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Skript zum Projekt-Versuch P70: Erzeugung einzelner Photonen mit Halbleiter-Quantenpunkten AG Prof. Dr. Stephan Reitzenstein Institut für Festkörperphysik Technischen Universität Berlin Version V.1.1 von Dr. Tobias Heindel [email protected] Berlin 2013

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Skript zum Projekt-Versuch P70:

Erzeugung einzelner Photonen mitHalbleiter-Quantenpunkten

AG Prof. Dr. Stephan ReitzensteinInstitut für Festkörperphysik

Technischen Universität Berlin

Version V.1.1 vonDr. Tobias Heindel

[email protected]

Berlin 2013

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 2

2 Grundlagen 32.1 Halbleiter-Quantenpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

2.1.1 Strukturelle Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.1.2 Ladungsträgereinschluss und exzitonische Emission . . . . . . . . . . 52.1.3 Mehrteilchen-Zustände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72.1.4 Feinstrukturaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82.1.5 Biexziton-Exziton-Kaskade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.2 Statistische Eigenschaften von Licht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2.1 Photonen-Autokorrelationsfunktion zweiter Ordnung . . . . . . . . . 112.2.2 Klassifizierung von Photonen-Zuständen . . . . . . . . . . . . . . . . 12

3 Experimentelle Messtechnik 153.1 Mikro-Photolumineszenz-Spektroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.2 Photonen-Autokorrelationsmessungen zweiter Ordnung . . . . . . . . . . . . 17

4 Versuchsdurchführung 18

Literaturverzeichnis 21

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1 Einleitung

Die Quantenphysik, erstmals formuliert zu Beginn des 20. Jahrhunderts, findet zuneh-mend ihren Weg in Anwendungen des alltäglichen Lebens. Halbleiter-Laser und Flash-Speicher sind inzwischen kommerzielle Massenprodukte, welche von dem Benutzer häu-fig wenig beachtet ihre Arbeit verrichten - und dies auf der Grundlage fundamentalerquantenmechanischer Effekte, wie der stimulierten Emission oder dem Tunneleffekt. Dieenormen technologischen Fortschritte in der modernen Halbleitertechnologie werden injüngerer Zeit insbesondere in der Anwendungsorientierten Grundlagenforschung genutzt,um mit neuartigen optoelektronischen Bauelementen weiter in das Quanten-Limit vorzu-dringen. Antriebsfeder für diese Anstrengungen sind häufig Anwendungen auf dem Ge-biet der Quanteninformation. So ermöglicht die sogenannte Quantenkryptographie einesichere Datenübertragung indem einzelne Photonen oder quantenmechanisch verschränk-te Photonenpaare zur Erzeugung eines Schlüssels verwendet werden [Bru05]. Die hierfürbenötigten nicht-klassischen Photonen-Zustände können durch Halbleiter-Quantenpunkteerzeugt werden [Shi07]. Im Gegensatz zu anderen Quanten-Emittern wie isolierten Ato-men, organischen Molekülen oder Fehlstellen in Diamantnanokristallen bieten diese zudemden Vorteil, direkt in komplexe Halbleiter-Mikrostrukturen integriert werden zu können.Quantenpunkte sind somit prädestiniert für die Entwicklung neuartiger optoelektronischerBauelemente auf einer skalierbaren Technologieplattform.

Vor diesem Hintergrund besteht die Zielsetzung dieses Projekt-Versuches in der Erzeu-gung und Analyse nicht-klassischer Photonen-Zustände mit Halbleiter-Quantenpunkten.Hierfür werden neuartige Nanostrukturen spektroskopisch untersucht, welche es erlaubengezielt einzelne Quantenpunkte optisch zu adressieren [Gsc13]. Im Laufe des Versucheswird dabei auch die Emission unterschiedlicher elektronischer Zustände ein und desselbenQuantenpunktes näher untersucht.

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2 Grundlagen

Dieser Abschnitt erläutert die physikalischen und konzeptionellen Grundlagen der im Rah-men dieses Projekt-Versuches durchgeführten experimentellen Untersuchungen. In Ab-schnitt 2.1 werden zunächst die Eigenschaften von Halbleiter-Quantenpunkten vorgestellt.Anschließend erfolgt in Abschnitt 2.2 eine Einführung in die statistischen Eigenschaf-ten von Licht, wobei insbesondere auf die Unterschiede zwischen klassischen und nicht-klassischen Photonen-Zuständen eingegangen wird.

2.1 Halbleiter-Quantenpunkte

Halbleiter-Quantenpunkte, welche aufgrund ihrer diskreten elektronischen und optischenEigenschaften häufig auch als künstliche Atome bezeichnet werden [Bim06], sind seit ih-rer Entdeckung im Jahre 1985 durch Goldstein und Glas ein zentraler Bestandteil derForschung auf dem Gebiet der Halbleiter-Quantenoptik [Shi07, Mic13]. In den folgendenAbschnitten werden die grundlegenden strukturellen, elektronischen und optischen Ei-genschaften von Halbleiter-Quantenpunkten erläutert. Dabei wird insbesondere auf diesogenannte Biexziton-Exziton-Zerfallskaskade in Quantenpunkten eingegangen.

2.1.1 Strukturelle Eigenschaften

Als Quantenpunkt (QP) bezeichnet man ein in eine Halbleitermatrix eingebettetes ein-kristallines Cluster von einigen hundert bis tausend Atomen, wobei das Material desQPes verschieden von dem der umgebenden Matrix ist. QPe entstehen beispielsweise beimepitaktischen Wachstum einzelner Monolagen eines Materials A auf einem Substrat B,wenn diese unterschiedliche Gitterkonstanten aufweisen. Die aus solchen verspannungsin-duzierten Selbstordnungsprozessen resultierenden Nanocluster werden auch als selbstor-ganisierte Quantenpunkte bezeichnet. Je nach Materialsystem können dabei unterschied-liche Wachstumsmodi realisiert sein. Die in dieser Arbeit eingesetzten InAs/GaAs-QPeenstehen im Stranski-Krastanow-Wachstumsmodus1 (siehe Abbildung 2.1 (a)). Dabei bil-

1 Weitere Wachstumsmodi: Volmer-Weber und Frank-van-der-Merve;

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4 2 Grundlagen

Abbildung 2.1: (a) Schematische Darstellung des selbstorganisierten, epitaktischen Wachs-tums von InAs/GaAs-Quantenpunkten (QP): Im Stranski-Krastanow-Wachstumsmodus bil-det sich auf dem GaAs-Substrat (1.) zunächst eine pseudomorph verspannte Benetzungsschichtaus InAs (2.). Ab einer kritischen Schichtdicke von wenigen Monolagen beginnt anschließenddie Relaxation zu InAs-QPen (3.). (b) AFM-Aufnahme einer Schicht InAs/GaAs-QPe vordem Überwachsen (von J.Treu, Universität Würzburg). (c) XSTM-Aufnahme eines einzel-nen, überwachsenen InAs/GaAs-QPes in einem Querschnitt parallel zur Wachstumsrichtung,symbolisiert durch einen Pfeil (von P.Koenraad, Technische Universität Eindhoven).

