zu demSchluss, dass sich keine einheitliche Messlatte ent-wickeln lässt, an der sich alle Medien messen lassenwürden. Das Verständnis von Qualität hängt also stetsvon der Position des Betrachters ab - und davon, ob dieQualität im Erstellungsprozess betrachtet wird oder dieQualität des Endprodukts aus Sicht des Nutzers imSinne der für ihn entstandenen Nützlichkeit und unterBerücksichtigung seiner Zahlungsbereitschaft. Im Jour-nalismus liegt der Fokus hauptsächlich im Betrachtendes Entstehungsprozesses und, als zweiter Aspekt, in derredaktionellen Einschätzung der Wirkung beim Leser,Hörer oder Zuschauer. Das Qualitätsmanagement betriebswirtschaftlicherPrägung verneint diesen Aspekt und geht davon aus,dass die Qualitätsbewertung immer beim Kunden statt

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„Wenn ich nicht bereit bin, Recherche zu bezahlen,kommt sehr wahrscheinlich schlechter Journalismusdabei heraus“. Matthias Spielkamp

Problemaufriss

Die Lage der VerlageDer Auflagenrückgang bei Zeitungen und Zeitschriftenliegt laut IVW seit zehn Jahren über den gesamten Zeit-raum betrachtet zwischen 10 und 20 Prozent - je nachBereich. Allein die Auflagen der Wochenzeitungen zei-gen sich relativ stabil (Goldhammer 2009, Lilienthal2009c). Zwang dies die Verlage bereits in normalenwirtschaftlichen Zeiten zu reagieren, so hat sich dieLage im Zuge der Weltwirtschaftskrise verschärft. DieVerlage mussten sich 2009 „gegen rückläufige Anzei-genmärkte – insbesondere bei den extrem wirtschafts-abhängigen Stellenanzeigen – und darüber hinausgegen sinkende Abonnenten- und Käuferzahlenbehaupten“ (Pasquay 2009). Die Folge: Kurzarbeit undStellenstreichungen, Zentralisierung und Mantelmodell,Honorarkürzung und Auslagerung (u.a. Wenk/Beleites2009, Frech 2009). Dabei kündigten die Verleger jeweilsan, die umfassenden Umstrukturierungen bewältigen zuwollen, ohne die innere Pressefreiheit zu gefährden oderan Qualität zu verlieren. Schütz stellte jedoch fest, dass„die publizistische Leistung, wie sie das Publikumerwartet, auf Dauer nicht unbeeinflusst bleiben“ wird(Schütz 2009: 473).

Die Aussichten für 2010 sind nur geringfügig besser: Die Herbstprognose der Managementberatung Apen-berg+Partner unter 425 Verlagen und Druckereienergab, dass noch 38 Prozent der Verlagsmanager eineschlechtere Marktentwicklung als im letzten Jahrerwarten (Apenberg 2009). Jeder dritte Verlag geht vonrückläufigen Lieferantenpreisen aus und damit voneiner Verbesserung der Ergebnissituation. Gleichwohlplanen 41 Prozent der Verlage einen weiteren Perso-nalabbau, dabei wollen insbesondere Zeitungsverlage(64 Prozent) und Fachzeitschriftenverlage (36 Prozent)auch 2010 Personal abbauen. Die aktuelle Studie „Wandel bei aktuellen Massenme-dien: Journalismus in veränderten Medienkontexten“(Kutscha et al. 2009) stellt fest, dass zunehmend festangestellte Redakteure durch freie Mitarbeiter ersetztwerden, die schlechter bezahlt und somit kostengünsti-ger sind. Zwei Drittel der befragten Journalisten meinen,dass ihre Redaktionen in den letzten 20 Jahren zuneh-mend journalistische Arbeit ausgelagert haben. DieRedaktionen investieren außerdem weniger in die Weiterbildung der Freien als noch vor einigen Jahren.Die Studienautoren halten diese Entwicklung für dieQualitätssicherung für „besorgniserregend“, da Freieeinen Großteil des medialen Angebots erstellten.

Die Lage der FreienDer Deutsche Journalisten-Verband führte vom 20.Februar bis 20. März 2009 eine Umfrage unter 1.257freien Journalistinnen und Journalisten durch, um

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

findet. So ist es nicht verwunderlich, dass insbesondereVerlage bei sinkenden Auflagen und stagnierenden Aus-gabepreisen als Maß für die Qualitätseinschätzung derLeser an jener Qualitätsschraube im journalistischenProzess drehen, über welche die hier später diskutiertenFaktoren Zeit und Geld Auskunft liefern. Die Situationzeigt somit auf, dass der Konflikt über die Güte journa-listischer Arbeit und Ergebnisse im Kern ein Konfliktzwischen Kommerz sowie einem kulturell zu definieren-dem journalistischem Anspruch ist. Gleichwohl könnensich Verlage, Sender und Medienprodukte an einerReihe von Kriterien messen lassen, die die InitiativeQualität in einer Checkliste zusammengestellt hat.Die hier erarbeiteten Faktoren für guten Journalismusbasieren im Wesentlichen auf der Annahme, dass die

Hauptaufgabe des Journalismus darin besteht, Öffent-lichkeit herzustellen (Pöttker 2000). Entsprechend istJournalismus dann defizitär, wenn er relevante Themenund Nachrichten vernachlässigt. Insofern haben wir fürunsere leitfadengestützten Interviews die Fragen weit-gehend auf Basis der Literatur zu negativen Nachrich-tenfaktoren (Pöttker/Schulzki-Haddouti 2007, insbes.Vock 2007) entwickelt. Zum anderen haben wir zahlrei-che aktuelle Studien zur Lage des Journalismus inDeutschland ausgewertet, die die Aufsplittung in dievon uns festgestellten Faktoren weitgehend stützen. DieAntworten unserer Gesprächspartner haben uns eben-falls gezeigt, dass diese Faktoren relevant sind - undentsprechend Lösungsansätze liefern können.

2 Faktor Geld

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

Daten über die aktuelle Wirtschaftssituation der Freienzu gewinnen (Deutscher Journalisten-Verband 2009a).Sie ist die derzeit aktuellste verfügbare Studie.Die Ergebnisse zeigen hinsichtlich der zentralen Res-source „Geld“ deutliche Einschnitte im Vergleich zumVorjahr: Ein Drittel der Freien verlor einzelne wichtigeAuftraggeber oder berichtete, dass AuftraggeberHonorare kürzen. Jeder vierte Freie berichtete überschleppendere Honorarzahlungen. Immerhin bei einemweiteren Drittel ging das Geschäft „ganz normal“ wei-ter. Zusätzliche Auftraggeber konnte jeder vierte Freiegewinnen. Höhere Honorare konnten nur bei 3 Prozentaller Auftraggeber erzielt werden. Das durchschnittlicheEinkommen der Befragten lag bis zum Ausbruch derWirtschaftskrise Mitte 2008 bei 24.436 Euro, dies ent-spricht monatlich 2.036 Euro. Die Mitglieder erwartenentsprechend von ihrem Verband mehr Engagement füreine verbindliche Honorarordnung und eine angemesse-ne Bezahlung für Qualitätsarbeit. • Jeder zwölfte „Freie“ gab an, seinen Hauptauftrag-

geber verloren zu haben. Betroffen waren insbeson-dere Freie, die für die stark von Anzeigenschaltungenabhängigen Tageszeitungen (44 Prozent), Fachzeit-schriften (34 Prozent), Publikumszeitschriften (27Prozent) und Online-Medien (19 Prozent) tätig sind.Die Süddeutsche Zeitung vergab an Freie, die ihrerstes Buch veröffentlicht oder für den Wirtschafts-teil gearbeitet hatten, keine Aufträge mehr. Pauscha-listen wurde gekündigt, der Honorartopf um 20 Pro-zent gekürzt (Frech 2009).

• Jeder fünfte Freie musste Auftragseinbußen von über50 Prozent hinnehmen.

• Ein Drittel aller freien Journalisten verzeichnete seitMitte 2008 einen „signifikanten“ Auftragseinbruch.Dies betraf insbesondere den Bereich der Tageszei-tungen (43 Prozent), gefolgt von den Fachzeitschrif-ten (35 Prozent) und Publikumszeitschriften (24 Pro-zent), PR-Agenturen (19 Prozent), Online-Medien (14Prozent) und Pressestellen (13 Prozent). Insbesonde-re Fotojournalisten sind von der Krise betroffen: Jederzweite berichtete von einem signifikanten Auftrags-einbruch.

• Nur relativ wenige Journalisten konnten einen be-deutsamen Rückgang in den öffentlich-rechtlichenMedien (9 Prozent) verzeichnen, noch weniger im Privatfunk (8 Prozent) und in den audio-visuellenProduktionsfirmen (5 Prozent). Noch seltener wardies bei den Bildagenturen (4 Prozent) und Nachrich-tenagenturen (3 Prozent) der Fall.

• Die soziale Absicherung der Freien ist lückenhaft:Laut DJV-Studie hat nur ein Viertel aller Freien einen

Anspruch auf Leistungen des Arbeitslosengeldes I aufGrund einer freiwilligen Arbeitslosenversicherung;drei Viertel aller Freien würde einen Zugang allerSelbständigen zur freiwilligen Arbeitslosenversiche-rung begrüßen.

Im Jahr 2008 führte der DJV eine große Umfrage unter2.187 freien Journalistinnen und Journalisten durch(Deutscher Journalisten-Verband 2009a). Damalsschätzte immerhin noch die Hälfte der Befragten dieAuftragslage optimistisch ein. Nur wenige rechnetenmit größeren Problemen. Aber bereits damals, als sichdie Wirtschaftskrise erst vage abzuzeichnen begann,zeigten mehrere Indikatoren, dass es den Freien nichtgut ging:• Das monatliche Durchschnittseinkommen betrug

rund 2.150 Euro und ist damit inflationsbereinigtüber einen Zeitraum von zehn Jahren fast gleichgeblieben. Freie verdienen damit etwa soviel wie dieHälfte ihrer angestellten Kollegen. Weischenbergkommt in diesem Punkt im Vergleich der Jahre 1993und 2005 allerdings zu einem anderen Befund: Erstellte fest, dass das Durchschnittseinkommen derFestangestellten nur um netto 300 Euro höher liegt(Weischenberg et al. 2006a:352).

• Bezahlten Urlaub erhält nur jeder fünfte Freie - dassind im Wesentlichen die Mitarbeiter der Rundfunk-anstalten. Praktisch jeder zweite Freie nimmt Urlaubund erhält in dieser Zeit kein Honorar. Mehr als jederDritte nimmt daher wenig Urlaub.

• Jeder vierte Freie ging Nebentätigkeiten nach. Beiüberdurchschnittlichen Einkommen kümmern sichweniger Freie um Zusatzverdienste. So war es beiNachrichtenagenturen nur jeder Sechste, bei Rund-funkanstalten nur jeder Fünfte. In den Online-Medi-en, die sich durch ein relativ niedriges Durchschnitts-einkommen von 1.491 Euro auszeichnen, geht fast je-der Zweite einer außerjournalistischen Tätigkeit nach.

• Nur 9 Prozent der Freien erhielten für Zweit- undweitere Verwendungen von Beiträgen regelmäßig eingesondertes Honorar, zehn Jahre zuvor waren es noch14 Prozent. Der Anteil der vertraglichen Vereinbarun-gen bei Zeitungen hat sich in den letzten Jahren hingegen verdoppelt, im Onlinebereich sogar verdrei-facht. Die Vereinbarungen versuchen meist umfang-reiche Nutzungsrechte für die Auftraggeber abzu-sichern, ohne diese separat vergüten zu müssen.Inzwischen verfügten drei Gerichte, dass solcheTotal-Buy-out-Verträge rechtswidrig sind, da siegegen den Anspruch auf ein „angemessenes“ Honorarverstoßen (Buchholz 2009).

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

• Frauen erhielten auf die Stunde bezogen wenigerHonorar als Männer. Der Trend zeigt außerdem, dassdie Mehrheit der Freien Frauen sind.

• Die Zahl der freiwilligen Freien ging zurück. Ein Grundhierfür kann sein, dass im Zuge der Medienkrise von2001/2002 und wegen der seither anhaltenden Ent-lassungen im Zeitungsbereich der Anteil der Freienzugenommen hat, die vorher als angestellte Redak-teure tätig waren.

• Die Künstlersozialkasse (KSK) ist die wichtigsteSozialeinrichtung für freie Journalisten. Während vorzehn Jahren nur jeder Zweite über die KSK versichertwar, sind es inzwischen zwei Drittel aller Freien. Nur8 Prozent sind über den Auftraggeber sozialver-sichert; das sind in der Regel Freie, die in Rundfunk-anstalten tätig sind. Dies bedeutet, dass mehr als einViertel der Freien außerhalb des gesetzlichen Sozial-versicherungssystems steht. Drei Viertel der Freiensind außerdem Mitglied von Verwertungsgesellschaf-ten.

Interviews

Geld ist eine Ressource im Journalismus, die fast alleInterviewpartner als wesentlichen Faktor für Qualitäts-journalismus benennen. Sie ist, wie einige von ihnenbetonen, direkt auch von der Ressource Zeit abhängigbzw. beide Faktoren bedingen einander. Ulrike Maercks-Franzen setzt sich als Bundesgeschäfts-führerin der Deutschen Journalistinnen und Journa-listen-Union (DJU) im Rahmen der „Initiative Qualität“seit Jahren mit Faktoren für Qualitätsjournalismus aus-einander. Sie hält eine „angemessene und ordentlicheBezahlung“, ausreichende Honorartöpfe sowie sozialeSicherheit für die Journalisten für wichtige Qualitäts-faktoren.Regine Bönsch, Ressortleiterin bei der WochenzeitungVDI-Nachrichten meint: „Wo es an Geld mangelt, dür-fen bzw. können einige Kollegen nicht mehr reisen. Derwirtschaftliche Druck erschwert gute journalistischeBeiträge. Man darf auch nicht zu viel in den Redaktio-nen sparen. Wenn es zu wenig Redakteure für die Sei-tenproduktion gibt, vermindert das die Qualitätskon-trolle. Es gibt immer mehr Tageszeitungen bei denenbeispielsweise orthografische Fehler extrem auffälligsind“. Die unzureichende Bezahlung von Freien ver-schlechtere „deutlich die Qualität. Wenn man seinezwei, drei Geschichten parallel täglich abliefern muss,verändert das klar die Qualität“. Für Regine Bönsch istaber auch klar: „Freie und Feste müssen einander

respektieren. Dafür ist es gut, wenn man weiß, was derandere tut, wenn man sich kennt. Um einen bestimmtenSupport zu leisten, schicke ich einige Freie auch aufMessen oder ich nehme sie mit zu großen Interviews“.Die Chefredakteurin der Netzeitung, Domenika Ahlrichs,begegnet einer massiven Kürzung des Redaktionsbud-gets damit, zum einen die Masse der produziertenNachrichten zu verringern, denn „das, was wir machen,müssen wir gut machen. Ein informierter Leser kriegtschnell heraus, ob ein Beitrag vernünftig geschriebenist“. Außerdem hat sie die Zahl der Autoren reduziert, diejedoch nach wie vor dasselbe Honorar für ihre Beiträgeerhalten. Beiträge von freien Autoren, die ihr mituntersogar kostenlos angeboten werden, lehnt sie grundsätz-lich ab. Schließlich hat sie die Redaktion umorganisiert- der Posten des „Chefs vom Dienst“ rotiert täglich.Diese Praxis hat sich ihrer Ansicht nach bewährt (s.„Faktor Organisation“).Die freie Journalistin Annette Bolz nennt ein angemes-senes Honorar als erste Voraussetzung für guten Jour-nalismus. Darunter versteht sie „ein Honorar, das esermöglicht, ökonomisch zu arbeiten, um eine gründlicheRecherche anzustellen, unabhängige Informationen zubekommen, sich über Dramaturgie Gedanken zumachen, den Text selbst zu redigieren oder umzuschrei-ben, damit er sprachlich so ist, wie es die Journalistinauch kann. Die Zeit ist nötig, einen Text so zu produzie-ren, dass er auch gut genug ist“. Entsprechend hält sie„Dumpinghonorare“ für den „ersten Verhinderer vonQualitätsjournalismus“. Die derzeit schlechte Bezahlungführe dazu, dass „die journalistische Leistung automa-tisch schlechter wird“. Schlecht honorierte Aufträgenimmt sie aus diesem Grund nicht an.Der freie Journalist Hardy Prothmann betreibt seit Mai2009 mit Heddesheimblog.de ein lokales, investigativesBlog, das sich selbst in Konkurrenz zur Tageszeitung„Mannheimer Morgen“ sieht. Er sieht „schlimme Folgen“einer unangemessenen Bezahlung von Autoren, „derenAuswirkungen sogar unaufmerksame Leser, Hörer undZuschauer jeden Tag seit Jahren erleben können. Dassdie schlechte Bezahlung noch keine katastrophale Fol-gen nach sich gezogen hat, hängt überwiegend einer-seits mit der Selbstausbeutung vieler Kolleginnen undKollegen zusammen, und andererseits damit, dass es bisheute herausragende überregionale, aber auch lokaleMedien immer noch gibt, die wirtschaftlich zumindestso erfolgreich sind, dass sie ihre Leute anständig bezah-len können und dafür Premium-Inhalte bekommen“.Der freie Journalist Matthias Spielkamp hält ebenfallseine nicht ausreichende finanzielle Ausstattung für pro-blematisch: „Wenn ich nicht bereit bin, Recherche zu

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

bezahlen, kommt sehr wahrscheinlich schlechter Jour-nalismus dabei heraus“. Er sieht hierin auch einenZusammenhang mit der Bereitschaft, Thesen oderGeschichten zu verwerfen: „Es ist ein schlechter Grund-satz, wenn etwa bei Fernsehproduktionen von Journa-listen gefordert wird, dass man niemals ohne Geschich-te zurückkommen darf. Wenn Drehtage bezahlt wurden,aber wenn man nicht bereit ist, diese abzuschreiben, istdas ein Hindernisgrund für guten Journalismus.“Spielkamp weist außerdem auf den großen Unterschiedzwischen dem Einkommen von Freien und Festange-stellten hin: „Redakteure können heute nach guten Ver-handlungen immer noch 80.000 Euro und mehr imPrintjournalismus verdienen. Als Freiberufler ist dasnahezu unmöglich, so viel zu verdienen. Die Honoraresind zum großen Teil so gering, dass man Schwierigkei-ten hat, davon zu leben. Am schlimmsten ist das beifreien Tageszeitungsjournalisten“. Diese Entwicklung seiinzwischen auch bei den Fernsehjournalisten angekom-men. Spielkamp weiß von einer Journalistin, die es sichnicht mehr leisten kann, Beiträge für „frontal21“ zumachen. Grund: Zu viele unbezahlte Recherchetagewürden dazu führen, dass Tagessätze von 150 Euroübrig blieben. Spielkamp: „Es ist dieser Vergleich mitden Festangestellten - das Einkommen steht in über-haupt keinem Verhältnis mehr. Deswegen hören Jour-nalisten auf, ihr Geld mit Journalismus zu verdienen.Gerade die Guten mit Alternativen suchen sich etwasBesseres“.

Lösungsansätze

Organisation und ManagementDie Chefredaktion kann bei der Auftragsvergabe mittelsklarer Ansagen dafür sorgen, dass es zu keinemHonorardumping kommt.

HonorarverhandlungenFreie Journalisten können sich stärker zusammen-schließen, um ein Gehör für ihre Bedürfnisse zu finden.So hat sich etwa erst in jüngster Zeit mit „Freischreiber“ein neuer Journalistenverband gegründet, der aus-schließlich die Interessen von Free-Lancern vertretenwill. Aber auch innerhalb etablierter Berufsverbändekönnen sich Freie nachhaltiger organisieren.

Neben diesen eher traditionellen Maßnahmen, die aufeine Verbesserung des redaktionellen Binnenverhältnis-ses in den Redaktionen oder zwischen Redaktionen undAutoren bzw. auf gewerkschaftliches Engagement

abzielen, wurde 2009 eine Reihe von Lösungsvorschlä-gen diskutiert, die direkt am Finanzierungsmodell derPublikationen ansetzen. So wurden Alternativen zu denheutigen Geschäftsmodellen wie den Abo- und Einzel-entgelten, der Werbung sowie Gebühren gesucht, dainsbesondere die Refinanzierung über klassische Wer-bung immer schwieriger wird:

Finanzierung durch öffentliche EinrichtungenÖffentliche Einrichtungen wie Kirchen oder Universitä-ten könnten Qualitätsmedien herausgeben oder finan-zieren, schlugen Weichert und Kramp (2009c) vor.Volker Lilienthal (2009a) machte allerdings darauf auf-merksam, dass auch die Kirchen im Zuge der Kirchen-austritte an Finanzkraft einbüßen mussten.

Finanzierung durch zivilgesellschaftliches EngagementWeichert und Kramp (2009c) schlugen außerdem eineArt Volksaktien für Qualitätsmedien vor. Als Vorbild prä-sentieren sie das Genossenschaftsmodell der taz. Lilien-thal (2009a) glaubt jedoch, dass dies nur für Minder-heitsmedien interessant sein könnte, da das Interesseder Deutschen an Qualitätsmedien nicht ausreichendgroß sei.

Finanzierung durch KulturflatrateDie Einführung einer Kulturflatrate wird seit längeremvor allem in Hinblick auf Musik diskutiert (Roßnagel etal. 2009) und wurde ebenfalls von Weichert und Krampaufgegriffen. Die Diskussion knüpft hier an das Vertei-lungssystem der Verwertungsgesellschaften wie derGEMA oder der VG Wort an. Der Gesetzgeber könntenicht nur Gerätehersteller, sondern auch Internetpro-vider zu Pauschalabgaben verpflichten, die direkt aufdie Rechteinhaber umgelegt werden könnten. Proble-matisch ist hier jedoch, einen Verteilschlüssel zu finden,der Qualität honoriert.

Finanzierung durch NationalfondsEine weitere Lösung besteht nach Ansicht von Weichertund Kramp (2009c) in der Errichtung eines „National-fonds für Qualitätsmedien“. Doch auch hier stellt sichwie bei der Kulturflatrate die Frage nach einem adäqua-ten Verteilschüssel. Auch ist, so Lilienthal (2009a), zuüberlegen, ob damit nicht Eliteblätter für wenige heran-gezüchtet werden. Zu klären wäre auch, ob die so finan-zierten Zeitungen überhaupt entgeltpflichtig wären -analog dem GEZ-finanzierten Rundfunk.

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Finanzierung durch MäzenatenRichard Tofel von der US-amerikanischen ProPublica-Stiftung erwartet ein Marktversagen in vielen Nach-richtenbereichen und setzt dabei auf eine gemeinnüt-zige Finanzierung: Wenn der Markt versagt - so heißt esin den Wirtschaftslehren - braucht man öffentlicheGüter. Ich denke, in diesen Fällen, in denen der Marktversagt, wird gemeinnützig finanzierter Journalismuseine zunehmend wichtige Rolle spielen“. (Sixtus/Endert2009) Mäzene oder Stiftungen, die sich für Qualitäts-medien einsetzen, schlagen deshalb Weichert undKramp (2009c) mit Blick auf das US-amerikanischeModell „Pro Publica“ (http://www.propublica.org) alsweitere Lösungsmöglichkeit vor. Der Miliardär HerbertM. Sandler will mit der gemeinnützigen Organisationdediziert investigativen Journalismus unterstützen, dadieser in der Regel keine Inhalte hervorbringt, die Anzei-genkunden schätzen. Derzeit recherchieren mit einemBudget von jährlich etwa zehn Mio. US-Dollar mehr alszwanzig Journalisten nach exklusiven Beiträgen aus denBereichen Politik und Wirtschaft. Unter anderem ent-hüllten sie, dass die US-Regierung mit über 500 Mio.US-Dollar das arabische TV-Network „Al Hurra“ subven-tionierte. Die Recherche floss in einen Beitrag für dasTV-Magazin „60 Minutes“ von CBS News, das für seineScoops seit Jahrzehnten berühmt ist.In Deutschland gibt es bereits einige Zeitungen, die vonStiftungen getragen werden, so etwa die FAZ durch dieFAZIT-Stiftung. Die Rudolf-Augstein-Stiftung fördertseit Sommer 2009 die neue Stiftungsprofessur für diePraxis des Qualitätsjournalismus an der UniversitätHamburg. Lilienthal (2009a) weist jedoch darauf hin,dass Mäzenatenum die Produktion gesellschaftlichenReichtums voraussetze. Dies sei in Zeiten der Wirt-schaftskrise fraglich. Zudem setze es voraus, dass esgenügend Besitzende gibt, die sich im Sinne desGemeinwohls für einen kritischen Journalismus enga-gieren wollen. Schließlich könnten hier auch neueAbhängigkeiten entstehen.

Finanzierung durch MikrofinanzierungEs gibt inzwischen auch Versuche von Autoren undAutorengruppen sich direkt von ihren Lesern bezahlenzu lassen und so den Verlag oder den Sender als Mittlerzwischen Autor und Leser zu übergehen. Der Journalistund Blogger Christopher Allbritton überzeugte die Leserseines Blogs, ihn für zwei Recherchereisen in den Irakwährend des Kriegs zu unterstützen. Seine Berichte ver-öffentlichte er zunächst in seinem Blog „Back to Iraq“(http://www.back-to-iraq.com), später schrieb er auchfür das TIME Magazine als Free-Lancer. Damit inspirier-te er die Plattform Spot.us dazu, von ihren Lesern fürmehrere Autoren Spenden einzusammeln. Für jedesArtikelprojekt setzt sie einen eigenen Spendenaufrufauf (Sixtus/Endert 2009).

Finanzierung durch neue staatliche FörderinstrumenteMöglich ist auch die Förderung von Medien durch neuestaatliche Förderinstrumente, die jedoch eine staatlicheEinflussnahme auf die Projektteilnehmer ausschließen.So fördert etwa das niederländische Bildungsministe-rium mit den „Digitale Pioniers“ (http://www.digitale-pioniers.nl/) seit 2002 zahlreiche kleinste und kleinezivilgesellschaftliche Medieninitiativen über einenstaatlich alimentierten Förderfonds, der vom Think TankKennisland verwaltet wird. Diese Projekte müssen zurMeinungsbildung, Partizipation und Informationsver-mittlung im Internet beitragen können. Die Förderungkann über bestimmte Förderkriterien Qualitätsstan-dards in Bezug auf Inhalte, soziale Kommunikations-und Umgangsformen und lizenzrechtliche Regelungenwie etwa der Verwendung von Creative-Commons-Lizenzen setzen (Schulzki-Haddouti/Maier-Wolthausen2009).

Finanzierung durch Product PlacementEine Finanzierung durch Product Placement ist mit derÄnderung des entsprechenden EU-Rechts für das Pri-vatfernsehen legal. Gleichwohl wird sie kontrovers dis-kutiert (vgl. „Faktor Public Relations und Werbung“).

