Professur Allgemeine und Biopsychologie - tu … · Vorlesung Einführung in die...
Transcript of Professur Allgemeine und Biopsychologie - tu … · Vorlesung Einführung in die...
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
VorlesungEinführung in die Emotionspsychologie
Teil 3: Die Emotionstheorie von William McDougall
Professur Allgemeine und BiopsychologieInstitut für Psychologie
Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften
Prof. Dr. Udo Rudolph
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
ZeittafelMeilensteine der Emotionspsychologie
1850 1900 1950 2000
Charles Darwin
1859, 1872
McDougall
1908, 1923
Expressionof Emotions
EvolutionaryPsychology
EvolutionaryPsychology
Origin ofSpecies
J. B. Watson
1913, 1920Behaviorism
William James
1890Central Founder Figure of Psychology Biological Theories
of Emotion
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Wichtige biographische Daten:
1871 Geboren in Chadderton, England
Schulausbildung u.a. in Deutschland;
Studien in Manchester (Biologie, Geologie),
Cambridge (Medizin, Neurophysiologie),
London (Anthropologie)
1898 Expedition nach Neu-Guinea (Publikation 1912)
1900 Experimentelle Ausbildung in Göttingen bei Georg Elias Müller
Die Emotionstheorie von William McDougall
1901 Dozent am University College, London, Zusammenarbeit mit Francis Galton und Charles Spearman
1901 Gründung der British Psychological Society und des British Journal of Psychology
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Aufbauend auf Darwins Erkenntnissen arbeitete McDougall an der Etablierung einer evolutionären Psychologie der Motivation und Emotion.
McDougall prägte den Instinktbegriff und verwendete diesen als erster Psychologe; sein Ziel war die Schaffung einer „Evolutionären Psychologie“.
1904 Professor an der Oxford University (bis 1920) für „Mental Philosophy“1908 Wichtigste Publikation: „Introduction to Social Psychology“
Psychoanalyse bei C. G. Jung
1920 Professur in Harvard („William James Chair of Psychology“)
1923 „Outline of Psychology“; Probleme aufgrund seiner positiven Haltung zu Eugenik und seinen Studien zur Parapsychologie.
1927 Professur in North Carolina; Errichtung eines Labors für Parapsychologie.
1938 Gestorben in Durham, NC (USA).
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Ziel der „Evolutionären Psychologie“ nach McDougall:
„… eine vollständige und zutreffende Beschreibung der fundamentalsten Bausteine
unser Konstitution zu liefern, nämlich der angeborenen Tendenzen zum Denken und
Handeln, die die ererbte Grundlage der Psyche ausmachen.“
Anwendung auf die Motivations- und Emotionspsychologie …
… insbesondere, weil Motivation und Emotion McDougall zufolge kaum sinnvoll
voneinander zu trennen sind (siehe nächste Folie).
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von
William McDougall
McDougall (1937) zu Fühlen und Handeln:
„Einige Autoritäten haben den Standpunkt vertreten, dass das, was wir Emotion
nennen, eine neue, zusätzliche Form des seelischen Erlebens oder Geschehens sei
(…).
Aber das scheint mir ein Irrtum zu sein.
Emotion erleben, heißt, zu bestimmter Tätigkeit angeregt, gedrängt zu werden. Und
je intensiver wir angeregt werden (das heißt, je stärker es uns zur Handlung drängt),
desto betonter emotional ist unser Erlebnis.“
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Was ist ein INSTINKT?
Hier ein Auszug aus Wikipedia, der zahlreiche falsche Informationen beinhaltet:
Der Begriff Instinkt, wörtlich Naturtrieb, wird heute oft im übertragenen Sinne für “ein sicheres
Gefühl für etwas” verwendet und bezeichnet Verhaltensweisen ohne reflektierte Kontrolle.
Das Wort “Instinkt" wurde im 18. Jahrhundert abgeleitet aus dem Lateinischen, hier: instinctaenaturae. Dem liegt das Verb instinguere (= anstacheln, antreiben) zugrunde.
