Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt...

51
Bayerisches Landesamt für Umwelt Gefahrenhinweiskarte Jura Steinschlag – Rutschung – Subrosion Landkreis Kulmbach Georisiken im Klimawandel

Transcript of Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt...

Page 1: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Bayerisches Landesamt für Umwelt

Gefahrenhinweiskarte Jura

Steinschlag – Rutschung – SubrosionLandkreis Kulmbach

Georisiken im Klimawandel

Page 2: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch
Page 3: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Bayerisches Landesamt für Umwelt

Gefahrenhinweiskarte Jura Steinschlag – Rutschung – Subrosion

Landkreis Kulmbach

Georisiken im Klimawandel

UmweltSpezial

Page 4: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Impressum

Gefahrenhinweiskarte Jura Steinschlag – Rutschung – Subrosion Landkreis Kulmbach Georisiken im Klimawandel

Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 86179 Augsburg Tel.: 0821 9071 - 0 Fax: 0821 9071 - 5556 E-Mail: [email protected] Internet: www.lfu.bayern.de

Bearbeitung/Text/Konzept: LfU, Referat 102, Simone Patula, Martina Reinwald, Stefan Oertel, Peter Thom, Dr. Andreas von Poschinger

Redaktion: LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger

Bildnachweis: Bayerisches Landesamt für Umwelt

Druck: Eigendruck Bayerisches Landesamt für Umwelt

Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier.

Stand: Februar 2014

Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren Inhalte nicht verantwortlich.

Page 5: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 3

Inhaltsverzeichnis

Bericht

1 Einleitung 9

2 Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Kulmbach 9

3 Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren 11

4 Erfasste Prozesse 12

4.1 Steinschlag und Felssturz 12

4.2 Rutschungen 12

4.3 Subrosion / Erdfälle 13

5 Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen 14

6 Präsentation der Ergebnisse 15

6.1 Präsentation auf CD-ROM als „geo pdf“ 15

6.2 Präsentation der Ergebnisse im Internet 16

7 Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten 16

7.1 Sicherheitsrecht 16

7.2 Baurecht 16

7.2.1 Bauleitplanung 16

7.2.2 Einzelbauvorhaben 16

7.3 Verkehrssicherungspflicht 17

8 Ausblick 17

Page 6: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Inhalt

4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Anhang – Vorgehensweise und technische Details

1 Einleitung 1

2 Datengrundlagen 1

2.1 Karten 1

2.1.1 Topographische Karten 1

2.1.2 Geologische Karten 1

2.2 Digitales Geländemodell 1

2.2.1 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Steinschlagsimulation 2

2.2.2 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und Erfassung von Erdfällen / Dolinen 3

2.3 Wald / Forst 4

2.4 Gebäude 4

2.5 Daten aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) (www.bis.bayern.de) 4

3 Geologischer Rahmen 5

4 Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten 7

4.1 Dispositionsmodelle 8

4.2 Prozessmodelle 8

5 Stein- und Blockschlag 8

5.1 Dispositionsmodell 8

5.1.1 Dispositionsmodell 1: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus den GEORISK-Daten 8

5.1.2 Dispositionsmodell 2: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus dem DGM über den Grenzneigungswinkel 8

5.2 Prozessmodell 9

5.2.1 Festlegung der Bemessungsereignisse (Sturzblockgrößen) 10

5.2.2 Numerische Modellierung 18

5.3 Ergebnisse und Erläuterung der Stein- und Blockschlagmodellierung 21

6 Rutschungen 22

6.1 Dispositionsmodell – Ermittlung tiefreichender Rutschungen aus GEORISK- Daten 22

6.2 Prozessmodell – Ermittlung des potenziellen Bewegungsbereiches (Ausweitung) tiefreichender Rutschungen 23

Page 7: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 5

6.3 Vorgehensweise im Projekt 23

6.3.1 Selektion und Attributierung digitaler Objekte 24

6.3.2 Geländeuntersuchungen – Ergänzungen, Präzisierung und Evaluierung 24

6.4 Ergebnisse der empirischen Rutschungsanalyse 27

7 Subrosion / Dolinen / Erdfälle 27

7.1 Vorgehensweise im Projekt 28

7.1.1 Erfassung und Bewertung von Erdfällen / Dolinen 28

7.1.2 Erfassung und Bewertung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen Untergrundes 28

7.2 Ergebnisse der Subrosionsanalyse 28

8 Literatur 29

Page 8: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Inhalt

6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abbildungsverzeichnis (Bericht): Abb. 1: Lageplan des Untersuchungsgebiets im Landkreis Kulmbach (schwarz umrandet) 10

Abb. 2: Anbruchbereich einer Rutschung an der Hallleite westlich von Wüstendorf 13

Abb. 3: Doline östlich von Feulersdorf 14

Abb. 4: „geo pdf“ Gefahrenhinweiskarte 15

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis (Anhang): Abb. 1: Auflösung des Digitalen Geländemodells. Gelb umrandet: das Untersuchungsgebiet im

Landkreis Kulmbach 2

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Schattenmodell für den Landkreis Kulmbach. Rutschungsbereich rot umrandet 3

Abb. 3: Ausschnitt aus dem Fachthema Georisiken im BIS-BY (www.bis.bayern.de) 5

Abb. 4: Projektgebiet (gelb umrandet) mit Ausschnitt aus der geologischen Übersichtskarte 1 : 500 000 7

Abb. 5: Schematische Darstellung der prinzipiellen Prozesse: Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und Bäumen sowie Spring- und Rollprozesse 10

Abb. 6: Schematische Darstellung der Risikostufen 11

Abb. 7: Sturzblock-geometrie. Der Sturzblock wird durch die Längen der 3 Hauptachsen x, y, z (hier: a, b und c) und seine Masse beschrieben. 13

Abb. 8: Unterer und Mittlerer Buntsandstein in Kulmbach 14

Abb. 9: Oberer Muschelkalk bei Schwingen 15

Abb. 10: Unterer Burgsandstein in Mainleus 15

Abb. 11: Dogger Gamma bis Zeta bei Alladorf 16

Abb. 12: Malm Alpha und Beta Schichtfazies, am Aubach bei Menchau 17

Abb. 13: Malm-Delta Schichtfazies bei Schirradorf 17

Abb. 14: Malm Delta Rifffazies bei Schirradorf 18

Abb. 15: Dämpfung und Rauigkeit. Der Dämpfungswert kann Werte zwischen 1 (sehr harter Untergrund) und 5 (Sumpf) annehmen. Der Rauigkeitswert kann Werte zwischen 1 (glatte Oberfläche) und 20 (sehr raue Oberfläche) betragen. 19

Abb. 16: Modell der mittleren baumfreien Strecke (aus KRUMMENACHER, B. ET AL. (2005) 21

Abb. 17: Nackental am Wüstendorferbach bei Wüstendorf 25

Page 9: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Inhalt

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 7

Abb. 18: Zerrspalten südöstlich des Weinreichsgrabes bei Neudrossenfeld 25

Abb. 19: Anbruchbereich mit säbelwüchsigen Bäumen auf der Rutschmasse am Höhgraben bei Felkendorf 26

Abb. 20: Stufenförmige Verebnung mit Vernässungsstelle bei Pleofen 26

Tab. 1: Abgeleitete Daten aus dem 2 m-DGM 3

Tab. 2: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für den Landkreis Kulmbach 13

Tab. 3: Waldparameter 20

Tab. 4: Attributierung und (Qualitäts-) Bewertung der selektierten Objekte im Landkreis 24

Page 10: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Inhalt

8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Page 11: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Einleitung

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 9

Bericht

1 Einleitung Gelegentliche Naturgefahrenereignisse sind in Gegenden mit entsprechendem Relief ein normales Phänomen. Im Zuge des natürlichen Gebirgsabtrages entstehen Rutschungen, Felsstürze und Muren. Sie spiegeln das grundsätzlich sehr labile Gleichgewicht wider, in dem sich die Hänge befinden. Die-ses Gleichgewicht ist durch die über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende einwirkenden Kräfte be-stimmt worden. Während sich einige Faktoren, wie die Gravitation oder die Aktivität von Erdbeben, langfristig kaum verändert haben, zeigen sich am ehesten Variationen der Witterungseinflüsse. Inner-halb bestimmter Schwankungsbereiche gab es schon immer extreme Wetterereignisse, die auch zu Hangbewegungen geführt haben. Nach den Prognosen der Klimaforscher ist es nun aber möglich, dass sich aufgrund einer Klimaänderung die bisherigen Schwankungsbereiche relativ kurzfristig ver-ändern. Dies hat zur Folge, dass sich auch an den Hängen erst wieder neue Gleichgewichtszustände einstellen müssen und deshalb verstärkt mit Hangbewegungen zu rechnen ist.

Präventivmaßnahmen für einen Klimawandel und seine Folgen sind deshalb auf jeden Fall angebracht und sinnvoll. In diesem Sinn verfolgt der Geologische Dienst am Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU) bereits seit langem eine vorbeugende Strategie.

Ein Schutz gegen Naturgefahren kann auch aus Kosten- und Nachhaltigkeitsgründen immer weniger durch bauliche Maßnahmen gewährleistet werden, sondern muss nicht zuletzt durch Planungsmaß-nahmen herbeigeführt werden. Gefahrenhinweiskarten sind mit der Erkennung und Ausweisung von bedrohten Bereichen eine wesentliche Grundlage zum Schutz gefährdeter Gebiete. Zur Umsetzung raumplanerischer Maßnahmen bzw. um zu verhindern, dass von Hangbewegungen bedrohte Gebiete unbedacht bebaut und besiedelt werden, sind diese Kartenwerke eine wesentliche Voraussetzung.

Das Projekt wird mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

2 Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Kulmbach Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten für die sensiblen Bereiche des Schwäbisch-Fränkischen Jura. Die Bearbeitung erfolgt schrittweise nach Landkreisen.

Der Landkreis Kulmbach wurden die auf der Karte in Abb. 1 mit dem Hillshade (grau) hinterlegten Gemeindegebiete als besonders sensibel eingestuft und bearbeitet. Die gelbe Umrandung entspricht dem gesamten Landkreis.

Page 12: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Das Untersuchungsgebiet – Landkreis Kulmbach

10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 1: Lageplan des Untersuchungsgebiets im Landkreis Kulmbach (schwarz umrandet)

Das bearbeitete Projektgebiet umfasst ca. 332,5 km². Dies entspricht etwa 50% des insgesamt 658 km² großen Landkreises. Der bearbeitete Teil des Landkreises Kulmbach erstreckt sich über eine Höhe von 282 m bis 580 m ü. NN und befindet sich am nordöstlichen Rand der Fränkischen Alb.

Das Projektgebiet wird aus geologischer Sicht durch die Schichtstufen des Jura und der Trias charak-terisiert. Die Gesteinsabfolge reicht vom Mittleren Keuper bis zum Oberen Malm. Teilweise liegt noch eine quartäre Überdeckung vor. Näheres zur Geologie kann den jeweiligen Geologischen Karten ent-nommen werden, zudem wird in der Anlage noch auf die Geologie eingegangen.

Page 13: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 11

Die Jahresmitteltemperatur variiert im Projektgebiet zwischen 5 °C und 6 °C am südlichen Rand des Landkreises und zwischen 8 °C und 9 °C entlang des Mains. Die durchschnittliche Jahresnieder-schlagssumme liegt bei 550-950 mm (BAYFORKLIM (1996), Klimakarten 1 : 1 000 000).

Im Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) sind für den gesamten Landkreis Kulmbach derzeit 276 Hangbewegungsobjekte im GEORISK-Kataster (Stand Februar 2014) verzeichnet.

3 Gefahrenhinweiskarte zu geologischen Gefahren Details zur Erstellung der Gefahrenhinweiskarte sind im Anhang (Kapitel 5 bis 8) aufgeführt.

Die Gefahrenhinweiskarte beinhaltet eine großräumige Übersicht über die Gefährdungssituation mit Angaben der Gefahrenart, jedoch nicht zur Intensität oder zur Wahrscheinlichkeit. Der Zielmaßstab liegt bei 1 : 25 000.

Gefahrenhinweiskarten sind Planungshilfen für bauliche und infrastrukturelle Projekte, insbesondere im Rahmen der Flächennutzungsplanung. Sie erlauben die Bewertung der Gefährdung bestehender Siedlungsräume und Infrastruktur durch geologische Gefahren. Sie sind ein Hilfsinstrument, finanzielle Mittel zur Gefahrenminderung sinnvoll zu verwenden sowie potenzielle Gefahrenbrennpunkte frühzei-tig zu erkennen.