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3 Faktor Zeit

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„Guter Journalismus benötigt Zeit, um wirklich alleAspekte ergreifen zu können und recherchieren zu kön-nen“. Domenika Ahlrichs

Problemaufriss

Die Lage in den RedaktionenWeniger Zeit für Recherche konstatiert eine aktuelleStudie „Wandel bei aktuellen Massenmedien: Journalis-mus in veränderten Medienkontexten“ des Instituts fürKommunikationswissenschaft der Universität Münsterunter der Leitung von Professor Bernd Blöbaum zumArbeitsalltag in den Redaktionen (Kutscha et al. 2009).Befragt wurden 15 Nachrichtenredaktionen, darunterARD aktuell, Spiegel Online, Süddeutsche Zeitung undDeutschlandfunk. Über die Hälfte der rund 300 befrag-ten Journalisten arbeitet heute länger als noch vor eini-gen Jahren. Grund: Sie müssen heute organisatorischeund verwaltende Arbeiten übernehmen, die früherandere getan haben. Dies geht zu Lasten der Recherche:„Mehr als die Hälfte der Journalisten gibt an, heuteweniger Zeit für die Recherche zu haben als noch vorzehn oder 20 Jahren“. Ein Drittel ist der Überzeugung,dass ihre Redaktion weniger Zeit in Gegenrecherchesteckt - nur sieben Prozent sind anderer Meinung. Weischenberg kam bereits 2006 über zwei repräsenta-tive Umfragen in den Jahren 1993 und 2005 zu einemähnlichen Befund. So habe sich die journalistischeArbeit von zeitaufwändigen hin zu effizienten Tätigkei-ten verschoben und sei insofern rationalisiert worden(Weischenberg 2006a et al.: 354 f.). Nach wie vor hät-ten die Journalisten genau zwei Stunden am Tag für dasVerfassen eigener Texte und Beiträge Zeit. Doch die fürRecherchen notwendige Zeit sei weniger geworden:Investierten Journalisten 1993 noch täglich 140 Minu-ten in die Recherche, waren es zwölf Jahre später weni-ger als 120 Minuten. Nur die Hälfte der Befragten warmit der für Recherchetätigkeiten zur Verfügung stehen-den Zeit zufrieden. Diejenigen, die mehr Zeit für Recher-che hatten, zeigten sich zufriedener. Der Aufwand fürtechnische und organisatorische Aufgaben war imUntersuchungszeitraum gleichzeitig deutlich gestiegen.84 Minuten waren zur Erledigung technischer Aufgabennotwendig, 78 Minuten für das Organisatorische unddie Verwaltung redaktioneller Abläufe. Dabei wurdennur diejenigen befragt, die unmittelbar für die journa-listische Berichterstattung verantwortlich sind.

Die Lage der FreienIn seiner großen Freien-Umfrage von 2008 (DeutscherJournalisten-Verband 2009a) kam der DJV hinsichtlichder Ressource „Zeit“ zu folgendem Ergebnis: Viele derfreien Journalisten arbeitet lange. Die Arbeitszeitenerstrecken sich neben den üblichen wochentäglichenArbeitsstunden auch häufig auf die Nacht und dasWochenende. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt imSchnitt 44,1 Stunden. Dabei liegt im Bildbereich dieWochenstundenzahl mit 48 Stunden am höchsten. 40 Prozent arbeiten „häufiger“ oder täglich“ nachts. 49 Prozent müssen dreimal im Monat oder auch jedesWochenende arbeiten.

Interviews

Zeit ist eine qualitätskritische Ressource im Journalis-mus, die viele Interviewpartner als wesentlichen Faktorfür Qualitätsjournalismus benennen. Sie ist, wie einigevon ihnen betonen, direkt auch von der Ressource Geldabhängig.DJU-Bundesgeschäftsführerin Ulrike Maercks-Franzennennt eine „vernünftige Arbeits- und Zeitplanung inden Redaktionen“ und „Zeit für Recherche sowie für dieQualitätskontrolle“ als erste Voraussetzung für gutenJournalismus. Die Chefredakteurin der Netzeitung,Domenika Ahlrichs, ist überzeugt, dass „guter Journalis-mus Zeit benötigt, um wirklich alle Aspekte ergreifen zukönnen und recherchieren zu können“. Sowohl Zeit-druck, als auch finanzieller Druck verhinderten dies. Sieachtet deshalb darauf, „dass ich meinen Journalistenausreichend viel Zeit bewillige, um ein Thema zu bear-beiten“. Sie selbst nimmt sich Zeit zu redigieren und zusehen, ob die Aspekte ihren Qualitätsanforderungenentsprechen. Sie glaubt aber, „dass Zeit- und Geldman-gel dazu führen, dass gerade lange und intensiv recher-chierte Stücke im normalen Tagesgeschäft wenigerwerden“. Auch Professor Volker Lilienthal, der seit diesem Jahr dieRudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Praxis des Qua-litätsjournalismus inne hat, betont, dass „ein JournalistZeit zum Recherchieren, zum Verstehen und Schreibenbraucht“. Zeit als Voraussetzung für guten Journalismussetze aber bestimmte Personalanforderungen in denRedaktionen voraus: „Sie dürfen nicht zu knapp besetztsein. Aber die gegenwärtige Entwicklung ist so, dassPersonal abgebaut wird“.

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

Peter Zschunke, stellvertretender Chefredakteur von APDeutschland, nennt ebenfalls den Zeitdruck, der gele-gentlich dazu verleiten lässt, etwa Pressemitteilungenweniger zu überprüfen als es erforderlich wäre“. EinGegenmittel bestünde darin, „eine professionelle Hal-tung zu entwickeln. Man muss sich vor der Gefahrwappnen, Formulierungen einfach zu übernehmen, darfalso nicht per Copy-und-Paste übertragen und einfachredigieren, sondern muss den Pressetext extern lassenund nachschauen. Es ist wichtig, dass man immer nochseine eigene Sprache gegen die PR-Sprache behauptet.Außerdem sollte man sich gegen Anrufe ein dickes Fellzulegen. Man muss sich bewusst sein, dass man dage-gen halten muss“.SWR-Redakteur Marcel Schilling hält „im aktuellenBereich ein gutes Zeitmanagement für wichtig. Manmuss sich damit abfinden können, wenn man zumrechtzeitigen Abschluss kommen muss. Es ist wichtig,zu verstehen, dass eine Sache nicht hundertprozentigsein kann. Man muss einerseits den Anspruch haben,das beste Stück abzuliefern, sich aber andererseits mitden Gegebenheiten des jeweilig konkreten Umstandesanfreunden können. Das muss man in ein richtiges Ver-hältnis bringen können“.Die freie Journalistin Annette Bolz fordert „ein ange-messenes Honorar für Freie“ und „genügend Zeit fürFestangestellte“: „Denn nur so ist es möglich, gründlichgenug zu recherchieren, nur mit genügend Zeit lassensich unabhängige Informationen finden. Nur wer genugZeit hat, kann sich auch über die Güte eines TextesGedanken machen, über die richtige Dramaturgie, überden angemessenen Stil – damit der Text sprachlich undinhaltlich so gut wird, wie es der Journalistin oder demRedakteur möglich ist“. Marcel Schilling sieht einen „enormen Zeitdruck durchdie Multimedialität“: „Für die Analyse muss genügendZeit da sein. Sie erfolgt ja nach der Recherche, beruhtauf der Zusammenfassung meiner Recherche. Ich würdemir wünschen, immer genügend Zeit für die Analyse zuhaben, bevor wir in die Produktion gehen. MeineSchwierigkeit als Planer und Schlussredakteur bestehtzum Beispiel darin, dass ich in dieser Funktion zweidienstliche E-Mail-Accounts überwachen muss. Ichhabe ein Telefon, ein Handy und das Telefon des Kolle-gen zu beantworten. Dazu kommen das Radio, der Fern-seher, die Agenturen und das Internet. Ich weiß manch-mal gar nicht, wie man diese vielen Informationskanälehandlen können soll. Dann wird einfach quergelesen. Dawird man sicherlich vielen Themen nicht gerecht...“ Auch Professor Volker Lilienthal erkennt eine „cross-mediale Überforderung“: „Das Konfektionieren für

mehrere Plattformen führt dazu, dass die Zeit zumRecherchieren, Nachdenken und Schreiben reduziertwird. Das Produktionelle frisst zu viel Zeit auf, währenddie Zeit für das Rezeptive zu kurz wird“. Peter Ludes, Professor für Massenkommunikation an derJacobs University Bremen, sagt, dass sich die Arbeits-bedingungen in den letzten 10 Jahren „enorm ver-schlechtert“ haben: „Man muss mehr Länge, mehr Zei-len in kürzerer Zeit produzieren - für teilweise wenigeroder speziellere Nutzer und Zuschauer. Das verstärkt dieProblematik“. Zwar gehe das Hintergrundwissen, umMeldungen einordnen zu können, nicht verloren. Doches werde weniger Zeit investiert, dieses Wissen mit denaktuellen Meldungen zu verbinden.

Lösungsansätze

Management und OrganisationDas Management kann den Zeitdruck in der Redaktiondurch verschiedene Maßnahmen wie direkte Ansagevermindern - etwa dadurch, dass den Autoren bzw.schreibenden Redakteuren gesagt wird, dass sie füreinen Beitrag etwas mehr Zeit für die Recherche erhal-ten.Vor allem aber ein verbesserter, effizienterer redaktio-neller Workflow kann helfen, den Zeitdruck abzubauen.Begleitet werden sollte dies durch humane, flexibleArbeitszeitmodelle. Hinzu kommen Organisationsstruk-turen, die systematisch Recherche unterstützen. Einwesentlicher Erfolgsfaktor ist entsprechend die Affinitätvon Redaktionsmitgliedern und Reportern zur Technikund Organisation. Letzteres ist im Wesentlichen durchdie Fähigkeit ausgeprägt, optimierte Workflows zu ver-stehen und zu nutzen. Siehe hierzu „Faktor Organisa-tion“.Viel versprechende Ansätze gibt es durch die inzwischenin die Redaktionen eingedrungenen Newsdesks undNewsrooms. Die Einführung einer nach Themenfindungund -auswahl, Recherche, Schreiben und Redigierenarbeitsteiligen Berichterstattung - wenn in der Realitätauch nur nach Themenauswahl, -bewertung und -gewichtung einerseits und Recherche- und Textarbeitanderseits - führt zu effizienterer Ressourcennutzungals bei klassischer Vorgehensweise (Meier 2007). Obdiese moderne Form des Tailorismus dauerhaft ist, wirdsich zeigen. Das Fließband hat sich auch nur an we-nigen Stellen als grundlegend effizient erwiesen. Redaktionelles Wissensmanagement bietet eine gutePlattform, um die Effizienz des einzelnen Journalistenzu erhöhen. Wissen kann man zwar nicht managen,

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wohl aber die systematische Erfassung von Erfahrungs-wissen durch De-Briefing und den geregelten Wissens-erwerb durch Briefing und die Bereitstellung von Platt-formen zum Austausch von Erfahrungen. Das ist beiJungjournalisten und -redakteuren besonders ziel-führend und auch bei alten Hasen, die ihr Ressort wech-seln und vom Kontext- und Kontaktwissen der Vorgän-ger oder Kollegen stark profitieren können. Die Bünde-lung allgemeiner Informationsquellen über einheitlichePlattformen mit hoher Usability wie etwa Wikis wirktpositiv verstärkend. Der nachteiligste Faktor für die Effizienz in der journa-listischen Tätigkeit ist die Beschäftigung mit Inhalten,die nicht zum Kerngeschäft gehören oder die durchDoppelungen unsinnigerweise mehrfach veröffentlichtwerden. Journalisten sollten etwa keine anzeigenabtei-lungsinduzierten Aufgaben erledigen müssen („Schau-

fenster und Jubiläums“-Problem). Sie sollten beispiels-weise auch Meldungen von Nachrichtenagentureninhaltlich nur dann überarbeiten, wenn sie damit ent-weder einen lokalen Bezug herstellen oder Hinter-grundinformationen beisteuern können, die beim Leserzu einem besseren Verständnis der Sachlage führen. Andieser Stelle kann man auch fragen: Braucht eine regio-nale Tageszeitung einen Mantel herkömmlicher Art?Müssen Serviceseiten selbst gebaut werden? Konse-quent abgeleitete Antworten würden die notwendigenFreiräume für das Kerngeschäft schaffen.

FinanzierungLetztlich ist der Faktor Zeit auch eng an den Faktor Geldgekoppelt. Lösungsvorschläge hinsichtlich der Finanzie-rung journalistischer Arbeit lassen sich insofern auchauf diesen Faktor übertragen.

4 Faktor Routinen

„In den Chefetagen von Print- und Online-Medien findensich fast ausschließlich Männer, fast ausschließlich ausder oberen Mittelschicht. Das heißt: Alles, was diese gutsituierten Männer nicht im Blick haben, kommt ehernicht ins Blatt, auch wenn die Zielgruppe durchausInteresse daran haben könnte. Auf diese Weise entstehtein Bias, eine systematische Verzerrung der Wirklichkeitin den seriösen Medien.“ Annette Bolz

Problemaufriss

Informationen wahrnehmen, Informationen filtern,Informationen beschaffen, Beiträge verfassen: Journa-listische Arbeit ist vielfältig und hat im Laufe der Jahr-hunderte Routinen hervorgebracht, die sich mehr oderminder auf die Qualität und die Nachrichtenauswahldes Medienproduktes auswirken. Am Anfang steht dieredaktionsinterne Aufteilung in Rubriken, Ressorts und Redaktionen und andere Organisationsformen, die den Fluss an Informationen und die journalistischeAufmerksamkeit lenken. Auch die Art und Weise derOrganisation kann Einfluss auf Themenauswahl undQualität nehmen, weil sie Arbeitsbedingungen undStrukturen vorgibt (s. „Faktor Organisation“). Aber auchdie Grundtätigkeiten und ihre Routinen bergen Proble-me.

Routine 1: Informationen sammelnZentrale Arbeitsroutine im Journalismus ist das Sam-meln von Informationen - die Recherche. Eine Routine,die wie alle Routinen dem Wandel der Zeit unterliegtund derzeit im Zuge der Qualitätsdebatte (s. „Was istguter Journalismus?“) von Medienwissenschaftlern undJournalisten intensiv disktutiert wird. Denn: „Durch dasÜberangebot an Informationen verliert das Sammelnvon Informationen an Bedeutung im journalistischenAlltag. Parallel dazu gewinnt die verständliche Aufbe-reitung von Informationen zunehmend an Stellenwert:der Schwerpunkt der journalistischen Aufgaben verla-gert sich von der Thematisierung hin zur Vermittlung“,schreibt Monika Pater bereits 1993 (Pater 1993). EinTrend, der sich in der Zwischenzeit weiter verstärkt hat:Die Journalistenstudie von Weischenberg/Malik/Schollzeigt, dass Journalisten durchschnittlich 117 Minutenrecherchieren (Weischenberg/Malik/Scholl 2006a: 80).Im Vergleichsjahr 1993 waren es immerhin noch 140Minuten. Und: Jeder fünfte Journalist findet, dass Zulie-ferungen von PR-Profis (fertige Beiträge mit verschie-denen Zitatgebern, vorproduzierte O-Töne und Videos)zunehmend Beiträge ersetzen, die Journalisten selbstrecherchiert haben. Weischenberg urteilt drastisch über den von ihm er-hobenen Trend: Ein Journalist, der sich lediglich auf dieVermittler-Rolle konzentriere, verliere die ihm zuge-schriebene gesellschaftliche Legitimation als Beobach-

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ter der Gesellschaft (Weischenberg 2001: 15ff.). AlsGründe für den Abbau dieser Arbeitsroutine werden beiMachill/Beiler/Zenker (Machill/Beiler/Zenker 2009) ge-nannt: Zeitdruck in den Redaktionen, ineffizienteRedaktionsorganisation, mangelnde Kompetenzen beimUmgang mit Quellen, genauer: einseitige Nutzung der-selben beiden Suchmaschinen in der Online-Recherche,ohne mit deren Funktionsweisen und der so entstehen-den thematischen Verzerrung umgehen zu können,sowie eine durch das Web zunehmende Selbstreferen-zialität, da fast ausschließlich journalistische Sekundär-quellen genutzt werden.Normativ nennt Claudia Mast folgende professionellejournalistische Kompetenzen und Einstellungen zurRecherche: Reflexion und Skepsis gegenüber Quellen,Informanten, amtlichen Darstellungen, kritische Über-prüfung der Informationen, eine selbstkritische Hal-tung, die eigene Unabhängigkeit gegenüber vorgefass-ten Meinungen und wirtschaftlichen, parteipolitischenund finanziellen Interessen (Mast 2008: 225). Sie unter-scheidet die Basisrecherche und die Erweiterungs-recherche. Die Basisrecherche überprüft vorliegendeInformationen, die Erweiterungsrecherche ergänzt undvervollständigt bereits vorliegende Informationen (Mast2008: 240).Zur Arbeitsroutine Recherche gehört auch die unter-schiedliche Nutzung und Auswahl von Quellen. Quellenkönnen sein: die eigene Anwesenheit bzw. Wahrneh-mung vor Ort, Experten, Augenzeugen, Literatur undDaten in Datenbanken, Wikis, Websites, Blogs, Behör-dendokumenten und anderes. Jede dieser Quellen erfor-dert vielseitige journalistische Kompetenzen und hatihre eigenen Potenziale und Schwierigkeiten. Dass, wieMachill/Beiler/Zenker zeigen, selbst die Basisrecherchekaum noch stattfindet, ist daher umso problematischer.Denn Quellenunsicherheiten können nur durch eineÜberprüfung mit einer andersartigen Quelle relativiertwerden. Weitere wichtige Quellen für Journalisten inZeitungs- oder Rundfunkredaktionen sind Agenturmel-dungen. Agenturjournalisten sind dabei quasi die vorge-schaltete Instanz, auf deren Recherche sich in der Regelmit Nennung der Quelle verlassen wird. Allerdings hal-ten sich Agenturen mit Einschätzungen und Bewertun-gen stark zurück und zeigen in der Regel nur das aktu-elle Ereignis und keine Hintergrundrecherche.

Routine 2: Informationen selektierenVor der vertieften Recherche und zum Teil nach bloßerAnsicht werden Themen und Informationen nach Rele-vanzkriterien sortiert - und entweder bearbeitet oderaussortiert. Dazugehörige Routinen haben sich ent-

wickelt, um die stetig wachsende Informationsflutbewältigen zu können. Welche Nachrichten aufgrundder routinierten Selektionskriterien als wichtig gelten,hat in der Kommunikationswissenschaft vor allem dieNachrichtenwerttheorie untersucht. Die von den OsloerFriedenswissenschaftlern Johan Galtung und MariHolmboe Ruge entwickelte und in einer Vielzahl vonStudien bestätigte Theorie geht davon aus, dass sich die journalistische Nachrichtenauswahl bewusst oderunbewusst an bestimmten Merkmalen orientiert - denNachrichtenfaktoren (Galtung/Ruge 1965). Zu den klas-sischen zwölf Nachrichtenfaktoren gehören zum Bei-spiel die Intensität und Eindeutigkeit eines Ereignisses,der Bezug zu etwas Negativem, die kulturelle Nähe zwi-schen den beteiligten und den berichtenden Menschen,der Bezug zu Ländern, die eine Vormachtstellung in derWelt haben und die Übereinstimmung eines Ereignissesmit dem Weltbild (Faktor Konsonanz). Die Faktorenzusammengenommen bestimmen der Theorie zu Folgeden Nachrichtenwert einer Nachricht. Die Nachrichtenwerttheorie beschreibt, wie Auswahl,ex-post festgestellt, funktioniert - keinesfalls wie siefunktionieren oder durchgeführt werden soll, auchwenn Nachrichtenfaktoren in vielen Journalistenrat-gebern als Norm auftauchen. Im Gegenteil: Kommuni-kationswissenschaftliche Untersuchungen nach derNachrichtentheorie lesen durchweg eine verzerrteNachrichtenauswahl aus ihrer Faktor-Analyse ab: Elite-Nationen, Prominente und mächtige Vertreter aus Wirt-schaft, Politik und Gesellschaft sind in den Medienüberpräsentiert. Ebenso gewaltsame, überraschendeund negative Ereignisse. Weniger stark beachtet werdendemnach „normale“ Menschen, komplexe Ereignisseund längerfristige Entwicklungen. Blinde Flecken ver-ursacht auch ein anderer von Galtung und Ruge identi-fizierter Faktor: Konsonanz - also die Bevorzugung desErwart- und Vorhersagbaren - kann zu Nichtbeachtungwichtiger Ereignisse führen. Der Anspruch, immer etwasNeues zu berichten (auch ein Nachrichtenfaktor), hatalso offenbar doch Grenzen: Neuigkeiten, die den Rah-men des Erwarteten verlassen, haben es schwer. (Gal-tung/Ruge 1965:67). Die Initiative Nachrichtenauf-klärung (www.nachrichtenaufklaerung.de) ermittelt seit1996 jährlich Themen, die relevant, aber bisher ver-nachlässigt worden sind (Pöttker/Schulzki-Haddouti2007). An ihnen ist deutlich zu sehen, dass der Nach-richtenbegriff selbst einen Bias verursachen kann.Die Nachrichtenauswahl wird auch von sozialen Krite-rien beeinflusst: Welche Nachrichten ein Journalist fürwichtig hält, hängt auch von den Normen und Wertender Gesellschaft ab, in der er lebt und sozialisiert wurde

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- die Gatekeeperforschung beschäftigt sich unter ande-rem mit diesen Aspekten. Siegfried Weischenbergs Jour-nalistenstudien zeigen auch dahingehend ein Problemauf: So stammt ein Großteil der Journalisten aus derMittelschicht und ist privat vor allem mit anderen Jour-nalisten oder Funktionsträgern aus Politik, Wirtschaftund Gesellschaft befreundet. Somit liegen ihnen - wennauch zum Teil unbewusst - die Themen und Problemedieser Bevölkerungsgruppen näher, was für die Nach-richtenauswahl nicht folgenlos bleibt.Auch Produktionsroutinen können die Auswahl beein-flussen: Lässt sich ein Thema schlecht bebildern, ent-scheidet sich ein Fernsehredakteur eher dagegen - auchwenn es für die Bevölkerung relevant gewesen wäre.Auch das in medienwissenschaftlichen Debatten häufigkritisierte „Aktualitätspostulat“ wirkt sich auf Nachrich-tenentscheidungen aus: Um aktuell zu sein, bestimmenzeitliche Anlässe die Themenauswahl, die datierte Presseveranstaltung eines Politikers kann somit wichti-ger werden als ein „zeitloserer“ Missstand mit eigentlichgrößerer Tragweite.

Routine 3: Informationen darstellenDie ausgewählten Informationen werden in unter-schiedlichen Darstellungsformen veröffentlicht. Klas-sisch sind das Nachricht, Bericht, Kommentar, Reporta-ge und Interview (Blöbaum 1994). In Deutschland domi-niert seit dem zweiten Weltkrieg das angelsächsischeNachrichtenparadigma, in dem die nichtwertenden, anFakten orientierten Stilformen Nachricht und Berichtden größeren Stellenwert haben (Pöttker 2000). Auchdies kann zu einer strukturellen Unterbelichtungbestimmter Themen führen. Als vernachlässigt gelten inBefragungen Themen aus dem Bereich Alltag, was auchdie Nachrichtenwerttheorie bestätigt (Vock 2007). Diesepassen auch weit weniger in das Nachrichtenschema,weil sie in der Regel komplex sind und sich schlechtermit dem Aktualitätspostulat vereinbaren lassen. Für siegibt es - allerdings in strukturell geringerem Umfang -Reportageplätze. Auf diese Weise findet auch hier eineRelevanzzumessung statt, die der sozialen Realitätnicht immer gerecht wird. Durch die technische Me-dienvielfalt müssen Journalisten ihre Themen unter-schiedlich und inzwischen oft mehrfach aufbereiten.Alle Medien haben ihre technischen Besonderheiten,auf die mit unterschiedlichen Darstellungsroutinen rea-giert wird. Bestimmt werden diese durch die techni-schen Abläufe, die den Zeitrahmen von Recherche undDarstellung begrenzen und strukturieren und je nachMedium unterschiedliche Zeit für Qualität bieten.

Routine 4: KontrolleBevor der Beitrag erscheint, wird er auf Richtigkeit kon-trolliert - sowohl sachlich als auch formal. Wie dieRecherche wird auch diese qualitätssicherende Arbeits-routine in Deutschland zur Zeit abgebaut. Das Vier-augenprinzip wird immer seltener beachtet, das ab-schließende Fact Checking stiefmütterlich behandelt,die Arbeit von Schlussredaktionen bis zur Unkenntlich-keit reduziert. Rund elf Minuten investieren Journa-listen täglich, um die Glaubwürdigkeit ihrer Informa-tionen zu überprüfen, erhoben Machill/Beiler/Zenker ineiner Beobachtungsstudie (Machill/Beiler/Zenker 2009).Eine ganze Minute davon dient dem Quellencheck vonInternetquellen. Die Überprüfungsrecherche sei offen-bar „zum Luxus des journalistischen Alltags geworden“folgern die Autoren der Studie. In den Arbeitstagen seioft schlicht kein Platz mehr. Es bleibe den Journalistenaus Zeitdruck offenbar nichts anderes mehr übrig, alsauf informationelles Junk-Food zurückzugreifen.

Routine 5: Feedback und ReflexionIn Konferenzen werden Themen und Themenauswahldiskutiert. Das Produkt des Vortags (je nach Erschei-nungsrhythmus) wird oft kritisiert, um Fehler künftig zuvermeiden. DJU und DJV halten das Kritikwesen in dendeutschen Redaktionen für dringend erforderlich undverbesserungswürdig (DJV 2009a, DJU 2007). Beispiels-weise werde externe Kritik kaum genutzt.

Fazit

Einige Arbeitsroutinen können für die journalistischeQualität zum Problem werden. Die Selektionskriterienvon Journalisten können zu einer systematischen Ver-nachlässigung von Themen führen, die für die Bevölke-rung relevant sind. Die Ursache liegt im Nachrichten-begriff selbst, der Themen mit bestimmten Merkmalenüberrepräsentiert. Auch durch das Medium vorgegebe-ne Routinen wie ein Redaktionsschluss oder Bildmate-rial können zum Ausschluss bestimmter Themen führen.Erschwerend kommt hinzu, dass Recherche als Routineabgebaut wird - sowohl, was die Recherche von Themenund das Erschließen neuer Quellen als auch was dieÜberprüfung bereits erschlossener Quellen und fertigerBeiträge angeht.