det sich zunächst eine Benetzungsschicht (engl.: wetting layer), in der das aufgewachseneInAs die laterale Gitterkonstante des Substrates GaAs übernimmt (aInAs = 6,0583Å,aGaAs = 5,6532Å). Man spricht in diesem Zusammenhang von einer pseudomorph ver-spannten Schicht. Ab einer kritischen Schichtdicke von etwa 1,6 Monolagen kann sich dasaufgebaute Verspannungsfeld durch die Bildung von kleinen Inseln - den Quantenpunkten- lösen und der Halbleiterkristall relaxiert in einen energetisch günstigeren Zustand. DerÜbergang vom zweidimensionalen Wachstum der Benetzungsschicht zum dreidimensiona-len Wachstum der QPe wird dabei maßgeblich durch das Widerspiel von Oberflächen-energie und den mit dem Volumen zunehmenden Gitterverspannungen bestimmt. Abbil-dung 2.1 (b) zeigt die Rasterkraftmikroskop- (AFM1-) Aufnahme einer unüberwachsenenSchicht von InAs/GaAs-QPen. Typische Flächendichten liegen bei diesem Materialsys-tem im Bereich von nQP ≈ 1 − 100µm−2. Die interne atomare Struktur eines mit GaAsüberwachsenen InAs/GaAs-QPes zeigt Abbildung 2.1 (c), welche an einem Querschnittparallel zur Wachstumsrichtung mit einem Rastertunnelmikroskop (XSTM2) aufgenom-men wurde. In diesem Projekt-Versuch werden InAs/GaAs-QPe untersucht, welche mittelsMetall-Organischer Chemischer-Gasabscheidung (MOCVD3) hergestellt werden. Die Ab-messungen dieser InAs/GaAs-QPe betragen typischerweise zwischen 15 nm und 50 nm inlateraler Richtung und etwa 5-10 nm in Wachstumsrichtung.

1 Atomic Force Microscope2 Cross-sectional Scanning Tunneling Microscope3 Metall-Organic Chemical Vapor Deposition

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2.1 Halbleiter-Quantenpunkte 5

Abbildung 2.2: ZustandsdichteD(E) der Ladungsträger in einem Halbleiter bei schrittweiserReduktion der Dimensionalität: Für den Volumenhalbleiter (3D), den Quantenfilm (2D) undden Quantendraht (1D) ergibt sich jeweils eine quasi-kontinuierlich verteilte Zustandsdichte.Bei einem Quantenpunkt (0D) hingegen, welcher die Ladungsträger in allen drei Raumdimen-sionen einschließt, ergibt sich eine vollständige Quantisierung. Dies führt zu der Ausbildungdiskreter Energieniveaus und somit zu einer δ-fömigen Zustandsdichte.

2.1.2 Ladungsträgereinschluss und exzitonische Emission

Da das InAs-Material der QPe eine geringere Bandlücke aufweist als die umgebende GaAs-Matrix (EInAs

g ≈ 0,36 eV bzw. EGaAsg ≈ 1,42 eV bei 300K) stellt jeder QP einen dreidi-

mensionalen Potentialtopf für Elektronen aus dem Leitungsband und Löchern aus demValenzband dar. Als Folge der geringen Ausdehnung des QP-Potentials in allen drei Raum-richtungen, welche im Bereich der de-Broglie Wellenlänge λdB der Ladungsträger liegen1,werden die elektronischen und optischen Eigenschaften von QPen maßgeblich durch quan-tenmechanische Effekte bestimmt. Abbildung 2.2 zeigt, ausgehend vom dreidimensionalenVolumenhalbleiter, schematisch die Zustandsdichte D(E) bei einer sukzessiven Reduzie-rung der Dimensionalität. Bei einem Volumenhalbleiter (3D), einem Quantenfilm (2D)oder einem Quantendraht (1D) liegt jeweils weitherhin eine quasi-kontinuierlich verteilteZustandsdichte vor. Erst im Falle eines QPes (0D), bei welchem die Ladungsträger keineneinzigen Translationsfreiheitsgrad mehr besitzen, ergibt sich eine vollständige Quantisie-rung und die Zustandsdichte entspricht einer Abfolge von Dirac’schen Deltafunktionen:D(E) ∝ δ(E −Ei). Dabei bezeichnet Ei die diskreten Eigenenergien des Einschlusspoten-tials mit dem entsprechenden Satz an Quantenzahlen i. Befinden sich freie Ladungsträgerin der Umgebung eines QPes so können beispielsweise ein Elektron und ein Loch ausdem Leitungsband bzw. Valenzband unter Streuung mit Phononen strahlungslos in dasQP-Potential relaxieren und dessen diskrete Energie-Niveaus besetzen (siehe auch Abbil-dung 2.3 (a)). Das aus dem Elektron-Lochpaar resultierende Quasiteilchen, bezeichnet alsQuantenpunkt-Exziton (X), ist sowohl über die Coulombwechselwirkung als auch durch

1 Es gilt λdB ∝ h/√

2m∗kBT , mit dem Plankschen Wirkungsquantum h, der effektiven Masse der La-dungsträger m∗ und der Boltzmann Konstante kB. Für typische Halbleiter mit effektiven Massen vonm∗ ≈ 0,1 ·m0, wobei m0 die freie Elektronenmasse bezeichnet, ergeben sich de-Broglie Wellenlängenvon einigen 10 nm.

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6 2 Grundlagen

das QP-Potential gebunden bzw. lokalisiert. Betrachtet man zur Veranschaulichung dieAnalogie zum Wasserstoff- (H-) Atom, so ergibt sich für den Bohr-Radius eines Exzitonsim Volumenhalbleiter:

aXB = aH

B ·ε

µ= 0,529Å · ε

µ, (2.1)

wobei aHB den Bohrradius des H-Atoms, ε die Dielektrizitätskonstante und µ die effekti-

ve, reduzierte Masse des Elektron-Lochpaares bezeichnet. Damit ergeben sich für typi-sche Halbleiter (ε ≈ 10, µ ≈ 0,1) Exziton-Bohrradien im Bereich von zehn Nanometern(z.B.: aX

B,GaAs = 11,2 nm, aXB,InAs = 32,7nm), was im Bereich der QP-Ausdehnung selbst

liegt. Der hieraus resultierende dreidimensionale Ladungsträgereinschluss führt, wie be-reits erläutert, zu der Ausbildung diskreter Energieniveaus - ähnlich dem Termschemaeines Atoms.Abbildung 2.3 (a) zeigt vereinfacht die Bandstruktur eines QPes entlang einer Raum-

richtung, wobei Einflüsse von Gitterverspannungen sowie die Benetzungsschicht vernach-lässigt wurden. Schematisch dargestellt sind des Weiteren die Energieniveaus e0 bzw. h0

des Grundzustandes der Elektronen und Löcher, sowie je zwei höhere, angeregte Zuständee1,2 bzw. h1,2. Absolute und relative Lagen der Energieniveaus von Elektronen und Lö-chern werden maßgeblich durch die räumliche Struktur des Einschlusspotentials bestimmtund hängen damit von der Materialkomposition, Form und Größe des QPes ab. Zur Anre-gung der Lumineszenz von QPen müssen nun freie Ladungsträger in der Halbleiterstrukturvorhanden sein. Die Erzeugung dieser freien Elektron-Loch-Paare kann beispielsweise op-tisch mit einem Laser der Wellenlänge λLaser ≤ hc