Die Gefahrenhinweiskarte Bayern unterscheidet zwischen verschiedenen geomorphologischen Pro-zessen, wobei jeweils unterschiedliche Vorgehensweisen zur Abgrenzung der Gefährdungsbereiche notwendig sind:

• Beim Prozess Steinschlag / Blockschlag findet grundsätzlich eine numerische Modellierung statt;

• Die Reichweite tiefreichender Rutschungen und Felsstürze muss mangels entsprechender Simulationsprogramme empirisch, vorwiegend anhand von Geländebegehungen bestimmt wer-den;

• Eine Anfälligkeit für Erdfälle wird vorwiegend durch frühere Ereignisse dokumentiert. Es werden deshalb alle erkennbaren Erdfallstrukturen erfasst und dargestellt. Zudem werden karstanfällige Gesteine (Sulfat-, Salinar-, Karbonatkarst) ausgewiesen.

Jedem einzelnen Prozess wird bei der Modellierung und der Analyse ein sogenanntes Bemessungs-ereignis zugrunde gelegt, welches ein wahrscheinlich eintretendes Massenbewegungsereignis be-schreibt.

Die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten muss objektunabhängig erfolgen, das heißt ohne Rück-sicht auf den konkreten Wert der potenziell betroffenen Bauwerke. Zu dieser Objektunabhängigkeit gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen bei der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten nicht berücksichtigt werden.

Die Verwendung der Gefahrenhinweiskarte ist je nach Nutzerkreis (v. a. Landratsämter und Kommu-nen, Fachbehörden, Planer, Private) sehr unterschiedlich. Im Rahmen der Flächennutzungsplanung z. B. sind langfristige Aussagen erforderlich, da Wohngebäuden eine lange Lebensdauer zugespro-chen wird. Eine Berücksichtigung eines schützenden Waldbestandes sollte deshalb hier nicht erfol-gen, denn der Baumbestand kann durch Schadereignisse unvorhergesehen wegfallen. Bei der Bewer-tung der aktuellen Gefährdung von bestehenden Gebäuden oder von Straßen ist aber der Einbezug eines Schutzwaldes unabdingbar.

Page 14: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Erfasste Prozesse

12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

4 Erfasste Prozesse

4.1 Steinschlag und Felssturz Stein- und Blockschlag

Steinschlag ist definiert als periodisches Sturzereignis von einzelnen, kleineren Festgesteinspartien (0 - 1 m³) bis hin zur Blockgröße (Blockschlag: 1 - 10 m³). Die Ursachen für Stein- und Blockschlag liegen in langfristiger Materialentfestigung und Verwitterung an den Trennflächen. Gefördert wird die Ablösung durch Frosteinwirkung, Temperaturschwankungen und Wurzelsprengung. Gerade bei Sturm ist vermehrt mit Steinschlag unter Felswänden zu rechnen, da die Bäume die dynamische Belastung über die Wurzeln in den Untergrund einleiten. Falls Bäume infolge eines Sturms umstürzen, werden Steine freigelegt oder sogar hoch gehebelt, so dass sie abstürzen können. Auch Erdbeben können Stein- und Blockschlag auslösen.

Die kinetische Energie der Blöcke, ihre Sprunghöhen und die Reichweite sind entscheidende Faktoren für einen eventuellen Schaden, aber auch für die Planung von Schutzmaßnahmen. Wenn die Ein-gangsparameter wie Blockgröße, Dämpfung, Hanggeometrie etc. gut bekannt sind, können mit Hilfe von numerischen Simulationsmodellen die Sprunghöhen und Energien berechnet werden. Künstliche Schutzmaßnahmen wie z. B. Zäune oder Netze werden dann entsprechend dimensioniert. Als Alter-native oder Ergänzung zu Fangnetzen können Felswände auch regelmäßig von lockeren Steinen und Blöcken beräumt werden (Felsputzen). Auch ein intakter Wald ist ein guter Steinschlagschutz.

Felssturz

Beim Felssturz lösen sich größere Felspartien aus Wandstufen und stürzen ab. Gegenüber einem Bergsturz sind das Volumen (unter 1 Million m³) und die Dynamik deutlich geringer. Im Gegensatz zum Stein- oder Blockschlag, der aus Einzelkomponenten besteht, erfolgt beim Felssturz eine gegen-seitige Beeinflussung der Blöcke während der Bewegung. Aufgrund des plötzlichen Auftretens und der hohen Energie sind sie als sehr gefährlich einzustufen.

Die Ursache für Felsstürze ist in Faktoren wie Spannungsumlagerung, Materialermüdung und Verwit-terung an Trennflächen zu suchen. Die Auslöser sind oft weniger eindeutig als bei anderen Hangbe-wegungen. Frost, Temperaturschwankungen, Erdbeben oder Niederschlag kommen hier z. B. in Fra-ge. Häufig erfolgen Felsstürze aber auch nach einer gewissen Vorbereitungsphase ohne weitere er-kennbare Anlässe.

Im Projektgebiet sind keine größeren Felssturzereignisse zu erwarten, weshalb dieser Prozess im Landkreis Kulmbach nicht eigens bearbeitet wurde.

4.2 Rutschungen Rutschungen sind hangabwärts gerichtete, gleitende Bewegungen von Fest- und/oder Lockergestein (Abb. 2). Geschwindigkeiten von wenigen Zentimetern pro Jahr bis zu mehreren Metern pro Minute sind möglich. Der Tiefgang reicht von wenigen Metern bis über 100 m.

Rutschungen sind das Ergebnis von Scherbrüchen, wobei bestehende Schwächezonen aktiviert wer-den. Im Festgestein sind dies z. B. Schichtflächen, Klüfte oder Störungen. Die Grenze zwischen Fest-gestein und Lockergesteinsüberdeckung ist ebenfalls ein typischer Anbruch- und Gleithorizont. Inner-halb von homogenen Lockergesteinen fehlen solche vorgezeichneten Schwächezonen oft. Dement-sprechend treten auch unterschiedliche Formen von Rutschungen auf.

Page 15: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Erfasste Prozesse

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 13

Anlass für Rutschungen ist in vielen Fällen eine starke Durchnässung, wobei kurze Starkregen übli-cherweise nur flache Rutschungen aktivieren. Tiefreichende Rutschungen werden eher durch länger anhaltende Nässeperioden ausgelöst. Maßgeblich ist eine Erhöhung des Porenwasserdruckes, der zu einer Verminderung der Scherfestigkeit führt.

Gerade größere Rutschungen sind meist keine einmaligen Ereignisse. Die Massen kommen nach ei-ner Bewegungsphase zunächst wieder zur Ruhe, bis sie nach Jahren, Jahrzehnten oder sogar Jahr-tausenden wieder reaktiviert werden. Deshalb ist die Kenntnis von alten Rutschmassen für die Gefah-renabschätzung sehr wichtig.

Abb. 2: Anbruchbereich einer Rutschung an der Hall-leite westlich von Wüs-tendorf

4.3 Subrosion / Erdfälle In löslichen Gesteinen, in erster Linie in Salz, Gips, Anhydrit und Kalk, aber auch in Dolomit, können durch Lösungsvorgänge (Subrosion oder Verkarstung) natürliche Hohlräume entstehen. Das mecha-nische Ausspülen von lockeren Feinanteilen (Suffosion) und die chemische Auflösung durch Wasser im Untergrund führen zu Schwund von Substanz und schließlich zur Bildung unterirdischer Hohlräu-me. Durch den Einsturz dieser Hohlräume bilden sich nahezu runde Strukturen (Dolinen) von einigen Metern bis mehreren Zehnermetern Durchmesser und wechselnder Tiefe (Abb. 3). Durch langsame Senkung können auch großflächige, nicht genau abgrenzbare Mulden entstehen.

Die im Landkreis Kulmbach auftretenden Dolinen können lokal, besonders bei plötzlicher Entstehung (sogenannte Erdfälle), eine geogen bedingte Gefährdung darstellen. Die Wahrscheinlichkeit für einen spontanen Einbruch ist im Untersuchungsgebiet je nach geologischem Untergrund sehr unterschied-lich. Weit verbreitet sind solche Einbruchstrukturen beispielsweise in den stark verkarsteten Malmkal-ken auf der Albhochfläche, sowie in sulfathaltigen Schichten der Germanischen Trias.

Page 16: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen

14 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 3: Doline östlich von Feu-lersdorf

5 Grenzen der Anwendbarkeit und Einschränkungen Die vorliegende Gefahrenhinweiskarte wurde für den Zielmaßstab 1 : 25 000 erarbeitet. Sie stellt so-mit keine parzellenscharfe Einteilung von Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist als Saum und nicht als scharfe Grenze zu sehen. Auch erheben die Modellierungen der geogenen Gefährdungsprozesse, die in der Karte dargestellt sind, keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als auch zukünftige Hangbe-wegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit Hilfe zeitgemäßer numeri-scher Modelle ermittelt wurden. Bei den Betrachtungen wurden Hangbewegungsereignisse herange-zogen bzw. modelliert, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden wer-den. Selten auftretende Extremereignisse wurden nicht berücksichtigt und müssen aus geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Restrisiko bezeichnet werden (Anhang Kapitel 5.2.1).

Ebenso wenig wurden Murereignisse (Sonderform der Hochwasserabflüsse in Wildbächen, schnell fließende Gemische aus Wasser und Feststoffen wie Boden, Gesteinsschutt aller Korngrößen, Holz, Vegetation) in der Gefahrenhinweiskarte berücksichtigt.

Die Gefahrenhinweiskarte dient als Grundlage für die Bauleitplanung zu einer ersten Erkennung von Interessenskonflikten bzw. Gefahrenverdachtsflächen. Sie ist eine nach objektiven, wissenschaftlichen Kriterien erstellte Übersichtskarte mit Hinweisen auf Gefahren, die identifiziert und lokalisiert, jedoch nicht im Detail analysiert und bewertet werden. Sie gibt den aktuellen Bearbeitungsstand wieder und muss gelegentlich aktualisiert werden. Die Gefahrenhinweiskarte dient nicht der Detailplanung son-dern der übergeordneten (regionalen) Planung.

Gefahrenhinweiskarten sollen nicht als Bauverbotskarten wirken, sondern nur in allen kritischen Fäl-len den Bedarf nach weitergehenden Untersuchungen offen legen. In diesen Fällen muss dann gege-benenfalls erst in einem Detailgutachten festgestellt werden, ob im Einzelfall eine Sicherung notwen-dig, technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und im Sinne der Nachhaltigkeit tatsächlich anzustreben ist.

Page 17: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Präsentation der Ergebnisse

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 15

6 Präsentation der Ergebnisse

6.1 Präsentation auf CD-ROM als „geo pdf“ Auf der beigefügten CD-ROM sind die Ergebnisse (Gefahrenhinweiskarte) sowohl als „geo pdf“ als auch im Dateiformat Shapefile enthalten.

Das „geo pdf“ kann mit dem Programm Adobe- Reader geöffnet werden (Abb. 4). Es enthält nachfol-gende Informationen (Themen):

Gefahrenhinweiskarte

Hinweis auf Gefährdung durch

• Stein-/ Blockschlag (unter Berücksichtigung des Waldbestandes)

• Tiefreichende Rutschungen

• Dolinen, Erdfälle

Hinweis auf Gefährdung im Extremfall durch

• Stein-/ Blockschlag (ohne Berücksichtigung des Waldbestandes

• Rutschanfälligkeit

• Verkarstungsfähigen Untergrund

Für jeden Prozess werden zwei verschiedene Szenarien dargestellt. Im Fall eines konkreten Hinwei-ses auf eine Gefährdung sind die Prozesse in roter Farbe dargestellt; bei einer Gefährdung im Ext-remfall sind die Prozesse in Orange abgegrenzt.

Die Geobasisdaten (Hintergrundkarte und Verwaltungsgrenzen) entstammen der Bayerischen Lan-desvermessung.

Abb. 4: „geo pdf“ Gefahren-hinweiskarte

Zusätzlich zum „geo pdf“ sind auf der beigefügten CD-ROM Dateien im Format shapefile enthalten, die z. B. mit dem Programm ArcGIS (Firma ESRI) geöffnet werden können.

Page 18: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten

16 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

6.2 Präsentation der Ergebnisse im Internet Teilbereiche der im Rahmen dieses Projektes erstellten Gefahrenhinweiskarten, die keiner bzw. nur wenig weiterer Interpretation bedürfen, werden in das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) integriert und somit der Allgemeinheit über den Internetzugang www.bis.bayern.de zur Verfügung ge-stellt. Hier sind unter dem Fachthema Georisiken bei den Gefahrenhinweiskarten die Kategorien Sturzprozess (mit Wald), Tiefreichende Rutschung sowie Erdfälle / Dolinen einsehbar.