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Interviews

Marcel Schilling meint, dass Routinen „enorm die Aus-wahl erleichtern, da es Erfahrungswissen eines Journa-listen ist, dass man relativ schnell abklopfen kann:Stimmt die Information, stimmt die Quelle? Dass manauch schnell die Relevanz einschätzen kann“. Gleich-wohl glaubt er, „dass es wichtig ist, dass man sich dieseRoutinen und Standards klar macht und sich mit ihnenauseinandersetzt und überlegt, wo diese die Auswahlder Nachrichten eventuell blockieren“. So sei man„manchmal bei zivilgesellschaftlichen Initiativen etwasvorsichtig, da man nicht den Hintergrund von Zusam-menschlüssen, ihre Motive einschätzen kann. Hier findeich, dass man sehr genau lesen und recherchieren muss,um das nicht sofort beiseite zu legen.“Ulrike Maercks-Franzen findet, dass Routinen „nicht dieFlexibilität eingrenzen“ dürfen: „Man muss das Gespürfür das Besondere einer Nachricht haben; journalistischeNeugier, Kreativität, Selbständigkeit, Offenheit, Kon-taktfähigkeit müssen immer dabei sein“. Hardy Proth-mann sagt: „Das ist eine der Qualifikationen, an der Jour-nalisten ihr Leben lang arbeiten müssen: keine inhaltli-chen Routinen aufkommen zu lassen. Gute Journalistenerfinden sich mehrmals in ihrem Arbeitsleben neu“.Annette Bolz denkt, dass journalistische Routinen undStandards auf vielfältige Weise die Nachrichtenauswahlbeeinflussen: „Durch typisches Ressortdenken fallenvielleicht 20 Prozent der möglichen Themen weg, weilsie einfach in kein Ressort passen wollen. Dann gibt esGeschichten, die nicht geschrieben werden, weil sie zukomplex sind und eine extrem aufwändige Recherchenotwendig wäre. Nur wenige Reporter haben das Glück,ein halbes Jahr hinter einer Sache herrecherchieren zukönnen. Manch anderes Stück wird nicht produziert,weil eine Recherche nicht möglich ist – wie etwa in derKriegsberichterstattung; die Kollegen können nicht vorOrt sein, wenn es zu gefährlich ist. Zudem kippen immerwieder Themen hintenüber, die bei der Themenkonfe-renz auf kein Interesse gestoßen sind, weil das Gros derAnwesenden meint, das sei kein Thema. Das passiertzum Beispiel bei Frauenthemen gerne, wenn überwie-gend Männer in der Konferenz sitzen. Dafür häufen sichdann Themen im Blatt, die diesen Männern so am Her-zen liegen: Prostata- oder Herzkreislauf-Leiden zumBeispiel. Aber das ist ja auch menschlich, aus Eigen-interesse etwas zum Thema zu machen“. Regine Bönsch sagt: „Natürlich ist es immer wieder eineFrage, wie viel Chronistenpflicht wir als Medien haben,wie viel wir als Hintergrund bringen sollten und wo wirselbst Themen setzen. Das ist immer eine Gratwande-

rung. Selbst in einer kleinen Redaktion ist manchmal dieZuordnung von Themen zu Ressorts schwierig. Umsowichtiger ist die Kommunikation“.Hinsichtlich der Frage, ob es in deutschen Medien einenNewsbias gibt, vertraten die Interviewten unterschied-liche Ansichten. Professor Volker Lilienthal sieht keinenNewsbias: „Wir haben eine globale Ausrichtung, dieGrundpluralität ist gegeben und die Hauptströmungenin der Gesellschaft werden in der deutschen Presseabgebildet“. Professor Peter Ludes hingegen erkennteinen „enormen nationalen Newsbias“: „Die meistenNachrichten konzentrieren sich oft auf nationale The-men. Außerdem gibt es eine umfangreiche Politik- undWirtschaftsberichterstattung. Dies rührt unter anderemdaher, dass Politiker auf die Öffentlichkeit zugehen.Über Wirtschaftsthemen wird vergleichsweise aberetwas weniger berichtet, da diese schwieriger zurecherchieren sind. Zum einen sind Informationen überPR-Quellen leichter zu erhalten, zum anderen ist es fürJournalisten schwieriger, in die Organisationen reinzu-kommen“. Domenika Ahlrichs erzählt von der Beobachtung, dassalle Internet-Newsportale „immer den gleichen Auf-macher haben“: „Es gibt ein gleiches Verständnis vomAufmacher, aber das ist nicht unbedingt der, den derLeser am interessantesten finden würde. Meistens sindes politische oder wirtschaftliche Themen. Damit fühltman sich in guter Gesellschaft. Das ist eine gewisseRoutine“. Da bei der Netzeitung die Chefs vom Diensttäglich rotieren, gibt es „Unterschiede zwischen denen,die bereits zehn Jahre dabei sind und die eine klassischeThemengliederung haben, sowie den Neuen, die auchbuntere Themen wie Sport nach oben ziehen“. Ahlrichssagt, dass sie aber auch exklusive Inhalte wie Inter-views oder Geschichten mit einem eigenen Dreh gernenach oben ziehen, um einen Gegenakzent zu setzen.Was das Meinungsspektrum in den Online-Medieninteressant mache, seien jedoch die unabhängigenStimmen von bekannten Bloggern.Matthias Spielkamp glaubt, dass sich „eine neoliberaleHaltung ihren Weg in alle Redaktionen gebahnt“ habe.Der Grund: Die Journalisten bewegten sich „zu sehr inder gehobenen Mittelklasse, in einer Bildungselite. Hiersind sie zu sehr unter sich. Daher kommt dieser Bias. Ermacht sich darin bemerkbar, dass bestimmte Positionenwie etwa die der Schwachen in der Gesellschaft nichtausreichend vertreten sind“.Auch Annette Bolz sieht einen deutlichen Bias: „Man-che gesellschaftlichen Gruppen haben eine Lobby unddamit ein Sprachrohr in die Medien, und andere habendas nicht – zum Beispiel Hartz-IV-Empfänger, alte

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Frauen, Menschen mit Behinderungen oder Trans-gender-Leute. Deshalb fehlen deren Stimmen in denMedien und in der Öffentlichkeit. Die Gremien deröffentlich-rechtlichen Institutionen sind fragwürdigbesetzt, sie repräsentieren keinesfalls den Bevölke-rungsdurchschnitt. Die Chefetagen von Print- und On-line-Medien sind per se nicht repräsentativ besetzt, weiles sich um privatwirtschaftliche Unternehmen handelt.In diesen Etagen finden sich fast ausschließlich Männer,fast ausschließlich aus der oberen Mittelschicht. Dasheißt: Alles, was diese gut situierten Männer nicht imBlick haben, kommt eher nicht ins Blatt, auch wenn dieZielgruppe durchaus Interesse daran haben könnte. Aufdiese Weise entsteht ein Bias, eine systematische Ver-zerrung der Wirklichkeit in den seriösen Medien. In derYellow Press, in fast allen Frauenzeitschriften sowie imBoulevard-Bereich gibt es natürlich auch einen Bias:weg von der komplizierten Realität, hin zum rosarotenWunschdenken oder zum simplen Krawall“.Ulrike Maercks-Franzen erkennt ebenfalls einen Bias.Etwa dann, „wenn ein Thema hoch gebracht und totgeritten wird. Es ist spannend zu sehen, wer Themensetzt und wer sie aufgreift. Es ist ganz sicher so, dassdas auch Teil des normalen Kommerzes ist“. Sie denkt,dass „die Meinungsvielfalt nicht im Zeitungsspektrumabgedeckt wird. Wir haben viele Nischen, aber die tunsich schwer. Hier braucht es eine größere Souveränitätim Umgang“. Hardy Prothmann sagt: „Wie in allen Gruppen gibt esauch in den Medien einen Herdentrieb. Doch wer derHerde folgt, folgt den Ärschen. Herausragende Jour-nalisten und Redaktionen müssen sich immer die Frage stellen: ‘Was steht eigentlich nicht in unseremBlatt, was hatten wir nicht auf unserem Sender?’ Manmuss beim besten Willen nicht das machen, was allemachen. Die eigene Gewichtung von Themen schärftdas Profil“.

Lösungsansätze

Recherche stärkenRecherche hat einen zu niedrigen Stellenwert in denRedaktionen, obwohl mit ihr die Qualität der gesamtenProduktion steht und fällt. Darauf weist das „NetzwerkRecherche“ bereits seit Jahren hin. Gerade hier müssensich neue Arbeitsroutinen etablieren und die altenreflektiert werden. Vielen Journalisten ist bewusst, dasssich gerade diesbezüglich die Routinen verschieben, undsie formulieren dies auch als Missstand. Dennoch eta-bliert sich mit dem „schnellen Googlen“ eine Recherche,die Zeit spart, aber keinen journalistischen Maßstaberfüllt. Sie ist aber, wie aktuelle Studien zeigen, bereitseine Routine geworden.

Weiterbildung fördernWeiterbildungen zum Thema Recherche im Social Web,in denen sowohl die Funktionsweise von Suchmaschi-nen als auch journalistisch-ethische Probleme bei derRecherche in Blogs, Foren und Communities thema-tisiert werden, sind unumgänglich um diese Routinenwieder loszuwerden. Recherche wird ohne sie natürlichwieder langsamer, ein Bewusstseinswandel ist alsoauch von Arbeitgeberseite erforderlich. Volker Lilienthalfordert daher, dass auch Chefredakteure und Verlegeran Fortbildungen teilnehmen sollen. Es ist außerdemempfehlenswert, auch freie Journalisten so weit wiemöglich in redaktionsinterne Weiterbildungen einzu-binden.

Watchdogs wahrnehmenDass Nachrichtenauswahl verzerrend sein kann undblinde Flecken produziert, geht im routinierten Alltagsehr leicht unter und ist durch eine geringe Vernetzungvon Wissenschaft und Journalismus vielen möglicher-weise gar nicht bekannt. Korrektive wie die - inDeutschland auch nicht sehr bekannte „Initiative Nach-richtenaufklärung“ - sollten dahingehend genutzt wer-den, die eigene Themenauswahl zu überdenken und zuerweitern.

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5 Faktor Organisation

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„Chefredakteure begreifen sich stärker als Manager, sieexekutieren oft die Vorgaben des Verlages, statt denRedakteuren den Rücken zu stärken“. Volker Lilienthal

Problemaufriss

Die WAZ-Gruppe in Essen baut rund 300 Stellen inRedaktionen ab, kündigte den Bezug von dpa-Nach-richten und will eine Zentralredaktion einrichten. DieRedaktionen der vormals eigenständigen Wirtschafts-publikation von Gruner+Jahr wurden ebenfalls perso-nell reduziert. Seit März 2009 werden mehrere Titel ineiner Zentralredaktion produziert. In Mecklenburg-Vor-pommern wurden zwei Mantelredaktionen zusammen-gelegt. Die Kernfrage dahinter ist: Wie verändern dieseund andere organisatorische Umstrukturierungen dieQualität der journalistischen Produkte? Die aktuelle Studie „Wandel bei aktuellen Massenme-dien: Journalismus in veränderten Medienkontexten“(Kutscha et al. 2009) stellt fest, dass der technischeFortschritt von fast allen befragten Journalisten alsGewinn angesehen wird. Die Hälfte glaubt, dass sie sichund ihre Ideen aufgrund technischer Innovationenunabhängiger in die Produktion einbringen kann. 80Prozent der befragten Journalisten halten die höhereFlexibilität für vorteilhaft, zum Beispiel, weil sie vonüberall her auf das Material ihres Senders zugreifenkönnen. Allerdings habe sich der Aktualitätsdruck ver-stärkt, stellten 93 Prozent fest. 80 Prozent der Befrag-ten arbeiten in einer Redaktion mit einem Newsdesk. 63 Prozent sehen das als Gewinn für die journalistischeQualität. So entsteht das journalistische Produkt inTeamarbeit. Insbesondere bei Titel und Aufmachererweise sich das als fruchtbar. Außerdem ermöglicheder Newsdesk eine ständige Blattkritik bereits vor derVeröffentlichung. Dieser Befund einer Qualitätsverbesserung durch eineUmorganisation entspricht auch einer Studie desMedienwissenschaftlers Professor Klaus Meier. So wer-den derzeit in vielen Redaktionen mit dem crossmedia-len Arbeiten neue Modelle der Redaktionsorganisationerprobt (Meier 2006). Eine erste wissenschaftliche Fall-studie begleitete den Innovationsprozess der „AustriaPresse Agentur“ (APA) in Wien (Meier 2007). Der Wis-senschaftler befragte Ressortleiter und Redakteure vorund nach der Umorganisation bzw. der redaktionellenInnovation. Die APA hatte das Arbeiten in einem News-

room eingeführt und verfolgte dabei mehrere Ziele: DieUmorganisation sollte die Kommunikation und Arbeits-bläufe verbessern, das ressortübergreifende Denken undHandeln vernetzen, das Arbeiten von Teams für kom-plexe Themen ermöglichen sowie die Foto-, Infografik-und Multimedia-Abteilung integrieren. Als Agentur-redaktion verzichtet die APA auf die Produktion. Esstellte sich heraus, dass die Mehrheit der Beteiligten derMeinung war, dass diese Ziele erreicht wurden und sichdie Qualität der journalistischen Arbeit durch die Re-organisation verbessert habe. Professor Volker Lilienthal zeigt sich gleichwohl skep-tisch, da er den Eindruck hat, dass „das Binnenklima invielen deutschen Redaktionen schlecht bis unterirdischist“. Die erodierenden Geschäftsgrundlagen verursachenStress, den viele Verlagsmanager und Chefredakteureungefiltert nach unten weitergeben. Gewiss, Führungwill gelernt sein, aber wer hat sie schon gelernt?Tatsächlich wird vielerorts praktiziert, was man fürFührung hält. Autoritäre Lenkung, Hierarchisierung –das sind oft die Resultate, die bei ohnehin verunsicher-ten Redakteuren und freien Mitarbeitern zusätzlicheDemotivation auslösen. Intellektuelle Führung bieten,publizistisches Vorbild sein – das wären wünschenswer-te Orientierungen für ein humanes Medienmanage-ment, das durch die Krise führt, ohne unnötige Verlustean journalistischer Intelligenz und Engagement zu pro-vozieren“. So glaubten viele, „positive Autorität, wie siegebraucht und gewollt wird“, ersetzen zu können „durchdie Verordnung bloß räumlich neuer Strukturen, durchNewsrooms, in denen angeblich alles besser läuft, indenen Redakteure schneller und reibungsloser kommu-nizieren und produzieren. Wie dumm, dass das Erlebender Betroffenen so ganz anders ausfällt: Unruhe, Ablen-kung, zeitraubende Sitzungsunkultur, Überforderungdurch Bedienung immer neuer technischer Verbrei-tungsplattformen – das sind nur einige Stichworte ausdem Arbeitsalltag deutscher Redaktionen. Es scheint,als werde der rezeptive Teil journalistischer Arbeit(Reden, Recherchieren, Hören und Verstehen) mehr undmehr überlagert und verdrängt vom produktionellen Teil(der vielfach konfektionierte Text, für die Zeitung, fürdas Internet, für das Handy und wofür nicht alles noch)“.(Lilienthal 2009c)Dass das Thema noch nicht abschließend zu bewertenist, legt eine noch nicht veröffentlichte, aber bereits aufeiner Tagung vorgestellte Studie des Instituts für Jour-nalistik und Kommunikationswissenschaft der Univer-

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sität Hamburg nahe (Grittmann 2009). Sie ging derFrage nach, ob es durch die Zusammenlegung von zweiMantelredaktionen, nämlich der „Ostsee-_Zeitung“ inMecklenburg-_Vorpommern und den „Lübecker Nach-richten“ in Schleswig-_Holstein, zu einem Verlust anVielfalt kommt. Anders als die beiden oben vorgestelltenStudien prüften die Wissenschaftler unabhängig vonder Innensicht der Beteiligten die Qualität der Bericht-erstattung von sechs Regionalzeitungen hinsichtlich derjournalistschen Sorgfalt, der Einordnung und Erklärungvon Geschehnissen für die Leser sowie die analytischeTiefe. Eine erste Auswertung ergab, dass die Zusammen-legung der Redaktionen zu einem „deutlichen Verlustvon Vielfalt“ führt. Auch die Qualität weist „durchge-hend“ Defizite auf. Die Forscher gehen davon aus, dassdie veränderten redaktionellen Bedingungen hierfür„zumindest ausschlaggebend“ sind.

Interviews

Die Interviewpartner wurden gefragt, wie sie den Ein-fluss von Hierarchien in der Redaktion, Ressortstruktu-ren und organisatorische Strukturen auf die Qualitätjournalistischer Beiträge und Produkte beurteilen.Volker Lilienthal hat den Eindruck, dass Redaktionen inDeutschland heute hierarchischer organisiert sind:„Chefredakteure begreifen sich stärker als Manager, sieexekutieren oft die Vorgaben des Verlages, statt denRedakteuren den Rücken zu stärken“. Die Folge: „Dasredaktionelle Binnenklima ist unter dem gegenwärtigenWirtschaftsdruck sehr schlecht geworden. Oben werdendie gemeinsamen Ziele wie Existenzsicherung angege-ben, aber der Prozess wird dann schlecht moderiert“.Lilienthal glaubt, dass dies daran liegt, dass „die ChefsManagementmethoden wie Coaching nicht gelernthaben“. Peter Ludes’ Eindruck ist, „dass das Outsourcing von ver-schiedenen Produktionsbereichen sowie der Anstieg vonfreien Mitarbeitern auf Kosten der weniger werdendenFestangestellten ausgetragen wird. Über freie Mitarbei-ter kann man frei entscheiden. Innerhalb der Redaktio-nen zählt verstärkt das ökonomische Argument, dassman froh sein kann, angestellt zu sein. So etwas ver-stärkt die Hierarchie“. Domenika Ahlrichs hat aufgrundvon Budgetkürzungen keinen festen Chef vom Dienstmehr. Stattdessen übernehmen die Redakteur täglichrotierend diese Aufgabe. Das habe sich, so Ahlrichs,bewährt, „weil jeder das Produkt noch einmal miteinem anderen Engagement betrachtet. Das ist einguter Effekt, durch die Übertragung von Verantwortung

das Team zu stabilisieren“.Der freie Journalist Hardy Prothmann glaubt, dass derEinfluss von hierarchischen Strukturen auf die Qualitätder Berichterstattung „enorm“ ist: „Die wichtigen The-men machen meist die „wichtigen“ Redakteure. Strenghierarchische Redaktionen liefern meist den inhaltlichflachsten Journalismus. Und Pauschalkonzepte, die amManagerschreibtisch entworfen werden, wie viele„Newsrooms“, gehen an den Bedürfnissen der Redaktio-nen vorbei“. SWR-Redakteur Marcel Schilling hingegenhält „hierarchische Strukturen auf jeden Fall für not-wendig und hilfreich, weil sie einem auch Rückhaltgeben. Wichtig ist, dass sie ermutigend, bestärkendsind, dass sie auch die Kreativität und die Freiheit derMitarbeiter fördern“.

Lösungsansätze

OrganisationVeränderungen in der etablierten Redaktionsorganisa-tion können die Qualität des Journalismus verbessern -wenn sie nicht als Sparmaßnahme verwendet werden.Die Teamarbeit wird in deutschen Redaktionen noch vielzu wenig genutzt. Newsrooms und Newsdesks wurdenvielerorts dafür genutzt, Personal zu kürzen, anstattentstehende Freiräume durch Qualität zu füllen. Gerade Recherche ist in deutschen Redaktionen verbes-serungswürdig - auch durch Umorganisation, wie einBlick ins Mutterland der investigativen Recherche, dieUSA, zeigt. Auch dort wird im Zuge der Zeitungskrisejetzt auf Kosten der Qualität gespart. Dennoch wirdimmer noch deutlich mehr Geld in eine Redaktions-struktur investiert, die dem deutschem Journalismus guttäte: Während es hierzulande bei keiner Zeitung ein ei-genes Ressort für investigative Recherche gibt, arbeitenin den USA investigative Reporter als Teams und wer-den von anderer Arbeit frei gestellt, zeigt Redelfs(1996). Es gibt dort das Berufsbild des Computer Assis-ted Reporters, der im Rechercheteam professionell Da-tenbanken und digitale Quellen durchsucht und syste-matisch große Datenmengen zu Ergebnissen verarbei-ten kann. Viele Verlage leisten sich darüber hinaus nochArchivare, die Literatur und Archivrecherche betreiben.Ein aufwändig recherchiertes Stück gilt in den USA auchals ökonomische Investition in die Auflage der Zeitung.Ergebnisoffene Recherche ist dabei Teil des Konzepts.Die Aufgabenteilung zwischen investigativen Recher-cheuren und Redakteuren mit Übersicht hat sich dortbewährt - allerdings mit mehr Investitionen und mit ei-ner anderen Wertzumessung von Qualitätsjournalismus.

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6 Faktor Recht

„Wir haben immer Angst vor Klagen und Unterlassungs-erklärungen, weil wir ein kleines Unternehmen sind.“

Domenika Ahlrichs

Problemaufriss

Rechtliche Rahmenbedingungen können die Qualitätvon journalistischer Arbeit beeinflussen. Für das vergan-gene Jahrzehnt lässt sich feststellen, dass insbesondereetliche Gesetzesvorhaben aus dem Bereich der Innenpo-litik umgesetzt wurden, die die Rechte von Journalistenund Redaktionen hinsichtlich des Zeugnisverweige-rungsrechts sowie Redaktionsgeheimnisses zunehmendaushöhlen. Zu nennen wären insbesondere die präven-tive Speicherung von Telekommunikationsverbindungs-daten sowie die Online-Durchsuchung. Von dieser Entwicklung sind nicht nur Journalisten, son-dern insbesondere auch ihre Informanten betroffen. Sobeeinträchtigt ein fehlender Arbeitnehmerdatenschutzdie journalistische Recherche. Informanten sind kaumnoch in der Lage, sich vor Aufdeckung zu schützen, daes nur noch wenige Arbeitsplätze gibt, die nicht aufirgendeine Weise mit Kommunikations- und Informati-onstechnologien verbunden sind, die Daten generieren,die über ihre Arbeit Auskunft geben können. Mit einergesteigerten IT- und Medienkompetenz lässt sich diesenBeeinträchtigungen nur bruchstückhaft begegnen. Jour-nalisten sind vor diesem Hintergrund kaum noch in derLage, einen tatsächlichen, effektiven Schutz ihrer Infor-manten gegenüber staatlichen Behörden zu garantieren.In diesem Zusammenhang ist auch die fehlende Rechts-sicherheit für Informanten bzw. Whistleblower ausUnternehmen und Behörden zu erwähnen, die sichunter Umständen noch gar nicht an die Öffentlichkeitgewandt haben (Schulzki-Haddouti 2008). Nach derRechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts müssen sichArbeitnehmer in der Regel zunächst intern um Klärungbemühen, bevor sie sich an zuständige Behörden wen-den können. Ein Problem für den Whistleblower bestehtdarin, dass er, wenn eine Repressalie wie eine Kündi-gung nicht explizit wegen des Whistleblowings erfolgt,

neben der Rechtmäßigkeit seines Handelns auch seinenSchaden sowie den Zusammenhang zwischen Whistle-blowing und Repressalie vor Gericht nachweisen muss.Eine geplante Normänderung im BGB ist 2009 amWiderstand aus dem Arbeitgeberlager gescheitert. Stiefmütterlich wird auch das Akteneinsichtsrecht inDeutschland behandelt. 2006 erst wurde ein Informati-onsfreiheitsgesetz auf Bundesebene eingeführt, aufLänderebene gibt es Gesetze erst in elf Bundesländern.Journalisten haben aber erst sehr vereinzelt mit demGesetz recherchiert, berichtet Manfred Redelfs (Redelfs2009). Dabei machen es die Behörden den Journalistennicht immer leicht, das neue Recht anzuwenden (Tillack2007).Die Rechtspraxis hat sich in den letzten Jahren nichtzum Vorteil journalistischer Recherche verändert.Wurde etwa im Persönlichkeitsrecht früher die Textaus-legung gewertet, die für die Presse am günstigsten war,ist die Schwelle für Unterlassungsklagen gesunken: EineDarstellung muss nunmehr lediglich so interpretiertwerden können, dass eine Persönlichkeitsrechtsverlet-zung vorliegt. Dann ist ein Medium zur Unterlassungverpflichtet. „Seit 2000 hat sich die Zahl unserer juristi-schen Auseinandersetzungen um rund 50 Prozenterhöht“, sagt Dietrich Krause, Chefjustiziar der SPIEGEL-Gruppe. (Noé/Schwarzer 2007).Auch freie Journalisten, die sich auf ihrer Website,ihrem Blog oder auch nur in Kommentaren andererBlogs kritisch äußern, riskieren es, von Verbänden undUnternehmen verklagt zu werden. Das zeigten jüngstdie Fälle der freien Journalisten Jens Weinreich, EckhardStengel und Stefan Aigner. Dabei ist noch nicht jederRechtsschutz von Journalistenverbänden darauf aus-gelegt, auch diese Fälle zu übernehmen (Schulzki-Haddouti 2009).Sämtliche Regelungen im Bereich Urheberrecht wirkenauf die Qualität von Journalismus zurück. Die politischgut gemeinte Forderung, Urheber müssten „angemes-sen“ honoriert werden, führte dazu, dass Freie vielfachAutorenverträge unterschreiben mussten, in denen sieden Verlagen und mitunter Sendern ohne weiteres Ent-gelt die Weiterverwertung ihrer Inhalte erlauben mus-

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ManagementVerlage und Sender sollten Managementqualitätennicht per se voraussetzen, sondern Mitglieder des mitt-

leren Managements gezielt mit einschlägigen Weiter-bildungsmaßnahmen hinsichtlich Personalführung undOrganisation fördern.

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sten. Erst in jüngster Zeit urteilten mehrere Gerichte,dass solche Verträge rechtswidrig sind (Buchholz 2009).Derzeit fordern die Verleger mit Blick auf den Nachrich-tenaggregator „Google News“ ein so genanntes Leis-tungsschutzrecht für Rechteinhaber, das aber, so istdem Stand der Debatte zu entnehmen, die Urheber nichtexplizit berücksichtigen soll, sondern lediglich die Ver-leger als Mittler innerhalb der journalistischen Wert-schöpfungskette. Die Verwertungsgesellschaften wurdenbislang in diese Überlegungen noch nicht einbezogen. Schließlich gibt es eine Reihe weiterer rechtlicher Rege-lungen oder Gesetzesvorhaben, die Einfluss auf die Qua-lität von Journalismus haben können. Hier kann bei-spielsweise auf die veränderten rechtlichen Regelungenzum Thema „Product Placement“ verwiesen werden, daskünftig im Privatfernsehen erlaubt ist. Näheres hierzu s. „Faktor Public Relations und Werbung“.