Die Untersuchung der äußerlich sichtbaren Auswirkungen von Instinkten sah seit den 1930er
Jahren die Ethologie als eines ihrer wesentlichen Forschungsziele an. Heute vermeiden
Psychologie und Verhaltensbiologie weitgehend diesen nie eindeutig definierten Begriff und
ersetzen ihn durch “angeborenes Verhalten”. Instinkte spielen allenfalls noch als Metapher für funktionale Zusammenhänge eine Rolle, deren
physioplogische Grundlagen noch nicht geklärt sind. Mit zunehmender Kenntnis des Gehirns, so
hofft man, wird man den Begriff völlig aufgeben können.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was ist ein INSTINKT (nach McDougall)?
§ Der Begriff Instinkt beschreibt innerliche Dispositionen, die uns zu bestimmten Handlungen drängen.
§ Instinkte sind generell so etwas wie ein angeborenes Muster in Bezug auf Reaktionen, die in bestimmten Arten von Situationen erfolgen.
§ Beim Menschen sind solche Instinkte vor allem in Zusammenhang mit Emotionen zu beobachten.
§ Instinkten ist gemeinsam, dass diese Mechanismen in Kraft setzen, die einen Organismus handeln lassen.
§ Die spezifischen Handlungen, die tatsächlich gezeigt werden, sind zudem durch Lernprozesse, durch die Umwelt und durch andere Prinzipien beeinflusst.
§ Generell bezieht sich der Instinktbegriff NICHT auf einen aktuellen Zustand eines Organismus.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was ist ein INSTINKT?
Beispiele sind insbesondere im Tierverhalten sehr gut zu beobachten – wenn diese Aktivitäten zeigen, die nicht auf Erfahrungen basieren:
Das betrifft reproduktives Verhalten, Nestbau, Fütterung, Kampfverhalten, Balz, oder Flucht.
Soziobiologen und Ethologen haben entsprechende Mechanismen aus dem Tierverhalten auf bestimmte Aspekte des menschlichen Verhaltens übertragen.
Ein gutes Beispiel für Letzteres ist die Bindungstheorie von John Bowlby (eines der späteren Kapitel).
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Der Instinktbegriff bei McDougall:
McDougall sieht Instinkte nicht auf die Tierwelt beschränkt, sondern glaubt, dass auch beim
Menschen zahlreiche Verhaltensweisen durch Instinkte gesteuert sind.
Für Instinkte als angeborene bereichsspezifische Dispositionen gilt:
Instinkte sind "allen Mitgliedern einer Art gemeinsam";
sie resultieren aus evolutionären Anpassungsprozessen;
sie sind weder erlernbar noch verlernbar;
sie haben eine hohe Bereichsspezifität (sind also bezogen auf spezifische
Instinktziele) und
hohen motivationalen Bezug (sie dienen also der Auswahl und der Auslösung von
Handlungen).
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Der Instinktbegriff bei McDougall:
„Ich bin mir sicher, dass die Bestimmung der vollen Bandbreite der menschlichen Instinkte und ihrer Funktion (…) von denen, die nach uns kommen, als der wichtigste Fortschritt der Psychologie unserer Tage angesehen wird.“
Im Unterschied zu anderen Psychologen reduzierte McDougall den Instinktbegriff nicht
ausschließlich auf die Erklärung von Handlungen oder Handlungsimpulsen …
… statt dessen bestimmen Instinkte auch einen Teilbereich unseres Denkens und Fühlens.
Fazit: Angeborene mentale Strukturen und „Mechanismen“ bestimmen McDougall zufolge
verschiedene (große) Teilbereiche unseres Denkens, Fühlens und Handelns.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Instinktverhalten:
Komponenten des Instinktverhaltens sind …
• instrumentelles, zielgerichtetes Verhalten,
• vegetative Reaktionen, und
• emotionaler Ausdruck (dies aber nicht als notwendiges Kriterium)
Wichtige Unterscheidung, und zwar zwischen ...
dem eigentlichen (sichtbaren) Verhalten,
den zugrunde liegenden psychophysischen Prozessen sowie
der Disposition, dieses Instinktverhalten zu zeigen.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Beispiel für einen Instinkt: Der Fluchtinstinkt.