Egerfolgen, wobei Eg die Bandlücke der

den QP umgebenden Halbleiter-Matrix darstellt (h: Planck’sches Wirkungsquantum, c:Lichtgeschwindigkeit;). Wird ein Photon des Lasers in dem Halbleiter absorbiert, so wirdzunächst ein freies Elektron-Loch-Paar erzeugt. Beide Ladunsgträger können anschließendunter Streuung mit Phononen strahlungslos, auf einer Zeitskala von wenigen Pikosekun-den, in das QP-Potential relaxieren und dessen niedrigste Energieniveaus besetzen. Nacheiner charakteristischen Zeitdauer, welche der natürlichen Lebensdauer τX des Exziton-Zustandes entspricht (τX ≈ 1ns), kann das Elektron-Lochpaar schließlich strahlend re-kombinieren. Da die Symmetrien der Elektron- und Loch-Wellenfunktionen der beidenZustände e0 und h0 s-artigen Charakter besitzen, werden diese Zustände in Analogie zuAtomorbitalen auch s-Schale genannt. Abhängig von der Art der QPe existieren mitun-ter auch höhere Zustände, wie die p- und d-Schale. Jedes der Energieniveaus ist lediglichSpin-entartet und kann entsprechend dem Pauli-Prinzip mit je zwei Ladungsträgern ent-gegengesetzten Spins besetzt werden. In Abhhängigkeit von der externen Anregungsstärkekönnen daher auch höhere Zustände des QPes besetzt werden.

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2.1 Halbleiter-Quantenpunkte 7

Abbildung 2.3: (a) Schematische Darstellung des Verlaufs der Bandstruktur eines QPesentlang einer Raumrichtung (LB: Leitungsband, VB: Valenzband, ei/hi: Energieniveaus derElektronen/Löcher): Ein im QP-Potential gebundenes Elektron-Loch-Paar, genannt Exziton,rekombiniert strahlend und führt zu diskreten Emissionslinien in einem Spektrum (siehe auchUnterabbildung (c)). (b) Mehrteilchenkonfigurationen in der s-Schale eines QPes: Exziton (X),einfach geladene Trion-Zustände (X− bzw. X+) und Biexziton (XX). (c) Schematisches Emis-sionsspektrum der Mehrteilchenkomplexe aus (b): Aufgrund von Austausch- und Coulomb-Wechselwirkungen zwischen den Ladungsträgern besitzen die QP-Zustände unterschiedlicheRekombinationsenergien.

2.1.3 Mehrteilchen-Zustände

Die möglichen Zustandskonfigurationen der s-Schale eines QPes sind in Abbildung 2.3 (b)schematisch dargestellt. Neben dem bisher diskutierten, elektrisch neutralen Exziton (e+h)kann auch ein einfach, negativ bzw. positiv geladenes Exziton (2e+h bzw. e+2h) oder zweiExzitonen (2e+2h) in einem QP-Potential lokalisiert sein. Wie bei dem Exziton könnenauch diese Quasiteilchen, welche als Trionen (X− bzw. X+) und Biexziton (XX) bezeichnetwerden, aufgrund des starken Ladungsträgereinschlusses in einem QP nicht mehr als Sum-me von unabhängigen Einteilchenzuständen betrachtet werden. Vielmehr führen die un-terschiedlichen Ladungsträgerkonfigurationen zu unterschiedlichen attraktiven und repul-siven Anteilen der Coulombwechselwirkung. Als Folge dessen weisen die Zustände jeweilsunterschiedliche Rekombinationsenergien auf, wodurch sich in dem Emissionsspektren ei-nes QPes mitunter eine große Linienvielfalt ergibt. Abbildung 2.3 (c) zeigt schematisch dasEmissionsspektrum eines QPes mit der im InAs/GaAs-Materialsystem häufig auftretendenAbfolge der Emissionslinien.Die Eigenschaft der QPe, Mehrteilchenkomplexe mit unterschiedlichen Emissionsener-

gien zu bilden, ermöglicht es, sie als Emitter nicht-klassischen Lichts einzusetzen. Denn

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8 2 Grundlagen

jeder dieser Zustände emittiert unter Rekombination eines Elektron-Loch-Paares nur eineinzelnes Photon, und muss vor der Emission eines weiteren Lichtquants wieder angeregtwerden. Wird einer dieser Emissionskanäle spektral selektiert, so fungiert er folglich alsEmitter einzelner, sequentiell abfolgender Photonen. Darüberhinaus führt die Eigenschaftder QPe, einen Biexziton-Zustand bilden zu können, zu dem interessanten Phänomen derBiexziton-Exziton-Zerfallskaskade - im Folgenden auch XX-X-Kaskade genannt. Befindetsich ein QP in dem XX-Zustand (2e+2h), so kann zunächst eines der beiden Elektron-Loch-Paare strahlend rekombinieren und ein Photon der Energie EXX = EX−∆EXX

Bin emittieren.Nach dieser Rekombination befindet sich der QP mit dem verbliebenen Elektron-Loch-Paar im Exziton-Zustand, der wiederum unter Aussendung eines Photons der EnergieEX in den Grundzustand übergehen kann. Des Weiteren können über die XX-X-Kaskadeauch quantenmechanisch polarisationsverschränkte Photonenpaare erzeugt werden, wie imübernächsten Abschnitt 2.1.5 näher erläutert wird.

2.1.4 Feinstrukturaufspaltung

Bei hinreichend hoher spektraler Auflösung der Messapparatur offenbart sich in den Emis-sionsspektren einzelner QPe eine komplexere Substruktur der Mehrteilchenkomplexe. Tat-sächlich bestehen die Emissionslinien des Biexziton- und Exziton-Zustandes im Allgemei-nen aus jeweils einem Linien-Dublett (siehe Abbildung 2.4 (b)). Die entsprechende ener-getische Aufspaltung, welche auch im Rahmen dieses Projekt-Versuches zu untersuchenist, wird als Feinstrukturaufspaltung bezeichnet und ist für Exziton und Biexziton demBetrag nach identisch. Die Emissionslinien der geladenen Trion-Komplexe zeigen hinge-gen keinerlei Substruktur. Diese Beobachtungen können erklärt werden, indem die Spin-Eigenschaften der beteiligten, fermionischen Ladungsträger berücksichtigt werden.Denn die möglichen, unterschiedlichen Konfigurationen der Elektron- und Loch-Spins re-

lativ zueinander führen bei dem Exziton-Zustand (X) in Abhängigkeit von der Symmetriedes QPes zu einer Aufspaltung der Energienieveaus. Im Falle eines QPes mit zylindrischerSymmetrie bezüglich der Wachstumsrichtung hat diese Spin-Austauschwechselwirkung kei-nerlei Einfluss auf den im Spektrum detektierbaren Exziton-Zustand. Besteht jedoch ei-ne Asymmetrie des QP-Potentials innerhalb der Wachstumsebene, so wird dieser ener-getisch aufgespalten. Die Emission des Exziton-Zustandes wird in diesem Fall in Spek-tren als Linien-Dublett beobachtet, wobei die beiden Komponenten zueinander orthogo-nale, lineare Polarisation besitzen. Die damit assoziierte Feinstrukturaufspaltung ∆EFSS