Seit Februar 2013 besteht außerdem die Möglichkeit über die „Standortauskunft Georisiken“ um-fassende Informationen zu Gefahrenhinweiskarten und Georisiken an einem bestimmten Standort in Bayern abzurufen. Über die Angabe einer Adresse oder einen Klick in die Karte wird für diesen Standort ein PDF-Dokument erzeugt, das alle dem LfU vorliegenden Informationen zu Georisiken und Gefahrenhinweiskarten zusammenfasst und erläutert. Die „Standortauskunft“ kann sowohl auf der In-ternetseite des Landesamtes für Umwelt www.lfu.bayern.de: Themen Geologie Georisiken Standortauskunft Georisiken als auch im Geo-FachdatenAtlas (BIS-BY) www.bis.bayern.de über den Reiter Standortauskunft abgerufen werden.

7 Rechtliche Aspekte der Gefahrenhinweiskarten In einem interministeriell abgestimmten Rundschreiben vom 17.08.2010 (Hinweise zur Umsetzung der Gefahrenhinweiskarte für den Verwaltungsvollzug; Download unter: www.lfu.bayern.de Geologie Georisiken Daten und Karten Massenbewegungen) wurden Hinweise für den rechtlichen Um-gang mit Gefahrenhinweiskarten gegeben. Kurzgefasst ist folgendes festzustellen:

7.1 Sicherheitsrecht Anordnungen nach dem Sicherheitsrecht können nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr erfolgen. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinrei-chend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Die Einstufung in der Gefahrenhinweiskarte allein lässt in der Regel keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr zu. Für die Annahme einer konkreten Gefahr bedürfte es weiterer Anhaltspunkte und ggf. spezieller Gutachten.

7.2 Baurecht

7.2.1 Bauleitplanung Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sind insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit zu berücksichtigen. Daher muss sich eine Gemeinde, die eine Fläche in einem ge-kennzeichneten Hinweisbereich für Geogefahren überplanen will, im Rahmen der Abwägung mit den bestehenden Risiken auseinandersetzen. Hierzu kann im Rahmen der Behördenbeteiligung das LfU hinzugezogen werden. Dieses kann Hinweise für den jeweiligen Einzelfall geben, ggf. geeignete Schutzmaßnahmen empfehlen oder auch die Gemeinde an einen spezialisierten Gutachter verweisen.

7.2.2 Einzelbauvorhaben Auch bei Vorhaben im unbeplanten Innenbereich und bei Außenbereichsvorhaben müssen die An-forderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Im Geltungsbereich ei-nes Bebauungsplans sind Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar sind. Zudem muss das jeweilige Grund-stück nach seiner Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet sein und Anlagen sind so

Page 19: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Ausblick

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 17

zu errichten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbes. Leben und Gesundheit nicht ge-fährdet werden.

Die bloße Lage eines Grundstücks in einem Gefahrenhinweisbereich ist kein Grund, ein Bauvorhaben abzulehnen. Es bedarf ggf. weiterer Anhaltspunkte, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr hin-deuten (z. B. Kenntnis über regelmäßige Steinschläge in dem Bereich). Liegen diese der Bauauf-sichtsbehörde vor, so sind weitere Nachforschungen anzustellen und ggf. das LfU oder ein Privatgut-achter hinzuzuziehen.

7.3 Verkehrssicherungspflicht Entsprechend dem Zitat eines BGH-Urteils kann zusammengefasst werden: „Wer sich an einer ge-fährlichen Stelle ansiedelt, muss grundsätzlich selbst für seinen Schutz sorgen. Er kann nicht von seinem Nachbarn verlangen, dass dieser nunmehr umfangreiche Sicherungsmaßnahmen ergreift. Der Nachbar ist lediglich verpflichtet, die Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auf sei-nem Grundstück zu dulden. Für allein von Naturkräften ausgelöste Schäden kann der Eigentümer nicht verantwortlich gemacht werden. Der Eigentümer ist nur dann haftbar, wenn z. B. ein Felssturz durch von Menschenhand vorgenommene Veränderungen des Hanggrundstücks, zum Beispiel durch die wirtschaftliche Nutzung (z. B. Kahlschlag), verursacht wurde.

8 Ausblick Für den Bayerischen Alpenbereich liegen inzwischen flächendeckend Gefahrenhinweiskarten für Geo-gefahren vor. Mit der Bearbeitung der Schwäbisch-Fränkischen Alb wurde 2011 in den Landkreisen Lichtenfels und Kulmbach begonnen, weitere Landkreise sind dort in Arbeit oder geplant. Zudem wird eine Gefahrenhinweiskarte für das Alpenvorland erstellt.

Mittelfristig ist vorgesehen, außer den geogenen Naturgefahren auch weitere Prozesse wie z. B. Mu-ren, Lawinen und Hochwasser gemeinsam in Gefahrenhinweiskarten darzustellen.

Page 20: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Ausblick

18 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Page 21: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Einleitung

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 1

Anhang – Vorgehensweise und technische Details

1 Einleitung Die Vorgehensweise zur Abgrenzung der Gefahrenhinweisbereiche für die verschiedenen Prozesse wird auf den folgenden Seiten ausführlich erläutert. Ziel ist es, die durchgeführten Arbeiten, die für die Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche notwendig waren, nachvollziehbar zu beschreiben, um eine größtmögliche Akzeptanz für die Gefahrenhinweiskarten zu schaffen.

2 Datengrundlagen Eine einheitliche Datenbasis für die Modellierung bzw. Bearbeitung muss für alle Bearbeitungsgebiete gewährleistet sein, um vergleichbare Ergebnisse zu erhalten. Nachfolgend werden die wichtigsten Ba-sisdaten aufgeführt, die eine Minimalanforderung für die Erstellung von Gefahrenhinweiskarten dar-stellen.

2.1 Karten

2.1.1 Topographische Karten Als topographische Grundlage wird für die Bearbeitung die Topographische Karte von Bayern des Bayerischen Landesamtes für Vermessung und Geoinformation (LVG) im Maßstab 1 : 25 000 im Ras-terformat (TK 25) verwendet. Die Grundlage des Karteninhalts bildet dabei das Digitale Landschafts-modell (DLM25) aus ATKIS® Bayern.

2.1.2 Geologische Karten Als Standardkarte wird die Geologische Karte im Maßstab 1 : 25 000 (GK 25) des Bayerischen Lan-desamtes für Umwelt (LfU) verwendet.

2.2 Digitales Geländemodell Das Digitale Geländemodell (DGM) ist wesentlicher Bestandteil der Modellierung von Steinschlag / Blockschlag. Es wird sowohl für das Dispositionsmodell (Anhang Kapitel 4.1) als auch für das Pro-zessmodell (Anhang Kapitel 4.2) sowie für die visuelle Erfassung und Beurteilung von Rutschungen und Erdfällen / Dolinen verwendet.

Page 22: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Datengrundlagen

2 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 1: Auflösung des Digitalen Geländemodells. Gelb umrandet: das Untersuchungsgebiet im Landkreis Kulm-bach

Für die Erstellung des Digitalen Geländemodells wurde auf Daten des LVG zurückgegriffen. Das LVG erstellt mittels Airborne-Laserscanningverfahren hoch aufgelöste Digitale Geländemodelle. Dargestellt wird dabei die Höhe der Geländeoberfläche. Messpunkte, die auf Gebäude und Vegetation fallen, werden herausgerechnet. Seitens des LVG sind bayernweit Daten in den Auflösungsstufen 1 m, 2 m und 5 m verfügbar, allerdings noch nicht in allen Auflösungsstufen flächendeckend lieferbar.

Für die verschiedenen Anwendungen wurden unterschiedliche Auflösungsstufen des DGM benutzt. Für die Steinschlagsimulation wurden die Eingangsdaten auf Basis der 2 m-Daten aufbereitet. Für die Beurteilung von tiefreichenden Rutschungen und die Ermittlung von Erdfällen / Dolinen wurden Daten im 1 m-Raster verwendet.

2.2.1 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Steinschlagsimulation Für die Modellierung von Steinschlägen wurden Eingangsdaten auf Basis der 2 m-Daten mittels der GIS-Software ArcGIS prozessiert. Im Einzelnen wurden folgende Daten aus dem 2 m-DGM abgeleitet:

Page 23: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Datengrundlagen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 3

Tab. 1: Abgeleitete Daten aus dem 2 m-DGM

Datensatz Umfang / Gültigkeitsbereich Verwendung

DGM 2 m Analyseumfang Sturz Generierung der Sturz-Anbruchzonen mit Nei-gung ≥ 45°

DGM 5 m Modellierungsumfang Sturz (Recht-eck)

Basis der Sturzmodellierung (Ausgabe der mo-dellierten Anbruchpunkte und Sturztrajektorien)

2.2.2 Das Digitale Geländemodell als Grundlage für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und Erfassung von Erdfällen / Dolinen

Auch für die Beurteilung tiefreichender Rutschungen und die Erfassung von Erdfällen und Dolinen wurden Digitale Geländemodelle eingesetzt. Hierzu wurden aus 1 m und 2 m-Rasterdaten Schatten-modelle (Hillshades) erstellt (Abb. 2), die eine genaue Beurteilung der morphologischen Gegebenhei-ten ermöglichen.

Aufgrund des enormen Datenaufkommens beim 1 m-DGM erfolgte die Prozessierung der Daten we-gen der hohen Performanz in den OpenSource-Programmbibliotheken GDAL und OGR. Das Schat-tenmodell wurde mit zwei Beleuchtungsrichtungen (45° und 315°) erstellt.

Abb. 2: Ausschnitt aus dem Schattenmodell für den Landkreis Kulmbach. Rutschungsbereich rot umrandet

Durch Komprimierung sind hoch aufgelöste Höhenmodelle bzw. daraus generierte Schattenmodelle ganzer Landkreise trotz großer Rohdatenmengen im GIS noch gut nutzbar.

Die Schattenmodelle ermöglichen eine gute Visualisierung der Geländemorphologie und somit z. B. eine Vorabbeurteilung von Rutschungsbereichen (Abb. 2).

Page 24: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Datengrundlagen

4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

2.3 Wald / Forst Die Wald- bzw. Forstflächen im Untersuchungsgebiet wurden als einzelne Ebene aus dem Digitalen Landschaftsmodell (DLM25) aus ATKIS® Bayern extrahiert (www.atkis.de). In dem verwendeten Lay-er (VEG02_F; Stand 2012) wird zwischen den Vegetationsmerkmalen Laubholz (1100), Nadelholz (1200) und Laub-und Nadelholz (1300) unterschieden.

2.4 Gebäude Die Gebäude wurden der Digitalen Flurkarte (DFK) vom November 2009 und Mai 2011 entnommen (www.geodaten.bayern.de). Der verwendete Layer (477_Kulmbach) enthält Objekte mit den Attributen bewohnt (1001) und unbewohnt (1002).

2.5 Daten aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) (www.bis.bayern.de)

Das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) ist die zentrale Datenbank des LfU zu Geofachdaten. Große Anteile der Datenbestände sind für jedermann über das Internet einsehbar. Hier sind die be-reits seit 1987 vom ehemaligen Bayerischen Geologischen Landesamt im Rahmen des Programms GEORISK gesammelten Informationen zu Hangbewegungen gespeichert.

Im BIS-BY sind alle Arten von Hangbewegungen systematisch erfasst. Für jede einzelne Hangbewe-gung wurde eine detaillierte Beschreibung zur Art der Hangbewegung und ihrer räumlichen Ausdeh-nung erstellt sowie eine Erläuterung zum Alter und der zukünftigen Entwicklung der Hangbewegung abgefasst. Ebenso wurde der Informationsgrad angegeben und ein Quellennachweis geführt. Die An-bruch- und Ablagerungsbereiche der Hangbewegungen wurden digitalisiert und neben aussagekräfti-gem Bildmaterial im BIS-BY abgespeichert.

Erfahrungsgemäß kommt es in den Bereichen, in denen bereits in früherer Zeit Hangbewegungen stattgefunden haben, auch in der Folgezeit immer wieder zu neuen Ereignissen. Wegen der besonde-ren Sensibilität lag der Arbeitsschwerpunkt zunächst im Bayerischen Alpenraum, so dass für den Schwäbisch-Fränkischen Jura vorab nur sehr wenige Informationen zu Hangbewegungen vorlagen. Die im Rahmen des Projektes erhobenen Daten wurden in das GEORISK-Kataster aufgenommen und in das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY, Abb. 3) des LfU übernommen.