Auslöser Plötzliche laute Geräusche, plötzlicher Verlust von Halt,
extreme Abweichungen vom Gewohnten
Emotion Furcht
Handlungsimpuls Davonlaufen, Sich-Verstecken
Biologische Funktion Verletzungen / gefährliche Situationen vermeiden
Die Emotionstheorie von
William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Instinktprozess
„Psychophysischer Prozess“ mit psychischen wie auch physischen Komponenten.
A. Kognitiver Teilprozess: Erkennen eines ObjektesB. Affektiver Teilprozess: Spezifische GefühlsqualitätC. Konativer Teilprozess: Handlung oder Handlungstendenz
Analogie:
Angeborene oder natürliche Auslöser als „Schlüssel“,……die in das „Schloss“ des jeweiligen Instinktmechanismus passen……und den Prozess auslösen.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Instinktmechanismus
Afferentes, zentrales und efferentes Teilsystem (analog zu den Prozessbestandteilen), die jeweils instinktspezifisch sind.
Zitat: „Wir definieren einen Instinkt als eine ererbte oder angeborene psychophysische Disposition, die dafür verantwortlich ist, dass ihr Besitzer ...
Objekte einer bestimmten Klasse [bevorzugt] wahrnimmt und Ihnen Aufmerksamkeit schenkt,
im Falle der Wahrnehmung eines solchen Objektes eine emotionale Erregung ganz bestimmter Qualität erlebt,
und [in Bezug auf das Objekt] in ganz bestimmter Weise handelt oder zumindest den Impuls zu einer solchen Handlung erlebt." (McDougall, 1908).
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Primäre Emotionen bei McDougall
Zwei Alternativen zur Definition von Emotionen:
Affektiver Teilprozess des Instinktmechanismus;
Einschluss kognitiver und konativer Teilprozesse (Syndrom-Definition).
Weiteres Kriterium:
Spezifische Gefühlsqualitäten in Zusammenhang mit (einigen) Instinkten und/oder auch die mit solchen Gefühlsqualitäten verbundenen Instinktprozessen.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Zur besonderen Bedeutung von Primären Emotionen - Kriterien hierfür sind:
Diese sind mit einem Instinktprozess verbunden;
ein Vergleich Mensch-Tier zeigt, dass diese nicht spezies-spezifisch sind;
das Studium von "Geisteskranken" zeigt, dass diese dort in "übersteigerter
Form" auftreten.
Zur Funktion von (primären) Emotionen:
(1) Lösung von Anpassungsprozessen;
(2) Bereitstellung geeigneter Handlungsoptionen.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Primäre Emotionen und ihre Auslöser (siehe nächste Folie).
Welches sind die primären Emotionen?
Furcht, Ekel, Staunen, Ärger, Hochgefühl (Freude?), Unterwürfigkeit,
Zärtlichkeit (Liebe).
Analog hierzu die folgenden Instinkte, die diesen Emotionen zugrunde liegen:
Fluchtinstinkt, Abstoßungsinstinkt, Neugierinstinkt, Kampfinstinkt,
Dominanzinstinkt, Unterordnungsinstinkt, Elterninstinkt.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Instinkt Angeborene Auslöser Emotion Handlungsimpuls Biologische
Funktion
Flucht Plötzliche laute Geräusche,
Verlust von Halt, extreme
Abweichungen vom Gewohnten
Furcht Davonlaufen, sich
verstecken
Eigenen Körper
schützen
Abstoßung Geruchs- & Geschmacksreize, be-
stimmte Formen von Hautkontakt
Ekel Zurückweisen &
zurückweichen
Eigenen Körper
schützen
Neugier Nicht extreme (mäßige)
Abweichungen von Gewohnten
Staunen Annäherung und
Erkundung
Auslösen anderer
Instinktprozesse
Kampf Behinderung der Ausführung eines
Handlungsimpulses (bei anderen)
Ärger Widerstand & Hinder-
nisse beseitigen
Andere Instinktziele
erreichen
Dominanz Individuen, denen man sich als
überlegen betrachtet
Hochgefühl Überlegenheit zeigen,
sich behaupten, ...