(engl. fine-structure splitting) des Exziton-Zustandes liegt für InAs/GaAs-QPe im Be-reich ≈ 0− 100µeV. Die ursächliche Anisotropie kann sowohl durch eine morphologischeAsymmetrie des QP-Potentials innerhalb der Wachstumsebene als auch durch intrinsi-

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2.1 Halbleiter-Quantenpunkte 9

sche Asymmetrien des Halbleiter-Substrates hervorgerufen werden, womit auch ein perfektkreisrunder QP eine endliche Feinstrukturaufspaltung aufweisen kann.Im Gegensatz zu dem elektrisch neutralen Exziton-Zustand zeigen die geladenen Trion-

Zustände (X− und X+) keinerlei Feinstrukturaufspaltung. Dies ist eine Folge des Pauli-Prinzips, nach welchem bei diesen Zuständen entweder zwei Elektronen oder zwei Löcherjeweils entgegengesetzte Spins einnehmen - man spricht auch von gepaarten Spins.Bei der Emission des Biexziton-Zustandes wiederum wird in Spektren ein Linien-Dublett

beobachtet, sofern eine anisotrope Austauschwechselwirkung aufgrund des QP-Potentialsvorhanden ist. Der Biexziton-Zustand selbst weist jedoch eine verschwindende Elektron-Loch Austauschwechselwirkung auf, da die beiden Elektronen und Löcher jeweils nachdem Pauli-Prinzip gepaarte Spins besitzen. Die dennoch beobachtete Aufspaltung derBiexziton-Emissionslinie liegt in diesem Fall darin begründet, dass die Rekombination desElektron-Loch-Paares in einem der beiden hellen Exziton-Zustände mündet. Der durch dieAustauschwechselwirkung aufgespaltene Exziton-Zustand bietet dem Zerfall des Biexzitonsdaher zwei mögliche Endzustände und prägt damit die Feinstrukturaufspaltung ∆EFSS

auch der Biexziton-Emissionslinie auf. Die weiteren Auswirkungen einer Austauschwech-selwirkung auf die Eigenschaften der XX-X-Kaskade werden in dem folgenden Abschnittnäher erläutert.

2.1.5 Biexziton-Exziton-Kaskade

Für den sequentiell von der XX-X-Kaskade emittierten Zweiphotonen-Zustand ergebensich, wie in Abbildung 2.4 dargestellt, zwei fundamental unterschiedliche Situationen imFalle einer verschwindenden oder endlichen anisotropen Elektron-Loch Austauschwechsel-wirkung.Ist bei einem QP keine anisotrope Austauschwechselwirkung vorhanden, so resultie-

ren aus der hohen Symmetrie des QP-Potentials zwei mögliche, energetisch äquivalen-te Zerfallskanäle. Diese Situation ist in Abbildung 2.4 (a) auf der linken Seite darge-stellt. Je nachdem, welches der beiden Elektron-Loch-Paare zuerst strahlend rekombiniert,wird ein links-zirkular- (L-) oder rechts-zirkular- (R-) polarisiertes Photon emittiert. Dader Exziton-Zustand energetisch entartet ist, weisen beide Zerfallskanäle exakt dieselbeEnergiedifferenz auf. Dies gilt auch für die darauffolgende Rekombination des Exziton-Zustandes, bei dem je nach vorausgegangenem Biexziton-Photon entweder ein R- oderL-polarisiertes Photon emittiert wird. Die beiden möglichen XX-X-Zerfallskanäle und da-mit auch die beiden emittierten Zweiphotonen-Zustände |LR〉 und |RL〉 sind hinsichtlichihrer Energie ununterscheidbar (vgl. Abbildung 2.4 (b), links). Sind beide Zerfallskanä-le darüber hinaus auch gleich wahrscheinlich, so wird die in einer Messung beobachtete

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10 2 Grundlagen

Abbildung 2.4: (a) Termschema der Biexziton-Exziton- (XX-X-) Zerfallskaskade für einenQuantenpunkt mit verschwindender (links) bzw. endlicher (rechts) Feinstrukturaufspaltung∆EFSS der beiden Spin-Konfigurationen des Exzitons. Im Falle ∆EFSS = 0 kann nicht zwi-schen den beiden möglichen Zerfallskanälen unterschieden werden (vgl. Emissionsspektrum in(b), links) und der Quantenpunkt emittiert ein quantenmechanisch polarisationsverschränktesPhotonenpaar |Ψ+〉 = 1√

2 (|LR〉+ |RL〉). Gilt ∆EFSS 6= 0, sind die Zerfallskanäle unterscheid-bar (vgl. auch Emissionsspektrum in (b), rechts). Hierdurch wird in zeitintegrierten Messungendie quantenmechanische Verschränkung zerstört, und es wird eine klassische Polarisationskor-relation der emittierten XX-X-Paare beobachtet.

Polarisation des Exziton-Photons vollkommen unbestimmt, jedoch abhängig von der Pola-risation des vorausgehenden Biexziton-Photons, sein. In diesem Fall ist der von der XX-X-Kaskade erzeugte Zweiphotonen-Zustand ein quantenmechanisch maximal verschränkterBell-Zustand der Gestalt:

|Ψ+〉 = 1√2

(|LR〉+ |RL〉) . (2.2)

Existiert bei einem QP jedoch eine anisotrope Austauschwechselwirkung, so werdendie beiden Zerfallskanäle der XX-X-Kaskade energetisch unterscheidbar (siehe Abbildung2.4 (a), rechts). Das Biexziton rekombiniert nun strahlend zu einem der beiden, um dieFeinstrukturaufspaltung ∆EFSS, energetisch aufgespaltenen Endzustände des Exzitons:

1√2(|↑⇓〉 ± |↓⇑〉). Da diese eine Linearkombination der vormals reinen Zustände |↑⇓〉 und|↓⇑〉 darstellen, ergibt sich aus der Mischung von L- und R-polariserten Photonen nundie Emission von H- und V-polarisierten Photonen. Die beiden emittierten Photonen ei-nes Zerfallskanals sind bzgl. ihrer Polarisation korreliert, und es ergeben sich die beiden

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2.2 Statistische Eigenschaften von Licht 11

Zweiphotonen-Zustände |HH〉 und |V V 〉. Durch die energetische Aufspaltung des Exziton-Zustandes entwickelt sich zwischen diesen beiden Zuständen eine Phasendifferenz. In zei-tintegrierten Messungen führt dies zu einem reduzierten Überlapp zwischen |Ψ〉 und demmaximal verschränkten Zweiphotonen-Zustand |Ψ+〉 aus Gleichung 2.2 - die quantenme-chanische Verschränkung wird somit zerstört. Sie kann in diesem Fall nur nachgewiesenwerden, sofern die Feinstrukturaufspaltung ∆EFSS im Bereich der homogenen, nur durchdie strahlende Lebensdauer τX limitierte, Linienbreite γX = ~/τX des Exziton-Zustandesliegt.