Interviews

Wie die oben angerissenen Themenkomplexe zeigen,handelt es sich bei den rechtlichen Rahmenbedingun-gen um einen wesentlichen Einflussfaktor. Sie waren inder für diese Analyse zur Rate gezogenen Literatur alswesentlicher Einflussfaktor allerdings nicht genanntund waren daher nicht explizit in unserem Fragenkata-log enthalten. So ist es zu erklären, dass allein Domeni-ka Ahlrichs, Chefredakteurin der Netzeitung, sich hierzuim Zusammenhang mit der Frage der Selbstzensuräußert. Sie sagt: „Wir haben immer Angst vor Klagenund Unterlassungserklärungen, weil wir ein kleinesUnternehmen sind. Wir kennen einige Promis, die sehrscharf reagieren, wenn man über sie berichtet. Hier sindwir übervorsichtig, während alle Medien um uns herumin die Vollen gehen.“

Lösungsansätze

Politisches Bewusstsein entwickelnJournalisten bzw. Journalistenverbände sollten aktiverund hartnäckiger sich für eine Verbesserung der Rechtevon Journalisten und Informanten einsetzen - und sichnicht wegen angeblicher Befangenheit scheuen, darü-ber zu berichten.

Rechtsschutz verbessernEin umfassender Rechtsschutz bzw. eine Vermögens-haftpflichtversicherung für kleine Unternehmen undOrganisationen sowie freie Journalisten kann das finan-zielle Risiko mindern, das mit Klagen und Unterlas-sungserklärungen einhergeht. Dieser Rechtsschutz soll-te ausdrücklich auch das selbständige Publizieren imNetz auf eigenen Plattformen wie Blogs umfassen.

IT- und Medienkompetenz stärkenJournalisten sollten sich regelmäßig über aktuelle tech-nische und organisatorische Entwicklungen hinsichtlicheines möglichst umfassenden Informantenschutzesinformieren und schulen lassen können. Redaktionensollten über die Veröffentlichung ihres öffentlichenPGP-Schlüssels auf ihrer Website potenziellen Infor-manten die Möglichkeit geben, ihnen auf sicherem WegInformationen über das Internet zukommen zu lassen.Bislang bieten diesen Service die wenigsten Redaktio-nen bzw. freien Journalisten.

Rechtskompetenz stärkenDas Recht auf Akteneinsicht über die Informationsfrei-heitsgesetze des Bundes und der Länder sollte bekann-ter gemacht werden. Journalisten, die Akteneinsichtfordern, sollten unbürokratisch rechtliche Beratungerhalten können, um aussichtsreiche Anträge stellen zukönnen.

Informationsrechte einfordernJournalisten sollten öfter und systematischer versu-chen, Behördenakten nach den Informationsfreiheitsge-setzen einzusehen. Nur so kann sich in den Redaktionen,aber auch in den Behörden ein selbstverständlichererUmgang etablieren.

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7 Faktor Bildung

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

„Inhaltliches Engagement scheint mir etwas in Miss-kredit geraten zu sein. Es besteht die Gefahr, dass sichTechnik und Handwerk zu sehr in den Vordergrund schie-ben, der Bezug zum Stoff dagegen in den Hintergrundrückt“. Ulrike Maercks-Franzen

Problemaufriss

Journalist ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Auchheute kann man diese These aus den 70er Jahren nochlesen und hören - aber sie wird seltener. Journalist istein Beruf, den jeder lernen kann - diese Meinung istprinzipiell Konsens. Und prinzipiell ist der Zugang zumJournalistenberuf tatsächlich frei. Theoretisch brauchtman nicht einmal einen Schulabschluss, um Journalistzu werden. Die Realität sieht allerdings sehr anders aus,das zeigen Studien über journalistische Ausbildung.Weischenberg/Malik/Scholl (2007) stellen in ihrer Jour-nalistenstudie fest, dass 66 Prozent der Journalisten einHochschulstudium abgeschlossen hat und gerade maldrei Prozent kein Abitur hat. Das liegt auch sozusagen inder Familie: Journalisten „rekrutieren sich sehr deutlich(...) aus (...) der Mittelschicht“ (Weischenberg/Malik/Scholl 2006a:69). Noch ausgeprägter ist dieser Befundbei Ziegler (2008), der bei den Absolventen der Journa-listenschulen danach geforscht hat. Hier kamen Arbei-ter als Elternteile quasi gar nicht vor. Insgesamt unter-scheiden sich Journalisten also hinsichtlich ihrer forma-len Bildung vom Durchschnitt der Bevölkerung.Der Weg in den professionellen Journalismus ist nachwie vor sehr unterschiedlich. Anders als in den USA, woüber die Hälfte aller Journalisten an speziell auf diejournalistische Ausbildung ausgerichteten Hochschulenausgebildet wird, spielt die hochschulgebundene Jour-nalistenausbildung in Deutschland noch immer keinezentrale Rolle. Etwa 14 Prozent aller Journalisten habenJournalistik studiert, zeigen Weischenberg/Malik/Scholl- ein Studienfach, das Ende der 70er Jahre aus einerintensiven Qualitätsdebatte über die Journalistenaus-bildung heraus entstanden ist und wissenschaftlicheund berufsethische Inhalte und Reflexion mit Beruf-spraxis verknüpft. Das Gros der Journalisten hat einsprachwissenschaftliches Studium absolviert, so wieinsgesamt die Geisteswissenschaften dominieren. In-zwischen verläuft der praktische Berufseinstieg sowohlüber verschiedene Praktika (69 Prozent) wie auch überVolontariate (62 Prozent). Weischenberg erkennt einen

Trend hin zum Praktikum insbesondere im Rundfunk-und Onlinebereich. Den Trend zum Mainstream fürchtet Ziegler auch beiseiner Untersuchungsgruppe: den Absolventen derJournalistenschulen, aus denen sich die „mediale Elite“rekrutiert (Ziegler 2008). Ausgebildet wird dort sehrpraktisch, immer stärker crossmedial und mit Akzentauf den Online-Medien. Die Lehrpläne seien stark angroßen Namen ausgerichtet, das Netzwerk der erfolg-reichen Absolventen reiche in beinahe alle Redaktionen,so dass sich der elitäre Zirkel über Generationen fort-führt. „Dies verhindert eine intensivere inhaltliche Aus-einandersetzung über alternative Gestaltungsformenwie zum Beispiel Sozialreportagen oder Projektjourna-lismus“ (Ziegler 2008: 31). Gefahr sieht Ziegler vor allemdurch die Selbstbezogenheit des Journalismus, die er beider Einstellung der Journalistenschüler deutlich er-kennt: „Sie orientieren sich aneinander und bevorzugenLeitmedien, die sie in ihrer eher linksliberalen Haltungbestätigen. Der journalistische Markt verlangt allenfallsstichflammenartig die Berichterstattung über die Rand-gruppen der Gesellschaft - wenn sich diese Reportagenmit einer von einem Spitzenpolitiker zitierten Studieverbinden lassen“. Diese Art des marktkonformen Journalismus sieht Zieg-ler als Ergebnis der Ausbildung an Journalistenschulen:„Mit dem Wandel vom wert- zum zweckrationalen Han-deln, vom dominanten Selbstbild des Kommunikatorszum Mediator, ist offenbar die Rolle des anwaltschaft-lichen Journalismus verloren gegangen“ (Ziegler 2008:32). Ursache ist für ihn vor allem die homogene sozialeHerkunft und das dadurch resultierende Rollenbild, wassich durch die Ausbildung und den Eintritt in die Reihender Alumni weiter verfestigt. Durch die Ferne zu ande-ren Bevölkerungsschichten rücken deren Themen in denHintergrund. Und das obwohl der Anteil von Armen inder Gesamtbevölkerung seit Jahren steigt und, so Zieg-ler, „ein die Partizipation von Minderheiten fördernderJournalismus (...) dringlicher [erforderlich ist] denn jezuvor“. (Ziegler 2008: 32). Die Auseinandersetzungen mit ethischen Normen undden Zielkonflikten des Journalismus wird der Journa-listenschülerstudie zufolge ausgeklammert. Stattdessenwird praktisch mit Hilfe der erfolgreichen Alumni kon-krete Recherche gelehrt. Für Ziegler sind die Schulen sonicht in der Lage den durch die soziale Herkunft derJournalisten einseitigen Blick auf die Welt zu weiten,weil Ansätze zur Verarbeitung sozialer Themen nur vom

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

einzelnen Schüler oder Dozenten abhängen, nicht aberim Ausbildungssystem verankert sind. Ein sehr proble-matischer Befund, denn die Absolventen haben Spitzen-positionen im Journalismus und bestimmen somit des-sen zukünftige Entwicklung entscheidend mit. Sie sindzudem stark vernetzt und fördern gegenseitig ihre Karrieren. Versäumnisse in der Ausbildung, was dasWahrnehmen sozialer Realität angeht, haben alsoflächendeckende Auswirkung. Ziegler konnte außerdem für Journalisten in Deutsch-land die These widerlegen, dass der Elitenzugang durchLeistungsauslese eine vergleichsweise große sozialeOffenheit der Eliten bedeutet. „Beamte sind bei denBerufen der Eltern der Absolventinnen und Absolventenstark über-, Arbeiter aber stark unterrepräsentiert“(Ziegler 2008:30). Journalistenschüler sowie Absolven-ten von Journalistenschulen sind daher „in ihrem sozia-len Kontext keineswegs ein Spiegel der Gesellschaft“,obgleich gefordert wird, dass Journalisten in ihrenMerkmalen wesentliche Gesellschaftsbereiche reprä-sentieren müssten, da nur so eine „soziale Sensibilitätentwickelt werden“ könne, „die für anwaltschaftlichenJournalismus nötig ist“ (ebd.).Die Ausbildungsqualität in den Volontariaten ist sehrunterschiedlich. Die Initiative Qualität des DeutschenJournalistenverbands kritisiert: „Hörer, Leser und Zu-schauer haben Anspruch auf qualifizierte Information,vermittelt durch qualifizierte, kompetente und mög-lichst unabhängige Journalistinnen und Journalisten.Nicht alle Volontariate können die Ansprüche erfüllen,die Journalisten und Gesellschaft an qualifizierte Aus-bildung stellen. Manchmal dienen Volontäre nur als bil-lige Lückenfüller und werden höchstens kurz angelernt,nicht aber wirklich ausgebildet“. (DJV 2006: ChecklisteVolontariat) Reflexionen über journalistische Konflikteund gesellschaftliche Aufgaben finden im ohnehinengen Zeitplan der Redaktionen offenbar kaum statt.Sie werden ersetzt durch zweiwöchige Kompaktkurse anJournalistenschulen, die sich im Schwerpunkt mit derVermittlung von Genres beschäftigen. Auch um die IT-Kompentenz der Journalisten ist es nichtgut bestellt, wie die Studie von Machill/Beiler/Zenker(2008) zeigt. Ein Hinweis darauf, dass es vor allem imFortbildungsbereich und in den Volontariaten Problemegibt, denn in den Journalistenschulen und meisten Jour-nalistikstudiengängen ist die technische Ausbildungzumindest Teil des Curriculums. Der Weiterbildungs-markt ist groß und wächst. Professor Walter Hömbergund Regina Hackel-de Latour zählten in ihrem „Studien-führer Journalismus, Medien, Kommunikation“ (2005)143 Institutionen auf, die neben den wissenschaftlichen

Studiengängen für Kommunikationsberufe Aus- Fort-und Weiterbildung anbieten, schreiben aber selbst, eswerde immer schwerer, ihre Qualität zu beurteilen(Hömberg/Hackel-de 2005: 18).

Interviews

Marcel Schilling glaubt, „[...] dass der Nachwuchs sehrfit und, was die technischen Neuerungen anbelangt,sehr gut vorbereitet ist. Aber ich kann nicht sagen, dasswir früher frecher oder braver gefragt hätten. Das kannich so nicht beantworten. Vielleicht sehen viele jungeJournalisten klarer, für welches Medium sie arbeitenwollen, da scheinen sie sich früher festzulegen, als dasfrüher der Fall war“. Auch Domenika Ahlrichs meint, dassder Nachwuchs durch die Herausforderung des multi-medialen Arbeitens anders geprägt ist: „Die heutigenJahrgänge können sehr viel Technik bedienen“. Sieglaubt, dass „das ruhige In-die-Tiefe-gehen und dasSich-nur-auf-ein-Medium-konzentrieren langsam aus-stirbt“. Sie glaubt aber auch, dass Qualität bei multi-medialen Arbeitsplätzen anders definiert werden wird.So werde sich ein Journalist auch dadurch auszeichnen,dass er auf interessante Verlinkungen oder Videos ver-weist. Ulrike Maercks-Franzen meint: „Inhaltliches Engage-ment scheint mir etwas in Misskredit geraten zu sein. Esbesteht die Gefahr, dass sich Technik und Handwerk zusehr in den Vordergrund schieben, der Bezug zum Stoffdagegen in den Hintergrund rückt. Wenn jemand miteinem Fachstudium in den Journalismus kommt, ist dasanders, als wenn man Journalismus nur als Handwerkversteht. Letztlich geht darum, einen Artikel nicht nurkorrekt, sondern auch mit einer größeren Tiefe zugestalten. Es kommt auf die Bereitschaft zu einergrößeren Erkenntnistiefe an“. Regine Bönsch hat den Eindruck, dass „manche glauben,sie hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen, vor allemeinige junge Wirtschaftsjournalisten. Etwas mehr Sen-sibilität, etwas mehr auf den Menschen achten, tätemanchem schon ganz gut. Ich hatte großartige, men-schenfreundliche Volontäre, aber ich kenne auch wel-che, die schon alles wissen, bevor sie mit der Rechercheanfangen.“ Matthias Spielkamp zeigt sich „genervt“ angesichts der„absoluten Neugierlosigkeit der jungen Journalistengegenüber dem Internet. Die Bereitschaft, sich damit zubeschäftigen, wie sich Journalismus durch nutzergene-rierte Inhalte verändert, ist zu gering. Aber das warfrüher genauso. Journalisten hatten kein Interesse

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

daran zu verstehen, wie ihr eigenes Gewerbe, ihre eige-ne Branche funktioniert. Ich war bei Spiegel-TV und dortwusste keiner der Redakteurskollegen zu erklären,warum Spiegel-TV bei RTL läuft, aber RTL kein Mitspra-cherecht hat. Dass das mit der Vergabe der privatenSendelizenzen zu tun hat, war nicht bekannt. Das mussman doch wissen, wenn man bei einer solchen Redak-tion arbeitet.“ Annette Bolz hat den Eindruck, dass „der journalistischeNachwuchs sehr angepasst ist. Ethik ist für viele einLuxusgut oder gar Fremdland. Manche jungen Journa-listen haben so viel Angst vor der Zukunft, dass siebereit sind, für einen festen Job alles zu tun. Sie glau-ben, sich keine Moral im Beruf leisten zu können. Eini-ge sind sogar überangepasst, sie haben die Regeln derlukrativen Kooperation schon verinnerlicht: Sie sindstolz darauf, wenn sie ihrem Chefredakteur ein Stückvorschlagen können, das thematisch bestens zur Anzei-ge passt. Besonders junge Leute von Fachzeitschriftenglauben, anders könne sich das Blatt nicht mehr finan-zieren“.Hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit eine großeNähe von PR und Journalismus im Rahmen der Ausbil-dung bedenklich ist, vertreten die Interviewten zweigrundsätzlich unterschiedliche Meinungen. Die einenverlangen eine absolute Trennung, die anderen halten eshingegen für sinnvoll, wenn künftige Journalisten ler-nen, wie PR denkt und funktioniert.Professor Volker Lilienthal sagt: „Ich meine, die Ausbil-dungsgänge müssen getrennt bleiben“. Hardy Proth-mann erzählt: „Ich selbst habe in der Unternehmens-kommunikation der BASF während des Studiums ein 8-wöchiges Praktikum absolviert. Für meine journalisti-sche Laufbahn hat mir das sehr viele interessante Ein-blicke ermöglicht. Ich wusste, was ich nie machen woll-te und ich habe einen Einblick bekommen, wie PR funk-tioniert. Eine Ausbildung, die parallel die Fähigkeitenzum Journalisten und zum PR-Arbeiter vermitteln soll,lehne ich ab. Allein schon, weil dadurch in den Köpfender Studenten der Eindruck entstehen könnte, dass seidoch fast gleich. Journalismus und PR sind grundver-schieden“. Ulrike Maercks-Franzen fordert für die Ausbildungs-gänge, die sowohl PR, als auch Journalismus vermitteln:„Jeder Teil muss vom anderen genau wissen, was dasGemeinsame und was das Unterschiedliche ist. DieGrenzen müssen beachtet werden. Wenn der Ausbil-dungsgang das garantiert, könnte man das auch positivsehen, da er Missverständnisse vermeiden hilft. Journa-listen müssen PR erkennen, analysieren und vermeidenkönnen. Umgekehrt muss PR wissen, was der Journalist

braucht. Aber der eine sollte nicht das andere sein“.Marcel Schilling findet bei der Ausbildung wichtig,„dass wir klar trennen zwischen Journalismus und PR.PR kann Inhalt eines Ausbildungsblocks sein, dass mandarüber redet und reflektiert. [Die angehenden Journa-listen] müssen PR identifizieren können, sie müssen PR-Strategien erkennen können. Aber es muss klar sein:„Wir machen keine PR. Ich leite auch keinen Volontäran, PR zu machen. Jede Institution informiert über ihreArbeit mit einem Ziel“. Professor Thomas Pleil, der Public Relations im Rahmendes Studiengangs Online-Journalismus in Darmstadtunterrichtet, stellt fest, dass die „Grenzen klar sein müs-sen. Ich habe eher Angst, wenn ein Studiengang garnichts macht und die Journalisten am Ende gar nichtwissen, wie sie mit PR umgehen sollen und irgendwel-che PR-Nebenjobs annehmen. Außerdem halte ich esfür seriöser, wenn Leute, die später vielleicht zur PRwechseln, dazu ein Basiswissen aufgebaut haben. Ichhabe oft das Gefühl, dass Journalisten, die später dieSeite wechseln, ein geringeres Problembewusstseinhaben als Leute, die PR gelernt haben. Es gibt auch PR-finanzierten Journalismus, was man in der Ausbildungthematisieren muss. Es gibt viele Journalisten, die sehrstolz sind, wenn ihre Artikel im Lufthansa-Magazin ver-öffentlicht werden. Wenn das die sind, die gegen PRschimpfen, passt das nicht zusammen. Mein Eindruckist: Der Anteil der Spin-Doktoren, die ursprünglich ausdem Journalismus kommen, ist relativ hoch im Vergleichzu denen, die sich von Anfang an systematisch mit PRbeschäftigt haben“.Hinsichtlich des Ausbildungskonzepts sagt Pleil: „BeiStudiengängen, die eine PR-Veranstaltung anbieten,muss es nicht bedeuten, dass die Qualität der journalis-tischen Arbeit später darunter leidet, sondern dass sichdie künftigen Journalisten ein besseres Bild machenkönnen, was PR will und wie PR denkt. Je mehr ich michmit einem Thema beschäftige, desto besser kann ichmich damit auseinandersetzen. Deshalb ist es nichtrichtig ‘Igitt, PR!’ zu sagen. Diejenigen, die in Darmstadtden Studiengang ohne Schwerpunkt PR abgeschlossenhaben, haben auf dem Weg dahin genau eine Grund-lagenveranstaltung PR besucht, die das notwendigeWissen vermittelt, um zu verstehen, was hinter einerPressemeldung steckt, und dass PR etwas anderes ist alsnur Marketing oder Werbung. Wer hingegen denSchwerpunkt PR wählt, der dann auch explizit imAbschlusszeugnis ausgewiesen wird, lernt auf der Basiseiner journalistischen Grundausbildung einen komplettanderen Beruf, und nicht - wie viele befürchten - die Ver-quickung von redaktionellen und werblichen Inhalten“.

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8 Faktor Selbstverständnis

„Wer sich als Journalist den aufrechten Gang erhaltenwill, (…) der braucht ein reflektiertes Verhältnis zu sichselbst und seinem Beruf, einen bewussten Umgang mitder eigenen Subjektivität. (….) Für mich sind zwei Sätzeals Leitlinien bestimmend geworden. Der erste heißt:Wirklichkeit ist alles, wo man durch muss. Der zweite isteine Gedichtzeile von Peter Rühmkorf: ‚Bleib erschütter-bar und widersteh.’“ Jürgen Leinemann (2009: 41)

Problemaufriss

„Intrinsische Motivation“ nennen Psychologen diesesSelbstverständnis, das der langjährige „Spiegel“-Repor-ter Jürgen Leinemann im Rückblick auf sein journalisti-sches Leben beschreibt. „Leidenschaft“ nennen es Jour-nalisten gerne selbst. Oder auch wertend „Haltung“.

Oder „aufrechten Gang“. Dieser ist ein Freiheits- undGleichheitsausdruck des aufgeklärten, sich gegen dieherrschenden Machtverhältnisse erhebenden Bürger-tums des 19. Jahrhunderts, er gehört zum bürgerlichenHabitus. Im Sinne von Ernst Bloch ist der „aufrechteGang“ der „Männerstolz vor Königsthronen, Zivilcoura-ge“ (Bloch 1959:524). Er ist die Voraussetzung für denDienst an der Gesellschaft im Sinne der Aufklärung.Gemeint ist damit das, was Journalisten als Person bei-tragen können, damit ihre Arbeit „gut“ wird. „Gut“ istinsofern ein sehr subjektiver Begriff - wie auch derBegriff „Qualität“. Gleichwohl wird hier deutlich: Ohnedie in der Person des Journalisten verwurzelte Leiden-schaft, ohne eine ganz bestimmte Haltung, kann kaumetwas „Gutes“ entstehen. Anders formuliert dies einbeliebter Spruch aus der journalistischen Praxis: „Qua-lität kommt von Qual“. Was aber beeinflusst die Bereit-

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

Lösungsansätze

Elite reflektierenDie Journalistenausbildung muss sich verändern. Zumeinen muss auf die homogene gesellschaftliche Zusam-mensetzung des Berufsstands durch Inhalte reagiertwerden. Der Journalistenberuf selbst muss Inhalt wer-den - auch was die Zugehörigkeit zur und das Bewusst-sein von Elite betrifft. Schafft man in der Ausbildung einBewusstsein für die eigene möglicherweise verzerrteWahrnehmung sozialer Realität kann sich der journa-listische Blick ändern. Berufsethische und sozialwissenschaftliche Erkenntnis-vermittlung und Reflexion darf aufgrund der unter-schiedlichen Bildungswege in den Journalismus nichtauf die Hochschulen beschränkt werden, sondern mussauch Eingang in die Volontariate und zu den besonderselitären Journalistenschulen finden. Zum anderen soll-ten die ganz offensichtlich bestehenden, auf den gesell-schaftlichen Schichten beruhenden Barrieren zum Jour-nalistenberuf reduziert werden. Patentlösungen dafürkann es aufgrund der Komplexität des Themas nichtgeben. Es wäre zu prüfen, ob dies mit veränderten Auf-nahmeprozeduren an den Journalistenschulen sowieAufnahmebedingungen der Hochschulen zu erreichenwäre. Der offiziell freie Zugang zum Beruf reicht aberganz offensichtlich nicht. Daher ist eine Debatte zumThema in den Journalistenverbänden und -zusammen-

schlüssen und auch in der Medienwissenschaft vonNöten. Auch die soziologische Elitenforschung ist, wasden Journalismus betrifft, unterbelichtet. Sie beschäf-tigt sich fast ausschließlich mit Eliten aus Wirtschaftund Politik.

Recherche als Kernkompetenz in der Ausbildung stärkenDie Ausbildungsgänge scheinen vor allem technischesWissen und Handwerk zu vermitteln. Die journalistischeKernkompetenz der Recherche scheint dabei in den Hin-tergrund zu treten. Eine entsprechende Evaluierung derAusbildungsgänge in Deutschland ist jedoch nichtbekannt und wäre anzuraten.

PR und Journalismus in den Köpfen trennenWas das Thema PR und Journalismus in der Ausbildunganbelangt, wird aus den Antworten der Interviewpart-ner ein deutliches Unbehagen sichtbar. Wichtig scheintallen jedoch eine klare Trennung zwischen beiden Berei-chen, die in den Köpfen beginnen muss (- und so auchin Darmstadt im Studiengang Online-Journalismus alsPrinzip verankert ist). Ob eine solche Trennung fest imKopf verankert sein kann, wenn man in der Ausbildungnichts oder nur wenig über PR erfahren hat, scheintaber allein aus erkenntnistheoretischen Gründen frag-lich.