Rangkämpfe
vermeiden
Unterordnung Individuen, denen man sich als
unterlegen betrachtet
Unterwürfigkeit Unterwürfiges Verhal-
ten zeigen, nachgeben
Rangkämpfe
vermeiden
Elterninstinkt Schmerzen, Furcht und Leid von
Kindern
Zärtlichkeit Ernähren, behüten,
beschützen
Überleben des
Nachwuchses sichern
Die Emotionstheorie von
William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Der Instinkt des Abstoßens und die Emotion Ekel
Auslöser: Geruch-, Geschmacks- und taktile Reize
Instinktive Handlungstendenz: Zurückweichen, Abstoßen…
Funktion: Schutz des eigenen Organismus
Die Emotionstheorie von
William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von
William McDougall
Der Neugierinstinkt und die Emotion Staunen:
Auslöser: Mäßige Abweichung vom Gewohnten
Instinktive Handlungstendenz: Annäherung und Erkundung
Funktion: nicht bei Tieren, insbesondere bei Menschen jedoch hoch funktional … „Grundlage für die ganz uneigennützige Arbeit des höchststehenden Geistes“, „Wurzel von Wissenschaft und Religion“.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von
William McDougall
Der Kampfinstinkt und die Emotion Ärger:
Auslöser: Behinderung der freien Ausführung anderer Impulse, „jede Blockierung
einer Handlung, zu der das Lebewesen durch irgendeinen der anderen Instinkte
angetrieben ist…
Instinktive Handlungstendenz: Widerstand brechen und Hindernisse beseitigen
Funktion: Ermöglichung des Erreichens anderer Instinktziele … eine „Reserve-
Energie“, die ins Spiel kommt, wenn sich unseren Handlungen und Plänen
Widerstände entgegenstellen.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von
William McDougall
Der Kampfinstinkt und die Emotion Ärger:
Auslöser: NICHT der Nachwuchs selbst, sondern „dessen Ausdruck von Schmerz, Furcht und Leid jeder Art“…
Instinktive Handlungstendenz: Das Objekt des Instinktes zu ernähren, zu be-schützen und zu umsorgen; die Behinderung dieses Instinktes führt schneller zu Ärger als bei jedem anderen behinderten Instinkt…
Funktion: Dient DIREKT (und nicht nur indirekt wie die anderen Instinkte) der Arterhaltung…
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von
William McDougall
Emotionsauslösung durch Mitfühlen:
Auslöser: Wahrnehmung von Instinktverhalten bei anderen, so dass man selbst das gleiche Verhalten zeigt…
Instinktive Handlungstendenz: Gleichgerichtetes instinktives Verhalten…
Funktion: kommunikative Funktion, die selbst- und arterhaltend ist…
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Angeborene Auslöser und Konsequenzen der Emotion Furcht:
Spezifische angeborene Auslöser
Plötzliche laute Geräusche, Verlust von
Halt, extreme Abweichungen vom
Gewohnten …
"Mitfühlen“ / „Mitleid“ (engl.: sympathy)Das für Furcht charakteristische
Verhalten von Artgenossen …
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Modifizierte oder erlernte Auslöser der Emotion Furcht:Die Ausweitung und Eingrenzung der angeborenen Auslöser …
Assoziierte Auslöser (Klassisches Konditionieren)
Objekte oder Ereignisse, die vormals keine Furcht aus-
lösten, lösen aufgrund einer Assoziation nun Furcht aus.
Ähnliche Auslöser (Reizgeneralisierung)
Objekte oder Ereignisse, die einem natürlichen oder
konditionierten Auslöser ähnlich sind, lösen nun
ebenfalls Furcht aus.
Spezialisierte Auslöser (Reizdiskrimination)
Von verschiedenen Varianten eines natürlichen
Auslösers verursachen aufgrund von Diskriminations-
lernen nur noch bestimmte Varianten Furcht.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Modifikation von Instinkten und primären Emotionen (in der Ontogenese):
Es gibt die Möglichkeit einer Modifikation der Emotionsauslöser (nicht eine Modifikation der Emotionen selbst), und zwar:
Ausweitung durch Assoziation und Ähnlichkeit; sowie ...