2.2 Statistische Eigenschaften von Licht

Eine Analyse der zeitlichen Verteilung der von einer Lichtquelle ausgesandten Photonenerlaubt Rückschlüsse auf die zugrundeliegenden Emissionsprozesse. In diesem Projekt-Versuch aber auch generell auf dem Gebiet der Quantenoptik sind Experimente zumNachweis und der Charakterisierung nicht-klassischer Photonen-Zustände von grundlegen-der Bedeutung. Die Photonen-Autokorrelationsfunktion zweiter Ordnung g(2)(τ), welche imFolgenden eingeführt und erläutert wird, erlaubt dabei eine quantitative Charakterisierungder Photonenstatistik.

2.2.1 Photonen-Autokorrelationsfunktion zweiter Ordnung

R. J. Glauber entwickelte im Jahre 1963 eine quantenmechanische Beschreibung der Photo-nenstatistik eines Lichtfeldes. Demnach lässt sich die Photonen-Autokorrelationsfunktionzweiter Ordnung g(2)(τ) eines stationären Lichtfeldes, formuliert in der zweiten Quantisie-rung, wie folgt darstellen:

g(2)(τ) = 〈a†(t)a†(t+ τ)a(t+ τ)a(t)〉

〈a†(t)a(t)〉2 . (2.3)

Dabei bezeichnet a† und a den Erzeugungs- und Vernichtungsoperator eines Photons ineiner bestimmten Mode zur Zeit t bzw. t + τ und 〈〉 entspricht der Bildung eines quan-tenmechanischen Erwartungswertes. Im Einzelphotonenbild gesprochen kann 2.3 als diebedingte Wahrscheinlichkeit interpretiert werden, mit der zur Zeit t + τ ein Photon voneiner Lichtquelle emittiert wird, nachdem bereits zur Zeit t ein Photon ausgesandt wur-de. Im klassischen Bild der elektromagnetischen Welle nimmt g(2)(τ) folgende Gestalt an[Lou05]:

g(2)(τ) = 〈I(t)I(t+ τ)〉〈I(t)〉2 , (2.4)

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12 2 Grundlagen

wobei 〈〉 eine zeitliche Mittelung der Intensität I bedeutet. Um Aussagen über die Naturdes zu untersuchenden Lichtfeldes treffen zu können, ist insbesondere der Fall τ → 0,welcher das Auftreten zweier Photonen zur selben Zeit beschreibt, entscheidend. Wie indem folgenden Abschnitt erläutert wird, ist das Verhalten von g(2)(τ → 0) charakteristischfür unterschiedliche Klassen von Photonen-Zuständen.

2.2.2 Klassifizierung von Photonen-Zuständen

Lichtfelder können in Abhängigkeit von der statistischen Verteilung ihrer Photonen in dreiKlassen eingeteilt werden: thermische-, kohärente- und nicht-klassische Fock-Zustände.Diese Zustandsarten werden im Folgenden erläutert. Um dabei die besonderen Eigenschaf-ten einer Einzelphotonenquelle zu veranschaulichen, zeigt Abbildung 2.5 (a) die jeweiligeenWahrscheinlichkeitsverteilungen P (n, µ) der auftretenden Photonenanzahl n für die dreiGattungen von Lichtfeld-Zuständen bei mittleren Photonenanzahlen1 von 〈n〉 ≡ µ = 1,5 und 10. Der qualitative Verlauf der entsprechenden g(2)(τ)-Funktionen ist zusätzlich inAbbildung 2.5 (b) bis (d) dargestellt.

Thermische- und kohärente Lichtfelder:Allgemein kann über die Cauchy-Schwartz’sche Ungleichung gezeigt werden [Tho04], dasssolange die Intensität I in Gleichung 2.4 eine klassische Variable ist - also eine elektroma-gnetische Welle im Sinne der Maxwell-Gleichungen beschreibt - g(2)(τ) folgende Relationenerfüllen muss:

g(2)(τ) ≤ g(2)(0) ,

g(2)(0) ≥ 1 .(2.5)

Dieses Verhalten, bei dem g(2)(τ) ein lokales Maximum bei τ = 0 aufweist, ist charak-teristisch für ein klassisches Lichtfeld wie es von einer Glühbirne oder einer herkömmli-chen Leuchtdiode emittiert wird und wird als Bunching2 bezeichnet. Anschaulich bedeutetdieses Bunching, dass die Photonen bevorzugt in Gruppen auftreten bzw. die Intensitäts-fluktuationen durch „Energiebündel“ charakterisiert sind, welche in unregelmäßigen Ab-ständen aufeinander abfolgen. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung Pthermisch(n, µ) der Pho-tonen folgt in diesem Fall der Bose-Einstein Verteilung eines schwarzen Strahlers (vgl.Abbildung 2.5 (a), oben). Für ein Lichtfeld mit maximalen Intensitätsfluktuationen, wie

1 Dabei kann die mittlere Photonenanzahl über den Bestzungszahloperator n mit den Erzeugungs- undVernichtungsoperatoren a† und a asugedrückt werden: 〈n〉 ≡ 〈a†a〉.

2 engl. für klumpen oder bündeln;

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2.2 Statistische Eigenschaften von Licht 13

0 , 0

0 , 5

0 , 0

0 , 3

0 5 1 00

1

0 5 1 0 0 5 1 0

0

1

2

0

1

2

- 1 0 - 5 0 5 1 00

1

2

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Abbildung 2.5: (a) Wahrscheinlichkeitsverteilungen P (n, µ) der Photonenanzahl n für dreifundamental unterschiedliche Arten von Lichtquellen, jeweils für eine mittlere Photonenanzahlµ = 1, 5 und 10. Während thermische (obere Graphen-Zeile) und kohärente (mittlere Graphen-Zeile) Lichtquellen in ihrer Emission endliche Schwankung der Photonenanzahl aufweisen, sindnicht-klassische Fock-Zustände (untere Graphen-Zeile) durch eine exakt definierte Anzahl anPhotonen charakterisiert. (b) bis (d) zeigen das qualitative Verhalten der korrespondierendenPhotonen-Autokorrelationsfunktion zweiter Ordnung g(2)(τ).