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

schaft, sich zu quälen? Was beeinflusst das journalisti-sche Selbstverständnis?Die Sozialisation spielt für das Selbstverständnis vonJournalisten eine wichtige Rolle. Peter Ziegler hat in sei-ner Umfrage unter Journalistenschülern festgestellt,dass diese „ganz überwiegend der Mittelschicht [ent-stammen]“. Dies entspricht auch einem Befund vonWeischenberg/Malik/Scholz (2006a), der sich auf Jour-nalisten in Deutschland bezieht. Welchen Einfluss hatdies auf die Auswahl von Themen und Nachrichten? DieBefragten neigen „ganz überwiegend aufgrund der Aus-bildung und der im Beruf gesammelten Erfahrungen zueinem gut verkäuflichen Mainstream an Themen“,schreibt Peter Ziegler (Ziegler 2008: 30, siehe auch„Faktor Bildung“). Der Schweizer Journalist MichaelWenzler untersuchte die Behandlung von kultur- undenergiepolitischen Themen. Dabei stellte er Unterschie-de fest: In der Kulturpolitik gibt es einen größerenAbstand zwischen Eliten und Journalisten, in der Ener-giepolitik hingegen viel Nähe. Dies habe dazu beigetra-gen, dass wichtige energiepolitische Themen in derSchweiz relativ spät thematisiert wurden (Wenzler2009). Von Bedeutung ist aber auch die Ko-Orientie-rung, der Vergleich mit den Kollegen, die zu einer vonden gesellschaftlichen Bedürfnissen abgehobenen Be-richterstattung - und zur Vernachlässigung relevanterThemen oder Themenzugänge führen können (Bunjes2009a). Wie Forschungen von Professor Horst Pöttker und Rai-ner Geißler am Beispiel Kanada zeigen, kann sich dieBerichterstattung durch eine erhöhte Einbindung vonJournalisten mit Migrationshintergrund stark verändern(Geißler/Pöttker o.J.). Bislang ist aber die Integrationvon Migranten in den deutschen Medien weitgehendein Lippenbekenntnis geblieben. So genannte DiversityReports nach dem Vorbild der BBC gibt es bei deutschenRundfunkanstalten nicht. Beim SWR und WDR setzenmittlerweilen Integrationsbeauftragte bei der Personal-entwicklung erfolgreich Impulse. So liegt 2009 derAnteil von Medienschaffenden mit Migrationshinter-grund bei Neueinstellungen des WDR bereits bei 10 Pro-zent, beim SWR schätzt man den Anteil sogar auf 16Prozent – bei einem Bevölkerungsanteil von etwa 20Prozent (Röben 2009). Die aktuelle Studie „Wandel bei aktuellen Massenme-dien: Journalismus in veränderten Medienkontexten“(Kutscha et al. 2009) konstatiert, dass das journalisti-sche Selbstverständnis derzeit unter dem stärker wer-denden ökonomischen Druck leidet. 83 Prozent derbefragten Journalisten gaben an, dass sich ökonomischeParameter wie Quoten, Auflagen oder Klickzahlen „ganz

eindeutig oder zumindest teilweise“ auf ihre journalisti-sche Arbeit auswirken. Die Folge: „Journalisten stellenihre eigenen Vorlieben und ihr journalistisches Selbst-verständnis in den Hintergrund“. 80 Prozent der befrag-ten Journalisten befürchten, dass Konkurrenzdruck undwirtschaftliche Zwänge die Sorgfalt der eigenen journa-listischen Arbeit gefährden. Siegfried Weischenberg stellte in mehreren Studien eine„Tendenz zur Erosion der journalistischen Infrastruktur“fest (u.a. Weischenberg et al. 2006a). So zählte er fürdas Jahr 1993 54.000, für das Jahr 2005 hingegen nur-mehr 48.000 hauptberufliche Journalisten. Die Reduk-tion fand vor allem bei der Presse und bei den festenFreien statt. So stellte Weischenberg fest, dass es 2005nur noch 12.000 hauptberufliche Freie gab im Vergleichzu den 18.000 zwölf Jahre zuvor. Dabei änderte sichauch das Verhältnis von Hauptberuflern zu Freien:Während Freie 1994 noch ein Drittel der Journalistenstellten, waren es 2005 nur noch ein Viertel.Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) geht hingegenvon anderen Zahlen aus als Weischenberg, weil der Ver-band die Journalisten in der Öffentlichkeitsarbeit bzw.im Bereich Public Relations mitzählt. Der DJV zählt fürdas Jahr 2009 23.000 Freie, die hauptberuflich journa-listisch tätig sind sowie etwa 50.000 fest Angestellte.Insgesamt waren rund 7.000 Journalisten in der Öffent-lichkeitsarbeit tätig. Vor fünf Jahren waren es insgesamtknapp 70.000 Journalisten, darunter 20.000 freie Jour-nalisten. Die größte Zunahme in den letzten Jahren fandfolglich im Bereich der freien Journalisten statt. Der DJV konstatiert strukturelle Veränderungen hin zumehr freien Journalisten und damit einen anderen Trendals Siegfried Weischenberg. Der Verband kann daherWeischenbergs Beobachtung „einer hauptberuflichenErosion der journalistischen Infrastruktur“ nicht nach-vollziehen (Interview mit DJV-Pressesprecher HendrikZörner, 19.10.09). Weischenberg selbst führt jedoch diereduzierte Zahl der freien Journalisten auf zwei Fakto-ren zurück: Zum einen spielten 1993 Onlinemediensowie Special-Interest- und Fachzeitschriften und pri-vate Rundfunksender noch keine bzw. keine bedeutendeRolle, die später jedoch für zahlreiche Festanstellungensorgten. Zum anderen erfüllten 2005 weniger Freie dasKriterium der Hauptberuflichkeit (Weischenberg et al.2006:350). Weischenberg spricht hier von einer „haupt-beruflichen Dunkelziffer“, die sich nicht näher beleuch-ten ließ. Auch der DJV verfügt für Journalisten, die auf-grund ihrer zahlreichen Nebentätigkeiten nicht mehrhauptberuflich journalistisch tätig sind, über keine ver-lässlichen Zahlen, unter anderem weil sie nicht mehr inder Künstlersozialversicherung versichert sind.

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

Die Haltung des Deutschen Journalisten-Verbands, derauch Öffentlichkeitsarbeiter zu Journalisten zählt,reflektiert teilweise das, was in der Forschung als „Ent-grenzungsprozesse im Journalismus, welche die Iden-tität der Profession zur Disposition stellen“ beschriebenwird (Weischenberg et al. 2005:346). Weischenbergbeschreibt die Veränderung im Selbstverständnis derJournalisten folgendermaßen: „Viele Journalisten – Per-sonen, die sich so nennen, die einschlägig ausgebildetsind und/oder einer Journalistenorganisation angehören– arbeiten schon heute weniger im Journalismus als inder PR, in der Werbung, im Marketing oder in ganzanderen Branchen, weil sie vom Journalismus alleinnicht leben können. Andererseits gibt es Leute, die vomJournalismus gar nicht leben wollen oder müssen, son-dern sich als Publizisten betätigen – mit Beiträgen, diemit ihrem Gemisch aus Information und Meinung, ausFakten und Fiktionen eher an den schriftstellerischenJournalismus des späten 18. und frühen 19. Jahrhun-derts erinnern als an die rationellen Darstellungsformendes modernen redaktionellen Journalismus“. (Wei-schenberg et al. 2006:346) Weischenberg vermutetdenn auch ein „großes nicht-professionelles Umfeld“der weniger werdenden hauptberuflich arbeitendenJournalisten: „Menschen, die zwar auch im Journalis-mus arbeiten, den Großteil ihres Einkommens aber inanderen Branchen verdienen (müssen)“ (ebd.: 359).

Interviews

Die Objektivität in der Berichterstattung gilt für alleBefragten als Kern guten Journalismus’. Hier gibt es gra-duell unterschiedliche Ansichten. Annette Bolz formu-liert ihren Anspruch an guten Journalismus so: „Natür-lich sollten alle Fakten stimmen. Das heißt: Die Recher-che muss gründlich sein“. Domenika Ahlrichs erwartet,dass ein guter Journalist „alle Aspekte eines Themasaufgreift, so viele Informationen kriegt, wie möglich“.Und Marcel Schilling sagt: „Guter Journalismus heißtfür mich korrekte und gründliche Recherche. Es heißt,verschiedene Perspektiven einzunehmen, um einenSachverhalt nicht einseitig zu betrachten“. Peter Zschunke wird noch etwas genauer: „Als Nach-richtenagenturmenschen bemühen wir uns um weitge-hende Objektivität. Daran halten wir fest, auch wennder Begriff der Objektivität nicht unumstritten ist, auchwenn wir uns bewusst sind, dass die Gefährdung vonObjektivität bei der Wahl von bestimmten Begriffenbeginnt. Zum einen überprüfe ich, ob etwas stimmt: Vonwem kommt die Information, wenn man in einem

großen Netz arbeitet? Kommt sie von den eigenen Leu-ten, die selbst professionelle Maßstäbe anlegen oderkommt sie von außerhalb? Hier ist immer wieder dieQuerüberprüfung erforderlich, dass man Informationenaus einer anderen Quelle bestätigt bekommt. Oder wenndas nicht möglich ist, dass man das Werkzeug der ein-deutigen Quellenanbindung verwendet. Zum anderenüberprüfe ich, inwieweit ich als Textjournalist in meineFormulierungen unbewusst Formulierungen einfließenlasse, die die Qualität verschlechtern. Zum Beispiel fin-den in unserem Kulturkreis alle islamischen Extremis-mus schlecht. Das darf mich aber nicht dazu veranlas-sen, bestimmte Begriffe mit einer negativen Konnota-tion zu verwenden, sondern ich muss eine möglichstkonnotationsfreie Sprache bei Nachrichten verwenden.Bei Hintergrundberichten ist das etwas anders, weil Ein-ordnung gefordert ist. Aber diese darf nicht so weitgehen, dass man das Ziel der Objektivität mit Füßentritt“.Hardy Prothmann hingegen betont die Wichtigkeit derSubjektivität. Er orientiert sich deshalb am anglo-amerikanischen Journalismus, „weil er subjektiv geprägtist im Gegensatz zum pseudo-objektiven Journalismusin Deutschland. Die Subjektivität wird deutlich gemachtund ist damit für die Mediennutzer nachvollziehbar.Guter Journalismus zeichnet sich durch solide Recher-che und harte Fakten aus, die in fundierten Stückenumgesetzt werden - egal ob als Meinungsbeitrag, alshintergründige, investigative oder unterhaltendeGeschichte“. Matthias Spielkamp hält in diesem Zusammenhang die„Fairness“ für ein wichtiges Kriterium von gutem Jour-nalismus: „Die verschiedenen Standpunkte sollen aus-gewogen zur Sprache kommen. Die Beteiligten solltendie Möglichkeit haben, sich zu äußern. Allerdingserwarte ich als Leser, dass ich von einem Journalistenauch erfahre, ob eine bestimmte Haltung richtig ist odernicht. Wenn ich die „Tagesschau“ ansehe, stellen sichmir die Nackenhaare auf, da ich hier eine She-said-He-said-Berichterstattung sehe. Hier werde ich mit denStatements allein gelassen. Das ist für mich schlechterJournalismus. Ich aber möchte wissen, was stimmt. ZumBeispiel: „Stimmt es, dass die Steuerentlastung dazuführen würde, dass ... ?“ Auch Spielkamp bezieht sich auf den anglo-amerika-nischen Journalismus als Vorbild, insbesondere auf dieKommentare: „Sie sind genauso gut recherchiert wiejeder Bericht zu dem Thema - teilweise sogar besserrecherchiert, weil sie am Ende einen Standpunkt ein-nehmen. Die Kommentare hier werden jedoch so ver-standen: ‘Ich darf mir meine Meinung dazu schreiben,

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egal wie gut ich informiert bin.’ Der Kommentar abersollte auf einer enorm guten Recherche beruhen, weilsonst keine gute Stellungnahme stattfinden kann. In-sofern ist der Kommentar für mich die Königsdisziplin.Wenn er gut ist, kann ich lesen, warum sich ein Journa-list für eine bestimmte Darstellung entschieden hat,nämlich für das, was stimmt. Es kann ja sein, dass mandazu die Haltung ändert. Aber man muss in diesemAugenblick das Thema so gut wie möglich durchdrun-gen haben“.Professor Volker Lilienthal formuliert dies so: „Qua-litätsjournalismus ist für mich ein empiriegesättig-ter Journalismus, ein erfahrungsgesättigter. Er mussrecherchieren, sprachlich seine Ergebnisse gut präsen-tieren. Er sollte den Rezipienten beim Wirklichkeitsver-ständnis helfen“. Einzelne Interviewpartner sprachen in diesem Zusam-menhang auch die Themen „Elite“ bzw. „soziokulturelleHerkunft“ an. Professor Peter Ludes hat beobachtet,dass bei der Themenauswahl und -präsentation danndie eigene Überzeugung hineinspielt, wenn es keineklare Recherchebasis gibt und wenn aufgrund von Zeit-druck weniger Zeit in Hintergrundrecherche investiertwurde. Matthias Spielkamp sagt, dass für eine faire Bericht-erstattung „der Aspekt des Nicht-Elitären wichtig“ sei.So würden viele Journalisten für Journalisten schreibenund nicht für Leser: „Man selbst muss dagegen kämp-fen. Man schreibt nicht für seine Peer-Group, um sichdarzustellen und Anerkennung zu erhalten, sondernman muss für diejenigen schreiben, die es betrifft“. AlsBeispiel führt er eine Parlamentsberichterstatterin an,die in ihrem Chor erregt über die Haushaltsdebatteerzählt, die sie wenige Stunden zuvor erlebt hat. Damitkonnten jedoch ihre Mitsänger wenig anfangen, obwohlsie als Lehrer, Ärzte und Rechtsanwälte auch zu einerBildungselite gehörten. Spielkamp: „Man entwickelt einen sehr starken Tunnel-blick. Deshalb muss man aktiv werden, um den eigenenBlick wieder zu weiten“. Als vorbildlich bezeichnet er dieArmutsberichterstattung von Jens König und NadjaKlinger in der „taz“. Sie hatten die Betroffenen desArbeitslosengeldes II in den Mittelpunkt ihrer Bericht-erstattung gerückt. Spielkamp: „Das ist ein Beispiel fürJournalismus, der leistet, was er leisten soll. Vielekochen aber in ihrem eigenen Sud. Das ist nicht gut fürguten Journalismus. Journalismus muss die Mächtigenkontrollieren“. Besonders in Berlin gäbe es jedoch Jour-nalisten, „die so nah an den Mächtigen sind, dass sie dasGefühl dafür verlieren, für wen sie Journalismus machenund für diejenigen, deren Interessen gegenüber den

Mächtigen vertreten werden müssen“. Hardy Prothmanns persönlicher Eindruck ist, „dass Jour-nalisten, die sich nicht scheuen, die Menschen dortabzuholen, wo sie sind, einen hintergründigeren, wahr-haftigeren Journalismus betreiben, als die, die nie ausdem Elfenbeinturm ihrer wissenschaftlichen Grund-bildung herausgekommen sind. An meinem Beispielerklärt: Mein Studium musste ich selbst finanzieren undhabe das mit verschiedenen Jobs gemacht. Ich habe amBand gearbeitet, Kabel gezogen, ich war Schichtler inder BASF, ich habe Bratwürste verkauft und im Bürogearbeitet und kenne deswegen die Menschen und ihreverschiedenen soziokulturellen Umfelder ganz gut. Dasist enorm hilfreich für meine Arbeit“.

Regine Bönsch findet, „dass es zum Beispiel zu wenigFrauen im Technik- und Wirtschaftsjournalismus gibt.Statistiken besagen, dass beim Kauf eines Autos mehr-heitlich Frauen das letzte Wort haben. Wer jedoch z.B.auf die IAA fährt, wird dort nur wenig weibliche Jour-nalistinnen finden. In der gesamten Medienlandschaftsind Frauen zu wenig in Führungsetagen vertreten. Das macht ein journalistisches Produkt nicht unbedingtbesser“. Annette Bolz betont, dass „jeder Journalist, jede Journa-listin sich bewusst sein sollte, dass es beim Publizierenauch eine ethische Verantwortung gibt“. Domenika Ahl-richs formuliert diesen ethischen Anspruch aus derbestimmten Perspektive der Menschen, über die berich-tet wird: „Ein guter Journalist übernimmt Verantwor-tung für Menschen und liefert sie nicht einem Schicksalaus, wenn er sie unkontrolliert in der Öffentlichkeit bloßstellt“. Peter Zschunke glaubt, dass es bei jüngeren wieälteren Kollegen „viel Offenheit für Qualitätsfragen undfür ein Sich-Selbst-Infragestellen“ gibt.

Lösungsansätze

Ausbildung für Nicht-Eliten öffnenPeter Ziegler schlägt vor, dass Absolventen von Journa-listenschulen als Kommunikationsmanager dem Main-stream gegensteuern könnten. Die Schulleitungen hät-ten die „Option, ihre Lehrpläne stärker auf die Modellepartizipatorischer Medienarbeit auszurichten“ (König2008: 31). Sie sollten außerdem bei Aufnahmeproze-duren darauf achten, dass auch Bewerber aus gesell-schaftlichen Randgruppen wie Migranten, die von Hausaus nicht über denselben, wohl aber über einen anderenBildungshintergrund verfügen, eine Chance erhalten.

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9 Faktor Eigentum

„Monopolistische Strukturen sind nicht förderlich, da derKonkurrenzdruck nicht gegeben ist und damit ein mög-liches Korrektiv durch Kollegen, die einen Sachverhaltanders wahrnehmen oder die noch andere Überlegungenanstrengen, fehlt“. Marcel Schilling

Problemaufriss

Die Frage des Eigentums berührt die der publizistischenVielfalt und Unabhängigkeit. Gegenseitige Einflüsse vonPolitik, Kapital und Medien können die Legitimität undGlaubwürdigkeit von Medien in Frage stellen. In einerdemokratischen Öffentlichkeit müssen sich Mediennämlich frei und offen entfalten können. WelcheBedeutung publizistische Vielfalt in einer Demokratiehaben kann, zeigt sich am Beispiel des Medienimpe-riums von Silvio Berlusconi (Krempl 1996). In den USAverhindert etwa der Atomanlagenbauer General Electric(GE) als Miteigentümer von NBC systematisch dieBerichterstattung über Atomkraftwerke in den NBC-Nachrichten. Eine Verquickung von Unternehmens- undMedieninteressen zeigte sich ebenfalls, als CBS-Eigentümer Viacom die Republikanische Partei konse-quent unterstützte und CBS-Anchorman Dan Ratherwegen angeblicher falscher Berichterstattung über Prä-sident Bush vom Bildschirm verbannte (Ludes 2007: 77).Ludes sieht darin „neue Formen der Zensur und Selbst-Zensur“ (ebd. 78).In Deutschland ist seit Jahrzehnten eine Zunahme derpublizistischen Konzentration festzustellen. So ist dieZahl der selbständig produzierten Mantel-Teile seit den50er Jahren zurückgegangen, da zum einen die Zahl der

Zeitungsverlage abgenommen hat, zum anderen dieselbständigen Einheiten zurückgegangen sind (Schütz2009). Dies führte zu regionalen Monopolen: 44 Prozentder Bevölkerung informiert sich über lokale Gescheh-nisse nur aus einer Zeitung (ebd.). Es ist außerdem eineAuflagenkonzentration festzustellen: So stammt mehrals die Hälfte der gesamten Zeitungsauflage von nichtmehr als drei Prozent der Zeitungsverlage (Röper 2004). Im Ruhrgebiet wird das derzeit überdeutlich: Die vierZeitungstitel, die die Westdeutsche Allgemeine Zeitung(WAZ) hier herausgibt, fusionieren ihre Redaktionen, diebislang trotz des WAZ-Wirtschaftsmonopols in der Re-gion autonom existierten. Die meisten Artikel kommenaus der Essener Zentralredaktion des drittgrößten deut-schen Verlagshauses, das wegen seiner Einkäufe vorallem in Osteuropa zu den größten europäischen Regio-nalzeitungsverlagen gehört. Auch Lokalzeitungen wer-den zusammengelegt oder gestrichen. Für die 5,3 Mil-lionen-Einwohnerregion gibt es damit quasi nur nocheinen Titel - auch wenn vorne immer noch „Neue Rhein/Neue Ruhr Zeitung“ (NRZ), „Westfälische Rundschau“,„Westfalenpost“ oder „Westdeutsche Allgemeine Zei-tung“ steht. Für Medienwissenschaftler Horst Röper istdie Situation im Ruhrgebiet „in der Summe der größteZeitungskonzentrationsmarkt, den wir je erlebt haben“(Deutschlandradio 2008). Gleichzeitig besitzt die WAZvon 15 privaten Radiosendern in NRW je 75 Prozent undist am privaten nrw.tv beteiligt. Das gemeinsame On-lineportal der WAZ-Zeitungen „Der Westen“ kooperiertseit 2008 mit dem WDR und zeigt dort täglich etwazehn ausgewählte TV-Beiträge der „WDR Lokalzeit“, fürdie sie den Sender bezahlt. Ein unabhängiger Medienjournalismus, der sich gegen-

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Mehr PartizipationEine stärkere Öffnung publizistischer Konzepte hin zuModellen des Bürgerjournalismus kann dazu beitragen,die Wahrnehmung sowie den Raum für gesellschaftlichrelevante Themen zu erweitern. Generell sollten Feed-backschleifen erkannt und aktiv genutzt werden.

Gleichstellung fördernVerlage und Redaktionen sollten aktiv die Gleichstel-lung von Frauen und Männern im mittleren Manage-ment fördern. Arbeitszeitmodelle sollten Mütter undVäter unterstützen.

Mehr Zeit für RechercheRecherche muss auch bei Kommentaren die Basis vonMeinung darstellen. Redaktionen müssen Autoren mehrZeit zur Analyse einräumen, denn nur so können sieauch dem Leser bzw. Zuschauer Orientierung vermitteln.Die wesentliche Frage sollte lauten: „Stimmt’s?“ - undZeit und Platz für eine adäquate Antwort sollten gege-ben sein.

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seitig kritisch begleitet, ist somit in Nordrhein-West-falen unwahrscheinlich und findet zumindest in den Re-gionalzeitungen seit jeher nicht statt. „JournalistischerEinheitsbrei“ (Röper im Deutschlandradio) kann somitohne Korrektiv verbreitet werden. Vor allem verfestigensich die Strukturen. Im Ruhrgebiet sei es durch die Hoch-zeit zwischen WAZ und WDR „für andere kommerzielleAnbieter sehr schwer“, so Horst Röper (Büffel 2008: 22f).Walter Schütz stellte in einer Analyse des Zeitungs-marktes 2008 fest, dass sich die publizistische Konzen-tration in den letzten zwei Jahren nicht merklich verän-dert hat: Nach Perioden fortgesetzter Kooperationenund Konzentrationsvorgängen habe sich „ein derartgefestigter Zeitungsmarkt herausgebildet, in dem Wett-bewerb (abgesehen von wenigen Orten) nur noch mar-ginal stattfindet“ (Schütz 2009: 454). Dies hat jedoch inZeiten der Wirtschaftskrise Folgen: „Die durch Auf-lagenverluste und Anzeigenrückgang entstandenenwirtschaftlichen Probleme der deutschen Zeitungsver-lage sind nicht dort zu lösen, wo sie dem Bezieher/Käufer/Leser ein Angebot machen, das sich kaum nochvermindern lässt, wenn man an der bundesweit flächen-deckenden Versorgung festhalten will“. Deshalb stünden„eher betriebswirtschaftliche Lösungsversuche wieWechsel der Eigentümer und Kostenreduzierung durchviele Formen des Outsourcings auf der Agenda der Ver-lage“. (Schütz 2009: 473)Schließlich stellt sich die Frage, ob die Indienstnahmevon Publikationen bzw. Sendungen für die eigenen Ver-lags- oder Betreiberinteressen in medienpolitischenStreitfragen mit den Prinzipien eines guten Journalis-mus zu vereinbaren ist. In diesem Zusammenhang seiauf die Diskussion um die Internetauftritte der öffent-lich-rechtlichen Rundfunkanstalten hingewiesen, dieseitens der Sender und Verlage mit teilweise sehr par-teiischen Beiträgen begleitet wurde. Oder auf den Streitum das Recht des Perlentauchers für seine Internet-Presseschauen Artikel der „Süddeutschen Zeitung“ undder „Frankfurter Rundschau“ auszuwerten und zu zitie-ren. Zu nennen wäre auch die Debatte um „GoogleNews“ und die Verlegerforderung nach einem Leis-tungsschutzrecht, in der verschiedene Publikationenebenfalls keine objektive Berichterstattung verfolgen,sondern sich von den Interessen der Eigentümer bzw.des jeweiligen Mediums leiten lassen.

Interviews

Volker Lilienthal verweist darauf, dass Eigentümerrechtlich dazu berechtigt seien, Einfluss auf redaktio-

nelle Inhalte zu nehmen. In Redaktionen mit Redak-tionsstatut gebe es einen größeren Bewegungsfreiraum.Doch ein solches Statut hätten nur wenige Redaktionen.Ulrike Maercks-Franzen macht darauf aufmerksam,dass sich Eigentümer den Einfluss auf den Inhalt imArbeitsvertrag ausbedingen und hier die Tendenz in derBerichterstattung festlegen: „Da weiß der Redakteur,worauf er sich einlässt“. Der Verleger könne nicht dazugezwungen werden jemanden einzustellen, der demnicht entspreche. Auch der Betriebsrat sei bei Kündi-gungen in seinen Rechten eingeschränkt. Eigentümer können per Tendenzschutz sicher stellen,dass der Einfluss der Arbeitnehmer auf die Verfolgungder ideellen Ziele des Eigentümers beschränkt werdensoll. Hinsichtlich des Tendenzschutzes sagt Lilienthal:„Es ist nicht skandalös, wenn ein Eigentümer die Linievorgibt. Anders ist es, wenn er wirklich Nachrichtenunterdrücken würde. Da muss man sich den Einzelfallangucken“. Lilienthal verweist auf den konservativenKölner Verleger Alfred Neven DuMont, der „die Frank-furter Rundschau in ihrer linksliberalen Eigenart noch inRuhe lässt“. Lilienthal: „Die Leser würden das andersauch nicht verstehen. Wenn er es täte, müsste man esskandalisieren“. Im Bereich der Lokalzeitungen sei anzu-nehmen, dass eine Einflussnahme vorkomme, „etwadass ein Eigentümer vorgibt, dass man einen Unterneh-mer als guten Anzeigenkunden in Ruhe lässt. Aber daswird nicht so ruchbar“. Peter Ludes meint, dass es bei einigen Medien wohlimmer weniger Eigentümer gebe, die regional verhaftetseien und sich über einen längeren Zeitraum vor Ortverantwortlich zeigten. Diese Delokalisierung, Aufsplit-terung von Eigentumsverhältnissen führe mit der Viel-falt von Medienangeboten dazu, dass Verantwortlich-keiten immer schwerer zu erkennen seien.Marcel Schillling sagt: „Monopolistische Strukturensind nicht förderlich, da der Konkurrenzdruck nichtgegeben ist und damit ein mögliches Korrektiv durchKollegen, die einen Sachverhalt anders wahrnehmenoder die noch andere Überlegungen anstrengen, fehlt.Ich halte Konkurrenz für hilfreich und sinnvoll, weil sieanspornt und die Möglichkeit der Spiegelung meinereigenen Leistung gibt“.

Lösungsansätze

Redaktionsstatute einfordernDas bewährte Instrument des Redaktionsstatuts kanndie Unabhängigkeit der Redaktion gegenüber demEigentümer festschreiben.