Spezialisierung durch Prozesse der zunehmenden Reizdiskrimination.
Die Emotionstheorie von
William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Modifikation der Instinkthandlungen (in der Ontogenese):
Jede mögliche Handlung kann beim Menschen in den Dienst eines Instinktziels
gestellt werden …
Beispielsweise: beim Kampfinstinkt zur Waffe greifen statt zum Schlag ausholen …
… oder einen Gerichtsprozess anstrengen, statt physisch aggressiv zu werden.
Fazit:
Jede ursprüngliche Instinkthandlung (wohlgemerkt: der konative Teil des
Instinktprozesses) kann „modifiziert, kontrolliert, oder unterdrückt“ werden.
Die Emotionstheorie von
William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Was sind Sekundäre Emotionen?
A. Komplexe Emotionen:
Vermischung primärer Emotionen zu so genannten komplexen oder zusammen-gesetzten Emotionen; analog zu einer Art von „Farbmischungslehre“ für Emotionen.
Beispiel: Bewunderung = Staunen + Unterwürfigkeit?
Beispiel: Dankbarkeit = Zärtlichkeit + Unterwürfigkeit?
Beispiel: Verachtung = Ekel + Ärger?
Beispiel (3!): Ehrfurcht = Staunen + Unterwürfigkeit + Furcht?
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was sind Sekundäre Emotionen?
A. Komplexe Emotionen:
Komplexe Emotionen beruhen auf einer Mischung aus den „Gesinnungen“ Zuneigung, Abneigung und Respekt.
Gesinnungen sind „erworbene emotionale Dispositionen“ (Beispiel siehe Seite 131 in Meyer et al.)
Es ist zumindest typisch für komplexe Emotionen und Gesinnungen, dass diese gelernt werden…
…und zwar überwiegend durch Assoziation (klassisches Konditionieren).
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was sind Sekundäre Emotionen?
B. Abgeleitete Emotionen
Beispiele sind Reue, Freude, Hoffnung(slosigkeit), Zuversicht, Verzweiflung…
• in aller Regel mit dem erfolgreichen oder nicht erfolgreichen Ausführen einer
Handlung in Zusammenhang stehend;
• nicht mit einem spezifischen Handlungsimpuls assoziiert;
• oftmals mit einem engen Bezug zum kognitiven Konzept der Erfolgserwartung…
• …und dies meist in Zusammenhang mit anderen Instinktzielen.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was sind Sekundäre Emotionen?
B. Abgeleitete Emotionen
Es müssen also ZWEI Faktoren zusammen auftreten, von denen letzterer wohl in der
Regel nur beim Menschen auftreten wird:
1. Konativer Faktor = aktivierte Handlungstendenz eines spezifischen
Instinktprozesses
2. Kognitiver Faktor = subjektive Wahrscheinlichkeit von Erfolg / Misserfolg
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was sind Sekundäre Emotionen?
B. Abgeleitete Emotionen
„In der entwickelten Psyche umfasst jede Aktivierung einer primären Emotion … das Bewusstsein des Strebens und auch der Wahrscheinlichkeit des Erfolgs und Misserfolgs dieses Strebens.
Daher sind (fast) alle unsere konkreten Erlebnisse von primären und komplexen Emotionen durch abgeleitete Emotionen verkompliziert.“
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Was sind Sekundäre Emotionen?
B. Abgeleitete Emotionen
McDougalls Beispiel:
Polarforscher auf dem Heimweg, mit Übergang von Zuversicht in Hoffnung, dann in
Hoffnungslosigkeit und letztlich in Verzweiflung…
Merkmale in diesem Fall:
A. Konstanz der konativen Komponente
B. Variation der Wahrscheinlichkeitskomponente
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Rezeptionsgeschichte der Theorie
Einerseits:
Kritik aus behavioristischer Perspektive; McDougall als "rotes Tuch" der Psychologie;
Andererseits:
Vorwegnahme und/oder Wegbereitung zahlreicher Aspekte der modernen Auf-fassungen (der evolutionären Psychologie) über Emotionen.