es von thermischen Lichtquellen emittiert wird, ergibt sich g(2)(0) = 2 (vgl. Abbildung2.5 (b)). Es ist hervorzuheben, dass für thermisches Licht der Zustand, welcher kein ein-ziges Photon enthält (n = 0), stets die höchste Besetzungswahrscheinlichkeit aufweist.Thermisches Licht ist folglich weit entfernt von dem gewünschten Zustand einer Ein-zelphotonenquelle, bei dem P (n, µ) ein scharfes Maximum bei n = 1 haben sollte. DerGrenzfall von g(2)(0) = 1 entspricht hingegen einem kohärenten Zustand (vgl. Abbildung2.5 (c)), der ein sehr stabiles Lichtfeld und damit lediglich geringe Schwankungen in derPhotonenanzahl aufweist. Die entsprechende Wahrscheinlichkeitsverteilung Pkohärent(n, µ)der Photonen folgt in diesem Fall der Poisson-Verteilung (vgl. Abbildung 2.5 (a), mitte).Dieser Feldzustand wird in guter Näherung bei Lasern beobachtet. Aufgrund der endli-chen Varianz schwankt die Besetzungszahl n auch bei extrem abgeschächten Lasern umden Mittelwert µ, womit auch kohärente Lichtemitter weit von der gewünschten Photo-nenstatistik einer Einzelphotonenquelle entfernt sind.

Nichtklassisches Licht:In einer vollständig quantenmechanischen Betrachtung nach Gleichung 2.3 wird auch einnicht-klassischer Feldzustand möglich, der durch g(2)(0) < 1 gekennzeichnet ist und somit

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14 2 Grundlagen

Gleichung 2.5 verletzt. Dieses als Antibunching bezeichnete Verhalten bedeutet, dass diePhotonen sowohl zeitlich als auch räumlich voneinander separiert sind, was somit demBunching der Photonen eines klassischen Lichtfeldes entgegensteht. Nichtklassisches Lichtwird mathematisch durch sogenannte Fock-Zustände |ni〉 repräsentiert. Diese stellen diereinste Form des Lichts dar und sind als Eigenzustände des Besetzungszahl-Operators überni |ni〉 = ni |ni〉mit ni = 0,1,2,...∞ definiert. Ein Fock-Zustand besitzt demnach eine exaktdefinierte Photonenanzahl, womit die Wahrscheinlichkeitsverteilung durch das Kronecker-Delta δn,ni wie folgt ausgedrückt werden kann: PFock(n) = δn,ni . Diese „Reinheit“ derFock-Zustände hat zur Folge, dass der Mittel- bzw. Erwartungswert gleich dem Eigenwertdes Zustandes (µ = ni) und die Schwankungen in der Photonenanzahl (quantifiziert durchdie Varianz) identisch Null ist (vgl. Abbildung 2.5 (a), unten). Dieses Verhalten grenztnicht-klassische Feldzustände klar von thermischem und kohärentem Licht ab, welche bei-de eine endliche Varianz aufweisen. Für den Wert der Photonen-Autokorrelationsfunktionzweiter Ordnung bei τ = 0 ergibt sich für einen Fockzustand der Ausdruck:

g(2)(0) = 1− 1ni

. (2.6)

Eine ideale Einzelphotonenquelle, welche in den Photonen-Zustand |1〉 emittiert, ist damitdurch g(2)(0) = 0 charakterisiert. Sendet eine Lichtquelle hingegen exakt zwei Photonenzur selben Zeit aus (|2〉), so folgt g(2)(0) = 0,5. In Experimenten wird daher für eineEinzelphotonenquelle die Bedingung g(2)(0) < 0,5 angewendet, womit von weniger als zweiPhotonen bzw. zwei Einzelphotonenemittern ausgegangen werden kann. Experimentellwurde ein Antibunching erstmals im Jahre 1977 von Kimble et al. in der Emission vonNatrium-Atomen [Kim77] und im Jahre 2000 erstmals auch an Halbleiter-QPen [Mic00]beobachtet.

Aus obiger Diskussion wird ersichtlich, dass ein bloßes Abschwächen einer thermischenoder kohärenten Lichtquelle nicht ausreicht, um einzelne Photonen auf Knopfdruck zuerzeugen. Denn hierdurch wird zwar der Mittelwert µ der Photonenanzahl verringert, nichtjedoch die Natur der Statistik selbst - die Varianz V (n) bleibt endlich (vgl. Abbildung2.5 (a)). Wird beispielsweise ein gepulster Laser so stark abgeschwächt, dass im Mittel0,1 Photonen pro Puls emittiert werden (µ = 0,1), so liegt die bedingte WahrscheinlichkeitP (n > 1|n > 0, µ) ∼= µ/2, dass ein besetzter Puls mehr als ein Photon enthält bei etwa5%, wobei 90% aller Pulse kein einziges Photon enthalten (P (n = 0, µ) ∼= 1 − µ). ImHinblick auf Anwendungen im Bereich der sicheren Datenübertragung durch Verfahrender Quanten-Schlüsselverteilung motivieren diese Überlegungen die Entwicklung effizienterEinzelphotonenquellen.

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3 Experimentelle Messtechnik

Dieser Abschnitt beschreibt die experimentelle Messtechnik des Projekt-Versuches. Gene-rell werden die QP-Mikrostrukturen mittels spektral sowie zeitlich hochauflösender Mikro-Photolumineszenz- (µPL-) Spektroskopie bei kryogenen Temperaturen untersucht. Hierbeiwird das von der Probe unter optischer Anregung emittierte Licht mit einer Ortsauflösungvon wenigen Mikrometern eingesammelt und anschließend spektral analysiert (siehe Ab-schnitt Abschnitt 3.1). Als Schlüssel-Experiment dieses Projekt-Versuches ist die Messungder Photonen-Autokorrelation zweiter Ordnung hervorzuheben. Dabei wird die Photonen-statistik eines einzelnen Quanten-Emitters mittels Einzelphotonen-Detektoren aufgezeich-net, um die Dynamik des untersuchten Quantenpunkt-Zustandes zu analysieren (sieheAbschnitt Abschnitt 3.2).

3.1 Mikro-Photolumineszenz-Spektroskopie

Die µPL-Untersuchungen erfolgen an der in Abbildung 3.1 (a) schematisch dargestelltenMessanordnung. Die Probe ist auf dem Kältefinger eines Durchfluss-Kryostaten montiertund wird mit flüssigem Helium auf eine Temperatur von etwa 10K gekühlt. In den Kältefin-ger ist sowohl ein Thermoelement als auch eine Heizspule integriert, welche in Verbindungmit einer PID-Elektronik eine Regelung der Temperatur in einem Bereich von 10K bisRaumtemperatur mit einer Genauigkeit von ca. 0,1K ermöglichen. Der Kryostat ist desWeiteren durch zwei Verschiebetische in X- und Y-Richtung positionierbar, um die räumli-che Adressierung einzelner Mikrostrukturen zu ermöglichen. Das von der Probe emittierteLicht wird mittels eines ebenfalls fein-positionierbaren Mikroskopobjektives mit einer nu-merischen Apertur (NA) von 0,40 und 20-facher Vergrößerung vor dem Glasfenster desKryostaten eingesammelt und als kollimierter Strahl auf die optische Achse gelenkt. DasLumineszenz-Signal der Probe wird anschließend mit Hilfe einer Linse auf den Eingangs-spalt (Spaltbreite: 50µm) eines Gitter-Monochromators mit einer fokalen Länge von 75 cmfokussiert und an dessen Ausgang mit einer mit flüssigem Stickstoff gekühlten Silizium-CCD Kamera mit 1340Pixel x 100Pixel detektiert. Für die Aufnahme von Spektren kannzwischen drei optischen Gittern mit 300Linien/mm, 1200Linien/mm und 1500Linien/mmgewählt werden, wobei mit letzterem eine maximale spektrale Auflösung von ∆E = 25µeV