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10 Faktor Public Relations und Werbung

„Politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche Verflech-tungen bis in die Medien hinein sind Gift für guten Jour-nalismus - aber andererseits auch der Acker, den guteJournalisten bearbeiten. Selbstgefälligkeit, Faulheit,Überheblichkeit der Journalisten behindern eine sehrgute Leistung.“ Hardy Prothmann

Problemaufriss

Public RelationsPublic Relations und Journalismus - je nach Perspektivesind sie Partner im Mediengeschäft - oder Gegner(Schnedler 2006). Schätzungen zufolge gehen bereits70 Prozent der Medieninhalte auf Anstöße von Drittenzurück, die daran interessiert sind, für ihre Organisatio-nen, Produkte, ihre politische Ideologie oder ihre poli-tisch-gesellschaftlichen Ziele zu werben (Lilienthal2009a). Redaktionen, die unter Zeitdruck stehen, sindanfällig für PR, insbesondere wenn diese professionellgemacht ist. Als besonders beeinflussbar gelten derAuto-, Freizeit- und Modejournalismus sowie derBereich der Gesundheitsberichterstattung (Lilienthal2009a). Fred Zimmermann von der Washington & LeeUniversität in den USA und dortiger Professor fürMedienethik, ein früherer Chefredakteur der Washing-ton Post, hat in diesem Zusammenhang bei PR-Publika-tionen, die als redaktionelle Beiträge gekennzeichnetsind oder waren, von „News Pollution“, also Nachrich-tenvermutzung, gesprochen (Zimmermann 2006).Der Medienwissenschaftler Michael Haller untersuchte2005 die Lokalteile, die Wirtschaftsteile sowie die Res-sorts Auto und Reise von sechs Regionalzeitungen. Erprüfte hierfür die Ausgaben des vierten Quartals derJahre 2000, 2002 und 2004 auf PR-basierte Beiträge(Haller 2005). Dabei handelte es sich um „Texte, die ausSicht der Zeitungsleser von der Redaktion verfasst sind,die jedoch ein Thema, ein Produkt, eine Marke oder eine

Dienstleistung einseitig positiv als Tatsache darstellenund keine diese positive Einschätzung überprüfendeRecherche erkennen lassen“. Im Ergebnis konnte dieUntersuchung einen Trend zu mehr PR bestätigen. Sonahm der Anteil der PR-beeinflussten Beiträge imredaktionellen Teil im Untersuchungszeitraum deutlichzu. Insgesamt blieb der Anteil der PR-basierten Artikelin allen Zeitungen unter 20 Prozent. Haller wies daraufhin, dass ein Zusammenhang mit der in den Redaktio-nen immer weniger werdenden Zeit für Recherchebestehen kann (vgl. Faktor Zeit).Haller unterscheidet drei Kriterien, die Artikel kenn-zeichnen, die vorwiegend auf Pressemitteilungen basie-ren:1 Der Text wurde vermutlich redaktionsextern initiiert

und wird den Zeitungslesern als redaktionell erstelltpräsentiert.

2 Ein Thema, eine Dienstleistung, ein Produkt, eineMarke oder ein Image werden einseitig positiv dar-gestellt – eine kritische Auseinandersetzung mit demThema erfolgt nicht.

3 Der Text lässt keine Recherche erkennen, mit derdiese positive Einschätzung überprüft wird – erwähntwird lediglich eine Recherche-Quelle.

Als Beispiel hierfür kann die Rezeptionsgeschichte derPressemitteilung des Schweizer Paul-Scherrer-Instituts(PSI) vom 31. Januar 2006 gelten, die die Entdeckungzweier neuer chemischer Elemente mit den Ordnungs-zahlen 113 und 115 verkündete. In den Tagen daraufgriffen unter anderem die Berliner Zeitung sowie dieFrankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) diese Pressemit-teilung auf. Die Berliner Zeitung titelte am 1.2.2006„Zwei superschwere Elemente entdeckt,“ die FAZ amTag darauf „Superschwere Kerne – Geburt der Elemente115 und 113“. Beide Artikel fassten lediglich die Presse-mitteilung zusammen. Eine Recherche hätte jedochschnell ergeben, dass die Entdeckung bereits zwei Jahre

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Graswurzelinitiativen im Lokalen fördernIn einem gefestigten Markt der Lokalzeitungen könnenInitiativen einzelner Journalisten in Regionen, in denenes nur eine Zeitung gibt, die über das lokale Geschehenberichten, punktuell für mehr publizistische Vielfalt sor-gen. Diese können mittelbar auch wieder zu einer bes-seren Berichterstattung in der Region führen. Als Bei-

spiele hierfür sind etwa das Heddesheimblog.de vonHardy Prothmann oder Hohenlohe-Ungefiltert.de vonRalf Garmatter und Axel Wiczorke anzuführen, diebewusst inhaltliche Lücken in der Berichterstattung derregionalen Monopolisten füllen wollen (Bunjes 2009,von Leesen 2009).

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zuvor von russischen und amerikanischen Forschernverkündet worden war. Erst das Blog Plazeboalarm.deund die Neue Zürcher Zeitung entdeckten ein möglichesMotiv für die Mitteilung des Paul-Scherrer-Instituts. Eswollte offensichtlich die Entdeckung für sich beanspru-chen, bevor die „International Union of Pure andApplied Chemistry“ über den offiziellen Entdecker ent-scheiden würde (Delius et al. o.J.).

Spin Doctoring

Ein besonderer Fall ist die „Initiative Soziale Marktwirt-schaft“ (INSM), die sich den Anstrich einer unabhän-gigen, nicht-kommerziellen zivilgesellschaftlichen Ini-tiative gibt. Dabei ist sie eine seit nunmehr zehn Jahrenlaufende Kampagne des Arbeitgeberverbands Gesamt-metall, die von der großen PR-Agentur Scholz & Friendsorchestriert wird. Das Ziel: Die Einstellung zur Wirt-schaft- und Sozialordnung verändern - im Sinne derArbeitgeber. Die Medienarbeit überschritt immer wiederberufsethische Grenzen - von Journalisten wie PR-Leu-ten gleichermaßen. Beispielsweise lancierte die INSMfür 60.000 Euro siebenmal Dialoge in der Seifenoper„Marienhof“ - und kassierte hierfür vom „Deutschen Ratfür Public Relations“ eine öffentliche Rüge wegenSchleichwerbung. Auch gab sie eine Studie zur Gesund-heitsreform in Auftrag, die von Leitmedien ohne denHinweis auf den Auftraggeber zitiert wurde. Vornehm-lich agiert sie jedoch über so genannte Botschafter undExperten, die in den Medien auftreten, ohne jedoch ihreVerbindung zur INSM offen zu legen (Kutz/Nehls 2007).In der ARD-Sendung „Monitor“ bewertet der Medien-wissenschaftler Siegfried Weischenberg die PR-Arbeitder INSM folgendermaßen: „Die Initiative Neue SozialeMarktwirtschaft ist höchst erfolgreich, weil es ihrgelungen ist, so einen neoliberalen Mainstream in denMedien durchzusetzen. Und das konnte auch leichtgelingen, weil die Medien kostengünstig produzierenmüssen. Sie sind sehr darauf angewiesen, dass ihnenzugeliefert wird, hier gibt’s eine Lobby, die sehr wohl-habend ist. Das ist natürlich eine sehr, sehr problemati-sche Geschichte, weil die Medien nicht das tun, was sietun sollen. Die Journalistinnen und Journalisten fallensozusagen aus der Rolle, weil sie nicht kritisch kontrol-lieren, weil sie die Interessen nicht transparent machen“.(Müller et al. 2005) Christian Nuernbergk kommt ineiner Studie zu dem Schluss, dass die Medienberichter-stattung die INSM-Perspektive weitgehend übernimmt,insbesondere wenn sie exklusive Medienkooperationenanbietet (Nuernbergk 2006). Beispielsweise enthielt die

Fachzeitschrift „medium Magazin“ im Winter 2004einen INSM-Prospekt, der von zwölf Nachwuchsjourna-listen befüllt wurde, alle Schüler einer Kölner Journa-listenschule. Darin sollen sich die so genannten „ReformReporter“ mit der ausführlichen Darstellung von neo-liberalen Positionen begnügt haben. (Kraschinski 2004).Im Editorial hieß es, dass „für diese jungen Kollegenberuflich nichts schief gehen“ könne.In diesem Zusammenhang ist auch die Debatte um hochbezahlte Nebentätigkeiten von Moderatoren und Jour-nalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu er-wähnen, die das NDR-Medienmagazin „Zapp“ mit einerReportage angefacht hatte. Es hatte über genehmigteNebenjobs von Journalisten und Moderatoren wie TomBuhrow („Tagesthemen“), Claus Kleber („heute-journal“)und Petra Gerster („heute“) berichtet. Diese hatten biszu 20.000 Euro für Gast-Vorträge bei Unternehmen undVerbänden verlangt und damit eine Diskussion um ihrejournalistische Glaubwürdigkeit ausgelöst. Gleichzeitigwurde die Diskussion auch als „Neiddebatte“ betrachtet.Dennoch wurde anschließend von ARD und ZDF eineVerschärfung der internen Regeln diskutiert (u.a. Tages-spiegel 2009). Beschlossen wurde aber lediglich, diebestehenden Regeln auch anzuwenden und strenger zuprüfen (Auskunft der Pressestellen von ARD und ZDF am27.10.09). In letzter Zeit wurden einige Fälle von Unternehmenbekannt, die ebenfalls „schwarze PR“ betreiben. DieDeutsche Bahn AG etwa ließ es sich 1,3 Millionen Eurokosten, die öffentliche Meinung zu den Themen Bahn-Privatisierung und GDL-Streik zu beeinflussen, ohnedass der Öffentlichkeit bekannt gewesen wäre, wer hin-ter den Aktivitäten stand. Diese so genannten No-Badge-Aktivitäten beziehen sich auf Maßnahmen wieMeinungsumfragen, Leserbriefe, Beiträge in Online-Foren, vorproduzierte Medienbeiträge und Blog-Beiträ-ge, bei denen Urheber oder Auftraggeber nicht erkenn-bar sind (Müller/Klein 2009:1). Beispielsweise wurdenwährend des Streits mit der Lokführergewerkschaft GDLvon einer Agentur Meinungsumfragen durchgeführt, diejedoch einen direkten Auftrag durch die Deutsche Bahnbestritt. Laut Umfrage fand die Mehrheit der Befragtendie Forderungen der Gewerkschafter überzogen. InFolge tauchten Kommentare in Online-Foren von füh-renden Medien auf, die sich auf die Umfrage bezogen.Die Umfrage fand aber auch in den Medien breite Reso-nanz: Nachrichtenagenturen wie dpa, ddp und AP, On-line-Medien wie „Spiegel Online“ sowie Tageszeitungenwie „Die Welt“, die „Berliner Morgenpost“ und die„Frankfurter Rundschau“ griffen die Ergebnisse unkri-tisch auf, wie eine Untersuchung der Nicht-Regierungs-

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organisation „Lobby Control“ feststellen konnte (Mül-ler/Klein 2009). Auch gelang es einem Bahn-Lobbyistenmit Gastkommentaren in der „Financial Times Deutsch-land“, „Capital“ und „Tagesspiegel“ unterzukommen,ohne dass den Redaktionen sein Hintergrund bekanntwar. Die Reaktion der Deutschen Bahn auf die Enthül-lungen von Lobby Control bestand darin, den für Kom-munikation und Marketing Verantwortlichen zu entlas-sen. Auch die Politik betreibt „Public Relations“ - und dieAbhängigkeit ist gegenseitig, stellte Sigrid Baringhorstfest: „Liefern die Journalisten den Politikern Arenen derSelbstdarstellung und Legitimationsbeschaffung, soversorgen Politiker die Journalisten mit den Rohstoffenjedes Massenmediums: aktuelle Informationen und mit-teilenswerte Ereignisse, Aufmerksamkeit erzeugendeBilder von Kriegen und Katastrophen, Staatsbesuchenund nationalen Erinnerungsritualen“ (Baringhorst 1997).Politische Akteure versuchen jedoch der Presse als„Vierter Gewalt“ im Staat etwas Macht abzutrotzen,indem sie Öffentlichkeitsabteilungen einrichten, dienicht nur auf Journalistenanfragen reagieren, die alsoeiner gesetzlich vorgeschriebenen Informationspflichtnachkommen, sondern die quasi proaktiv eigene Dar-stellungen mediengerecht vorbereiten. Sie beauftragenPR-Experten und -Agenturen damit, Kampagnen zuentwerfen, die ihr politisches Handeln kommunizieren -und rechtfertigen sollen. „Wesentlich ist allein die stra-tegische Nutzung des öffentlichen Wirkungsraumes“,sagt Baringhorst. Dabei werden auch hier zunehmendethische Grenzen überschritten. In den letzten Jahrenwurden mehrere Fälle bekannt, in denen Bundes-ministerien Radiobeiträge und Zeitungsartikel produ-zieren ließen, die Redaktionen zur kostenlosen Über-nahme angeboten wurden. Die Frage der „Authentizität“ und des Wirklichkeitsbe-zugs politischer Berichterstattung stellt sich zudemangesichts einer zunehmenden „Theatralisierung politi-scher Kommunikation“ (Schicha 2003, Schicha 2007,Kurbjuweit 2009). Christian Schicha stellt hierzu fest:„Es ist bislang ungeklärt, ob mediale Politikinszenierun-gen in Wahlkämpfen politische Anschlussdiskurse durcheine angemessene Reduktion von Komplexität bei denRezipienten befördern, oder ob sie verhindern, dass dastatsächliche politische Handeln von den Rezipienten sowahrgenommen werden kann, wie es die Rationalitäts-anforderungen eines deliberativen Demokratiever-ständnisses nahelegen. Es darf jedoch vermutet werden,dass die moderne Form politischer Wahlkampfwerbung,die gerne mit dem Schlagwort „Amerikanisierung“beschrieben wird, nicht dazu beiträgt, das argumenta-

tive Niveau politischer Diskurse zu verbessern“. Die hier-mit verbundene Personalisierung beruhe darauf, dass„dominant visuell ausgerichtete elektronische Massen-medien auch für die Vermittlung politischer Inhalte Per-sonen benötigen, die diese Inhalte vermitteln und ver-körpern“. Schicha stellt aber fest, dass tragfähige empi-rische Studien, „die den Visualisierungsgrad in Bezugzum Informationsgehalt des Berichteten setzen undauch die Frage der Angemessenheit der Berichterstat-tung zulassen, fehlen“.Politmarketing und Kampagnenmanagement ist aller-dings längst nicht mehr nur ein Merkmal etablierterPolitik. Zivilgesellschaftliche Organisationen aus denBereichen der Netzpolitik des Umweltschutzes, der Ent-wicklungspolitik, des Antirassismus oder der Wohlfahrtversuchen ebenfalls das öffentliche Meinungsklima zubeeinflussen. Hierfür nutzen sie nicht nur traditionellePR-Mittel, sondern auch neue Kommunikationsstrate-gien im Internet (Schulzki-Haddouti/Lorenz-Meyer2008).

Werbung

Die aktuelle Studie „Wandel bei aktuellen Massenme-dien: Journalismus in veränderten Medienkontexten“(Kutscha et al. 2009) stellt fest, dass unter dem gegen-wärtigen wirtschaftlichen Druck journalistische Inhaltezunehmend als Umfeld für Werbekunden betrachtetwerden: „Die Werbeindustrie braucht ein spannendesUmfeld, indem sie ihre Werbung für Zuschauer gezieltschalten kann“, zitiert sie den Redakteur eines Privat-fernsehsenders. Die Autoren sind der Ansicht, dass folg-lich Inhalte für Werbekunden geschaffen werden. DerLeser, Zuschauer oder Hörer sei primär als Konsumentinteressant. Fast die Hälfte der befragten Journalistenglaubt denn auch, dass es wichtiger werde, Werbe-kunden ein passendes redaktionelles Umfeld zu liefern.91 Prozent meinen, einen Trend hin zu weniger pointierten Politikberichterstattung, die Werbekundenwenig attraktiv finden könnten, hin zu mehr Unterhal-tung feststellen zu können. Politische Themen verkauf-ten sich „oft schlechter“. Die Grenzen zwischen Redaktion und Anzeigen verwi-schen dabei zunehmend. Auch der „Spiegel“ schrecktvor „Experimenten“ wie einer nicht gekennzeichnetenToyota-Anzeige in Anmutung einer „Hausmitteilung“nicht zurück, die in der Branche eher wie Kavaliersdelik-te bewertet werden (Weichert/Kramp 2009d). Gleich-wohl räumte die Chefredaktion zwischenzeitlich ein,hier einen „Fehler“ gemacht zu haben. Der Presserat

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rügte 2007 die „Bild“-Zeitung dafür, dass sie für ALDI-Reisen geworben hatte. Eine Rüge, die von Bild mit demVerweis darauf „scharf“ zurückgewiesen wurde, dassdas Trennungsgebot zwischen redaktionellem Text undWerbung nicht verletzt sei, wenn über neue Produkte,Dienstleistungen und Angebote berichtet werde unddamit ein werblicher Nebeneffekt einhergehe (AxelSpringer 2009).Neben unzureichend gekennzeichneter Werbung sind esKooperationen zwischen Redaktion, Industrie und Orga-nisationen, die als grenzwertig empfunden werden. Sosorgte etwa jüngst ein von der Brigitte-Redaktion pro-duziertes und von Ikea finanziertes 28-seitiges Sonder-heft zum 30-jährigen Jubiläum des Ikea-Regals Billy fürIrritationen. Es lag nicht nur der Brigitte bei, sondernauch anderen Gruner+Jahr-Zeitschriften wie dem„Stern“, „Gala“ und „Geo“ (New Business 2009). Eben-falls für interne Diskussionen sorgte eine 50.000-Euro-Kooperation der „tageszeitung“ mit der FrankfurterBuchmesse. Die „taz“ hatte sich verpflichtet, täglich aufeiner speziellen Website Beiträge über das GastlandChina zu veröffentlichen. Das wurde von einigen Redak-teuren in einer internen Diskussion als rufschädigendfür die taz, weil schönfärberisch für China empfunden(Serrao 2009).Es werden aber auch immer wieder Fälle bekannt, indenen Unternehmen versuchen, eine ihnen ungünstigerscheinende Berichterstattung durch Anzeigenboy-kotte zu verhindern. 33 Prozent von im Jahr 2004befragten 260 deutschen Tageszeitungsredakteurenhatten mindestens ein- bis zweimal erlebt, dass einewichtige Nachricht gegen ihren Willen zurückgehaltenwurde. 23 Prozent glaubten, dies sei aus Rücksicht aufAnzeigenkunden geschehen. Vor allem Regional- undLokalzeitungen, die von ortsansässigen Inserenten wieAldi, Lidl oder Media-Markt abhängig sind, sollenbetroffen sein (Noé/Schwarzer 2007.) Weitere bekannt gewordene Fälle sind etwa: • Die Deutsche Bahn AG reagierte in den letzten Jahren

mehrfach mit Anzeigenboykotten auf kritische Ar-tikel. Sie verzichtete lange Zeit auf Anzeigen in„Capital“ und „manager magazin“, da diese kritischeBahn-Analysen veröffentlicht hatten (Karle 2006,Klein/Müller 2009, Noé/Schwarzer 2007).

• 2007 buchte die Ruhrkohle-AG, heute Evonik, für eineKampagne in der WAZ 5 Anzeigenseiten, beim Kon-kurrenten „Rheinische Post“ wurden aber 15 Seitengebucht. Die WAZ hatte zuvor kritisch über Unter-nehmenschef Werner Müller berichtet (Schmitz2007, PR Report 2007).

• 2005 kündigten die „Badischen Neuesten Nachrich-

ten“ einer Redakteurin, die über schlechte Arbeits-bedingungen bei Lidl berichtet hatte. Laut Betriebsrathatte Lidl Druck auf das Blatt ausgeübt - die Kün-digung musste zurückgenommen werden (Noé/Schwarzer 2007, Schmitz 2007).

• 2005 verzichtet der Konzern Ratiopharm auf Wer-bung im „Stern“, da dieser darüber berichtet hatte,dass Firmenvertreter Ärzte mit Geschenken bedachthatten (Noé/Schwarzer 2007).

• 2004 stornierte der Discounter Aldi-Süd Anzeigen-aufträge für die „Süddeutsche Zeitung“. Die SZ hatteüber „schikanöse Arbeitsbedingungen“ und „massiveWahlbehinderungen“ bei der Gründung von Aldi-Betriebsräten berichtet. Der Schaden für die SZ sollsich auf etwa 1,5 Mio. Euro belaufen haben. Aldi hatte seine Entscheidung mit einem „geänder-ten Werbekonzept“ begründet (Lebensmittel-Zeitung2004).

• 2001 strafte die Lufthansa die SZ wegen einem Ar-tikel über den damaligen Pilotenstreik ab: 10.000 SZ-Exemplare wurden aus dem Sortiment der Bord-exemplare entfernt (Schmitz 2007).

Product Placement

Die neue EU-Mediendienste-Richtlinie erlaubt diebezahlte Platzierung von Produkten („Product Place-ment“) in Sendungen unter bestimmten Bedingungen.Umgesetzt wird die Richtlinie demnächst über den 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag. So sollen Infor-mationssendungen ebenso wie Ratgebersendungenausgenommen werden. Doch wo sind die Grenzen zur„leichten Unterhaltung“, innerhalb derer Produktegegen Bezahlung vor- und ausgestellt werden dürfen?Zudem soll generell eine unbezahlte Produkt-Beistel-lung erlaubt sein. Dies kann jedoch zu Wirklichkeitsver-zerrungen führen, wenn Testberichte vornehmlich dieGeräte von Herstellern testen, die ihnen unentgeltlichzur Verfügung gestellt werden und andere, durchausmarktrelevante Geräte mangels Budget nicht. Alsgrundlegende Qualitätsanforderung sieht Volker Lilient-hal jedoch folgende: „Informationen zu Gesundheit,Finanzen, Recht, aber auch zu schlichten Themen wieFreizeit und Heimwerken müssen von Journalistengeprüft sein und dürfen nicht von Zuwendungen derjeweiligen Industrie abhängen“.

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

Interviews

Thomas Pleil, Professor für den PR-Schwerpunkt im Stu-diengang Online-Journalismus an der HochschuleDarmstadt, sieht nicht die Public-Relations-Aktivitätenvon Unternehmen, Organisationen und Behörden alsGrund für den zunehmenden Einfluss von PR in denMedien. Er findet, dass die Verantwortung bei den Jour-nalisten selbst liegt: „PR ist nicht daran schuld, wennsich Journalisten immer weniger Zeit für Recherchenehmen“. Pleil stellt zudem fest, dass „Journalismusauch nicht mehr im Mittelpunkt der PR-Strategiensteht. Social Media spielt eine zunehmend wichtigeRolle“. Mit so genannter „schwarzer PR“, also PR, dienicht offen und transparent ist und damit berufs-ethische Grundsätze verletzt, riskierten die entspre-chenden Unternehmen, Organisationen und Behördeneinen „Reputationsverlust“. Die Wahrscheinlichkeiteines Reputationsverlusts sei in den letzten Jahrengestiegen - „nicht aufgrund des Journalismus, sondernaufgrund von Social Media“. Dies gelte jedoch nicht füralle Themen, wie etwa die Weltwirtschaftskrise zeige,die „einen langen Atem und sehr viel Fachwissen“ brau-che. Pleil: „Schnelle Ergebnisse können hier nicht pro-duziert werden. Journalismus hat insofern eine sehrwichtige Aufgabe, Themen in ihrer Breite kontinuierlichund tiefgreifend zu beleuchten. Der Bürgerjournalismuskann den Journalismus punktuell ergänzen. Man kannaber nicht davon ausgehen, dass er in allen Themen indie Bresche springen könne. Es wäre ein fataler Irrtum,das anzunehmen“. Ulrike Maercks-Franzen glaubt aufgrund ihrer Erfah-rungen beim Presserat, „dass die Begehrlichkeitengrößer geworden sind“: „Mit der zunehmend schwieri-ger werdenden finanziellen Lage und dem damit einhergehenden Anzeigenschwund kämpfen die Anzeigen-leitungen um eine möglichst große Rücksichtnahme auf Anzeigenkunden“. Die Berichterstattung finde „mehrprodukt- und markenbezogen“ statt. Für Volker Lilien-thal ist klar: „Ja, es gibt eine Tendenz zu mehr Einfluss-nahme“. Auch Annette Bolz denkt, dass es „mehr Ein-flussnahme“ gibt: „Die Verlage knicken häufiger ein,weil sie – auch im Zuge der Finanzkrise - unter gefühl-tem oder tatsächlichen Geldmangel leiden. Und ich ver-mute, dass das auch mit einer veränderten personellenBesetzung im Verlagsmanagement zu tun hat. So findensich gerade bei großen Verlagen immer weniger Journa-listen im Management, sondern zunehmend Betriebs-wirte. Denen ist es oft egal, ob sie Würstchen, Schrau-ben oder Informationen verkaufen. Und solchen Würst-chenverkäufern ist auch die journalistische Ethik egal“.