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Warum ist William McDougall so lange Zeit in Vergessenheit geraten?
Mögliche Argumente:
• Mangelnde experimentelle Belege für seine Theorie
• Keine Ablehnung des Lamarckismus
• Analyse parapsychologischer Phänomene
Aber:
• Vorwegnahme der Evolutionären Psychologie
• der Lamarckismus war zu seiner Zeit ein weit verbreiteter Irrtum; und gerade McDougall trug dazu bei, diese Anschauung zu falsifizieren
• die Parapsychologie wurde inzwischen ein Teilgebiet der Psychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Warum ist McDougall so lange in Vergessenheit geraten?
Mögliche Argumente:
• McDougall hat die Statistik niemals verstanden, insbesondere zentrale Konzepte der
Wahrscheinlichkeitsrechnung und die zu seiner Zeit erfundene Faktorenanalyse;
• zwischen 1904 und 1920 hatte er keine Möglichkeit, experimentell zu arbeiten;
• „McDougall could win arguments, as against John B. Watson – nevertheless he was
steadily loosing the war.“
• UND: Ein wichtiger Grund, warum McDougall nie rehabilitiert wurde, liegt in seiner
Haltung zur Eugenik.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Warum ist McDougall wie kein anderer Psychologe in Vergessenheit geraten?
McDougalls Thesen, die ihn heute auch noch zum Außenseiter machen:
1. Es gebe nicht nur Angeborenes – es gebe auch angeborene individuelle Unterschiede.
2. Es gebe auch „Gruppenunterschiede“ – beispielsweise zwischen Nationen wie Frankreich und England. McDougall glaubte, dies aufgrund seiner historischen Kenntnisse beurteilen zu können.
3. „Demokratischer Elitarismus“ und Eugenik: McDougall sympathisierte niemals mit den Ideen der deutschen Nationalsozialisten – er unterstütze aber zum Beispiel die Bemühungen Japans um eine „relative Eugenik“.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Warum ist McDougall wie kein anderer Psychologe in Vergessenheit geraten?
Zur „relativen Eugenik“:
In Japan: Es gab im 20. Jahrhundert geplante Heiraten, die in einem sehr deutlichen Anstieg des
japanischen IQs über einen Zeitraum mehrerer Jahrzehnte resultierten. Zwar gab es diesen Effekt
in vielen Teilen der Welt über das 20. Jahrhundert gesehen (siehe Flynn-Effekt), in Japan jedoch
besonders deutlich:
Die Korrelation für den japanischen IQ mit dem Jahr der Erhebung für das 20. Jahrhundert beträgt
.80 … ähnliche Praktiken und ähnliche Ergebnisse gab es im kommunistischen China und später in
Singapur ...
... wie überhaupt die kollektivistischen östlichen Kulturen einer relativen Eugenik traditionell
keineswegs ablehnend gegenüber stehen … im Gegensatz zu den individualistischen, westlichen
Kulturen.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
Die Emotionstheorie von William McDougall
Warum ist McDougall wie kein anderer Psychologe in Vergessenheit geraten?
Fazit:
McDougall war nicht bereit, den genannten Ideen abzuschwören, da er hiervon zutiefst
überzeugt war. Er teilt viele Elemente dieser Haltung beispielsweise mit Konrad Lorenz
– ohne dass McDougall dieselben Ehren zuteil geworden wären.
Was Charles Darwin und vor allem auch Konrad Lorenz am Tierverhalten zeigten,
übertrug McDougall auf den Menschen. Die hier gebotene ethische Umsicht ließ
McDougall jedoch sehr oft vermissen.
www.allpsy2.deProf. Dr. Udo Rudolph ∙ Allgemeine & Biopsychologie
ZeittafelMeilensteine der Emotionspsychologie
1850 1900 1950 2000
Charles Darwin
1859, 1872
McDougall
1908, 1923
Expressionof Emotions
EvolutionaryPsychology
EvolutionaryPsychology
Origin ofSpecies
J. B. Watson
1913, 1920Behaviorism
William James
1890Central Founder Figure of Psychology Biological Theories
of Emotion