Die GEORISK-Daten aus dem BIS-BY sind die wohl wichtigste Datengrundlage für die Bewertung von Rutschungen. Aber auch bei der Modellierung von Steinschlag und kleineren Felsstürzen können die-se Daten eine gute Grundlage bilden, da sie durch die digitalisierten Anbruchkanten Felswandberei-che markieren, von denen Steinschlag ausgeht. Diese digitalen Daten können direkt in das Dispositi-onsmodell (Anhang Kapitel 5.1) einfließen.

Page 25: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Geologischer Rahmen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 5

Abb. 3: Ausschnitt aus dem Fachthema Georisiken im BIS-BY (www.bis.bayern.de)

3 Geologischer Rahmen Die Gesteine der Trias treten als schmaler Streifen im Bruchschollenland zwischen Fränkischer Alb und dem Frankenwald auf. Sie bilden die Unterlage des Fränkischen Juras und stellen im Projektge-biet die ältesten an der Oberfläche anstehenden Gesteine dar. Die Germanische Trias wird in Bunt-sandstein, Muschelkalk und Keuper untergliedert. Generell handelt es sich bei den Gesteinen der Tri-as des Schichtstufenlandes um küstennahe Bildungen im Germanischen Becken, welche noch einen starken terrestrischen Einfluss widerspiegeln. In diesem Zeitraum wurden hauptsächlich klastische Sedimente wie Sandsteine abgelagert, in denen bereichsweise Ton- und Siltlagen und lokal Karbona-te zwischengeschaltet sind.

Bei den Buntsandsteinsedimenten der Unteren Trias handelt es sich vorwiegend um rötliche Sand-steine, in deren obersten Bereichen Gipseinlagerungen enthalten sein können. Aufgrund der gipshal-tigen Sedimente ist eine Anfälligkeit für Auslaugungsvorgänge und in Folge dessen für Erdfälle gege-ben. Die Sandsteine werden von den marinen Bildungen des Muschelkalks abgelöst, welche grau ge-färbte, karbonatische sowie teilweise salinare Ablagerungen enthalten und somit ebenfalls auslau-gungsanfällig sind. Auf den Muschelkalk folgen Sandsteine und Tone des Keupers, die wiederum in einem vermehrt terrestrisch geprägten Sedimentationsraum entstanden sind. Vereinzelt sind im Mittle-ren Keuper Gipseinlagerungen enthalten, die zu einer Auslaugungsfähigkeit führen.

Die Ablagerungen des Juras bilden den Hauptanteil der Fränkischen Alb und kommen in der westli-chen Hälfte des Arbeitsgebietes vor. Stratigraphisch wird der Jura in Lias, Dogger und Malm unter-gliedert.

An der Rhätoliasstufe, dem Übergang von Keuper- zu Liassedimenten treten zahlreiche Rutschungen auf, da die Rhätoliassandsteine auf den Tonen des Feuerletten aufliegen. Dort lässt sich häufig be-obachten, dass die bis zu mehrere Meter mächtigen Sandsteine in Form von Translationsrutschungen

Page 26: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Geologischer Rahmen

6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

auf den Feuerletten abgleiten. Im beginnenden Jura macht sich ein langsamer Anstieg des Meeres-spiegels bemerkbar, so dass dunkel gefärbte Gesteinsabfolgen des Lias entstanden sind, welche aus Sandsteinen, Mergeln und Tonen bestehen. Der Anstieg des Meeresspiegels setzte sich im Dogger weiterhin fort, wodurch die Gesteine in einem Schelfmeer abgelagert wurden. Im Dogger ist die Lage-rung von wasserdurchlässigem Eisensandstein über den wasserstauenden Schichten des Opalinus-tons besonders rutschgefährdet.

Bei den Sedimenten des Malm handelt es sich um helle Kalke, Mergel und Dolomite, die das Plateau der Fränkischen Alb aufbauen. Die mächtigen Ablagerungen bilden hoch aufragende Steilwände und sind in der gesamten Fränkischen Alb landschaftsprägend. Seit dem Ende ihrer Bildung im Jura sind diese Gesteine der Verwitterung ausgesetzt und somit stark verkarstet. In der nördlichen Frankenalb wurden bereits weite Teile der ursprünglichen Sedimente erodiert, sodass nicht mehr deren gesamte Mächtigkeit erhalten ist. Durch die tief eingeschnittenen Flusstäler und die dadurch steilen Felswände überwiegt bei den Gesteinen des Malm die Steinschlaggefahr. Rutschungen bilden sich meist dann aus, wenn Malmkarbonate auf dem unterlagernden Ornatenton des Dogger abgleiten. In diesem Fall können ganze Schichtpakete im Verband in Bewegung geraten.

Die ehemals über dem Malm abgelagerten Kreidesedimente sind im nördlichen Projektgebiet voll-ständig erodiert und höchstens als Verwitterungsrückstände in Karsthohlräumen zu finden.

Die Karbonate des Malm sind auf der Albhochfläche größtenteils von Alblehmen überdeckt, welche im Tertiär entstanden sind und stellenweise Karstschlotten aufgefüllt haben.

Quartäre Bildungen umfassen im Projektgebiet Umlagerungs- und Verwitterungsprodukte, zu denen beispielsweise Hangschutt oder jüngste fluviatile Ablagerungen zählen. Der Gehängeschutt erreicht an den Talflanken Mächtigkeiten von bis zu mehreren Zehnermetern. Insbesondere wenn das Verwit-terungsmaterial einen hohen Feinkorngehalt aufweist, können Rutschungen im Hangschutt auftreten.

Für weitere detaillierte Informationen zum geologischen Aufbau im Landkreis Kulmbach wird auf die geologischen Karten im Maßstab 1 : 25 000 (BRUNNACKER, K. (1955), EMMERT, U. ET AL. (1960) EMMERT, U. (1977) EMMERT, U. & WEINELT, W. (1962), GUDDEN, H. (1955), KOSCHEL, R. (1970), MEYER, R. K. F. (1972), MEYER, R. K. F. ET AL. (1972), HEGENBERGER, W. (1968)) sowie die Geologische Karte von Bayern 1 : 500 000 (BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT (1996)) inklusive Erläuterungen verwiesen.

Page 27: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskarten

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 7

Abb. 4: Projektgebiet (gelb umrandet) mit Ausschnitt aus der geologischen Über-sichtskarte 1 : 500 000

4 Grundsätzliches zur Erstellung von Gefahrenhinweiskar-ten

Das Abschätzen von Reichweiten für Hangbewegungen kann ohne numerische Modellierung nur über Augenzeugen oder über sogenannte stumme Zeugen, also über Spuren vorausgegangener Ereignis-se erfolgen. Berichte von Augenzeugen sind selten und stumme Zeugen sind nicht immer zu finden. In Bereichen, in denen stumme Zeugen entweder entfernt wurden oder Hangbewegungen erst in der Zukunft zu erwarten sind, kann deshalb nur mit Modellierungen eine Aussage über die Reichweite von potenziellen Hangbewegungen gemacht werden.

Derartige Simulationen können nach KIENHOLZ, H. ET AL. (1993) in Dispositionsmodelle und Pro-zessmodelle gegliedert werden. Sie basieren entweder auf empirischen Annahmen (funktionalisti-scher Ansatz) oder auf physikalischen Parametern und Zusammenhängen (realistischer Ansatz). Die jeweils darauf aufbauenden unterschiedlichen Gefahrenhinweiskarten können in einer integrativen Gefahrenhinweiskarte zusammengefasst werden.

Page 28: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

4.1 Dispositionsmodelle Dispositionsmodelle dienen zur Ermittlung von Gefahrenquellen bzw. Bereichen, von denen eine Ge-fahr ausgehen kann. Bei den Prozessen Felssturz und Steinschlag handelt es sich z. B. um Gebiete, aus denen sich Steine und Felsblöcke lösen können. Es können zwei Ansätze gewählt werden: Einer-seits werden – soweit möglich – potenzielle Anbruchbereiche im Gelände ermittelt bzw. bereits erfass-te Daten aus einer Datenbank selektiert, andererseits können mittels GIS-Operationen potenzielle An-bruchbereiche pauschal aus dem Digitalen Geländemodell (DGM) und anderen Parametern errechnet werden.

Für die Rutschungsbetrachtungen müssen potenzielle Anrissgebiete ausschließlich empirisch ermittelt werden.

4.2 Prozessmodelle In einem Prozessmodell wird der Ablauf der Hangbewegung simuliert. Dabei kann beschrieben wer-den, welchen Weg die Massen nehmen, welche Geschwindigkeiten und kinematischen Energien er-reicht werden und welche möglichen Reichweiten auftreten können.

Die ersten Prozessmodelle bzw. Modellierungen Ende der 70er Jahre mit realistischem Ansatz erfolg-ten für den Prozess Stein- und Blockschlag (MEIßL, G. 1998). Sie ermöglichten eine dynamische Simu-lation von Sturzereignissen. Die neueren Raster-Trajektorien-Modelle sowie die mit Vektoren arbei-tenden Modelle liefern gute Ergebnisse, die im Wesentlichen davon abhängen, welche Dämpfungsfak-toren im Reibungsmodell eingesetzt bzw. welche Dämpfungsparameter für die Wechselwirkungen mit dem Untergrund herangezogen werden.

In den folgenden Kapiteln werden die technischen Details und die Vorgehensweisen der Modellierun-gen der einzelnen, im Projekt behandelten Prozesse beschrieben.

5 Stein- und Blockschlag

5.1 Dispositionsmodell Im Dispositionsmodell wird festgelegt, aus welchen Bereichen im Gelände es zu Stein- und Block-schlag kommen kann. Bei der Modellierung für Gefahrenhinweiskarten werden, wie im Anhang Kapitel 4.1 bereits erwähnt, zwei empirische Ansätze gewählt.

5.1.1 Dispositionsmodell 1: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus den GEORISK-Daten

Im Bodeninformationssystem Bayern sind GEORISK-Daten erfasst, die direkt als potenzielle Startbe-reiche für Stein- und Blockschlag verwendet werden können. Dabei handelt es sich um als Linien digi-talisierte Anbruchkanten von Stein- und Blockschlagereignissen.

5.1.2 Dispositionsmodell 2: Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag aus dem DGM über den Grenzneigungswinkel

Das Dispositionsmodell 2 verwendet zur Ermittlung der potenziellen Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag den sogenannten Grenzneigungswinkel von 45°. Damit werden alle Hangbereiche, deren Neigung 45° oder mehr beträgt, als potenzielle Anbruchbereiche angesehen. Diese Bereiche können über Standardfunktionen handelsüblicher Geoinformationssysteme aus dem Digitalen Geländemodell ermittelt werden. Der Grenzneigungswinkel wurde mit Hilfe von Luftbildern verifiziert und lieferte für

Page 29: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 9

den bayerischen Alpenraum sehr gute Ergebnisse. Ein Winkel von 45° wird unter anderem auch von (WADGE, G. ET AL. 1993) verwendet.

5.2 Prozessmodell Das Prozessmodell (dynamisches Modell) für die Steinschlagmodellierung simuliert die Dynamik des Sturzvorganges.

Das Prozessmodell seinerseits kann nach MEIßL, G. (1998), bzw. HEGG, C. & KIENHOLZ, H. (1995) in zwei Teile untergliedert werden: Das sogenannte Trajektorien-Modell ermittelt die Sturzbahn der Stei-ne und Blöcke und das Reibungsmodell berechnet den Energieumsatz des Sturzmateriales entlang der Sturzbahn und schätzt daraus die Reichweite des Sturzes.

Da es sich bei Sturzereignissen um Bewegungen handelt, die im dreidimensionalen Raum stattfinden, muss die Prozessmodellierung für den regionalen Maßstab unter Anwendung Digitaler Geländemodel-le ebenso im dreidimensionalen Raum durchgeführt werden. Die potenziellen Anbruchbereiche (Start-punkte), die in den Dispositionsmodellen ermittelt wurden, können in Digitale Geländemodelle über-tragen werden. Ausgehend von diesen Punkten werden die Sturzprozesse modelliert und die Reich-weiten berechnet.

Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST

Für die Steinschlagsimulation wird im Projekt das Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST (KRUMMENACHER, B. ET AL. 2005) verwendet. Die Modellierung der Bewegung der Sturzblöcke erfolgt hierbei nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Mechanik und ist in die Prozesse Fallen, Springen und Rollen unterteilt. Die Berechnungen stellen eine Abfolge dieser Prozesse mit den da-zwischen liegenden Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und mit Baumstämmen dar.

Beim simulierten Bodenkontakt des Sturzblockes wird durch die Geometrie des Blockes ein Aufprall-trichter im Untergrund erzeugt, der die Bewegungsrichtung des Blockes maßgeblich mitbestimmt. Beim Eindringprozess in den Untergrund entsteht ein Energieverlust. Zur Berechnung des Energiever-lustes bei der Materialverdrängung wird der Modellblock als Kugel definiert. Entsprechend den Unter-grundeigenschaften und der Dimension der Modellkugel wird ein spezifischer Aufschlagtrichter ge-formt. Für die Modellierung des Absprungprozesses wird der Modellblock wieder über die drei Haupt-achsen beschrieben, damit die resultierende Rotation des Blockes berechnet werden kann. In Abb. 5 ist z. B. ersichtlich, wie der Körperschwerpunkt durch die Blockform (Hebelwirkung) in einer Kompo-nente senkrecht zum Untergrund beschleunigt wird, was einen wesentlichen Beitrag zum Abheben lie-fert.

Page 30: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 5: Schematische Darstellung der prinzipiellen Prozesse: Kontaktreaktionen mit dem Untergrund und Bäu-

men sowie Spring- und Rollprozesse (aus KRUMMENACHER, B. ET AL. (2005))

5.2.1 Festlegung der Bemessungsereignisse (Sturzblockgrößen)

5.2.1.1 Allgemeines Bei der numerischen Modellierung wird für einen Felsblock mit einer frei definierten Größe (= Bemes-sungsereignis) die potenzielle Sturzweite (Einwirkungsbereich) ermittelt. Somit muss entschieden werden, ob der häufige Absturz kleiner Steine im konkreten Fall relevant ist oder eher der seltenere Abgang größerer Massen mit daraus resultierender hoher Reichweite. Die Geländemorphologie und Einflussfaktoren wie Wald, Dämpfung des Untergrundes etc. sind vorgegeben und für die Modellie-rung damit feste Parameter. Variabler Parameter ist die Blockgröße, welche die Reichweite wesentlich beeinflusst.

Für die Dimensionierung des Bemessungsereignisses müssen Blockgrößen gewählt werden, die eine für die jeweilige Lokalität angemessene und repräsentative Größe darstellen.

Der geologische Aufbau bestimmt die Wahl des Bemessungsereignisses. Die Größe von Sturzkörpern wird maßgeblich von der geotechnischen Gebirgsfazies bestimmt. Mehrere Kubikmeter große Einzel-blöcke sind in der Regel nur in massigen Gesteinen zu erwarten – dazu gehören beispielsweise Riff-karbonate. Massige Gesteine sind je nach Ausbildung und Erstreckung von Trennflächen prädestiniert für Felsstürze. Die Anlage der Trennflächen, ihre Raumlage und ihre aktuelle Ausbildung (Öffnungs-weite, Beschaffenheit der Kluftflächen etc.) sind ihrerseits unter anderem abhängig von der tektoni-schen Geschichte des Gesteins, sowie seiner morphologischen und klimatischen Exposition. Aus sehr engständig geschichteten bzw. geschieferten bis mittelbankig (< 2 cm bis 60 cm, PRINZ, H. & STRAUß, R. (2006)) geschichteten Gesteinen sind dagegen durch die in vergleichsweise kurzen Abständen auf-tretenden, annähernd parallelen Schichtflächen, keine einzelnen Sturzkörper von mehreren Kubikme-tern Größe zu erwarten, sondern deutlich kleinere Körper von Kieskorngröße (Ø > 2 mm) bis hin zu kleinen Blöcken (Ø > 20 cm).

Page 31: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 11

All diese geologischen Faktoren geben im Rahmen einer realistischen Betrachtungsweise die an einer bestimmten Stelle vorwiegend anzunehmende relevante Sturzblockgröße vor. Die Dimensionierung bzw. Festlegung eines Bemessungsereignisses ist das Ergebnis einer Abwägung zwischen der zu er-wartenden Sturzblockgröße (geologische Faktoren) und der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Sturzer-eignisses.

Wird beispielsweise ein mit extrem geringer Wahrscheinlichkeit eintretender großer Felssturz oder Bergsturz in einem Gebiet nicht als Risiko empfunden, obwohl die theoretische Möglichkeit besteht, dass solch ein Ereignis eintritt, so kann dies als sogenanntes „Restrisiko“ bezeichnet werden. Ein „Null-Risiko“ ist im Bergland üblicherweise nicht zu erzielen, so dass immer ein gewisses verbleiben-des Risiko besteht. Würde jedes noch so geringe Risiko berücksichtigt, würden sämtliche Flächen im Bergland als gefährdet ausgewiesen. In der Regel muss deshalb mit Sturzereignissen modelliert wer-den, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Durch die Di-mensionierung des Bemessungsereignisses wird eine Vorauswahl getroffen, welche Sturzereignisse aus geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Risiko bezeichnet werden müssen. Diese Voraus-wahl kann und muss von erfahrenen Fachleuten getroffen werden. Im Gegensatz dazu ist die Frage, ob ein Sturzereignis ein akzeptables oder inakzeptables Risiko darstellt, letztlich von soziologisch-politischen Entscheidungen abhängig (Abb. 6).

Abb. 6: Schematische Darstellung der Risikostufen

Risikowahrnehmung, Risikoakzeptanz und Grenzrisiko sind keine festen „Größen“, sie unterliegen fortschreitenden Neubewertungen (MERTSCH, S. 2004). Die Dynamik der drei Begriffe richtet sich bei-spielsweise nach der Präsenzwahrscheinlichkeit gefährdeter Personen und Objekte im bedrohten Ge-biet und der Frage, in wie weit technische Vorkehrungen generell denkbar bzw. sachlich oder ökono-misch praktikabel sind.

Bemessungsereignisse im Rahmen einer Gefahrenhinweiskarte können (zumindest teilweise) durch empirisch-theoretische Schlussfolgerungen pauschalisierend auf Basis einer geologischen Karte in

Page 32: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

geeignetem Maßstab dimensioniert werden. Ein besseres und genaueres Ergebnis wird allerdings er-reicht, wenn die pauschalisierende Methode mit Geländeuntersuchungen kombiniert wird.

5.2.1.2 Vorgehensweise im Projekt Im Rahmen des Projektes wurde bei der Festlegung der Bemessungsereignisse wie folgt vorgegan-gen:

a) Verschneiden der potenziellen Anbruchbereiche aus den Dispositionsmodellen 1 und 2 mit der Geologischen Karte 1 : 25 000.

b) Konkrete Geländeuntersuchungen der betroffenen stratigraphischen Einheiten, um eine reprä-sentative Blockgröße für jede geologische Einheit festlegen zu können.

c) Einteilung der vorkommenden Blockgrößen in vier Klassen.

Die Geländeuntersuchungen erfassten das gesamte Projektgebiet. Aufgrund fazieller Unterschiede kann die Blockgröße auch innerhalb derselben stratigraphischen Einheiten variieren. Je nach Bearbei-tungsgebiet muss das Bemessungsereignis daher separat bewertet werden. Von jeder untersuchten geologischen Einheit wurden die wahrscheinlichsten Blockgrößen abgeschätzt und die Blöcke foto-graphisch dokumentiert. Zur Festlegung der Bemessungsgrundlagen wurden anhand von Geländebe-funden und Literaturangaben im Einklang mit den geologisch-geotechnischen Gebirgseigenschaften die Blockgrößen und -geometrien ermittelt. Die Bandbreite der im Projektgebiet ermittelten Volumina von Blöcken mit ausreichender Anbruchwahrscheinlichkeit beträgt ungefähr 0,0025 - 4,0 m³. Aus der Geometrie bzw. Form (x-y-z-Achsen) der vorgefundenen Gesteinsbruchstücke resultieren verschiede-ne Blockformenklassen, die in vier Volumenklassen (I / groß bis IV / klein) eingeteilt wurden (siehe Tab. 2). Dabei ist für jede geologische Einheit nicht die maximale Blockgröße, sondern die einer er-heblichen Wahrscheinlichkeit berücksichtigt worden. Bei der Festlegung der Klassengrenzen wurden neben den Volumina der Blöcke auch die Flächenanteile der stratigraphischen Einheiten am Arbeits-gebiet berücksichtigt. Die stratigraphischen Einheiten, die große Flächenanteile der potenziellen An-bruchgebiete einnehmen, wurden vorrangig differenziert und somit unterschiedlichen Klassen zuge-teilt, damit flächenmäßig unterrepräsentierte Einheiten bei der Festlegung der Klassengrenzen nicht überbewertet werden.

In den vier Volumenklassen sind jeweils zwischen 4 und 18 stratigraphische Einheiten vertreten. Zu-dem wurde für die Modellierung im regionalen Maßstab jeweils eine generalisierte Blockformenklasse (x-y-z-Achsen) zugeordnet (Tab. 2). Die Generalisierung der Formenklassen erfolgt über die Auswer-tung der Häufigkeit der Länge der Blockachsen x-y-z und, wenn nötig, unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags.

Page 33: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 13

Tab. 2: Stratigraphische Einheiten und ihre Einteilung in vier Blockformen- und Volumenklassen für den Landkreis Kulmbach

Stratigraphische Einheit Blockachsen X Y Z [cm]

Volumen [cm³]

Flächen-anteil am Gesamt-anbruch-gebiet [%]

Volu-men-klasse

x [cm]

y [cm]

z [cm]

Block-masse

[kg]

Malm Gamma und Delta, Rifffazies 200x200x100 4000000 3,16% I 200 200 120 10500 Rhätolias 200x150x100 3000000 10,54% Malm Delta, Riffazies 200x150x100 3000000 33,99% Dogger Beta 150x120x100 1800000 5,63% Malm Epsilon, Rifffazies 120x120x120 1728000 0,14%

Lias Alpha 2 und 3 (Angulaten- und Arie-tensdsandstein)

120x100x100 1200000 0,09% II 120 100 100 2625

Burgsandstein 100x100x80 800000 4,21% Blasensandstein und Coburger Sandstein 100x100x80 800000 9,11% Unterer und Mittlerer Buntsandstein 100x100x80 800000 14,09% Malm Alpha und Beta, Rifffazies 100x100x70 700000 6,43% Dogger Gamma bis Zeta 100x40x30 120000 0,28% Malm Delta, Schichtfazies 80x60x60 288000 1,75% Mittlerer Muschelkalk 80x60x40 192000 0,07%

Tertiaere Basalte 60x50x50 150000 0,03% III 60 50 50 200 Plattensandsteine 60x50x40 120000 5,04% Malm Gamma, Rifffazies 50x40x30 60000 0,18% Malm Alpha und Beta, Schichtfazies 50x40x30 60000 2,20% Mergelkalke des Malm Gamma und tiefe-ren Malm Delta

40x30x30 36000 2,51%

Unterer Muschelkalk 30x30x20 18000 1,13% Oberer Muschelkalk 40x20x10 8000 1,44%

Terrassenschotter 10x10x10 1000 0,33% IV 10 10 10 2 Schilfsandstein 10x10x10 1000 0,13% Lias Delta (Amaltheentone) 10x5x5 250 0,07% Keuper 10x5x5 250 0,04%

Im verwendeten Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST geht die Blockgröße und Blockform wie folgt in die Modellierung mit ein: Die Blockmasse wird aus der Multiplikation der drei Hauptachsen (Abb. 7), des durchschnittlichen spezifischen Gewichts des Gesteins (2,7 g /cm³) und einem Faktor für den mittleren Rundungsgrad des Blocks (Masse = 81 % des Modellquaders) ermittelt.

Abb. 7: Sturzblock-geometrie. Der Sturz-block wird durch die Längen der 3 Haupt-achsen x, y, z (hier: a, b und c) und seine Masse beschrieben (aus KRUMMENACHER, B. ET AL. (2005)).

Page 34: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

14 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

5.2.1.3 Charakteristische Gesteine Aus den 24 stratigraphischen Einheiten (Tab. 2) wurden nachfolgend 7 charakteristische und reprä-sentative Gesteine des Untersuchungsgebietes herausgegriffen, hinsichtlich ihrer geotechnischen Ei-genschaften und den daraus resultierenden Blockgrößen kurz erläutert und durch Geländefotos do-kumentiert.