Peter Ludes, Professor für Massenkommunikation an derJacobs University Bremen, ist keine Studie bekannt, dieeine veränderte Einflussnahme von Anzeigenkundenoder Sponsoringpartnern auf redaktionelle Inhalte zei-gen würde. Gleichwohl sieht er einen „sehr scharfenWettbewerb zwischen PR-Unternehmen und Journalis-mus „. Ludes zieht eine klare Linie zwischen Journalis-mus und PR: „Wenn der Journalismus nicht unabhängigist, ist er kein Journalismus“. Dabei verweist er auf dieDiskussion, die sich mit der Frage beschäftigte, ob es indiesem Sinne Journalismus in der DDR gab. Ludes machtdarauf aufmerksam, dass es nicht nur direkte Versucheder Einflussnahme, sondern dass es auch andereUmstände geben kann, die eine unabhängige Recherchedauerhaft be- oder gar verhindern können: „Es gibt The-menbereiche, über die relativ wenig selbständig berich-tet wird, weil man kaum Zeit und Geld hat, um darüberzu berichten. Dazu gehören etwa militärische oder gen-technologische Entwicklungen. Hier haben Journalistenkaum Möglichkeiten, das Thema selbständig zu unter-suchen, sondern sind darauf angewiesen, was die Orga-nisationen darüber vermittelt“. Schädlich für guten Journalismus hält SWR-RedakteurMarcel Schilling „das bewusste Vorenthalten von Infor-mationen, dass Lobbyisten versuchen, einen aufbestimmte Schienen zu setzen und nur bestimmteInformationen herausgeben“. Gleichwohl schade ande-rerseits aber auch die „mangelnde Kooperation vonPressestellen“. Der freie Journalist und Blogger HardyProthmann glaubt, dass „politische, wirtschaftliche,gesellschaftliche Verflechtungen bis in die Medien hinein Gift für guten Journalismus sind - aber anderer-seits auch der Acker, den gute Journalisten bearbeiten.Selbstgefälligkeit, Faulheit, Überheblichkeit der Journa-listen behindern eine sehr gute Leistung“. Er stellt aberauch eine „immer professionellere Lobbyarbeit auf allenEbenen“ fest, die durch viel Geld mehr leisten könne alsein journalistisches System, das über immer wenigerGeld verfüge. Prothmann: „Es geht ums Geld - hier herr-scht auch nicht im Ansatz Waffengleichheit“. Er erkenntauch eine systematische Vernachlässigung von Nach-richten und Themen: durch eine „fehlende Orientierungan den Themen, die die Menschen bewegen und inihrem Leben eine wichtige Rolle spielen“. Diese würden„häufig vernachlässigt im Gegensatz zu den Bedürfnis-sen von Werbekunden, Lobbyisten oder der eigenen Kar-riere“. Die freie Journalistin Annette Bolz hält „Dummheit“ füreinen qualitätsmindernden Faktor und verbindet damitden Fall, „wenn Journalisten PR-Quellen aufsitzen, diemit ein bisschen Denk- und Recherchearbeit als solche

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zu identifizieren gewesen wären“. Als weiteren Faktornennt sie „Feigheit des Managements“: „Zu viele Chef-redakteure glauben, den Wünschen von Anzeigenkun-den nachkommen zu müssen, aus Angst, sonst gehe esmit ihrem Blatt ökonomisch bergab. Tatsächlich setzensie damit aber die Glaubwürdigkeit ihres Mediums aufsSpiel. In the long run wird genau diese mangelndeGlaubwürdigkeit solchen Medienprodukten den Garausbereiten“. Annette Bolz selbst hat sich als Redakteurin und Text-chefin geweigert, auf die Wünsche von Anzeigenkundeneinzugehen: „Ich habe als Textchefin bei stern.de dieEinflussnahme eines Pharmakunden geblockt, zusam-men mit der Redaktionsleitung haben wir es auf einenStreit ankommen lassen. Wir haben einen Gesundheits-ratsgeber gemacht, in dem wahrheitsgemäß stand, dassSalben gegen Gelenkschmerzen nicht helfen, weil derWirkstoff nicht tief genug ins Gewebe eindringt. DerWerbebanner um diesen Ratgeber herum hat abergenau das behauptet: Die Creme wirke prima beiGelenkschmerzen. Die Pharmafirma war natürlich sauer,sie wollte, dass diese Stelle im Ratgeber umgeschriebenwird. Aber wir sind hart geblieben“. Domenika Ahlrichs, Chefredakteurin der Netzeitung,kennt ebenfalls die Versuche, über Anzeigen oderKooperationen Einfluss auf redaktionelle Inhalte zunehmen. Sie wehrt diese mit einer „klaren Ansage“ ab,„dass wir Anzeigen als solche klar kennzeichnen“. BeiThemen-Specials, die von einem Sponsor unterstütztwurden, achtete sie darauf, dass das Thema sehr breitangelegt ist. So etwa beim Thema „Globalisierung“, dasvon der Deutschen Post finanziell unterstützt wurde. Ineiner Ecke wurde das Postlogo angezeigt, doch dieRedaktion nahm inhaltlich keine Rücksicht: „Wir konn-ten jeden Artikel zur Arbeitsplatzverlagerung einstellenund haben durch klare Ansagen die Distanz gewahrt“.Der stellvertretende AP-Chefredakteur Peter Zschunkeverweist auf die „exklusiven“ Angebote: „Bei Informa-tionen aus der zweiten oder dritten Reihe kriege ich dasAngebot, dass ich was exklusiv kriege. Das ist ein zarterVersuch von Sponsoring. Da sage ich immer, dass Exklu-sivität keine Relevanz hat“. Fernsehredakteur Marcel Schilling sagt, man müsseüberlegen, „wie und wie oft man einen Sponsorerwähnt. Wenn man es machen muss, reicht es einmal“.Es gebe außerdem Versuche von Sponsoren ins Bild zukommen, etwa wenn Hintergründe reingerückt werden:„Hier muss man vor Ort aufpassen und Grenzen setzen.Interviews darf man nicht vor Sponsorenwändenführen. Wenn der Interviewpartner offizieller Vertreterder Firma ist, ist das was anderes. Joachim Löw vor

einem Firmen-Schild zu interviewen, finde ich aber pro-blematisch, wenn er für diese Firma Werbung macht.Das geht nicht. Wenn es eine Veranstaltung des Spon-sors ist, kann ich die Räumlichkeiten bei einer Presse-konferenz nicht ändern. Aber ich habe Möglichkeitendas aufdringlich oder weniger aufdringlich zu machen.Da kommt es auf die Sensibilität des Redakteurs und desKameramanns an, das zu erkennen. Die Sensibilität hier-für nimmt zu, da wir diese Versuche wahrnehmen undunsere Erfahrungen sammeln“. Marcel Schilling sieht die Debatte um die gut dotiertenNebentätigkeit von Journalisten des öffentlich-recht-lichen Rundfunks differenziert: „Ich glaube, dass be-stimmte Leute ihren Namen wert sind. Auch hier mussklar sein, dass man sich nicht durch den Auftraggebereinschränkt; dass ein Journalist bestimmte Fragen nichtmehr stellt, weil er für eine bestimmte Firma etwasgetan hat. Er darf seine Unabhängigkeit nicht aufgeben.Er ist auch ein Repräsentant für das Medium, das kannauch ein Mehrwert für das Mediums ein, wenn jemandauftritt. Die Alternative wäre, dass das sonst einer vonden privaten Sendern machen würde. Peter Klöppel vonRTL würde dann für den gesamten Fernsehjournalismusstehen. Ein Verbot ist daher für die Öffentlich-Recht-lichen keine Alternative. Ein Festangestellter muss dasaber mit seinem Arbeitgeber abstimmen. Bei Freiensieht das ganz anders aus“. Hardy Prothmann hat als bloggender Journalist, bislangkeinen Versuch einer direkten Beeinflussung durch Wer-bekunden feststellen können, dafür aber einen Boykott-Aufruf durch „lokale einflussreiche Persönlichkeiten“erlebt: „Potenziellen Anzeigenkunden wurde deutlichgemacht, dass Anzeigen auf meiner Site Nachteile fürdiese Unternehmen mit sich bringen könnten“. Das Ver-hältnis zu seinen Anzeigenkunden beschreibt er folgen-dermaßen: „Da Werbekunden die journalistische Arbeitfinanzieren, ist es selbstverständlich, dass man Wün-sche von Werbekunden zumindest hört. Das heißt nochlange nicht, dass man diesen Wünschen nachkommt,vor allem nicht, wenn redaktionell in unzulässiger WeiseEinfluss zu nehmen versucht wird. Eine Verknüpfung von Werbung und Redaktion ist fürmich nicht vorstellbar - das bedeutet den inhaltlichenTod des Journalismus und ist die Geburtsstunde für PR.Meiner Meinung nach darf es keine unmittelbare Bezie-hung zwischen Berichterstattung und Werbung geben.Sollte ein bei uns werbendes Unternehmen beispiels-weise journalistisch kritisch betrachtet werden müssen,wird dies auch stattfinden. Auch wenn der Kunde dieWerbung dann storniert“. Von Autoren angebotene Geschichten, die ihr PR-lastig

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zu sein schienen, hat Annette Bolz, wenn sie in verant-wortlicher Position war, zurückgehen lassen. Dennochunterstützt sie kein generelles Verbot von Public-Rela-tions-Tätigkeiten für Freie: „In schwierigen Zeiten sindFreie manchmal gezwungen, PR-Aufträge anzunehmen,wenn sie nicht putzen gehen wollen. Dann sollten Freiedas klar allen Redaktionen sagen, für die sie arbeiten.Ich habe zum Beispiel mal für ein großes Pharma-Unternehmen Texte für die interne Kommunikationgeschrieben. Diese PR-Tätigkeit habe ich den Redaktio-nen, für die ich damals gearbeitet habe, auch mitgeteilt.Und ich habe in diesem Zeitraum keine Texte angebo-ten, die irgendetwas mit dem Thema Pharma zu tunhatten. Aufträge zu diesem Thema habe ich auch keineangenommen. Generell sollten Journalistinnen undJournalisten PR-Tätigkeiten ganz transparent machenund nicht nur auf ihrer Website verschämt darauf hin-weisen. Denn eine Website guckt sich im Normalfallkein Redakteur an“.Dass Journalisten auch PR machen, hält der freie Jour-nalist Matthias Spielkamp vor dem Hintergrund derschlechten Honorarlage (vgl. Faktor Ressourcen) fürnachvollziehbar, auch wenn er selbst aus Überzeugungkeine PR macht. Er meint jedoch, „dass Publikationenwie die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemei-ne Zeitung, die Welt oder die taz ihre Produkte vongroßen und kleinen Unternehmen subventionieren las-sen“. Diese sorgten nämlich mit ihren PR-Aufträgendafür, dass freie Journalisten überhaupt Journalismusmachen können. Spielkamp: „Die Freien müssen sichnach diesen Marktbedingungen ihr Geschäftsmodellausrichten. Diese Erkenntnis ist nicht angekommen oderwird ignoriert. Das ist für den Journalismus als Systemproblematisch“. Auch Hardy Prothmann glaubt, dass diewirtschaftliche Situation sehr vieler Journalisten eineTrennung zwischen journalistischer und PR-Arbeitheute kaum noch zulässt: „Das ist bedauerlich. Die Tren-nung ist sicherlich möglich durch transparentes Auf-treten, fordert aber eindeutig Charakterstärke. Ichkenne keinen Journalisten, der, wenn er von seiner jour-nalistischen Arbeit leben kann, auch nur eine Sekundeüber einen PR-Auftrag nachdenkt“. Die freien Journalisten, die für AP schreiben, dürfen alsNebentätigkeit auch PR machen. Peter Zschunke: „Esgibt hier keine feste Vorgaben“. Angestellte Redakteure

von AP müssen solche Tätigkeiten der Chefredaktionmitteilen, damit darüber „einvernehmlich“ bestimmtwerden kann. Peter Zschunke kennt jedoch niemand inder Redaktion, der regelmäßig PR macht. DomenikaAhlrichs hält es für „unproblematisch“, wenn der eineoder andere Autor mit PR Geld verdient, wenn die Auto-ren ihre PR-Tätigkeit von ihren Themen trennen. Ahl-richs überprüft dies nicht, sondern „vertraut darauf,dass sie das machen“. Professor Volker Lilienthal sagt: „Ein Journalist machtkeine PR“. Gleichwohl habe er Verständnis für Einzel-fälle - etwa für freie Journalisten, die ohne PR nichtüberleben können. Lilienthal: „Aber ich glaube nicht,dass das jeder mit seinem Gewissen ausmachen kann.Eine PR-Nebentätigkeit ist meiner Ansicht nach nur alsBerufsanfänger vertretbar, als Mischfinanzierung, abernicht als Dauerlösung. Ich halte nichts von reifen Jour-nalisten, die mich mit PR versorgen“. Gleichwohl siehter „die PR-Leute durchaus als Partner der Journalisten,nicht als Feinde. Wir brauchen Pressemitteilungen, dieRohstoff für unsere Berichte sein können. Man musssauch Qualitätsunterschiede bei den Pressessprechernsehen. Wenn einer mir nicht sofort eine Information lie-fert, mir aber verspricht, im Unternehmen nachzure-cherchieren, bin ich zufrieden. Aber wir Journalistenhaben die Freiheit, diese Informationen zu verwendenoder nicht“. Professor Peter Ludes hat ebenfalls „volles Verständnisdafür, dass Menschen in bestimmten Lebensbereichenbeides machen.“ Er verweist darauf, dass sich damitaber auch ihre Perspektive ändere: „Kein Mensch kannbeide Bereiche in seiner Brust vollständig getrennt halten. Es führt unweigerlich zu Vermischungen undImporten von der einen zur anderen Seite. Kameraleute,die lange Zeit Werbefilme gemacht haben, haben einanderes ästhetisches Verständnis. Sportjournalistenstellen politische Zusammenhänge anders dar als Poli-tikjournalisten - mit der Gefahr, dass ihre Berichte ander Sache vorbeigehen“. Als Beobachter müsse mandaher darauf drängen, dass Journalismus und PRgetrennt bleiben. Anderenfalls begebe sich die Gesell-schaft in die Gefahr, kaum noch zwischen interessen-gesteuerten Informationen und sachlich neutralen Dar-stellungen unterscheiden zu können.

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Lösungsansätze

Einheitliche berufsethische Grundsätze anstrebenDie berufständischen und sonstigen journalistischenInteressenvertretungen sind bis heute nicht zu einereinheitlichen Linie in der Definition ethischer Grund-sätze gelangt. Sie reichen von zölibatähnlicher Enthalt-samkeit von PR bei Ausübung von Journalismus beim„Netzwerk Recherche“ und umgekehrt bis hin zurAkzeptanz koexistierender Tätigkeiten unter Einhaltungdefinierter Grundregeln beim deutschen Presserat. DasProblem ist erkannt - allein, es fehlt an einer griffigenLösung.

Unbewusste Vermischung von Journalismus und PRvermeidenDas Kernproblem ist die bewusste oder unbewusste Ver-mischung von PR-Inhalten mit redaktioneller Berichter-stattung und Kommentierung. Dies betrifft als Rollendie freien Journalisten bei der Erwirtschaftung ihresEinkommens durch ihre Haupteinnahmequellen und diefest angestellten Redakteure mit Nebeneinkünften, seies direkt als in der PR-Tätige oder aufgrund eines ande-ren Auftrags. Für den Lösungsansatz sind zunächst dieGefahren unbewusster Vermischung journalistischermit Öffentlichkeitsarbeit von den Gefahren durchbewusste Vermischung zu trennen.Bei Gefahr durch unbewusste Vermischung von journa-listischen und PR-Inhalten ist das notwendige Erwerbs-potenzial zu beachten. Fest angestellte Journalisten undFreie mit einem mindestens branchenüblichen Durch-schnittseinkommen sollten hier Angebote aus derÖffentlichkeitsarbeit oder dem PR-nahen Umfeld striktmeiden und dem Duktus vom „Netzwerk Recherche“nachgehen. Entsprechendes gilt umgekehrt für Öffent-lichkeitsarbeiter in Richtung journalistischer Aufträgeund Angebote. Auf der journalistischen Seite würde diesinsbesondere auch fast vollständig für feste Freie beiRundfunk und Fernsehen gelten. Eine Transparenzregel,z.B. öffentliche Anzeigepflicht, bietet eine wirksameflankierende Maßnahme. Die Fraglichkeit von Presse-rabatten und Pressereisen müsste in diesem Zusam-menhang eine eigenständige Analyse erhalten. FreieJournalisten, die auf Zusatzeinkünfte aus existenziellenUrsachen nicht verzichten können, sollten - realitätsnah- die koexistierende Ausübung ihrer Tätigkeiten in bei-den Aufgabengebieten gestattet sein, sofern sie dieKundengruppen sachlich und auch in angemessenerzeitlicher Hinsicht sauber und nachvollziehbar trennen.

Zeitdruck mindernHinsichtlich der unbewussten oder indirekten Vermi-schung von journalistischen und PR-Inhalten dürfteauch eine bessere personelle Ausstattung von Redaktio-nen bzw. eine deutliche Minderung des Zeitdrucks durchorganisatorische Maßnahmen zu einer Verbesserungführen. Die vorgestellten Studien aber auch die Aus-sagen der Interviewpartner haben deutlich gezeigt, dassder Faktor Zeit wesentlich ist für die Qualität derRecherche.

Transparenz und SanktionenBei Gefahr durch bewusste Vermischung von journa-listischen und PR-Inhalten laufen ethische Forderungenins Leere. An dieser Stelle können nur wieder andereJournalisten oder kritische Publizisten (z.B. Blogger)investigativ einschreiten und solches Fehlverhaltendurch Publikationen öffentlich machen. Oder es gibtsanktionsfähige Gremien, die die Pflege von Lobbyisten-registern, die Zwangseintragungen und die Veröffent-lichung, z.B. im Internet, sicher stellen. Ob hier zusätz-lich die Offenlegung von Geschäftsbeziehungen durchdie Auftraggeber eine realistische und umsetzbare For-derung ist, darf eher bezweifelt werden. Ein besonders Problem der Vermischung von PR- undjournalistisch relevanten Informationen ist die indirekteBeeinflussung von Journalisten durch Peers, Expertenund Informanten. Politiker stellen hier eine der größtenGruppen. Journalisten, die auf diese Art von Quellenangewiesen sind, haben häufig keine Instrumente, umeine für die Öffentlichkeit wichtige Nachricht von ein-gestreuten PR-Informationen zu trennen. Politiker sol-len gewisse Karenzzeiten einhalten, um ihre politischeTätigkeit nicht direkt mit Lobbytätigkeiten zu verknüp-fen.

AusbildungDie Ausbildung angehender Journalisten sollte dieGrenzen zwischen Journalismus und PR vermitteln,indem sie Einblick in beide Bereiche und nicht nur in denBereich des Journalismus gewährt. Wer den Unterschiednicht begriffen hat, ist auch nicht in der Lage zu hinter-fragen. Ein reines „Training on the Job“ genügt nicht,Reflexion ist nötig. Wichtig ist aber auch, dass dieRecherche als journalistische Kernkompetenz syste-matischer gelehrt werden sollte. Letztlich sollte in der Ausbildung jedoch ein besseres Verständnis der gesell-schaftlichen Aufgabe des Journalismus vermittelt wer-den (s. hierzu auch „Faktor Bildung“).

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11 Faktor Digitalisierung

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„Online-Journalismus ist in vielen Fällen immer noch einJournalismus, der nicht mit den gleichen Ressourcen und Mitteln gemacht wird wie der Print-Journalismus“.

Matthias Spielkamp

Problemaufriss

Im journalistischen Alltag spielt das Internet längst einewichtige Rolle: Die Freien-Umfrage des DJV (DJV 2009a)hat gezeigt, dass Online-Techniken, die inzwischen dieArbeitsbedingungen und -zeiten bestimmen, „voll beiden freien Journalisten angekommen“ sind. Während1998 nur ein Viertel der Befragten angab, Online-Tech-niken wie e-Mail intensiv zu nutzen, waren es zehnJahre später 87 Prozent. Medienhäuser arbeiten zuneh-mend crossmedial, das heißt sie vermarkten Inhaltezunehmend auf mehreren Plattformen (Meier 2006).Texte und Bilder können sowohl online, als auch ingedruckter Form in verschiedenen Formaten erscheinen,Fernseh- und Radiobeiträge einmal gesendet, aber auchals Vod- und Podcast im Internet zur Verfügung gestelltwerden. Daher werden hybride CMS-Systeme immerwichtiger, die mehrere Veröffentlichungsplattformengleichzeitig unterstützen können.

Es gibt mehrere Entwicklungen, die für guten Journalis-mus relevant sind:

Sinkende BeteiligungsbarrierenNicht nur Profis, auch Amateure können im InternetInhalte produzieren und veröffentlichen. Beigetragendazu hat vor allem die Entwicklung von Blog-, Podcast-,Vodcast- und Wiki-Software. Damit stehen Laienkostenlose bzw. kostengünstige Content-Management-Systeme zur Verfügung, wie sie selbst im professionel-len Bereich in den Verlagshäusern vormals in ihrer leich-ten Bedienbarkeit nur selten anzutreffen waren. Immermehr Personen und zivilgesellschaftliche Organisatio-nen sowie Unternehmen und Behörden veröffentlichenselbst ihre Informationen im Internet. Damit erweitertsich die Reichweite Einzelner enorm. Für Journalistenbedeutet dies, dass zu einem Themenbereich deutlichmehr Akteure Stellungnahmen abgeben können. Esbedeutet auch, dass es deutlich mehr Rückkanäle fürFeedback gibt als zu Zeiten der klassischen Massenkom-munikation. Dabei lassen sich diese Rückkanäle nur-mehr bedingt kontrollieren. Ein Forum, das geschlossen

wird, kann jederzeit an einem anderen Ort wieder ent-stehen.

Das Ende des GatekeepersWeil Nutzer sich aus einer Vielzahl von Quellen infor-mieren können, verlieren die traditionellen Medienzunehmend ihre Gatekeeper-Funktionen (Neuberger2005, Meier 2007). Journalisten wie Blogger könnenoftmals Informationen, die während einer Pressekon-ferenz bekannt gegeben werden, gleichzeitig oder kurzdarauf abrufen. Liveness, eine mediale Eigenschaft desFernsehens, ist auch im Internet zu erleben. So etwa inChatrooms oder auf Microblogging-Plattformen wieTwitter. Aber auch Live-Videostreaming unterstütztLiveness im Netz. Eine Vorort-Präsenz scheint oftmalsnicht mehr nötig zu sein - in der Folge klagen Unter-nehmen und Organisationen darüber, dass immer we-niger Journalisten ihre Pressekonferenzen besuchen.Grundsätzlich ist in den letzten Jahren das Finden vonInhalten immer einfacher geworden, denn Inhalte kön-nen über Suchmaschinen leichter erschlossen werden.Agenturnachrichten sind über das Internet zu einemgroßen Teil verfügbar. Der Besuch teurer Datenbankenkann in vielen Fällen umgangen werden. Für freie Jour-nalisten bedeutet dies eine Art Waffengleichheit mitRedakteuren.

Verändertes NutzungsverhaltenIn Deutschland wenden sich nicht nur junge Leser ver-stärkt Online-Medien zu, sondern, wie Sekundäranaly-sen der Allensbacher Werbeträger-Analyse (AWA) undder Computer- und Technik-Analyse (ACTA) aus denJahren 2001 bis 2006 belegen, auch die so genannteIntensivleserschaft von Tageszeitungen (Kolo/Meyer-Lucht 2007). Aus diversen Internet-Communities bzw.sozialen Netzwerken erwächst eine deutliche Konkur-renz zu den herkömmlichen Medien (Fisch/Gscheidle2008). Die neuen Player sind in der Lage, immer kleine-re Teilöffentlichkeiten zu erschließen, weil sie den Infor-mationsaustausch zwischen kleinen Interessensgruppenermöglichen.

Deterritorialisierte KommunikationsräumeDeterritorialisierte Kommunikationsräume entstehen,wenn sich soziale Interaktionsräume nicht mit territo-rialen Grenzen decken. So decken sich etwa die kultu-rellen Räume von Migrationsgemeinschaften nicht mitden territorialen Grenzen von Staaten. Das bedeutet,

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der Leser, der Zuschauer, der Nutzer kann von überallherkommen. Menschen können zeit- und ortsunabhän-gig miteinander kommunizieren und gemeinsam ein Zielverfolgen. Medien werden im Netz global rezipiert undgenutzt. Es bedeutet aber genauso, dass herkömmlicheVerbreitungsgrenzen im Netz nicht mehr existieren. Esgibt keine Verbreitungsmonopole mehr für Tageszeitun-gen. Denn im Internet ist jede News nur einen Link ent-fernt, wie Google-News und andere News-Aggregato-ren zeigen. Diese Aggregatoren zeigen auch die Redun-danz von Nachrichten, die primär auf Agenturmaterialberuhen. Aus Sicht des Internetlesers sind dies allesmehr oder weniger austauschbare Varianten. Die Reak-tion der Verlage und Redaktionen: Ihre Nachrichten mit Hilfe von Suchmaschinenoptimierungstricks undGoogle-Werbeanzeigen für die Leser sichtbarer zumachen. Dabei folgen sie der Logik der Aggregatoren:Nachrichten und Themen, die exklusiv und originellsind, werden mangels Masse nicht mehr beachtet. Ob-wohl es gerade diese Berichte sind, die nicht austausch-bar sind.

UnbundlingVerlage können im Internet zwar Marken entwickelnund Informationsangebote aufsetzen, die unter einerMarke gebündelt werden. Doch in der Praxis finden dieLeser im Internet zunehmend einzelne Inhalte wie Arti-kel oder Videos über Suchmaschinen oder filtern sieüber RSS-Feeds sowie entsprechende RSS-Werkzeugewie „Yahoo Pipes“. Sie stellen so eigene, nach persön-lichen Vorlieben maßgeschneiderte Angebote zusam-men (Bruns 2005). Sie führen damit ein Unbundlingdurch, indem sie entsprechend ihren Interessen durchdas Netz navigieren und sich weniger an gebündeltenInformationsangeboten orientieren. Die Folgen sindumfassend: Zum einen müssen einzelne Informations-angebote wie Artikel oder Grafiken so gestaltet und indas Informationsumfeld des Anbieters eingebundenwerden, dass der Leser dazu angehalten wird, auf derWebsite zu verweilen. Zum anderen schwächt daseklektizistische Verhalten des Lesers gängige Finanzie-rungsmodelle. „Jeder Inhalt, sei es Text, Grafik, Foto oderVideo muss sein Geld selbst verdienen.“ (...) „Die bei Pro-dukten wie Zeitungen oder Magazinen gängige Quer-subventionierung, beispielsweise der anzeigenschwa-chen Poltikberichterstattung durch den Reiseteil, ent-fällt“, meinen Mario Sixtus und Julius Endert (Sixtus/Endert 2009). Insofern ist zu erwarten, dass sich dasPackaging von Mediaprodukten noch dramatisch än-dern wird (Z-Punkt 2007).

SharingDas Teilen von Informationen bzw. Kommunikations-objekten wie etwa von Links, Texten, Bildern oder Videosist eine wichtige Kommunikationstätigkeit im Netz. DieNutzer erzeugen damit teilweise bewusst neue Datendurch Kommentare oder Anmerkungen, teilweise ent-stehen Daten wie „Tag Clouds“ oder „Empfehlungen“,die ihre Handlungen lediglich reflektieren und auswer-ten. Diese Daten können erneut kumuliert, gewichtetund aggregiert werden und in ihrem verdichtetenZustand neue Informationen enthalten. Journalistenkönnen sich diese Techniken im Sinne des „CrowdReporting“ zu eigen machen. Das vom Journalisten Joshua Micah Marshall geführte Blog „Talking PointsMemo“ etwa lebt von Leserhinweisen. Mit Hilfe seinerLeser konnte Marshall bei Recherchen über den Justiz-minister Alberto Gonzales tausende von Dokumentenanalysieren, die er online zu je 50 Seiten veröffentlich-te. Auf diese Weise konnte er in kürzester Zeit auf-decken, dass die Bush-Regierung acht unliebsameJustizminister in Bundesstaaten gezielt entlassen ließ.Ein weiterer, durch das Sharing entstehender Effekt istdie „digitale Mundpropaganda“. Inhalte können so bin-nen kürzester Zeit ein großes Publikum finden (Zerfaß/Boelter 2005). Ein anderer Aspekt sind so genannte„Smart Mobs“, die sich ueber SMS, E-Mail, soziale Netz-werke, Blogs oder Microblogging koordinieren (Rhein-gold 2002).

OffenheitLeser bzw. Nutzer goutieren Informationsangebote, dieoffen und frei verfügbar sind. Die Offenheit bezieht sichauf Dateiformate, in denen etwa E-Books angebotenwerden. Sie bezieht sich auf das Coding der Websites,das die Nutzung durch verschiedenste Endgeräte wie PCoder Handy unterstützen muss. Sie bezieht sich aberauch auf die Austauschbarkeit von Daten über offeneSchnittstellen, die in neuartige Informationsangeboteüber Mash-Ups zusammengeführt werden können.

Interviews

Hardy Prothmann hält das Internet für „eine der größ-ten Erfindungen der Menschheitsgeschichte. Die Inter-netrevolution unserer Zeit ist bedeutender als zurdamaligen Zeit die französische Revolution“. Den zen-tralen informationellen Mehrwert des Internets sieht erin seiner „24-Stunden-Erreichbarkeit“, in der Dezentra-lisierung, dem Zugang zu weltweitem Wissen sowie inden Web-2.0-Mitmachfunktionalitäten.