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16 3 Experimentelle Messtechnik

Abbildung 3.1: (a) Schematische Darstellung der Messanordnung zur spektral hochauflösen-den Mikro-Photolumineszenz- (µPL-) Spektroskopie: Die Probe kann durch einen Laser ange-regt werden. Das Lumineszenz-Signal wird durch ein Mikroskopobjektiv (MO) eingesammelt,in einem Monochromator spektral zerlegt und durch eine CCD-Kamera detektiert. (b) Glas-faserbasierte Hanbury-Brown und Twiss (HBT) Messanordnung zur Messung der Photonen-Autokorrelationsfunktion g(2)(τ): Die Detektion einzelner Photonen erfolgt mittels Si-basierterAvalanche Photo Dioden (APDs) am Ende eines 50:50-Strahlteilers (ST).

erzielt wird. Für polarisationsaufgelöste Messungen kann vor dem Monochromator ein Li-nearpolarisator in Kombination mit einem λ/2-Wellenplättchen eingesetzt werden.Für die optische Anregung der Probenlumineszenz stehen diverse Lasersysteme zur Ver-

fügung. Die Laserstrahlen können über einen Strahlteiler (ST) auf die optische Achsezwischen Kryostat und Monochromator eingekoppelt und durch das Mikroskopobjektivauf die Probenoberfläche fokussiert werden (Spotdurchmesser ≈ 3µm). Über den selbenStrahlteiler kann des Weiteren die Probenoberfläche mit einer weißen LED beleuchtet wer-den. Das von der Probenoberfläche reflektierte Licht kann über einen Klappspiegel vonder optischen Achse ausgekoppelt und auf eine CCD-Videokamera vergrößert abgebildetwerden. Dies ermöglicht eine Orientierung auf der Probenoberfläche und das Anfahreneinzelner Mikrorstrukturen.Um die im Folgenden Abschnitt beschriebenen Photonenstatistik-Messungen durchzu-

führen, wird die im Monochromator spektral aufgespaltene Lumineszenz der Probe übereinen Klappspiegel auf den lateralen Ausgangsspalt des Monochromators abgebildet undüber zwei Linsen in eine Multimode-Glasfaser eingekoppelt (siehe auch Abbildung 3.1 (b)).Durch den Ausgangsspalt des Monochromators wird dabei ein definiertes spektrales Fens-ter transmittiert, welches unter Berücksichtigung der Dispersion ∆λ/Pixel über die Breitedes Ausgangsspaltes eingestellt werden kann.

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3.2 Photonen-Autokorrelationsmessungen zweiter Ordnung 17

3.2 Photonen-Autokorrelationsmessungen zweiter Ordnung

Ein experimenteller Zugang zur Photonenstatistik eines Emitters gelingt mit einer so-genannten Hanbury-Brown und Twiss- (HBT-) Messanordnung [Lou05]. Bei dieser wirddie Emission einer Lichtquelle durch einen 50:50-Strahlteiler aufgeteilt und an den bei-den Ausgängen mittels zweier Einzelphotonen-Detektoren registriert. Bei einem Emittereinzelner, sequentiell abfolgender Photonen wird aufgrund der Quantennatur des Lichtsnie gleichzeitig an beiden Ausgängen ein Detektionsereignis statt finden. Mit einer HBT-Messanordnung ist folglich eine Charakterisierung der Photonen-Autokorrelationsfunktionzweiter Ordnung g(2)(τ) (vgl. Abschnitt 2.2) einer Lichtquelle möglich.Für die Durchführung von Photonen-Autokorrelationsexperimenten wird in diesem Pro-

jekt-Versuch eine glasfaserbasierte HBT-Messanordnung eingesetzt (vgl. Abbildung 3.1 (b)).Die durch den Monochromator spektral selektierte Lumineszenz der Probe wird wie imvorherigen Abschnitt in eine Multimode-Glasfaser eingekoppelt. Innerhalb der Glasfaserwerden die Photonen an einem nicht-polarisierenden 50:50-Strahlteiler in zwei Teilstrah-len zerlegt und das aufgespaltene Signal an den Enden der Glasfasern mit zwei faserge-koppelten, einzelphotonensensitiven Photodioden detektiert. Als Detektor werden dabeiSilizium- (Si-) APD1. Diese sind spezifiziert auf eine zeitliche Auflösung von 350 ps, ei-ne Dunkelzählrate < 50Counts/s sowie einer Photonen-Detektionseffizienz von 30-40%bei einer Wellenlänge von 900 nm. Die APDs setzen die Detektionsereignisse in Span-nungspulse um, welche über Koaxialkabel an die beiden Eingänge eines TCSPC2-Modulsgegeben werden. Intern besteht diese Einzelphotonen-Korrelationskarte im wesentlichenaus zwei CFD3-Kanälen, gefolgt von einem Zeit-Amplituden-Wandler (TAC4) sowie einemAnalog-Digital-Wandler (ADC5). Das Signal der einen APD dient als Start- und das deranderen APD als Stopp-Impuls für die Messung des Zeitintervalls τ zwischen zwei direktaufeinanderfolgenden Detektionsereignissen. Um die Photonenstatistik der Lumineszenzeiner Halbleiter-Mikrostruktur zu analysieren, wird ein Histogramm dieser Koinzidenzenals Funktion der Zeitdifferenz τ aufgezeichnet, welches direkt proportional zur Photonen-Autokorrelationsfunktion zweiter Ordnung g(2)(τ) ist. Das TCSPC-Modul nimmt Histo-gramme mit 65536 Kanälen bei einer Kanalbreite von 4 ps auf. Um sowohl positive alsauch negative Zeitdifferenzen innerhalb einer Messung erfassen zu können, ist für eineelektrische Verzögerung vor einen der CFD-Kanäle ein Koaxialkabel geschaltet.

1 Avalanche Photo Diode2 Time-Correlated Single Photon Counting3 Constant Fraction Discriminator4 Time to Amplitude Converter5 Analog to Digital Converter

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4 Versuchsdurchführung

In diesem Abschnitt erfolgt eine kurze Erläuterung der im Rahmen dieses Projekt-Versuchesmöglichen Experimente. Diese erfolgen generell nur unter Betreuung durch ein Arbeits-gruppenmitglied. Da die Versuche an aktuellen Proben und den experimentellen Messan-ordnungen des laufenden wissenschaftlichen Betriebes stattfinden, kann die Durchführungvon der im Folgenden aufgeführten Aufgabenstellung abweichen. Fragestellungen welcheIhnen bei der Erstellung der Ausarbeitung helfen sind in kursiver Schrift dargestellt. Den-ken Sie auch daran alle aufgenommenen Messdaten nach der Durchführung der Experi-mente sowohl im Original zu speichern als auch in ein für Sie nutzbares Datenformat (z.B.ASCII) zu konvertieren.