Der Untere und Mittlere Buntsandstein ist im unteren Bereich eher weich und mürbe aus-gebildet, wodurch er landschaftlich nur flache Anstiege bilden kann. Nach oben nimmt die Festigkeit der Sand-steine zu, sodass er im Stadtgebiet von Kulmbach wandbildend auftreten kann (Abb. 8). Aufgrund der mürben Ausbildung der Sandsteine verwittern diese eher zu Sand, anstatt Blöcke auszubilden, welche abstürzen können. Es muss allerdings aufgrund der vorhandenen Klüftung davon ausgegangen wer-den, dass falls es zu einem Sturzereignis kommt, sich auch größere Blöcke ablösen können. Nimmt man die Klüftkörper als Bemessungsereignis, so ergibt sich daraus eine Blockgröße von 80 cm x 100 cm x 100 cm und der Untere und Mittlere Buntsandstein wird der Volumenklasse II zugeordnet. Da der Untere und Mittlere Buntsandstein in Bezug auf seine geotechnischen Eigenschaften ähnlich ausge-bildet ist, wurden die beiden Einheiten für die Sturzsimulation zusammengefasst.

Abb. 8: Unterer und Mittlerer Buntsandstein in Kulmbach

Der Obere Muschelkalk setzt sich aus einer Wechselfolge von Kalkbänken und Ton- bzw. Mergel-zwischenlagen zusammen (Abb. 9). Die grau-braunen Kalke sind dünnbankig geklüftet und werden mit einer Blockgröße von 10 cm x 20 cm x 40 cm in die Volumenklasse III eingeteilt.

Page 35: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 15

Abb. 9: Oberer Muschelkalk bei Schwingen

Der Burgsandstein des Keupers ist mürbe, besitzt meist eine rötliche Färbung und besteht aus teil-weise feingeschichtetem Sandstein, in den immer wieder Tonlagen eingeschaltet sein. Der Burgsand-stein verwittert dabei zu sandigem Grus. Aufgrund der mechanisch wirksamen Trennflächen können sich jedoch ebenfalls größere Blöcke ablösen. Aus diesem Grund kann die Blockgröße 80 cm x 100 cm x 100 x cm betragen und er wird in die Volumenklasse II eingeteilt. (Abb. 10).

Abb. 10: Unterer Burgsandstein in Mainleus

Page 36: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

16 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Im Dogger Gamma bis Zeta wurden Eisenoolithkalke und Ornatenton abgelagert, wobei erstere blockgrößenbestimmend sind. Es handelt sich hierbei um hellgraue Kalke, welche Kluftkörper von 30 cm x 40 cm x 100 cm bilden und damit der Volumenklasse II zugeordnet werden. (Abb. 11).

Abb. 11: Dogger Gamma bis Zeta bei Alladorf

Malm Alpha und Beta Schichtfazies

Die Gesteinsserie des Malm Alpha und Beta beginnt mit grauen Mergelkalken und setzt sich mit grauweißen Kalken fort. Die Kalke neigen zu Blockgleitungen auf den unterlagernden Mergeln, wodurch der Gesteinsverband aufgelöst wird und Sturzprozesse begünstigt werden. Zudem stellen die Kalke die blockgrößenrelevanten Kluftkörper dar. Generell wurden die Untereinheiten des Malm bei gleicher Kluftkörperausbildung für die Steinschlagsimulation zusammengefasst und soweit möglich in Schichtfazies sowie Rifffazies getrennt. Die Rifffazies tritt in der Regel massig auf, kann aber unter Umständen sehr kleinstückig verwit-tern. Im Gegensatz dazu bildet die Schichtfazies plattige Kluftkör-per, deren Blockgrößen je nach Bankmächtigkeit variieren (Abb. 12). Allerdings sind zwischen Riff- und Schicht-fazies fließende Übergänge möglich, die stellenweise aufgrund des kleinräumigen Wech-sels in den Geologischen Karten nicht gesondert ausgeschieden werden konnten. Somit war in sol-chen Fällen eine Unterscheidung nach Faziesbereichen bei der Blockgrößenbestimmung nicht mög-lich und es wurde die pessimistischere Blockgröße der Rifffazies zur Berechnung verwendet. Die Schichtfazies hat eine Blockgröße von 30 cm x 40 cm x 50 cm und wird der Volumenklasse III zuge-ordnet.

Page 37: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 17

Abb. 12: Malm Alpha und Beta Schichtfazies, am Au-bach bei Menchau

Malm Delta Schichtfazies

Im Unteren Malm Delta wurden die Sedimente auch in Schichtfazies abgelagert (Abb. 13). Die dick-bankigen, hellen Kalke enthalten Mergelzwischenlagen und haben eine Block-größe von 60 cm x 60 cm x 80 cm. Damit werden sie der Volumenklasse II zugeordnet.

Abb. 13: Malm-Delta Schicht-fazies bei Schirradorf

Page 38: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

18 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Malm Delta Rifffazies

Innerhalb des Malm Delta setzt allmählich eine Verschwammung der Kalke ein, sodass diese in Rifffazies vorliegen und die Schichtfazies örtlich vertreten (Abb. 14). Die Rifffazies ist massiger aus-gebildet, so dass die Kluftkörper eine Blockgröße von 100 cm x 150 cm x 200 cm und damit der Vo-lumenklasse I zuzuordnen sind.

Abb. 14: Malm Delta Rifffazies bei Schirradorf

5.2.2 Numerische Modellierung Das Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST arbeitet grundsätzlich in drei Teilschritten:

a) Berechnungsgrundlagen einlesen,

b) Kontaktreaktionen und Bewegungen berechnen,

c) Resultate auswerten und darstellen.

Für die 3D-Version werden die Teilschritte a) und c) teilweise mit einem GIS durchgeführt.

Die Berechnungsgrundlagen bestehen einerseits aus den topographischen Daten der digitalen Hö-henmodelle, andererseits aus den Untergrundeigenschaften bezüglich Rauigkeit und Dämpfung sowie Art der Vegetation (inklusive Wald).

Je nach Größe des Untersuchungsgebietes und der verlangten Genauigkeit werden Höhenmodelle mit beliebigen Rasterweiten verwendet. Ein gutes Modellierungsergebnis kann mit einem möglichst genauen Geländemodell (z. B. Laserhöhenmodell) erzielt werden. Geländeprofile können in beliebiger Auflösung je nach Größe der abzubildenden Geländeelemente eingelesen werden.

Page 39: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 19

Die aktuelle Neigung und Exposition an einem bestimmten Ort der Sturzbahn wird aus den vier umlie-genden Höhenangaben des DGM berechnet. Diese Werte ändern sich entlang der Sturzbahn ständig, da durch vier Höhenangaben nicht eine Ebene, sondern eine Sattel- oder Muldenfläche definiert ist.

Die Bewegung der Sturzblöcke ist in die Prozesse Fallen, Springen und Rollen unterteilt. Bei einer Kontaktreaktion des stürzenden Blockes mit dem Untergrund wird aufgrund von Neigung und Exposi-tion der aktuellen Rasterzelle die Bewegungsrichtung basierend auf den in Anhang Kapitel 5.2 be-schriebenen Kontaktreaktionen ermittelt. Dabei spielen die Blockgeometrie sowie die lokalen Parame-ter der Dämpfung und der Rauigkeit eine zentrale Rolle. Unterschreitet die bei der Kontaktreaktion be-rechnete Restgeschwindigkeit einen bestimmten Schwellenwert, so wird für die Weiterbewegung ein Rollprozess unter Einbezug der Blockform sowie der übrigen Modellparameter berechnet.

Der Energieverlust beim Bodenkontakt wird primär durch die plastische Verformbarkeit des Unter-grundes und die Rauigkeit der Geländeoberfläche (glatte Oberfläche – grobblockige Schutthalde) be-stimmt. Diese Parameter können für großflächige Untersuchungsgebiete wie das Projektgebiet nicht – wie bei detaillierten Studien üblich – kartiert werden, sondern müssen aus den im ganzen Untersu-chungsgebiet vorhandenen Daten abgeleitet und pauschalisiert werden.

Abb. 15 zeigt die Aufteilung in 6 Geländetypen, wie sie in die Modellierung eingegangen sind.

Abb. 15: Dämpfung und Rauigkeit. Der Dämpfungswert kann Werte zwischen 1 (sehr harter Untergrund) und 5

(Sumpf) annehmen. Der Rauigkeitswert kann Werte zwischen 1 (glatte Oberfläche) und 20 (sehr raue Oberfläche) betragen (verändert nach KRUMMENACHER, B. ET AL. (2013)).

5.2.2.1 ohne Walddämpfung Die oben beschriebene numerische Modellierung wurde zunächst ohne den Ansatz eines dämpfenden Waldbestandes mit den vorhandenen Parametern durchgeführt. Dies ist für langfristige Betrachtungen

Page 40: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

20 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

und für „worst-case-Szenarien“ unumgänglich. Zudem kann die Bedeutung des Waldes hervorgeho-ben werden, was besonders für die Schutzwaldfragen relevant ist.

5.2.2.2 mit Walddämpfung Für die Modellierung mit Walddämpfung werden unterschiedliche Waldbestände berücksichtigt. Dabei werden Stoßreaktionen mit Baumstämmen berechnet, bei welchen die beteiligten Massen und die Gesetze der Impulserhaltung einbezogen werden.

Der Waldbestand ist den ATKIS-Daten entnommen (Anhang Kapitel 2.3) und ist in die Attribute Wald / Forst und Gehölz unterteilt. Aus diesen Daten wurden die Waldparameter für die Modellierung abge-leitet (Tab. 3). Die Parameter a und b beschreiben die Verteilung der Stammdurchmesser. Die Para-meter zur Stammzahl mit 100 bzw. 200 Stämmen pro Hektar sind eher pessimistisch gewählt (lichter Wald), es ist durchaus möglich, dass lokal der Waldbestand dichter ist.

Tab. 3: Waldparameter (aus KRUMMENACHER, B. ET AL. (2013))

Waldtyp Fläche [m2]

mittlerer Stamm-

durchmesser [m]

Parameter für Verteilung

der Stammdurchmesser a b

Stammzahl pro Hektar

Beschreibung

1 10 000 0,18 2,6 2,2 275 Laubwald

2 10 000 0,28 2,6 2,2 150 Nadelwald

3 10 000 0.22 2.6 2.2 200 Mischwald

Die Wahl dieser Parameter ist bei der vorliegenden Datenlage sinnvoll, weil ohne eine detaillierte räumliche Auflösung der Waldbestände (Kartierung von waldfreien Sturzrinnen, Jungwuchs, etc.) eine Modellierung mit pauschal als normal definiertem Wald die effektive lokale Schutzwirkung tendenziell überschätzen würde. Die eingesetzten Werte sind Erfahrungswerte, die bei vorausgegangenen Mo-dellierungen von der Firma GEOTEST AG ermittelt wurden.

Aus den Kontaktreaktionen mit den Baumstämmen resultieren Energieverluste und Ablenkungen aus der Bewegungsrichtung in alle drei Raumrichtungen. Die Interaktion zwischen den stürzenden Blö-cken und den Baumstämmen wird als elastoplastischer Stoß zwischen zwei Massepunkten berechnet.

Page 41: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Stein- und Blockschlag

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 21

Abb. 16: Modell der mittleren baumfreien Strecke (aus KRUMMENACHER, B. ET AL. (2005)) Bei diesen Kontaktreaktionen treten verschiedene Effekte auf:

• Zufällige Variation der Zentralität des Aufpralles (Streifung bis Volltreffer) bewirkt unterschiedliche Ablenkungsraten und Energieverluste.

• Die bei den Reaktionen beteiligten Stammdurchmesser werden entsprechend des gewählten Waldtyps zufällig generiert.

• Die Wiederholungsrate von Kontaktreaktionen ist abhängig von der gewählten Stammzahl, dem mittleren Durchmesser der Baumstämme des betreffenden Waldtyps und dem Durchmesser des stürzenden Blockes (Abb. 16).

• Die an der Reaktion beteiligte Holzmasse wird entsprechend der Trefferhöhe, der Aufprallge-schwindigkeit und dem Stammdurchmesser berechnet. Dadurch können sämtliche Effekte vom elastischen Ausweichen kleiner Stämme bis zum Bruch von großen Bäumen simuliert werden.

5.3 Ergebnisse und Erläuterung der Stein- und Blockschlagmodellierung Die durchgeführten Modellierungen zeigen als Ergebnis, dass bei einer Modellierung mit Waldbestand (Anhang Kapitel 5.2.2.2) rund 0,4 % der Fläche (rund 1,3 km²) im Arbeitsgebiet von Steinschlag be-droht sind. Für jeden der potenziellen Steinschlagbereiche wurden jeweils zwei Modellierungen (mit / ohne Wald) durchgeführt.