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Annette Bolz sieht ebenfalls die Vorteile darin, dass„Online-Medien schneller, kostenlos und von jedemComputer aus einsehbar sind. Und sie machen neueDarstellungsformen möglich, etwa Zeitleisten, anklick-bare geografische Karten oder ähnliches“. Die Nachteilebestehen für sie darin, dass „viele Texte Schnellschüssesind, weil Online eine schnellere Taktung hat. Zudemgibt es im Online-Bereich weniger Qualitätskontrollenals im Printbereich. Bei einer Zeitung liest meist derRessortleiter sowie ein Schlussredakteur oder das Kor-rektorat noch mal über den Text, bei Magazinen sind esin der Regel die Ressortleitung und die Textchefin, viel-leicht auch noch die Chefredaktion. Diese Sicherheits-netze haben viele Online-Medien nicht aufgespannt, dawird mancher Text komplett unredigiert online gestellt“.Auch Matthias Spielkamp sieht im Online-Journalismus„in vielen Fällen immer noch einen Journalismus, dernicht mit den gleichen Ressourcen und Mitteln gemachtwird wie der Print-Journalismus“.Domenika Ahlrichs sieht einen informationellen Mehr-wert darin, dass die Redaktion dem Leser „Links an dieHand gibt“, damit dieser zu einem Thema beliebig in dieTiefe gehen kann. Außerdem könne man Geschichtenüber Bilder oder Audio um audiovisuelle Eindrückeerweitern. Den großen Vorteil des Internets sieht sie indieser Komplexität. Sie glaubt daher, dass Nachrichten-portale videolastiger werden und sich von der Schriftetwas entfernen werden. Matthias Spielkamp sieht diebesondere Herausforderung darin, dass online jede Seitezur Startseite werden kann, da ein Leser über eine Such-maschine auf sie stoßen kann.Marcel Schilling sieht den informationellen Mehrwertdarin, „dass man schneller auf den Informationsmarktkommt. Man muss keine Sendetermine abwarten. DieKollegen von „Report Mainz“ dokumentieren zuneh-mend ihre Rechercheleistungen auf ihrer Homepage,weil der Sendetermin noch zwei, drei Wochen hin istund man die Informationen nicht aufschieben möchte.Die Redaktion ist der Meinung, dass es wichtig ist, daszu publizieren. Da ist ein Online-Medium enorm hilf-reich“. Peter Ludes sieht den wesentlichen informationellenMehrwert des Internets darin, dass Journalisten undNutzer „viele regionalen Zeitungen oder Zeitungen ausaller Welt“ rezipieren könnten. Problematisch sei jedochder damit verbundene „enorme Gewinn an Informa-tions- und Desinformationschancen“. Man könne Inter-net-Angebote nicht mehr so durchblicken wie Print-Produkte. So seien etwa personelle Veränderungen inder Redaktion schwieriger zu durchschauen. Peter Ludesglaubt, dass Online-Medien das beeinflussen, was als

Qualität angesehen wird. Der Nachrichtenfaktor Aktua-lität habe an Bedeutung gewonnen. Ludes ist überzeugt,dass die Schnelligkeit auf Kosten von Hinterfragen geht:„Damit verändert sich die Art und Weise, wie Geschich-ten angeordnet und kommentiert werden. Eigene Re-cherche aber kostet Zeit und Geld“. Im Internet seienzudem viele journalistische Produkte kostenlos zu rezipieren, doch sie würden immer ausschnitthafterrezipiert. Selbst ein qualitativ hochwertiges Produkthabe immer weniger Chancen in seiner Länge wahrge-nommen und hinterfragt zu werden. Ludes glaubt, dassdies eine „sehr fundamentale“ Veränderung ist: „Je mehrMenschen sich daran gewöhnen, desto eher verschwin-det die Erfahrung, dass dies Anstrengung bedeutet. DasInternet ist vorteilhaft, für diejenigen, die schnellerrecherchieren können, aber die Aufmerksamkeitsspanneund Zuverlässigkeit wird in Frage gestellt“.Domenika Ahlrichs glaubt, dass „Online First“ „eher eineBehauptung“ ist: „Ich habe noch nicht sehen können,dass ein Verlag „Online First“ wirklich durchgehaltenhätte“. Gleichwohl meint sie, dass Print- und Online-Redaktionen mehr zusammenarbeiten, das merke manauch an einer veränderten Raumaufteilung. Hardy Prothmann denkt, dass „herausragende Nachrichten-portale wie Spiegel online, Welt.de, Süddeutsche.de,Focus.de, Zeit.de aber auch Bild.de die klassischenMedien unter enormen Druck setzen. Aber auch kleineAnstrengungen wie das heddesheimblog werden dazuführen, dass die klassischen Medien sich neu erfindenmüssen, um zu überleben oder sie haben keine Zukunft“.Marcel Schilling hat „den Eindruck, dass Erklärformatezugenommen haben. Ich glaube, dass kommentierendeund subjektive Formate durch die Blogs zugenommenhaben. Das ist auch ein Ausdruck der Selbstreflexion -ein wichtiges Instrument für die Medienschaffenden,aber auch für die Zuschauerbindung, wenn dieZuschauer erkennen, dass in dem Geschäft Männer undFrauen arbeiten, nicht Maschinen“.Annette Bolz sieht „neue Formate wie zum Beispiel dieAudio-Slideshow, Mobile Reporting, den Podcast undden Vodcast. Und es gibt auch inhaltlich neue Dinge wieetwa „Ehrensenf“ oder die Web-Dokus von Mediastorm– sehr spannend“. Matthias Spielkamp hält „die verstärkte Lesereinbin-dung bzw. Rückkanal sowie die stärkere Offenheit“ füreine wichtige Veränderung. Im Sinne von ‘Journalism asconversation’ könne man dies als neues Format sehen.Neue Formate des Online-Journalismus sieht er in Pod-casts sowie Audio-Slides und Bildergalerien. AuchRadiobeiträge als Podcasts haben aufgrund der Zeitsou-veränität und Ortsunabhängigkeit Vorteile gegenüber

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anderen Beiträgen. Weitere Möglichkeiten sieht er imComputer-Assisted-Reporting, in interaktiven Grafiken,etwa der flexiblen Darstellung von häufig numerischenSachverhalten. Peter Ludes ist „überrascht, dass es noch immer keineallgemein erfolgreichen zeitungsähnlichen Online-Angebote für die Euro-Zone oder die EU gibt, die nichtnur für Expertinnen und Experten über europäische Themen berichten und sie mit relevanten Hinter-grundinformationen verlinken“. Er glaubt, dass die Leserdafür sogar zahlen würden. Denn Europa sei „der Kon-text, in dem Ausbildung, in dem Politik stattfindet. Dar-auf muss man sich Tag für Tag vorbereiten“.

Lösungsansätze

Neuausrichtung von ProduktionsabläufenIn einer vernetzten Umgebung können die Produktions-abläufe sowohl in Bezug auf die direkte Involvierungvon Lesern bzw. Nutzern als auch in Bezug auf denmedialen Kontext noch stärker interaktiv ausgerichtetwerden. Die gezielte Einbindung der Leser und einebewusste Vernetzung verschiedener Medien und Quel-len können über Feedbackschleifen zu einer neuen Ver-öffentlichungsdynamik sowie zu neuen Formatenführen. Dieses Post-Production-Feedback kann außer-dem gezielt für die interne Qualitätssicherung genutztwerden. Das setzt natürlich entsprechende redaktionel-le Kapazitäten voraus.Es ist außerdem zu überlegen, wie kooperative bzw.Web-2.0-Technologien in Redaktionen eingesetzt wer-den können, um Abläufe zum einen effizienter zugestalten, und um zum anderen einen Wandel hin zu

mehr Feedbackschleifen zu ermöglichen (Schulzki-Haddouti/Lorenz-Meyer 2008).

Entschleunigung und VerlinkungIm Bemühen um Aktualität wird man darüber nachden-ken müssen, im Sinne von mehr Qualität die Produktiongezielt zu entschleunigen und damit zeitlich zu ent-lasten. Es macht keinen Sinn, das 137. Newsportal zusein, das dieselbe Nachricht leicht modifiziert ebenfallsveröffentlicht - und dafür Manpower zu investieren, diefür selbst recherchierte, eigene Geschichten nicht mehrzur Verfügung steht. Redaktionen von Newsportalensollten relevante Nachrichten selbst gesehen, gefiltert,verlinkt, kommentiert und bewertet haben. Ein solcherdigitaler Pressespiegel könnte angesichts der anwach-senden Informationsfluten einen erheblichen Mehrwert- und ein neues Format darstellen.

Gründungen unterstützenDurch sinkende Beteiligungsbarrieren sind Verlagsgrün-dungen mit relativ wenig finanziellem Aufwand mög-lich geworden, die mitunter nur wenig an finanziellerUnterstützung brauchen, um sich erfolgreich zu ent-wickeln. Hardy Prothmann etwa kann seit Frühjahr2009 sein lokal orientiertes Heddesheimblog, für das ertäglich mehrere klassisch recherchierte Artikel schreibt,erfolgreich über Anzeigen von lokalen Unternehmenfinanzieren, die auch Leser seines Blogs sind. Er plantauch in den Nachbargemeinden, später in umliegendenStädten in Kooperation mit anderen Journalisten, wei-tere Blogs zu starten. Denkbar ist aber auch die Förde-rung zivilgesellschaftlicher Medieninitiativen, die dieMedienvielfalt bereichern können.

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Nachwortvon Professor Geribert E. Jakob

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Die aufgeführten Problemanalysen und Lösungsansätzebeschäftigen sich mit Aspekten, die überwiegend imJournalismus und den Medien von innen heraus wirken.Wie bereits in der Zusammenfassung ausgeführt, sinddie in den Faktoren jeweils aufzufindenden Details aufdie drei folgenden, gleich gewichteten Kernproblemeverdichtet.• Erstens, die Erhaltung unabhängiger Berichterstat-

tung bei Gefährdung durch subtile Einschränkungender Berichterstattungsfreiheit.

• Zweitens, die Erhaltung der Güte journalistischerArbeitsergebnisse bei Gefährdung durch Verknap-pung essenziell notwendiger Ressourcen.

• Drittens, die Erhaltung der gesellschaftlichen Funk-tion journalistischer Tätigkeit, die durch erodierendeNachrichtenmärkte, externe Einflussnahme und ver-ändertes Rezipientenverhalten gefährdet ist, insbe-sondere in der jüngeren Generation und bei sozialBenachteiligten.

Von den aufgeführten Faktoren sind Geld, Zeit, PublicRelations, Digitalisierung und Organisation als dieaugenblicklich als am schwerwiegendsten anzusehen -das kann sich ändern, weil der bislang „vernachlässigte“Faktor Recht deutlich an Relevanz aufholt. Bezüglichder vier aktuellen und wichtigen Faktoren sind alserfolgskritische Lösungskomponenten zu nennen: • das journalistische Selbstverständnis,• das Beharren auf der Erfüllung normativ zwingender

Voraussetzungen für journalistische Arbeit, unddamit konkret notwendige Arbeitsbedingungen,

• die Bildung berufsständischer Solidarität zur Durch-setzung elementarer Voraussetzungen journalisti-scher Arbeit.

• die Entwicklung einer funktionierenden und hinrei-chenden Kosten- und Einkommensdeckung.

Dies definiert den Stand inhärenter Diskussion überJournalismus und seine Zukunftsaussichten, Problemeund -lösungen. Der Journalismus ist darüber hinausallerdings eine Aktivität mit weitreichenden Implikatio-nen für unsere Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur undgesellschaftliche Entwicklung.Die nachfolgenden Feststellungen, Überlegungen undThesen dienen der Anregung einer Diskussion von einerwesentlich weitreichenderen Dimension. Für Detail-aspekte wird Branchenkenntnis vorausgesetzt. Neueund auch entgegengesetzte Erkenntnisse sind in dieserDiskussion willkommen, zumal kein Anspruch auf Voll-ständigkeit oder alleinige Vertretung der Wahrheit

gestellt wird und dieser Beitrag gewollt provokant seinsoll.

Radio und Fernsehen sind von den Entwicklungen in denMedien, Nachrichten- und Unterhaltungsmärkten ten-denziell weniger betroffen als Zeitungen und Zeitschrif-ten. Der aktuell erfolgskritische Faktor Digitalisierungwirkt sich aufgrund der Technikbasierung eher begün-stigend als kontraproduktiv für Sender aus - stellendoch AV-Inhalte die beliebtesten und dazu noch tech-nologiekongruentesten Informationstypen im Internetdar. Private Sender besitzen aufgrund ihrer Plattform-attraktivität über ordentliche Mittel aus der werbetrei-benden Wirtschaft, um journalistische Aktivitäten gutauszustatten zu können, soweit sie es wollen. DieGesellschaft setzt hier über die Mediengesetzgebungund Organe wie die Landesmedienanstalten Mindest-standards journalistischer Berichterstattung. Es ist auchzu beobachten, dass die Existenz einer öffentlich-recht-lichen Seite als Korrektiv für die rezipientenseitigeAkzeptanz der Menge an ausgestrahlter Werbung, unddamit auf die Programmstruktur wirkt, die ein Übermaßan Werbung verhindert und im weiteren Sinne kulturel-le Beiträge, teilweise zwangsweise, ins Programm hievt.Die medienrechtliche Ordnungspolitik scheint allerdingsin der Entwicklung der letzten Jahre eher dem Wettbe-werb den Vorzug zu geben als dem öffentlichen Auftrag,was dazu führt, dass der Zuschauer bei den Privaten in erster Linie mit einem überwiegend für die Margengünstigen Programm versorgt wird als in einem Mindest-maß mit notwendig und gesellschaftlich gehaltvollem. Kostenmanagement bei fehlendem Chancen- undQualitätsmanagement führt zumindest den Zeitungs-bereich in US-Verhältnisse. Die Tatsache der Existenz von investigativen Task Forcesbei vielen US-Tageszeitungen ist, bei allem notwendi-gen Lob, eher eine Marginalie, so sehr dies auch für diedeutsche Zeitungslandschaft wünschenswert wäre. Esfehlt inzwischen an vielen Stellen an Verlegerpersön-lichkeiten, die den Journalismus stützen und schützen,und Verlage primär der publizistischen Aufgabe wegenführen und erst in zweiter Linie aus der Absicht, Ein-kommen zu erzielen. Menschen wie Gerd Bucerius alsGründer der „ZEIT“ unterlagen zwar auch wirtschaftli-chen Zwängen - das hätte sie aber nie davon abgehal-ten, stets den Journalismus und seine Wirkung durch diePublikation in den Vordergrund zu stellen. Die Krise derZeitung wird sich aller Voraussicht nach weiter ver-

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schärfen, weil betriebswirtschaftliche Überlegungenüber die journalistische Funktion in der Gesellschaftgestellt werden. Die Betriebswirte haben die Herrschaftin den Redaktionen übernommen - die Journalistenhaben es nur noch nicht bemerkt. Das Sagen hat derVerlag und - zumindest heute nicht - die Gesellschaft.Das Bundesverfassungsgericht hat für den öffentlich-rechlichen Rundfunk implizit eine Verfassungsaufgabedefiniert, als quasi Vierte Gewalt durch Öffentlichkeitund Transparenz korrigierend als demokratische Kon-trolle zu wirken. Als einzige journalistische Gewaltgegenüber Legislative, Exekutive und Legislative findethier über die Rundfunkgebühren eine halbwegs unab-hängige Finanzierung statt. Die gebührenfinanziertenRundfunkanstalten ARD und ZDF, und steuerfinanziertauch Deutsche Welle und Deutschlandfunk, erlebendabei in jeder Budgetierungsperiode die mehr oder min-der wirkenden Einflüsse gemachter Tendenzen. Tenden-zen, die politisch motiviert sind und nicht unbedingteine objektiv gesellschaftpolitische Notwendigkeit spie-geln und hier tendenziell zu einer Unterfinanzierungführen.

Dazu lassen sich drei faktisch belegbare Feststellungentreffen:• Die politische Kaste und „gesellschaftlich relevante

Gruppen“ nehmen einen unverhohlenen Einflussauf die Medien.

Die Diskussion um die Bestellung des Chefredakteursbeim ZDF ist beispielhaft für diese Entwicklung. DieUnbequemlichkeit eines Journalisten mag störend fürdiejenigen sein, über die berichtet wird. Sie ist aber keinMakel, sondern ein Qualitätsmerkmal.Die Einschränkung des Informationsauftrags der öffent-lich-rechtlichen Sender durch den Drei-Stufen-Test alsErgebnis des Willens „gesellschaftlich relevanter Grup-pen“ in den Fernsehräten ist an einigen Stellen deutlichsichtbar. Um nur ein Beispiel zu nennen: Verbraucherin-formationen sind im Rahmen des Verbraucherschutzeseine gesellschaftliche Aufgabe. Dazu gehörige Informa-tionen nach wenigen Tagen wieder aus dem Internet-angebot eines Senders entfernen zu müssen, ist dazunicht dienlich. Solche Informationen dadurch für einkommerzielles Umfeld zu öffnen, ist unter den ur-sprünglichen Zielsetzungen falsch.• Der Printjournalismus ist als wichtigstes meinungs-

bildendes Organ durch die Marktentwicklung amstärksten negativ betroffen.

Für den Printjournalismus ist mit Ausnahme von institu-tionellen und Verbandspublikationen eine öffentlicheFinanzierung nicht zugänglich. Lösungsansätze hierfür

finden sich im Abschnitt „Faktor Geld“.• Zusammenfassend: die Entscheider in der deut-

schen Gesellschaft stellen zunehmend den Marktund Individualinteressen über Anforderungen ge-sellschaftlicher und kultureller Art.

Diese Tendenz wird mit kräftiger Unterstützung der EU-Kommission und ihrer Fixierung auf Wettbewerb geför-dert. Gesellschaftsphilosophische Überlegungen bildendie Brücke, um den Problemraum für eine weitergehen-de Diskussion zu öffnen.Entscheidend ist, dass in Zentaleuropa in der Vergan-genheit humanistisch-kulturelle und gemeinnützigeWerte in entscheidenden Situationen über Markinteres-sen gestellt wurden, wenn es gesellschaftlich notwen-dig war. Zentraleuropäer sind trotz aller Unterschiede unter-einander als Gruppe anders als Menschen andererWeltregionen und besitzen eine eigenständig ent-wickelte Kulturidentität sowie eigene Wertvorstellun-gen.In diesem Zusammenhang betrachtet ist journalisti-sches Wirken, so wie es unter den genannten Anforde-rungen ausgestaltet sein sollte, eine gesellschaftlicheund kulturelle Leistung und ein inhärenter Bestandteilunserer kulturellen Identität.Journalismus ist Teil unserer Kultur und deshalb inseinem Bestand durch die Gesellschaft schützenswert.Hier wird interessanterweise ein zweiter Kernaspektneben der Situation des Journalismus selbst deutlich:das Verhalten unserer Gesellschaft beim Rezipieren undVerwenden von Nachrichten. Dazu zwei, durchaus pro-vokant gemeinte Thesen zur Entwicklung:a) Es gibt eine Zunahme von Special-Interest-Zielgrup-

pen zu Lasten der ungerichtet Interessierten. Fürdiese ungerichtet Interessierten schreibt die Tages-presse hauptsächlich. Für die Angesprochenen istderen Ungerichtetheit die essenzielle Grundlage fürdie Entwicklung persönlicher gesellschaftlicher Inter-essiertheit.

b) Es gibt eine Abnahme sozialer und politischer Inter-essiertheit und damit auch eine Abnahme kulturellenund politischen Engagements, insbesondere ingroßen Teilen bzw. Schichten der Gruppe der unter30jährigen und in der Gruppe der „Unterprivilegier-ten“, das heißt derjenigen mit geringem oder keinemschulischen Abschluss.

Zeitung oder Magazine zu lesen, Nachrichten zu hören,lesen oder zu sehen gehört hier nicht mehr zur Tages-routine - andererseits ist die über andere Kanäle aufge-nommene Information durch diese Schichten dazu kein

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ausgleichendes Äquivalent. Das gilt auch für gebildeteNicht-Zeitungsleser. Es besteht eine Tendenz zu Ver-seichtung und Entertainisierung. Ein dauerhafter Ver-lust solcher Rezipienten droht in großen Umfang, unddamit der Verlust gesellschaftlicher Gestaltungskräfte.Die Folge für die Betroffenen ist eine weitgehendeUnfähigkeit an gesellschaftlich-politischer Entwicklungteilzunehmen, mit katastrophalen Folgen für deneuropäischen Kulturraum. Die sinkende Wahlbetei-ligung oder die Ergebnisse der Befragungen zum All-gemeinwissen der Bevölkerung sind gute Indikatorenhierfür.Fragt man nach den Ursachen, kommen schnell dieanderen Dimensionen der grundlegenden KomponenteKultur ans Licht: ein über Jahrzehnte gesunkenes huma-nistisches Bildungsniveau durch oftmals versagendehäusliche Erziehung sowie unzureichende Sozialisie-rung und Wertevermittlung. Soziale Verwahrlosung hatdabei nicht an den Türen der besser Gestellten haltgemacht. Unterstützt wird die Entwicklung mit dem„Nicht-Auffangen“ durch das (öffentliche) Bildungs-system. Das ist seinerseits über Jahrzehnte ausgeblutetund ist andererseits den internationalen Wanderungs-bewegungen nicht gewachsen, die diese Unfähigkeitverstärken. Die PISA-Studien zum Bildungsstand, zur

Chancenungleichheit oder über Potenzial und Strukturdes Bildungssystems in Deutschland sprechen Bände,ebenso wie neuere Sozialstudien. Die Folge ist eineSpaltung der Gesellschaft in priviligierte Gebildete unddie anderen. Der Indikator: die in den letzten 30 Jahrenwiedererstandene und stark wachsende Unterschicht.

Was hat das mit Journalismus zu tun?Die persönliche Rezeption professioneller und redaktio-nell produzierter Nachrichten und Hintergrundinforma-tionen zur Beurteilung des gesellschaftlichen StatusQuo muss wieder kulturelle Routine für alle Menschenunserer Gesellschaft werden, um sie zu einer umfassen-den und fundierten Meinungsbildung über gesellschaft-liche Entwicklungen und Strukturen zu befähigen.Ohne die umfassende Vermittlung des „Wertes jour-nalistischen Schaffens“ durch die Erziehung und Bil-dung junger Menschen verliert die Gesellschaft einenwesentlichen Teil ihrer Kultur und politischen Funk-tionsfähigkeit.Die Vermittlung von Medienkompetenz sowie die quali-fizierte Journalistenausbildung sind hierbei nur kleineund notwendige, leider nicht hinreichende Bausteine im(wieder auf) zu errichtenden Gebäude.

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14. MainzerMedienDisput Begrenzter Journalismus

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Gesellschafter & Mitveranstalter:Monika FuhrStaatskanzlei Rheinland-Pfalz

Manfred Helmes · Dr. Joachim KindLMK – Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz

Reinhard Weil · Carla Schulte-ReckertFES – Friedrich-Ebert-Stiftung

Projektgruppe:Christoph GehringMichael GrabenströerGerhard KrausProf. Dr. Thomas LeifThomas MeyerUli RöhmBertold RungeDaniel Stich

Organisation:MGS Marketing GmbHYvonne Kuhlmann Günter Schreiber

Kontakt:Tel.: 0 26 34/96 88-12/13/14Fax: 0 26 34/96 [email protected]

Anschrift:Haus ForstMittelstraße 556579 Hardert

1. MainzerMedienDisput vom 9. Oktober 1996 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Umbruch

2. MainzerMedienDisput vom 26. November 1997Medienzukunft zwischen Morgen und Grauen –

Medien im Unterhaltungsrausch

3. MainzerMedienDisput vom 26. November 1998Wa(h)re Nachrichten – Berichterstattung

zwischen Medien-Realität und Wirklichkeit

4. MainzerMedienDisput vom 4. November 1999Markt, Macht, Macher – Wohin treibt das Programm?

5. MainzerMedienDisput vom 9. November 2000 Im Seichten kann man nicht ertrinken……Medien zwischen Sinn und Sensation

6. MainzerMedienDisput vom 27. November 2001New Journalism – Vom Kulturgut zum Wirtschaftsgut

7. MainzerMedienDisput vom 30. Oktober 2002Verschwiegen, Verschwunden, Verdrängt –

was (nicht) öffentlich wird

8. MainzerMedienDisput vom 3. Oktober 2003 Auf dem Boulevard der Öffentlichkeit –Was kostet uns die Meinungsfreiheit?

9. MainzerMedienDisput vom 4. November 2004 Kommerz, Kartelle, Kumpanei – Medien und Politik

zwischen Populismus und Verantwortung

10. MainzerMedienDisput vom 10. November 2005(Medien)-Muster ohne Wert? – Medien in der Wertefalle

11. MainzerMedienDisput vom 9. November 2006 Kommerz auf allen Kanälen – vor der digitalen Revolution

12. MainzerMedienDisput vom 22. November 2007Medienkonzern Europa: verkümmerte Öffentlichkeit ·

steigende Kurse · blühende Bürokratie

13. MainzerMedienDisput vom 3. Dezember 2008Brot & Spiele: Finanz-Macht und Demokratie-Verfall

14. MainzerMedienDisput vom 10. November 2009Schweigen, Lügen und Vertuschen –

Wenn die Wahrheit nicht mehr öffentlich wird

14 Jahre MainzerMedienDisput

Die Dokumentationen der Jahre 2000 bis 2008 erhalten Sie als pdf-Download unter www.mediendisput.de oder bei MGS Marketing GmbH, Mittelstraße 5, 56579 Hardert (DIN A5-Umschlag, frankiert mit 1,45 Euro).

Medienpartner des MainzerMedienDisputs:

Sponsoren und Wirtschaftspartner des MainzerMedienDisputs:

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gest iftet von der

der helmut schmidt-journalistenpreis 2010

Der Helmut Schmidt-Journalistenpreis wurde erstmals 1996 ausgeschrieben und wird

seitdem jedes Jahr für besondere Leistungen auf dem Gebiet der verbraucherorientierten

Berichterstattung über Wirtschafts- und Finanzthemen verliehen. Der Preis ist insgesamt

mit 30.000 Euro dotiert.

Einsendeschluss ist der 30. Juni 2010.

Nähere Informationen zum Preis und zur Anmeldung fi nden Sie unter

www.helmutschmidtjournalistenpreis.de

„ Wir brauchen Journalisten, die Hintergründe

transparent machen und zugleich für jeden

verständlich formulieren können.

Die Zielsetzung des Journalistenpreises,

den die ING-DiBa einmal im Jahr vergibt,

entspricht meiner Vorstellung von einem

Wirtschaftsjournalismus, der dem Bürger

Urteilskraft über ökonomische Themen

verschafft.“

Helmut Schmidt, Bundeskanzler a. D.

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