1. Vorbereitung der MessanordnungZunächst erfolgt die Vorbereitung der Messanordnung aus Abbildung 3.1 (a) (so-fern dies durch Vorexperimente noch nicht geschehen ist). Hierfür wird die jeweiligeProbe in dem Kryostaten montiert und die Probenkammer mit einer Turbomoleku-larpumpe evakuiert. Die Probe befindet sich während der Messung dauerhaft untereinem Druck der Größenordnung 10−6 hPa, wodurch eine thermische Isolation derKältesenke (≈ 4K) von der Umgebung gewährleistet wird. Anschließend erfolgt dasEinkühlen des Kryostaten mittels flüssigem Helium sowie die Kühlung der CCD-Kamera des Spektrometers mit flüssigem Stickstoff. Danach kann mit der Justagedes Anregungslasers sowie der entsprechenden Optik begonnen werden.

2. Justage auf eine Quantenpunkt-NanostrukturDie Justage der Quantenpunkt-Nanostruktur relativ zu dem anregenden Laser er-folgt mittels der X-/Y-Verschiebetische des Kryostaten, welche beide durch ein Ga-mepad angesteuert werden. Für eine Fein-Justage auf die Lumineszenz eines Quan-tenpunktes mittels µPL-Spektren (kontinuierlicher Aufnahmemodus, Integrations-zeit: 0,2 − 1 s) wird auf die X-Y-Z-Piezoelemente des Mikroskopobjektives umge-schaltet. Ist die Justage abgeschlossen und der Quantenpunkt für die folgenden Mes-sungen geeignet, so werden einzelne µPL-Spektren mit unterschiedlichen optischenGittern des Monochromators aufgenommen und gespeichert werden (Integrations-zeit: 1 s, Eingangsspalt: 50µm). Ein Übersichtspektrum kann dabei mit dem Gitter

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mit 300Linien/mm aufgenommen werden. Für ein Detailspektrum wird auf das Git-ter mit 1200Linien/mm gewechselt und dieses im Folgenden beibehalten.

Wie groß sind die Halbwertsbreiten der beobachteten Emissionslinien? Wodurch sinddiese limitiert? Im Rahmen der Auswertung sollten die Emissionslinien hierfür miteiner Lorentzkurven angepasst werden (z.B. mit Hilfe der Datenanalyse-SoftwareOriginLab).

3. Identifizierung unterschiedlicher Quantenpunkt-ZuständeIn Abhängigkeit der Anregungsleistung des Lasers werden unterschiedliche exzito-nische Zustände ein und desselben Quantenpunktes beobachtet. Deren Zuordnungzu den jeweiligen Ladungsträger-Konfigurationen kann zunächst anhand der Leis-tungsabhängigkeit der Emissionslinien qualitativ erfolgen. Die entsprechenden µPL-Spektren können ebenfalls aufgenommen und gespeichert werden.

4. Polarisationsaufgelöste Messung der FeinstrukturaufspaltungUm die Trion-Zustände (X−, X+) von den elektrisch neutralen Zuständen des Exzi-tons (X) und des Biexzitons (XX) unterscheiden zu können, werden polarisationsauf-gelöste Messungen durchgeführt. Hierfür wird zunächst ein fest eingestellter Linear-polarisator (Transmissionsachse parallel zur Tischebene) vor dem Monochromatorplatziert. Anschließend werden mit einem computergesteuerten λ/2-WellenplättchenµPL-Spektren für Polarisatorstellungen von 0° bis 180° in 5°-Schritten aufgenommenund gespeichert. Sofern der Quantenpunkt eine Feinstrukturaufspaltung ∆EFSS > 15µeVzeigt, wird diese qualitativ bereits bei der Aufnahme der Spektren zu erkennen sein.Weshalb wird diese Konfiguration von Linearpolarisatior und λ/2-Wellenplättchenverwendet?

Eine quantitative Bestimmung der Feinstrukturaufspaltung sollte im Rahmen derAuswertung der Spektren erfolgen, indem Lorentzkurven an die Emissionslinie desX- und XX-Zustandes angepasst werden. Eine sehr genaue (≈ 0,5µeV) Bestimmungder Feinstrukturaufspaltung ∆EFSS wird durch die Auftragung der Größe

∆E = (EX − EXX)− (EX − EXX) (4.1)

in Abhängigkeit der Polarisatorstellung sowie der Anpassung einer Sinuskurve anden Verlauf von ∆E erreicht [You09]. Welcher Wert wird für ∆EFSS ermittelt undwarum ist die Bestimmung durch diese Methode so genau?

5. Nachweis der Einzelphotonen-EmissionUm die Einzelphotonen-Emission eines exzitonischen Zustandes nachzuweisen, wer-

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20 4 Versuchsdurchführung

den Messungen der Photonen-Autokorrelationsfunktion zweiter Ordnung g(2)(τ) mitder in Abbildung 3.1 (b) abgebildeten HBT-Messanordnung durchgeführt. Für dieg(2)(τ)-Messung wird die Emission des Quantenpunkt-Zustandes mit der höchstenIntensität über den Monochromator-Ausgang in die Glasfaser des HBTs eingekop-pelt. Hierfür wird zunächst die Zentralwellenlänge des Monochromators auf dieEmissionswellenlänge des Quantenpunkt-Zustandes eingestellt. Anschließend mussdie Zählrate der Detektoren (APDs) durch die Justage der Fasereinkopplung maxi-miert werden. Notieren Sie sich die Breite des Monochromator-Ausgangsspaltes. Wiegroß ist die hierdurch selektierte spektrale Breite (Pixelabstand: 20µm)? ErmittelnSie auch die detektierten Dunkelzählraten der APDs, indem Sie den Strahlengangvor dem Monochromator blockieren.

Im Rahmen der Auswertung kann der Wert des Antibunchings aus dem gemesse-nen g(2)(τ)-Histogramm durch die Anpassung folgender Funktion bestimmt werden[Mic00]:

g(2)(τ) = 1− (1− g(2)(0))e−|τ |/τQP . (4.2)

Dabei bezeichnet τQP die Lebensdauer des Quantenpunkt-Zustandes. Welche Wertewerden für τQP und g(2)(0) ermittelt und warum ist g(2)(0) 6= 0? Für die Darstellungdes g(2)(τ)-Histogramms können Sie aufgrund der hohen Anzahl an Kanälen (65536à 4 ps) mehrere Kanäle gruppieren (engl. „binning“). Wie stark haben Sie gebinnedund ab wann wird hierdurch das Messergebnis verfälscht?

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Literaturverzeichnis

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