Die Ergebnisse zeigen generell eher eine pessimistische Betrachtungsweise mit großen Reichweiten der Steine und Blöcke an, so wie es auch der Aufgabe einer Gefahrenhinweiskarte entspricht. Zur Be-

Page 42: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Rutschungen

22 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

rücksichtigung von Prozessen, die von außen in das Projektgebiet einwirken (z. B. Sturz von einem Hang außerhalb ins Projektgebiet), wurde das Untersuchungsgebiet um einen 500 m Puffer randlich erweitert.

Die Gefahrenhinweiskarte Jura (Bericht Kapitel 6) zeigt in seiner Übersichtskarte für den Landkreis Kulmbach unter anderem flächenhafte Gefahrenhinweisbereiche für Sturzprozesse mit und ohne Walddämpfung an. Diese Flächen entsprechen den im GIS gepufferten Trajektorien (Sturzbahnen). Es wurde in einem Umkreis von mindestens einer Rasterzelle gepuffert, dies entspricht 5 m.

6 Rutschungen Nachfolgend werden tiefer reichende Rutschungen behandelt. Üblicherweise reichen sie mehr als et-wa 5 m in den Untergrund. Hier soll pauschal von tiefreichenden Rutschungen gesprochen werden.

Bei den Gefahrenhinweisbereichen für tiefreichende Rutschungen wurden zwei Kategorien dargestellt. Bei der ersten Kategorie handelt es sich um Bereiche, in denen bereits Rutschungen erfolgt sind. Teilweise sind sie noch aktiv, vor allem besteht jedoch die Möglichkeit einer Reaktivierung. Es werden auch Bereiche mit einbezogen, in denen sich zwar noch keine eindeutige tiefreichende Rutschung entwickelt hat, wo aber bereits Anzeichen auf eine solche Bewegung zu finden sind. Dies kann sich beispielsweise anhand von tiefen, teils aktiven Zerrspalten oberhalb der Abrisskante äußern oder es handelt sich um Blockschollenbewegungen, also langsame tiefreichende Bewegungen von großen Felsblöcken.

In der zweiten Kategorie wurden Geländebereiche erfasst, in denen eine erhöhte Anfälligkeit für die Bildung eines tiefreichenden Rutschprozesses erkennbar ist. Eine solche Anfälligkeit äußert sich z. B. im Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälligem Untergrund, flachgründigen Rutschungen, un-ruhiger Morphologie, Vernässungen u. ä. An Blockschollenbewegungen sind alte Zerrspalten und Na-ckentälchen ebenso zu bewerten, wenn an ihnen derzeit noch keine erheblichen Vertikalbewegungen von Blöcken erkennbar sind, diese aber möglicherweise als Vorbereitung für zukünftige tiefreichende Bewegungen zu sehen sind. Eine solche Entwicklung wäre insbesondere in Extremfällen (Zusammen-treffen mehrerer ungünstiger Umstände, extreme Witterungsverhältnisse o. ä.) zu erwarten.

Die Gefahrenhinweisbereiche der ersten Kategorie, in denen vorhandene Rutschungen einschließlich der potenziellen Ausbreitung dargestellt wurden, sind in den Gefahrenhinweiskarten als rote Bereiche mit Hinweisen auf Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen bezeichnet. Die Gefahrenhinweisbe-reiche der zweiten Kategorie, in denen eine erhöhte Anfälligkeit besteht, die im Extremfall zur Bildung von tiefreichenden Rutschprozessen führen kann, wurden als orange Bereiche erhöhter Rutschungs-anfälligkeit gekennzeichnet.

Im folgenden Kapitel wird die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche für die tief-reichenden Rutschungen beschrieben.

6.1 Dispositionsmodell – Ermittlung tiefreichender Rutschungen aus GEORISK- Daten

Mit dem Dispositionsmodell für tiefreichende Rutschungen sollen Gefahrenquellen empirisch erkannt werden. Das heißt, dass die Bereiche ermittelt werden sollen, in denen sich zukünftig mit erhöhter Wahrscheinlichkeit tiefreichende Rutschungen bilden werden. Nach bisherigen Erfahrungen und Un-tersuchungen konnte festgestellt werden, dass sich tiefreichende Rutschungen meist in den Gebieten

Page 43: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Rutschungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 23

entwickeln, die bereits in der Vergangenheit von entsprechenden Rutschungen betroffen waren. Damit können diese als Bemessungsereignis herangezogen werden.

Zur Ermittlung der betroffenen Flächen müssen vorhandene Daten bekannter Rutschbereiche erfasst und ausgewertet werden. Relevante Informationen hierzu liefern Datenbestände unterschiedlicher Projekte (z. B. GEORISK) sowie geotechnische Gutachten, Diplomarbeiten oder Dissertationen. Die Hauptinformationen stammen aus dem GEORISK-Projekt. Dabei handelt es sich weitgehend um de-tailliert im Gelände erhobene Daten. Sie sind im Bodeninformationssystem Bayern (Anhang Kapitel 2.5) erfasst und können von dort direkt übernommen werden. Dabei handelt es sich um die Dokumen-tation von Hangbewegungsmerkmalen wie Bergzerreißungen, Anbruchkanten und Ablagerungen von Rutschungen.

6.2 Prozessmodell – Ermittlung des potenziellen Bewegungsbereiches (Ausweitung) tiefreichender Rutschungen

Die im Dispositionsmodell ermittelten potenziellen Bewegungsbereiche können sich bei anhaltender Aktivität oder bei einer Reaktivierung alter Rutschungen stark ausweiten. Diese Ausweitung kann so-wohl im Anbruchbereich als auch im Ablagerungsbereich der Rutschmasse stattfinden. Der sogenann-te Prozessraum der Rutschung und damit der Gefahrenhinweisbereich kann sich also stark vergrö-ßern. Da eine numerische Modellierung der Rutschprozesse im regionalen Maßstab nicht zuverlässig möglich ist, muss bei der Bestimmung des Gefährdungsbereiches mit empirischen Methoden gearbei-tet werden.

Bei der potenziellen Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich sind im Wesentlichen die ge-ologisch-tektonische sowie die morphologische Situation maßgeblich. Im Extremfall reicht der Pro-zessraum bis an den nächstliegenden Bergrücken, Grat (Kamm) oder an markante Geländestufen und Rinnen im Umfeld der Rutschungen. In Fällen, bei denen kleinere Anbrüche in flacheren, gleich-förmigen Hängen auftreten, wurden diese mit einem 20 - 30 m breiten Sicherheitssaum versehen und dieser als potenzielle Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich festgelegt.

Zur Bestimmung der potenziellen Reichweite einer aktiven oder reaktivierbaren Rutschung wurde zu-nächst die bisherige Reichweite auf der Basis von Datenbankinhalten, dem Schattenmodell und Ge-ländedaten (stumme Zeugen) bestimmt. Liegen beispielsweise Anzeichen für aktive Bewegungen an der Rutschungsstirn vor, muss davon ausgegangen werden, dass bei einer Reaktivierung des Rutschbereiches die Reichweite der älteren Rutschmasse zumindest lokal übertroffen wird. Der Ge-fahrenhinweisbereich muss dann entsprechend der geomorphologischen Gegebenheiten bemessen werden. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche für tiefreichende Rutschungen bis in wasserführende Gerinne, werden sie dort abgegrenzt. Die potenziellen Lockergesteinsmassen, die sich dort ansam-meln, würden voraussichtlich vom Bach abgetragen oder sich als Muren weiterbewegen.

Beim Abgang von Muren handelt es sich um einen Prozess, der sich von Rutschungen stark unter-scheidet. Der Murprozess muss deshalb separat modelliert werden. Da Muren eine Sonderform des Hochwasserabflusses sind, handelt es sich nicht um eine geologische Gefährdung. Sie werden des-halb nicht im Rahmen dieses Projektes bearbeitet.

6.3 Vorgehensweise im Projekt Die ausgewählten Objekt-Informationen wurden im GIS zuerst selektiert und attributiert, danach ein-zeln bewertet, (nach-) digitalisiert und gegebenenfalls nach Geländebegutachungen berichtigt.

Page 44: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Rutschungen

24 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

6.3.1 Selektion und Attributierung digitaler Objekte Aus dem BIS-BY wurden insgesamt 69 rutschungsrelevante GEORISK-Objekte selektiert. Diese Ob-jekte wurden in einem zweiten Bearbeitungsschritt detailliert bewertet, neu attributiert und digitalisiert (Tab. 4). Dazu wurden sie mit einer neuen Identifikationsnummer versehen, ihre Datengrundlagenqua-lität anhand umfassender Datenbank- und Literaturinformationen bewertet (DG 1-2) sowie alle An-bruchbereiche und Reichweiten anhand einer Analyse des Schattenmodells aus den 1 m-Laserscandaten überprüft, gegebenenfalls präziser abgegrenzt und digitalisiert (RW 1-3).

Ein Großteil der Objekte wurde zusätzlich im Gelände begutachtet (GB 1-2).

Tab. 4: Attributierung und (Qualitäts-) Bewertung der selektierten Objekte im Landkreis

Attribute Bewertung (Datenquelle-Informationsgrad) Anzahl ca. %

ID Objekt-Nummer Laufende Objektnummern 1 – 255 69 100

DG Datengrundlage 1 GEORISK-Objekte 2 DGM

49 20

70,6 29,4

RW Reichweite 1 Hang 2 Talboden 3 Bach / Vorfluter

40 14 15

58,8 19,1 22,1

GB Geländebegehung 1 aktuell nicht durchgeführt 2 durchgeführt

14 55

19,1 80,9

Zur Klärung offener Fragen erfolgte zuerst eine Analyse der Schattenmodelle mit 45° bzw. 315° Be-leuchtungsrichtung (Anhang Kapitel 2.2). Zur weiteren Überprüfung konnten im GIS Orthofotos (schwarz-weiß und farbig) unterschiedlicher Jahrgänge aus dem Bestand des LfU hinterlegt werden. Allgemeine Kartengrundlage war die Topographische Karte von Bayern 1 : 25 000 (Anhang Kapitel 2.1.1).

Die meisten GEORISK-Objekte konnten aufgrund ihrer exakten Geländeaufnahme entweder ohne nennenswerte Korrekturen, in den meisten Fällen mit einem 20 – 30 Meter breiten Sicherheitssaum versehen, unmittelbar in die Gefahrenhinweiskarte übernommen werden (Anhang 6.1). Gegebenen-falls wurden ihre Geometrien anhand neuer Erkenntnisse aus dem präzisen Schattenmodell korrigiert und anschließend in die Gefahrenhinweiskarte übernommen. Die Datenqualität wurde in beiden Fällen als sehr hoch eingestuft (DG 1). Objekte, die im Zuge der Projektarbeit z. B. durch Analyse der Schat-tenmodelle identifiziert wurden, erhielten zunächst den geringsten Informationsgrad (DG 2) und wur-den erst nach einer Geländebegutachtung und Aufnahme als GEORISK-Objekt in das BIS-BY höher eingestuft.

6.3.2 Geländeuntersuchungen – Ergänzungen, Präzisierung und Evaluierung Zur genaueren Abgrenzung und Verifizierung wurden 55 Rutschgebiete (ca. 80 % der ausgewiesenen Rutschbereiche), deren Gefahrenpotenzial durch die vorangegangenen Untersuchungen (Anhang Ka-pitel 6.3.1) nicht ausreichend geklärt werden konnte, durch Geländebegehungen überprüft.

Im Folgenden sind beispielhaft einige charakteristische geologisch-morphologische Merkmale tiefrei-chender Rutschungen im Untersuchungsgebiet genannt, die zur Beurteilung der Gefahrensituation im Gelände herangezogen wurden. Doppelgrate, ausgeprägte Spalten (Bergzerreißungen), Senkungen

Page 45: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Rutschungen

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 25

mit Geländestufen (Abb. 17) und Nackenseen sind häufig Hinweise auf Zerrstrukturen im Anrissbe-reich vorhandener oder sich entwickelnder Rutschungen. Im Bereich von aktiven Zugrissen sind häu-fig gespannte Wurzeln sichtbar (Abb. 18). Rutschungen führen oft zu zungen- oder stromförmigen Ab-lagerungen, die stufenförmige Verebnungen, Bodenrisse mit gespannten Wurzeln, Stauchwülste, Senken und Vernässungen sowie säbelwüchsige oder schiefe Bäume (Abb. 19 und Abb. 20) aufwei-sen.

Abb. 17: Nackental am Wüsten-dorferbach bei Wüs-tendorf

Abb. 18: Zerrspalten südöstlich des Weinreichsgrabes bei Neudrossenfeld

Page 46: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Rutschungen

26 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

Abb. 19: Anbruchbereich mit säbelwüchsigen Bäu-men auf der Rutsch-masse am Höhgraben bei Felkendorf

Abb. 20: Stufenförmige Verebnung mit Vernäs-sungsstelle bei Pleofen

Gebiete, die derartige Phänomene aufweisen, wurden generell in den potenziellen Bewegungsbereich einer Rutschung einbezogen, ihre Gefahrenhinweisflächen im GIS entsprechend ergänzt und korri-giert. Konnten Informationsdefizite auch durch Geländebegehungen nicht beseitigt werden, wurde die Datenqualität bzw. der Informationsgrad des betreffenden Objektes letztendlich niedrig eingestuft und die dargestellte Fläche lediglich als Bereich mit erhöhter Anfälligkeit für zukünftige Rutschungen be-trachtet. Dies betrifft in erster Linie Flächen, deren Ausdehnung eine mehr oder weniger dichte Zu-

Page 47: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Subrosion / Dolinen / Erdfälle

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 27

sammenfassung einzelner, meist kleinerer, nicht genau abgrenzbarer Rutschungen mit meist nicht näher bekanntem Tiefgang darstellen.

6.4 Ergebnisse der empirischen Rutschungsanalyse Die Bewertung von 69 Rutschungen und potenziell rutschanfälligen Flächen führte letztendlich zur Ausweisung von zwei unterschiedlichen Gefahrenhinweisbereichen:

• Bereich 1 – Hinweise auf Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen,

• Bereich 2 – Hinweise auf Gefährdung im Extremfall durch Rutschungsanfälligkeit.

Die durchgeführten empirischen Analysen zeigen, dass rund 0,75 % der Fläche (ca. 2,5 km²) im un-tersuchten Gebiet im Landkreis Kulmbach von tiefreichenden Rutschungen betroffen sind. Eine erhöh-te Anfälligkeit für die Entwicklung von weiteren tiefreichenden Rutschungen besteht für zusätzliche rund 0,15 % der Fläche.

Die Gefahrenhinweiskarte (Bericht Kap. 6.1) zeigt flächenhafte Gefahrenhinweisbereiche. Während die Flächen des Bereiches 1 (rot) auf räumlich konkret abgrenzbare Gefahren mit Anzeichen für aktu-elle oder potenzielle Aktivität hinweisen, zeigt der Bereich 2 (orange) Flächen, in denen unter Extrem-bedingungen bisher nicht genau abgrenzbare tiefreichende Rutschungen auftreten können.

7 Subrosion / Dolinen / Erdfälle Im Bereich der Fränkischen Alb wurden an mehreren Stellen Dolinen bzw. Erdfälle gefunden, deren Entstehung auf Lösung in stark verkarstungs- und auslaugungsfähigen Gesteinen (Subrosion) oder auf den Abtransport von Feinmaterial (Suffosion) zurückzuführen ist. Wenn solche Formen entstehen, kann dies lokal zu einer Gefährdung führen. Aufgrund des geologischen Untergrunds ist das Vorkom-men von Dolinen und Erdfällen vor allem im südöstlichen Teil des Landkreises Kulmbach festzustel-len. Dort stehen überwiegend Karbonate, lokal aber auch Sulfate an.

Erhalten sind diese Strukturen überwiegend in Waldgebieten, während sie in Siedlungsgebieten sowie auf landwirtschaftlichen Nutzflächen oftmals sofort verfüllt werden. In Gemeindearchiven, Bauämtern, Wasserwirtschaftsämtern oder Dolinenkatastern sind oft Hinweise auf verfüllte Dolinen enthalten. Die-se Daten sind jedoch nicht vollständig, da viele Dolinen nicht gemeldet werden und sofort nach ihrer Entstehung wieder verfüllt werden. Die in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesenen Dolinen erheben daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Bei der Gefahrenhinweiskarte für Subrosion wurden zwei unterschiedliche Ansätze gewählt. Zum ei-nen wurden Bereiche ausgewiesen, in denen es bereits in der Vergangenheit zu Erdfällen, Dolinen oder Senkungsvorgängen gekommen ist. An diesen Strukturen selbst oder in deren unmittelbarem Randbereich muss mit Nachbrüchen gerechnet werden. Zum anderen wurde das Gebiet anhand des geologischen Untergrundes danach beurteilt, ob Verkarstungs- oder Auslaugungsvorgänge potenziell möglich sind.

Die Gefahrenhinweisbereiche, in denen vorhandene Subrosions-Objekte festgestellt wurden, sind in der Gefahrenhinweiskarte als rote kreisförmige Flächen dargestellt. Die Gefahrenhinweisbereiche, in denen es auf Grund des auslaugungs- und verkarstungsfähigen Untergrundes grundsätzlich zu Doli-nen oder Erdfällen kommen kann, wurden mit einer orangen Schraffur dargestellt.

Die Vorgehensweise zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche für Subrosion wird im folgenden Kapitel beschrieben.

Page 48: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Subrosion / Dolinen / Erdfälle

28 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

7.1 Vorgehensweise im Projekt Im GEORISK-Informationssystem wurden zunächst die GEORISK-Objekte, die durch Subrosion ent-standen sind, ausgelesen und in einer separaten Datei abgespeichert. Zusätzlich erfolgte eine Erfas-sung der Dolinen aus den vorhandenen geologischen und topographischen Karten (1 : 25 000 inkl. Anlagen). Anschließend wurden eine Präzisierung der geographischen Lage sowie weitere Ergänzun-gen von Erdfällen bzw. Dolinen mit Hilfe des hochauflösenden Digitalen Geländemodells durchgeführt.

7.1.1 Erfassung und Bewertung von Erdfällen / Dolinen Die Erfassung der Erdfälle / Dolinen erfolgte anhand des hochauflösenden Digitalen Geländemodells. Zur Visualisierung des Geländes wurden aus den Geländedaten Schattenmodelle mit unterschiedli-chen Beleuchtungsrichtungen (45° und 315°) erstellt. Die so am Bildschirm gewonnenen Punktdaten mussten im Anschluss an die Erfassung anhand des geologischen Untergrunds, durch Luftbilder und Topographische Karten auf ihre Plausibilität geprüft werden. Ergänzend erfolgte eine flächenhafte Ab-grenzung der Dolinen bei einem Durchmesser von mehr als 25 m. In Einzelfällen erfolgte eine Gelän-debegehung zur Überprüfung der Daten. Zur weiteren Bearbeitung der Daten wurden die Erdfälle / Dolinen mit Hilfe eines eigens dafür programmierten Excel-Files ins Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) importiert.

Die erfassten Erdfälle / Dolinen wurden für die Ausweisung als Gefahrenhinweisbereich mit einem 50 m breiten Sicherheitssaum versehen.

7.1.2 Erfassung und Bewertung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfä-higen Untergrundes

Für die Erfassung des potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen Untergrundes wurden aus der Geologischen Karte im Maßstab 1 : 200 000 (GK 200) alle geologischen Einheiten extrahiert, die grundsätzlich zu Subrosionsvorgängen neigen können und nach ihrer Subrosionsursache (Karbonat / Sulfat / Suffosion) bewertet. Es muss hier nochmals hervorgehoben werden, dass die Wahrscheinlich-keit durch Schäden infolge von Karbonatkarst nur gering ist, die vollständige Darstellung aber für eine umfassende Gefahrenhinweiskarte dennoch geboten ist.

Anschließend wurden die Flächen aus der GK 200 extrahiert, in denen sich bereits erfasste Subrosi-ons-Objekte befinden, bei denen der unmittelbare Untergrund aber nicht verkarstungs- oder auslau-gungsfähig ist. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Deckschichten über verkarstungs- oder auslaugungsfähigem Gestein, wobei sich die Subrosionsstruktur bis an die Oberfläche durchgepaust hat. In diesen Bereichen wurde in der GK 200 gedanklich die Lockergesteinsüberdeckung abgedeckt und die Fläche nach der eigentlichen Subrosionsursache bewertet.

Suffusion findet im Gegensatz zur Subrosion in Lockergesteinen statt, die nicht eigens als karstanfällig ausgewiesen wurden.

7.2 Ergebnisse der Subrosionsanalyse Im Landkreis Kulmbach wurden an 7 verschiedenen Orten insgesamt 21 potenzielle Dolinen im Ge-lände überprüft, von denen 6 als GEORISK-Objekte aufgenommen wurden. Insgesamt konnten im Untersuchungsgebiet im Landkreis Kulmbach 211 Subrosions-Objekte erfasst werden. Dabei haben alle Objekte ihre Ursache in einem karbonatischen Untergrund. Nur bei einem Subrosions-Objekt konnte die Subrosionsursache nicht ermittelt werden. Die Auswertung der GK 200 zeigte, dass knapp 35% der untersuchten Fläche potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähig ist. Dabei sind 87% auf einen karbonatischen Untergrund und 13% auf einen sulfatischen Untergrund zurückzuführen.

Page 49: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Literatur

Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014 29

8 Literatur BAYERISCHES GEOLOGISCHES LANDESAMT (1996): Geologische Karte von Bayern 1:500 000 - München.

BAYFORKLIM (1996): Klimaatlas von Bayern. - Bayerischer Klimaforschungsverbund.

BRUNNACKER, K. (1955): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 6034 Mistelgau - 56 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

EMMERT, U. (1977): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 6035 Bayreuth - 170 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

EMMERT, U. ET AL. (1960): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 5835 Stadtsteinach - 277 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

EMMERT, U. & WEINELT, W. (1962): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 5935 Marktschorgast - 280 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

GUDDEN, H. (1955): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 5834 Kulmbach - 146 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

HEGENBERGER, W. (1968): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 5833 Burgkunstadt - 172 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

HEGG, C. & KIENHOLZ, H. (1995): Deterministic paths of gravity-driven slope processes: The "Vector Tree Modell". - In: Carrara, A., et al.: Geographical Information Systems in Assessing Natural Hazards, S. 79-92, Dordrecht.

KIENHOLZ, H. ET AL. (1993): Naturgefahren: Prozesse, Kartographische Darstellung und Maßnahmen. - In: Tagungsbericht zum 48. Deutschen Geographentag in Basel, S. 293-312, Stuttgart.

KOSCHEL, R. (1970): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 6031 Bamberg Nord - 162 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

KRUMMENACHER, B. ET AL. (2013): Technischer Bericht: „Flächendeckende 3-D Modellierung von Steinschlagereignissen und kleineren Felsstürzen auf einer Gesamtfläche von 7.000 km² im Schwäbisch-Fränkischen Jura“ im EU-Projekt GHK Jura. (Bericht Nr. 2611023.3).

KRUMMENACHER, B. ET AL. (2005): Modellierung von Stein- und Blockschlag; Berechnung der Trajektorien auf Profilen und im 3-D Raum unter Berücksichtigung von Waldbestand und Hindernissen. - In: anlässlich Fan-Forum ETH Zürich, 9 S., Zollikofen.

MEIßL, G. (1998): Modellierung der Reichweite von Felsstürzen. - In: Innsbrucker Geographische Studien, 249 S., Innsbruck.

Page 50: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch

Literatur

30 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2014

MERTSCH, S. (2004): Risikomanagement als Konzept zur Risikominderung am Beispiel der überflutungsgefährdeten Räume Schleswig-Holsteins. - In: Sonderveröffentlichung DKKV (Deutsches Komitee für Katastrophenvorsorge e. V.), 78 S., Bonn.

MEYER, R. K. F. (1972): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 6033 Hollfeld - 103, München (Bayer. Geol. L.-Amt).

MEYER, R. K. F. ET AL. (1972): Geologische Karte von Bayern 1:25000, Erläuterungen zum Blatt Nr. 5933 Weismain - 154 S., München (Bayer. Geol. L.-Amt).

PRINZ, H. & STRAUß, R. (2006): Abriss der Ingenieurgeologie. - 671 S., 4. Auflage, München (Elsevier GmbH).

WADGE, G. ET AL. (1993): Environmental modelling with GIS. - In: Goodchild, M. F., et al.: Spatial analysis in GIS for natural hazard assessment., S. 332-338, New York, Oxford.

Page 51: Projekt Georisiken im Klimawandel - lfu.bayern.de · Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann den-noch